115 8* § 15. Der Rabbinismus in Frankreich und Spanien ner Wanderung durch Frankreich und Spanien ereilte ihn in Toledo der Tod (1264). Auch manch anderer von den Helfershelfern der In quisition bekannte bußfertig seine Verirrung. §15. Der Rabbinismus in Frankreich und Spanien Die systematischen Verfolgungen des Talmud seit den Zeiten Lud wigs des Heiligen (die öffentliche Verbrennung der Bücher und deren häufige Einziehung zu Rezensierungszwecken) setzten der Entwick lung des Piabbinismus in Frankreich bald ein Ziel. Die Metropole der talmudischen Scholastik, die Pflanzstätte der Tossafisten, hatte in den ersten Jahrzehnten des XIII. Jahrhunderts blühende rabbinische Hochschulen aufzuweisen. Das Haupt der Jeschiba von Paris war der Rabbiner Jechiel ben Joseph, der Gegner des Renegaten Donin in der Disputation über den Talmud. Den in tossafistischem Geiste gehalte nen Vorträgen des R. Jechiel folgte eine Hörerschaft von dreihundert Jüngern. Nach der Verurteilung des Talmud geriet indessen die Pari ser Schule gänzlich in Verfall. Infolge des eingetretenen Mangels an Talmudabschriften mußte der Unterricht häufig nur mündlich gehal ten werden, was das Studium nicht unerheblich erschwerte. Der Schü ler der Pariser Jeschiba wurden immer weniger, und bald wanderte auch R. Jechiel selbst, wie erwähnt, nach Palästina aus (um 1260). Die Verfolgungen, denen das talmudische Schrifttum ausgesetzt war, gaben dem Werk der Sicherstellung und Zusammenfassung der überlieferten Schätze einen neuen Anstoß. Von der Besorgnis erfüllt, die „Thora könnte in Israel in Vergessenheit geraten“, bemühten sich jetzt die Gelehrten vor allem um die Erhaltung der wesentlichsten Partien des ihnen anvertrauten Erbgutes. So verfaßte der Rabbiner Moses aus Coucy, der zusammen mit R. Jechiel an der verhängnis vollen Pariser Disputation teilgenommen hatte, einen neuen Kodex unter dem Titel „Großes Buch der Gebote“ („Sefer mizwoth gadol“, abgekürzt „Semag“). Das Werk zerfällt in zwei Teile, in deren einem die Gebote („Mizwoth asse“), in dem anderen die Verbote („Mizwoth lo’taasse“) dargelegt sind. Die Absicht des konservativen Verfassers ging dahin, durch seine Sammlung den Kodex des Maimonides, in dem ihm manche rituelle Vorschriften nicht genügend betont zu sein schienen, zu berichtigen und zu ergänzen. Der mystisch gestimmte Rab biner aus Coucy erzählt hierbei, daß ihm der Plan zu seinem Werke