§ 5. Die Vertreibung aus Frankreich (1306) men, um sich dann von ihm wieder loszusagen. Im Jahre 1273 be stimmte der Papst Gregor X., daß solche von der Kirche Abgefallene mitsamt ihren Helfershelfern gleich den Ketzern dem Inquisitionsge richt verfallen sollten. Im nächstfolgenden Jahre wurde in der Pro vence der Mönch Bertrand Delaroche zum „Inquisitor gegen die Ketzer und die judaisierenden Christen“ eingesetzt. Im Jahre 1277 fragten die französischen Ketzerrichter bei dem Papst Nikolaus III. an, was mit den vom Christentum abgefallenen jüdischen Täuflingen zu ge schehen habe, die, bereits ein ganzes Jahr eingekerkert, doch nicht dazu zu bewegen seien, in den Schoß der Kirche zurückzukehren. Der Papst gab zur Antwort, daß man mit den Starrköpfen wie mit unbo- lehrbaren Ketzern zu verfahren und sie der weltlichen Gewalt z,ur Verbrennung auf dem Scheiterhaufen zu übergeben habe. Auf Grund dieser Anweisung wurde in Toulouse der Rabbiner Isaak Males dem Feuertode preisgegeben, weil er einen auf dem Sterbelager reuig ge wordenen Täufling in die Glaubensgemeinschaft der Väter wieder auf nahm und ihn auf dem jüdischen Friedhof beisetzen ließ. Philipp III. horchte aber voller Eifer auf die Stimme der Kirchenkonzile, auf de nen damals die päpstlichen Inquisitionsagenten das große Wort führ ten, und zögerte nicht, ihre Bestimmungen in königliche „Ordonnan zen“ umzusetzen. Nachdem das Konzil von Bourges (1276) eine neue Ausnahmebestimmung gegen die Juden ausgeheckt hatte, derzufolge sie sich nur in Städten und größeren Ortschaften, nicht aber auf dem Lande aufhalten durften, damit sie nämlich die einfältigen Landbe wohner nicht vom rechten Glauben abbrächten, wurde einige Jahre später (i283) dieser Kanon auch in Form eines königlichen Erlasses promulgiert. In diesem Erlaß wurde es den Herzogen, Grafen, Ba ronen sowie den Bailli’s und sonstigen Beamten zur Pflicht gemacht, „die Juden zum Aufenthalt in den großen Städten, die gewöhnlich ihren Wohnsitz bilden, zu zwingen“. Zugleich befahl der König, dar auf zu achten, daß sie keine neuen Synagogen erbauen und keine Ab schriften der in Paris als anstößig und vernichtungswürdig befunde nen Talmudbücher in ihren Häusern aufbewahren. Ein anderes System der Judenbedrückung bürgerte sich unter Phi lipp dem Schönen (1285—i3i4) ein. Dieser König, der es in seinem Kampfe gegen das Papsttum bis zu einer Mißhandlung des Papstes Bonifazius VIII. gebracht hatte, gab sich alle Mühe, der Inquisition Zügel anzulegen und der Einmischung der Geistlichkeit in die Staats- 4 Dubnow, Weltgeschichte des jüdischen Volkes, Bd. V 49