§ 4. Religiöse Disputationen und Verbrennung des Talmud 39 Feuer verglichen, ihr hingegen habt das Wasser der Taufe, doch wird euer Wasser unser Feuer nie zum Erlöschen bringen“. Der Sohn des Joseph Kimchi, David, beteiligte sich nicht selten auch persönlich an den Disputationen mit den Christen. Ein Wider hall dieser Wortgefechte ist in seinen Kommentaren zu den Psalmen sowie in einer besonderen Apologie („Teschuboth ha’Radak“) ver nehmbar. Unter anderem weist er darauf hin, daß die Berufung der evangelischen Apostel und der Kirchenväter auf die biblischen Pro pheten die Messianität Jesu keineswegs bestätige, da er keines der von den Propheten verkündeten Kennzeichen des Messias in Wahrheit besessen hätte: auch wenn man der neutestamentlichen Genealogie Glauben schenken wolle, sei er ja nur mütterlicherseits ein „Sohn Davids“; auch habe er weder das zerstreute Israel aus allen Enden der Welt versammelt noch Jerusalem wiederhergestellt; oder hat er vielleicht den Frieden auf Erden gestiftet, während doch die Kriege weiter fortdauern und die Schwerter noch immer nicht zu Pflug scharen umgeschmiedet sind? Die mündliche und schriftliche Polemik verschärfte sich besonders im XIII. Jahrhundert, als Missionare aus dem Mönchsorden der Do minikaner oder der „predigenden Brüder“ (fratres praedicatores) auf tauchten, die den Juden die religiösen Disputationen geradezu auf- zwangen. Der ewige Streit der beiden Religionen kam bald in Privat unterredungen zwischen Mönchen und Rabbinern zum Durchbruch, bald entbrannte er in der Synagoge, wohin sich die missionseifrigen Dominikaner nicht selten geAvaltsam Eingang verschafften. Viele ge lehrte Juden erlangten eine so große Fertigkeit in dieser Fechtkunst, daß sie weit und breit als Meister ihres Faches bekannt wurden. Zwei dieser Berufsdisputanten, Rabbi Nathan Official und sein Sohn Jo seph, die in Frankreich zur Zeit Ludwigs des Heiligen wirkten, sind durch ihre häufigen Unterredungen mit Bischöfen, gelehrten „Jakobitern“ (Dominikanern), Franziskanern und selbst mit dem kö niglichen Beichtvater besonders berühmt geworden. Die als Manu skript vorliegende Sammlung ihrer Antworten („Das Buch Joseph des Eiferers“; „Josef ha’mekane“) zeugt davon, daß diese Gespräche mit so großer Freimütigkeit und Unbefangenheit geführt wurden, wie man es in jener Zeit der entfesselten religiösen Leidenschaften kaum hätte erwarten können. In ihren intimen Unterredungen mit den kirch lichen Würdenträgern nahmen sich die jüdischen Disputanten durch