§ 5. Die Vertreibung aus Frankreich (1306) 55 geforderten Summe zufrieden. Das bei der Enteignung der Juden zur Anwendung gekommene räuberische Verfahren stellte übrigens nur einen Auftakt zu jenem Beutezug dar, den der ehrlose König und die seiner würdigen Agenten einige Jahre später gegen den Templerorden eröffneten. Trotz all seiner Voreingenommenheit gegen die Juden war das französische Volk weit davon entfernt, die von dem König er griffenen grausamen Maßnahmen zu billigen. In französischen Volks liedern hieß es, daß „die Juden redlicher gehandelt hätten als nun die Christen“, und daß das Land durch ihre Vertreibung verarmt wäre. Neun Jahre später sah sich denn auch der französische König ge nötigt, „dem Notschrei des Volkes“ Gehör zu schenken und die Juden ins Land zurückzuberufen; doch konnten sie sich von dem ihnen im Jahre i3o6 versetzten Schlage nicht wieder erholen 1 ). Die Verbannten aus Nordfrankreich begaben sich zunächst in die nahegelegenen Provinzen Lothringen, Burgund und Dauphine, deren Lehensherren von der französischen Krone weniger abhängig waren. Die im Süden Beheimateten zogen in jene Teile der Provence, die da mals unter der Gewalt der Könige von Mallorca aus dem aragonischen Hause standen (die Stadt Perpignan u. a.). Diese wie jene gedachten bei der ersten sich bietenden Gelegenheit in die Heimat zurückzu kehren. Es gab indessen auch solche, die alle Hoffnungen auf eine Heimkehr fahren ließen und nach Spanien, insbesondere in das nahe- D Es verdient Erwähnung, daß die Juden in Frankreich nicht die einzige Bevölkerungsgruppe waren, die von einem so schweren Schicksal betroffen wurde. Außer den Templern, die Philipp IV. aus Habsucht der Vernichtung preisgab (dieser Ritterorden zählte unter seinen Mitgliedern nicht wenige Bankiers, die Kö nigen und Päpsten Geld vorschossen), gab es in Frankreich noch eine andere Be völkerungsschicht, die in der Wirtschaft eine ähnliche Rolle wie die Juden spielte und der auch das gleiche Los zuteil wurde. Es waren dies die unter dem Namen ,,Lombarden“ bekannten italienischen Kaufleute und Geldwechsler, die auch Geld auf Zinsen ausliehen. Im XIII. Jahrhundert durften die Lombarden ihrem Be ruf unter der Bedingung nachgehen, daß ein bestimmter Prozentsatz von jedem ausgeliehenen Betrag an den königlichen Schatz abgeführt wurde. Von Zeit zu Zeit hatten auch sie unter plötzlichen Expropriationen zu leiden. So wurden im Jahre 1277 alle in Frankreich wohnhaften Lombarden „in persona et rebus“ ver haftet; das gleiche wiederholte sich im Jahre 1291 unter Philipp dem Schönen. Im Jahre i3ii, fünf Jahre nach der Vertreibung der Juden, erließ der König den Befehl, alle Lombarden auszuweisen, da sie „an der Bevölkerung durch ihre Wucherei zehren und den Kurs unserer Münze herunterdrücken“. Die Schuldner der Verbannten waren verpflichtet, die geschuldeten Zinsen an die königlichen Kommissare zu entrichten. Später wurde auch den Lombarden die Rückkehr nach Frankreich von neuem gestattet.