§ 32. Allgemeine Übersicht 281 rer Entfaltung und Blüte. Gegen Ende dieser Epoche ist sie bereits der Metropole ebenbürtig, um sodann das Mutterland sogar zu über flügeln. Mit der Vernichtung der alten Hegemoniezentren verkümmern auch die alten Herde der geistigen Kultur. Nach den wechselvollen Kämpfen des Rabbinismus gegen die Philosophie, die zu Beginn des XIV. Jahrhunderts mit dem Triumph des Rabbinismus enden, büßt das geistige Leben überall seinen Farbenreichtum ein. In der Reli gionsphilosophie werden die konservativen Strömungen vorherrschend (Grescas, Albo, Abravanel); der deutsche Rabbinismus faßt nunmehr auch auf spanischem Boden festen Fuß (die Schule des Rosch, der Kodex „Turim“); die Nachtfackel der Kabbala bannt in ihren ge heimnisvollen Lichtkreis jene „Irrenden“, die ehedem im klaren Lichte des maimonidischen „Führers“ wandelten. In Deutschland selbst herrscht uneingeschränkt der Talmudismus. Die Enge des geistigen Gesichtskreises spiegelt gleichsam die ärmlichen Verhältnisse der ab geschlossenen „Judengasse“ wieder. In Italien dringt zwar der von der Renaissance ausgehende frische Luftzug auch in die jüdische Li teratur ein, in der ein Dichter von Rang, Immanuel der Römer, der berühmte Zeitgenosse Dantes, hervortritt, doch war es der einst in Spanien erblühten jüdischen Renaissance nicht beschieden, auf dem italienischen Boden neu zu erstehen. Was für das ausgehende Mit telalter charakteristisch ist, ist vielmehr das sich überall bemerkbar machende Vordringen des Rabbinismus, dem bald die gemäßigte Phi losophie, bald die Mystik Hilfstruppen stellt. Allerorten macht sich das Bedürfnis nach innerer Sammlung geltend, der Trieb zur Erhal tung des nationalen Geistes mitten in den alles zermalmenden Stür men der Zeit. Die spanisch-deutsche Hegemonie bewahrt allerdings noch immer jene Zwiefältigkeit, die ehedem der spanisch-französi schen Hegemonie eigen war: ist doch auch jetzt in Spanien im Ge gensatz zu der deutschen Einseitigkeit eine gewisse Vielseitigkeit der geistigen Interessen nicht zu verkennen; hier wie dort geht man aber bei aller Verschiedenheit der Wege und Mittel auf das gleiche Ziel aus: auf Erhaltung, auf Konservierung.