§17. Der Kampf gegen weltliche Wissenschaft Symbolik zusammenschrumpfen: Abraham und Sara z. B. seien, wie sie meinten, nur Sinnbilder der Materie und der Form, die vier Erz mütter — die vier Elemente (Feuer, Luft, Wasser, Erde), der Kampf der vier Könige gegen die fünf (Gen. Kap. i4) bedeute den Wider streit der vier Elemente gegen die fünf Sinne, die zwölf Stämme Israels seien mit den zwölf Gestirnen des Tierkreises gleichbedeutend. Manche der Allegoristen gingen aber noch weiter und ließen sogar die praktische Frömmigkeit nicht unangetastet. Wenn alle Gesetze und Bräuche des Judentums — so sagten sie — nur dazu da sind, um in der Seele des Einzelnen erhabene religiös-sittliche Stimmungen zu erwecken, so müßten diese Vorschriften für den, der von solchen Stimmungen bereits durchdrungen ist, als unverbindlich gelten. Es braucht kaum gesagt zu werden, daß derartige Lehren für den tra ditionellen Judaismus, wie ihn die Rabbiner auf faßten, eine schwere Gefahr bedeuteten. Die Predigten der Freidenker und Skeptiker ge fährdeten das religiöse Gefühlsleben des Volkes und unterwühlten die strenge rituelle Zucht. Die gesetzestreuen Rabbiner setzten sich zur Wehr. Gleichwie sie in der ersten Hälfte des XIII. Jahrhunderts gegen die damals einsetzende Propaganda der Maimonisten in die Schränken getreten waren, sahen sie sich jetzt, zu Beginn des XIV. Jahrhun derts, zur unnachsichtigen Bekämpfung der Folgen dieser Propa ganda genötigt. §17. Der Kampf gegen Philosophie und weltliche Wissenschaft Der von den Orthodoxen gegen die Freidenker wiederauf genom mene Kampf brach zuerst in demselben Montpellier aus, wo schon siebzig Jahre früher auf Antrieb der Feinde der Gedankenfreiheit für die Werke des Maimonides ein Scheiterhaufen errichtet worden war. An die Spitze des neuen Feldzuges stellte sich ein glühender Fanatiker der Tradition, Abba Mari Jarchi, der auch unter seinem französischen Namen Don Astruc de Lunel bekannt ist. Diesem Glaubensschwärmer schienen die Dinge recht einfach zu liegen: von zwiefachen Wahr heitsquellen wollte er nichts wissen und ließ nur die eine gelten, die in der Thora enthaltene und im Talmud ausgelegte göttliche Offenbarung 1 ). Der Judaismus beruhe, seiner Meinung nach, auf 1 ) Die Ansichten des Abba Mari sind in seinen Streitschriften und Send schreiben zum Ausdruck gebracht, die in dem Buche ,,Die Weihgaben des Eifers“ („Minchath Kenaoth“) wiedergegehen sind. Dieses Buch enthält den Briefwechsel der Teilnehmer des in den Jahren i3o3— i3o5 ausgefochtenen Kampfes. 9 Dubnow, Weltgeschichte des jüdischen Volkes, Bd. V 129