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DENKMALE DER KUNST
IN DEN SÜDLICHEN
KRIEGSGEBIETEN
ISONZO-EBENE • ISTRIEN
DALMATIEN • SÜDTIROL
VON
LEO PLANISCIG
MIT 115 ABBILDUNGEN
OÖLB LINZ
k__.
KUNSTVERLAG ANTON SCHROLL & CO.
GES. M. B. H. WIEN 19x5
ALLE RECHTE VORBEHALTEN
COPYRIGHT 1915 BY KUNSTVERLAG ANTON SCHROLL & CO., GES. M. B. H., WIEN
DRUCK: CHRISTOPH REISSER’S SÖHNE, WIEN
DAS KÜSTENLAND
t. DIE GEFÜRSTETE GRAFSCHAFT GÖRZ
UND GRADISKA.
Die üppige Ebene, die sich von den Abhängen der Karni-
schen und der Julischen Alpen und von dem rauhen Gesteine
des Karstes bis ans Meer hin ausdehnt — lange Zeit ein Segen
dem Landmanne — erzittert unter der Gewalt neuer Kämpfe.
Wohl wissen die Ufer des Isonzo, was schlagen und zerstören
heißt. Der Fuß Attilas, alles zerstampfend, hat sie betreten,
Theodorich besiegte hier den Odoaker und vom M a t a j u r
— dem kegelförmigen Vorsprung, von der Sage auch Königs-
berg geheißen — konnte der Langobarde Alboin das Land
seiner Wünsche und der Entfaltung seines Stammes erblicken.
Der Isonzo, der seine Wässer am Triglav sammelt, ernährt
von der Idria, bricht sich den Weg durch das Kalkgestein
der südlichen Alpenkette und dringt zwischen Monte
Santo und Monte San Valentino in die Ebene. Nun
schwindet die brausende Gewalt seiner Jugend, ruhig, atem-
ausholend bewegt er sich durch die Ebene. Bei Görz sind
seine Ufer noch steil, dann fallen sie bald ab. Jetzt nimmt
die Breite des Flusses zu, so daß er bei G r a d i s k a und
S a g r a d o, nachdem der Wippach ihm zugeflossen ist,
zwischen Sandbänken sich spalten und ein geräumiges Bett
sich leisten kann, um es im Frühjahr bei der Schneeschmelze
völlig in Anspruch zu nehmen. Südlich von Monfalcone
ergießt er sich ins Meer und heißt hier S d o b b a. Der Isonzo
ist ein junger Fluß. Erst durch einen Erdsturz im VI. Jahr-
hundert wurde er gebildet. Vorher war sein Oberlauf der des
N a t i s s o, welcher bei Aquileja vorbeifloß. Ihm parallel lief
der S o n t i u s, ein kleines, aus den Höhlen des Karstes ent-
springendes Gewässer, das, wie die heutige Sdobba, in der
Bucht von Monfalcone mündete. Der Erdsturz änderte den
3
Lauf dieser Flüsse. Der Ober-
lauf des Natisso verband
sich mit dem Sontius, sein
Unterlauf verkümmerte und
fließt noch heute, unbedeu-
tend, bei Aquileja vorbei ins
Meer.
Die Ebene, die, nach der rö-
mischen Gründung Forum
J u 1 i i (das heutige Civi-
dale), F r i a u 1 genannt wur-
de, wird von dem Isonzo be-
herrscht. Schutz bieten ihr die
Berge und die Hügel, die sie
umgeben. Sie gleicht einem
allseits gesicherten Becken :
im Norden und Nordosten
von den letzten Ausläufern
der Kalkalpen umgürtet, im
Osten von dem beginnen-
den Karste; eine Hügelkette,
der C o 11 i o, im Westen;
offen nur gegen Süden und
Südosten.
Eingangspforte—Völkertor
— so nennt sich dieses Becken.
Vor allem ein Straßenknoten-
punkt, von den alten Römern
angelegt, in späteren Zeiten von deutschen und venezianischen
Kaufleuten durchfahren. Aber auch das Durchbruchsgebiet
der Völker in der Wanderungszeit, die Tore des Südens, die
erzwungen werden mußten, um das Land der Verheißung zu
erreichen. Zuerst Hunnen, dann Heruler und Goten, Lango-
barden, Avaren und Slawen, alle vergossen hier ihr Blut, um
sich Eingang zu verschaffen. Durch Jahrhunderte war es ein
Abb. i. Aquileja, k. k. Museum, Kaiserstatue.
4
Abb. 2. Aquileja, Basilika.
Land der Kämpfe. Die Langobarden machten es zu einem
Herzogtum, nach ihrer Besiegung gestaltete es Karl der Große
zu einer Mark, die Schutz gegen das Eindringen fremder
Völkerschaften bieten sollte. Infolge der Teilung zwischen
den Patriarchen von Aquileja und den Grafen von Görz wurde
Friaul zu einem abermaligen Zankapfel und blieb kampferfüllt
bis zum Tode des letzten Grafen. Der rechtmäßige Erbe —
Kaiser Maximilian I. — dem die landgierigen Venezianer
es streitig machten, mußte Friaul mit dem Blute deutscher
Landsknechte erringen. Die Gradiskanerkämpfe zwischen der
Republik Venedig und den Herren von Görz und Gradiska
füllten das XVII. Jahrhundert. Aber als von Frankreich her der
„Befreier“ Napoleon Venedig bezwungen hatte, stellte sich
ihm Österreich am Isonzo. Zweimal, als Sieger und Besiegter,
betrat Napoleon dieses Land. Und 1866, als Italien von Öster-
reich in der Lombardei geschlagen wurde, aber Venedig aus
5
Abb. 3. Aquileja, Basilika, Chorschranke aus der Völkerwanderungszeit.
Frankreichs Hand erhalten sollte, eilte sein Heer den sieg-
reichen, sich jedoch zurückziehenden österreichischen Truppen
nach, um aufs Geratewohl eine Schlacht zu liefern, die dem
Erwerb der Lagunenstadt die Bedeutung einer militärischen
Errungenschaft aufprägen sollte. So wurde bei V i s c o in
Friaul noch gekämpft, als der Waffenstillstand bereits ge-
schlossen war.
Die Isonzoebene, d. h. Friaul, ist in jeder Hinsicht ein merk-
würdiges — leider zu wenig bekanntes — Land. Schon seine
geographische Lage, seine Mittelstellung zwischen Norden
und Süden, sein Anteil an der alpinen und an der südlichen,
adriatischen Zone, das Ineinanderfluten von Germanen,
Romanen und Slawen gibt ihm den Stempel der Mannigfaltig-
keit. Die Ebene ist von Friaulern bewohnt. Ein romanischer
Stamm, eigentümlich neugestaltet durch das Völkergemisch,
6
Abb. 4. Aquiieja, Basilika, Innenansicht.
das im frühen Mittelalter abwechselnd das Land beherrschte.
Die Sprache, am ehesten mit dem Spanischen verwandt, ist
aus der Verbindung des rustikalen Lateins mit germanischen
Elementen — westgotischen und langobardischen — ent-
standen. Slawen bewohnen das Hochland, den oberen Lauf
des Isonzo, die Hügel des Collio, die einsamen Dörfer des
rauhen und wasserarmen Karstes. Auf beide Völkerschichten
hat dann im späten Mittelalter das deutsche Element in
Kultur und Sprache gewirkt.
Auch die Kunst trägt den Stempel eines Ubergangslandes.
Romanische und germanische Elemente treten miteinander
verquickt oder auch selbständig zu wiederholten Malen auf,
und was bodenständig geheißen werden darf, .benötigt beider
Elemente zu seiner Erklärung.
Die Urbewohner waren Kelten. Die Römer nannten sie
Abb. 5. Aquileja, Mosaikdetail der Theodors- Abb. 6. Aquileja, Basilika, Kapitell, XI. Jahr-
kirche, IV. Jahrhundert. hundert.
Karner und Illyrier. Prähistorische Funde bei S. Lucia im
Gebirge, bei S. Pietro in der Umgebung von Görz, auf dem
Hügel von M e d e a mitten in der Ebene sprechen für die
frühe Besiedlung des Landes. Die ersten Einwanderer waren
aber Griechen. Sie kannten die Bucht von Monfalcone und
den sich hier ergießenden T i m a v u s, den geheimnisvollen,
aus den Grotten des Karstes hervorquellenden Fluß, der als
der Eingang in die Unterwelt bezeichnet wurde. Der Sage
nach soll Jason, der Argonaute, hier gelandet sein und den
Kult der ätolischen Hera gegründet haben.
Doch hatte die griechische Abenteurerfahrt keine weitere
Bedeutung. Erst die Römer wußten sich des Landes dauernd
zu bemächtigen und es in den Wirkungskreis ihrer Interessen
einzubeziehen.
Im Jahre 181 v. Chr. gründeten sie am Unterlauf des
Natisso, wo dieser bereits fahrbar war, nicht weit von der
zu einer Hafenanlage geeigneten Meeresküste, Aquileja,
die Adlerstadt. Dieses sollte ein kultureller Mittelpunkt des
Landes werden. Von ihm aus strahlte, auch in späteren Zeiten,,
Leben und Entwicklung. *
i
8
Abb. 7. Aquileja, Basilika, Fresko in der Krypta. Ende des XII. u. Anfang des XIII. Jahrhunderts.
A q u i 1 e j a, ursprünglich eines der üblichen „Castra“,
als Schutzwall gegen die kriegerische Urbevölkerung er-
richtet, wuchs bald zu einer bedeutenden Stadt empor. Die
hervorragende Lage, die Üppigkeit des Landes, die Nähe des
Meeres brachten aus der kleinen Soldatenbesiedlung eine
Metropole, aus der Lagerfestung ein Emporium ersten Ranges
hervor. Großartig angelegte Straßen, die noch heute bestehen
und den Verkehr leiten, verbanden die neugewordene Stadt
mit der Emilia und Rom, sowie auch längs des Isonzo den
Predilpaß hindurch mit der Provinz Noricum. Schiffe konnten
bei Aquae gradatae, dem heutigen Grado, anlegen.
Die Einwanderer mehrten sich, mit ihnen Leistungs-
fähigkeit und Reichtum der Stadt. Die Handelsbeziehungen
wuchsen. Und als zu Augustus Zeiten Rom auf dem Höhe-
punkt der Macht und des Glanzes stand, seine Kultur und
seine Kunst den verschiedenen Besitzungen in Afrika, Asien,
9
Abb. 8. Aquileja, Basilika» Relief des Ziboriumaltars von Bernardino da Bissone, um 1500.
auf dem Balkan, diesseits und jenseits der Alpen aufprägte,
wetteiferte bereits Aquileja mit seiner Mutterstadt. Als das
zweite Rom wurde es gefeiert. Wie in der Haupt- und
Weltstadt entstanden auch in Aquileja Tempel und Staats-
häuser auf dem weiträumigen Forum, Theater und Stadien,
eine eigene Münze und gutgepflegte Straßen, die über Felder
und Fluren nach Rom und den neuen Ansiedlungen jenseits
der Alpen führten. In der Umgebung, am Collio und am
Rande des damals noch bewaldeten Karstes, die istrianische
Küste entlang, wurden Villen mit Anlagen gebaut, die den
Reichen der Stadt während der Sommermonate Erholung
bieten konnten.
Doch die späteren Verwüstungen, die Kämpfe im zer-
fallenden Reiche, neue Völker, die Einlaß forderten, ver-
wischten all diesen Glanz. Zu einem Trümmerhaufen wurde
das alte römische Aquileja. Und jahrhundertelang blieben
die Überbleibsel im Schoße der Erde verborgen. Wohl kannte
10
Abb. g. Aquileja, Dom, Confessio, um 1500.
der .berühmte Humanist des XV. Jahrhunderts, Cyriakus von
Ancona, manche der alten römischen Inschriftsteine von
Aquileja und manche hier aufgefundene antike Figur; andere
Überreste wieder sind unter den venezianischen Patriarchen
nach Venedig gewandert. Nicht umsonst war der Nobile
Grimani, der im XVI. Jahrhundert eine der bedeutendsten
Kunstsammlungen in Venedig besaß, Patriarch von Aquileja
gewiesen. Die Fragmente der alten Gebäude wurden aber in
der Stadt selbst und
in der Umgebung
hauptsächlich zu neu-
en Bauzwecken ver-
wendet : billige Stein-
gruben, die dem
entfernteren Karste
vorzuziehen waren.
Manches Bauernhaus
besteht noch heute
aus Spoliender großen
Zeit. So kann man an
Mauern Inschriften
entziffern, an Fenster-
bögen feingemusterte
Gesimse entdecken.
Und vor mancher
Haustür, an welcher
abends, wenn die
Sonne feuerrot unter
dem flachen Horizont
sinkt, der Bauer aus-
ruht, stehen Kapitelle, den Kopf nach abwärts, bescheidene
Stützen eines Holzbrettes, dieselben Kapitelle, die einst in
Prachttempeln und Palästen stolze Gebälke, in Marmor ge-
meißelte Bogen tragen durften. Nicht selten dient ein alter
Sarkophag als Wassertrog. Und im Frühjahr, wenn der
Bauer mit seinem Pflug die Felder durchzieht, kommt es
häufig vor, daß er auf alte Überreste stößt: Münzen und
Ziegelfragmente sind alltäglich, eine Steinplatte erregt seine
Aufmerksamkeit, eine Aschenkiste, eine kleine Bronze, das
Stück einer Marmorfigur seine Freude.
Doch erst in den Räumen des großen Museums wird das
römische Aquileja offenbar. Mit wenigen Ausnahmen haben
hier sämtliche Ausgrabungen Aufstellung gefunden: Grab-
Abb. io. Aquileja, Basilika, Pala des Pellegrino
da S. Daniele, 1503.
12
steine mit Reliefs und
Inschriften, Architek-
turstücke, Bildnisse
der Cäsaren (Abb.
i), der Krieger und
der Bürger, Münzen,
Schmuckgegenstände,
Bronzen und andere
Produkte der Klein-
kunst. Sonst ist vom
alten Aquileja nichts
mehr vorhanden.Kein Abb n. Grado, Dom.
Torbogen, wie jener in Triest, kein Amphitheater und kein
Tempel wie in Pola, kein Palast wie in Spalato. Zu viel
Leidenschaften haben die Mauern Aquilejas umbraust, zu
sehr hat die unglückliche Stadt gelitten. Von deren ehr-
würdigem Altertume zeugt nur noch die Basilika (Abb. 2),
ein mächtiger Bau, übermächtig im Verhältnis zu den wenigen
und dürftigen Häusern, die noch die „Stadt“ bilden. Aber
sie ist das Signum eines zweiten Aquileja, das, aus
dem römischen emporgewachsen, als Grundlage einen neuen
Inhalt, als Wappen den Adler und als Wahrzeichen das
Kreuz erhielt.
* * *
Die Legende spricht vom hl. Markus, der hier zuerst den
neuen Glau.ben verkündete. Die Aquilejenser Hermagoras und
Fortunatus waren seine Schüler und gründeten eine Christen-
gemeinde, die schon im ersten Jahrhundert viele Mitglieder
gehabt haben soll. Sicher ist, daß das Christentum hier bald
viele Adepten gefunden hatte. Von häufigen Verfolgungen
haben wir Kunde, die viel Blut kosteten. Die diokletianische
war die furchtbarste, zugleich aber die letzte, denn das Mai-
länder Edikt Kaiser Konstantins (313) schenkte dem neuen
Glauben die Freiheit. Sogleich entstand in Aquileja ein öffent-
13
Abb. 12. Grado, S. M. delle Grazie, Kapitell, Abb. 13. Grado, Dom, Kapitell,
VI. Jahrhundert. VI. Jahrhundert.
liches Gotteshaus, nicht umsonst hatten also die Heiligen
Hermagoras und Fortunatus, Hylarius und Tatianus, die
Familie der Cantier, die Jungfrauen Euphemia, Herasma,
Dorothea und Thekla nebst vielen anderen den Märtyrertod
erduldet. Der Gründer dieser neuen Kirche war Theodorus,
der erste uns historisch beglaubigte Kirchenfürst von Aquileja
(Beginn des IV. Jahrhunderts).
Durch einen glücklichen Fund vor wenigen Jahren wurden
bei Ausgrabungen in der jetzigen Basilika nicht nur die Grund-
mauern, sondern auch die ganze Fußbodenverzierung der
Theodorskirche entdeckt, ein herrliches, in verschiedene
Szenen eingeteiltes Mosaikbild (Abb. 5). So wissen wir, daß
diese älteste Kirche der Stadt dreischiffig, im Grundriß recht-
eckig, ohne jede ausladende Apsis gewesen ist. Der Mosaikfuß-
boden ist aber ein Prachtwerk spätantiker Dekorationskunst,
Die flimmernden, vielfarbigen Steinchen sind teils zu bewegten
Ranken, teils zu Szenen repräsentativen, erzählenden oder
symbolischen Inhaltes zusammengefügt worden. Ein Bilder-
buch aus frühchristlicher Zeit, ein immenser Teppich mit ver-
schiedenen Mustern auf dem Boden der Kirche aufgerollt.
14
Inmitten all der Darstellun-
gen eine — ebenfalls mit Mo-
saiksteinchen durchgeführte
— Inschrift, welche besagt,
daß der Bischof Theodorus
mit Hilfe Gottes und mit
der Unterstützung seiner
Christengemeinde die Kirche
habe errichten können.
Wie lange die Theodors-
kirche bestanden, wer sie zer-
stört hat und wann, wissen
wir nicht. Im Jahre 452 be-
lagerte der Hunnenkönig
Attila die Stadt und der da-
malige Bischof mußte mit
Hab und Gut nach Grado
flüchten. Hatte Attila wirk-
lich — wie späte Chronisten
zu berichten wissen — die
Stadt dem Boden gleichge-
macht? Oder waren es die
Goten, die unter Führung
Theodorichs ins Land dran-
gen und — unweit von Aqui-
leja — in der Rabenschlacht
am Isonzo Odoakar schlugen?
Auch diesmal mußte der aqui-
lejensische Bischof nach dem
sicheren und befestigten Gra-
do flüchten. Aquilej^ verlor Abb. 14. Grado, Dom, Kanzel, um 1300.
schließlich an Bedeutung, zumal Byzanz nach dem Siege
über die Ostgoten seinen Blick auf Grado richtete. Hier
blühten nun die alten aquilej ensischen Traditionen wieder auf; es
entstanden mehrere Kirchen, wovon zwei — der Dom (Abb. n)
15
Abb. 15. Grado, Lapidarium, spätantiker Sarkophag.
und S. M. della Grazie — noch erhalten sind. Was war aber
unterdessen mit Aquileja geschehen? Sein Bischofssitz und seine
Kirche bestanden noch, denn als 568 die Langobarden ein-
wandert en, sah sich der Bischof Paulinus wie seine Vorgänger
genötigt, in Grado Schutz zu suchen. Doch die neuen Herren
von Aquileja, die Langobarden, brachten eine Zeitlang Ruhe
ins Land. Sie entfesselten aber die Rivalität zwischen Mutter-
und Tochterstadt. Grado war erstarkt und wählte selbständig
seine Bischöfe. Diesen gegenüber stellten die Langobarden
Gegenbischöfe auf, ein Kirchenstreit entspann sich, der erst
im XI. Jahrhundert, als Aquileja einer neuen Glanzperiode
entgegenging, durch die Tatkraft seines deutschen Ober-
hauptes, des Patriarchen Popo, zu seinen Gunsten entschieden
wurde. Dazwischen liegen für Aquileja bittere Stunden: im
VII. Jahrhundert besetzten die Avaren das Land und sein kirch-
liches Oberhaupt — das nun den Titel eines Patriarchen
führte — rettete sich in die Festung C o r m 6 n s. So
wurde eine Zeitlang Cormons Residenz. Bis endlich, nach
wiederholten slawischen Einfällen, die Patriarchen Cividale
zum ständigen Aufenthaltsort erwählten. Aquileja wurde seinem
Schicksale überlassen. Seine Macht war eingeschrumpft.
Grado, Triest, Parenzo waren aus ihren Trümmern erstanden.
Aber auch Grado gegenüber wuchs eine neue Rivalin rasch
16
empor: Venedig, das
bald die Mutterstadt
unterjochen sollte.
Was aus den Kunst-
werken Aquilejas un-
terdessen geschehen
war, läßt sich mit
Sicherheit nicht an-
geben. Spärliche
Skulpturenreste spre-
chen dafür, daß nicht
alle Kunstbetätigung
erloschen war: ein
Kapitell des VI. Jahr-
hunderts, vier Chor-
schranken aus der
Völkerwanderungszeit (Abb. 3) haben in der späteren poponi-
schen Basilika Verwendung gefunden. Andere Fragmente
aus dieser bewegten Zeit wurden gelegentlich ausgegraben
und im Museum aufgestellt. Dem Patriarchen Popo sollte
es aber beschieden werden, in Aquileja die alte Pracht wieder
wachzurufen: an Stelle der spätantiken Kirche die neue,
mittelalterliche, mit den Waffen kämpfende einzusetzen. Nicht
nur im kirchlich-politischen, sondern auch im baulichen Sinne.
Ihm gehört das Verdienst, die heutige Basilika (Abb. 4) er-
richtet zu haben: eine große Kirche, dreischiffig, mit aus-
ladendem Querschiff, einer Vorhalle, einer Krypta unter dem
erhöhten Altar und einer halbrunden Apsis. Daneben ein Turm
für die Glocken und ein Palast für den Kirchenfürsten. Rasch
ging man an die Arbeit: die Mauern der alten Theodorskirche
sowie angrenzende Bauten (darunter das oktogonale Bapti-
sterium) wurden als Grundlagen benützt und ihr Baumaterial
fand neue Verwendung. Die Baumeister brauchten nicht
mühsam aus Istrien oder aus dem ergiebigen Karste Steine
zu holen: die Trümmer zweier Herrlichkeiten lagen zur Hand,
17
so daß der heidnische
Inschriftstein und das
frühchristliche Kapi-
tell gemeinsam einem
neuen Baue dienten,
zugleich einer neuen
Macht, die Grado mit
den Waffen erzwin-
gen, sich selbst die
Anerkennung, nach
Rom die älteste Kirche
zu sein, verschaffen
konnte.
Auf den Fresken,
die Popo an der Ap-
siswand der Basilika
ausführen ließ (Abb.
4), erscheint er selber,
mit viereckigem Nim-
bus, das Kirchenmodell in der Hand. Doch die Verherrlichung
galt auch seinen Gönnern: neben den Stadtheiligen Herma-
goras, Tatianus, Euphemia erscheint Kaiser Konrad II.,
seine Gemahlin Gisela und sein Sohn Heinrich III. der
Schwarze. Damit ist das kaiserliche Machtprogramm Popos
gekennzeichnet. Daß er eine Verbindung mit dem Norden an-
strebte, beweist auch der Stil dieser Fresken: er ist abend-
ländisch, im Gegensatz zu den späteren Fresken in der Krypta
(XII. und XIII. Jahrhundert), die ihre Beziehungen zu der
Kunst von Byzanz — ähnlich den gleichzeitigen Mosaiken an
der Markuskirche von Venedig — bezeugen (Abb. 7). In der
Krypta fand die Geschichte der Märtyrer Hermagoras und
Fortunatus sowie der Leidensweg Christi eine ausführliche
Schilderung. Popo starb 1042. Seinen Nachfolgern hinterließ
er die erneuerte Macht Aquilejas: das Symbol dieser Macht,
die romanische Basilika, war bereits vollendet.
Abb. 17. Cormöns, Kirche der Ursulinerinnen,
XVII. Jahrhundert.
18
Zwei Jahrhunderte
lang gehörten Aqui-
lejas Patriarchen der
kaiserlichen Partei an.
Mit der Ernennung
des von den Visconti
aus Mailand ver-
triebenen Raimundus
Deila Torre zum Pa-
triarchen (1273) kam
die päpstliche Rich-
tung ans Ruder. Im
Laufe des XIV. Jahr-
hunderts wurden vier
Deila Torre Leiter
des Patriarchats. Drei
liegen in einer Ka-
pelle der Basilika in Abb. l8- Saciletto, Kirche, XVII. Jahrhundert.
gotischen, zum Teil figural verzierten 'Sarkophagen begraben.
Die Kapelle selbst — ein Anbau am rechten Seitenschiff —
wurde von Raimundus angelegt.
Während dieser Zeit blieb die Basilika im ganzen unver-
ändert. Zwar mußte sie anfangs des XIII. Jahrhunderts restau-
riert werden, denn Popo, vom Wunsche beseelt, in kürzester Zeit
einen mächtigen Bau zu erblicken, hatte nicht genug für Dauer-
haftigkeit gesorgt. Der damalige Patriarch, Berchtold von
Andechs, übersiedelte inzwischen nach Udine, das ebenfalls in
dem Besitze Aquilejas stand. Das Erdbeben des Unglücksjahres
1348 zerstörte zum großen Teil die Basilika: das Dach stürzte
ein und wahrscheinlich litten dadurch die romanischen Voll-
bögen schwer. Doch fehlte den Patriarchen, um an eine sofortige
Restaurierung zu schreiten, das Geld. Erst während der zweiten
Hälfte des XIV. Jahrhunderts konnte Marquard von Randeck
die Kirche in einen würdigen Zustand versetzen. Er ließ die
Mauern wieder aufbauen, an Stelle der runden romanischen
2*
19
Abb. ig. Crauglio, Palais Pinzano, Gastmahl der Kleopatra. Fresko, zweite Hälfte
des XVIII. Jahrhunderts.
Bogen im Innern kamen die zeitgemäßen Spitzbogen.
Vierungspfeiler wurden vor dem Presbyterium errichtet,
die eine Art Kuppel zu tragen hatten und figural verzierte
Kapitelle erhielten. An vielen Stellen der Kirche wurden
gotische Reliefs eingelassen, in der Apsis, unter den poponi-
schen Fresken wurden neue gemalt, das Leben der Titular-
heiligen darstellend, in jenem erzählenden Stile, der nach
Giottos Kunst gang und gäbe geworden war. Die ursprüng-
liche romanische Kirche bekam ein neues Aussehen: unan-
getastet blieb die Anlage, die Säulen mit den Blätterkapitellen
im Innern, die Krypta und die erhöhte Apsis. Aber ihren
einheitlichen Charakter mußte sie einbüßen, wozu noch die
spätere Umwandlung der Presbyteriumanlage das Ihrige
beitrug. Hier kam aber die Kunst der Frührenaissance zur
Sprache und stand in enger Verbindung mit Venedig (Abb. 8).
Dieses hatte bereits 1445 seine Fittiche über Aquileja und
dessen Freiheit gebreitet.
1420 kam Venedig in den Besitz von Udine und eines Teiles
20
von Friaul; dann er-
kaufte es sich die Sou-
veränität über Aqui-
lej a und dessen Länder.
Die neuen Patriarchen
waren venezianische
Adelige, die sich wenig
um Aquileja kümmer-
ten. Sie residierten in
Venedig, bezogen ihre
Pfründe und über-
ließen dem Domkapi-
tel die Sorgen der
Kirche. So kam es, daß
am Ende des XV .Jahr-
hunderts das Dom-
kapitel den Plan faßte,
das Presbyterium in
jenem Stile zu er-
neuern, der in Venedig
die Miracolikirche und
S. Zaccaria hervorge-
bracht hatte. Es entstanden die zierlichen Marmorinkrustationen,
die mit feinen Ornamenten geschmückten Säulchen, das Ziborium
mit dem Altar an der Epistelseite, der Hauptaltar selbst, auf
beiden Seiten mit reichen Reliefs geschmückt (Abb. 9). In der
Apsis fand 1503 eine mehrteilige Altartafel, ein Werk des
Friauler Malers Pellegrino da S. Daniele, Auf-
stellung (Abb. 10).
So bildete sich im Laufe der Zeit jener Stilkomplex, der
die heutige Basilika ^charakterisiert. Der Turm sowie auch
die Vorhalle, welche die Kirche mit dem Baptisterium ver-
bindet, sind Werke Popos. Vom Turme gehen zwar die Grund-
mauern auf ihn zurück, zur Vollendung gelangte er aber
erst im XVI. Jahrhundert, wie aus dem Stile des Glocken-
Abb. 20. Ronchi (Friaul), Kirche.
21
gehäuses und des
oberen Abschlusses zu
ersehen ist.
Im Jahre 1751 wur-
de das ohnmächtig ge-
wordene Patriarchat
aufgelöst und unter
die Bistümer Görz
und Udine verteilt.
Es bestand sogar der
Plan, die Basilika nie-
derzulegen. Eine Ab-
sicht, die man zum
Glücke vereitelte.
Seit Maria There-
sias Zeiten wurde der
Erhaltung des ehrwürdigen Baues alle Sorgfalt gewidmet.
*
Eine direkte Filiation von Aquileja ist G r a d o, die heutige
Inselstadt, die aber zu Aquilejas Glanzzeiten mit dem Fest-
lande verbunden war. Man nannte es Aquileja nova;
erst später entstand aus dem Hafennamen Aquae gra-
d a t a e Grado. Die zwei Hauptkirchen wurden im VI. Jahr-
hundert gleichzeitig mit dem Dom von Parenzo und den früh-
christlichen Anlagen am S. Giustohügel in Triest erbaut:
der Dom (S. Euphemia) (Abb. 11) und S. Maria. Deutlich
erkennbar ist in diesen Bauten der ravennatische und byzan-
tinische Charakter. Beide Kirchen sind dreischiffig, interessante
Komposit- und Korbkapitelle (Abb. 12 u. 13) zieren ihre
Säulen, Mosaike mit Widmungsinschriften den Boden. Im Dom
eine merkwürdige Kanzel (Abb. 14), etwas Einzigartiges, aus
der Verquickung romanischer Überreste und venezianisch-
byzantinischer Bogenmotive, Ende des XIII. oder Anfang des
22
XIV. Jahrhunderts
entstanden. Dem XIV.
Jahrhundert gehört
auch das Apsisfresko
an. Die große Silber-
pala auf dem Haupt-
altar ist ein Werk
desjahres 1372.(Ein
ähnliches Stück im
Dom von Cattaro,
1362; in etwas grö-
beren Formen eines
im Dom zu V e g 1 i a
aus dem Ende des
XIV. Jahrhunderts.)
Grado, von Byzanz
aus begünstigt, wußte
sich eine gewisse
Selbständigkeit ge-
genüber Aquileja zu
verschaffen, bis Popo
mit Waffengewalt
sich die Oberherr-
schaft erzwang. Kurz
nachher, im Jahre
1053, erhob Venedig
Ansprüche auf Grado
und besetzte es. Erst
1164 konnte der Pa-
triarch Ulrich von
Aquileja in Gemein-
schaft mehrerer fri-
aulischer Edelleute
die Rückeroberung der Stadt versuchen. Rasch aber bewaff-
neten sich die Venezianer, rüsteten eine Flotte, landeten in Grado,
Abb. 22. Görz, Dom, Grabstein des Grafen Leonhard
von Görz-Tirol, gest. 1500.
23
Abb, 23. Görz, Hauptplatz mit dem Kastell.
wo es zum Kampfe kam, in dem der Patriarch unterlag. Mit
zwölf seiner Chorherren und vielen friaulischen Edelleuten
wurde er nach Venedig in Gefangenschaft verschleppt und nur
die Macht des Papstes konnte ihm die Freiheit wieder ver-
schaffen.
Für das römische Grado sprechen heute nur wenige Stein-
fragmente: einige Grabsteine, Sarkophagreliefs und architek-
tonische Bruchstücke (Abb. 15) sind in einem kleinen Lapi-
darium vereinigt.
Andere Bruchstücke — aus der Völkerwanderungszeit
— wurden zu einer Bischofskathedra im Dom zusammen-
gestellt. Die Grundmauern einer vor Jahren entdeckten
dreischiffigen Basilika sind Zeugen für die einstige Größe
dieser Stadt, die nun vermöge ihrer günstigen Meereslage
wiederum im Aufblühen begriffen ist.
❖ ❖ *
Zu verschiedenen Zeiten entstanden um Aquileja kleine
Ortschaften, von denen manche sich zu Städten entwickelten.
24
Cormons (Abb. 16),
eine Festung der Pa-
triarchen im VIII. Jahr-
hundert, bewahrt auf
einem Hügel Reste einer
Burg. Seine Entstehung
ist römisch und der
ursprüngliche Namen
lautet Cormontium.
610 ließ es der Lango-
bardenherzog Gisulf
gegen die Einbrüche
der Avaren und Sla-
wen befestigen. Kai-
ser Otto II., dann
Kaiser Konrad II. erneuerten die Schenkung an den
Patriarchen.
1508 bemächtigten sich die Venezianer im Kampfe mit
Kaiser Maximilian der Festung; aber 1509 wurde sie ihnen
von den Österreichern entrissen. 1528 übergab Erzherzog
Ferdinand die Verwaltung der Stadt und der ihr angehörigen
Länder dem Feldherrn Nikolaus Deila Torre, dessen Grab-
denkmal sich im Dom von Gradiska befindet.
In der friaulischen Ebene, zwischen Cormons und Aquileja,
finden wir das ehemalige Patriarchenschloß Saciletto;
dann Strassold o, dessen Schloß vom gleichnamigen
Geschlechte bereits im VI. Jahrhundert gegründet wurde;
1380 von den Truppen des Patriarchen zerstört, dann wiederum
auf gebaut, beherbergte es im Jahre 1489 Kaiser Friedrich IV.,
wurde 1509 abermals zerstört und 1749 in der heutigen Form
hergestellt.
Aus den mittelalterlichen Schlössern sind in späteren Zeiten
Villen und Landhäuser entstanden: breite Frontbauten mit
hohen Freitreppen, mit weiten Mittelsälen, durch zwei Stock-
werke reichend, endlich als Seitenflügel die übrigen Wohn-
Abb. 24. Görz, Heil.-Geist-Kirche, XIV. Jahrhundert.
25
Abb. 25. Görz, Dom mit den Fresken des Giulio Quaglia, 1702.
räume. Typische Beispiele in Begliano, Nogaredo,
Scodovacca, in Monastero, das ursprünglich zum
Stadtgebiet Aquilejas gehörte, dann in ein Nonnenkloster um-
gewandelt wurde, in C r a u g 1 i o, wo sich sehr schöne
Fresken eines friaulischen Schülers Tiepolos — Chiaruttini —-
befinden (Abb. 19).
Wie die Landvillen haben auch die Kirchen einen ausge-
prägten, einheitlichen Charakter: zumeist im XVII. und im
XVIII. Jahrhundert entstanden, in der äußeren Struktur klassi-
zisierend, immer von einem schlanken, in der Ebene weit sicht-
baren Turm begleitet. So die Türme von R o n c h i (Abb. 20),
Medea, Sagrad o, Cavenzano, Perteole, deren
Glockengehäuse und spitze Dachkrönungen mit Aquileja wett-
eifern, so jene von Villesse, Romans, Capriva,
Tapogliano, mit Zwiebelkuppeln aus dem XVIII. Jahr-
hundert. Für manche Bauten boten wieder die Trümmer
von Aquileja das Baumaterial: die Türme von Campo-
26
longo und San Polo sollen
mit Steinen zweier römischer
Brücken, die über den Na-
tisso führten, gebaut wor-
den sein.
Am Fuße des Karstes, dort,
wo das rauhe Gestein bereits
ans Meer sich drängt, liegt
Monfalcone, die Falken-
stadt, mit einer Domkirche,
deren Ursprung ins XIV.
Jahrhundert verlegt wird, de-
ren heutiges Aussehen aber
dem XVIII. Jahrhundert an-
gehört. Eine Burgruine, ,,La
Rocca“ genannt, jener von
Cormöns ähnlich, ragt auf
einem Hügel über die Stadt.
Theodorich soll hier gehaust
haben. Nicht weit davon,
bei dem Kirchlein S. Gio-
vanni, quillt aus dem Ge-
steine des Karstes der T i-
m a v u s hervor und windet
sich in vielen Armen zum
Meere hin. Auf einem Felsen,
mitten im Meere, die alte
Ruine von D u i n o, etwas
landeinwärts das noch be-
wohnte Schloß, beide aquilejensische Gründungen von den
Patriarchen Deila Tprre erbaut.
Abb. 26. Monfalcone, Dom, hl. Michael,
Holzskulptur, um 1500.
* *
Die Geschichte der Stadt G ö r z ist eng mit der ihres
Schlosses verbunden.
27
Abb. 27. Görz, Jesuitenkirche, XVII. Jahrhundert.
Die ersten Nachrichten stammen aus dem X. Jahrhundert.
1001 schenkte Kaiser Otto III. dem Patriarchen von Aquileja
die Hälfte der Schloßbesitzungen von S a 1 c a n o (heute eine
kleine Ortschaft im Norden der Stadt, dort gelegen, wo der
Isonzo die Ebene betritt) und Görz. Die andere Hälfte erhielt
28
Abb. 28. Görz, Palais Attems von Nicolö Pacassi, zweite Hälfte des XVIII. Jahrhunderts.
Werihen, Graf von Friaul. Anfangs des XII. Jahrhunderts ging
die Grafschaft an die Brüder Engelbert und Marquard von
Tirol über. Der letzte Graf dieses Stammes (Leonhard, f 1500,
in der Domkirche begraben, Abb. 22), setzte den Kaiser Maxi-
milian I. zum Erben ein. Von dieser Zeit an, mit wenigen
kurzen Unterbrechungen (Venezianer 1508 bis 1509; Fran-
zosen 1791 bis 1797; 1805; 1809 bis 1813), ist die Grafschaft
in dem Besitze des Hauses Habsburg.
Das Kastell (Abb. 23) auf einem die Stadt überragenden
Hügel ist schon im X. Jahrhundert entstanden, seine ursprüng-
liche Form verschwand jedoch unter den vielen Umgestaltungen
und Restaurierungen beinahe ganz. Seine Befestigungsmauern
stammen aus den venezianischen Jahren 1508 bis 1509, größten-
teils aber aus dem Jahre 1702. In diese Zeit fällt auch die Er-
bauung des Portals der äußeren Umfassungsmauern: eine
schwere und massige Architektur, wie man sie häufig auf
29
dem venezianischen
Festlande oder in
Gradiska und Zara
trifft. Einige Häuser
mit spitzbogigen
Fenstern (XV. Jahr-
hundert), zwei Brun-
nenöffnungen (XVI.
und XVII. Jahrhun-
dert), die stark re-
staurierte, jedoch mit
einem schönen Por-
talvorbau versehene
Hl.-Geist-Kirche
(XIV. Jahrhundert)
(Abb. 24) und das
alte Posthaus (XVII.
Jahrhundert) gehören
zu den wenigen Re-
sten älterer Bauperio-
den auf dem Kastell-
hügel. Ein steiler
Weg führt hinauf,
von Häusern aus dem
XVII. und XVIII.
Jahrhundert flankiert.
Erker und Lauben-
Abb. 29. Podgora bei Görz, Palais Attems, Altarbild des gänge, barOCkum-
Giambettino cignaroii. rahmte Bilder an den
Fassaden verleihen der rohgepflasterten Gasse einen ganz
besonderen Charakter.
Zu Füßen des Schloßhügels entstand im Laufe der Zeit die
heutige Stadt. Die Domkirche war schon im XIV. Jahrhundert
gebaut worden (Abb. 25). Ihr jetziges Aussehen (dreischiffig,
mit Seitenemporen, flache Bedachung) verdankt sie aber der
30
■ ':
Abb. 30. Görz, Neptunsbrunnen von Nicolö Pacassi, zweite Hälfte des XVIII. Jahrhunderts.
I
zweiten Hälfte des XVII. Jahrhunderts. Gotisch ist nur noch
die Apsis (Malereien modern) und eine Seitenkapelle, die als
Sakristei verwendet wird. Hier befinden sich noch Schluß-
steine aus dem XIV. Jahrhundert, figural geschmückt, ferner
Fresken an den Decken, die stilistisch mit ähnlichen Werken
in Kärnten und Tirol verwandt sind (XV. Jahrhundert). Die
feinen Stukkoarbeiten, die Marmoraltäre, stammen aus dem
Ende des XVII. Jahrhunderts, zum großen Teil aber aus dem
XVIII. Jahrhundert. Das große Deckengemälde, welches sich
über das ganze Mittelschiff spannt, ist das Werk eines gewal-
tigen — bisher wenig gewürdigten — Dekorateurs aus der
Schule des Trientiner Jesuitenpaters Pozzo, namens Giulio
Quaglia (1702). Quaglia hat auch im Dome von Graz und in
Laibach große Freskogemälde ausgeführt. Die schöne Kanzel
ist eine Arbeit des beginnenden XVIII. Jahrhunderts, die zu-
sammen mit den Marmoraltären des Domes und anderer
Abb. 31. Miramar, Schloß, Mitte des XIX. Jahrhunderts.
Görzer Kirchen für den damaligen Aufschwung der künst-
lerischen Steinmetzkunst im flachen Teile des Küsten-
landes zeugt.
Die Domfassade und die oberen Partien des Turmes sind im
XIX. Jahrhundert mit wenig Glück erneuert worden.
Von großem Wert ist hingegen der alte aquilejensische Dom-
schatz, der nach der Teilung des Patriarchats hierhergebracht
wurde. Er hat in einer Seitenkapelle Aufstellung gefunden.
Folgende Stücke seien erwähnt: ein silberner Buchdeckel mit
der Himmelfahrt Christi aus dem XII. Jahrhundert; ein ro-
manischer Bischofstab, in der Kirchenlegende „Petrusstab“
genannt; das Kopfreliquiar des hl. Hermagoras, ein Werk
o.beritalienischer Silberschmiedekunst des XIV. Jahrhunderts;
aus demselben Jahrhundert ein silbernes Vortragskreuz, ein
Bischof stab aus Bergkristall und eine Madonnenstatuette;
schließlich drei Holzbüsten aquilejensischer Märtyrer, die mit
der Holzfigur eines hl. Michael in Monfalcone (Abb. 26) manche
32
Abb. 32. Gradiska, Dom, Fassade, XVIII. Jahrhundert.
Ähnlichkeit aufweisen, obwohl sie etwas früher entstanden
sind (um 1500) und auf einer qualitativ weit höheren
Stufe stehen. Diese friaulisch-einheimischen Holzskulpturen
sind aus einer interessanten Verbindung entstanden: in
ihnen kreuzen sich venezianische und nordisch-älplerische
Elemente.
Die zweitgrößte Kirche von Görz ist dem hl. Ignatius geweiht
(Abb. 27). Sie ist 1654 von den Jesuiten begonnen, aber erst
während der ersten Hälfte des XVIII. Jahrhunderts vollendet
worden (dreischiffig mit Seitenkapellen). An der rechteckig
abschließenden Apsiswand ein großes Gemälde mit Schein-
architekturen — die Glorie des Titularheiligen darstellend —
vom Jesuitenpater Christoph Tauch im Jahre 1721 vollendet.
Abb. 33. Gradiska, Palais Finetti, XVIII. Jahrhundert.
Auch in dieser Kirche schöne barocke Steinaltäre mit Marmor-
inkrustationen und figuralem Schmuck.
Das Palais Attems (Abb. 28) auf dem Corno-Platz (Landes-
museum), ferner das ebenfalls dem Grafen Attems angehörige
in Podgora bei Görz (Abb. 29) und schließlich das Palais
Attems-Hl. Kreuz (Rathaus), das aber am Anfänge des
XIX. Jahrhunderts klassizistisch umgestaltet wurde, sind
Werke eines Görzer Architekten des XVIII. Jahrhunderts,
Nicolö Pacassi, der auch in Wien, an der Erweiterung des
Schlosses Schönbrunn, tätig gewesen ist. Von Pacassi rühren
auch die Zeichnungen für die zwei Stadtbrunnen her: der
Neptunbrunnen auf dem Hauptplatz (Abb. 30) und der Her-
kulesbrunnen auf dem Corno-Platz.
Auf einem im Osten der Stadt gelegenen Hügel erhebt sich
an Stelle einer alten Kapelle die von den Karmelitern während
34
der zweiten Hälfte des XVII. Jahrhunderts erbaute Kloster-
kirche Castagnavizza. Eine reiche Stukkodecke im Innern. In
der Krypta ruhen Karl X. von Frankreich (f 1836) und der
Graf von Chambord (f 1883).
Im Westen, vom rechten Ufer des Isonzo aus, dehnt sich
das wellige Hügelland C o 11 i o mit den Schlössern von
S. Florian und Dobra.
Zwei Bahnlinien verbinden Görz mit Triest: die eine entlang
des Isonzo und der Meeresküste, die andere mitten durch den
rauhen Karst. Erstere berührt die Ortschaften Gradiska,
Sagrad o, Ronchi, Monfalcone, Duino und
Mira mar (Abb. 31), das durch sein Schloß am Meer,
von Kaiser Maximilian von Mexiko im gotisierenden Stil der
späten Romantik (1854—1856) errichtet, berühmt ist; letztere
die Ortschaft Reifenberg mit einer wohlerhaltenen
massiven Burg.
H*
Am rechten Isonzoufer Gradiska, das die Venezianer als
Festung gegen die Türkeneinfälle in den Jahren 1471 bis 1481
nach den Plänen des Architekten Henricus Gallo anlegten.
1521 ging die Stadt im Kampf mit den Venezianern an Öster-
reich über. 1647, nachdem Kaiser Ferdinand III. Stadt und
Land zu einer selbständigen gefürsteten Grafschaft erhoben
hatte, übergab er sie dem Prinzen Johann Anton von Eggen-
berg. Aber er knüpfte daran die Bedingung, daß beim Aus-
sterben der männlichen Linie die Grafschaft an Österreich
kommen sollte. 1717 starb der letzte Eggenberg, Gradiska kam
wiederum unter österreichische Herrschaft und wurde 1754
mit Görz zu einer gefürsteten Grafschaft vereint.
Das Charakterbild, der noch von den alten Mauern um-
gürteten Stadt ist barock. Unter der Herrschaft der Eggen-
berg entstanden die meisten Bauten und selbst ältere wurden
dem Zeitstile angepaßt. So erhielt der Dom des XVI. Jahr-
hunderts im XVIII. Jahrhundert eine stark bewegte Fassade
3*
35
(Abb. 32). Aus der-
selben Zeit auch die
Paläste: ernste und
majestätische Bauten,
der Außenwelt ver-
schlossen, voll Luxus
im Innern (Abb. 33).
Repräsentiert Aqui-
leja das in Waffen
klirrende kirchliche
Leben des Mittel-
alters, so bietet Görz
ein Beispiel der weltli-
chen, feudalen Macht.
Die Grafen von Görz
waren große Herren,
stets gerüstet, stets
Abb. 34. Triest, spätantiker Bogen. kriegsbereit. Ihr Wap-
pen, eine dreitürmigeBurg, weiß auf blauem Felde, war bei jedem
Turnier bekannt. Krieg und Jagd füllten ihr Leben aus. Es
fehlten aber nicht die prunkvollen Festlichkeiten, die lauten
Gelage, bei denen es nicht selten unter den Gästen — meist
stolzen Herren, die in der Umgebung in ihren Burgen hausten
— zu Streitigkeiten und Waffengängen kam. Graf Mainhard
kämpfte an der Seite Rudolfs von Habsburg gegen Ottokar II.
und tat sich mit den Waffen so weit hervor, daß der Kaiser
seinen Sohn Albert mit Elisabeth, der Tochter Mainhards, ver-
mählte und 1286 ihn mit dem Herzogtum Kärnten belehnte.
Das Volk, das die Härten des Krieges kannte, war in
Friedenszeiten leichtlebig und vergnügungssüchtig. Auch in
späteren Zeiten waren Görz und Gradiska der vielen Festlich-
keiten wegen berühmt. Jede Begebenheit wurde gefeiert. Hatte
doch das Land heilige Patrone in Menge, die immerwährend
36
Abb. 35. Triest, S. Giusto.
Anlaß zu Festlichkeiten gaben: zu Prozessionen mit Fahnen
und Standarten, zu Volksbelustigungen, wobei auf einer Wiese
getanzt und bis spät in die Nacht gezecht wurde. Ja, man ging
so weit, daß jede Woche zwei bis drei derartige im Kalender
nicht registrierte Feiern eingehalten wurden, bis endlich die
Kaiserin Maria Theresia diesem Treiben ein Ende bereitete,
die Feieranlässe festsetzte und sie auf ein Minimum redu-
zierte. Die „Sagra“ aber ist noch heute in Görz wie auf dem
Lande ein jährlich übliches Fest. Noch immer wird im Freien
auf Bretterböden getanzt und der hellrote Wein der Ebene
befeuert heute wie einst dieses Treiben.
Der Friauler ist aber auch ein ernster und tüchtiger Ar-
beiter, schwermütig wie seine Lieder, an die Scholle gebunden,
treu seinem Lande und seinem Kaiser.
37
Abb. 36. Triest, Dom, Mosaikapsis der Justuskapelle, XII. Jahrhundert.
2. DIE REICHSUNMITTELBARE STADT
TRIEST.
Seit fünfhundertdreiunddreißig Jahren ist Triest, die
,,Cittä fedelissima“, mit Österreich verbunden.
Sein Aufblühen und seine Bedeutung beginnt mit dem Jahre
1382, als Herzog Leopold III. von der Steiermark die Stadt und
ihr Territorium erwarb. Nicht ohne Erkenntnis ihrer Lage
hatten sich die Triestiner an Österreich angeschlossen. Vor
allem suchten sie Schutz gegen eine mächtig emporgewachsene
Rivalin in der Adria, bewußt, daß nur der Gegensatz zu Venedig
die Entfaltung der Stadt zu einem Handelszentrum ermöglichen
konnte. Aber auch nur ein großes Hinterland konnte der Stadt,
die unmittelbar am Fuße des Karstes sich auszubreiten begann
und die noch heute, um Raum zu gewinnen, mit der rauhen
38
Abb. 37. Triest, S. Giusto, Innenansicht.
Bodenbeschaffenheit und den steilen Bergabhängen zu kämpfen
hat, Lebens- und Entwicklungsmöglichkeiten bieten.
Triest entstand aus der römischen Gründung Tergeste,
einer Stadt, die zwar Aquileja untergeordnet war, in der aber
Pracht- und Monumentalbauten nicht fehlten. Auf dem Hügel,
wo sich heute der mittelalterliche Dom — S. Giusto — be-
findet, war einst das Kapitol mit den Tempeln des Jupiter, der
Juno und der Minerva. In der Umgebung, die Küste entlang
vom heutigen B ä r c o 1 a bis Monfalcone, prangten stolze
Villen, von denen uns zahlreiche Mosaikfußböden erhalten
geblieben sind.
Während der Völkerwanderungszeit geht das Schicksal von
Triest parallel zu dem seiner Nachbarstadt Aquileja. So wie
dieses, erduldete die bereits für das Christentum gewonnene
Stadt — der heilige Justus ist Märtyrer und Patron — Ver-
39
Abb. 38. Triest, Börse, Anfang des XIX. Jahrhunderts.
Wüstungen und Zerstörungen. Mit dem neuerlichen Empor-
kommen Aquilejas und mit der Ausdehnung der Besitzungen
des Herzogtums Kärnten, denen es mit Istrien eine Zeitlang
unterstellt war, wuchs auch das neue Leben Triests. Aber
dennoch war seine Bedeutung keine allzu große. Ein Wende-
punkt trat erst mit dem Jahre 1382 ein: jetzt konnte Triest ge-
deihen. Kaiser Karl VI. machte es später (1719) zum Freihafen,
ließ Straßen anlegen, um den immer reger werdenden Waren-
verkehr über die Alpen zu fördern. Rasch vergrößerte sich die
Stadt; Hafenanlagen, Depothäuser und Verwaltungsgebäude
wurden errichtet. Da kam die französische Flut, und indem sie
die Rivalin, Venedig, vernichtete, schädigte sie auch Triest
beträchtlich. 1797—1805 wurde es von den Franzosen besetzt;
1809—1814 mit den illyrischen Provinzen Frankreichs ver-
bunden.
War auch dieser vorübergehende Verlust für Österreich sehr
40
empfindlich, so wurde,
nachdem der Besitz
von Triest aufs neue
gesichert war, alles
daran gesetzt, die Schä-
den wettzumachen,
die Stadt zu heben,
ihren Handel durch
eine großangelegte
Hafenanlage, durch
Docks und Speicher zu
fördern. Gleich nach
der Franzosenzeit setzte in Triest eine rege Bautätigkeit ein.
Damals entstanden die schönen Spätempirebauten der Archi-
tekten Nobile und Pertsch, die noch heute eine Zierde der zum
größten Teil modernen Stadt bilden.
Von den römischen Bauten haben sich an Ort und Stelle
wenige Spuren erhalten, obwohl gelegentliche Ausgrabungen
manches zutage gefördert haben, das teils im Lapidarium von
S. Giusto, teils in den städtischen Sammlungen Aufstellung ge-
funden hat: zumeist Inschriftsteine und Architekturfragmente.
Ein Torbogen (Abb. 34) aus dem III. Jahrhundert n. Chr., der
sogenannte „Arco di Riccardo“, und die schönen, mit korinthi-
schen Kapitellen geschmückten, im Turme von S. Giusto ein-
gemauerten Säulen eines Tempels sind die einzigen lebendigen
Überreste des römischen Triest.
Wo heute die Basilika des heiligen Justus (Abb. 35) sich er-
hebt, stand ursprünglich ein Tempel, der — wahrscheinlich
nach dem Mailänder Edikt — für den neuen Kultus um-
gestaltet wurde. Die Vorhalle mit der Säulenreihe blieb aber
als Eingang der Kircphe bestehen. Von dieser Eingangshalle
sind zwei Säulen und zwei Pfeiler erhalten: in dem Turm
eingemauert, werden sie sichtbar, wenn man sein Erd-
geschoß betritt. — Diese Tempelkirche war der Mutter
Gottes geweiht.
Abb. 39. Triest, Palais Carciotti, Architekt Pertsch, An-
fang des XIX. Jahrhunderts.
41
Neben der Tempelkirche errichtete die alte Triestiner
Kirchengemeinde zwei neue Bauten: das Baptisterium mit
einem noch bestehenden Immersionsbecken und, im VI. Jahr-
hundert, die Grabeskirche des Lokalheiligen Justus. Ursprüng-
lich war sie ein Zentralbau, wurde jedoch im Laufe des XII.
und XIII. Jahrhunderts stark verändert. Zu gleicher Zeit scheint
auch die Tempelkirche, nach den Kapitellen zu schließen, weit-
gehend umgebaut worden zu sein. Ihre Apsis wurde Ende des
XII. oder Anfang des XIII. Jahrhunderts mit Mosaiken — die
thronende Madonna — geschmückt, während die Justuskirche
schon im XII. Jahrhundert den musivischen Schmuck ihrer
Apsis erhalten hatte (Abb. 36).
Am Anfang des XIV. Jahrhunderts hatte sich die Not-
wendigkeit eingestellt, die Kirche zu vergrößern. Das Problem
fand eine höchst originelle Lösung: man vereinigte die beiden
nebeneinanderstehenden Kirchen zu einer neuen. Die Justus-
kirche — ursprünglich ein Zentralbau — bekam ein Langhaus;
das rechte Seitenschiff der Marienkirche und der rechte Kreuz-
arm der Justuskapelle wurden abgetragen; der zwischen beiden
Bauten gewonnene Raum wurde mit einer Apsis abgeschlossen
und mit einer Holzdecke neu überdacht (Abb. 37). Der Neubau
bekam schließlich eine einfache, nur mit einem großen Rad-
fenster belebte Fassade. Die antike Vorhalle wurde abgetragen:
nur einige Säulenreste, im Untergeschoß des Turmes, blieben
erhalten. Antike Fragmente fanden aber am Turm und an der
Fassade dekorative Verwendung. — Im Jahre 1385 wurde diese
in einer so merkwürdigen Weise entstandene Kirche geweiht.
Die Fresken der Apsis sind zerstört worden. Hingegen haben
sich andere Fresken in der Apsiswand der ursprünglichen
Justuskirche erhalten. Sie stellen das Leben und das Marty-
rium des Heiligen dar. Es sind höchst wertvolle Arbeiten aus
der zweiten Hälfte des XIV. Jahrhunderts, dem Stile nach jener
oberitalienischen Umwertung der Giotto-Schule, die Meister,
wie Altichiero von Verona und Justus von Padua hervorge-
bracht hat, angehörend.
42
In der Hauptapsis
ein Bild des Bene-
detto Carpaccio,
eines Verwandten des
großen Vittore Car-
paccio. Man trifft ihn,
der in der ersten
Hälfte des XVI. Jahr-
hunderts gelebt hat,
beinahe ausschließlich
in Istrien.
Der Schatz der S.-
Giusto-Basilika birgt
kostbare Reliquiarien
und Vortragskreuze
aus dem XV. und
XVI. Jahrhundert. Im
Lapidarium, das an
S. Giusto angrenzt,
sind neben römischen
Antiken auch Werke
der Völkerwande-
rungszeit und des
Mittelalters untergebracht. Hier hat der berühmte deutsche
Archäolog Johann Joachim Winckelmann, der am 8. Juni 1768
in Triest meuchlings ermordet wurde, seine letzte Ruhestätte
gefunden. Im städtischen Museum befinden sich neben guten
Bildern und Handzeichnungen (eine Sammlung hervorragender
Zeichnungen G. B. Tiepolos verdient besonders hervor-
gehoben zu werden), auch Waffen und kunstindustrielle
Gegenstände, die hauptsächlich aus Triest und aus der Um-
gebung stammen.
Das Zeitalter des Barocks ist durch die großangelegte, den
Plänen des Paters Andrea Pozzo (1627—1682) entstammende
Jesuitenkirche repräsentiert. Den Grundton der Stadt be-
Abb. 40. Muggia vecchia, Kircheninneres mit dem Ambo
aus der Völkerwanderungszeit.
43
’
stimmen aber die Em-
pirebauten — die alte
Börse (Abb. 38) mit
den Skulpturen von
Rosa, das Stadtthea-
ter, der Palazzo Carciot-
tivon dem Architekten
Pertsch (Abb. 39), die
Kirche S. Antonio Nu-
ovo von N obile —, wel-
che nach dem Abzüge
der Franzosen ent-
standen sind.
Abb. 41. Capodistria, Domfassade. XV. und XVI. Jahrh.
3. DIE M A R K G R A F S C H A F T ISTRIEN.
Der Name Istrien stammt von den Urbewohnern der
Halbinsel, die 177 v. Chr. der römischen Herrschaft unter-
worfen wurden. Die meisten Städte der Küste von Muggia bis
Pola sind römische Gründungen.
Bewegt und mannigfaltig ist die Geschichte des Landes. Nach
dem Niedergang des Weströmischen Reiches herrschte Byzanz
an Istriens Küsten, während in das Innere fremde Völkerschaften
— Slowenen, Kroaten und Serben — eindrangen. Karl der
Große unterwarf die Halbinsel; im Jahre 1061 wurde ein Mark-
graf ernannt. Die Herrschaft wechselte aber beständig zwischen
den Patriarchen von Aquileja und den als Markgrafen einge-
setzten Mitgliedern aus den Häusern Eppenstein, Weimar und
Sponheim. Schließlich kam sie endgültig an die Patriarchen von
Aquileja, die aber bald einen großen Teil des Landes, vor allem
die Küste, an die Venezianer verloren. Ein Teil des Innern, die
Gebiete von Mitterburg (Pisino), Pedena und Castelnuovo, blieb
im Besitze der Markgrafen und kam im XV. Jahrhundert an
44
Abb. 42. Capodistria, Rathaus, XV. Jahrhundert.
Österreich. 1797, nach dem Frieden von Campoformio, bekam
Österreich auch die venezianischen Teile Istriens, verlor sie
jedoch wieder 1805, und 1809 gingen auch die älteren Be-
sitzungen im Innern des Landes an Frankreichs Illyricum über.
Doch brachte das Jahr 1814 ganz Istrien an Österreich zurück.
^ 'V ^
In der breiten Bucht von Triest liegen zwei bedeutende
istrianische Städte: M u g g i a und Capodistria.
Das heutige M u g g i a ist erst im XV. Jahrhundert ent-
standen und aus dieser Zeit besitzt es eine Kirche mit inter-
essanten Skulpturen. am Portaltympanon. Muggia, aus dem
römischen A m u 1 i a, ist aber eine alte Gründung; die ur-
sprüngliche Stadt — das jetzige Muggia vecchia —
wurde im Jahre 1354, nachdem die Genueser unter Paganino
Doria sie zerstört hatten, verlassen wurde. Doch gründete
45
man unter Beibehal-
tung des alten Namens
eine neue Stadt un-
weit von der alten.
Inmitten der Trüm-
mer des alten Muggia
blieb eine Kirche er-
halten, ein außen
schmuckloser Bau des
X. Jahrhunderts, der
in späteren Zeiten
stark restauriert wur-
de (Abb. 40), während
die Inneneinrichtung
unangetastet blieb.
Die Chorschranken
und die Kanzel stam-
men aus der Grün-
dungsperiode. Die
Fresken an den Wän-
Abb. 43. Capodistria, Palais Tacco, Türklopfer, zweite den mit DarStellun-
Hälfte des XVI.Jahrhunderts. gen aug dem Leben
Mariä und verschiedener Heiliger sind aber Werke, die am
Ende des XIII. oder am Anfang des XIV. Jahrhunderts ent-
standen sind.
Capodistria nannten die Römer A e g i d a. Als sich
aber seiner die Byzantiner bemächtigten, tauften sie es, zu
Ehren des Kaisers Justinian, in Justinopolis um. Nach
der abwechselnden Herrschaft von Markgrafen und Pa-
triarchen folgte eine Zeit der Selbständigkeit. Im XIII. Jahr-
hundert bildete Capodistria einen Freistaat, doch bald wurde
er eine Beute der Venezianer. Ein Aufstand wurde mit
Waffengewalt unterdrückt. So herrschte Venedig lange Zeit
uneingeschränkt. Als es endlich gestürzt wurde, fiel die Stadt
an Österreich.
46
Abb. 44. Capodistria, St.-Anna-Kirche, Altartafel des Cima da Conegliano, 1513.
Der Dom, das Rathaus und die heute leider verunstaltete
Loggia bilden den Mittelpunkt dieser reizenden Seestadt.
Zwei Stile, die mit zwei Bauperioden verbunden sind, charak-
terisieren den Dom: die Gotik und die Renaissance (Abb. 41).
Auf einem venezianisch-gotischen, reich gegliederten, mit
Phialen und Türmchen belebten Unterbau, der um 1450 er-
richtet wurde, erhebt sich eine am Ende des XVI. Jahr-
hunderts entstandene Renaissancefassade. — Im Inneren gute
Bilder des Vittore und des Benedetto Carpaccio. Hinter dem
Hauptaltar der Sarkophag der Stadtheiligen Nazarius und
47
Alexander, aus älte-
ren Fragmenten an-
fangs des XV. Jahr-
hunderts zusammen-
gestellt.
Der Domschatz hat
manches bedeutende
Stück: ein Reliqui-
arium, noch gotisch
in den Formen, doch
bereits um 1500 ent-
standen ; einen Silber-
kelch aus dem XV.
Jahrhundert; ferner
ein Vortragskreuz
aus dem Jahre 1513,
als dessen Künstler
sich Peregrinus nennt.
Auch andere istriani-
sche Kirchen sind im
Besitze von wert-
vollen Kultusgeräten: so in Piemonte d’ I s t r i a ein Hosten-
sorium aus dem Jahre 1449; in Montona ein Goldkelch,
Ende des XV. Jahrhunderts; in Valle ein vergoldetes Silber-
hostensorium, eine schöne deutsche Arbeit aus dem Ende des
XV. Jahrhunderts; in Moncalvo ein Hostensorium aus dem
XVI. Jahrhundert, interessant durch die Verschwisterung von
Gotik und Renaissance; in Muggia ein Vortragskreuz aus
dem späten XVI. Jahrhundert und ein Hostensorium aus dem
XV. Jahrhundert; in Colmo ein Vortragskreuz, ein Hosten-
sorium und ein Kelch, drei Werke von derselben Hand, alle
drei mit der Jahreszahl 1539 bezeichnet, jedoch noch stark
gotisierend; in I s o 1 a schließlich ein Hostensorium aus dem
XV. Jahrhundert mit Zutaten aus dem XVII. Jahrhundert.
Capodistria hatte schon im XIII. Jahrhundert ein Stadthaus.
48
:
Abb 46. Parenzo, Dom, Innenansicht, VI. Jahrhundert.
Das heutige „Municipio“ ist aber erst im Laufe des XV. Jahr-
hunderts entstanden (Abb. 42). Es hat die charakteristischen
Formen des venezianischen Rathauses des Festlandes mit dem
Turme, mit der Freitreppe und mit den dekorativen Zinnen auf
dem Dache. In späteren Zeiten — namentlich während des
XVII. Jahrhunderts — wurde seine Fassade mit den
Büsten der Bürgermeister geschmückt. Wohlgenährte vene-
zianische Patrizier, denen der istrianische Besitz sehr zu
statten kam, wie den damaligen venezianischen Patriarchen
Aquileja.
Auch die Loggia * — von einem Meister N i c o 1 6 da
P i r a n o erbaut — ist im XV. Jahrhundert entstanden.
Durch Um- und Anbauten wurde sie Ende des XVI. Jahr-
hunderts stark verändert. Die neueste Zeit machte aus ihr ein
Kaffeehaus.
i
Eine besondere Stätte der Kunst ist die Klosterkirche
Sant’ Anna, ein einfacher schmuckloser Bau aus dem Ende des
XV. Jahrhunderts, der aber im Innern eine ganze Reihe wert-
voller Kunstgegenstände bewahrt: vor allem das große elfteilige
Abb. 47. Parenzo, Dom, Altarziborium, Ende des XIII. Jahrhunderts.
50
Abb. 48. Parenzo, Dom, Altarbild des Antonio Vivarini.
Altarbild des Cima da Conegliano, aus dem Jahre 1513
(Abb. 44). Um das Mittelbild, die Madonna mit dem Kinde,
gruppieren sich zehn andere Gemälde, Heilige darstellend, die
mit Capodistria in irgend einer Beziehung stehen. So trägt
der hl. Nazarius das Stadtmodell in der Hand. Außerdem in
der Kirche Bilder von Girolamo da Santa Croce
(Kreuzabnahme), von Benedetto Carpaccio (Der
Name Jesu, datiert 1541), ein angeblicher Vincenzo Ca-
t e n a, ein schöner p hl. Bernardinus aus der Vivarini-
Schule, ferner Bilder von Bellotti und von Pietro
M e r a. Miniaturhandschriften, holzgeschnitzte Prozessions-
stangen und gleichartig bearbeitete Leuchter ergänzen das
Inventar dieses kunstreichen kleinen Klosters.
45
51
Abb. 49. Pirano, Hafenansicht.
P i r a n o (Abb. 49) erstreckt sich auf einer schmalen,
felsigen Landzunge, am äußersten Punkt des Triestiner
Golfes. Eine Fischerstadt mit engen, meist steilen Gassen, mit
schönen Ausblicken, zum Teil noch von den alten veneziani-
schen Mauern umgeben. Auf einem Felsen, der senkrecht ins
Meer abfällt, an der Stelle einer älteren Kirche, der Dom. Im
Jahre 1637 vollendet, trägt er noch die Formen der veneziani-
schen Cinquecentokirchen. Daneben, freistehend, der hohe
Kampanile. Das Baptisterium erinnert in der Anlage an alt-
christliche Bauten und tatsächlich finden wir im Innern ein
spätantikes, mit einem Delphin verziertes Taufbecken.
In der kleinen Renaissancekirche S. Francesco eine Altar-
tafel des Vittore Carpaccio aus dem Jahre 1518:
die thronende Madonna mit dem Kinde, von mehreren
Heiligen umgeben, im Hintergrund eine Ansicht von Alt-
Pirano mit der Bucht und den Umfassungsmauern (Abb. 45).
Das zierlich durchbrochene gotische Haus auf dem Haupt-
platze, die „Ca’ d’oro“ von Pirano, weist auf die Zeit der
venezianischen Herrschaft, stilistisch auf das XV. Jahrhundert
hin. Inmitten dieses Platzes erhebt sich das 1896 errichtete
52
Abb. 50. Rovigno.
Standbild des berühmten Piraneser Komponisten und Violin-
virtuosen des XVIII. Jahrhunderts, Tartini, dessen Villa, ein
reizendes Barockhäuschen unweit von Pirano, in der stillen
Bucht von Strugnano liegt.
Doch im Mittel-
punkt der istriani-
schen Kunststätten
steht Parenzo, mit
seiner frühchristli-
chen Basilika.
In den Jahren 535
bis 543 an Stelle von
älteren Kultbauten
entstanden, zeigt sie
in der Anlage und
in der inneren Aus-.
Schmückung (Abb. 46)
den Charakter der
gleichzeitigenKirchen
Ravennas. Während
Abb. 51. Pola, Die «Porta aurea<.
53
m
Abb, 52. Pola, Amphitheater, Mitte des I. und Ende des II. Jahrhunderts n. Chr.
aber diese starke Restaurierungen zu ertragen hatten,
ist die Basilika von Parenzo größtenteils unangetastet ge-
blieben. Die Anlage ist dreischiffig, mit runden Bogen,
die von Kämpferkapitellen getragen werden. Spätrömische
Kompositkapitelle wechseln mit ravennatischen Korbkapi-
tellen ab. Mosaikdarstellungen schmücken den Triumph-
bogen und die Apsiswölbung. Die Apsiswand hingegen
ist mit wertvollen Steinen, mit Porphyr, Onyx, Serpentin,
und mit Perlmutter inkrustiert: eine außerordentliche farbige
Wirkung, die nirgends in so gutem Erhaltungszustand
zu finden ist und die ein glänzendes Zeugnis für die Ent-
wicklung der spätantiken dekorativen Kunst in ihren male-
risch-optischen Bestrebungen abgibt. Das Altarziborium —
wofür auch Dalmatien mehrere Gegenstücke bieten kann —
stammt aus dem Ende des XIII. Jahrhunderts (Abb. 47), der
silberne Altarvorsatz aber aus dem XVIII. Jahrhundert.
In der Sakristei hat ein Polyptychon des Antonio Viva-
r i n i aus Murano Aufstellung gefunden (Abb. 48): Ein be-
sonders wichtiges Bild, denn hier tritt Antonio, der gewöhn-
lich als Mitarbeiter des Giovanni d’Allemagna oder seines
Bruders Bartolomeo bekannt ist, selbständig auf.
Recht häufig begegnet man in den istrianischen Städten
Fragmenten von Steinplatten und Kapitellen mit den charak-
54
teristischen Band-
und Flechtverzierun-
gen der Völkerwan-
derungszeit. In der
Krypta der Kirche
von Valle ein voll-
ständiger, mit Chor-
schranken umgebener
Altar. Gewöhnlich
treten nur geometri-
sche Muster auf; je-
doch sind figurale
Elemente — zumeist
symbolische Tierdar-
stellungen — nicht
selten. Beispiele in
Mormorano, in den
Museen von Parenzo
und Pola und in Cit-
tanuova, wo sich
die Fragmente eines
Ziboriums aus dem
VII. Jahrhundert be-
finden.
Auch in Parenzo
sind nur wenige Über-
reste des römischen
Zeitalters erhalten:
auf den Grundmauern
eines dem Gotte Mars
geweihten Tempels
wurden bescheidene
Häuser erbaut. Dem
XIII. Jahrhundert ent-
stammt das Haus der
Abb. 53. Pola, Augustus-Tempel, 19 v. Chr.
Abb. 54. Pola, Dom.
Abb. 55. Pola, Rathaus.
55
Abb. 56. Pola, Dom, Altar des Jacopo da Pola, Ende des XV. Jahrhunderts.
Domherren; andere Häuser zeugen für den dekorativen Sinn
der späten venezianischen Gotik.
Uber R o v i g n o (Abb. 50), das wie Pirano auf einer steilen
56
Landzunge ins Meer
hineinragt, an den
Brioni-Inseln
vorbei, wo Ausgra-
bungen der letzten
Jahre römische Villen-
anlagen und altchrist-
liche Kultbauten ans
Tageslicht gebracht
haben, erreicht man
P o 1 a.
* * *
Die mächtige Arena
(Abb. 52), das Amphi-
theater, ist für das
Stadtbild Polas be-
stimmend. Zweien
Bauperioden soll es
angehören: um die
Mitte des I. Jahrhun-
derts n. Chr. entstand
eine einfache trichter-
förmige Arena mit
einem umschließenden
Mantelbau; Ende des II. Jahrhunderts wurde sie um den
Arkadengürtel und um die obere Galerie vergrößert.
Ursprünglich war Pola eine jener befestigten Ansiedlungen,
die man „Castellieri“ heißt. Dank seiner prächtigen Hafen-
anlage soll es bereits von den Kolchern besucht worden sein.
Tatsächlich wurden in seiner Umgebung, in der Nekropole
von N e s a c t i u m," Funde gemacht, die auf eine sehr frühe
Kultur hindeuten. Erst später aber, im Jahre 177 v. Chr.,
bemächtigten sich seiner die Römer und gründeten hier eine
Kolonie unter dem Namen Pietas Julia. Schon damals
wurde die geschützte Bucht zu einer Flottenstation und zu
Abb. 57. Ossero, Dom, Portal, XV. Jahrhundert.
57
einem Kriegshafen gestaltet. Aber erst zu Augustus Zeiten ent-
faltete sich die Stadt — wie Aquileja — zu hohem Glanze.
Drei Tore sind erhalten: das Herkules-Tor; ein zweibogiges
Tor, genannt „Porta gemina“, und das schönste von allen,
das Siegestor, das seit dem Mittelalter im Volksmunde kurz-
weg „Porta aurea“ oder „aurata“, die Goldpforte, genannt
wird (Abb. 51).
Der schöne, im korinthischen Stile, 19 v. Chr., erbaute
Tempel am Forumplatz war dem Augustus und der Göttin
Roma geweiht (Abb. 53). An der Stelle des Kapitols steht das
Kastell, von den Venezianern im XVII. Jahrhundert erbaut,
am Anfang des XIX. Jahrhunderts durch Kaiser Franz er-
neuert.
Viele Werke der Antike sind in Pola erhalten geblieben,
viele wurden aber zu neuem Baumaterial verwendet: für die
Kirchen und Paläste Venedigs. Gar manche römische Säule,
manches Kapitell und Gesimse aus Pola ziert heute die Markus-
kirche.
Polas Bedeutung erlosch für längere Zeit mit dem Falle
des weströmischen Reiches. Doch bereits 1148 bemächtigten
sich seiner die Venezianer, denen es in der Folge die Genueser
streitig machten, so daß es zu blutigen Kämpfen um die Stadt
und schließlich, 1379, zu ihrer Zerstörung kam. Die weiteren
Schicksale hat sie mit denen Istriens gemeinsam. Im Jahre 1848
wurde Pola zum österreichischen Kriegshafen bestimmt und
1856 der Grundstein zum heutigen Arsenal gelegt.
Der Dom (Abb. 54), eine frühchristliche Gründung, wurde
im XV. Jahrhundert vollständig umgebaut. Ein ähnliches
Schicksal erfuhr auch das Rathaus (Abb. 55), das die
Venezianer an Stelle eines vermutlichen Dianatempels im
Jahre 1296 errichtet hatten. Es fiel der genuesischen Zer-
störung größtenteils zum Opfer, wurde später mehrfach restau-
riert, Ende des XVI. Jahrhunderts aber mit Verwendung vieler
alter Bestandteile vollständig erneuert.
58
Abb. 58. Salona, Spätantiker Sarkophag.
DALMATIEN
Unter Augustus, im Jahre 33 v. Chr., unterwarfen die
Römer die dalmatinische Urbevölkerung, die kriegerischen
Dalmaten, und gründeten die Provinz Illyricum. Nach
der Teilung des Reiches wurde die Provinz dem Westen
zuerkannt, wodurch sie später auch dem Reiche Theodorichs
angehörte. Mit der Besiegung der Goten fiel Dalmatien an
Byzanz; um das Jahr 1000 konnte aber Venedig, unter dem
Dogen Pietro Orseolo, sich der Inseln und der Küstenstädte
bemächtigen. Doch Ungarn, nachdem es in den Besitz Kroa-
tiens gekommen war, unterwarf am Anfang des XIII. Jahr-
hunderts das Land und der ungarische König Koloman nannte
sich auch König von Dalmatien. Venedig jedoch gab nicht
nach. War ja Dalmatien jenes Land, von dem es nicht nur
wichtige Landesprodukte, besonders Schiffsbauholz (unbarm-
herzige Devastierung der Wälder), beziehen konnte, sondern
es bot ihm auch einfc Küste, die für politische und militärische
» Stützpunkte geeignet, die Herrschaft über die Adria sichern
v* konnte. Die inneren Streitigkeiten Ungarns wurden von den
Venezianern ausgenützt, um die Herrschaft zu erlangen. Am
Anfang des XV. Jahrhunderts siegte das Dogat und wurde Herr
59
Abb. 59. Salona, Ausgrabungsfeld, altchristliche Basilika (Phot. Wlha).
in Dalmatien; nur Ragusa konnte seine Freiheit und Selb-
ständigkeit bis zu einem gewissen Grade bewahren. Und am
Ende des XVIII. Jahrhunderts mußte der Markuslöwe den
französischen Adlern weichen.
Die rasch aufeinanderfolgenden politischen Ereignisse
brachten Dalmatien an Österreich, dann noch einmal an das
Weltreich Napoleons. Die Neugestaltung war von kurzer
Dauer. Mit dem Sturze des großen französischen Reiches be-
ginnt für Dalmatien eine neue geschichtliche Ära: sein Ver-
wachsen mit Österreich.
* ❖ *
Viele Steintrümmer, aber auch viele noch aufrechtstehende
Bauten zeugen für Dalmatiens altrömische Herrlichkeit.
Z a r a — seit dem frühen Mittelalter der Hauptort des
Landes — bewahrt im Museum von S. Donato eine große
60
Abb. 60. Spalato, Diokletianspalast von der Meeresseite.
Anzahl römischer Altertümer. Und neben dem massiven Tor,
der „Porta di Terra Ferma“ des Sanmicheli aus Verona
(zweite Hälfte des XVI. Jahrhunderts), stehen noch zwei
römische Tore aufrecht: das Tor San Grisogono und das
Marinetor. Aber S a 1 o n a, das seit dem Mittelalter verlassen
wurde, bleibt trotz aller Ausbeutungen späterer Zeiten der
an römischen Überresten bedeutendste Flecken Dalmatiens.
Heute nur ein Dorf bei einem ausgedehnten Ausgrabungsfeld
(Abb. 59), war es ursprünglich eine große Stadt, Hauptsitz der
römischen Kolonie, Residenz des Statthalters. In Salona war
Kaiser Diokletian geboren. Hier starb er auch (316), nachdem
er 305 die Kaiserwürde abgelegt und sich in seine Heimat
zurückgezogen hatte. Später wurde die Stadt von den Stürmen
der Goten stark erschüttert und sank endlich unter jenen der
Avaren (639) gänzlich zusammen. Dort aber, wo Diokletian
sich einen herrlichen Palast erbaut hatte, unweit der Stadt,
61
Abb. 61. Spalato, Diokletianspalast, Peristyl.
entstand eine neue Stadt, Spalato, die seit dem Mittel-
alter immer mehr an Bedeutung gewann.
Von Salona sind noch die alten Stadtmauern zum Teil er-
halten. Ausgrabungen haben auch die Grundmauerreste vieler
öffentlicher Bauten ans Tageslicht gefördert: einer Thermen-
anlage, eines Amphitheaters und eines Bühnentheaters. Und
62
Abb. 62. Spalato, Dom mit dem Ziborium des Giorgio de Sebenico.
wie in Aquileja treffen wir auch hier neben den römisch-
heidnischen Funden« frühchristliche. Eine große Bischofs-
Jbasilika aus dem Anfang des V. Jahrhunderts und Reste
anderer kirchlicher Bauten wurden seit dem Jahre 1818, in
dem auf Staatskosten die Ausgrabungen begannen, ent-
deckt. Doch im Mittelpunkt der römischen Bauten Dalmatiens
63
Abb. 63. Spalato, Dom, Kapitell der Kanzel,
XIII. Jahrhundert.
Abb. 64. Ragusa, Rektorenpalast, Kapitell,
XV. Jahrhundert (Phot. Reiffenstein).
steht der gewaltige Palast, den Diokletian unweit von Salona
erbaute und in welchem er seine letzten Lebensjahre ver-
brachte. Dieser Palast bildet den Kern des heutigen Spalato:
aus ihm heraus entwickelte sich eine mittelalterlich-veneziani-
sche Stadt (Abb. 60). Ein Koloß, in dem noch heute gegen
vierhundert Häuser eingebaut sind. Dem Grundrisse nach ein
riesiges Viereck, in der Art einer Festung von hohen Mauern
und Türmen umschlossen, die gegen Süden, dem Meere zu,
einst in Form einer Galerie durchbrochen waren. Der Haupt-
eingang befindet sich auf der Landseite. Es ist das Nordtor,
die ,,Porta aurea“, das besterhaltene und in der architekto-
nischen Ausschmückung der Fassade unter den Toren das
interessanteste. Von hier aus führt die Hauptstraße zu
jenem Konglomerat von Bauten und Nebenbauten, die den
ursprünglichen Palast ausmachten, heute zu einem Wirrwarr
von Häusern, zumeist alten, schmalen, zwischen prunkvollen
Säulen und Gebälken eingeengten Gebäuden, welche Schling-
pflanzen ähneln, die einen edlen Stamm umwuchern. Doch in
dieser eigenartigen Verschmelzung von Antike, Mittelalter
64
und Renaissance le-
ben die Ruinen des
alten Palastes, eine
Stadt ist aus ihnen
geworden, die ihres-
gleichen nichthat. Die
Hauptstraße trifftsich
mit einer vom Ost-
zum Westtor führen-
den Querstraße. So-
mit wird die Gesamt-
anlage kreuzförmig in
vier Quadrate einge-
teilt. Nach der Kreu-
zung erweitert sich
die Hauptstraße zu
dem sogenannten Pe-
ristyl (Abb. 61), dem
Domplatz: links da-
von das sogenannte
Mausoleum des Dio-
kletian, der heutige
Dom (Abb. 62); rechts
ein prostyler, dem Ju-
piter geweihter Tem- Abb. 65. Zara, s. Donato, darin Museum.
pel, das heutige Bap-
tisterium. Straßen, von Hallen begleitet, gewaltige mit kühnen
Rundbögen gekrönte Säulenreihen, stark gegliederte Gesims-
bildungen, ausladende Architrave in einer prunkvollen Aus-
stattung kündigen inmitten der verwirrenden, jedoch so maleri-
schen Einbauten die Größe und Prachtentfaltung des spät-
antiken Barocks.
Als im VII. Jahrhundert die Flüchtlinge von Salona in dem
Monumentalbau eines Kaisers sich einnisteten und diesen als
Wohnort und Schutzwall zugleich adaptierten, begann sich,
Abb. 66. Zara, S. Donato-Museum, Platte aus der Völkerwanderungszeit.
wie auch anderswo, in Dalmatien eine neue Kunst zu regen:
aus spätantiken Überlieferungen, zugleich aber auch aus der
autochthonen Kunstübung eingewanderter Völker war jene
neue Kunst entstanden, die man „Völkerwanderungskunst“
nennt. Wir sind ihr bereits in Aquileja und an verschiedenen
Orten Istriens begegnet. Dalmatien aber, das den großen
Städteneuerungen und Städteumbauten der Renaissance und
des Barocks verhältnismäßig fern lag, konnte uns naturgemäß
wie fast kein zweites Land derartige Werke erhalten.
Das in S. Donato zu Zara untergebrachte Museum (Abb. 65)
bewahrt eine große Anzahl gemeißelter Platten, mit Band- und
Flechtornamenten verzierter Kapitelle, Fragmente einstiger
Ziborien, Sarkophage, vor allem aber zwei Platten mit figür-
lichen Szenen: auf der einen die Anbetung der hl. drei Könige,
auf der anderen die Flucht nach Ägypten, ganz flach, unter
Bogenstellungen, im Relief gearbeitet (Abb. 66).
Neben dem rohen, jedoch an klassische Beispiele sich an-
lehnenden Bau von S. Donato besitzt Zara einen prächtigen
Dom aus dem XIII. Jahrhundert (Abb. 67). Ein ausgeprägt
romanischer Bau, mit Säulenstellungen an der Fassade, im
66
Abb. 67. Zara, Dom, XIII. Jahrhundert.
Innern dreischiffig, mit Seitenemporen und einer an Aquileja
mahnenden Krypta. Das gotische Ziborium, der Baldachin des
Hauptaltares, wird von höchst auffällig ornamentierten Säulen
getragen. Gemäß der inneren Dreiteilung führen auch drei Por-
tale ins Innere. Sie sind reich mit Skulpturen geschmückt,
ihre Entstehung ist aber nicht einheitlich. Eine Inschrift am
Querbalken des Mittelportales bringt die Jahreszahl 1324, das
Tympanonrelief dürfte aber in der zweiten Hälfte des
XIV. Jahrhunderts entstanden sein, wogegen die vier Heiligen-
figuren, je zwei an den Seiten übereinandergestellt, dem
XIII. Jahrhundert angehören (Abb. 68).
S. Grisogono ist eine zweite, noch ältere romanische Kirche
in Zara, ein Bau des XII. Jahrhunderts. Auch hier elegante
Bogenstellungen an der Fassade und an der Außenseite der
halbrund gewölbten Apsis.
Die Renaissancekirche S. Simeone birgt auf dem Hoch-
m
Abb. 68. Zara, Dom, Hauptportal. XIII. u. XIV. Jahrhundert.
Abb. 6g. Zara, Loggia.
altar die von zwei
Engeln getragene Ar-
che des Seligen Si-
meon, ein Meister-
werk der Silber-
schmiedekunst aus
der zweiten Hälfte
des XIV. Jahrhun-
derts (Abb. 70). Um
seine leiblichen Re-
ste hatten sich Ve-
nedig und Zara lange
gestritten :beide Städ-
te glaubten nämlich
sich im Besitze der
Reliquien zubefinden
und beide Städte er-
richteten für die ver-
mutlichen Reste des
Toten Prunksarko-
phage, die öffentlich
aufgestellt wurden.
Venedig besitzt in
der Kirche S. Sime-
one profeta einen mit
der Figur des Toten
geschmückten Stein-
sarg, das Werk eines
römischen Künstlers
aus dem Jahre 1317.
Die Kirche S. Ma-
ria hat einen roma-
nischen Turm, eine Re-
naissancefassade und
ein barockes Innere.
68
Abb. 70. Zara, S. Simeone, Arche des Seligen Simeon, zweite Hälfe des XIV. Jahrhunderts.
Noch aufrechtstehende Säulen an verschiedenen Orten der
Stadt sind Überreste der alten römischen Gründung. Neben
dem massigen Tor Sanmichelis sind auch das Haus der
Stadtwache und die Loggia am Herrenplatz Werke der Hoch-
renaissance und des Barocks (Abb. 69).
❖ ❖ Hi
In der Bucht von Spalato, gegenüber der Insel Bua, liegt
die Stadt T r a ü, das römische Tragurium. Reste der
alten Kastellmauern, von den Venezianern erbaut, umgeben sie.
Doch ihr Hauptschmuck ist der Dom (Abb. 71). Am Ende des
XII. Jahrhunderts, an der Stelle eines älteren Gotteshauses
errichtet, war er 12*13 zum großen Teil bereits fertig. Kurz
nachher, im Jahre 1240, vollendete der einheimische Künstler
Raduanus das reichskulptierte Portal (Abb. 72).
Raduanus — der uns sonst unbekannt ist — hat hier ein
merkwürdiges Werk romanisch-gotischer Kunst geschaffen:
69
der Niederschlag ei-
ner großen Kunst-
welle, die im Westen
ihre Wiege, in Nord-
und Süditalien ihre
Repräsentanten und
für Dalmatien ihre
Vermittler hatte.
Mehrfache Pilaster-
stellungen und Wül-
ste gliedern das Por-
tal in die Tiefe. Rechts
und links symbolische
Löwen; darüber die
Figuren Adams und
Evas, frühe, interes-
sante Durchbildungen
des Aktes.Telamonen
tragen die Pilaster.
Abb. 71. Trau, Dom, Ende des XII. u. Anfang des XIII. Jahrh. den äußeren sind
Heiligenfiguren, von Ranken umwunden, angebracht; an den inne-
ren aber Reliefs mit allegorischen Monatsdarstellungen, beliebte
Motive des Mittelalters, wofür die Portalskulpturen von S. Marco
in Venedig ein Zeugnis ablegen können. Im Tympanon die Ge-
burt Christi. An den zwei oberen Bögen das Leben des Heilands.
Das Innere der Kirche (Abb. 73) hat reich verzierte Kapitelle
von eigenartigen Formen, bei denen das Flechtwerk der Völker-
wanderungszeit mit romanischen und gotischen Motiven auf-
tritt. Beachtenswert die Kapitelle der Kanzel und jene des
romanischen Altarziboriums. Auf dem Architrav dieses Zibo-
riums wurden im XIV. Jahrhundert zwei Skulpturen — die
Madonna und der Verkündigungsengel — aufgesetzt, Werke,
die dem Stile nach dem weitverbreiteten Einfluß der Pisani-
Schule angehören, hier jedoch mehr an die ältere, von Nicolö
charakterisierte romanische Phase gemahnen.
70
Zu dieser romanisch-gotischen Monumentalkirche gehören
noch zwei Anbauten, die voll des Geistes der florentinischen
Renaissance sind: das Baptisterium von Andreas Alexi,
einem Albanesen aus Durazzo, um die Mitte des XV. Jahr-
hunderts erbaut (Abb. 74), und die Kapelle des heiligen
Abb. 72. Trau, Domportal, Meister Raduanus, 1240.
Giovanni Orsini, die etwas später von demselben Alexi in
Gemeinschaft mit dem Meister Nicolö Fiorentino er-
richtet wurde (Abb. 75).
Kannelierte Pilaster, die mit dekorativen Nischen alternieren,
bilden die Wandverkleidung des Baptisteriums, Kränze
tragende Putten den Fries, eine kassettierte Wölbung die
Decke. Ebenso reich in der Ausschmückung ist die Orsini-
Kapelle: Reliefs zieren die Pilaster der Eingangspforte und
den Sockel der Wandarchitektur, wo Putten mit brennenden
Fackeln aus halboffenen Türen hervortreten (Abb. 76). Die
Figuren der Nischen (Abb. 77), das von Fenstern durch-
brochene Kranzgesimse, die kassettierte Tonne als Bekrönung
verleihen diesem Bau eine außerordentliche Bewegtheit, einen
malerischen Reiz, der unvergeßlich bleibt und zu den Haupt-
leistungen der Renaissance gehört.
Abb. 73. Trau, Dom, Innenansicht.
72
Abb. 74. Trau, Baptisterium, Puttenfries, Mitte des XV. Jahrhunderts.
Der Übergang von der venezianischen Gotik zur Früh-
renaissance kann an dem Bau des Domes von Sebenico
verfolgt werden (Abb. 79). Am Anfang des XV. Jahrhunderts
wurde er auf dem Platze einer früheren Kathedrale begonnen.
Antonio di Pier Paolo, ein Sprosse der venezianischen
Bildhauerfamilie Dalle Masegne, war Bauleiter. Von ihm
stammt das linke Seitenportal, zu welchem er auch Fragmente
der zerstörten Kathedrale verwendete. Er wurde aber ab-
gesetzt. Und nun beginnt mit der Ernennung des einheimi-
schen Künstlers Giorgio da Sebenico eine neue und
wichtige Periode des Baues.
Giorgio, von dem außer Sebenico noch Dalmatien Arbeiten
in Spalato und Ragusa, Italien in Ancona besitzt, vollendete
das Masegne-Portal, errichtete den Fassadeneingang, baute
das Langhaus, die Seitenschiffe mit den Gewölben, die
Vierungssäulen mit den Kapitellen, das Baptisterium (Abb. 80)
und die Sakristei. Seiner Hand entstammt schließlich der höchst
eigenartige Fries mit den realistisch durchbildeten Charakter-
köpfen an den Apsiden (Abb. 78). Nach dem Tode Giorgios
setzte Nicolö Fiorentino, 1477, den Bau fort.
Trotz verschiedenen Epochen, die den Dom charakterisieren,
erscheint er uns als etwas Einheitliches und Ganzes, trotz
aller Gotik prädominiert im Aufbau und in den Verhält-
nissen der neue Geist der Renaissance. Ein Juwel dieses Zeit-
alters, zu vergleichen mit venezianischen Kirchen, mit S. Zacca-
ria, mit der Madonna delPOrto, mit der Friedhofskirche S. Mi-
chele, aber doch etwas anderes, Eigenartiges, Urwüchsiges.
73
Giorgio da Sebeni-
co, diesen noch goti-
schen Renaissance-
künstler, werden wir
aber noch einmal
beim Bau des Rekto-
renpalastes zu Ragusa
treffen.
Flüchtlinge aus
Epidaurum, dem
heutigen Altragusa,
gründeten im VII.
Jahrhundert am Fuße
und an den Abhängen
des Berges San Sergio
die Hafenstadt Ra-
gusa. Bis zum Jahre
1205 gehörte sie zu
Byzanz, dann, obwohl
nacheinander unter
dem offiziellen Schutze
dreier mächtiger Rei-
che stehend, konnte sie sich doch ihre Unabhängigkeit als
aristokratischer Freistaat bis in die Zeit Napoleons bewahren. Die
Venezianer behaupteten ihre Oberherrschaft über die Republik,
die seit dem XIII. Jahrhundert eine eigene Verfassung hatte und
autonom in ihren Beziehungen und im Handel war, bis zum
Jahre 1358. Nachher wurden die Könige von Ungarn die
neuen Schutzherren des Freistaates. Es war die Zeit seiner
glorreichsten Entfaltung und inneren Aufschwunges, in
welcher die schönen Bauten entstanden, die noch heute Ragusa
zu einer Sehenswürdigkeit gestalten. Die dritte geschichtliche
Periode des kleinen Staates verläuft ruhig unter türkischer
Abb. 75. Trau, Dom, Orsinikapelle, XV. Jahrhundert.
74
Abb. 76. Trau, Dom, Sockel der Orsinikapelle, XV. Jahrhundert.
Oberherrschaft. Zwar wird der Pforte ein jährlicher Tribut
entrichtet, aber die alte Freiheit beibehalten. Napoleon ent-
kleidete Ragusa seiner Selbständigkeit. Es wurde dem großen
Weltreiche einverleibt, der General Marmont, der in Dalmatien
in der Schlacht von Castelnuovo (1807) das Land gegen den
Einbruch der Russen und Montenegriner sicherte, zum Herzog
von Ragusa ernannt. Wie das übrige Dalmatien, kam auch
diese Stadt, 1814, an Österreich.
Das Hauptgebäude von Ragusa ist der Rektorenpalast, ein
Signum der alten Freiheit. Zahlreiche andere, ältere Denkmale
sind der vulkanischen Bodenbeschaffenheit zum Opfer gefallen.
Der großartig angelegte romanische Dom, der Sage nach von
Richard Löwenherz erbaut, ist gänzlich verschwunden. Die
neue Domkirche stammt aus dem Anfang des XVIII. Jahr-
hunderts. Mit Ausnahme des schönen Kreuzganges im Fran-
ziskanerkloster hat Ragusa kein Denkmal, das über das
XV. Jahrhundert zurückreichen würde. Doch am Anfang dieses
Jahrhunderts erscheint in der Stadt ein Künstler, der zum
Staatsarchitekten der Republik ernannt wird und dem ein
großer Teil der nun- neu ausgeführten Bauten zukommt. Er
hieß Onofrio della Cava und stammte aus Neapel.
Onofrio hatte die Anlage von Wasserleitungen in Ragusa
übernommen. Seinen Namen trägt noch heute ein merk-
würdiger, zum Teil zerstörter, dann mit einer Kalotte über-
75
deckter Brunnen. Die Kalotte
verleiht ihm einen orientali-
schen Charakter: in Wirklich-
keit ist er ein spätgotisches
Werk (Abb. 82).
Im Jahre 1435 wurde durch
eine Pulverexplosion der
Stadtpalast zerstört. Er war
erst kurz vorher an Stelle
eines älteren Baues vollendet
worden. Sofort wurde zu ei-
nem Neubau geschritten, den
Onofrio zu leiten hatte. Bin-
nen kurzer Zeit entledigte
sich Onofrio seines Auftrages.
Abb. 77. Trau, Dom, Nischenfiguren der
Orsinikapelle, XV. Jahrhundert. I44I war der BaU ziemlich
vollendet, doch auch von ihm sind nur einzelne Partien,
die Säulen der Eingangshalle und ein Teil ihrer Kapi-
telle (Abb. 64) erhalten, weil eine neuerliche Pulverexplosion
(1463), durch die Entzündung des im Palaste aufbewahrten
Pulvers verursacht, den Bau Onofrios dermaßen schädigte, daß
man zu einem gründlichen Umbau schreiten mußte, um ihn
wiederum instand zu setzen.
Diesmal sollte ein großer Künstler die Arbeit vollführen:
der Florentiner Bildhauerarchitekt Michelozzo di
Bartolome o, der von Ragusa als Staatsarchitekt ver-
pflichtet worden war und, wie die jüngste Forschung er-
mittelte, zwei Jahre in der Stadt sich aufgehalten hatte.
Michelozzo, der Erbauer des Palazzo Medici-Riccardi in
Florenz, hatte sich ja schon in seiner Vaterstadt mit der
Modernisierung des Palazzo vecchio beschäftigt. Nun hatte
er ein ähnliches Problem vor sich. Es galt, die Überreste des
gotischen Baues Onofrios mit dem neuen Geiste der
Renaissance zu versöhnen. Doch die im modernen Sinne aus-
geführten Arbeiten Michelozzos schienen den konservativen
76
Abb. 78. Sebenico, Dom, Kopffries des Giorgio da Sebenico, XV. Jahrhundert.
Ragusanern zu neu und zu kühn. Es entstanden Meinungs-
verschiedenheiten und Michelozzo schied aus Ragusa, ohne
den Palast vollendet zu haben. Giorgio da Sebenico,
der einheimische Kompromißkünstler, sollte den Rektoren-
palast zum Abschluß bringen. Dadurch bekam auch dieser
Bau, der über alle Kunstwerke Dalmatiens an Neuheit und
Pracht hätte hervorragen können, das allgemeine Stilkolorit
des Landes.
Der konservative Sinn der kleinen Republik tritt auch an
anderen, späteren Bauten zu Tage. Die Gotik klingt hier
bis ins XVII. Jahrhundert nach. Gotisch sind noch die
Seitenportale der beiden Klosterkirchen S. Francesco und
S. Domenico, gotisch ist zum Teile noch das Zollhaus, die
„Dogana“, und noch ganz im gotischen Archaismus befangen
ist der Lokalmaler Ragusas, Nicolaus Ragusinus,
dem aber mit Unrecht eine Fülle von Bildern zugeschrieben
wird.
Ein schönes Werk der Renaissance ist die kleine Kirche
S. Salvatore; im Aufbau der Fassade erinnert sie an den Dom
von Sebenico.
Im Jahre 1667 richtete ein starkes Erdbeben in der Stadt
großen Schaden an, Damals fiel der alte Dom zum Opfer und
auch ein Palast Onofrios mit dem Saale des Großen Rates
wurde zerstört. Das jetzige Rathaus ist ein Neubau.
An der äußersten Spitze Dalmatiens, mitten in der fjord-
ähnlichen „Bocche“ liegt C a 11 a r o (Abb. 83), eine römische
Gründung, später eine mittelalterliche Stadt, die zweimal,
77
Abb. 79. Sebenico, Dom, XV. Jahrhundert.
1563 und 1667, von Erdbeben heimgesucht, beinahe ganz zer-
stört wurde. Über sie erhebt sich der Lovcen, der schon in
Friedenszeiten vielgenannte montenegrinische Berg.
Alle Kunstperioden haben in Dalmatien Widerhall gefunden.
War es in der Antike ein Absatzgebiet römischen Lebens ge-
wesen, eine ruhige, aber reiche Kolonie, in welcher der selbst-
verbannte Diokletian, der Grausamkeiten müde, seine letzten
Tage verbringen konnte, so bekam es durch die Fluten der
hier durchziehenden Völker neues Leben und einen ganz be-
deutenden Anteil an jener Kunst, welche als ein Schlußstein
der Antike betrachtet werden kann, zugleich aber auch als die
noch scheue Verkünderin eines neuen, zur Weltbeherrschung
erkorenen Geistes. Im Wandel der Zeiten sah Dalmatien den
78
oströmischen Glanz
auf- und untergehen.
Und als von Westen
her eine neue Kunst
sich zu regen und
zu entfalten begann,
blieb Dalmatien auch
hinter diesen Neue-
rungen nicht zurück.
Fremde und einhei-
mische Künstler ha-
ben hier gewirkt. Ve-
nedig undUnteritalien
spielten die Vermitt-
lerrolle. Raduanus,
der Bildhauer in Trau,
war ein Einheimi-
scher, so auch B u -
w i n a, ein Bild-
, Ar Abb. 80. Sebenico, Dom, Baptisterium, XV. Jahrhundert.
Schnitzer am Anfang
des XIII. Jahrhunderts, der die romanischen Holztüren des
Domes von Spalato mit Szenen aus dem Leben Christi zierte.
Giorgio aus Sebenico brachte dem Namen seiner Vaterstadt
hohe Ehre und sein Ruhm verbreitete sich auch außerhalb des
Landes, in Ancona, wo er an der Loggia dei Mercanti hervor-
ragend tätig gewesen ist. Nicolaus Ragusinus ist zwar
ein zurückgebliebener Maler, aber gerade deshalb verkörpert
er jenen streng konservativen Geist seiner Vaterstadt, der
sie jahrhundertelang ihre Freiheit bewahren ließ.
Doch der venezianische Geist dominiert in der Anlage und
im Bau der dalmatTinisehen Küstenstädte. Vor allem die
venezianische reiche Gotik des XV. Jahrhunderts. Überall
treffen wir die schmalen „Calli“ mit hohen Häusern, die
spitzen, durchbrochenen Bögen, die mit dem einfachen und
dem doppelten Zahnschnitt umfaßten Türbalken, die stilisierten
79
Abb. 81. Ragusa, Hauptplatz (Phot. Stengel).
Blätterkapitelle, die mit Reliefs verzierten Brunnenmündungen
und die auf dem venezianischen Festlande so charakteristischen
Stadttore mit den Markuslöwen.
Fremde Künstler, zumeist Venezianer, haben die Gotik in
ihrer reifen Form ins Land gebracht. Jener Antonio di
PierPaolo, der zu Beginn des Dombaues in Sebenico tätig
war, gehörte einer großen venezianischen Künstlerfamilie an,
die am Ende des XIV. Jahrhunderts in der Bildhauerei
führend gewesen war. Freilich war ihre Kunst bereits längst
überholt, als Antonio nach Dalmatien kam; aber auch der neue
Geist, der in Venedig am Dogenpalast die Porta della Carta
geschaffen hatte, war in Dalmatien nicht fremd: Die Skulp-
turen Giorgios an dem Hauptportal des Domes von Sebenico
beweisen es zur Genüge. Nur Ragusa versuchte sich gegen
Venedig zu sträuben und ernannte zu seinen Staatsarchitekten
zuerst den Neapolitaner O n o f r i o, dann den Florentiner
Michelozzo. In Zara konnte sich schließlich Michele
80
Abb. 82. Ragusa, Onofriusbrunnen, XV. Jahrhundert (Phot. Reiffenstein).
Sanmicheli aus Verona, der berühmte Festungsarchitekt
der venezianischen Republik, betätigen. Mit ihm dringt der
neue Klassizismus Palladios in Dalmatien ein. Doch von seinen
Werken sind nur noch wenige erhalten, denn die Fortifikations-
bauten in Zara und Lesina wurden im XIX. Jahrhundert ab-
getragen.
Wie in Istrien berühmte Maler Werke ihrer Hand hinter-
lassen haben — es braucht nur an Antonio Vivarini,
anCima daConegliano und anVittoreCarpaccio
erinnert zu werden — so besitzt auch Dalmatien eine Fülle
von Gemälden, zumeist venezianischer Künstler, die aber
zum großen Teile noch ihrer Entdeckung harren. Ein Porträt
des Lorenzo Lo*tto im Paludikloster bei Spalato, ein
Salvator Mundi im Dom von Ragusa, dem G i o r g i o n e sehr
nahe, mögen hier nur erwähnt werden.
Dalmatien ist aber zugleich der richtige Boden für eine reiche
Volkskunst. Die geographische Abgeschlossenheit, dann der
81
Partikularismus im Lande selbst, die verschiedenen Kultur-
und Kunsteinflüsse und schließlich das relative Fernsein von
der westeuropäischen Kultur sind Faktoren, die das Gedeihen
einer wirklichen Volkskunst nur begünstigen konnten. Byzan-
tinische, venezianische und türkische Einflüsse charakterisieren
Dalmatiens Volkskunst. Überall im Lande tritt sie uns ent-
gegen, in der auffälligen bunten Bekleidung der Landbewohner,
im Hause des Bauern, wo emsig an althergebrachten, an den
Orient gemahnenden Mustern gewebt oder an feinen Spitzen
geklöppelt wird. Schwere silberne Ohrgehänge tragen die
Bäuerinnen, und der Schafhirt, der auf dem karstigen Boden
seine Herde weidet, ist nicht selten beflissen, in einen Stab
Ornamente einzuschneiden, die bereits Groß- und Urgroßvater
kannten und die noch weiter zurückreichen.
Abb. 83. Cattaro, Dom.
82
s
Ü
L
D T I R O
Im Mittelpunkt des Landes, an der Etsch, liegt Trient,
die älteste Stadt Tirols, angeblich eine Gründung kelti-
scher Stämme. Den schon natürlich befestigten Platz sollen
sie zum Schutze gegen die Einfälle anderer Völkerschaften
ausgesucht haben. Die Römer dehnten aber unter Augustus
ihre Macht auch über Trient und sein Gebiet aus, welches das
untere Etschtal und die Val di Non umfaßte, und nannten
es R h ä t i e n. In richtiger Erkenntnis ihrer strategischen
Bedeutung befestigten sie die Stadt, hauptsächlich die
„Verruca“, den heutigen Dos Trent o. Eine im Museum
von Trient aufbewahrte Erztafel aus der Zeit des Kaisers
Claudius, die bei C 1 e s ausgegraben wurde, nennt Trient ein
glanzvolles Municipium und bringt uns einen Senatsbeschluß
zur Kenntnis, wonach den Nonsbergern das römische Bürger-
recht zuerkannt wird.
Die Schicksale aller römischen Gebiete sind in den ersten
Jahrhunderten unserer Zeitrechnung .beinahe dieselben. Überall
handelt es sich um gewaltige Neuerungen. Überall gehört die
Ausbreitung des Christentums zu den ausschlaggebendsten. In
Südtirol dringt es mit dem Bischof Vigilius (Anfang des
IV. Jahrhunderts) ein. Wie Hermagoras von Aquileja erduldet
auch er den Märtyrertod und wird in späteren Zeiten zum
Schutzpatron von Stadt und Land. Dann folgen die großen
politischen Umwälzungen: Rom sinkt, Theodorich besetzt mit
den Ostgoten Trient, bald darnach kommen die Langobarden,
die ein Herzogtum errichten und später das Gebiet ihrem
großen Reiche einverleiben. Nach ihrer Besiegung wird Trient
zu einer fränkischen Mark erhoben. Rasch wechseln die
Herren der Stadt: zuerst gehört sie, als Grafschaft, Italien an;
dann geht sie samt der Mark Verona an die Herzoge von
Bayern, dann an jene von Kärnten über. Endlich, 1027, wird
6*
83
Abb. 84. Obervellach (Kärnten), Flügelaltar von Jan Scorel, 1520.
sie von Kaiser Konrad II. an den Bischof Ulrich II., kirchlich
und weltlich, überwiesen. Und im Jahre 1259 wird das neue
Fürstbistum Trient mit dem übrigen Tirol vereinigt.
Die geistliche Herrschaft Trients bedeutet eine Glanz- und
Ruhmperiode der Stadt. Ihr Höhepunkt ist das Konzil, das,
vom Papste Paul III. einberufen, in drei Perioden von 1545
bis 1563 tagte und das man zu den größten Manifestationen
der Kirche zählen muß. Trient stand damals im Mittelpunkt
Europas: die Legaten dreier Päpste, des kaiserlichen, des
französischen, des spanischen und des portugiesischen Hofes,
die geistlichen Würdenträger und die Gelehrten aller Länder
waren auf dem Konzil erschienen. Prunkvolle kirchliche Feier-
lichkeiten wechselten mit anderen Veranstaltungen. Pro-
zessionen durchzogen die Straßen, und in der Konzilskirche
Santa Maria Maggiore, in der die Versammlungen abgehalten
wurden, sprachen die gelehrtesten Theologen und Juristen
der Zeit.
Eine entscheidende Schicksalswendung widerfuhr Trient erst
nach dem Frieden von Luneville wieder — im Jahre 1803.
Es wurde säkularisiert und der Grafschaft Tirol einverleibt.
1805 ging es an Bayern über. Damals erlebte das Land große
84
Abb. 85. Plöcken, Römerstraße.
geschichtliche Stunden, die ihm ewigen Ruhm sichern:
die Kämpfe Andreas Hofers, des Tiroler Helden von anno
neun. Frankreich hatte vorübergehend die Obermacht. 1810
wurde Trient mit dem französischen Königreich Italien ver-
bunden. Als aber Napoleon 1813 bei Leipzig geschlagen
wurde, drangen die Österreicher ins Etschgebiet und sicherten
sich damit den Besitz ihres Landes.
Außer einem runden Turm, der zu Augustus’ Zeiten ent-
standen sein soll, und spärlichen Mauerresten, die Theodorich
zugeschrieben werden, besitzt Trient zwei Hauptdenkmale
ersten Ranges: den Dom und das Kastell.
Die Baugeschichte des Domes (Abb. 86) ist von Kirchenlegen-
den umsponnen. Sie erzählen, daß bereits zu Virgilius’ Zeiten
an Stelle eines Neptuntempels eine Kirche entstanden sei. Der
eigentliche Begründer des Baues soll aber Ulrich II. sein, der
unter gleichen Bedingungen wie Popo in Aquileja durch Kaiser
85
Abb. 86. Trient, Dom (Phot. Kilophot Wien).
Konrad den Salier zur weltlichen Macht aufgestiegen war. Als
Entstehungsjahr wird 1048 bezeichnet. Unter dem Bischof
Altmanus werden, 1146, Erneuerungen in der Kirche vorge-
nommen, aber erst gegen das Ende des XII. und den Anfang
des XIII. Jahrhunderts fallen jene Arbeiten, die, abgesehen
von den vielen Zutaten späterer Zeiten, dem Baue sein heutiges
Aussehen verleihen. Als Architekt wird Meister A d a m o
d’Aurogno genannt, einer der vielen Comasken, die das
ganze Mittelalter hindurch die spätantiken Werkstattraditionen
bewahrten und deren Spuren vom Heimatlande aus bis nach
England zu verfolgen sind. Selbstverständlich ist der Dom
kein einheitlicher Bau. Adamo hat ihn nicht vollendet. Das
südliche Seitenschiff entstand erst am Anfang des XIV. Jahr-
hunderts, die gotischen Partien des neuen Chores am Ende
des XV. Jahrhunderts und die Kuppel, die leider nicht mehr
erhalten ist — sie wurde der „Stilreinheit“ halber im
XIX. Jahrhundert demoliert und durch eine „stilreine“ er-
setzt — war ein Werk des frühen XVI. Jahrhunderts. Auch
86
Abb. 87. Trient, Dom, Legende des hl. Julianus, Fresko, Anfang des XV. Jahrhunderts.
die Portale mit den Vorbauten gehören nicht zum ursprüng-
lichen Bau. Das Nord- oder Löwenportal ist in den unteren
Partien wohl noch romanisch, die Bekrönung aber ist ein Werk
der Renaissance. Im Innern tragen vierzehn gewaltige Bündel-
pfeiler das Gewölbe des Hauptschiffes und der zwei Seitenschiffe.
Ein barocker Baldachin, jenem des Bernini in St. Peter zu
Rom nachgebildet, erhebt sich über dem Hauptaltar: ein Werk
aus der ersten Hälfte des XVIII. Jahrhunderts, von der ein-
heimischen Künstlerfamilie S a r t o r i ausgeführt. Zahlreiche
Grabmäler und Grabplatten, die vom XIV. bis ins XVIII. Jahr-
hundert reichen, haben an den Wänden Aufstellung gefunden.
Äußerst charakteristisch ist die romanische Stiegenanlage, die
an der Wand des linken Seitenschiffes zu den Säulengalerien
der Nordseite führt (Abb. 88). Bedeutend ist unter anderem die
Kapelle des Kruzifixes, ein Barockbau, 1682 von dem Maler-
architekten Giuseppe Alberti aus Fleims erbaut und
von ihm und dem Münchner Maler Karl Loth, genannt
C a r 1 o 11 o, mit Gemälden geschmückt.
87
Abb. 88. Trient, Dom, Seitenschiff (Phot. Schmidt).
Das Kastell, genannt ,,C astello del Buon Consigli o“,
das heißt des guten Rates oder des gerechten Richtspruches,
war einst der Sitz der Trientiner Fürstbischöfe. Seine Ent-
stehung verdankt es verschiedenen Epochen. Ein erster Bau
i
88
Abb. 8g. Trient, Diözesanmuseum, Gobelin, Anfang des XVI. Jahrhunderts.
wurde um die Mitte des XIII. Jahrhunderts errichtet; eine
bedeutende Erweiterung fällt in die Achtzigerjahre des
XV. Jahrhunderts, unter die Regierung des Fürstbischofs
Johann von Hinderbach (1465—1486). Die Hauptnote erhielt
89
das Kastell aber in
der ersten Hälfte des
XVI. Jahrhunderts, als
der Fürstbischof Ber-
nardo Clesio einen
neuen Trakt vom Bau-
meister Lodovico
Z a f f r a n aus Man-
tua anlegen ließ. Die
Verbindung zwischen
dem alten und dem
neuen Trakt wurde
erst am Ende des
XVII. Jahrhunderts
unter dem Fürstbi-
schof Alberti-Poia
durchgeführt. Der Lö-
wenhof mit einer schö-
nen, von einem M a-
gister Alexius
erbauten Loggia, die
Fresken berühmter
Maler, wie jene des
Brescianers Giro-
lamo Romanino
(Abb.92 u.93), des Ve-
ronesers Domenico
R i c c i o, genannt Brusasorci, des Ferraresen Dosso
Dossi und des Friaulers Marcello Fogolino, ferner
die Stukkos in den verschiedenen Gemächern, die Gänge und
Lauben mit ihren spitzen oder runden Bögen, schließlich in
dem etwas abseits gelegenen Adlerturme die teppichartigen
Wandgemälde mit höfisch-naturalistischen Monatsdarstel-
lungen aus dem XV. Jahrhundert (Abb. 91), gestalten diesen
Bau durch Reichtum und Mannigfaltigkeit zu einem würdigen
Abb. go. Trient, Dom, Altartafel des Girolamo da Trento
Ende des XV. Jahrhunderts (Phot. Unterweger).
90
Abb. g2. Trient, Kastell, Fresken des Romanino, XVI. Jahrhundert (Phot. Schmidt).
Zeugen für die Größe der einstigen fürstbischöflichen Macht.
Im Jahre 1796 wurde das Kastell von den Franzosen ge-
plündert. Seit dieser Zeit dient es als Kaserne.
Die Stadt Trient hat ihren altertümlichen Charakter noch
ganz bewahrt, obwohl in ihr jede Zeit Spuren zurückgelassen
hat. Allerorts sind gotische Türme und Paläste erhalten ge-
blieben; so der ,,Palazzo Pretorio“, der sich an den Dom an-
lehnt: ein ernster, mittelalterlicher Bau, den zwei Türme über-
ragen. Bis ins XIII. Jahrhundert wohnten hier die Fürstbischöfe
und als sie in das neuerbaute Kastell zogen, wurde er der
Sitz der Stadtverwaltung. Dann finden wir vornehme „Palazzi“
aus der Renaissance- und Barockzeit, von denen mehrere mit
Fresken an der Fassade geziert sind; so die „Casa Reila“ am
Domplatz, die der Maler Marcello Fogolino, ein
Schüler des Pordenone, in den Dreißigerjahren des XVI. Jahr-
92
Abb. 93. Trient, Kastell, Fresko des Romanino, XVI. Jahrhundert (Phot. Unterweger).
hunderts mit allegorischen Darstellungen ausschmückte. Aus
derselben Zeit sind die Fresken an der lombardisch-venezianisch
anmutenden „Casa Geremia“. Sie stellen einen Festzug zu
Ehren des Kaisers Max nebst anderen Szenen aus der antiken
Geschichte dar und sind eine Erinnerung an den Aufenthalt
des Kaisers in Trient (1508) und an den durch den Kardinal
Clesio vermittelten Friedensschluß zwischen den Venezianern
und den Kaiserlichen (1517). Leider haben diese Fassade-
malereien wie überall stark unter der Witterung gelitten, so
daß nur verblaßte Fragmente geblieben sind, wo einst in aller
Farbenpracht historische und allegorische Szenen prangten
und dem Straßenbild ein Aussehen verliehen, das zu rekon-
struieren heute unsere Phantasie kaum mehr im stände ist.
Auch an der „Casa Cazzuffi“ sieht man Spuren von Fresken, von
LattanzioGambara ausgeführt, einem begabten Schüler
Romaninos, der hauptsächlich in der Ausschmückung von
Häuserfassaden sich hervortat. Erwähnt sei noch die „Casa
93
Ranzi“ und die „Ca’
di Dio“, der einstige
Sitz der Flagellanten-
bruderschaft.
Gegenüber diesen
Bauten, denen nach
oberitalienischer Art
die Malereien den
Hauptreiz verleihen,
begegnen wir Palä-
sten, deren Eigenart
durch die architekto-
nische Struktur, die
Gliederung der Fas-
sade bestimmt wird.
Gegen Ende des XV.
Jahrhunderts wurde
der „Palazzo Taba-
relli“ vom Domherrn
Antonio Tabarelli de
Fatis erbaut: eine mächtige Architektur der Frührenais-
sance, toskanisch im Aufbau, lombardisch in der Gestal-
tung des Portals und der gepaarten Fenster. Die Medaillons,
die das Gesimse zwischen den beiden Stockwerken schmücken
und angesehene Persönlichkeiten aus der Konzilszeit dar-
stellen, sind spätere Zutaten und sollen von der Hand
des Alessandro Vittoria stammen. Vittoria ist ein
geborener Trientiner, der jedoch seinen Ruhm in Venedig, in
der Werkstatt Sansovinos und als selbständiger Meister er-
warb. Für seine Vaterstadt scheint er keine besonderen Werke
ausgeführt zu haben. Zwar bewahrt das städtische Museum
von ihm eine schöne Büste des venezianischen Nobile Lorenzo
Cappello, doch sie wurde am Anfang des XIX. Jahrhunderts in
Venedig erstanden. Der Anteil Vittorias an der Sängertribüne
von Santa Maria Maggiore ist nicht erwiesen. Der „Palazzo
Abb. 94. Trient, Kastell, Löwenhof, XVI. Jahrhundert
(Phot. Schmidt).
94
1
Roccabruna“, jetzt
„Sardagna“, in der
Contrada di S. Trinitä
ist ein imposanter
wohlerhaltener Bau
des XVI. Jahrhunderts.
In diesem starb 1563
Claudio de Guinones,
Graf von Luna, der Ver-
treter des spanischen
Königs beim Konzil.
In derselben Contrada
steht der von dem
Ritter Siegmund Thun
erbaute Palast, Sitz
des heutigen Magi-
strats. Hier fanden
Freskofragmente mit
mythologischen und
historischen Szenen
des Veroneser Malers Brusasorci Aufstellung, die einst
die Fassade des gräflichen Hauses Garavaglia de Soresina
schmückten. Sie sind mit dem Namen des Künstlers signiert
und tragen die Jahreszahl 1551. Es verdienen ferner erwähnt
zu werden: der ,,Palazzo Pedrotti“, der ,,Palazzo Salvadori“
und der mächtige, im palladianischen Stil erbaute ,,Palazzo
Zam.belli“, der einst im Besitze der Augsburger Bankiers
Fugger war.
Hier sei noch der schöne barocke Neptunsbrunnen auf dem
Domplatze genannt, der während der Sechzigerjahre des
XVIII. Jahrhunderts * von Francesco Giongo aus
Lavarone ausgeführt wurde.
Der kunstsinnige Bernardo Clesio, der von 1514 bis 1539
den Fürstbischofssitz innehatte, ist der Erbauer von Santa
Maria Maggiore, der späteren Konzilskirche. Ein Comacino-
Abb. 95. Trient, Kastell, Loggia, XVI. Jahrhundert
(Phot. Schmidt).
95
Abb. g6. Trient, S. M. Maggiore, Seitenportal, Anfang des XVI. Jahrhunderts (Phot. Schmidt).
Meister, Antonio Medaglia, lieferte die Entwürfe. Es
ist eine schöne, geräumige Frührenaissancekirche, deren Por-
tale vollkommen den Charakter gleichzeitiger lombardischer
96
Werke entsprechen
(Abb. 96). Das Innere
ist einschiffig. Viele
Kostbarkeiten haben
hier Platz gefunden:
neben Altartafeln des
M o r e 11 o aus Bre-
scia und anderer Mei-
ster der venezianischen
Schule — darunter eine
hl. Therese von Fran-
cesco Morone und
eine Geburt Christi
von Giambettino
Cignaroli — ist die
Sängertribüne (Can-
toria) ein Prachtwerk
in seiner Art (Abb. 98).
Laut Inschrift wurde
sie von Vincenzo
Vicentini, einem
Bildhauer, dem die
nachdonatelleske Kunst-
sprache der Paduaner
und der von ihnen ab-
hängigen Venezianer
eigen war, im Jahre
1534 vollendet. Die
Skulpturen hielt man
einst für Werke Bel-
lanos, anderseits wur-
de auch der Name des
jungen Vittoria mit
Abb. 97. Trient, S. M. Maggiore, Sarkophagdeckel,
XV. Jahrhundert.
ihnen verbunden. Beides ist wohl unrichtig. Die Reliefs der
Vorderseite — die Geburt Christi und die Anbetung der
7
97
Abb. 98. Trient, S. M. Maggiore, Sängertribüne des Vicenzo Vicentini, 1534 (Phot. Schmidt).
Könige -— verkünden deutlich die Kunstsprache der Lom-
bardi und die den Pilasternischen Vorgesetzten Sibyllen-
statuetten finden in der Kunst Rizzos ein Korrelat.
Jenseits der Etsch, in der Vorstadt Piedicastello, ragt mit
steilem Dache und einem schmalen Turme die Kirche Santo
Apollinare auf. Sie ist ein Werk des XIV. Jahrhunderts. Die
Kirche San Marco ist eine Gründung des XIII. Jahrhunderts;
San Lorenzo, ein prächtiger Barockbau, wurde nach den
Plänen des berühmten Trientiner Architekten und Dekorateurs,
des Jesuitenpaters P o z z o, um 1701 errichtet; San Martino
bewahrt eine bedeutende Tafel des Giambettino Cigna-
roli aus Verona. Die barocke Annunziata-Kirche wurde von
AntonioBrusinellizu Beginn des XVIII. Jahrhunderts
erbaut. Der Venezianer Maler Francesco Fontebasso,
ein begabter Schüler des Sebastiano Ricci, malte die Kuppel-
fresken.
Die während der zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts vom
Baumeister Peter aus Tramin errichtete Kirche San
98
Abb. gg. Trient, Hauptplatz und Stadtbrunnen, 1767—6g.
Pietro bekam um das Jahr 1850 eine merkwürdige und ver-
wirrende neugotische Fassade. Der venezianische Architekt
und Kunstdogmatiker Pietro Selvatico lieferte die Ent-
würfe. Ein kulturhistorisch interessanter Auswuchs der
historisierenden Stiltendenzen des XIX. Jahrhunderts und
doch, für sich genommen, etwas Neues, ein treuer Beleg seiner
Entstehungszeit und der damals herrschenden Doktrinen.
Trient hat heute zwei ziemlich reiche Museen: das städti-
sche und das Diözesanmuseum. Ersteres bewahrt neben den
ergiebigen Funden aus der vorrömischen und römischen Zeit
eine Münzsammlung mit interessanten Stücken aus dem
Trientiner Münzamte, ferner mehrere Bilder, darunter solche
eines wenig bekannten lokalen Künstlers, Girolamo da
T r e n t o, der um 1500 in einem Mischstil zwischen der
venezianischen Terraferma und der Pacherwerkstatt gemalt
hat. Bedeutender und mit seinem schönen Katalog leichter
übersehbar ist das Diözesanmuseum. Vor allem werden hier
sieben flandrische Gobelins (Abb. 89) mit der Darstellung des
r
99
Abb. ioo. Pergine, Schloß.
Lebens und Leidens Christi, die einst im Kastell hingen, auf-
bewahrt. Sie sind das Werk des Brüsselers Peter von
A a s e 111 aus dem Anfang des XVI. Jahrhunderts. Wertvolle,
mit Miniaturen und schönen Einbänden geschmückte Chor-
bücher und eine große Anzahl von Kunstgegenständen und
Dokumenten, die das Konzil betreffen, ergänzen diese geschickt
angelegte Sammlung.
* * *
Abgesehen von Trient, wo prachtliebende geistliche Fürsten
mit den oberitalienischen Höfen wetteiferten und des-
halb großen und berühmten Künstlern ihre Aufträge er-
teilten, trägt die einheimische Kunst den Stempel eines steten
Ineinandergreifens zweier großer Wellen, der romanischen und
der germanischen. Lombardische Marmorari, Steinbildner,
treffen sich hier mit einheimischen Holzschnitzern. Neben den
eingelegten Steinaltären der Renaissance oder den bewegten,
von Heiligen und Engeln umrahmten des Barocks finden wir
die alten Holzschreine mit den sanften, in spielende Falten
ioo
Abb. ioi. Pergine, Pfarrkirche, Innenansicht.
gehüllten Figuren und den gemalten Tafeln, finden das
gotische Maßwerk, das am Ende des XV. Jahrhunderts eine
Periode hohen Glanzes erlebt, sich aber bis ins XVII. Jahr-
hundert hinauf erhält.
Im Suganatal liegt Pergine, das mittelalterliche, einst
deutsche P e r z e n, mit dem ehemaligen Schlosse der Trien-
tiner Fürstbischöfe (Abb. ioo) und einer spätgotischen Pfarr-
kirche (Abb. ioi). Im Zimmertal (Val di Cembra) die Burg-
IOI
ruine von S e g o n-
z a n o, eine von Men-
schenhand errichtete
Klippe zwischen stei-
len Felsen. Im Nontal
Schloß Bragherio,
das bereits im XIII.
Jahrhundert erwähnt
ist und 1333 in den
Besitz der gräflichen
Familie der Thun über-
Abb. 102, Avio, Kastell Sabbionara. ging Laut Inschrift
wurden im Jahre 1461 in der gotischen, mit Kreuzrippen
gewölbten Schloßkapelle alle Wände mit Fresken, den
Leidensweg Christi darstellend, geschmückt (Abb. 108 u. 109).
Auftraggeber war Graf Simon von Thun. Stilistisch stimmen
diese Wandgemälde mit jenen, die Jakob Sunter im be-
rühmten Kreuzgang zu Brixen ausgeführt hat, überein. Schloß
T o b 1 i n o am gleichnamigen See, Schloß F i r m i a n in
Mezzocorona, Ka-
stell Madruzzo,
Avio mit dem Schlos-
se der Castelbarco
(Abb. 102) und sehr
wertvollen Fresken,
sind Repräsentanten
des Mittelalters. Sie
waren die Wächter
der Straßen und sahen
die Kaiser, die nach
Rom zogen, um sich
die Krone zu holen.
An Stelle von Bur-
gen und befestigten
Abb. 103. Povo, Kirche. Plätzen entstanden in
102
Abb. 104. Pinzolo, St.-Vigilius-Kirche.
späteren Zeiten, auch zwischen Bergen, Paläste: Orte der
Erholung und des Vergnügens, die nur äußerlich den Charakter
einer Burg bewahrt haben — wie der Palazzo del-
PAlbere — oder großangelegte prunkvolle Bauten, wie die
Villa Madruzzo auf dem Ponte Alto, vom Architekten
Pietro da Gandino am Anfang des XVI. Jahrhunderts
erbaut, die Karl V. gastlich aufnehmen und während der
Konzilszeit den hohen Würdenträgern Erholung bieten konnte.
Ebenfalls um Karl V. feierlich als Gast, wenn auch nur für
kurze Zeit, begrüßen zu können, ließ die Familie Fugger an
Stelle eines älteren Baues in der Nähe von Trient die Villa
M a r g o n e anlegem Sie ist ein besonders im Inneren präch-
tiger Bau; überall reicher Schmuck: im großen Saale ein fresko-
gemalter Fries, die Kriegstaten des Kaisers und dessen Apo-
theose darstellend, in den Nebenräumen kunstvoll geschnitzte
und bemalte Holzdecken.
103
Es war die Pracht
der Renaissance, die
sich ihren Weg in die
Täler Tirols zu ver-
schaffenwußte. Hoch-
gebildete geistliche
und weltliche Herren
förderten sie und be-
riefen Künstler aus
den Städten der Ebene,
aus Verona, aus Vi-
cenza, aus Brescia und
Bergamo, die an fürst-
lichen Höfen bereits
gearbeitet hatten, be-
rühmt, gesucht und
umworben waren. Vor
dieser Offenbarung
einer neuen Welt, die
in der Architektur, Skulptur und Malerei alles Einheimische
überwältigte, vor den pomphaften, mit antikem Wissen, mit
Symbolen und Allegorien überladenen Gemälden mußte die alte,
gotische Kunstübung in den Hintergrund treten. Sie verkroch
sich in die einsamen Täler, in die kleinen Dörfer; sie starb aber
nicht aus.
Gelegentlich trat sie in Künstlern hervor, die mit ihr ver-
wachsen waren, doch dem Hauptstrome der Zeit folgen
mußten. So sehen wir an vielen holzgeschnitzten oder stein-
gemeißelten Heiligenfiguren, die eigentlich Produkte der
Renaissance und der Barocke sein sollten, seltsame, flatternde,
zerbogene und zerknickte Falten, merkwürdig geschwungene
Stellungen, welche die Gotik verraten, die weiterlebt und, mit
dem neuen Stile vermengt, diesem eine einheimische Note
verleiht.
Die alte Kunst lebt aber auch selbständig, von den Neue-
104
rungen unberührt, in
den einsamen, ver-
sperrten Tälern. Da be-
gegnen wir dem Kirch-
lein mit dem auffällig
steilen Dache und dem
überschlanken konisch
gespitzten Turme; ein
Gottesacker, in dem
ein bescheidener Bild-
stock die Ortspatrone
vor Schnee und Wind
beschützt, bildet die
unmittelbare Umrah-
mung, für die weitere
sorgt die Natur mit
ihren weißbekrönten
Bergen. Die noch ro-
manische, jedoch durch
Um- und Nebenbauten stark beeinträchtigte Kirche inSpor-
maggiore (Abb. 107), der romanische Turm von San Pietro
in Cembra (Abb. 106), das Kirchlein von Priö mit einer
gotischen Apsis und einem Renaissanceportal (Abb. 105) und
viele, viele andere Bauten mit gleichem oder ähnlichem
Charakter, sie alle geben ein künstlerisches Bild, das durch
die ringsherum von Bergen beherrschte Landschaft harmonisch
geschlossen erscheint.
Wie die Renaissancehäuser der Städte, so wurden auf dem
Lande schon früher die Außenwände der Kirchen mit Malereien
geschmückt. Aber hier geschah es in erster Linie nicht der
Pracht wegen, sond'ern zum Zwecke der Andacht. Nicht
Triumphzüge der heidnischen Götter und Göttinnen, nicht
die heroisierten Cäsaren sind dargestellt, sondern, zumeist
zusammenhanglos, wie in einem frommen Gebetbüchlein, die
Bildnisse der Heiligen, der Leidensweg Christi, die Marter-
Abb. 106. Cembra, St.-Peters-Kirche.
Werkzeuge, die Stra-
fen der Sünde, die
Freuden der Seligen,
die Marter der Bösen.
Oder es erscheint uns
der heilige Riese Chri-
stophorus, der, Chri-
stus tragend, die ganze
Wand der Kirche ein-
nimmt, damit er überall
gesehen werde: wer
seinen Blick in Stun-
den der Gefahr auf ihn
heftet, wird gerettet.
Diesen Bildern wohnt
eine innere Bedeutung
bei. Sie sollen erzählen,
veranschaulichen. Der
Totentanz ist beliebt.
Ein schönes Beispiel dafür haben wir an der Vigiliuskirche
zu Pinzolo (Abb. 104). Papst und Kardinal, Kaiser und
König, Abt und Nonne, Herr und Diener, Bauer und Bettler,
alle müssen dahin, alle von den grimassenschneidenden
Skeletten begleitet und, wenn nicht willig, gezwungen. Das
Todesgericht erwartet sie mit Trompeten und Posaunen. Und
sie wandern in Reih und Glied, als breiter Fries unter dem
schützenden Vorsprung des steilen Kirchdaches.
Neben den vielen gotischen Kirchen, denen man überall,
in kleinen Städten und Dörfern, begegnet, ragen Bauten von
besonderem künstlerischen Werte hervor. Meist sind sie in
späteren Zeiten aus dem vollen Bewußtsein einer neuen kirch-
lichen Macht entstanden. Zu diesen zählt die Inviolata-Kirche
in Riva (Abb. m).
Der Kardinal-Fürstbischof von Trient, Karl von Madruzzo,
hatte 1603 den Bau beantragt. Wie die Tradition erzählt, soll
106
Abb. 107. Spormaggiore, Kirche.
Abb. 108. Bragherio, Schloßkapelle, Fresken, zweite Hälfte des XV. Jahrhunderts.
ein portugiesischer Architekt die Pläne entworfen haben. Die
Kirche — der Empfängnis Mariä geweiht — ist ein Zentral-
bau mit achteckigem Grundriß. Außen streng und einfach,
107
Abb. iog. Bragherio (Val di Non), Schloßkapelle mit Fresken aus dem XV. Jahrhundert
(Phot. Schmidt).
entfaltet sie im Innern eine reiche dekorative Pracht. Es ist
der Stil des späten XVI. Jahrhunderts, der durch den ernsten
Reichtum der Gegenreformation charakterisiert wird. In
Rom ist er entstanden, und tatsächlich ist es ein Römer,
D avide Retti, der die Stukkoarbeiten ausführte. Die
Wandmalereien sind von einem wenig bekannten, aber umso-
mehr interessanten Künstler: er heißt Teofilo Turri,
stammte aus Arezzo, lebte aber lange in Tirol im Dienste des
Erzherzogs Maximilian III. und mit diesem in Polen, wo er
sich auch Polak nannte. Stilistisch zeigen seine Komposi-
tionen — Alfonsina Gonzaga Mandruzzo verehrt den hl. Karl
Borromäus, der Tod des hl. Karl, die Heiligen Hieronymus,
Onufrius und Paphnutius, Christus in der Vorhölle und die
Hochzeit zu Kanaa — die Abhängigkeit von der gleichzeitigen,
bolcgnesisch angehauchten, venezianischen Malerei. Auch die
108
Altarbilder sind bedeutend: sie wurden von Künstlern wie
Bartolomeo Mangiavino aus Salö und Palma i 1
G i o v a n e ausgeführt.
Riva am Gardasee mit dem Wartturm am Abhange der
Rocchetta, mit schönen Bogen- und Laubengängen und einem
mächtigen Urturm aus der Zeit der venezianischen Herrschaft,
Rovereto mit dem alten Kastell und den schönen Kirchen
der Franziskaner und Dominikaner, A r c o mit bemerkens-
werten Marmoraltären im Dom und der im Spanischen Erb-
folgekrieg von den Franzosen zerstörten Burg, schließlich das
geschützte T o r b o 1 e, sind Städte, in denen Kunst und Natur
sich eng verschwistern.
109
Abb. rio. Piano (Val die Sol), Kirche, Hochaltar, XVII. Jahrhundert (Phot. Schmidt).
Abb. m. Riva, Inviolata-Kirche, erste Hälfte des XVII. Jahrhunderts (Phot. Schmidt),
Flußaufwärts an der Etsch liegt das deutsche Bozen.
Römer, Langobarden und Franken hatten hier ihren Sitz.
Später, unter Konrad dem Salier, gehörte es den Fürstbischöfen
—i ,. ■ ||
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no
Abb. 112. Villa Lagarina, Ruprechtskapelle, XVII. Jahrhundert (Phot. Schmidt).
von Trient, die es, unter langem Streite mit den Grafen von
Tirol, bis zum Jahre 1363 behielten, .bis es endlich unter öster-
reichische Hoheit kam.
iii
Im Mittelpunkte der
Stadt, auf dem Wal-
therplatz, erhebt sich
die dreischiffige, goti-
sche Pfarrkirche (Abb.
115). Sie wurde an
Stelle eines älteren, be-
reits im XII. Jahrhun-
dert erwähnten, später
(1224) niedergebrann-
ten Gotteshauses ge-
gen Ende des XIII.
Jahrhunderts begon-
nen, aber im wesent-
lichen erst am Anfang
des XV. Jahrhunderts
vollendet. An den Por-
talen sind nordische
und südliche Elemente
erkennbar. Nach lom-
bardischer Art tragen
romanische Löwen die
Säulen, die Bogen aber
sind gotisch. Es ist
der Stil der Über-
gangszeit, in dem die
Gotik sich langsam
den Weg zur Herrschaft bahnt. Ihr zu Liebe wurden —
während der zweiten Hälfte des XIV. Jahrhunderts —
auch die romanischen Apsiden umgebaut. Triumphe durfte sie
aber feiern, als 1499 der alte Glockenturm einem Brande zum
Opfer fiel. Damals wurde der Augsburger Baumeister B u r c k-
hardt Engelberg aufgefordert, den Entwurf zu einem
neuen Turm zu liefern, den Hans Lutz von Schüssenried
mit seinen Werkleuten ausführte und im Jahre 1519 vollendete.
Abb. 113. Pinzon bei Neumarkt, Stephanskirche, Altar,
XV. Jahrhundert (Phot. Schmidt).
I 12
Hans Lutz ist
höchstwahrscheinlich
auch der Meister der
Kanzel im Innern der
Kirche. Sie stammt
aus den Jahren 1513 bis
1514. Wie der Turm,
ist auch sie ein Werk
der späten überreichen
Gotik, nur daß hier —
namentlich am Bal-
dachin— die Elemente
einer neuen Kunst, der
Renaissance, zwar nur
leise und andeutend,
zur Sprache gelangten.
Das Hochaltarbild mit
der Himmelfahrt Ma-
riä gehört dem Gre-
g o rio Laz z arin i
an, einem einst gefei-
erten venezianischen
Meister vom Ende des
XVII. Jahrhunderts,
zu dem Tiepolo in die
Lehre gegangen ist.
Das Franziskaner-
kloster wurde bereits
im XIII. Jahrhundert
gegründet. Ein Brand hat den Bau zerstört und nur ein Teil
des ursprünglichen Kreuzganges ist uns erhalten geblieben.
Die angrenzende Kirche wurde 1348 geweiht; im XVII. Jahr-
hundert ist sie — wie so viele andere — dem neuen Monu-
mentalstile angepaßt worden.
Gries, von Bozen durch die Talfer getrennt, bewahrt in
Abb. 114. Gries bei Bozen, Altar des Michael Pacher 1471,
(Phot. Reiffenstein).
113
der gotischen Pfarrkirche „zu Maria im Keller“ einen Schnitz-
altar des berühmtesten alpenländischen Künstlers vom Ende
des XV. Jahrhunderts: Michael Pacher von Brunnecken.
Im Jahre 1471 wurde von Gries aus das Werk bestellt (die
Urkunde befindet sich noch im Stadtarchiv von Bozen). Leider
sind nur Fragmente dieses Meisterwerkes auf uns gekommen:
der Altarschrein (Abb. 114) mit der Krönung Mariä, dem Erz-
engel Michael und dem heiligen Erasmus, und zwei Reliefs
von den einstigen Flügeln — die Verkündigung und die An-
betung der Könige —, die selbständig, getrennt vom ursprüng-
lichen Altar, jedoch in derselben Kirche, Aufstellung ge-
funden haben.
Abb. 115. Bozen, Pfarrkirche (Phot, Reiffenstein).
REGISTER.
Aasettl, Peter von ioo.
Adamo d’Aurogno 86.
Aegida 45.
Alberti Giuseppe 87.
Alberti-Poia 90.
Alboin 3.
Alexi Andreas 71.
Alexius 90.
Altichiero von Verona 42.
Altmanus 86.
Alt-Ragusa 74.
Amulia 45.
Ancona 73, 79.
Antonio di Pier Paolo 73, 80.
Aquileja 4, 9 f-, 49, 58> 63> 66, 83.
— Museum 12.
— Basilika 14.
— Fresken 18.
— Turm 21.
— Baptisterium 21.
— Kirchenschatz 32.
Arco 109.
Attila 3, 15.
Augustus 58, 59.
Avaren 4, 16, 61.
Avio 102.
Barcola 3g.
Begliano 26.
Bellotti 51.
Berchtold von Andechs 19.
Bocche di Cattaro 77.
Bozen ixo.
Bragherio 112.
Brioni 57.
Brixen 102.
Brusasorci 90, 95.
Brusinelli Antonio 98.
Bua 69.
Buwina 79.
Campoformio 45.
Campolongo 26.
Capodistria 45, 46 f.
— Dom 47.
— Domschatz 48.
— Rathaus 48.
— St.-Anna-Kloster 50.
Capriva 26.
Carpaccio Benedetto 43, 47, 51.
— Vittore 47, 52 f., 81.
Castagnavizza 35.
Castelbarco 102.
Castelnuovo d’Istria 44.
— Dalmatien 75.
Catena Vincenzo 51.
Cattaro 23, 77 f.
Cavenzano 26.
Cembra 105.
Chambord, Graf von 35.
Chiaruttini 26.
Cignaroli Giambettino 97, 98.
Cima da Conegliano 51, 81.
Cittanuova 55.
Cividale 4, 16.
Cles 83.
Clesio Bernardo 90, 93, 95.
Collio 4, 7, 35.
Colmo 48.
Comasken 86.
Cormons 16, 25 f.
Crauglio 20.
Cyriakus von Ancona 11.
Dalmatien 54, 59 h
Diokletian 61, 64.
Dobra 35.
Doria Paganino 45.
Dosso Dossi go.
Dos Trento 83.
Duino 27, 35.
115
Eggenberg 35.
Engelberg Burckhardt 112.
Engelbert von Tirol 2g.
Epidaurum 74.
Eppenstein 44.
Ferdinand III. 35.
Firmian 102.
Florenz 76.
Fogolino Marcello go, 92.
Fontebasso Francesco g8.
Fortunatus 13, 18.
Forum Julii 4.
Franz I 58.
Franzosen 29, g2.
Friaul 4, 16, 21.
Friedrich IV. 25.
Fugger 95, 103.
Gallo Henricus 35.
Gambara Lattanzio 93.
Gandino, Pietro da 103.
Genua 45, 58.
Giongo Francesco gg.
Giorgio da Sebenico 73, 77, 79.
Giorgione 81.
Giovanni d’Allemagna 54.
Girolamo da Trento 99.
Gisulf 25.
Görz 3, 22, 27 f., 36.
— Kastell 29.
— Dom 30.
— Kirchenschatz 32.
— Castagnavizza 35.
Goten 4, 5g, 61.
Gradiska 3, 25, 30, 35 f.
Gradiskaner-Kämpfe 5.
Grado 9, 15, 16, 18, 22 f., 23.
Graz 31.
Gries 113.
Guinones, Claudio de g5.
Hermagoras 13, 18.
Hinderbach, Johann von 89.
Hunnen 4.
Idria 3.
Illyricum 45, 59.
Illyrier 8.
Isola 48.
Isonzo 3, 7.
Istrien 44.
Jason 8.
Justinopolis 46.
Karl der Große 4, 44.
Karl V. 103.
Karl VI. 40.
Karl X. von Frankreich 35.
Karner 8.
Karst 3, 17.
Kelten 7.
Koloman 59.
Konrad II. 18, 25, 84, 110.
Kroatien 59.
Laibach 31.
Langobarden 3, 4, 16, 83, 110.
Lazzarini Gregorio 113.
Leonhard von Görz-Tirol 2g.
Leopold III. 38.
Lesina 81.
Loth Karl, gen. Carlotto 87.
Lotto Lorenzo 81.
Lovden 78.
Lutz Hans 112.
Madruzzo 102, 103, 106.
Mangiavino Bartolomeo 109.
Maria Theresia 22.
Marmont 75.
Marquard von Randeck 19.
Marquard von Tirol 29.
Masegne 73.
Matajur 3.
Il6
Maximilian I. 5, 25, 29, 93.
Maximilian, Kaiser von Mexiko 35.
Medaglia Antonio 96.
Medea 8, 26.
Mera Pietro 51.
Mezzocorona 102.
Michelozzo di Bartolomeo 76 f., 80.
Miramar 35.
Mitterburg 44.
Monastero 26.
Moncalvo 48.
Monfalcone 3, 8, 27 f., 32, 35.
Montona 48.
Moretto g7.
Mormorano 55.
Morone 97.
Muggia 44, 45 f., 48.
Napoleon 5, 60, 74, 85.
Natisso 3, 27.
Nesactium 57.
Nicolaus Ragusinus 77, 79.
Nicolö da Pirano 49.
Nicolö Fiorentino 72, 73.
Nogaredo 26.
Nobile 44.
Odoaker 3, 15.
Onofrio della Cava 75 f., 80.
Orseolo Pietro 59.
Ostgoten 15, 83.
Otto II. 25.
Otto III. 28.
Pacassi Nicolö 34.
Pacher Michael 114.
Palma il Giovane 10g.
Paludi-Kloster 81.
Parenzo 16, 22, 53 f., 55.
Paul III. 84.
Paulinus, Bischof 16.
Pedena 44.
Pellegrino da S. Daniele 21.
Peregrinus 48.
Pergine 101.
Perteole 26.
Pertsch 44.
Perzen 101.
Peter aus Tramin 98.
Piemonte d’Istria 48.
Pietas Julia 57.
Pinzolo 106.
Pirano 52.
Pisani-Schule 70.
Pisino 44.
Podgora 34.
Pola 13, 44, 55, 57 f.
Polak 108.
Popo 16, 17 f.. ig, 21, 23, 43.
Pozzo 31, 98.
Priö 105.
Quaglia 31.
Rabenschlacht 15.
Raduanus 69 f., 79.
Ragusa 60, 73, 74 f, 80, 81.
Ravenna 53.
Reifenberg 35.
Retti Davide 108.
Rhätien 83.
Ricci Sebastiano 98.
Riccio Domenico 90.
Riva 106, 109.
Romanino Girolamo 90, 93.
Romans 26.
Ronchi 21, 35.
Rosa 44.
Rovereto 10g.
Rovigno 56.
Saciletto 25.
Sagrado 3, 26, 35.
Salcano 28.
Salona 61, 65.
Sanmicheli Michele 61, 69, 80.
117
Sankt Florian 35.
San Pietro 8.
San Polo 27.
Sansovino 94.
Santa Croce, Girolamo 51.
Santa Lucia 8.
Sartori 87.
Scodovacca 26.
Sdobba 3.
Sebenico 73 f., 80.
Segonzano 102.
Selvatico Pietro 99.
Sontius 3, 7.
Spalato 13, 62 f., 69, 73, 79.
Sponheim 44.
Spormaggiore 105.
Strassoldo 25.
Strugnano 53.
Südtirol 83.
Sunter Jakob 102.
Tabare li Antonio 94.
Talfer 113.
Tapogliano 26.
Tartini 53.
Tauch Christoph 33.
Theodorich 3, 15, 27, 59, 83.
Theodorus, Bischof 14.
Thun Siegmund 95.
Tiepolo 26, 43 h, 113.
Timavus 8, 27.
Toblino 102.
Torbole 10g.
Torre ig, 27.
Tragurium 69.
Tramin, Peter aus g8.
Trau 69 f., 7g.
Trient 83.
— Dom 85.
— Kastell 88.
— Paläste g2.
— SM. Maggiore 95.
— Museen 9g.
Triest 13, 16, 22, 38 h
— Justusbasilika 41.
Triglav 3.
Turri Teofilo 108.
Udine 20, 22.
Ulrich, Patriarch 23.
Ulrich II., Fürstbischof 84.
Ungarn 59, 74.
Valle 48, 55.
Veglia 23.
Venedig 17, 20, 23, 38, 58, 68, 80.
Venezianer 29.
Vicentini Vicenzo 97.
Vigilius 83.
Villa Margone 103.
Villesse 26.
Visco 6.
Visconti ig.
Vittoria Alessandro 94, 97.
Viverini Antonio 54, 81.
Viverini-Schule 51.
Weimar 44.
Werihen 25.
Winckelmann 43.
Wippach 3.
Zaffran Lodovico 90.
Zara 30, 66 f., 80, 81.
NB. Für eine Reihe von Abbildungen wurden die Vorlagen in entgegen-
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den Reisenden noch von Kunstgelehrten besuchten Ortschaften. Drei Haupt-
monumente bilden das Gerüst des ganzen Werkes: die Basilika von Aquileja,
S. Giusto in Triest und de$ Dom von Parenzo. Jedes dieser Monumente ist von
einer kurzgefaßten, die Ergebnisse der Forschung zusammenfassenden monogra-
phischen Studie begleitet, der eine knappe Beschreibung der einzelnen Tafeln folgt.
Dem Kunstgelehrten soll das Werk als neue Quelle weiterer Forschungen, dem
Künstler als Formenschatz dienen, den kunstsinnigen Laien und Sammler mit
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Das Gesamtwerk wird 10 Bände umfassen, von denen 3 (120 Lichtdrucktafeln) bereits
erschienen sind. Dem letzten Bande wird als Ergänzung des gesamten Abbildungs-
materials ein illustrierter Text im Umfang mehrerer Bogen beigefügt werden.
Schon die ersten drei Bände, die nach sorgfältigster Vorbereitung in den
letzten Jahren der Öffentlichkeit übergeben wurden, haben in allen Fachkreisen
und darüber hinaus, überall wo Sinn für eigenartiges Kunstschaffen lebendig ist,
ungeteilte Zustimmung gefunden und vielfach Überraschung hervorgerufen; ein
fast unbekanntes Gebiet zeigte sich hier vielen sonst gründlichst Gebildeten zum
erstenmal mit seiner ganzen Fülle von erstklassigen, geschichtlich und künst-
lerisch bedeutenden Kunstschöpfungen. — Wir wollen nur ein Beispiel aus den
zahlreichen lobenden Besprechungen anführen:
„Der dritte Band der monumentalen Publikation vermehrt mit seinen 40 Licht-
drucktafeln das bisher Gebotene in trefflicher Weise und setzt es fort. Es ist
eine sehr dankbare Aufgabe, denselben eingehend zu studieren.“
(Kunst und Kunsthandwerk.)
Soeben wird nun der vierte und fünfte Band des Werkes aus-
gegeben. Er ist den Städten Zara, Trau, Nona, Arbe und Spalato
gewidmet. Die Hauptmonumente der kirchlichen und profanen
Baukunst sind in mustergültigen Lichtdrucken wiedergegeben;
zahlreiche Detailaufnahmen einzelner interessanter Stücke der
Außenerscheinung wie der Inneneinrichtung und der plastischen
Kunstwerke erleichtern das eingehende Studium der dalmatini-
schen Kunst. Auch charakteristische Stadtveduten werden gezeigt.
Dem Kunstfreund wie dem Fachmann wird das umfassende Werk
mit seinen prachtvollen Bildern willkommen sein und mannig-
fache Anregungen vermitteln.
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Sprache zu gleichem Preise.
„Man folgt der sehr kundigen Verfasserin gern auf den Wegen, die zu den
merkwürdigen historischen Quellen einer Kunst führen, die das Volk selbst mit
sicherem Gefühl für Ornament, für Farbe und Form geschaffen hat, und begrüßt
diese Sammlung der besten Vorbilder, die auf vorzüglichen ein- und mehrfarbigen
Tafeln wiedergegeben, von den alten Reichtümern beredtes Zeugnis ablegen soll.“
(Kunst für Alle, München.)
Illustrierter Prospekt auf Verlangen kostenfrei
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