§ 24. Österreich, Böhmen und Ungarn 12* *79 so unbeliebten „privilegierten Wucherer“ zeitigen konnten. Im Gegen satz zu dem Kreditgeschäft, das den Juden somit in weitestem Maße zugänglich gemacht worden war, wurde ihnen der Zutritt zum Warenhandel und zum Gewerbe durch die in Aufstieg begriffenen Organisationen der Bürgerschaft, durch die Kaufmannsgilden und Zünfte, immer mehr verbaut. Herzog Friedrich der Streitbare, dem die jüdischen Finanzmänner bei allen seinen Kriegsunternehmungen treu zur Seite standen, fand im Jahre 1246 im Kriege mit dem Ungarnkönig Bela IV. den Tod. Zum österreichischen Herzog wurde durch die Stände der Markgraf von Mähren, der nachmalige böhmische König Ottokar II., erwählt (i2Öi). Die Juden hatten sich inzwischen in Böhmen von den schwe ren Heimsuchungen der ersten Kreuzzüge längst erholt (Band IV, §37) und die Gemeinden in Prag sowie in den anderen böhmischen Städten erfuhren durch den Zustrom von Auswanderern aus Deutsch land einen bedeutenden Zuwachs. Als irreguläre Kreuzfahrerbanden den Versuch machten, die jüdischen Gemeinden zu überfallen, trat ihnen König Wenzel I. (i235—12 53) mit aller Entschiedenheit ent gegen. Während eines dieser Überfälle ließ er unter die Juden Waffen verteilen, worauf sie den Mordbuben einen gehörigen Denkzettel ga ben. Der Sohn Wenzels, Ottokar II. (1253—1276), der noch bei Lebzeiten seines Vaters Herzog von Österreich geworden war, ver einigte nach dessen Tode unter seinem Zepter ein weitausgedehntes Reich, das Böhmen, Mähren, Österreich und die Steiermark umfaßte. Die Großmachtstellung züchtete kriegerischen Geist: es galt, die Reichsgrenzen vor den Nachbarn, vor Ungarn, Deutschland und Polen zu schützen. So war denn Ottokar noch mehr als sein Vorgänger auf dem österreichischen Throne auf die Dienste jüdischer Geldgeber und Steuerpächter angewiesen. Die Folge war, daß er die Juden in den ihm untergebenen Ländern mit einem Freibrief bedachte, der an Weit herzigkeit sogar das von Herzog Friedrich verliehene Statut übertraf (1254, erneut bestätigt 12 55 und 1268). Von den neuen, durch Otto kar verkündeten Privilegien war für jene Zeit die folgende Bestim mung von besonderer Bedeutung: „In Übereinstimmung mit den Be schlüssen des Papstes und im Namen des Heiligen Vaters — so ließ sich der König vernehmen — untersagen wir es aufs strengste, die in un serem Reiche wohnhaften Juden wegen Gebrauches menschlichen Blu tes zu belangen, da sie kraft ihres Gesetzes den Genuß jeglichen Blu