§ 15. Der Rabbinismus in Frankreich und Spanien kasuistischer Yerschnörkelungen verloren. Das Werk wurde von einem anderen „Pilpulisten“ aus Barcelona, R. Aaron Halevi, in der Schrift „Bedek ha’baith“ („Reparierung des Baues“) einer strengen Kritik unterzogen, und Raschba sah sich genötigt, eine Gegenkritik zu schrei ben, die er nunmehr „Mischmereth ha’baith“ („Zum Schutze des Baues“) betitelte. Als Mann der Öffentlichkeit hatte Raschba zuweilen auch die von feindlicher Seite stammenden Angriffe zu parieren. Kurz nachdem sein Meister Ramban mit den Dominikanern mündlich disputiert hatte, trat ihnen der Rabbiner von Barcelona mit schriftlichen Argumenten entgegen. Um das Jahr 1278 hatte nämlich der in einem Kloster zu Barcelona lebende Dominikaner Raimund Martin, Mitglied der Kom mission für die Prüfung jüdischer Bücher (oben, § 12), zwei Schrif ten verfaßt, die die Titel: „Kappzaum für Juden“ („Capistrum Judae- orum“) und „Glaubensschwert gegen Mauren und Juden“ („Pugio fidei“) führten. Der Mönch verfolgte hierbei das Ziel, die dogmati schen „Verirrungen“ der Juden bloßzustellen sowie den Beweis zu er bringen, daß es im Talmud Stellen gäbe, die indirekt die Wahrheit des christlichen Glaubens bestätigten (so z. B. den haggadischen Aus spruch, daß im messianischen Zeitalter das alte Gesetz außer Kraft treten werde). Sogar in dem erzjüdischen Glaubensbekenntnis des Monotheismus: „Höre, Israel, Gott ist einzig!“ glaubte der übereifrige Mönch einen Hinweis auf das Dreieinigkeitsdogma entdecken zu kön nen. Es scheint, daß Martin die von seinem Ordensbruder Paulus Christiani begonnene Missionspropaganda von neuem anzufachen ge dachte. Raschba fand es nun für geboten, die Sophisterei des Martin in einem Traktat zu widerlegen, der indessen in einem sehr zurück haltenden Tone abgefaßt ist. Die für Ramban so traurigen Folgen der Disputation in Barcelona veranlaßten, wie es scheint, seinen Jün ger, bei der Polemik Vorsicht walten zu lassen. Mit größerem Frei mut äußert sich Raschba in einer anderen, gegen die Schrift eines muselmanischen Rationalisten gerichteten Apologie (wohl gegen den berühmten Traktat „Religion und Sekten“ eines Theologen des XI. Jahrhunderts, Ibn Hazm aus Gordova), der die Tatsache der Sinai offenbarung und den göttlichen Ursprung der Mosesgesetze in Ab rede gestellt hatte. In diesem Falle brauchte sich der jüdische Apo loget vor keiner Zensur zu fürchten, vielmehr durfte er in seinem Kampfe gegen das Freidenkertum sogar auf gewisse Sympathien im Ir 9