§ 3. Die Juden unter Ludwig dem Heiligen 27 des Raimund und anderer Vizegrafen einer fast völligen Unabhängig keit erfreuten, verfielen allmählich der Gewalt der französischen Kö nige. Philipp August und sein Sohn Ludwig VIII. beteiligten sich an dem Albigenserkriege und so waren den Kapetingern gar bald die Früchte des Eroberungszuges des Simon Montfort zugefallen. Indessen war der kühl berechnende Philipp August (1181 —122 3), nachdem er mit dem Segen Innocenz’ III. den ketzerischen Süden gezüchtigt hatte, durchaus nicht gewillt, die auf den Ruin der Juden abzielende Politik der Kirche auch fernerhin mitzumachen. Seit dem Jahre 1198, da dieser Herrscher sich veranlaßt gesehen hatte, die Juden nach zeit weiliger Vertreibung in seine nördlichen Besitztümer zurückzuberufen (Band IV, § 35), ging er mit ihnen als einem wertvollen finanziellen Werkzeug, das ihm bei der Beschaffung von Geldmitteln unersetzliche Dienste leistete, mit der größten Behutsamkeit um. Bei den zugunsten der jüdischen Gläubiger ergriffenen Schutzmaßnahmen hatte der König nichts als seine eigenen Interessen im Auge: war er doch an dem aus den Kreditgeschäften stammenden und in Form von hohen Abgaben seinem Schatze zufließenden Gewinn unmittelbar beteiligt. Im Jahre 120/i untersagte er der Geistlichkeit, die mit jüdischen Finanz männern in Handelsbeziehungen stehenden oder bei ihnen beschäftig ten Christen zu bannen — eine Verfügung, die mit den von Papsb Innocenz III. in seinem Sendschreiben empfohlenen und bald darauf von der Lateransynode gutgeheißenen Repressalien in direktem Wider spruch stand. Es fehlt jeder Hinweis darauf, daß Philipp auch nur einem einzigen Beschluß dieser Synode praktische Geltung verschafft hätte. Drei Jahre nach der Proklamierung der neuen Kirchenkanons erläßt er aufs neue und zwar in erweiterter Form das von ihm schon früher im Einvernehmen mit einigen seiner Vasallen festgesetzte Re glement für den jüdischen Geldhandel (Statut vom Jahre 1206, er gänzt im Jahre 1218). Diesem Reglement zufolge durften die Juden für die von ihnen gewährten Darlehen bis zu 43 Prozent Jahreszinsen beanspruchen; alle schriftlichen Handelsverträge und Schuldbriefe mußten, um Gültigkeit zu erlangen, von einem Amtsschreiber abge faßt und mit einem besonderen Siegelabdruck versehen werden. Alle diese Operationen und Formalitäten brachten dem König nicht wenig ein. Im Jahre 1202 betrugen seine Einkünfte von den Juden (,,pro- duits des juifs“) 1200 Livres, im Jahre 1217 wuchsen sie bis auf 755o Livres an. Die feudalen Freiherren und Grandseigneurs machten