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3m Selbstverlag: Museumarchiv Alpenjäger 9
Das Schützenregimeni Graz Ar. 3
und der stemfche Landsturm
im Weltkrieg
1914-1918
II. Band
Herausgegeben vom
Alpenjägerregiment Ar. s »»d d°« Sund der Zer-Schützen
Verfaßt von
Oberst Hermann Strohschneider
unter Mitwirkung der Kameraden
Schulrat Hans Halter, Mjr. Lorenz Kalcher, Mjr. Theodor Kastei,
Schulra! Franz Kam an, Hofrat Hptm. Josef Löfchnig, Hauptschul-
direktor Hptm. Hans P r a t s ch e r, Oblt. Eduard Prokisch, Obstlt. Egon
Schenek, GM. Robert Sieget, Feldkurat fürfiblsch. Kanzler Monsgn.
Dr. Ioref Steiner, GM. Heinrich Tenner, Mjr. Wurtinger und
der br; den Landst.-Inf.-Baonen angeführten Kameraden des ehem. steir.
Landsturmes.
OOLB LINZ
+X010972101
Vorworte
Das ehemalige steirische Schützen-Regiment Nr. 3 gehörte während der
Kriegsjahre 1917—18 in den Verband der k. k. Schützendivision, die zu
befehlen ich berufen war. In dieser von großen und schweren Kämpfen erfüllten
Zeit haben die 3er-Schützen durch ihre Tapferkeit, Opserwilligkeit, zähe Aus-
dauer im Ertragen aller Mühseligkeiten und Strapazen, unbedingte Verläßlich-
keit, großes Geschick und Fleiß im Ausbau der Stellungen usw. sich besonders
ausgezeichnet.
Ich möchte von den zahlreichen bewundernswerten Waffentaten nur jene
drei Gelegenheiten besonders herausgreifen, in denen das Regiment im Brenn-
punkte des Kampfes stand. In der Junischlacht auf der Hochfläche der „Sieben
Gemeinden" im Jahre 1917 hat sich das Schützen-Regiment Nr. 3 in seiner Ver-
teidigungsstellung auf dem Mte. Zebio rühmlichst gehalten. Alle Angriffe, welche
die Italiener nach vorhergegangenem außerordentlich starkem Artillerie- und
Minenseuer und nach Sprengung zweier Minen auf dem Mte. Zebio unter-
nahmen, wurden abgewiesen und dort, wo es Teilen italienischer Abteilungen
gelang, in unsere Stellung einzudringen, wurden sie schon durch die Unter-
kommandanten selbsttätig wieder hinausgeworfen. Durch die selbstlose Auf-
opferung in diesen sehr schweren Kämpfen konnte die Stellung unerschüttert
gehalten werden, was nach dem Verlust des Mte. Ortigara am Nordflügel des
HI. Korps von hervorragender Bedeutung für die gesamte Lage des Korps war.
Im Herbst 1917 hatte das Schützen-Regiment Nr. 3 während der in der
Geschichte einzig dastehenden siegreichen Offensive vom Durchbruch bei Flitsch
bis auf die Höhen des Mte. Grappa neuerdings glänzende Leistungen auszu-
weisen. Besonders schwierige Verhältnisse fand das Regiment bei der Angriffs-
vorrückung von Feltze über die verschneiten Berggipfel des Mte. Roneone und
Mte. Praffolan auf den Mte. Pertica. Ganz auf sich selbst angewiesen, hat das
Regiment in schweren Kämpfen den Feind aus mehreren Stellungen geworfen,
zahlreiche Gefangene gemacht und schließlich den so wichtigen Mte. Pertica er-
stürmt und hier 14 italienische Gegenangriffe siegreich abgewehrt.
Zum Schluß sei noch der Tätigkeit des Regiments im Tonale-Abschnitt im
Sommer 1918 gedacht. In seiner vom Mte. Tonale bis einschließlich Mte. Albiolo
bezogenen Stellung, die es in kürzester Zeit zum Teil erst ausbauen und ver-
stärken mußte, wehrte dieses brave Regiment alle italienischen Angriffe ab
und hielt seine Stellungen unerschüttert bis zu dem unseligen Waffenstillstand,
3
um dann unverschuldet und unbesiegt in die Kriegsgefangenschaft
abzugehen.
Das tapfere Schützen-Regiment Nr. 3 hat zu bestehen aufgehört. Seine
hervorragenden Wafsentaten sind aber mit ehernem Griffel in der Geschichte
für alle Zeiten verzeichnet. Die steirische Jugend und namentlich die Nachfolger
des Regiments, die Soldaten des steirischen Alpenjäger-Regiments Nr. 9, mögen
sich an den glänzenden Wafsentaten des tapferen Schützen-Regiments Nr. 3
erbauen, dessen Heldentaten sowie dessen Soldatentugenden sich zum leuchtenden
Vorbild nehmen, den im Weltkriege gefallenen steirischen Helden aber ein ehren-
des und dankbares Gedenken bewahren!
Kroisbach bei Graz im Juni 1931.
Rudolf Müller m. p., GM.,
letzter Kommandant der k. k. 22. Schützendivision.
Als Kommandant der 43. Schützenbrigade während der Frühjahrsoffensive
1916 in Tirol erging auch an mich der ehrende Auftrag, mein persönliches Urteil
über das Schützenregiment Nr. 3 in einem kurzen Vorworte auszuspechen. Mit
dem ganzen Umfang der Frage einer Offensive über die Sette communll) schon
aus der Vorkriegszeit vertraut, glaube ich, meine Aufgabe am besten zu erfüllen,
wenn ich die Vorgeschichte dieses Angriffes kurz wiedergebe.
Feldzeugmeister Freiherr von Leithner, der uns leider knapp vor Kriegs-
ausbruch entrissene geniale Korpskommandant und Generaltruppeninspektor tn
Graz, ließ — es mag 1906 oder 1907 gewesen sein — den Angriff über die Sette
communi in den Rücken der italienischen Hauptkräfte eingehend studieren und
wählte dieses Thema auch für ein Festungskriegsspiel der Stäbe in Wien.
Der daraus sich ergebende Entschluß, die stark befestigte, ganz modern aus-
gestaltete Sperranlage Mte. Verena—Campolongo, dann die dahinterliegende,
angesichts eines zähen Verteidigers kaum bezwingbare Asia-Schlucht im Norden
über den Kempel-Rücken zu umgehen und dadurch die Öffnung des Beckens
von Asiago ohne langwierigen Festungskampf zu erzwingen — vom 30-om-Mör-
ser war noch keine Rede — erweckte auch beim Chef des Generalstabes lebhafte
Aufmerksamkeit. Zugleich wurde auch darauf hingewiesen, daß die im oberen
Teil des Kempeirückens durchlaufenden 20 bis 100 Meter hohen Felsabstürze und
die Wegarmut einen Angriff auf diese Barriere ausschlössen. Die vom General-
stab in den nächsten Jahren an Ort und Stelle durchgeführten Erhebungen gaben
dieser Auffassung recht. Zu den erwähnten Schwierigkeiten kamen die vor
Kriegsausbruch vom Gegner geschaffenen Verstärkungen und der Stellungs-
ausbau während des Krieges. Es waren dies eine sehr starke, dem Kempel
etwa 8 Kilometer vorgelegte Verteidigungszone und die Sperrung des einzigen
'> Sieben Gemeinden.
4
über den Kempel führenden Weges, des Saumpfades über die Bocchetta durch
das gleichnamige Kavernenwerk mit 4 12-ew-Kanonen.
Es mußte also erst die vorgeschobene feindliche Stellung genommen werden,
um dann, von wenigen Gebirgskanonen unterstützt, den eigentlichen Angriff
aus und über die Barriere hinweg durchführen zu können.
Die beiden italienischen Werke Verena und Campolongo, im günstigsten
Bereich unserer 30-ow-Mörser gelegen, waren seit Mai 1915 wiederholt und
dauernd unter schweres Feuer genommen worden, so daß ihre gepanzerte
Armierung zur Zeit der Offensive längst zerstört war, ein Grund, der Kempel-
Aktion nur geringe Bedeutung beizumessen.
Der Angriff wurde besohlen und durchgeführt, wenn auch, wie aus dem
Kräfteeinsatz geschloffen werden kann, nur als Demonstration gedacht. Er ist
ungeachtet der schlimmen Vorhersage glänzend und überraschend schnell gelun-
gen. Allerdings würde er noch rascher und erfolgreicher zum Ziele geführt
haben, wenn nicht die Befehle des Komdt. des III. Korps das heldenmütige
Schützenregiment 3 in der ersten eroberten Stellung festgehalten hätten, „bis der
Einklang in der Bewegung mit den Nachbargruppen hergestellt wäre". Der
größte Teil der Verluste ist diesem aufgezwungenen Halt zuzuschreiben. Denn
dadurch wurden wir dem Feuer der gutorientierten gegnerischen Batterien
dauernd ausgesetzt, gaben dem Gegner Zeit und Gelegenheit zu Gegenangriffen
und ermöglichten ihm schließlich die Anlage einer neuen Stellung östlich von
Asiago, an der die Offensive zum Stehen kommen sollte.
Es muß dies alles in Rücksicht gezogen werden, um den ganzen Ernst der
Lage zu erkennen, in der die Dreierschützen bei Beginn der Offensive, am ent-
scheidenden Punkte eingesetzt, zu kämpfen hatten. Mit welch beispiellosem
Schwung, mit welcher Umsicht, Tapferkeit und mit welch erhabenem Opfermute
dies geschah, ist dem Kapitel über die Frühjahrs-Offensive in Tirol zu entnehmen.
Vom Glück begünstigt, wurde ich während des Krieges fast nur im Tiroler
Hochgebirge verwendet und hatte nur erstklassige Truppen zu führen, bis ich
knapp vor Kriegsende das Kommando unserer braven Flugstreitkräfte über-
nehmen mußte. Es ist klar, daß ich bei solcher Verwendung eine große Zahl
hervorragendster Beweise an Tapferkeit und Zähigkeit, frischem, heldenmüti-
gem Zugreifen und unerhörter Ausdauer, Treue, Kameradschaft und höchstem
Opfermut erleben durfte. Und doch wird dies alles durch die Leistungen der
Schützenregimenter 3 und 26 bei der Frühjahrsoffensive 1916 weit überboten.
Stark und kühn, nie übereilt, nie schwankend und zagend, keine Schwierig-
keit und kein Hindernis scheuend, haben die beiden Regimenter in ununterbro-
chenem Vorwärtsdrängen eine Reihe von Siegen erfochten, die in der Geschichte
unserer alten ruhmreichen Armee ihresgleichen suchen.
Wenn ich als seinerzeitiger Gruppen- und Brigade-Führer hiebei der nach
Geist und Tat den Dreierschützen ebenbürtigen Gebirgskanonenbatterie Ober-
leutnant Rossi, der Minenwerserabteilung Leutnant Novak und der alpinen
Detachements Trenker gedenke, erfülle ich nur eine selbstverständliche kamerad-
schaftliche Pflicht.
Als nach dem Todlaufen unserer Offensive die Ereignisse in Ostgalizien
uns zur Abgabe starker Kräfte und damit zur Frontverkürzung zwangen, waren
es wieder die beiden herrlichen Schützenregimenter 3 und 26, welche die Assa-
Straße sperrten und deckungslos im Felsgelände den schweren Angriffen der
Italiener nicht nur Halt geboten, sondern ihnen in kühnen Vorstößen noch zahl-
reiche Gefangene abnahmen.
Wenn auch vorübergehend der Ehrenname der Regimenter „Schützen 3 und
26“, der Kempelbrigade, durch die in ihren Auswirkungen ungleich bedeutenderen
Ereignisse in Vergessenheit geriet, so bleiben die Leistungen bei Überwindung
des Kempel-Massivs eine in der Kriegsgeschichte aller Zeiten denkwürdige
Ruhmestat. Sie wurde auch vom Gegner anerkannt, dessen Oberkommandant
im Juni 1916 den Kommanden und Truppen den Vorwurf machte, selbst unan-
greifbare Stellungen an uns verloren zu haben.
In Ehrfurcht beuge ich mich vor den Helden, den Dreierschützen. Sie waren
es alle durch den Geist, der im Regiments herrschte; sie waren die besten Sol-
daten, geführt von ihrem Oberstleutnant Tenner.
Graz, im Oktober 1932.
Otto Ellison-Nidles m. p., GM ,
Kommandant der k. k. 43. Schützenbrigade.
Als Kommandant der 43. Sch.-Brig., in deren Verbände das tapfere Sch-
Rgt. 3 an hervorragenden Wasfentaten des italienischen Krieges beteiligt war,
hatte ich Gelegenheit, die ausgezeichneten Leistungen dieses steirischen TruppLN-
körpers würdigen und schätzen zu lernen.
War es in der Verteidigung oder war es im Angriffe, jedesmal stellten die
3er-Schützen voll und ganz ihren Mann.
In der 3. und 4. Jsonzoschlacht im Brennpunkte erbitterter Kämpfe, in der
Ortigaraschlacht am Plateau von Asiago mit der Verteidigung des wichtigen
Zebio-Maffivs betraut, hielt es den stärksten feindlichen Angriffen mutig stand
und verhinderte den vom Gegner so sehr erstrebten Durchbruch trotz wiederholter
wuchtiger italienischer Massenangriffe.
Als im Herbste 1917 der entscheidende Vorstoß unserer Truppen über Flitsch
—Tolmein erfolgte, war das Regiment mit in vorderster Linie, erstürmte die
starken feindlichen Stellungen im Flitscherbecken, besetzte den wichtigen Rücken
des Mte. Stol und blieb im Verlause der weiteren Vorrückung — abwechselnd
mit Sch.-Rgt. 26 — an der Tete der 22. Sch.-Dion, die schließlich bei Longarone
8000 Italiener gefangen nahm und zahlreiche Geschütze erbeutete.
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Dieser erfolgreiche Siegeslauf wurde noch gekrönt durch die Besitznahme
des Mte. Pertica, eines Punktes von heute historischer Bedeutung.
Hatte das Regiment an den großen Erfolgen der Offensive 1917 hervor-
ragenden Anteil, so war seine Verwendung im Kampfabschnitte des Tonale im
Sommer 1918 von nicht geringerem Einfluß auf die Gesamtlage, da es in der
wichtigen Albiolo-Stellung wiederholt starke feindliche Angriffe abzuwehren
hatte und hiedurch den Besitz des Paffes ermöglichte.
Alle Angehörigen dieses tapferen Regimentes können mit Stolz auf die
Leistungen zurückblicken, die, oft unter den schwierigsten Verhältnissen vollbracht,
im großen Ringen um den Schutz der Heimat ihren würdigen Anteil haben.
Bad Aussee im September 1932.
Merten m. p., GM.,
letzter Kommandant der k. k. 43. Sch.-Brig.
Als Euer Regimentskommandant vom Dezember 1915 bis zum Kriegsende
denke ich mit berechtigtem Stolze an die unzähligen rühmlichen Waffentaten
meiner braven „Dreier", deren Pflichttreue bis zum Zusammenbruche der Front
beispielgebend war. Mühsale und Entbehrungen aller Art habt Ihr standhaft
ertragen, eine Unzahl Opfer habt Ihr gern auf Euch genommen, von dem
Gedanken beseelt, daß es der Rettung Eures heißgeliebten, in Not geratenen
Vaterlandes gelte.
Dreierschützen, Söhne der grünen Steiermark! Das in den einzelnen Geleit-
worten von Euren Führern gespendete Lob dürft Ihr daher stolz erhobenen
Hauptes entgegennehmen. Die von Euch vollbrachten Heldentaten, sie sind nun
für dauernde Zeiten in der mit großem Fleiße und bewundernswerter Tat-
sachenkenntnis verfaßten Regimentsgeschichte festgehalten. Dem Verfasser, Oberst
Strohschneider, und allen Mitarbeitern des Werkes sage ich innigsten
Dank; denn sie haben damit allen Angehörigen des Schützenregimentes Nr. 3
für alle Zeiten ein Denkmal gesetzt.
Ebenso innigen Dank sage ich im Namen aller Dreierschützen dem Tradi-
tionsregiment A.I. Nr. 9, seinen Kommandanten sowie dem Referenten Oberst-
leutnant S ch e n e k für das stets bewiesene Entgegenkommen und erfolgreiche
Schassen bei der Errichtung des Regimentsmuseums.
Möge dieses Werk unseren gefallenen „Dreiern" zum treuen Gedenken,
uns überlebenden zur dauernden Erinnerung und unseren Nachkommen zur
Nacheiferung und Erbauung dienen.
Wien im Dezember 1932.
Heinrich Tenner m. p., GM.,
letzter Kommandant des k. k. Sch.-Rgt. Nr. 3.
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l. Die Maioffensive in Südtirol 1916*.
1. Vorbereitungen.
(Hiezu Beilagen 41 und 42.)
Der Krieg ist wie ein tobendes Ungewitter, wahllos, zerstörend und zer-
schmetternd. Doch alle häßlichen Begleiterscheinungen des Krieges vermögen die
Größe nicht zu verdunkeln, die in der Hingabe und dem Pflichtgefühl jedes
einzelnen liegt, Selbstzucht und Stärke zeugt und voll Selbstvertrauen in
Zeiten der höchsten Gefahr die letzte Kraft einsetzt, um den Erfolg des Ganzen
mannhaft zu erzwingen.
Da saßen sie mitten in den Weinbergen von Prosecco und Villazano,
der reiche Bauer neben seinem Knecht, der Beamte neben dem Diener, der
gereifte Mann neben dem Jüngling, plauderten von daheim, von schweren
Waffengängen, fernen und gefallenen Kameraden, doch zwischendurch flammte
immer wieder die Frage auf: „Geht der Katzi uns oder wir ihn an?"
Am 2. April langte im Kantonierungsbereiche das XVII. MaBaon unter
Kmdo. des Hptm. Strohschneider in der Stärke von 16 Offz. und 659
Mann ein. Mit Eifer und gründlicher Sachkenntnis wurden alle Vorbereitungen
getroffen, um sich nach 7 Monate dauerndem Stellungskampfe am Karstplateau,
zu anderem noch mit festgenagelten Bergschuhen, Bergstöcken, Steigeisen und
Schneeschuhen ausgerüstet, der Eigenart des Hochgebirgskampfes anzupaffen.
Pioniere übten das Sprengen und Zerstören von Hindernissen, die Anlage von
Minen, das überwinden von Festungsgräben, die Telephonisten schulten das
Legen von Leitungen im Hochgebirge, das Abhorchen und Signalisieren mit
Geheimschlüffeln. Die Skiabteilung, in ein alpines Detachement zusammenge-
faßt, ertüchtigte sich durch kühn ausgeführte Kletterübungen an den Steilhängen
des Marzola und Chegol. Die Arzte waren beschäftigt, das Verbandsmaterial,
die Arzneimittel und Tragbahren in Ordnung zu bringen, die Ersatzmannschaft
für den schweren Sanitätsdienst einzuschulen und das ganze Regiment nochmals,
Gott weiß zum wievieltenmale, zu impfen. Der Proviantoffz. Lt. P i p l a und
Stabsfldw. Maxa stapelten die vorgeschriebene Res.-Berpflegung auf und
waren unentwegt bemüht, die Ruhezeit auszunützen, um die durch die ent-
* Bei Benützung des Buches „Wir greifen an" von Obil. Josef Löschnig (Mu-
seumarchiv Alpenjäger 9 in Graz).
8
behrungsreiche Doberdo-Zeit unterernährten Krieger mit allem Erreichbaren zu
verköstigen. Gleich große Sorge machte ihnen und den Rechnungsunteroffz. der
Austausch der Fahrküchen gegen Kochkisten. Die Fahrküche war zum heimat-
lichen Herd jeder Komp, geworden. Wo sie stand — war gut sein. Nun mußte
sie den mehr beweglichen Kochkisten weichen, die leichter der Truppe aus den
schmalen Gebirgspfaden zu folgen vermochten. Mit der Ausgabe einer ötägigen
Res.-Verpflegung, bestehend aus 200 Gramm Fleischkonserven, 600 Gramm Zwie-
back, 25 Gramm Kaffee, 36 Gramm Tabak, 700 Gramm Brot und 30 Gramm
Salz, die vom Manne getragen werden mußte, waren die Vorsorgen der Prov.-
Ofsz. beendet. Schwierige Arbeit hatte auch der Trainkmdt. in der Umstellung
des Wagenparkes auf Traglasten und in der Schulung der Bedienungsmann-
schaft zu leisten. Doch mit selbstverständlicher soldatischer Pünktlichkeit waren
in Kürze die Kochkisten-, Munitions-, Sanitäts-, Telephon-, Maschinengewehr-,
Wasser-, Kanzlei- und Res.-Tragtiere beschlagen, bepackt und eingeschult und
der letzte Schimmel zur Tarnung gefärbt. Aber auch der Rechnungsführer hatte
mehr als genug zu tun, um alle Anforderungen an Bekleidung und Ausrüstung
rechtzeitig und größenmäßig herbeizuschaffen und alles überzählige abzuführen.
Als am 7. April Erzherzog E u g e n das Rgt. besichtigte, waren im sachgemäßen
Zusammenwirken aller aus den hartnäckigen Verteidigern des Doberdo mut-
frohe Sturmkolonnen für den Hochgebirgskampf entstanden. Wie immer erntete
das Rgt. Lob und Anerkennung. Trotz der überaus strengen Postsperre
sickerte doch langsam die Nachricht durch, daß das eiserne III. Kps. unter F.M.L.
Krautwald, Ritter von Annau, und das XX. unter dem Thronfolger aus-
ersehen seien, im Gebiete zwischen Brenta und der Etsch durchzustoßen.
2. Das Kampfgebiet.
Der weit blickende Geist Conrads von Hötzendorf beabsichtigte, durch einen
Vorstoß nicht nur die schwer ringenden Kämpfer am Jsonzo und an der Kärnt-
nerfront zu entlasten, sondern erhoffte, die ganze oder doch wesentliche Teile
der im vorgenannten Raume stehenden ital. Armee abzuschnüren. Neigte auch
die Ansicht der Friedensstrategen überwiegend zur Annahme, daß ein entschei-
dender Kampf im Hochgebirge für größere Verbände an den Gelände- und Nach-
schubschwierigkeiten ersticken müsse, so baute Conrad mit Recht aus die oft
bewiesene Schlagsertigkeit der österr. Alpentruppen. Er wußte, daß ihr zäher
Wille, ihre vorbildliche Treue jegliches Hindernis überwinden werde. In welchem
Maße die Truppe und nicht zuletzt unser Rgt. dieses Vertrauen rechtfertigte,
zeigte Leistung und Erfolg.
Nur zwischen der Etsch und der Brenta war es möglich, bedeutende Heeres-
massen gleichzeitig in ziemlich gleichlaufender Richtung vorzutragen und auch
für den gewaltigen Nachschub des modernen Krieges günstige Voraussetzungen
9
zu schaffen. Ein Blick auf die Karte mutz selbst dem Laien die Schwierigkeit
der Aufgabe angesichts der sich zahlreich auftürmenden Geländehindernisse vor
Augen führen. Die österr. Linien, die im allgemeinen südl. von Rovereto
über Serada — Sommo Alto — M. Maronia — M. Coston — Mga. Grimma —
Gschwendts, füdl. und östl. Luserna über Campo —Basson di Sopra — Cima
di Bezzena — Mte. Carbonile nächst Novaledo hinab ins Val Sugana führten,
wurden fast durchwegs von den ital. Stellungen überhöht. Der Fd. hatte, durch
das Terrain begünstigt, eine Verteidigungszone von 5 bis 10 Kilometer Tiefe
reich betoniert, und, mit zahlreichen Hindernisanlagen versehen, fachkundig aus-
gebaut. dazu als Rückhalt die Werkgruppen von Campomolon, Campomolongo,
Verena und die Befestigungssysteme von Asiago und Arstero. Alle diese Anlagen
vermochten sich gegenseitig flankierend zu unterstützen. Zahlreiche neue Armie-
rungsstratzen und Wege, Drahtseilbahnen und Aufzüge vermittelten den Zuschub.
Die Landschaft der Lafrauner und Vielgereuter Hochfläche, vom Suganer-
tal scharf ansteigend, fällt, durch das tiefe, schluchtartige Tal des Astico durch-
schnitten, nach Italien im allgemeinen sanft ab. Jenseits des Afsa- und
Astieo-Tales beginnt das Gebiet der ursprünglich deutschen „Sieben Gemeinden"
mit den beiden Hauptorten und zugleich Besestigungszentren Asiago und Arstero.
In dem nach Süden bis 1500 Meter aufsteigenden Teil des Plateaus herrscht
karstartiger Charakter. Schroff bis zu 1000 Meter fällt endlich das Plateau
gegen Bastano und Caltrano ab. Gegen Norden steigt die Hochfläche rasch an,
um dort in senkrechter Wand ins Sugana abzustürzen. Dieser Teil der Hoch-
fläche, deren Gipfel über 2000 Meter hoch sind, ist noch weit mehr zerrissen.
Unzählige Rücken legen sich leicht verteMgbar quer gegen die Borrückungs-
linie West-Südost. Unter ihnen bildet der 2310 Meter hohe, durch die Werke
von Cim. Portule und Mte. Meata geschützte Kempel das schwerste Hindernis.
Einige nach Süden verlaufende Täler sind 200 bis 300 Meter tief eingeschnitten,
so das Asta- und Nonstal. Stark betonierte Stellungen, stockwerkartige An-
lagen, Blockhäuser, Eröwerke, Defensivkasernen und Panzertürme erfüllen den
Raum. So wirkt das ganze Gebiet wie eine gewaltige natürliche Festung, deren
Bezwingung säst undurchführbar scheint.
Dies alles mutz man sich vor Augen halten, um die Leistungen zu ermessen,
die unsere Truppen in Südtirol vom ersten Tage der Offensive an zu vollbringen
hatten. Diese Leistungen sind umso hoher zu schätzen, als die Blüte der österr.
Manneskraft auf den galizischen Schlachtfeldern lag und hier, wie das Op.
Nr. 22.271 des H.G.Kmdo. G.O. Eugen beweist, zum größten Teil Nachge-
musterte zum Angriff schritten.
3. Allgemeine Lage.
Gerade in diesem Kampfgebiet hatte C a d o r n a, Übermacht und Gunst des
Geländes in Rechnung stellend, gehofft, gleich in den ersten Tagen gegen Trient
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..-■■■—
durchstoßen zu können. Am 25. Mai 1915 begann die erste ital. Armee durch
dauernd heftige Beschießung ihre Angriffe vorzubereiten. Nachdem ihre Rohre
gegen einzelne österr. Werke über 2000 Schuß verfeuert hatten, setzten die
Italiener am 30. Mai zur ersten Offensive an. Sie wurden glatt abgewiesen. Am
25. Juni erledigte ein österr. 30.5-Mörser mit 4 Schüssen das Werk Campomolon.
Mitte August und im Oktober 1915 versuchten die Italiener neuerlich im Angriff
ihr Glück, ohne irgend einen nennenswerten Erfolg zu erringen. Von da an
versteiften sie mit allen Mitteln ihre Verteidigungspositionen. Der ital. H.L.
waren die Vorbereitungen Conrads für die Offensive 1916 nicht verborgen
geblieben. Sie stellte mehr als nötig Truppen und Geschütze für die Abwehr
bereit. Daneben aber verfiel sie in den schweren Fehler, mit Op. Nr. 569 des
17. Ital.Kps.Kmdos vom 1. April 1916 den Angriffsgeist der österr. Truppen
herabzusetzen, indem sie u. a. schrieb.
„Es ist natürlich, daß der Feind die Überlegenheit seiner Art. ausnützen wird, um
wenigstens teilweise die numerische und qualitative Minderheit seiner Infanterie zu er-
setzen, welche Infanterie, schwer geprüft durch den langen Feldzug, von keinem Geist mehr
beseelt und bloß durch eine Disziplin zusammengehalten wird, welche keine Mittel scheut,
um die Soldaten anzutreiben, sich zu schlagen."
Nicht zuletzt mag dieser Befehl verschuldet haben, daß die sonst tapfere
ital. Infanterie erst unsere Angriffe zu leichtfertig nahm, um später umso
überraschter zu sein.
Für den Angriff waren 2 Armeen unter Kmdo. des Erzh. Eugen bereit-
gestellt. Die 11. Armee unter G.O. Dan kl war zum ersten unmittelbaren
Angriff bestimmt. Das VlII. Kps. unter FML. Sch euch enstuel (57, und
59. J.T.D.) hatte von Rovereto her an die Etsch gegen das Vallarsa, auf den
anschließenden Höhen gegen Val Terragnolo, das XX. Kps. unter Thronfolger
Erzh. Karl (3. und 8. Dion.) über die Hochfläche von Folgaria gegen den
Mte. Maggio und Passa Della Vena, das HI. Kps. unter FML. Krautwald
(6., 22., 28. Dion.) über das Plateau von Lavarone in der Richtung auf den
Kempel und Mte. Interotto vorzurücken. Dazu kam im Val Sugana die zum
XVII. Kps. gehörende 18. J.T.D. Hinter dieser ersten Linie stand aufgestasfelt
die 3. Armee unter GO. Köveß, die angreifen sollte, wenn sie genügend Raum
zur Entwicklung gewonnen hätte und der Abstieg in das venetianische Tiefland
erfolgen könnte. Vorerst hatte nur ihre Art. mitzuhelfen, die ital. Stellungen
zu zertrümmern. Im Verlaus der Vorrückung wurde eine andere Verteilung
der Kräfte durchgeführt. Beide Armeen wurden nebeneinander eingesetzt, so daß
die 11. Armee den Raum zwischen 8er Etsch und Arsiero, die 3. Armee daran
anschließend den Raum bis einschließlich Val Sugana einnahm. Hiebei kam das
III. Kps. zur Armee Köveß, während das XXI. unter FML. Lütgendorf
in den Bereich der Armee Dank! gelangte. Wichtig war das Val Sugana,
weil es für eine ital. Gegenoffensive mit gleichzeitiger Absicht eines Flanken-
druckes auf die frontal gegen Asiago—Arsiero vorgehenden österr. Truppen von
Bedeutung war. Am Rande des Tales standen die Italiener aus dem Armem
terra-Rücken mit der offenkundigen Absicht, Entwicklungen von Levieo her
im Keime zu ersticken. Unsere Art. stand in 4 großen Gruppen eingeschossen
bereit: I. Gruppe für Etsch und Vallarsa, II. für Folgaria, III. für Lavarone,
IV. für Val Sugana. Der Angriff war für Mitte April geplant und vorbereitet,
doch verzögerten dichte Nebel, unsichtiges Wetter und besonders die noch hohe
Schneelage den Beginn.
4. Gliederung des Regimentes.
Kmdt. Obstl. Tenner; Rgtsadj. Hptm. Ristl; Pion.-Ofsz. Oblk. Wurtinger; Zgskmdt. Kdt.
Niemetz; Telephon- und Berboffz. Oblt. Löschnig; Ski- und Alpindetkmdt. Lt. Thalhammer;
Trainkmdt. Oblt. Petruchar; Rgtsprovoffz. Lt. Pipla. Fhr. Supper, Kdt. Karis^ Kdtasp.
Mälzer,- Feldkurat Steiner; Chefarzt Rgtsarzt Dr. Hammer; Rechf. Oblt. Buongiovanni;
Postoffz. Oblt. Dr. Reisch.
I. Daon.: Kmdt. Obstl. Reinhold (später Hptm. Siegel); Adj. Fhr. Berger (später Fhr.
Handschuh u. Kdtasp. Prachner); Chefarzt Oberarzt Dr. Adamek mit San.-Fhr.
Hattwich.
1. Komp. Oblt. Adametz (später Lt. Guseck); Zgskmdten. Lt. Guseck, Fhr.
Kampfer, Liebl, Mayer, Kdt. Peter Huber, Kdtasp. Babiä, Fldw.
Schachner.
2. Komp. Hptm. Stampfe! (später Lt. Pawlisz); Zgskmdten. Lt. Kozurik, Har-
sanyi, Fhr. Koszyk, Schautzer, Blenk, Zgsf. Meißl und Möstl.
3. Komp. Oblt. KriL (später Lt. Stift); Zgskmdten. Lt. Stühlinger, Fhr. Pla-
neschitz, Seeber, Kadt. Rittmann, Fldw. Hajek und Johann Hofer.
4. Komp. Lt. Krones (später Lt. Lorenz); Zgskmdten. Lt. Lorenz, Fhr. Stiger.
Kdt. Lenz und Karl Reßl und Zgsfr. Tier.
MGA. I: Oblt. Schwab; Zgskmdten. Lt. Potocnik und Stbsfldw. Resch.
II. Baon: Kmdt. Obstl. Schneweiß (später Hptm. Strohschneider); Adj. Fhr. Mayrhofer,
Löst. A. Arzt Dr. Pucks, San.-Fhr. Kaufmann.
5. Komp. Hptm. Schally (später Lt. Lorenzoni); Zgskmdten. Lt. Kobetzky, Fhr.
Gmeiner, Schneck, Kdt. Tippner und Walz!, Kdtasp. Haim und
Stbsfldw. Rothschedl.
6. Komp. Lt. Pokorny (später Fhr. Herbsthofer u. Oblt. Schachner); Zgskmdten.
Fhr. Herbsthofer, Bogner, Coulon, Braz, Kdtasp. Graf und Richard
7. Komp. Oblt. Kainer (später Lt. Woloszanski); Zgskmdten. Lt. Lorenzoni,
Woloszanski, Kdt. Hanel, Zunder, Wagner und Siegel, Kdtasp.
Grileh, Stbsfldw. Franek und Zgsfr. Kokol.
8. Komp. Lt. Panosch (später Lt. Edelhauser, Direder und Petek); Zgskmdten.
Lt. Edelhauser, Petek, Direder, Fhr. Darnhofer, Stbsfldw. Pogatsch-
nig und Fldw. Kopp.
MGA. II: Hptm. Siegel (später Lt. Dewaty); Zgskmdten. Lt. Dewaty, Fhr.
Rizzi und Stbsfldw. Baumgartner.
III. Baon.: Kmdt. Obstlt. Millanich (später Hptm. Hermann); Adj. Krögler, Ob.-Arzt
Dr. Racity und San.-Fhr. 3agl.
9. Komp. Lt. Czapla (später Lt. Gselmann, Thalhammer und 3osef Fiala):
Zgskmdten. Lt. Szczepanek, Fhr. Wrany, Meindlhuber und Nowak,
Kdtasp. Gruber und Gercko, Fldw. Hauser und Rosenberger, Zgsfr.
Pölzl und Dunkl.
10. Komp. Oblt. Skok (später Lt. Kettler und Lt. Maiwald); Zgskmdten. Lt.
Gselmann, Fhr. Böhm, Oberhammer und Mayer, Kdtasp. Chiapo
und Einj.-Freiw. Tit.-Fldw. Heriä.
11. Komp. Oblt. Savageri (später Lt. Breuer); Zgskmdten. Lt. Breuer, Fhr.
Hartnagel und Friedl, Kdt. Maurer, Kdtasp. Balaäek und Fldw.
Schwengerer.
12
-
12. Komp. Lt. Ferner (später Lt. Kettler, Marinko und tzptm. Strohschneider)»
Zgskmdten. Lt. Kettler, Fhr. Konrad, Voglsang» Kohlhofer, Kdt.
Stoiser und Kulankh, Stbsfldw. Eingang, Fldw. Redwed und öohann
Rudolf.
MGA. III: Oblt. Hoschek; Zgskmdten. Lt. Breindl und Offzsstv. Schehl.
Zagdkmdo.: Kmdt. Lt. Kubiczek (später Lt. Kleinrath» Thalhammer und Fhr.
I.-Gesch.-Zug: Kmdt. Fhr. Schweh.
5. Das Regiment im Sterzinger Lager und auf Cima di Bezzena.
Der Aufenthalt im Kantonierungsraum in und um Billanzano erstreckte
sich bis 29. April. Am 24. April las Feldkurat Dr. Josef Steiner die letzte
Feldmesse vor dem Angriff. Das II. Baon und die Pionabt. waren schon Anfang
April ins Sterzinger Lager abgegangen. Dieses war nach den Sterzinger Lan-
desschützen benannt, die hier in mehrmonatigem Stellungskampf den Gegner
ausgehalten hatten. Am 29. April folgte der Rgtsstab mit dem III. Baon und
dem Alpindetachement. Der Marsch auf der durch Tunnels, über Brücken und
überhängende Felsen mit steilen Abstürzen kühn führenden Straße ging
über Vigolo-Vattaro, Carbonare, Bertoldi, Mte. Rover ins Sterzinger Lager
am Westhang der Cima di Bezzena (nächst Kote 1047 und östl. Mte. Rover).
Das Rgt. traf nach zweitägigem, anstrengendem Marsche dort ein und wurde
in Hütten aus Tannenreisig und einigen Baracken untergebracht. Aus dem
Tale schimmerten weiß blühende Obstbäume herauf, die sich aus dem fproffen-
den Grün der üppigen Vegetation des fruchtbaren Bodens stimmungsvoll ab-
hoben, während die umliegenden Gipfel noch in schneeiger Pracht glitzerten.
Das II. Baon hatte bereits Stützpunkte am Hang der Cima di Bezzena inne,
die zu einer regelrechten Stellung ausgebaut werden sollten, um beim beabsich-
tigten Angriff den Truppen das Sammeln und die Aufklärungstätigkeit zu
erleichtern. Zur rascheren Fortsetzung dieser Arbeiten löste am 2. Mai das
III. Baon das II. durch die Besetzung der Stützpunkte 81—59 (mit 1 Komp, und
2 Mg.) teilweise ab, während das II. Baon die Stützpunkte 49, 60 und 50a mit
Pint er)) Zgskmdten. Lt. Kleinrath, Fhr. Scholz, Kdt. Oberegger und
Fldw. Trojer.
einer Lialbkanin. und 2 Mlk fipfpfet bielt sfinp @nmn des TTL Raans stand als
Aus je 80 Schritte folgen zwei Mann Verbindung so lange, bis die ersten Leute
die dem Waldrand vorgelagerte kleine Höhe erreicht haben. Nun bleibt alles
unbeweglich stehen, nach allen Seiten spähend und lauschend. Stille ringsum,
nur in der Ferne grollt der Donner der Geschütze. Die vordersten Späher geben
das Zeichen: „Frei". Einzeln abgefallen, mit 20 Schritten Distanz, überquert
nun der Rest der Abteilung die Lichtung des eingesehenen Vorfeldes. In 20 M-
nuten sind sie an die Späher heran. Nun heißt es in den unsichtigen Wald ein-
dringen. Voran die Zugs- und Schwarmkmdten, gehen die Abteilungen, eine
Kette neuer Späher vorsendend, strahlenförmig auseinander. Auf der Lichtung
liegt noch Dämmerlicht, während es im Wald bereits finstert. Zwischen einzelnen
Baumgruppen liegen größere Schneemassen, über die man im Dunkel stolpert.
Auf den schneefreien Stellen liegen Zweige und Äste, die unter den Genagelten
verräterisch knacken. Jeder müht sich, durch Vorwärtstasten mit den Füßen
Geräusche zu vermeiden. Trotz der kalten Nacht wird es allen gehörig warm.
Nach je 50 Schritten wird gehalten, gespäht und gelauscht. Nichts rührt sich, nur
aus der Hptstellung auf Cima di Vezzena klingt hie und da ein Husten herüber.
Man merkt nun erst, wie weit ein Husten in der Stille der Nacht hörbar
ist und zum Verräter wird. Aber wie man daran denkt, so kitzelt es einen auch
schon im Halse und man hat das Gefühl, sich räuspern zu müssen und gelte es
das Leben. Man preßt die Hand vor den Mund, saugt gierig Luft durch die
Nase, um des Hustenreizes Herr zu werden, und hat augenblicklich nur den
einen Wunsch aus Erden, kräftig husten zu dürfen. Endlich ist der Aufstellungs-
platz der Feldwachen erreicht.
Vedetten, das sind Horchposten, werden vorgeschoben, woraus von der Feld-
wache aus die Verbindung nach allen Seiten aufgenommen wird. Es ist 21 Uhr.
Bis 3 Uhr 30 haben die Feldwachen zu bleiben und dann einzurücken. Der Rest
der Feldwachmannschaft schaufelt den Schnee zu einer Brustwehr aus und ver-
sucht möglichst geräuschlos mit Beilpicke und Spaten den Boden aufzugraben.
Trotz der unbedingt zu beobachtenden Stille und des gefrorenen Bodens bringt
hier, im Bestreben sich zu sichern, die Geduld ganz brauchbare Deckungen zu-
stande. So vertieft sind alle in die Arbeit, daß sie darüber beinahe den Krieg
vergessen. Ein Schuß aus der Richtung der rechten Feldwache macht sie wieder
zu Soldaten, spannt alle Nerven. Wer hat geschossen und warum? War es ein
welscher oder ein eigener Schuß? War es eine Warnung oder wurde der Posten
angegriffen? Fragen, die in der Finsternis augenblicklich nicht zu beantworten
sind. Picken und Schaufeln fliegen beiseite. In den eben angelegten Mulden,
tief im Schnee vergraben, liegen die Feldwachen, gespannt in die Nacht hinaus-
lauschend. Zwei Mann werden abgefertigt, um in einem Bogen nach rückwärts
die Verbindung zur nächsten Feldwache aufzunehmen und dort zu erkunden.
Huscht dort nicht etwas? Knackt es nicht dort bei den nächsten Bäumen? Die
erregte Phantasie gaukelt mit jedem Busch, mit jedem vom Baum fallenden
14
Schneeklumpen Feinde vor. Endlos scheint es, bis die Verbindungspatrouille
zurückkommt und meldet: „Ein sdl. Späher war vorgegangen. Der eigene Posten,
gut hinter einem Baumstrunk gedeckt, ließ ihn bis aus wenige Schritte heran-
kommen. Dann sprang er vor, stach und feuerte zugleich. Die sterblichen Über-
reste wird die Feldwache zur Beerdigung bei der Ablösung mitnehmen."
Einzeln beginnt da und dort ein Vöglein sein Lied zu pfeifen. Langsam
graut der junge Tag. Die letzte halbe Stunde scheint länger zu dauern als die
ganze Nacht. Endlich ist es 3 Uhr 30. Einzeln abgefallen, erst still und vorsichtig,
dann schneller und gerade aus das Ziel lossteuernd, erreichen um 4 Uhr die
Feldwachen die eigene Stellung. Jetzt, wo die Aufregung fehlt, stellt sich doppelt
stark die Müdigkeit ein. Noch eine langentbehrte Zigarette, einige Schluck vom
erwarteten heißen Rumtee, dann geht es hinein in den Unterstand und auf
die mit Tannenreisig bedeckte Pritsche zur ersehnten Ruhe. Nach einigen Tagen
ist die Feldwachenstellung derart ausgebaut, daß man, ohne Überraschungen
befürchten zu müssen, die Feldwachen auch während des Tages in den Feld-
wachstellungen belassen kann.
Vom Gegner eingesehen und besonders aus den Kavernbatterien aus der
Leve-Spitze ständig unter Feuer gehalten, konnten die Arbeiten in der Hptstel-
lung nur nachts und bei unsichtigem Wetter fortschreiten. Aber auch da mußten
sie immer wieder eingestellt werden, da die sdl. Scheinwerfer von der Leve-
Spitze das Gelände ununterbrochen ableuchteten. Fortgesetzt suchten bei sichtigem
Wetter die ital. Flieger Einblick in die österr. Stellungen zu gewinnen, um
das Art.-Feuer gegen erkannte Ziele zu leiten.
Am 22. April übernahm Obst. Ellison das 43. L.I.Brigkmdo. von Obst.
Merten. Der Brigadier und der Rgtskmdt. Obstl. T e n n e r begaben sich fast
täglich in die Stützpunkte, um mit allen Unterkmdten die Durchführung des An-
griffes im Detail zu besprechen. Inzwischen waren die im Sterzinger- und Cima-
Lager verbliebenen Teile des Rgts. vollauf damit beschäftigt, die Lager-, Stra-
ßen- und Seilbahnarbeiten zu vollenden und Mun. für die Art. in Stellung
zu schleppen.
Am 4. Mai wurde das I. Baon nach Balsorda, am 8. Mai das XVII. Ma.-
Baon nach Pante nachgezogen. Am 9. Mai unternahm Lt. Thalhammer
mit 1 UO. und 9 Mann des Alpinedetachements eine Rekognoszierung der
Barco-Schlucht, um festzustellen, ob ein Angriff auf die Levespitze von der
Nordseite möglich sei. Alle Versuche, den schroffen Nordabsturz im Rücken der
Leve-Spitze zu erklimmen, erwiesen sich jedoch als unmöglich.
Aber auch der Fd. war nicht untätig geblieben. Ununterbrochen verstärkte
er seine 2 Meter hohen, mehrreihigen Hindernisse und Verteidigungsanlagen,
sprengte Stollen und Verbindungsgräben aus und suchte, unterstützt durch seine
wachsame Art., unsere Vorbereitungen zu stören. Sein Verteidigungssystem,
dessen vorderste Linie sich von Kote 1938 über die Levespitze entlang des Mareai-
15
Rückens gegen den Ort Vezzena zog, lag nach französischem Muster rund 100
Schritte hinter den Drahthindernissen und war von der österr. Seite meist nicht
sichtbar. Aus den Stellungen führten unterirdische Laufgräben zu betonierten
Beobachtungsnischen, die teilweise mit MG. armiert waren. Dieser Anlage lag
die Annahme zugrunde, daß jeder Angriff durch solche starke Hindernisse so
lange aufgehalten werde, bis er im bestreichenden Abwehrfeuer zusammen-
brechen müsse. In der östl. Fortsetzung der Leve-Spitze erhebt sich, von dieser
durch eine flache Mulde getrennt, der 2050 Meter hohe Manderiolo, an dessen
südl. Abdachung eine zweite Verteidigungszone lag. Weiter östl. über dem
2030 Meter hohen Paradiso erheben sich die mächtigen Steilhänge des Kempel
mit den Werken CM. Portule und Mte. Meata. Am 10. Mai steigerte die
sdl. Art. ihr Feuer zu besonderer Heftigkeit und unterhielt es auch in den
folgenden Tagen weit lebhafter als bisher.
6. Bor dem Angriff.
(Hiezu Beilagen 41, 42 und 43.)
Mühsam waren am 15. Mai alle Vorbereitungen beendet. Nebst dem Ausbau
der Ausgangsstellung waren Kochstellen, Sammel- und Hilfsplätze errichtet, Res.-
Vorräte an Nahrung und Mun. für den Fall eines Sperrfeuers aufgestapelt,
Schlitten, Schaufeln, Krampen und Sprengmaterial bereitgestellt. Auch für den
Wasserbedarf waren die entsprechenden Vorsorgen getroffen. Am 15. Mai um
5 Uhr fiel beim XX. Kps., Thronfolgerkorps genannt, der erste Schuß der
Offensive. Das III. Kps. (zwischen dem Steilabfalle zum Astico-Tal und dem
Steilrande gegen die Val Sugana und zwar 22. L.J.T.D. nördl., 28. I.T.D.
südl. der Linie Basson di Sopra, Brusolade, Mlga. Lungolaita, Mte. Verena
eingesetzt), hatte erst dann anzugreifen, bis die südl. des UI. Kps. vorgehenden
eigenen Kräfte entsprechend Raum gewonnen hatten. Der Gegner beantwortete
den Angrifssbeginn des Thronfolgers im eig. Abschnitt mit einem heftigen
Art.-Feuer, das unsere Art. insbesondere gegen Leve-Spitze, Marcai-Rücken und
Costesin kräftig erwiderte. Hiebei zeichnete sich besonders die GKBt. 3/9 aus, die
seit 7. August 1915 mit einem, seit 20. März 1916 mit allen 4 Geschützen aus
der sturmumbrausten, über 1900 Meter hohen Vezzena-Spitze Stellung genom-
men und unter der bewährten Leitung des vielfach belobten und dekorierten
Oblt. R o s f i bis nun alle Angriffsversuche der Italiener im Keime erstickt hatte.
Unter diesem Feuerschutze versuchte das UI. Baon, Patrouillen der Piom-
Abt. des Oblt. Wurtinger zur Sprengung der fdl. Hindernisse gegen die Leve-
Spitze vorzusenden, doch scheiterte die Absicht am heftigen Abwehrfeuer der
fdl. MG. Mit Einbruch der Abenddämmerung besetzten das U. und III. Baon
die in die seinerzeitige Feldwachenlinie vorgeschobenen Stützpunkte mit je einer
16
Blick vom Bacarrücken gegen Bezzena nach Erstürmung durch Lir. 3 am 21. Mai 1916.
tr' '
——————————————————————
Komp, und einem MG. Um 20 Uhr versuchten beide Baone neuerlich mit Spreng-
latten versehene Ins.- und Pion.-Patrouillen zur Zerstörung der Hindernisse
vorzuschieben. Die eig. Art. hatte in dieser Zeit eine Feuerpause einzuschalten.
Durch den Irrgarten der eig. Hindernisse stapften die Patrouillen bei spärlichem
Mondlicht in den Schnee hinaus. Aus 80 Schritte sind sie, durch die Schnee-
mäntel getarnt, dem Auge entschwunden. Vorsichtig kriechen sie den Felsrand
entlang, decken sich hinter umherliegenden Stämmen, Steinblöcken und Schnee-
haufen des gelichteten Vorfeldes. Langsam, jedes Geräusch vermeidend, geht es
durch den schütteren Wald. Noch ein Ruck vorwärts, dann sind sie so nahe, daß
sie nur mehr mühsam kriechend, immer den Schnee vor sich abtastend, sich
vorwärts zu bewegen vermögen. Im Schneckentempo kommen sie an das Hinder-
nis heran. Die erste Drahtlinie ist ein leichtes, nur aus einigen Drähten bestehen-
des, mit Alarmglocken behängtes Hindernis. In der Stille der Nacht knacken
die Drahtscheren. Schon ist im ersten Hindernis ein schmaler Eingang erschlossen.
Als die Sprengpatrouille herankommt, findet sie ihre Späher schon vor dem
dichten, tiefen, trotz des eig. Art.-Feuers noch wohlerhaltenen Hindernis. Ein
vogelähnlicher Warnungspsisf und wenige Schritte vor der Patrouille springt
ein Alpini aus seinem Beobachtungsstand, flüchtet und verliert in der Eile seinen
Hut. Rasch wird die Sprengladung zurecht gerichtet und an einer empfindlichen
Stelle des Hindernisses angelegt. Da pfeifen schon des aufgeschreckten Feindes
Geschosse herüber, schnalzen die MG., setzt die Art. mit einem wütenden Abwehr-
feuer ein, als gelte es, ganze Regimenter zu vernichten. Die Situation für die
Patrouille wird umso gefahrvoller, als nun auch unsere Art. und Inst, das
Feuer eröffnet. Trotzdem weichen die Braven nicht eher, als bis sie ihre Spreng-
ladungen gelegt und die Zündschnüre in Brand gesetzt haben. Ja, ein besonders
Neugieriger holt sich trotz des mörderischen Feuers auch noch den Alpinihut
zum Angedenken. Von diesen Braven zeichneten sich u. a. Korpl. Wuth, Korpl.
Friesinger und Gest. Joses Schmidt besonders aus. Mit 2 Toten und
7 Verwundeten rückte die Patrouille ein.
Am 16. Mai trifft das I. Baon im Sterzinger Lager ein. Dieser Tag und
der nächste vergehen in normaler Kampftätigkeit. Die eig. Art. wirkt besonders
lebhaft gegen die Leve-Spitze. Am 17. Mai wird mit den Kmdten noch einmal
baonsweife der Angriff genau durchbesprochen. Am 18. Mai gehen neuerlich
Pionier- und Sappeurpatrouillen gegen das fdl. Hindernis nächst Kote 1732
vor und führen eine gelungene Sprengung durch. Bis zum 19. hatte das Thron-
solgerkps. durch die Einnahme des Mte. Coston, Campomolon, Mte. Toraro,
der Tonerra-Spitze, des Pasto della Vena und Mte. Melignone bereits Raum
gewonnen. Auch nördl. des Rgts. im Bal Sugana wurden auf dem Plateau
von Selo die Italiener geschlagen. Osfz. und Mannschaften standen aus den Aus-
sichtspunkten des Lagers und sahen, wie die erst blendend weiß schimmernden
Bergkuppen in kurzer Zeit rußgeschwärzt in einer Wolke von Sprenggasen
2
17
und Rauch verschwanden. Unter dem unmittelbaren Eindrücke dieses Kampfes
stehend, der sich in seiner ganzen Schauerlichkeit wenige Kilometer in südwestl.
Richtung abspielte, wartete man ungeduldig, doch siegessicher auf den Befehl
zum eig. Angriff.
7. Die Erstürmung der Levespitze.
(Hiezu Beilagen 41, 43 und 44.)
Im Sinne des Befehles der 22. L.I.T.D. Op. Nr. 132 hatten anzugreifen:
1. Gruppe Obst. Lexa mit J.R. 11 und 1/4 Sappeurkomp. 5/3 im Raume
anschließend an die 28. I.T.D. bis zur Linie vom Werk Werle — 350 Schritt
nördl. Marcai di Sotto—Mga. Costa di Sopra (ausschließlich) halbwegs zwischen
Cra Giaubo und Cra Campo Manderiolo—Cra Dasso di Sopra (ausschließlich).
Nächste Ausgabe: Eheste Besitznahme des Marcai-Rückens, daher hier Haupt-
kraft ansetzen.
2. Gruppe Obst. v. E l l i s o n (Rgtsstab), I. (ohne 1. Komp.), II. und IV. Baon
J.R. 73, L.I.R. 3, 3/4 Sappeurkomp. 6/3, anschließend bis zum Steilrande des
Val Sugana. Nächste Aufgabe: Eheste Besitznahme der Cima di Leve, des Marcai-
Rückens und der Höhe 1938 nordöstl. Cima Leve.
Angriffsbeginn und Ziele für die weitere Vorrückung werden befohlen wer-
den. Die Stützpunkte in der jetzigen Front sind besetzt zu halten, bis Marcai-
Rücken und Costesin-Rücken verläßlich im eigenen Besitz sind.
In der Nacht vom 18. auf den 19. Mai standen in den vorgeschobenen Stütz-
punkten rechts die 1. (Adametz), links die 3. Komp. (Kris). Während die
eig. Art. den Fd. niederhielt, schlichen Pion.- und Sappeurpartien, begleitet von
Inft.-Patrouillen, in der Zeit von 21 bis 23 Uhr abermals an die fdl. Drähte,
um mit ihren Sprengrohren eine Bresche in die Haupthindernisanlage des Fds.
zu legen. Umtost von den Einschlägen der eig. und fdl. Art., umpfiffen von dem
nervösen Abwehrfeuer der fdl. Gewehre, lösten sie ihre Ausgabe mit Erfolg.
Unter dem Schutze des eig. Art.-Feuers, das mit Tagesanbruch an Heftigkeit
zugenommen hatte, stand das Rgt. ab 14 Uhr des 19. Mai marschbereit. Um
14 Uhr 10 befahl das Brigkmdo., da die Räumung der vorderen Fdstellungen
nicht unwahrscheinlich schien, eine Komp, des II. Baons zur gewaltsamen Reko-
gnoszierung gegen diese. Diesem Befehl entsprechend, geht die 5. Komp. (S chal-
I y), während die Art. ihr Feuer nach rückwärts verlegt, aus ihrem vorgeschobe-
nen Stützpunkt gegen den Fd. Die erste Linie in Schwärme und Gruppen auf-
gelöst, je einen Zug Res. hinter den Flügeln, stapft die Komp, in den schütteren
Wald hinaus. Eine besondere Erregung hält alle gefangen. Um 15 Uhr ist der
Boseo-Rand (schütterer Waldbestand), etwa 300 Schritte vom Marcai-Rücken
entfernt, erreicht. In einer Stunde haben sie kaum 1000 Schritt zurückgelegt.
Knapp 100 Schritt vor ihnen liegen die ersten fdl. Hindernisse. Jede Bodenwelle,
18
jeden Sprengtrichter ausnützend, immer wieder Deckung suchend, kriechen die
Späher von Haltpunkt zu Haltpunkt vor, während die Komp, am Waldrande
bereitsteht, augenblicklich nachzubrechen. Eine Glocke ertönt, Leuchtraketen stei-
gen hoch, Alarmschüsse fallen und nun setzt der Fd. die ganze Hölle seiner
Abwehrmittel in Bewegung und legt ein überwältigendes Sperrfeuer vor seine
Hindernisse. Das heftige Abwehrfeuer des Fds. beweist, daß seine Gräben dicht
besetzt sind. Das Brigkmdo. befiehlt der 5. Komp., die gewonnene Linie zu
halten; doch sind im konzentrischen Feuer des Gegners in kurzer Zeit die
Verluste zu groß, um hier ausharren zu können. Unter Mitnahme der Verwun-
deten, worunter sich auch Lt. Kopetzky und Kdt. T i p p n e r befinden, geht
die Komp, in ihren Stützpunkt zurück.
Ab 15 Uhr brechen die im Anschluß rechts befindlichen Regimenter J.R. 73
und 11, nachdem die fdl. Stellungen an der Vezzena-Straße sturmreif getrom-
melt schienen, gegen diese vor. Um 16 Uhr trifft der Befehl des Brigkmdos ein,
daß die Bereitstellung des Rgts. mit seinen letzten Teilen um 20 Uhr vollendet
zu sein hat. Allen voran habe die Höhengruppe unter Kmdo. des Obstlt. M i l-
l a n i ch Angriffsbereitschaft anzunehmen. Das Rgt. stellte sich, wie folgt, bereit:
III. Baon mit M.G.A., Inft.Gesch.Abt. (I.G.A.), halbe Sappeurkomp. 5/3 und
zwei Flammenwerfer unter Kmdo. des Obstl. M i l l a n i ch als eine dem Brig-
kmdo. direkt unterstellte Befehlsgruppe, teils in der Verschneidung nordöstl 1655,
teils in der im Baons-Rayon gelegenen vorgeschobenen Stellung. Die Gruppe
benützt zum Herausbrechen aus der bisherigen Stellung auf Cima di Vezzena
den Laufgraben bei 53 und 58. Ihr Angriffsziel ist die Leve-Spitze.
U. Baon unter Kmdo. des Obstl. S ch n e w e i ß verschiebt sich durch den
Laufgraben vom Stützpunkt 50 in den Sammelraum Bosco Baragna, sucht
Anschluß an das III. Baon und formiert die Kompn., je nach dem Eintreffen
dem Terrain anpassend, westl. und südl. des III. Baons.
I. Baon unter Kmdo. des Obstl. Reinhold sammelt sich in den vorge-
bauten Stellungen im Anschluß links an das II. Baon in Bosco Baragna.
Aufgabe für II. und I. Baon: Marcai-Rücken zu nehmen, nach Erreichung
denselben festzuhalten und weitere Befehle abzuwarten. Direktion das II. Baon.
1. und 5. Komp, unter Kmdo. des Hptm. S ch a I l y Rgtsres. hinter dem
linken Flügel des II. Baons. Zwei MG. des II. Baons unter Kmdo. des Hptm.
Siegel bezogen in den bereits ausgebauten Mg.-Ständen vor dem linken
Flügel der vorgeschobenen Stellung Lauerstellung, um während der Vorrückung
der Ins. aus der Niederung den Marcai-Rücken und die Leve-Spitze unter
Feuer zu halten. Die gleiche Ausgabe hatten die Minenwerfer. Beide Abtlg.
hatten bei weiterer Vorrückung in der Richtung aus Kote 1732 zu folgen. Unter-
dessen schütteten die eig. Btn., vor allem die aufmerksame GKBt. 3/9 Oblt.
Ro s s i s, dessen vorzüglicher Aufklärer Lt. B e r n e r t sich in unseren vordersten
Gräben befand, ihr Feuer über die fdl. Stellungen.
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Um 19 Uhr 45 meldete die 6. Komp. (P o kr o r n y), welche die 6. in der
vorgeschobenen Stellung abgelöst hatte, starke Bewegung beim Fd. und heftiges
Flankenfeuer von der Leve-Spitze, ferner, daß der Angriff der 13. und 15. Komp.
I.R. 73 nicht durchgedrungen fei. Ebenso meldete eine Patrouille des UI. Baons,
daß der Fd. auf der Leve-Spitze nicht erschüttert, das fdl. Drahthindernis trotz
der neuerlichen Beschießung durch die Art. nicht zerstört sei.
Am 20. Mai um 1 Uhr 15 trifft folgender Befehl des Brigkmdos. ein:
„Um 6 Uhr fetzt Inf. den Angriff an. In der Nacht wird die Art. Leve-Spitze
und Marcai-Rücken beschießen und ab 5 Uhr Massenfeuer aus die gegnerischen
Stellungen abgeben, nach 6 Uhr im Raume dahinter. Nachtsüber haben die
Angriffsgruppen zu ruhen. Die Kette der vorgeschobenen Sicherungspatrouillen
hat ein Zusammentreffen mit dem Fd. zu vermeiden und um 5 Uhr so weit
zurückgenommen zu fein, daß sie dem eig. Art.-Feuer entzogen ist. Nach Errei-
chen des Marcai-Rückens ist ein Detachement zur Verbindung und Aufklärung
vorzuschicken und sind die Verbände zu ordnen. Die weitere Vorrückung aus
der Linie Kote 1938—Marcai-Rücken wird befohlen."
Mit dem ersten Tageslicht nahm das eig. Art.-Feuer an Heftigkeit immer
mehr zu und erzielte insbesondere gegen die Leve-Spitze einige Volltreffer. Von
der Leve-Spitze dringt deutlich das Stöhnen und Jammern der getroffenen
Italiener herüber. Der kommenden Ereignisse harrend, stand das Rgt. in der
Ausgangsstellung bereit. Die tiefe Stille wurde nur durch die singenden Morse-
zeichen der Telephonapparate durchbrochen, die, von ihren Kmdten mustergültig
angelegt, Verbindung hielten, Wahrnehmungen beim Gegner meldeten, Befehle
empfingen und Weisungen gaben. Die Nacht schien endlos zu dauern. Jeder
Laut, jeder Lichtschein mußte vermieden werden. Kalt baumelte die geliebte
Pfeife im Mundwinkel, kalt und frostig war die Nacht. Niemand hatte Bedürf-
nis und Lust zu schlafen. Seit Wochen darauf vorbereitet, konnte man den
Augenblick des Losgehens kaum erwarten. Langsam zitterte endlich das erste
Licht über die Flächen füöl. der Leve-Spitze, glitzerte, an Helle zunehmend, über
die weißen Schneeflächen des Marcai-Rückens und warf rotgoldene Sonnen-
flecke auf die umliegenden Gipfel. Ein entscheidender Tag war angebrochen.
Um 5 Uhr 40 traf beim Rgtskmdo. ein zweiter Befehl der Brig. ein, daß
der Angriff wahrscheinlich bis 7 Uhr verschoben werde, da erst bis dahin die
rechts an das Rgt. anschließende Gruppe Raum gewonnen haben dürfte.
Indessen hatten aber die Angriffsgruppen des Regimentes, im Sinne des
ersten Befehles um 6 Uhr anzugreifen, bereits Spreng- und Aufklärungspatrouil-
len vorgeschoben. Die schneidige Patrouille des IU. Baons erreichte die fdl. Draht-
hindernisse und schlug, unbekümmert um das tobende Art.-Feuer, mitten unter den
Sprengfontainen der einschlagenden Geschosse eine Bresche in die Hinderniszone.
Als der Fd. dieser geräuschvollen Tätigkeit keinerlei Abwehr entgegensetzte, ent-
schloß sich der unternehmungslustige Kmdt., einen Einbruch in die feindl. Stellung
20
zu versuchen. Obstl. M i l I a n i ch, der mit Rücksicht aus das schwer zu über-
windende Terrain die Rucksacke ablegen ließ, hatte den Patrouillen stärkere
Detachements nachgeschoben, denen das Baon folgte. Noch ehe unser Art.-Feuer
nach rückwärts verlegt wurde, bahnte sich die vorgeschobene Patrouille eine
Gasse durch das seindl. Hindernis und erreichte den Grabenrand der betonierten
Stellung. Von oben glotzten stumm und hohläugig die drei Kavernlöcher der
ital. Leve-Bt. herunter, der Kampsgraben schien leer. Gehobenen Mutes gaben
die Wackeren Zeichen, Winke und Ruse nach rückwärts, um die nachfolgenden
Detachements zur höchsten Eile anzuspornen. Dann stürzte die mutige kleine
Schar, die Handgranaten zum Wurfe bereit, in die sdl. Gräben, um den irgend-
wo verkrochenen Fd. auszuräuchern. Gleichzeitig mit der Meldung, daß die
Stellung vom Fde. frei sei, langte bei Obstl. M i l l a n i ch auch der den Angriff
auf 7 Uhr verschiebende Befehl der Brig. ein. Mittlerweile hatten aber die
Kompn. die Vorrückung begonnen, die 10. (Skok) und 11. Komp. (Sava-
g e r i) in erster Linie, die 9. (Czapl a) und 12. (Ferne r) in zweiter Linie.
Die erste Linie war bereits am halben Hang, das Verbindungsdetachements
knapp vor ihr, als von rückwärts der Befehl kam, halt zu machen und am
Hang liegen zu bleiben. In der Erwägung, daß in dieser Situation nur selb-
ständiges Handeln Gewinn ohne Opfer bringen könnte, beschlossen die beiden
Komp.-Kmdtn., Oblt. Skok und Oblt. Savageri, aus eig. Verantwortung
den Angriff fortzusetzen. Vorwärts stürmte das Baon, so gut es die schweren
Terrainverhältnisse gestatteten, soweit es Herz und Lunge ertrugen. Ehe ein
Befehl die Art. erreichen konnte, hatte ihr aufmerksamer Beobachter, die Bewe-
gung des Baons verfolgend, das Feuer der Btn. bereits verlegt. AIs die Auf-
klärungspatrouille, die wenigen Mann der ital. Sicherheitsbesatzung vor sich
hertreibend, den jenseitigen Grabenrand des fdl. Stellungssystems erreicht hatte,
sah sie die Besatzung, die während unseres auf die Leve-Spitze gerichteten Art.-
Feuers zurückgenommen war, sich in den Laufgräben wieder der Stellung
nähern. Bange Minuten vergehen. Ehe unsere Abtn. sich durch die schmale
Gasse in der tiefen Hinderniszone durchzuarbeiten vermochten, halten die weni-
gen Gewehre der Patrouille nicht nur der fdl. Sicherheitsbesatzung stand,
sondern zielsicher auch den in den Laufgräben nach vorwärts drängen-
den fdl. Abtln. Zum Glück begingen die Italiener den Fehler, das Feuer auf
die schwache Patrouille zu eröffnen, statt eiligst loszustürmen. Dadurch verloren
sie so viel Zeit, daß sowohl die 11. als auch rechts anschließend die 10. Komp,
und die M.G.A. des Oblt. H o s ch e k noch rechtzeitig eingreifen konnten. In
den Laufgräben zusammengedrängt, bot der Fd. ein dichtes Ziel. Unser Gewehr-
feuer bringt die Vordersten zum Sturze, während die Geschoßreihen der MG.,
die Vormeister FIdw. Leder Haas geschickt leitet, klaffende Lücken in die
Folgenden reißen und Panik erzeugen. Ein wirrer Knäuel entsteht, den unsere
Geschosse zerhämmern. Nur in einem gedeckten Laufgraben, am Fuße des
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Cima Leve, HM noch eine Komp. Italiener stand. Lt. Kettler und die
ihm zunächst befindlichen Leute durchbrechen, nachdem sie mehrere wohlgezielte
Handgranaten in die fdl. Stellung geworfen hatten, die fdl. Sandsackmauer.
Nach kurzer Gegenwehr gibt sich der Fd. gefangen. Nun flüchten alle schreiend
und klagend zurück. Da kriechen aus einem Kavernloch 14 Italiener, welche
die Ausgabe hatten, unsere eingebrochenen Reihen von rückwärts mit Hand-
granaten zu überfallen. Sie machen keine Kämpfermiene und erheben die
Hände. Ihnen folgen noch 400 Italiener, die sich mit dem Ausruf „Eviva,
Austria!" ergeben. Um 6 Uhr 35 ist die Leve-Spitze genommen. Ein Kavern-
geschütz, größere Mengen Art.- und Inf.-Mun. und ein Scheinwerfer sind erbeu-
tet, über 400 Gefangene werden abgeführt. Das III. Baon, am linken Flügel
des Kps. eingeteilt, hatte durch sein selbständiges Vorgehen nicht nur seine
Aufgabe glänzend gelöst und einen großen moralischen Erfolg errungen, son-
dern auch das Glück, als erstes in die fdl. Stellung einzudringen und den
dominierenden, äußerst stark ausgebauten Schulterpunkt des Fds., der durch
seine Lage den ganzen Marcar-Rücken flankieren konnte, fast verlustlos zu
nehmen. Dadurch war für die eig. Art.-Beobachtung ein wertvoller Punkt ge-
wonnen, der Einblick in die fdl. Stellungen gestattete. Während sich das Baon
Millanich in der eroberten Stellung einrichtete und alle Vorsorgen traf,
um dem sicher zu erwartenden Gegenangriff des Fds. begegnen zu können,
setzte Fhr. Hartnagel mit seinem Zuge dem fliehenden Fd. nach. In der
Verteidigungszone der 2. Stellung des Fds., nächst Kote 1795, geriet er mit der
Besatzung und dem geflohenen Gegner in ein erbittertes Handgemenge. Wie
Löwen versuchten Hartnagel und die Seinen, auch dieser Übermacht Herr
zu werden. Der Todesmutige fand mit 12 Mann seiner Braven den Heldentod.
Die Goldene Tapferkeitsmedaille schmückte nur mehr die Brust eines Toten.
Wie beim III. Baon waren auch vor der Front des II. und I. bereits vor
6 Uhr mehrere Pionpatrouillen der Abt. Oblt. Wurtinger tätig, die fdl.
Hindernisse zu zerstören. Hier hatte der Gegner stabartigen Draht verwendet,
den die Drahtscheren nicht zu durchschneiden vermochten. In ständiger Lebens-
gefahr, unter größten Mühen und Anstrengungen versuchten die Wackeren den-
noch, durch Sprengen der Stützpfeiler der tiefen Hinderniszone beizukommen.
Zgfr. Haas mit 4 Rgtspionieren gelang es, durch geschickte Ausnützung des
Geländes und durch vorsichtiges Heranschleichen unbemerkt an die Hindernisse
zu gelangen. Fachmännisch in aller Ruhe die erste Ladung angelegt, flog gar
bald ein Teil der vordersten Reihe des fdl. Hindernisses im weiten Bogen aus-
einander. Die Italiener, welche die Sprengdetonation für ein einschlagendes
schweres Art.-Geschoß hielten, suchten sich in ihren Unterständen zu decken. So
gelang es der Patrouille Haas, ungehindert an das zweite, etwa 16 Schritte
entfernte leichtere, doch dichtere Hindernis heranzukommen. Wieselflink wurde
eine neue Ladung eingeschoben, gesprengt und schon arbeiteten die Drahtscheren
22
1
daran, einen Weg zu bahnen. In dem Augenblicke, als Haas auch in dieses
Hindernis eine 10 Meter breite Gaffe gerissen hatte, wurde die Patrouille vom
sdl. Beobachtungsposten entdeckt. Im ital. Graben würde es lebendig. Unter
aufgeregtem Schreien prasselte ein Geschoßhagel herüber. Aber schon lagen
Haas und seine wackeren Helfer in einer flachen Mulde und ließen die Geschoß-
garben über sich hinwegsausen. Ein Weilchen lagen sie so, platt an den Boden
gedrückt, dann bröckelte das fdl. Feuer wieder ab. Der Gegner hatte sich, in
der Annahme, den Störenfried durch seine Geschosse verjagt zu haben, neuerlich
zum Schutze gegen das österr. Art.-Feuer in feine Unterstände zurückgezogen,
lediglich eine verstärkte Beobachtung zurücklassend. Der schneidige Haas und
seine gleichgesinnten Leute wollten ganze Arbeit verrichten. Vorsichtig krochen
sie nun dem dritten Hindernisse zu. Dieses lag tiefer, etwa noch 30 Schritte
entfernt und ging südl. über eine kleine Bodenerhebung, die aus der sdl. Seite
zu einem Unterstände geschickt ausgenützt war. Dieser Unterschlupf, der etwa
80 Schritte entfernt lag, barg sdl. Inf., betreut von Beobachtungsposten. Ruck
um Ruck schob sich die Patrouille mit aller Vorsicht, um nicht neuerlich entdeckt
zu werden, an das Hindernis heran. Geräuschlos wurde die Sprengladung in
den Dienst gestellt, die Brandschnur entzündet und, da zum Zurückkriechen aus
dem Sprengraum keine Zeit mehr war, mit glatt an dem Boden liegenden Kör-
per der Erfolg abgewartet. Ein mächtiger Krach, eine pechschwarze Rauchsäule
bäumte sich auf, aus der die Trümmer des Hindernisses nach allen Seiten
flogen. Der fdl. Posten neben dem Unterstände schrie und läutete zugleich Sturm.
Aus dieser Deckung, die den Eingang in eine Kaverne bildete, drang schreiend
und gestikulierend fdl. Ins., mehr als fünfzig an der Zahl. Ohne einen Befehl
abzuwarten, gab die hinter schwachen Felsbändern gedeckt liegende Patrouille
ein Schnellfeuer auf den wirren Haufen der Italiener. Da und dort sank ein
Gegner zu Boden — jammerte — klagte — heulte und verstummte für immer.
Einige Minuten nur, dann lief der erste Mann des Fds. mit erhobenen Händen
über, ein zweiter folgte und schließlich hatte Haas 43, zum Teile auch ver-
wundete Gefangene. Der Rest lag tot um den Eingang der Kaverne. Run wurde
noch die 4. Hindernisreihe zerstört. Ein wenn auch schmaler Weg für die Erstür-
mung des Marcai-Rückens war frei. Für diese kühne, außerordentliche Tat,
wobei 5 Mann des Regimentes 43 Italiener aus der Mitte ihrer dicht besetzten
Aufstellung gefangennahmen, erhielt Zgsfh. Haas die Goldene Tapferkeits-
medaille.
8. Die Eroberung des Marcai-Rückens.
(Hiezu Beilagen 41, 43 und 44.)
Die Gruppe Tenn er stand angriffsbereit in folgender Gruppierung: das
H. Baon Schneweiß links, Direktion mit dem linken Flügel auf einen gut
sichtbaren Schneefleck, 250 Schritte füdl. Kote 1857; das 1. Baon Reinhold
23
rechts davon, Direktion mit dem rechten Flügel Kote 1732; die 1. und 5. Komp,
hinter dem linken Flügel des II. Baons als Rgtsres. Rechts im Anschlüsse an
die Tenner-Gruppe war J.R. 73.
Erst von der Leve-Spitze, später aus der Richtung Kote 1732, vernahm man
fdl. Gewehrfeuer, während die fdl. Art. gegen unsere Hauptstellung schoß.
In der Zentralstelle der Telephonleitungen jagten einander Befehle, Mel-
dungen, Mitteilungen und Anforderungen. —: „Leve-Spitze steht unter schwerem
Fdseuer. Eigenes Art.-Feuer gegen 1938 leiten!" — : „III. Baon Leve-Stellung
genommen. Fd. läuft hinter Marcai-Rücken zurück. Gruppenkmdo. wird um
Art.-Unterstützung gebeten." — : „Gesechtspatrouillen des I. und II. Baons im
Anstieg auf vorderen Marcai-Rücken." — : „Gruppe Tenner hat Angriff auf
Marcai-Rücken anzusetzen! Marcai nicht überschreiten. Weitere Vorrückung wird
befohlen. Halbe 1/73 folgt rechts diesem Angriff." — : „Art. soll Kote 1796 unter
Feuer nehmen. Fd. sammelt sich dort." — : „I. und II. Baon hat Angriffe in
befohlener Form und Direktion zu beginnen. Durchführung melden!" — : „Leb-
hafter Feuerkampf bei Costesin (28. I.T.D.)." — : „I. und II. Baon haben Vor-
rückung zum Angriff angetreten." — : „Art.-Feuerunterstützung gegen Kote 1796
dringend, überlegener Fd. schreitet gegen m. Baon zum Angriff." — : „Rgts-
Ref. hat Aufstellungsplatz erreicht und Verbindung hergestellt." — : „Fdl. Abt.
vor dem Hl. Baon zersprengt. 6 Alpini, Baon Adamello gefangen. Eigene Art.
schoß vorzüglich."
Während am Rgtsstandpunkt Depesche auf Depesche folgt, schreitet das I.
und II. Baon ruhig und entschlossen zum Angriff. Ihre vordersten Abt. brechen
in die Drahtverhaue ein, ein mächtiges Hurra erklingt in der Morgensonne.
Nach kurzer, verzweifelter Gegenwehr verläßt der Fd. seine Gräben und läuft
in die zweite Stellung am östl. Marcai-Rücken zurück. Als Obst. Ellison um
7 Uhr 40 beim Rgtsstandpunkt eintrifft, übernimmt er die Meldung, daß der
vordere Marcai-Rücken nördl. der Straße im Besitze des L.I.R. 3 ist.
Wieder surrt das Telephon, um abzugeben und aufzunehmen. An Gruppe
„Trampus" vom 43. L.I.Brigkmdo.: „Halbe I. und IV. R. 73 rechts ein-
schwenken, südlichen Marcai-Rücken angreifen!" — : „II. Baon steht auf vor-
derem Marcai-Rücken mit 7. und 8. Komp. Feuerlinie; 6. Komp. Res., Gefangene
folgen." — : „I. Baon steht mit 4. und 3. Komp, in Feuerlinie, 2. Komp, in
Res. links im Anschluß an II. Baon. Erhalte heftiges Flankenfeuer von rechts.
3. Komp, starke Verluste." — : „Bosnische Arbeiter-Abteilung zum Abtransport
der Verwundeten eingetroffen." — : „Fd. schiebt gegen Marcai-Rücken Ver-
stärkungen heran. Art. verständigen!" — : „Fd. zieht gegen Marcai-Rücken Ver-
stärkungen heran, I. und III. Baon Stellungen verstärken! Fdl. Hindernisse
vorbauen!" — : „Heftiges Flankenfeuer besonders gegen 3. Komp. Erbitte Art.-
Unterstützung." — : „Leve-Kavernen nicht verteidigbar, da Ausschuß nur gegen
West. Im Stein unmöglich, Deckungen auszuheben." — : „Rechter Flügel von
24
11
Die Beschießung des Lostesin. 3m Bordergrund eigene Schwarmlinie vor der zerstörten
ital. Stellung.
Lima di Bezzena
Leve-Spihe
Manderiolo
Ausblick vom Basson auf das Angriffsgelände des Lir. 3 am 22. Mai 1916.
3. Komp, hängt in der Luft. Was ist mit I.R. 73?" — : „Kampflinie des II. Baon
technisch verstärkt, Hindernisse vorgebaut." — : „I.R. 73 im erbitterten Kamps
um Marcai. Stellung des Fds. durch Blockhäuser, mit MG. armiert, verstärkt.
Art,- und Jnf.-Geschütze versuchen, Stellung sturmreif zu machen. Ausharren!"
— : „Flankenfeuer hat nachgelassen. Linie I. Baon gräbt sich ein." — : „Vom
n. Baon Verbindung rechts und links hergestellt. Verstärktes Feuer vom zweiten
Mareai-Rücken. Flankenfeuer vom Costesin. Kdt. Zunder verwundet." — :
„Feindl. Linien vom Costa Alta (2050) längs Kamm im Vorrücken gegen West.
Für Sicherung sorgen! HI. Baon verständigen!" — : „GM. Kochanowsky,
Kmdt. der 22. L.I.T.D., gratuliert dem Rgt. zu schönen Erfolgen und entbietet
allen herzlichste Grüße." — : „Erbitte Situation bei 73. Eigener rechter Flügel
ohne Schutz sehr gefährdet."
Indessen tobt der Kamps weiter. Der Italiener hatte die Gefahr begriffen
und ließ alle Abwehrmittel spielen, um unter ihrem Schutze einen mächtigen
Gegenangriff vorzubereiten. Durch herbeigeholte Reserven verstärkt, wehrte er
sich in seiner zweiten Linie mit aller Zähigkeit; insbesondere im Kampfraum
des I.R. 73 westlich Marcai di Sopra gelang es ihm, durch geschickt angelegte
Blockhäuser jedes weitere Vordringen zu hemmen und mit einem schwer fühl-
baren Flankenfeuer am rechten Flügel des I. Baons empfindliche Verluste zu
verursachen. Um 10 Uhr 20 nimmt die Zentrale die Meldung aus, daß sich die
3. Komp, wegen der großen Verluste nicht werde halten können und daher
um Ablösung bitte. Gleich darauf kommt von der 2. Komp, die Meldung: „Hptm.
Stomp sel gefallen. Die Art. ist hervorragend bemüht, dem Fde. Verluste
beizubringen. Insbesondere der bei der 3. Komp, befindliche Art.-Aufklärer des
schweren F.A.R. 6, Lt. K l e i n m a y r, leitet mit Geschick und Umsicht das Feuer
und entlastet so die Inf. nach Möglichkeit."
Unbekümmert um Freud und Leid spielt der Draht weiter. — : „Wie beur-
teilt III. Baon mit Rücksicht aus Art.-Wirkung weiteren Angriff?" — III. Baon
meldet: „Solange der von Kote 1938 flankierend wirkende Fd. von eig. Art.
nicht niedergekämpft wird, ist weiterer Angriff unmöglich." — : „7. Komp, und
MG. Siegel im heftigen Feuer, haben starke Verluste." — : „Eintet di Leve
unter schwerstem Feuer von Porta di Manazzo. Erbitte Art.-Unterstützung!" — :
„Ist weiterer Angriff bei I. und III. Baon durchführbar?" — : „I. Baon ohnehin
im Rückenfeuer. Vorrückung unmöglich, solange I. I.R. 73 nicht auf gleicher
Höhe." — : „Art. wird Feuer verstärken. Angriff I. und II. Baon unter-
brechen, bis I.R. 73 auf gleicher Höhe." — : „Fd. verstärkt sich nächst Kote 1795
und 1938. III. Baon steht unter starkem fdl. Feuer. I.R. 73 hat sdl. Blockhäuser
umfaßt, Angriff schreitet vorwärts. I. und II. Baon zum Angriff bereithalten!
Verläßlich Verbindung nehmen!" — : „Lt. P o k o r n y beim Gegenstoß gefallen."
— : „Starker Fd. im Vorrücken auf Costa alta und Manderiolo." — : „I. Baon
steht im verheerenden Flankenfeuer von rechts. Wenn 73 nicht bald nachkommt,
25
ist eig. Stellung unhaltbar." — : „Fd. gruppiert sich nächst 1938 scheinbar zum
Angriff auf Leve-Spitze. Erbitte Art.-Unterstützung!" — : „Hptm. Schal ly
tödlich verwundet." — : „2t. Lorenzoni hat 5. Komp, zu übernehmen!" — :
„Wir haben vorne furchtbaren Durst und Hunger, schickt uns Tee und Pims!"
Unablässig surrten die Geschosse beider Art. durch den Raum, um sich endlich
krachend und zerstörend in die Linien einzubohren. Felsblöcke, Steinriegel,
Drahthindernisse, Zäune, Aste, Bäume und Menschen wirbelten durch die Lust.
Unablässig singt der Draht seine Kriegslieder weiter. — : „3. Komp, durch Flan-
kenfeuer schwerste Verluste. J.R. 73 möge zur dringenden Entlastung angrei-
fen." — : „I. und II. Baon bisher 65 Gefangene." — : „3. Komp, erbittet 1 Komp,
am rechten Flügel als Verstärkung." — : „Art.-Feuer aus Porta di Monazzo
nimmt wieder zu." — : „II. Baon hat einen sdl. Graben genommen, Flankenfeuer
unerträglich. Was ist mit J.R. 73?" — : „III. Baon und Alpinedetachement durch
sdl. Feuer bereits 30 Tote und Verwundete. Erbitte Zuweisung von 20 Trag-
tieren!" — : „7. Komp. (Kainer) und MG. (Siegel) durch Fdfeuer ins-
besondere MW. starke Verluste." — : „ Vor dem rechten Flügel des III. Baons
starke Ansammlungen des Fds." — : „Baon Millanich erbittet Art.-Unter-
stützung." — : „Gefangene des J.R. 90 sagen aus, daß 2 Rgter zum Angriff
vorgehen." — : „Rgtsres. wird I. und II. Baon zur Verfügung gestellt."
Geschoß um Geschoß jagt der Fd. gegen das III. Baon und den linken Flügel
des II. Baons. Die Leve-Spitze ist in Rauch und Staub gehüllt. Deckungslos,
hinter schmalen Felsrippen kauernd, sind alle schutzlos dem fdl. Feuer preis-
gegeben, eines überlegenen Angriffs des Fds. gewärtig. Dicke Nebelschwaden
ziehen geisterhaft von Westen heran und verhüllen alles mit einem undurch-
dringlichen Schleier, dem Fde. hiedurch Bereitstellung und Gegenangriff erleich-
ternd.
Über Antrag des Rgts. stellt das Brigkmdo. das II. Baon L.J.R. 26 hinter
die Naht, zwischen II. und III. Baon, als Res. bereit. Gleichzeitig gibt die Brig.
bekannt: „Ein Detachement Landesschützen vom Val Sugana gegen den österr.
Manderiolo, Kote 2060, im Aufstieg. Das Baon Millanich hat, wenn das
L.Sch.Detachement gesichtet wird, im Einklang mit diesem, sonst nur über Befehl,
vorzugehen!" Wie aus der ganzen Linie so schlagen auch um die Telzentrale
unaufhörlich, sausend, brüllend und donnernd des Feindes Geschosse aller Kaliber
zerstörend ein. Mit eisernen Nerven bedienen die Leute die Apparate weiter.
„Halloh, was bedeutet der heftige Gefechtslärm beim I. Baon?" — : „Feuerüber-
fall bei J.R. 73. 5. und 8., J.R. 73, gehen vor. Starker Fd. verschiebt sich gegen
Marcai di Sopra." —: „II Baon hat bereits 15 Verschlüge verschossen, erbittet
Munition." — : „73 hat angegriffen und ist in Marcai di Sopra eingedrungen."
— : „I. und II. Baon Angriff des J.R. 73 mit allen Mitteln unterstützen!" —
: „Bei Gruppe Millanich heftiges MG.- und Fnf.-Feuer. Fd. scheint anzu-
greifen." — : „Fd. geht von Kote 1795 und 1938 mit überlegenen Kräften gegen
Leve vor." — : „Überfall auf 3. und 4. Komp. Handgemenge, Situation noch
nicht geklärt." — : „Fd. geht, in 10 Reihen gegliedert, vom Manderiolo zum
Gegenangriff vor." — : „Fd. greift an. Sofort Art.-Unterstützung auf Ostrand
Leve-Hang und Marcai-Rücken. 20 Verschlage verschossen, erbitte Mun." —
: „II. Baon wird überlegen angegriffen. 7. Komp, hart bedrängt." — : „II. Baon,
5. Komp. Reserve heranziehen. Stellung muß gehalten werden. III/L.I.R. 26 bei
Brig. angesprochen." — : „III. Baon hat Ansturm im Handgemenge abgeschla-
gen. Fd. sammelt sich zu neuem Vorstoß." — : „NI. L.I.R. 26 verschiebt sich als
Reserve hinter linken Flügel des II. Baons." — : „7. Komp, hat übermächtigen
Angriff abgeschlagen. MG.A. Siegel zersprengte Angriff des ital. Inf.Rgt. 90."
Ununterbrochen tobt der Schlachtenlärm. Aus der Sprengserie der bersten-
den Geschosse, ratternden MG., bellenden Gebirgsgeschütze und krachenden Minen
im alles verhüllenden Nebel, dem Singen und Klatschen des Massenfeuers der
Inf., untermischt mit Hurra-, Avanti- und Coraggioschreien, vermag niemand
die Lage richtig zu beurteilen. Mehr denn je ist nun der durch Oblt. L ö s ch n i g
sachkundig gelegte Telephondraht das einzige Auge aller Kommandanten. Bit-
ten, Fragen, Befehle, Weisungen und Lagemeldungen wirbeln durcheinander.
Nur stoische Ruhe und kaltblütige Entschlossenheit vermochten Irrmeldungen
vom Richtigen zu scheiden, um darnach zweckentsprechend zu handeln. Wie oft
hing die Entscheidung von der Haltbarkeit eines Stückchens dünnen Drahtes
ab! Unermüdlich trug er Fragen herein und Antworten hinaus: „III. Baon hat
Mun. einstweilen mit II. Baon 26 auszugleichen! Nachts erfolgt Zuschub." —
„I. und II. Baon während des Nebels Hindernisse verstärken! Unbedingt aus-
harren! Bei I.R. 73 bahnt sich voller Erfolg an, die Abteilungen Hptm. Preß-
l e r, Lt. L e i m e r und Fhr. Fleisch mann in sdl. Stellung eingebrochen." —
„III. Baon hat sdl. Angriff des Rgts Pisa abgeschlagen. Gefangene sagen aus,
daß neuerlicher Angriff durch stärkere Alpinikräfte folgen soll. Ich und meine
Leute wissen, daß sie ihn umsonst riskieren." — „II. Baon hat mit Einsatz eines
MG. des L.I.R. 26 alle Angriffe abgeschlagen, dem Fde. 2 Inf.-Geschütze ent-
rissen. — „Fd. setzt wieder mit heftigem Art.-Feuer ein." — „Seit heute morgen
nichts gegessen. Erbitten Wasser- und Menagezuschub." — „I. Baon alle Angriffe
abgeschlagen. MG.A. Schwab brachte Fd. schwerste Verluste bei." — „Fhr.
Planeschitz gefallen." — „Sie Ber n ert! Wenn man Unterstützung braucht,
wendet man sich an die eig. Bt. und nicht an die ganze Welt." — „18 Uhr IV.
I.R. 11 sdl. Stellungen restlos erobert; 2000 Gefangene."
Wie tatkräftig und initiativ unsere Dreier im Kampfe waren, beweist auch
die Heldentat des Zgsf. H a s i b a. Während der Erstürmungskämpfe des Mar-
cai-Rückens bemerkte H a s i b a, der sich an diesem Tage bereits durch gefährliche
Patrouillengänge ausgezeichnet hatte, in der nahe gegenüberliegenden fdl. Stel-
lung ein MG., dessen Bedienung einige Schritte zurückgegangen war, um sich
vor unserem Feuer zu schützen. Rasch entschlossen bat er um die Bewilligung,
27
dieses MG. erstürmen zu dürfen. Dem heftigsten Front- und Flankenseuer der
kämpfenden Linien ausgesetzt, schlich er allein gegen den sdl. Graben an und
brach tollkühn in denselben ein. Die Italiener waren über das urplötzliche
Auftauchen des schneidigen Zugsführers so erstaunt, daß sie, in der Meinung,
von einer Abteilung angegriffen zu sein, augenblicklich keine Gegenwehr
wagten. Zgsf. H a s i b a gelang es, nicht nur das sdl. MG. mit seiner Munition,
sondern auch noch eine Revolverkanone zu erbeuten und fortzuschleppen. Zwei
wichtige Kampfmittel, die für die Abwehr von ausschlaggebender Bedeutung
waren, wurden so dem Fde. entrissen. Im wütenden Verfolgungsfeuer des
Gegners, den vom Feuer bestrichenen Raum zwischen den beiden Linien zwei-
mal durchschreitend, gelangte Zgsf. H a s i b a, wie durch ein Wunder unver-
wundet, mit seiner Beute in den eig. Graben zurück. Die Gold. Tapferkeits-
medaille bildete den sichtbaren Lohn für diese Heldentat.
Langsam hatte sich die Nacht über die im erbitterten Ringen zerwühlte Erde
gesenkt. Der Kampf geht im Scheinwerfer- und bunten Leuchtraketenlichte mit
allen Mitteln weiter. Mit nicht minderer Heldengröße als die Streiter sind
Ärzte und Blesstertenträger mit dem Verbinden und Abschieben der Verwun-
deten beschäftigt, ziehen stumm durch alle Todesgefahr die Kolonnen der Me-
nage-, Wasser-, Mun.- und Material-Träger, eilen Verbindungspatrouillen,
Telephonisten, Ordonnanzen (Besehlsbringer) und Offiziersdiener durch das
tobende Kampfgelände, ihre Pflichten zu erfüllen. Um 22 Uhr flammt das fdl.
Feuer an der ganzen Front des Rgts. wieder orkanartig auf. Mit allen Kalibern
bestreicht es den Raum von der vordersten Stellung bis zum Cima-Hang.
Ein folgender Angriff gegen das I. und II. Baon wird abgeschlagen. Eilfertig
schiebt sich das III. Baon L.I.R. 26 als Brig.-Res. hinter den linken Flügel des
II. Baons. Im ununterbrochenen Art.-Feuer, bereichert durch wiederholte An-
griffsversuche und Feuerüberfälle des Feindes, verstreicht die Nacht. Langsam
graut der Morgen des 21. Mai heran und entschleiert mit seinen ersten Sonnen-
strahlen das Kampffeld. Das Gewehr- und Geschützfeuer wird lebhafter. Rascher
jagen wieder Frage und Antwort entlang des Drahtes: „Fd. sammelt sich im
Walde nordöstl. Mareai di Sopra vor dem I. Baon. Erbitte Art.-Unterstützung!"
— „6 fdl. Kompn. verschieben sich in der Niederung östl. Mareai. Neuerlicher
Angriff wird erwartet." — „Auf Kote 1938, 1985 und 2050 verstärkt sich der
Fd." — „Eig. Art.-Feuer hat Fd. auf den Höhenkuppen zersprengt. Gegner ver-
sucht, sich neuerlich zu sammeln. Eig. MG. halten ihn dauernd unter Feuer." —
„Eig. Truppen stürmen Costesin. Für Angriff auf Marcai-Rücken bis 11 Uhr
alles vorbereiten!" — „Fd. geht anscheinend vom Marcai-Rücken zurück. Alle
Baone Gefechtspatrouillen vor!" — „Angriffsgruppierung für L.I.R. 3 hat um
10 Uhr 30 beendet zu sein!" — „Gegner zieht Abt. aus Stellungen am Marcai-
Rücken und geht in südöstl. Richtung zurück." — „L.I.R. 3 greift an! Linker
Flügel entlang Steilrand. I. Baon mit rechtem Flügel Kote 1732 — Alpenhütte
28
'
1680. II. Baon in der Mitte, 3., 7., 11. Komp. Rgtsres. unter Oblt. K a i n e r
folgt hinter der Mitte. Gefechtsordonnanzen zum Rgtskmdo. III. und halbes II.
L.I.R. 26 folgen als Gruppenref. hinter dem linken Flügel des III. Baons.
Costa-Rücken darf nicht überschritten werden. Mit I. und III. Baon geht Art.-
Aufklärer mit. Dieser hat die eig. Art. von der Vorrückung zu verständigen,
damit Art.-Feuer rückverlegt wird."
Während der Draht um 11 Uhr des 21. Mai diesen Angriffsbefehl über-
mittelt, steht das II. Baon in feinen flüchtigen Stellungen unter schwerstem Flan-
ken- und Rückenfeuer, ringt die 3. Komp, im Nahkamps mit dem Gegner um
die eroberte Stellung und setzt der Fd. aus der Barco-Schlucht zu einem mäch-
tigen Angriff gegen das III. Baon an. Kein Schritt des eroberten Bodens wird
preisgegeben. Wie eine eiserne Mauer trotzt das Rgt. dem verheerenden Art.-
Feuer, zerschellt jeder Angriff an seiner beispielgebenden Tapferkeit. Die am
weitesten vorgerückte 10. Komp. S k o k ist vor allem der Zielpunkt des
fbl. Art.- und Fnf.-Feuers. Tapfer wehrt die im freien Gelände hart bedrängte
Komp, alle Angriffe des Gegners bis zur letzten Patrone ab. Als ein neuer
übermächtiger Angriff des Fds. ansetzt, zieht sich der munitionslos gewordene
rechte Flügel hinter die Leve-Spitze zurück, um hier mit dem Bajonette den
Gegner zu empfangen. Aber die Kameraden wachen. Hptm. Siegel und die
halbe 7. Komp, unter Oblt. Kain er empfangen den Fd. mit wohlgezieltem
Abwehrfeuer, indes Oblt. H o f ch e k mit seinen vorzüglich postierten 4 MG.
des Feindes tiefe Reihen niedermäht. Wieder ist es Stabsfldw. Schehl, der
sich schon bei der Erstürmung der Leve-Spitze ausgezeichnet hat und nun aber-
mals mit seinem MG.-Zuge sich beispielgebend verhält. Ein ebenso leuchten-
des Beispiel von Tapferkeit gibt Fnft. Johann Winter, der sich an ein in
der Flanke postiertes fdl. MG., das verheerend wirkt, freiwillig heranschleicht,
bis es ihm gelingt, das MG. unter wirksames Zielfeuer zu nehmen. Ruhig und
sicher schießt er einen nach dem anderen der MG.-Besatzung ab, bis dessen Feuer
vollkommen verstummt. 3 Offz. und 127 Alpini müssen sich ergeben. Sie sind
völlig erschöpft und berichten, daß in wenigen Tagen in Italien eine Revolution
ausbrechen und damit der Krieg beendet sein werde. Auch beim I. und II. Baon
zerschellen die Angriffe des Fds. Ein Kompkmdt. und 80 Mann werden gefangen.
Um die Mittagsstunde schiebt der Fd. nochmals Alpini, Berfaglieri und
Finanzieri über den Hang der Cima Manderiolo zum Angriff vor. Ein wütender
Angriff gegen das II. und I. Baon erfolgt. Doch durch das vorzüglich geleitete
Art.-Feuer geschwächt, durch die MG.A. des Oblt. Schwab gelichtet, brechen
die feindl. Reihen in unserem flüchtig hingeworfenen Hindernis zusammen. AIs
nach 14 Uhr das im Anschluß rechts befindliche I.R. 73 gegen die Feindstellungen
am Costa-Hang schneidig vorstürmte, war für unser Rgt. der Zeitpunkt gekom-
men, den letzten Widerstand des Feindes zu brechen. Unaufhaltsam dringen die
Kompn. vor und entreißen dem Fde. Stützpunkt auf Stützpunkt. Verfolgt von
29
dem zielsicheren Feuer der MG., gejagt von den platzenden Granaten der Jnf.-
Geschütze, zerworfen von den wühlenden Geschossen der Art., flüchten seine
Haufen zurück. Besonders zeichnete sich die 9. Komp, aus, die den Fd. über-
rannte und 1 Offz. mit 207 Mann als Gefangene einbrachte. Der tapfere Komp.-
kmdt. Lt. Czapla wurde hiebei schwer verwundet.
Die Schlacht bei Vezzena ist gewonnen. Die ital. I.R. 90, 155 und 156 sind
aufgerieben, 3000 Gefangene in der Hand des HI. Korps, die Verluste an Mann
und Material unzählbar. Schneller als der Fd. die Lage erfassen konnte, han-
delten unsere braven Dreier. So stießen Fldw. H e r i t s ch, Gest. S p i e g l e r
und Inst. Peru ich mitten in den Fd. und zwangen mit dem Bajonette eine
ital. Geschützbedeckung zur Übergabe. Drei 15-ein-Geschütze und 30 Mann bilde-
ten allein die Beute dieser drei todesmutigen Helden. Gleichzeitig tiberwältigte
Gest. Florian Maier mit 3 Mann eine ital. Telephonstation, bemächttgte sich
des Materiales und nahm noch 7 Mann gefangen. Die Aufzählung aller Helden-
taten würde Bände füllen. Besonders ausgezeichnet haben sich unter anderem
noch die Fähnriche Liebl, Seeber, Novak und Konrad, die Kadetten
Oberegger, Scholz und Vogelfang, die Stbfldw. Winkler, P o-
gatschnig und Resch, die Fldw. Tomitschek, Nedwed, Schachner,
Hajek, Mündler, Ulz, Eingang, Krenold und Rudolf, die Zgsf.
Posch, Gallaun, Patzak, Neumann, Willfahrt, Falzer, Ster-
ban» Mack, E i s n e r, Ofner, Mink, Rath und G ö l l e s, die Korporale
Anders, Münzl, Wiegand, Pranger, Jaitler, Moser, Grüb-
ler, Sklenar, Huber, Strohmeier, Kern und Fröhlich, die Ge-
freiten Hofer, Puffer, Gun egg, Machhammer, Hutzle r, Groß,
Fauland, Scheider, Schriefl, Payer, Schusteritsch und Fuchs,
die Inft. Stöckl, Leopold, Karner, Nedvidek, Schenk und Rackl.
So gut sich die Italiener in der Schlacht bei Vezzena gehalten hatten, so
zersetzend äußerte sich die Wirkung dieses Waffenganges auf sie. Die rasche
Entscheidung, der überwältigende Ansturm der Unseren, verbunden mit den
großen Verlusten des Fds., lösten Panikstimmung aus. Die in die Schlacht gewor-
fenen fdl. Wt. der verschiedenen Verbände wirbelten so durcheinander, daß
ein Widerstand nur weit rückwärts geleistet werden konnte. Die Schlacht bei
Vezzena schlug in die ital. Landesverteidigung eine Bresche, welche die Hoch-
fläche mit einem Ruck bis zur Südwand aufriß.
Auch im Suganer-Tal wurde der Angriff gegen Borgo fortgesetzt. Nachdem
die Italiener am 19. das Tal des Wildbaches geräumt und ihre Stellungen um
Borgo bezogen hatten, währte es nur noch 24 Stunden, bis der Gipfel des
Armenterra erstürmt war. Die Leistungen der Truppen fanden bei allen Kmdtn,
vollstes Lob und Anerkennung.
Das Korpskmdo. gab bekannt: „Se. K. u. k. Hoheit, der HGKmdt., der den 20. Mai
in unserem Gefechtsraume verbrachte, geruhte seine hohe Befriedigung für die geschickte
Führung, das brave Borgehen unserer 5ns. u. ihre so wirkungsvolle Unterstützung durch
30
■
——
ulmysrüSSiisniraii]
die Art. auszusprechen und den Ausdruck der Überzeugung daran zu knüpfen, daß das
Korps immer seinen Platz ganz und voll ausfüllen werde. Indem ich diese Anerkennung
aus hohem Munde verlautbare, danke auch ich allen Truppen und Führern für ihre be-
wiesene Zähigkeit im Angriffe, danke insbesondere den braven Rgtern. 3A. 96 und
LIR. Z, denen es als erste gelang, in den Feind einzubrechen. Krautwald, FML."
S. Im Sturm über Manderiolo, Porta di Manazzo, Mte. Paradiso zum Kempel.
(Hiezu Beilagen 41, 43 und 44.)
Den Bewegungskrieg empfindet der Soldat als fein richtiges Handwerk.
Er fordert besondere taktische Fähigkeiten, Führernaturen und Führerkenntnisse
der Kmdtn. und stellt hohe physische Anforderungen an alle Soldaten, doch er
begeistert und entflammt alle, vom Kmdtn. bis zum Tragtierführer, und befähigt
sie zu unglaublichen Leistungen.
Durch Klüfte und karstähnliche Löcher, über die durch unsere Art. zerpflügte
Erde, durch tiefe Granattrichter, zerrissene Hindernisse und Betonbauten, über
ein Leichenseld, vorbei an stöhnenden und wimmernden Feinden, stieß das Rgt.
dem Gegner nach. Wo des Fds. Abt. im verzweifelten Widerstand sich festzu-
setzen versuchten, wurden sie von der GBt. 3/9 R o s s i und von unseren MG.,
besonders aber von den auf Kote 1857 günstig ausgestellten MG. des Hptm.
Siegel zersprengt und von den unaufhaltsam vorwärts drängenden Verfol-
gern gefangen genommen. Um 15 Uhr war mit dem I. Baon Kote 1680, mit dem
III. Baon Kote 1795 erreicht. Von Kote 1938 versuchte der Gegner durch flan-
kierendes Feuer, namentlich gegen das UI. Baon, zu wirken. Bon der Bt.
R o s s i rasch entdeckt und unter zielsicheres Feuer genommen, begann der
Feind abzubröckeln. Sofort griff das UI. Baon aus eigener Initiative an und
gewann im Sturm die Höhe. Verstreut hinter Felsblöcken, in Granattrichtern,
ital. Schützen-, Lauf- und Verbindungsgräben lagen die Abt. Eine kurze Atem-
pause, um der braven Bt. R o s s i Gelegenheit zu geben, ein eisernes Wort
mit dem Feinde zu reden. Noch immer hatte der Italiener die Hoffnung nicht
aufgegeben, den Vormarsch unseres Rgts. zu hemmen. In seinen vorbereiteten
Stellungen beiderseits des Sparavieri-Grabens versuchte er, von unseren Pa-
trouillen verfolgt, neuerdings Widerstand zu leisten. Insbesondere war er be-
müht, seiner Höhenverteidigung am Manderiolo durch Heranziehung frischer Res.
neue Kraft zu verleihen.
Um 16 Uhr besah! die Brig.: „Beniner hat in Linie Kote 2050 — Kote 1796
die Vorrückung gegen Westrand der Porta di Manazzo fortzusetzen. T r a m p u s
bleibt in Linie Quelle im Val Sparavieri — Ostrand Mga. Costa di Sopra (1665)
stehen, sichert sich. Tenn er setzt sich in der Linie Westrand der Porta di
Manazzo — Armierungsstraße — Quelle Bal Sparavieri fest und sichert sich wie
T r a m p u s mit Gefechtsvorposten. Ein halbes Baon L.I.R. 26 hält sich hinter
Trampus für eine besondere Aktion bereit. Das zweite halbe II. und III.
Baon L.I.R. 26 gelangen auf Campo Manderiolo 500 Schritte südl. Kote 2050.
I. Baon L.I.R. 26 in die Mulde nördl. Kote 1796. Train heute nachts heran-
31
MS^3S8affigHBKHH%3gSg^^3§jigg?5gfi!ä
ziehen!" Um 17 Uhr erreichte das I. Baon in 1 Meter tiefem Schnee, anschließend
an die Gruppe T r a m p u s, den Westhang des Costa-Rückens nördl. der Quelle.
Das II. Baon nahm, ohne des Gegners Feuer zu erwidern, die Kote 1796 im
Sturme und machte reiche Beute. Das III. Baon arbeitete sich unter fortwähren-
den Kämpfen, keiner Müdigkeit achtend, vor und bezwang im erbitterten Nah-
kampfe die Höhe 1985. 3 Osfz., 50 Mann und 5 Geschütze bildeten die Beute.
Hiebei hatten sich besonders Fhr. M e i n d l h u b e r, der verwundet wurde, und
Stbfldw. S ch e h l beispielgebend hervorgetan. Als der Abend sich niedersenkte,
hatte das Rgt.: 1 Scheinwerfer, je drei 15-om-Haubitzen, 15-ow-Mörfer und
10-6m-Geschütze, 7 Gebirgsgeschütze, 4 Mitrailleusen, 4 MG., 1 MW. und 1 Revol-
verkanone erbeutet, 4 Offz. und 894 Mann gefangen genommen. Sterbensmüde
sielen die Plänkler in den Schnee. Quälend meldeten sich Hunger und Durst,
doch noch war keine Zeit zu ruhen. Durch vorgesendete Patrouillen gesichert,
mußte die eroberte Stellung zur Verteidigung eingerichtet werden.
Um 20 Uhr traf der Befehl für das UI. Baon ein, den ital. Manderiolo,
Kote 2050, unbedingt heute noch zu nehmen. Durch Aufklärungspatrouillen und
Aussagen Gefangener war festgestellt, daß der Rücken von etwa einem Baon
mit MG. besetzt sei. Nacht und dichter Nebel machten eine Art.-Vorbereitun>g
unmöglich, begünstigten jedoch die Bereitstellung des Baons und das Zerstören
der fdl. Hindernisse. Mit ungebrochener Kampfeslust erhob sich das UI. Baon
wieder aus seiner kaum errungenen Stellung bei Kote 1895, um den Namen
des Rgts. mit neuen Lorbeeren zu schmücken. Als sich um 20 Uhr 15 der Nebel
hob, wurde der Fd. durch die MG.A. des IU. Baons (Oblt. Hofchek) und von
der Inf. unter mächtiges Feuer genommen. Die 9. und 12. Komp, und das
Alpinedetachement Thalhammer kamen unter dem Schutz der fortwährend
knatternden MG., bei denen sich wieder Vormeister Lederhaas besonders
auszeichnete, und dem Feuer der 10. Komp, um 21 Uhr 20 aus Sturmdistanz
heran und stürzten sich unter brausenden Hurrarufen auf den Gegner. Im harten
Ringen wurde die Grenzhöhe, Kote 2013, genommen. Doch noch verteidigte der
Fd. mit zähem Ingrimm den ital. Manderiolo. Allen voran der Kmdt. der
12. Komp., unser lieber» blonder Ferner, eilte die Heldenschar weiter und
brach in die Feindesstellung ein. Vom fahlen Mondlicht umgossen, unter tausend
glitzernden Sternlein, mitten in Schnee und Eis rangen die Unsern, zum ersten-
mal aus ital. Boden, Brust an Brust mit dem Feind. Wo der Widerstand am
größten war, wo der Fd. sich am zähesten wehrte, da kämpfte Ferner mitten
unter seinen Leuten als leuchtendes Beispiel von Mut und Tapferkeit. Im
Drahtverhau des Feindes kämpften sie, stürmten weiter über zahllose Tote,
brachen in des Feindes Graben ein, Mann gegen Mann ringend, stechend,
kämpfend, unser Ferner immer allen voran. Da sah sein Falkenblick seinen
Zugskmdtn. Lt. K e t t I e r von einer Übermacht im Handgemenge hart bedrängt.
Mit ein paar Leuten eilt Ferner seinem Freunde zu Hilfe, Eisen prallt auf
32
MMYMMMMN
—
—
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'
Österreichischer und italienischer Manderiole. Im Vordergrund itaU Hindernisse.
22. Mai 1916.
Der Mte. Kempel am Porta Lanzolla. Maioffensive 1916.
—
————————————————
Eisen; erst einer, dann alle nehmen sie Reißaus, die Alpini und Bersaglieri.
Die Höhe ist erstürmt. Aber auf der Wallstatt liegt, für immer von uns abbe-
rufen, unser lieber, treuer Kamerad Ferner.
Handgemenge! Wer vermag seine sprunghaft wechselnden Bilder voll zu
ersassen, wer diese Minuten des Grauens richtig zu schildern? Beini Fener-
gesecht kommt die Wirkung der eig. Handlung selten zum Bewußtsein. Meist
weiß und sieht man nicht, ob man den Gegner getroffen, tödlich oder leicht
verletzt hat. Im Handgemenge, da sind sie vor dir, die stechenden, die blutunter-
laufenen, die ängstlichen, die verdrehten, die gebrochenen Augen. Ein wogender
Knäuel ist es, aus dem Bajonette, Dolche, Spaten, Beilpicken, Pistolen, Messer
und Gewehrkolben blitzartig aussahren, um sich zum Todesstoß zu senken. Ich
oder du, ist hier die einzige Frage. Immer fester preßt sich der Knäuel und gibt
bald nicht mehr Raum genug» die Waffen zu gebrauchen. Krallende Hände,
beißende Zähne, tobende Arm- und Beinstöße, keuchender Atem, schreiende
Rufe, Jammern, Schimpfen, Stöhnen, Beten und Fluchen sind das Begleitlied.
Fetzen fliegen, Knochen krachen, Schädel bersten; Blut, Blut sickert, spritzt, fließt
und brennt sich unauslöschlich ein in dein Gedächtnis. Du kannst diese Minuten
nicht vergessen, nie, nie mehr.-----Verjagt, zerstoben oder gefangen genom-
men ist der Fd. Doch in die Siegessreude mischt sich schwer empfunden die
Trauer um die verlorenen Kameraden. — — Ernst und stumm rückte das Baon
bis zum Osthang des Manderiolo vor und grub sich daselbst um 23 Uhr, gegen
das Val Sugana gesichert, in Gefechtsform ein, bereit, jeden Gegenstoß
gebührend abzuwehren. Dem tapferen Kmdtn. des Baons, Obstl. Mi I I an i ch,
wurde für diese Wafsentaten das Adelsprädikat „von Manderiolo" verliehen.
Bis zum Äußersten abgespannt, hungernd und frierend, müssen Offz. und
Mann ihre letzten Kräfte anspannen, um des bleiernen Schlafbedürfnisses Herr
zu werden. Von unten heraus leuchtet das brennende Borgo, die Luft ist vom
Leichengeruch erfüllt. Bei näherer Durchsuchung der eroberten Stellung findet
Gewehr-Bormeister L e d e r h a a s ein Telephonkabel. Diesem nachgehend, ent-
deckt er, in einer Kaverne versteckt, einen ital. Offz., der durch das Kabel die
fdl. Art. von unserer Aufstellung verständigte. Der Offz. wird gefangen genom-
men, das Kabel durchgeschnitten.
Um 23 Uhr 30 drahtete der Brigadier: „Alle unsere vorgesetzten hohen
Stellen begrüßen die braven, kampferprobten Truppen und sprechen ihnen den
wärmsten Dank und die höchste Anerkennung für den großen Erfolg aus. Im
Land des tückischen Feindes, das wir heute betreten, wird uns nichts mehr
widerstehen."
Als die Trägerkolonnen, über Stock und Stein schleppend, um Mitternacht
zu ihren Baonen kamen, blieben die Kochkisten fast unberührt. Müdigkeit und
Überanspannung der Nerven hatten jedes Hungergefühl ausgelöscht und nur
brennenden Durst zurückgelassen.
3
33
8 ' U iS§ W""7,1!, I|® W", US . i„ - 3 B i i' 1' U W B"' W f s W g W
Die bewährte Bt. Rosst hatte im Laufe der Nacht Stellung gewechselt und
war vor Morgengrauen am Südhang des österr. Manderiolo mit der Batterie-
station am Gipfel des ital. Manderiolo in Stellung gegangen. Die ganze Nacht
über unterhielt der Fd. ein heftiges MG.- und Inf.-Feuer aus der Linie Kote
1936 bis 1865, das sich besonders stark gegen das III. Baon fühlbar machte. Die
scharfen Augen des Btkmdtn. hatten jedoch den Fd. bald entdeckt. Von den Voll-
treffern der GBt. herausgeschossen, von unseren MG. und Ins.-Schützen bestri-
chen, ergab sich ein Teil des Feindes, während der Rest gegen Porta di Manazza
flüchtete.
Oberst v. Ellison, Leid und Freude mit seinen Truppen teilend, empfand,
daß eine kurze Atempause, Menage- und Munitionszuschub die notwendigste
Voraussetzung sei, um seine wackeren Kämpfer wieder zu übermenschlichen Lei-
stungen zu befähigen. Er befahl im Einvernehmen mit Obstl. T e n n e r, in der
erreichten Linie bis 15 Uhr des 22. Mai zu halten und um diese Zeit die Vor-
rückung folgendermaßen fortzusetzen: „III. Baon mit dem linken Flügel aus
Kote 1936, II. Baon südl. davon Direktion 1865, I. Baon im Anschlüsse mit dem
rechten Flügel auf Casara di campo Manderiolo Kote 1709 bei Aufrechterhal-
tung der Verbindung mit dem rechts auf Giaubo vorgehenden I.R. 73. 3. Komp.
sK r i z), 7. Komp. (Kainer) und Sappeurhalbkomp, folgen als Rgtsres. hinter
dem linken Flügel des II. Baons. Gruppe T r a m p u s (73) geht ohne Halbbaon
Hauser südl. anschließend bis inkl. 1564 vor. Gruppe Passy (L.I.R. 26)
sammelt sich als Brigres. im Sattel Baito di Fondi die campo Manderiolo (1831),
Halbbaon Hauser rückt als Brig.-Res. hinter den rechten Flügel T r a m p u s.
Die GBt. 4/4 geht in den Raum nördl. 1865 vor.
Fast unbelästigt vom Gegner überschritt nun auch das I. und II. Baon die
Reichsgrenze. Die Abtn. machten Halt und brachten aus den obersten Kriegs-
herrn und auf das nun hier befreite Vaterland ein kräftiges Hurra aus. Um
17 Uhr 30 erreichte das Rgt. die anbefohlene Linie. Knapp vor der Front ver-
suchte der Fd., unter dem Schutze seiner Sicherungen Kriegsmaterial, darunter
besonders seine Geschütze, zu bergen. Um dies zu verhindern, erhielt das Rgt.
den Befehl, bis in die Linie Kote 1889 — Kote 1701 vorzurücken und bei Vor-
schiebung von Patrouillen über das Lenzuola-Tal dort in gefechtsmäßiger Siche-
rung zu nächtigen. Während dieser Vorrückung, die das Rgt. um 23 Uhr in die
anbefohlene Linie brachte, kam es nur zu heftigen Einzelkämpfen.
Fhr. Darnhoser stieß mit seiner Schar so rasch den zurückgehenden
Italienern nach, daß es ihm gelang, zwei komplette Telephonstellen mit der
ganzen Besatzung zu fangen und dadurch die Verbindung des Feindes zu zer-
stören. Ebenso geschickt vorgehend, überrumpelte Gest. Florian Maier die
dritte Telephonstelle. Gest. Trieb, mit seiner Patrouille kühn dem Feinde
folgend, überwältigte 30 Italiener, während die Patrouillen Korpl. M ader-
ebner und Sprung einer fdl. Nachhut den Rückzug abschnitten und 100 Ge-
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fangene einbrachten. Gest. H o ch g ö tz zwang mit seinen Leuten erst durch Feuer,
später im Handgemenge eine sdl. Geschützbedeckung zur Flucht und erbeutete
so ein unbeschädigtes 21-em-Gefchütz, indessen Inst. Gambesberger mit
wenigen Leuten 40 Gefangene einbrachte. Neuerlich wurden drei 21-om-Gefchütze,
vier 21-ew-Mörser und zwei 30.5-ew-Geschütze erbeutet. Das letzte, ein 30.5-
ow-Küstengeschütz, stand unter dem Schutze einer Nachhut nächst der Armierungs-
straße in der Formica-Schlucht und sollte durch ital. Sappeure gesprengt wer-
den. Lt. Edelhauser und Korpl. Krenn schlichen sich nach Umgehung des
Feindes so geschickt heran, daß sie gleichzeitig von zwei Seiten die überraschten
Italiener zu bedrohen vermochten. Als diese nach einigen Schüssen erkannten,
daß Widerstand unbedingtes Verderben bedeute und ihnen jeglicher Rück-
zug abgeschnitten sei, ergaben sie sich mit dem wohlerhaltenen Geschütz.
Korpl. K r e n n wurde für diese Kühnheit und vorangegangene Helden-
taten mit der Goldenen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet. Monate hindurch
hatten diese Rohre sowohl in das Sugana-Tal, als auch auf die Hochfläche von
Lafraun ihre verderbenbringenden Geschosse gesandt. Gestern noch der Stolz
und die größte Hoffnung des Verteidigers, standen sie heute als tote Erz-
masse verlassen da. Mit dem fünfzackigen Savoyen-Stern geschmückt, reckten
sie ihre weiten Mäuler wie in stummer Klage gegen den Himmel.
In diesen Tagen zeichneten sich u. a. besonders aus: die Fähnriche Ober-
tz a m me r, B ö h m und Wrany, die FIdw. Schöberl, Drachsler, HackI,
N ö h r e r und A m e s b a u e r, der Rech.-UO. H ü t t e n b r e n n e r, die Zgsf.
Mückstein, Heritsch, Erlinger, Lederhaas und Rüber, die Korpl.
Kormann, Pagger, Bayer Franz, Ritz, Stefanetz und Erlbacher,
die Gest. Germek, Maier August, Treml, Spiegler, Lang Alois,
Pignitter, Gratzer, Grub er und H e i n d l und die Jnft. Mannin-
ger, Löffler, Hödl, Spanner, Ko Kol, Per nick, Schicker, Mi§i-
g o j, Mandl und Schlaffer.
Drei schlaflose Nächte hatte das Rgt. hinter sich. Obwohl müde und abge-
spannt, konnten die Kämpfer keinen Schlaf finden, denn die Eindrücke und
Erregungen der letzten Tage, die furchtbaren Bilder des gewaltigen Kampfes
zitterten noch zu sehr in den Nerven. Innig gedachte man der Gefallenen und
ihrer armen Angehörigen in der Heimat. 20 Offz. hatte das Rgt. verloren, dar-
unter Hptm. S ch a l I y und Stampfe!, Lt. Ferner und P o k o r n y, Fhr.
Hartnagel und Planeschitz, sowie Kdt. Teppner, die auf dem Felde
der Ehre sielen. Oblt. Kainer, Lt. Panosch, Czapla, Szczepanek
und Kopetzky, Fhr. Seber, Meindlhuber und Schneck, ferner Kdt.
Zunder und Oberegger wurden verwundet. Von der Mannschaft zählte
man 75 Gefallene, 385 Verwundete und 15 Vermißte.
Indessen hatte die Thronfolgergruppe am 21. Mai im harten Ringen die
Linie Mte. Majo, Mte. Tormeno erreicht und stand am 22. Mai im Begriffe,
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die Werksgruppen Campolongo—Mte. Verena im Sturm zu nehmen. Das Pan-
zerwerk Campolongo war eine völlig moderne Festung, hauptsächlich auf unbe-
dingten Widerstand gegen jegliche Art.-Wirkung konstruiert. Unsere Geschütze
machten diese Hoffnung zunichte, indem sie den Oberbau des Werkes zu ernem
wüsten Trümmerfeld zerschossen. Von den 4 Kuppeln blieb nur eine unversehrt.
Wer dies sah, mußte zugestehen, daß die Italiener sich hier nicht halten konnten.
Es blieb ihnen nicht einmal Zeit, die Geschütze zu sprengen, weshalb am 22. Mai
alle unversehrt in unsere Hände fielen.
10. Die Bezwingung des Mte. Kempel.
(Hiezu Beilage 45.)
Befehlsgemäß begann am 23. Mai um 10 Uhr 30 die weitere Vorrückung.
Das III. Baon gelangte in die Linie Mte. Paradiso—Kote 2030 bis Kote 1808,
anschließend das II. Baon bis Kote 1715, südl. davon das I. Baon bis Kote 1633
Casare Larici. Zu diesem Zeitpunkte versuchten sowohl vom Val Sugana, als
auch von der Lenzuola-Schlucht aus österr. Abt. den Kempel zu gewinnen. Mit
dem Erreichen der Lenzuola-Niederung hatte das Rgt. vorläufig feine Ausgabe
gelöst.
Um 13 Uhr gab das Brigkmdo. bekannt, daß das Alpinedetachement des
43. Brigkmdos. unter Stbsslw. Fraß und, diesem folgend, eine Komp. 26 des
Baons Myslivec am Kempel im Kampfe mit überlegenem Fd. stehen. Das
Baon Myslivec habe sofort vom Mte. Paradiso auf den Kempel, Kote 2310,
mit dem Aufträge, den Fd. zurückzuwerfen, vorzugehen. Das II. L.I.R. 3 habe
als Brigref. unmittelbar zu folgen. Der Kmdt. des II. L.I.R. 3, Obstl. Schne-
w e i ß, hatte das Gruppenkmdo. auf dem Kempel zu übernehmen und im Falle
der Notwendigkeit das II. L.I.R. 3 einzusetzen.
Um 15 Uhr trat das II. Baon, da ein Passieren der tiefeingefchnittenen,
steilwandigen Lenzuola-Schlucht in östl. Richtung ausgeschlossen war, über den
Mte. Paradiso und entlang des Grates die Vorrückung an. In glühender Begei-
sterung, gewillt, den Gegner auch von seiner letzten und höchsten Stellung zu
werfen, jedes Müdigkeitsgefühl tapfer überwindend, stiegen Ofsz. und Mann
den steilen Kempel-Rücken an. Die Kempel-Barriere, die sich der weiteren Vor-
rückung zwischen Val d' Assa und Val Sugana vorlegt, hatte nach unseren Frie-
densansichten nur für kleine, eigens dazu geschulte und ausgerüstete Abtu. als
überschreitbar gegolten. Der einzige über sie führende Saumweg war durch das
Kavernenwerk La Bochetta gesperrt. Die Armierung des Werkes bestand aus
4 12-ow-Kanonen, die Besatzung aus zirka 200 Mann. Die Randlinie des
Absturzes war dort, wo ein Erklimmen möglich schien, durch fdl. Abt. gesperrt.
Um 15 Uhr 30 begann das Baon den schwierigen Aufstieg. Im stellenweise über
2 Meter tiefen Schnee immer wieder einsinkend und mit den Schneemassen
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- —
abfahrend, dazu aus den Geschützkavernen La Bochetta flankierend beschossen^
schob sich das Baon pfadlos im mühsamen Schritt vorwärts. Unter unsäglichen
Mühen und Strapazen langte die Tete um 18 Uhr 30 bei Kote 2131 an.
Hier übernahm Obstl. Schneweiß das Gruppenkmdo. und begab sich so-
gleich mit Mjr. Myslivec zur persönlichen Orientierung auf die Kempel-
Höhe, Kote 2303. Teile des I. L.I.R. 26 und des Alpinedetachements hatten
bereits im 2 bis 3 Meter tiefen Schnee die Höhenlinie von Kote 2136 bis
Kote 2310 besetzt. Keine Gefahr achtend, stießen diese Abt. noch vor Einbruch
der Nacht vorwärts und entrissen dem ital. Mil.-Baon 82 im erbitterten Ringen
die tiefer gelegene Finanzwachkaserne Casara Trentin. Die vor ihnen liegende
rissige Schnee- und Steinwüste, von Steilabstürzen und tiefen Trichtern durch-
setzt, schloß aber mindestens während der Nacht jede weitere Vorbewegung
vollkommen aus.
Von Casara Lariee mühte sich unterdessen unter der Leitung des Oblt,
L ö s ch n i g eine Telephonpatr., mit Rüstung und Material schwer beladen, die
Verbindung mit der Kampfgruppe herzustellen. Nur dem eisernen, keine Gefahr
scheuenden und jedes Hindernis zäh überwindenden Willen Oblt. L ö s ch n i g s
war es zu danken, daß diese an sich durch das unwirtliche Terrain schwierige,
durch Eis, Schnee, Klüfte und Fdfeuer gefahrvolle, durch die herrschende Finster-
nis, durch Sturm und Kälte übermenschlich anstrengende Leistung vollbracht wer-
den konnte. Um 24 Uhr war die Verbindung hergestellt und das Baon erreicht.
Ein wilder Orkan heulte die ganze Nacht und peitschte Schnee, Regen und
Eisnadeln gegen die hart mitgenommenen Kämpfer. Offz. und Mann wickelten
sich gemeinsam in Zeltblätter ein, preßten sich eng aneinander, um so Sturm
und Kälte leichter überstehen zu können. Obwohl die Kämpfer gänzlich ermattet
waren, fanden sie keinen Schlaf. Zu grimmig schnitt die Kälte, biß der Frost,
schmerzte der jagende Eishagel. Abwechselnd liefen die Leute umher, schlugen
mit den Armen und Beinen. Es schien unmöglich, die Kälte zu ertragen, den
erschöpften, ausgehungerten Körper zu erwärmen. Nach kurzer Zeit schlupften
sie wieder unter die Zelthülle, um, vom Frost geschüttelt, neuerlich aufzusprin-
gen. Die Glieder schlotterten, das Sprechen wurde zum Stottern, das Atmen
steigerte sich krampfhaft zu einer schmerzlichen Plage. Gar mancher rauhe
Kämpfer brach durch den schier unerträglichen Schmerz in Tränen aus. Die
wenigen Tragtiere, die das Baon heraufgebracht hatte, verendeten keuchend
und zitternd. Der Mensch widerstand. —
Schon am Spätnachmittag des 23. Mai war die GBt. Oblt. Ro sfi auf einer
freien Wiese nächst Casara Larici mit zwei Geschützen aufgefahren und eröffnete
in der Richtung gegen die etwa 400 Meter höher liegenden Kavernenbatterien
von La Bochetta das Feuer. Binnen kurzer Zeit waren sieben Schartenvoll-
treffer mit dem Erfolg erzielt, daß die Kaverngeschütze ihr Feuer einstellten.
Dies gab den tapferen 26ern Gelegenheit, den vielen Ruhmestaten eine neue
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anzureihen. Die Italiener wurden überrumpelt und im wechselvollen Ringen
wurde der Einstieg zum Kempel-Plateau erzwungen. Auch hier setzte die ein-
brechende stürmische Nacht allen weiteren Angriffen ein Ziel.
Noch bevor das Tageslicht des 24. Mai graute, baute eine Telephonpatr.
Oblt. L ö s ch n i g s entlang des Kempeirückens in südl. Richtung gegen La Bo-
chetta weiter. Nach etwa 200 Meter Entfernung war der von den eig. Truppen
besetzte Raum überschritten. Hier zeigte sich mit aller Deutlichkeit das Bild
des nächtlichen und vortägigen Kampfes. Um jede Leiche, soweit sie der Schnee
nicht verweht hatte, zeugten die aufgewühlte Umgebung und der von Blut-
lachen übersäte Schnee von der Schwere der Kämpfe. Herumliegende Habselig-
keiten, zerschlagene Waffen, Fetzen von Rüstungssorten erhöhten das Bild des
Grauens. Einer der gefallenen Italiener forderte selbst im Tod noch zur höchsten
Bewunderung heraus. Er war nicht vom Platze gewichen und hatte zum Schluß
allein als letzter die Stelle verteidigt. Nun lag er entseelt im Schnee hinter
einem niedrigen Felsblock, mitten durch den Kopf geschossen. Eine Unzahl Patro-
nenhülsen und 52 leere Magazine lagen um ihn als Zeugen seines aufopfernden,
tapferen Verhaltens. Vor der Majestät des Todes, vor solchem achtunggebieten-
den Heldentum leistete unsere Telephonpatr. ehrfurchtsvoll die Ehrenbezeugung.
Nach Passieren dieser traurigen Stätte ging es im tiefen Schnee und über Felsen
von Berghöhe zu Berghöhe, überall Spuren des ital. Rückzuges antreffend.
Zur Hochführung der Telephonleitung wurden ital. Gewehre und Bergstöcke,
die überall herumlagen, genommen. Zweimal stieß die Patrouille auf zersprengte
sdl. Abtn. Beschossen und mutig angegriffen, beschleunigten diese, obwohl viel-
fach überlegen, ihren Rückzug. Bei der Trigonometerhöhe 2101 erreichte die
Patr. wieder das von den eig. Truppen besetzte Terrain, indem sie hier auf das
II. Baon L.I.R. 26, Mjr. Hausner, stieß.
Während im Laufe des Vormittages das Baon Hausner um jede Schritt-
breite Boden des Kempel-Plateaus kämpfte, trat um 9 Uhr des 24. Mai der
Rgtsstab mit dem I. und III. Baon zur Unterstützung des L.I.R. 26 den Vor-
marsch auf die La Bochetta, Kote 1949, an. In die Marschkolonne waren die
GBt. 3/9 und 4/4 eingereiht, die jedoch durch unüberwindliche Terrainschwierig-
keiten zurückblieben. Erst als die Rgtspionabt. unter Oblt. Wurtinger in
eiliger, geschickter Arbeit die ungangbarsten Stellen verbessert hatte, gelang
es, die Btn. vorwärts zu bringen. Noch ehe das I. und UI. Baon den Kempel
erreichten, hatte das III. Baon L.I.R. 26 unter Hptm. Kisvarday die Ita-
liener endgültig aus La Bochetta vertrieben. Um die Mittagsstunde herrschte auf
La Bochetta vollkommene Ruhe. Der Gegner war im Rückzüge und fand keine
Zeit, die um die Kavernen des Werkes versammelten Sieger zu belästigen.
Der Platz wimmelte von ital. Gefangenen, deren Zahl die des Angreifers mehr-
fach überschritt.
Auf der Höhe 2303 des Kempels versammelten sich am frühen Morgen des
38
SWWWWSSWWWWWWWWWW
24. Mai Obstl. Schneweiß, Mjr. Myslivec, Oblt. L ö s ch n i g und einige
Ossz. des I. Baon L.I.R. 26. Mit flüchtigem Blicke, soweit es zur Orientierung
notwendig ist, streifen sie die Gegend nach Norden und Westen ab. Alles blickt
gegen Osten, in die Richtung der künftigen Kämpfe. Karte und Glas, Bussole und
Zirkel werden zu Hilfe genommen und die Orientierung, der mächtigste Faktor
jeder Bewegung im Felde, bewerkstelligt. Die gewonnenen Eindrücke der Orien-
tierung waren nicht sehr ermutigend. Das Vorterrain vom Kempel fällt vorerst
gegen die Casara Trentin ab und steigt dann, durch ausgedehnte Schnee- und
Steinwüsten, Wächten, Felsriffe und Klüfte führend, wieder empor. Es stellt
einen weiten Hochgebirgskessel dar, der westl. vom Kempel-Rücken, nördl. von
der Lima Dodiei, östl. und südöstl. von den die Schlucht 300 Meter überragenden
Gipfeln, En. di campo Verde und Mte. Colombarone, begrenzt ist. Trotz der
Erkenntnis, daß, sobald die Italiener selbst nur mit kleinen Abt. den jenseitigen
Höhenzug ernstlich verteidigen, ein überschreiten der Dosso del Fine bei größter
Tapferkeit und hingebungsvollstem Opfermut kaum durchführbar sei, lachten
doch aller Augen in entschlossener Siegersreude, als Obstl. S ch n e w e i ß die
Befehle zur weiteren Vorrückung ausgab. Die Gruppierung war folgende:
2 Komp. L.I.R. 26 Vorhut, 2 Komp. L.I.R. 26 und II. L.J.R. 3 Haupttruppe;
Direktion En. di campo Verde. Starke Patrouillen sicherten vor der Front und
verbanden das Detachement mit dem auf Cima Dodiei stehenden Alpindetache-
ment, das seinerseits wieder die Verbindung mit dem im Val Sugana vorgehen-
den Nachbarkorps herstellte. Ossz. und Mann erkannten, daß nur die rasche Über-
windung der Dosso del Fine-Niederung und die baldigste Gewinnung des Höhen-
grates von En. di campo Verde, noch ehe der Fd. in seinem wirren Rückzug zur
Besinnung komme, einen Erfolg verspreche. Verlangten auch die aufgetürmten
Terrainhindernisse die Aufbietung der letzten Kraft, warfen auch die gleitenden
Schneemassen die vorwärtshastenden Plänkler noch so oft zurück, wurden die
Mühen und Anstrengungen auch schier übermenschlich, die Wackeren gaben nicht
nach und erzwangen den Weg. Um 14 Uhr war, wenn auch mit keuchender Brust
und hämmernden Pulsen, die Höhenlinie En. di campo Verde erreicht. Keine
Zeit zum Verschnaufen! Schon stand die Vorhut bei Malga Cime im Kampf mit
überlegenem Fd., der, insbesondere aus der südl. Richtung energisch angreifend,
die Vorhut zu überflügeln drohte. Gefahr im Verzüge? Alle Müdigkeit abschüt-
telnd, stürzte der Rest des I. Baons L.I.R. 26 nach vorne. Durch diese rasche
Hilfe und durch das vorzüglich geleitete Feuer der M.G.A. Hptm. B r i s ch n i g
gelang es, die vom Gegner versuchte Umfassung zu vereiteln. Als in der Folge
das fdl. I.R. 73 am nördl. Flügel einen Erfolg zu erringen suchte, wiesen es
die über Befehl Hptm. Siegels eingesetzten M.G.A. und zwei Komp, des
II. Baons L.I.R. 3 gründlich ab. Die restlichen Komp, hatten, am Westhange
hinter den Felsen gedeckt, als Res. Aufstellung genommen. Felsen und Schnee,
der Mangel an technischem Material und langstieligem Werkzeug erschwerten
39
in dem freien, baumwuchslosen Gebirgsgelände die Herstellung von Deckungen.
In Schneelöchern stehend oder hinter Felsen hockend, mit dem Gewehr in der
Hand, allen Unbilden der Witterung ausgesetzt und dem Gegner weithin sichtbar,
erwartete die Truppe einen neuen Angriff des Feindes.
Die Besetzung des Corno di campo Verde erfolgte zu einer Zeit, als das
Baon Hausner noch nächst 2101, die aus dem Assa-Tal aufgestiegenen Abt.
noch weit westl. um den Mte. Meata kämpften. Die rasche Gewinnung des Corno
di eampo Verde erleichterte auch wesentlich die Vorrückung des Baons Mjr.
Hausner gegen die Höhe Lima bei Arsenale. Der Fd. war durch den Verlust
des Campo Verde überrascht. Schon bei der Besitznahme des Höhenrückens
zeigte sich größere Bewegung beim Gegner im Galmarara-Tale. Es war zu er-
warten, daß der Fd. alles aufbieten werde, um diesen, ihn so empfindlich treffen-
den Einbruch wieder zurückzuweisen. Unausgesetzt zog der Gegner Verstärkun-
gen heran und ging um 19 Uhr zu einem energischen Angriff über. Dieser
setzte besonders dem rechten Flügel der Gruppe S ch n e w e i ß hart zu, dem
gegenüber der Gegner in einem gut ausgebauten Blockhaus durch Aufstellung
mehrerer MG. einen festen Stützpunkt besaß. Trotzdem brachen drei tapfere
Versuche, die Höhenstellung wiederzugewinnen, in unserem Ins.- und MG.-Feuer
zusammen, wobei sich die MG. unter Lt. D e w a t y und Fhr. R i z z i besonders
hervortaten. Durch besondere Taten hatten sich außerdem Fldw. Kern, die
Zgsf. Quantitsch, Pen dl und Rath, sowie Gest. Felder ausgezeichnet.
In der Nacht gelang es endlich, der Gruppe S ch n e w e i ß die Menage zuzu-
schieben. Eine kurze Strecke mit Tragtieren transportiert, mußte sie dann über
die Kempel-Höhe und Casara Trentin in vielstündigem, beschwerlichstem Marsch
bei Nacht und Nebel von den eig. Leuten weitergetragen werden. Auch am 25.,
26. und 27. Mai hielt die Gruppe S ch n e w e i ß, allen Angriffen des Gegners
trotzend, aus Corno di campo Verde stand. Die 6. Komp. S ch a ch n e r und die
8. Komp. Edelhauser standen mit der M.G.A. Siegel in der Feuerlinie.
Der 6. Komp. Lorenzoni oblag die Sicherung gegen Norden, während die
7. Komp. Woloczanski als Gruppenres. am Westhang des Bergrückens
lag. Rechts davon stand, zur Gruppe gehörend, das I. Baon L.J.R. 26. Die
Kämpfe auf Corno di campo Verde sind infolge Überwindung außergewöhnlicher
Terrainschwierigkeiten durch hervorragende physische Leistungen einer isolierten
Truppe im Hochgebirge besonders beachtenswert. Durch die rasche, heldenhafte
Besitznahme und Verteidigung des Corno di campo Verde war die Erstürmung
des Kempel-Massives gesichert.
Am 27. Mai nachmittags wurde die Gruppe S ch n e w e i ß von einem b.h.
Iägerbaon abgelöst.
Die herrlichen Leistungen österr. Truppen und nicht zuletzt die Helden-
kämpse unseres Rgts. fanden, wie nachfolgende Zuschriften beweisen, allseits
gebührende Anerkennung.
4V
Das vom Einj. Skala zur Waffenstreckung überredete ital. Rdfbaon Nr. 6 bei La Bochetta.
26. Mai 1916.
Armeeoberkommandobefehl.
Standort am 23. Mai 1916.
„Heute vor einem Jahr hat Italien seinen lang geplanten und sorgfältig vorbereitelen
Verrat an der Monarchie durch die Kriegserklärung gekrönt. über eine halbe Million
Feuergewehre stark, den Krästen unserer Verteidigung achtfach überlegen, stand damals das
fdl. Heer drohend an unserer Grenze. Mit vermessener Ruhmredigkeit versprachen die
führenden Männer drüben dem betörten Volke einen leichten und sicheren Sieg. In raschem
Ansturm sollten die italienischen Waffen über die „unerlösten" Gebiete hinaus bis in das
Herz unseres Vaterlandes getragen werden und mit dessen Zertrümmerung den Weltkrieg
entscheiden. Die furchtlosen Verteidiger aber geboten dem verhaßten Gegner überall halt,
wo es meine Befehle bestimmt hatten. Unser Siegeslauf im Norden ward durch den heim-
tückischen Aückenangriff nicht gehemmt. Allmählich vermochte ich dann unseren schwachen
Grenzschutz durch freigewordene Truppen zu stärken, wenn es die Lage forderte. Vier
Schlachten am Jsonzo, zahllose Gefechte an der ganzen Front vom Stilfserjoch bis zum
Meere haben mein Vertrauen in die Kraft unserer Abwehr glänzend gerechtfertigt. Wäh-
rend dieser Zeit wurde Galizien vom Fde. befreit, ein weiteres fdl. Gebiet in Besitz ge-
nommen, Serbien niedergeworfen, Montenegro und Albanien erobert. Bis vor kurzem ver-
mochten nur unsere tapfere Flotte und unsere braven Flieger Schrecken und Verwirrung
auf ital. Gebiet zu trägem Fast ein volles Jahr mußten wir uns gedulden, ehe die Stunde -
des Angriffes, der Vergeltung schlug. Endlich ist diese Stunde gekommen! Schon unser
erster Ansturm brach eine gewaltige Bresche in die fdl. Front. Viel ist getan, mehr noch
bleibt zu tun übrig. Ich weiß, ich fühle es: Tapferkeit und Ausdauer werden es leisten.
Soldaten der Südwestfront! Vergesset nicht im Kampfe, daß Italien an der Verlänge-
rung dieses Krieges schuldig ist; vergesset nicht die Blutopfer, die er gekostet hat. Befreiet
Eure Heimat von den Eindringlingen; schaffet der Monarchie auch im Südwesten die
Grenze, deren sie für ihre künftige Sicherheit bedarf. Meine innigsten Wünsche, die
innigsten Wünsche aller Eurer Kameraden begleiten Euch!
Erzherzog Friedrich, Feldmarschall."
Korpskommandobefehl.
„Ich kann den heutigen Tag nicht vorübergehen lassen, ohne den Führern und den
Truppen meinen Dank und meine Anerkennung für den erreichten großen Erfolg aus-
zusprechen. Ich danke den Führern für ihre überlegten Anordnungen, auch der Inf. für
ihr schneidiges, todesmutiges Angehen, der Art. für ihre zweckbewußte und außerordentlich
wirksame Vorbereitung und Unterstützung der Jnf.-Kämpfe. Der heutige Tag gibt mir die
Gewähr, daß kein Gegner unserem Ansturm widerstehen kann. Wir haben heute das
erste Mal in diesem Kriege den fdl. Boden betreten. Gott gebe, daß wir auf ihm am
Schlüsse des Krieges dem Feinde das Gesetz diktieren. Se. Exzellenz, der Armeekmdt.,
beglückwünscht die siegreichen Truppen zu den bisherigen Erfolgen auf das herzlichste und
spricht dem tapferen 3. Korps den wärmsten Dank im Namen des allerhöchsten Dienstes aus.
Krautwald, FML."
Regimentskommandobefehl.
„Die Leistungen des Rgts. haben die Anerkennung Se. Majestät, unseres obersten
Kriegsherrn und geliebten Kaisers, sowie aller unserer unmittelbaren Vorgesetzten errun^
gen, doch ich habe Offz. und Mann kämpfen gesehen. Wie stolz ich auf mein Rgt. bin
und wie sehr ich mich fteue, nun zum LJR. 3 überseht worden zu sein, bedarf keiner
Versicherung. Daß der Sieg unser sei, das walte Gott! Hurra, meine Braven!
Tenner, Obstlt."
41
jf
11. Die Kämpfe bei Malga Portule, Mte. Meata und die Erstürmung des
Mte. Cueco.
(Hiezu Beilage 45.)
Als das Rgtskmdo. um 16 Uhr des 24. Mai mit dem I. und III. Baon bei
La Bochetta eintraf, wurde es vom anwesenden Brigadier Oberst v. Ellison
wie folgt orientiert: „Gruppe Schneweiß im Angriff über Casara Trentin
gegen Corno di eampo Verde; Gruppe Hausner, II. L.J.R. 26, nach Besitz-
nahme von Höhe 2101 im Vorgehen gegen Mte. Colombarone; Gruppe Kis-
varday, UI. L.I.R. 26, im Raume Höhenrücken gegen Aja bell’ Orsara—Mga.
Portule, Front nach Süd im Kampfe mit überlegenem Gegner. 2. Komp. Paw-
licz und 11. Komp. Breuer, L.I.R. 3, sind sofort der Gruppe Kisvarday
zur Unterstützung nachzusenden!" — Während die beiden Komp, abrückten, nah-
men das I. und III. Baon vorerst gedeckt Aufstellung am Westhange des Kempel-
Rückens.
Der Horizont des für die nächsten Kämpfe in Betracht kommenden Raumes
lief im Süden entlang des schmalen, gratähnlichen und zerklüfteten, mit Eis
bedeckten Höhenrückens gegen Mte. Meata, verlor sich im Südosten, wo die
beiden bereits im Frieden ausgebauten Armierungsstraßen einerseits von Bo-
chetta—Mga. Portule über Mte. Cucco, andererseits von Mga. Portule über
Mte. Meata—Casara Meata führen, in eine von dichtem Krummholz durch-
wachsene, an mächtigen Steinblöcken und Dolinen reiche Niederung und war
in östl. Richtung durch den steilwandigen, festungsartig aufspringenden Rücken
der Cima bell’ Arsenale begrenzt. Die in das Bai di Portule übergehende Niede-
rung, überall vom Mte. Meata flankiert, wird durch den aus ihr hoch aufragen-
den und einen wichtigen Kampfpunkt bildenden Mte. Cucco in zwei Teile
geteilt. Das Gelände mutzte für den Angriff als äußerst schwierig, für die Ver-
teidigung, von der Natur in jeder Beziehung begünstigt, als ebenso vorteilhaft
bezeichnet werden.
Mit dem Eintreffen des Rgts. auf La Bochetta lag die Sattelhöhe bereits
unter starkem fdl. Art.-Feuer. Es blieb nicht lange unerwidert. Lt. Schwarz
ließ einige der erbeuteten Geschütze aus den Kavernen ziehen und gab den
Italienern nun zu kosten, wie ihre eigenen Geschosse schmecken. Bald darauf
trafen auch die ersten Geschütze der Bt. 3/9, 4/4 ein und eröffneten mit Erfolg
das Feuer.
Im zähen Ringen kämpfte indes die Gruppe Kisvarday mit dem
Gegner. Gelang es ihr auch, feine Übermacht an die Stelle zu bannen, so reichte
ihre Kraft doch bald nicht mehr aus, das flankenbedrohende stete Vordringen
neuer fdl. Mt. gegen Mga. Portule zu verhindern. Zur Verstärkung des linken
Flügels der Gruppe Kisvarday erhielt um 18 Uhr das Baon Reinhold
Befehl, in der Richtung Mga. Portule vorzustoßen. Mit der 1. Komp. A d a m e tz
und der 4. Komp. Krones in Feuerlinie, der 3. Komp. Kriz und MG.
42
Schwab in Res., rückte das Baon in der Dunkelheit auf gleiche Höhe mit
der Gruppe Kisvarday. Links vom Baon Reinho ld stand die 11. Komp.,
L.I.R. 26. Unermüdlich, nicht Nacht und Kälte achtend, über Stock und Stein
stolpernd, waren die braven Telephonisten bestrebt, sofort nach allen Seiten
Verbindungen zu legen. Als hiebei Korpl. Pagger und Gest. Machoritsch
sich in der Lücke zwischen dem Baon Reinhold und der 11. Komp. L.I.R. 26
einer kleinen Hütte näherten, hörten sie darinnen welsche Stimmen. Was ein
rechter Dreier ist, ist immer bereit, dem Fd. ein Schnippchen zu schlagen. Mit
wahrer Feldherrnstimme brüllte Pagger vor der Stadltür: „Ganze Kompagnie
Feuer!", worauf er gleichzeitig mit Machoritsch ein Schnellfeuer abgab.
Irgendwo in der nächsten Nähe, in der Finsternis unerkennbar, rannten
kreischende Italiener springend und stolpernd davon. Ein Capitano, ein Lt. und
ein Diener, die abseits in einer Hütte Schutz vor Sturm und Kälte gesucht
hatten, wurden gefangen und entwaffnet. Weiter die Leitung zu bauen und
auf die Gefangenen zu achten, war in der Nacht unmöglich. Korpl. Pagger
fand rasch die Lösung. Der Lt. bekam die Hebegabel, der Herr Capitano die
Drahttrommel, der Diener die Reservetrommeln. Don den beiden schneidigen
Telephonisten bewacht, besorgten die Gefangenen das weitere Legen der Leitung
zur vollsten Zufriedenheit. Das Baon Reinhold suchte sich, so gut es ging,
in der Finsternis zurechtzufinden. Die Nacht verhinderte es, über Stärke und
Aufstellung des Gegners Genaueres zu erkunden. Einem schneidigen Versuch
des Kdt. Lenz, mit einer Patrouille gewaltsam Einblick zu gewinnen, fiel
dieser tapfere Führer zum Opfer.
Vereinzelt, oft in nervöser Hast, sich bis zum Feuerüberfall steigernd, flamm-
ten die kurzen Blitze des fdl. Feuers aus der Finsternis auf. Vielfarbige Leucht-
raketen stiegen von beiden Seiten im Bogen hoch, erstürben zischend im Schnee
oder leuchteten, im Krummholz hängen bleibend, wie Irrlichter durch die Nacht.
Eisigkalt bohrte sich der Höhenwind durch die Kleider. Der hartgefrorene Boden
gewährte weder Schutz, noch gab er ein Plätzchen zum Ruhen. Unter dem
ununterbrochenen „Fzszsz" der fdl. Geschosse verstrichen träge die Minuten,
schienen die Stunden endlos. Ungeachtet des fdl. Feuers bewegten und reckten
sich die Plänkler, um ihre steifgewordenen Glieder für den mit dem kommenden
Tage zu erwartenden Angriff beweglich zu erhalten.
Mit dem Frühlicht des 25. Mai nahm des Gegners Feuer wieder an Heftig-
keit zu. Irgendwo, hinter Krummholz, Felsblöcken, Rissen und Löchern ver-
steckt, nicht weiter als 600 Schritte entfernt, war uns der Fd. unsichtbar.
Aus der Richtung Mte. Meata und aus dem Galmarara-Tal schossen seine Ge-
schütze herüber. Bald wurde bekannt, daß der Fd. aus dem Val di Portule,
Richtung Casara Portule, Kräfte heranschob, um im Verein mit einem Vorstoß
von Cima üell' Arsenale sich wieder in den Besitz des Kempels zu setzen. Ins-
besondere ein Angriff gegen Mga. Portule, der von Mte. Cucco leicht unter-
43
stützt werden konnte, hätte große Gefahr bringen und die Trennung der beiden
Kampfgruppen Kisvarday und Reinhold einerseits, Hausner und
Schneweiß andererseits herbeiführen können. Um diese Angriffe im Keime
zu ersticken, erhielt die 10. Komp, unter der Führung ihres so oft schon aus-
gezeichneten Kmdtn. Oblt. Skok den Befehl, entlang des linken Flügels der
Gruppe R e i n h o I d gegen Casara Portule vorzurücken und nach dem Verbleib
der 12. Komp., L.J.R. 26, von der feit Stunden keine Meldung mehr vorlag,
zu forschen. Um 6 Uhr 30 setzte die 10. Komp, die Vorrückung an. Längs der
Armierungsstraße, die gegen Casara Portule führt, sich verschiebend, erfuhr
Oblt. S k o k von der im Kampf befindlichen 11. Komp., L.J.R. 26, daß der größte
Teil der 12. Komp., L.J.R. 26, nächst Casara Portule gefangen worden sei und
stärkerer Fd. das Blockhaus besetzt halte. Ohne einen Augenblick zu zögern,
faßte Oblt. S k o k den Entschluß, den durch den Gegner drohenden Einbruch
durch Erstürmung des Blockhauses zu vereiteln und wenn irgend möglich, die
gefangenen Kameraden des L.J.R. 26 zu befreien. Um des überlegenen Fds.
rasch Herr zu werden, griff Oblt. S k o k zu einer List. Er schob einen Teil seiner
Komp. sudi. von der Armierungsstraße gedeckt hinter eine Bodenwelle nahe
an das Blockhaus heran, um durch heftiges Feuer die Aufmerksamkeit des
Gegners in diese Richtung zu lenken. Er selbst überquerte die Straße gegen
Nord und ging im Deckung bietenden Krummholz derart in nordöstl. Richtung
vor, daß er ungesehen bis auf Sturmdistanz an das Blockhaus herankommen
konnte. Es war keine leichte Aufgabe für die Komp., sich ungesehen durch das
ineinandergewachsene Krummholz einen Weg zu bahnen. Trotz der herrschenden
Kälte rann den Wackeren dicker Schweiß über die Stirne. Aber im Vorgenuß
der den Italienern bereiteten Überraschung nahm man alle Kratzer, welche die
Äste und Felskanten verursachten, geduldig in Kauf. Fast wäre die Abt., die,
um in Deckung zu bleiben, unausgesetzt die Front ändern mußte, von der
richtigen Direktion abgeirrt. Doch die Italiener, die, wie erwartet, sofort das
Feuer gegen die Gruppe füdl. der Armierungsstraße eröffnet hatten, halfen
durch ihr Geschrei mit, wieder die richtige Direktion zu finden. Nun war Skok
mit den Seinen heran. Nach einer kurzen Atempause zur Fertigrichtung der
Handgranaten und einem fdjrtHen Pfiff mit folgendem entschiedenen „Vorwärts"
stürzten unsere Dreier, die Bajonette gefällt, mit aller Wucht aus dem Krumm-
holz hervor. Krachend krepierten die Handgranaten in den Reihen des Feindes.
Ein frohes „Hurra" und schon rangen sie im Handgemenge. Da beginnt aus
dem besetzten Blockhaus neuer Fd. zu quellen. In Rudeln pressen sie sich heraus,
um in den erbitterten Kampf einzugreifen. Fldw. Schreinlechner erkennt
die Gefahr dieses fdl. Zuzuges. Zwei, drei Handgranaten wirft er. Was ihm
noch den Weg versperrt, fegt er mit dem Gewehrkolben hinweg. Mit mächtigen
Sprüngen ist er bald mitten unter den Italienern am Blockhaus. Ehe die ver-
dutzten Feinde die Situation erfassen, bricht Gest. Spiegler mit seinen Leu-
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ten, von der anderen Seite kommend, in ihre Reihen ein. Wie am Schnürchen
arbeiten die beiden Gruppen Schreinlechner und S p i e g l e r zusammen.
Schon sind weitere Leute heran und besetzen, trotzdem der Kampf noch um sie
tobt, die Fenster des Blockhauses. Dröhnend platzt eine durch das Fenster
geworfene Handgranate, während Schreinlechner mit wenigen Leuten
tollkühn das Blockhaus stürmt. Ein kurzes, erbittertes Ringen — — und der
Mut der kleinen Schar hat gesiegt. Während die Blockhausbesatzung sich ergibt,
trachten entfernter stehende Italiener in der Flucht ihr Heil zu suchen. Doch
zu spät! Schon hat die südl. der Armierungsstraße vorgegangene Abt. ihnen den
Weg durch Feuer verlegt. Die vordersten Flüchtlinge stürzen getroffen zusam-
men, der Rest des Feindes ergibt sich. Die 10. Komp, macht 3 Offiziere und
200 Mann zu Gefangenen und befreit die gefangenen 26er, unter denen sich auch
ihr verwundeter Komp.-Kmdt., Hptm. K o r d i k, befand. Außer den Genannten
zeichneten sich u. a. noch die Ins. Feiertag, Filipowski, Gastl, Hai-
der, Patynek, Schmid Lorenz und Werdisch besonders aus. Die
todesmutige Tat der 10. Komp, und ihres wackeren Kmdtn. vereitelte den
Durchbruch des Gegners. Sie bot ein rühmliches Beispiel hervorragender Tapfer-
keit und besonderer physischer Leistungsfähigkeit der Truppe und selbständigen,
initiativen Handelns im geschickt angelegten und rasch durchgeführten Angriffe.
Der tapfere Fldw. Schreinlechner wurde mit der Gold. T.M. ausgezeichnet.
Die 22. L.I.T.D. hatte zunächst den Raum um Mte. Meata, in weiterer
Folge den Raum zwischen Assa- und Potule-Tal zu gewinnen. Die 18. IBrig.
führte den Angriff aus Mte. Meata und Höhenwand südl. davon durch. Durch
einen kräftigen Stoß nach Süden hatte die 43. IBrig. diesen Angriff zu unter-
stützen. Die Gruppe Reinhold, bestehend aus 11., 12. Komp., L.I.R. 26, 3/4
1. Baon und 4. Komp. L.I.R. 3, hatte sich unter Zurücklassung von Sicherungen
gegen den Raum Mte. Cucco derart auf Cima dell' Arsenale zu verschieben, daß
bei Morgengrauen ein überraschender Stoß nach Süd den Grat südl. Cima dell'
Arsenale bis östl. Mga. Portule erreiche und eine fdl. Flankierung von Ost
unmöglich mache. Zusammen mit dem Baon Hausner bildete Obstl. Rein-
hold die Kampfgruppe P a s s y. Die Kampfgruppe T e n n e r, 9., 10. L.I.R. 26,
2. und 3/4 III. L.I.R. 3 sowie das II. Baon I.R. 11, hatte den Angriff auf Mte.
Cucco durchzuführen. Um 7 Uhr des 25. Mai ging auch der Rest des III. Baons
M i l l a n i ch befehlsgemäß mit der 9. Komp. G s e l m a n n, 12. Komp. Kett-
l e r, der MG. H o s ch e k und der IGA. S ch w e tz auf dem Höhenrücken hinter
der Gruppe Kisvarday vor. Gleichzeitig traf das II. Baon I.R. 11 Obstl.
Lasek auf La Bochetta ein.
Das Baon L a L e k trat um 12 Uhr die Vorrückung an. Einzeln nach vorne
gesammelt, gelangte es kompagnieweise in das Portule-Tal, nördl. der Mlga.
Portule. Durch weitere Verschiebung entwickelte sich das Baon zur Schwarm-
linie in der Richtung gegen Süden. Der linke Flügel stand am Steilhang Cima
45
dell' Arsenale, der rechte an der Armierungsstraße gegen Mte. Cucco, somit
im rechten Winkel zur Front des Obstl. R e i n h o l d. Nach der Annahme der
Angriffsgruppierung des Baons LaLek gab Obstl. Tenn er als Gruppen-
Kmdt. den Befehl zur Vorrückung und Besitznahme des Mte. Cucco.
Das Gelände bekam plötzlich Leben. Die Plänkler, bisher verkrochen und
versteckt, sprangen aus und gingen trotz des sdl. Feuers ruhig, in der Miß-
achtung der Gefahr geradezu gespensterhaft aussehend und dem Gegner dadurch
umso größere Angst einflößend, langsam vor. Der Steirer kennt als Soldat
vor dem Feinde kein Laufen. Nicht nach vorwärts — schon gar nicht nach rück-
wärts. Auch während des stärksten Feuers beeilt er sich kaum; er zieht da die
Schultern nach vorne zusammen, neigt ein wenig seinen Kops und geht so in
Ruhe seinem Geschicke entgegen. Glänzend sind die Soldateneigenschasten der
Steirer, sowohl im Angriffe, als auch in der Abwehr. Willig und gehorsam,
ruhig und standhaft harren sie im schwersten Feuer aus. Wenn es gilt, an den
Fd. heranzukommen, scheuen sie keine Gefahr und nehmen das Schwerste als
etwas Selbstverständliches auf sich. Sie sind Männer mit Löwenherzen, vom
Gemüte wahre Kinder, an ihnen ist alles natürlich. AIs Krieger und Kameraden
treu und verläßlich, haben sie von alters her noch stets die Anerkennung als
wahre Soldaten erzielt.
Die Vorrückung der Gruppe Tenner löste anfangs beim Gegner ein
außerordentlich lebhaftes Art.- und Fnf.-Feuer aus. Das Baon R e i n h o l d,
das im tiefen Schnee einen Höhenunterschied von nahezu 250 Meter zu über-
winden hatte, war besonders durch das flankierende Wirken fdl. MG. aus der
Richtung Mte. Meata in seinem Vorgehen behindert. Dessenungeachtet und trotz
der Schwierigkeit des Geländes rückten die Kol. rasch vor. Wieder ist es die
Bt. R o s s i, welche die Arbeit erleichtert und den Gegner durch wohlgezieltes
Feuer niederhält. Da erschallt von vorne erhöhter Gefechtslärm. Die vorgescho-
benen, in engster Fühlung befindlichen Petrouillen sind zum Angriff bereit. Wie
ein Magnet zieht der vorne tobende Kampf die Sturmkolonnen an. Der Körper
fühlt keine Schwere, jegliche Müdigkeit ist gewichen. Der Gedanke, den Feind
zu verjagen, elektrisiert alle. Im „Vorwärts!" weiß keiner, wie er über das
letzte Stückchen Weg, das ihn von den fdl. Bajonetten trennt, kommt, weiß
keiner, was rechts und links von ihm geschieht, wer bereits verwundet oder
gefallen ist. Alle Blicke find geradeaus gerichtet, festgebannt an eine Silhouette
da vorne, die trotz alles Wehrens ausgelöscht werden muß. So stolpern sie,
springen sie, den Oberkörper weit vorgeneigt, geduckt vorwärts. Bsssiu — bsssiu
— singen die Geschosse an ihnen vorbei — noch 20, noch 10 Schritte. Jetzt sprmgt
der ins Felsengewirr geschmiegt gewesene Fd. hoch. Waffen und Leiber prallen
aneinander. Nahkampf, Handgemenge. Ein Teil des Fds. nimmt Reißaus gegen
Roccola Dubiello, der Rest gibt sich gefangen. Nun steht das I. Baon Rein-
hold mit drei Kompn. am Mte. Cucco, das II. Baon I.R. 11 links davon im
4k
Anschluß mit dem linken Flügel beim Grat vom Lima bell’ Arsenale an das
II. Baon L.I.R. 26. Bei diesen Kämpfen hatten sich unter anderem besonders
ausgezeichnet Fhr. Stiger, Kdt. Lenz, Zgsf. P i r k e r, Korpl. T a h e d l
und die Gest. Felder und G a l I.
Tränenfeuchten Auges sammelten die Leute der 3. und 4. Komp, tannen-
grünen Bruch, um die Tragbahren zu schmücken, auf denen ihre geliebten, beim
Sturm auf Mte. Cucco gefallenen Kameraden, Lt. Paul Stühlinger und
Kdt. Anton Lenz, lagen. Als der Abend sich niedersenkte und die ersten Stern-
lein am Himmel glitzerten, stand nächst der Kaverne auf La Bochetta Feldkurat
Steiner segnend am offenen Grabe der beiden. Unter dem Donner der
Geschütze erklangen die Worte des Rgtskmdtn. Obstl. Tenner: „Bei den
Kameraden werden sie als Helden, die das Höchste, das Einzige, ihr junges,
hoffnungsvolles Leben auf dem Altar des Vaterlandes geopfert haben, fortleben."
Währenddessen hatten die Kämpfe aus Mte. Meat-a ihren blutigen Fortgang
genommen. Hier stand der Gruppe Kisvarday, an deren linkem Flügel die
eig. 2. Komp. Lt. Pawlicz kämpfte, u. a. das erst vor kurzem eingesetzte
fdl. Radfahrbaon Nr. 6 gegenüber. In der Nacht vom 24. auf den 25. Mai war
ein schweres Hagelwetter niedergegangen, durch das die deckungslos vor dem
Feind liegenden Kämpfer im Morgenfroste nahezu erstarrten. Bereits viermal
innerhalb der letzten 12 Stunden hatte der Feind versucht, die Gruppe
Kisvarday zurückzudrängen. Obwohl der frisch eingesetzte Fd. mit zähem
Ingrimm seine mehrfach überlegenen Reihen vortrieb, waren ihm nur schwere
Verluste und keine Erfolge beschieden. Als die ersten Sonnenstrahlen am 25. Mai
das Kampffeld überzitterten, lagen sich die beiden Linien auf etwa 60 Schritte
gegenüber. Freund und Feind hatten unter der Unbill der Witterung, den
ununterbrochenen Kämpfen und schweren Verlusten arg gelitten. War auch
keiner augenblicklich fähig, einen entscheidenden Erfolg zu erringen, so
schienen die Italiener durch die günstigere Stellung und überwiegende Zahl
im Vorteil. Zum mindesten mußte ein Erfolg unsererseits mit schwersten Opfern
erkauft werden. Da versuchte der Einj.-Frw. Zgsf. Skala der 2. Komp.
L.I.R. 3, die augenblicklich durch die großen Verluste entstandene gedrückte
Stimmung des Fds. ausnützend, den Gegner zur Waffenstreckung zu bewegen.
Trotz des verheerenden Art.-, MG.- und Inf.-Feuers schlich er, begleitet von
einem Mann, ganz nahe an die fdl. Stellung heran. Hinter einem Stein gedeckt,
ließ er, der ital. Sprache mächtig und der ital. Volksseele kundig, eine schlaue
politische Rede los, stand auf, zeigte sich den Italienern waffenlos und forderte
sie, ihnen schweres Art.-Feuer aus der Flanke und einen mächtigen Angriff an-
drohend, zur Übergabe auf. Die klug angelegte Rede verfehlte ihre Wirkung
nicht. Zuerst kamen sie in kleinen Gruppen und bald war es eine lange Reihe.
Einer zögerte, und als er gefragt wurde, warum er zurückschaue, antwortete der
Mann folgendes: „Warten Sie, Herr, dort kommt auch der Capitano." Theatralisch
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überreichte dieser dem schneidigen Zgsf. seinen Revolver mit den Worten: „Was
für Feiglinge sind doch meine Leute!" Hieraus ergab sich das ganze, 6 Offz. und
über 400 Mann zählende Radfahrbaon. Es hatte in dieser Nacht an 30 Tote
und 45 Verwundete zu beklagen. Nun setzte die Gruppe Kisvarday, die
Reste des Fds. vor sich hertreibend, die Vorrückung bis auf die Höhe Aja bell’
Orsara fort. Als um 19 Uhr auch die südlich davon gelegene Höhe Mte. Meata
im kühnen Angriff durch I.R. 73, allen voran die 3. Komp, unter Oblt. La-
vante, genommen wurde, war der ganze von Norden nach Süden verlaufende,
gegen Österreich steil abfallende Kempel-Rücken im Besitze der 22. L.I.T.D. Die
Truppen dieser Division haben mit ihren Kmdtn., GM. von Kochanowski
und Dions-Gstbchef Obstl. PI a ch o t a, während der geschilderten Offensiv-
kämpse hervorragende Leistungen vollbracht. Stark ausgebaute, uneinnehmbar
scheinende Höhenstellungen waren erobert worden. Unbeschreiblich war die
Siegesfreude, als die schwarz-gelbe Fahne die Höhen des einstigen Zimbern-
landes zierte. Das Kommando der Truppendion trug die Hauptverantwortung,
ihm gebührte auch das Verdienst.
Der Dionskmdt. GM. von Kochanowski richtete an die seiner Dion,
unterstellten Truppen nachstehenden Befehl:
„Die Truppen der Dion und deren Führer haben sich schon bei Bezwingung der
Cima Leve — Marcai-Stellung unvergängliche Lorbeeren erworben. Dazu trat die rastlose
Berfolgung des geschlagenen Fds., die Ersteigung wegloser Felshänge über den Kempel-
Rücken im fdl. Feuer. Der heutige Tag brachte die Früchte für die über alles Lob erhabenen,
keine Schwierigkeiten kennenden, höchsten Opfermut der Kämpfer zeigenden Leistungen der
Truppen, ön der Schlacht am Mte. Cucco — Mte. Meata — Casara Meata hat die Dion,
dem Fde. Schläge versetzt, die höchste Wucht bedeuten. Ungeheuer groß sind seine bluti-
gen Berluste. Wir nahmen chm heute fast 50 Offz., zirka 3000 Mann und zahlreiches Kriegs-
material ab. Dieser herrliche Sieg muß uns begeistern und mit der Zuversicht erfüllen, daß
wir diesen Fd. zerschmettern, wo wir ihn finden. Führer und Soldaten aller Grade! Euch ge-
bührt mein tiefempfundener Dank und meine höchste Anerkennung für Eure Heldentaten."
12. Die Einnahme des Monte Zoviello, Roecolo Dubiello und des Monte Zebio.
(Hiezu Beilage 45.)
In der Nacht vom 25. auf den 26. Mai stand das Rgt. mit dem III. Baon,
der 2. Komp, und dem Alpindetachement anschließend an das Baon Kisvar-
day nächst Aja bell’ Orsara, mit dem I. Baon links anschließend am Mte. Cucco,
rechts im Anschlüsse an Teile des I.R. 11. Das II. Baon im Verein mit dem
Baon Hausner war auf Cm. di Campo verde, Colombarone und Cm. bell’ Ar-
senale mit der Front gegen die vom Fde. besetzten Objekte nächst Kote 1854.
Teile des I.R. 73 standen auf Mte. Meata.
Der Feind, der aus der Richtung Asiago ein lebhaftes Geschützfeuer unter-
hielt, machte sich durch heftiges MG.-Feuer aus der Straßenscharte bei „u" von
Casara Portule i sotto schwer fühlbar und ließ durch lebhafte Bewegungen
48
Armierungsstraße vom Kempelrücken ins Val Galmarara, rechts Lra. Portule.
'
—■
im Raume Cm. di campo Bianca, Mte. Zingarella, Mte. Zebio, Mte. Dorole
stärkeren Widerstand erwarten. Es mußte damit gerechnet werden, daß der
Fd. alles daran setzen werde, diese letzte, die Hochfläche von Asiago schirmende
Barriere hartnäckig zu verteidigen, dies umsomehr, als dieser Höhenzug sich
überall mindestens 300 Meter steil aus dem vorliegenden Galmarara-Tal erhebt
und zur leichteren Verteidigung schon aus der Friedenszeit her mit mehreren
Werken belegt war. Trotz der großen Zahl von Gefangenen mußte der Gegner
noch über überlegene Kräfte verfügen, da im Kampsraume der Dion. Truppen
der 155., 156., 205. und 206. Brigade festgestellt waren, über deren augenblick-
lichen Aufenthalt trotz Aufklärung keine verläßlichen Nachrichten vorlagen.
Tatsächlich tauchte am Morgen des 26. Mai vor dem linken Flügel der
Gruppe S ch n e w e i ß neuer Fd. mit heftigem MG.-Feuer vom Cm. di campo
Bianco auf. Da die nächst Aja dell Orsara stehenden Baone Kisvarday und
M i l l a n i ch ihre Aufgabe gelöst hatten und durch die Erstürmung des Mte. Meata
entbehrlich waren, befahl das 43. L.I.Brigk. unter Zurücklassung der Halbkomp.
Kleinrath und der J.GA. Sch wetz das Baon Kisvarday zur Ver-
stärkung der Gruppe S ch n e w e i tz, während sich das III. L.I.R. 3 als Brig.-
Res. in der Doline nördl. Mlga. Portule zu sammeln hatte. Die 2. Komp. Paw-
licz hatte aus Mte. Cueco einzurücken. Das I. Baon, das Hptm. Siegel
übernommen hatte, mußte nach Abziehen des II. Baons J.R. 11 die Front bis
zum Steilrande der Cima dell Arsenale übernehmen. Um 15 Uhr begann das
lll. Baon den Abstieg. Der Marsch ging anfangs durch das Krummholz, dann
über schneebedeckte freie Stellen in einzeln abfallenden Kolonnen der von der
Meata gegen La Bochetta führenden Straße zu. Fdl. Inf. und MG. nahmen
das Baon am Höhenzuge des Mte. Zoviello unter scharfes Feuer. Nur der
geschickten Führung durch die einzelnen Kmdtn. und dem energischen Eingreifen
der Bt. 3/9 sowie des MG.-Kmdtn. Oblt. Schwab, dem es durch wohlgezieltes
Feuer gelang, den Fd. niederzuhalten, war es zu danken, daß das Baon den
gefährdeten Raum ohne Verluste passieren konnte. Inzwischen versuchten vor-
geschobene Detachements die Lage beim Fd. zu klären. War diese Ausgabe schon
durch das Gelände äußerst schwierig, so machte sie der dichte Latschenbestand
und die dadurch bedingte Unübersichtlichkeit äußerst mühsam und zeitraubend.
Eine Komp. J.R. 73, die um 11 Uhr 30 nächst Roccolo Dubiello auf den Fd.
stieß, mußte trotz tapferstem Versuch, den Fd. zu durchbrechen, vor der Über-
macht weichen. Um 15 Uhr versuchte der Fd. im einstigen Kampfraume des
J.R. 11 anzugreifen. Im Flankenfeuer der MG. Schwab brach der Angriff
zusammen. Als der Feind gegenüber der aus Cm. Arsenale stehenden Kump.
Vaupotic und auch nächst Kote 1690 neue Abt. einsetzte und ein Versuch
der Halbkomp. Kleinrath, südl. Roccolo Dubiello vorzudringen, ebenfalls
scheiterte, mußte, dem fdl. Widerstand Rechnung tragend, für den weiteren
Angriff eine neue Gruppierung der Kräfte vorgenommen werden.
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In der Nacht vom 26. auf den 27. Mai verschlechterte sich das Wetter. Hagel
und Schnee zehrten an der physischen Kraft der Truppe und machten sich umso
fühlbarer, als man, seit Tagen im Kampf stehend, nicht geschlafen hatte und nicht
ordentlich verpflegt werden konnte. Das Brigkmdo. hatte zur Neugruppierung
die Ablösung des II. Baon S ch n e w e i ß befohlen und dieses angewiesen, mit
der Granatwerserabt. und dem I. Baon L.I.R. 26 sich als Brigres. nächst Mlga.
Portule bereitzustellen. Das III/L.J.R. 3 Millanich, Halbkomp. Klein-
rath und III/L.J.R. 26 hatten sich auf Cm. dell Arsenale, Stoßrichtung Süd,
zu gruppieren, während das I/L.I.R. 3 S i e g e l vorläufig auf Mte. Cuceo ver-
bleiben und später links im Anschluß an die 18. Brig. gegen Roccolo Dubiello
vorstoßen sollte.
Obstl. Senner, der mit dem Rgtsstab zur Mlga. Portule nachgerückt war,
besuchte in den Vormittagsstunden die Truppen. Er fand überall trotz des durch
Wetter und Strapazen geschwächten Zustandes Angriffslust. Diese steigerte sich
zur Begeisterung, als es um 14 Uhr gelang, den Truppen Verpflegung zuzu-
schieben. In kurzer Zeit stiegen allüberall schwache Rauchfahnen zum Himmel,
um die kleine Gruppen ihren Kaffee kochten. Ein „Kafseefeuerl" war für den
Steirer im Kriege ein vielvermögender Freudenbringer. Mochte es stürmen und
hageln, mochten die Verpflegung und die ersehnten Briefe der Heimat tagelang
ausbleiben, mochte die Schlacht noch so heiß toben, der Fd. noch so wütend mit
seinen Kanonen schießen, war man doch guten Sinnes, wenn nur so viel Zeit
blieb, zwischendurch ein „Kafseefeuerl" anzuzünden. Weit herum mußten sie, die
Unverzagten, klettern, um ein Stückchen halbwegs dürres Holz zu finden. Nicht
minder mühsam trugen sie in Eßschalen reinen Schnee zusammen, um das man-
gelnde Wasser zu ersetzen. Viel Geduld bedurfte das Feuermachen mit feuchtem
Latschenholz am nassen Boden. Wenn sie dann, an der prasselnden Glut sitzend,
den schlängelnden Rauchfahnen nachsahen und an den heimatlichen Herd denken
konnten, da waren sie guter Dinge. Bald da, bald dort, sprang, gestärkt mit
einem Schluck Kaffee, ein Lacher, ein Witz oder ein Scherzwort auf.
Einzeln abfallend, bahnte sich das III. Baon Millanich, vorerst in nord-
östl. Richtung gegen Colombarone, den Steilhang traversierend, durch Schnee
und Gestein den Weg, bog auf halbem Hange südöstl. ab und gelangte um 7 Uhr
abends auf Cima dell' Arsenale an. Inzwischen war auch das III. Baon L.I.R. 26
auf Cima dell'Arsenale eingetroffen und die telephonische Verbindung dahin
hergestellt. Die von einem Aussichtpunkte vorgenommene Orientierung ließ in
das tiefeingeschnittene Galmarara-Tal freien Einblick zu. Die Steilwände
im Osten des Tales waren in Nebel gehüllt. Nach dem Abziehen des Nebels
konnte man in der einbrechenden Dunkelheit noch deutlich die einzelnen Berg-
gipfel unterscheiden. Im Nordosten erhebt sich der kegelförmig aufragende 2043
Meter hohe Corno di campo Bianca, genau östl. gegenüber der 1907 Meter hohe,
mit Steilwänden in das Galmarara-Tal abfallende Mte. Zingarella, dessen
50
Rücken in südl. Richtung über Mte. Zebio (1778 Meter) bei eintretender Dunkel-
heit sich der Sicht entzieht. Im südlicheren, etwas niederen Teil des Geländes
sah man die dunkelgrüne Färbung des Nadelwaldes, der aus Krummholz und
bergab anschließend aus Fichten bestand. Der nördliche, höhere Teil war kahl,
felsig und mit Schnee bedeckt.
Brigkmdt. Obst. von Ellison war währenddessen ebenfalls auf Lima
dell'Arsenale eingetroffen. Nach Entgegennahme der Meldungen über die Ge-
fechtslage und nach persönlicher Orientierung über das Vorgelände befahl er dem
III. Baon (ObftI MilIanich) die Vorrückung gegen Mte. Zoviello; das II.
und III. Baon L.I.R. 26 blieben als Brigres. auf Lima dell' Arsenale zur Nächti-
gung. Der Brigkmdt. selbst schloß sich der Vorrückung an.
Die Vorrückung des III. Baons begann um 20 Uhr bei einbrechender Dun-
kelheit und starkem, mit Hagel vermischtem Regen. Die Kompn. gingen in
enger Fühlungnahme, dicht nebeneinander, auf den schmalen, beiderseits steil
abgeböschten Felshängen in südl. Richtung vor. Nach kurzer Zeit wurde es
völlig finster; das dichte Krummholz bildete in der Finsternis ein kaum zu
bewältigendes Marsch- und Orientierungshindernis. Ohne die Bussole mit
beleuchtetem und einstellbarem Marschrichtungspfeil und die erforderliche Kraft-
anstrengung wäre ein Weiterkommen nicht denkbar gewesen. Es war eine an-
strengende Nacht, die der Oberstbrigadier hier mit dem III. Baon verlebte. Naß
und erschöpft bezogen die Truppen, im Bewußtsein, das Beste geleistet zu haben,
um 3 Uhr morgens die erreichte Linie, sicherten sich selbständig und stellten mit
dem I. Baon (Hptm. Siegel) am rechten Flügel die Verbindung her.
Mit den erreichten Höhenstellungen östl. des Kempel-Rückens war ein wei-
terer Abschnitt der Offensive für das Rgt. beendet. Ohne große Verluste, die
nur einen Bruchteil jener des Gegners ausmachten, wurde eine Reihe herrlicher
Waffentaten vollbracht, der Erbfeind zum ersten Mal während des Krieges im
größeren Umfang geschlagen und das welsche Land betreten.
Im ununterbrochenen Regen und vom Sturm gepeitscht, standen die Feld-
wachen und lauschten in die Nacht hinaus, während die Truppen, in längst
durchnäßte Zeltblätter gehüllt, kauernd und vor Kälte zitternd den jungen
Tag erwarteten. Der 28. Mai brachte einen kalten, nebeligen Morgen. Das
I. Baon Siegel setzte, nachdem es die 3. Komp. Kris bereits nachts voraus-
gesendet hatte, seine Vorrückung in südöstl. Richtung fort und erreichte ohne
nennenswerte feindl. Einwirkung um 8 Uhr 30 Roecolo Dubiello. Um 10 Uhr
rückten die 2. Komp, und der MG.-Zug Potoschnig, in^östl. Richtung in
das Galmarara-Tal tief absteigend, gegen den Mte. Zebio vor. Vor der Errei-
chung der Talsohle entsandte die Komp, mehrere Patrouillen auf die einzig
besteigbare Stelle, das ist die Sattelhöhe nördl. vom Mte. Zebio, zur Auf-
klärung vor und folgte diesen in kurzem Abstande. Auf der Höhe lagerte dichter
Nebel, der infolge der schlechten Sichtverhältnisse das Unternehmen begünstigte.
51
Der Widerstand der schwachen sdl. Nachhuten war gering. Im überraschenden
Feuerüberfalle geworfen, traten sie sofort den Rückzug an. In der Folge rückte
das I. Baon der vorgeschobenen Komp, auf den Mte. Zebio nach, stellte mit der
rechten Nachbargruppe aus Mte. Dorole und mit L.J.R. 26 auf Mte. Zingarella
die Verbindung her, sicherte sich durch vorgeschobene Feldwachen und klärte
gegen Mte. Baldo sowie gegen das Nos-Tal auf.
Ein am Abend des 28. Mai eingebrachter Neapolitaner sagte aus, daß die
Rgter 89, 90, 150 und 152 vier Tage unter größten Verlusten in diesem Raume
gekämpft und sich am 27. Mai in östl. Richtung gegen zwei, etwa zweieinhalb
Wegstunden entfernte Forts zurückgezogen hätten. In diesem achttägigen Ringen
hatte sich die 22. L.I.T.D., soweit feststellbar, mit dem ital. Alp.Baon Ada-
mello V, den Brig. 165, 156, 205 und 206, im Kempel-Kämpfe mit dem Mil.-
Baone 82, den frisch herangebrachten Rgtern 73, 74, dem Bers.Baon 12 und
dem Rdf.Baon 6 gemessen, überall erzielten die unter Obstl. T e n n e r und
P a s s y stehenden Ldw.Rgter 3 und 26 durchschlagende Erfolge, die um so höher
zu bewerten sind, als die todesmutigen Steirer während der schwierigen Kempel-
Kämpfe lediglich auf die Unterstützung der braven GKBt. angewiesen waren.
Zur weiteren Aufklärung meldeten sich über Anfrage der Brig. Lt. T h a l-
hammer, Fhr. Oberhammer und Herb st Hofer sowie Kdt. Scholz
freiwillig als Patr.Kmdtn.
Als Brigres. brachen das II. Baon L.I.R. 3 um 6 Uhr nördl. von Casara
Portule, das III. Baon L.I.R. 3 um 8 Uhr 30 vom Mte. Zoviello auf und trafen
zwischen 13 und 14 Uhr bei der Finanzwachkaserne im Galmarara-Tal ein.
Während das Rgtskmdo. bei der Finanzwachkaserne verblieb, nächtigten die
beiden Baone zunächst in Cra. Galmaretta. Die Sicherung oblag hauptsächlich
dem I. Baon Siegel. Im Lause des Tages waren 13 Gefangene eingebracht
worden.
Das Rgt. hatte seine Aufgabe vor der Erreichung der Kempel-Barriere
erfüllt. Die schwierigen Terrainverhältnisse sowie der Widerstand des Fds.
hatten aber das neuerliche Einsetzen des Rgts. in die erste Linie gefordert. Nun
sollte es nach Erreichen der Linie Mte. Zingarella—Mte. Zebio endlich in das
Reserveverhältnis treten und das so glänzend begonnene Werk von anderen
Truppen vollendet werden.
Die Erfolge des Rgts. in diesen denkwürdigen Tagen lassen sich auch teil-
weise aus dem erbeuteten Kriegsmaterial und der Anzahl der Gefangenen beur-
teilen. Seit dem Beginne der Offensive bis zur Einnahme des Mte. Zebio
erbeutete das Regiment: zwei 30.5-ow-Küstenverteiüigungsgeschütze, drei 21-om>-
Mörser, einen 18-ow-Mörser, sieben 15-6w-Mörser, sechs schwere 15-rm-Geschlltze,
drei 10-cm-Kanonen, ein 7.6-oio-Kavernengeschütz, zwei 6.7-ow-Gebirgskanonen,
drei Feldgeschütze, zwei Gebirgshaubitzen, vier MG., zwei neue Mitrailleusen
und eine alte Mitrailleuse, außerdem einen Scheinwerfer, größere Mengen Art.-
52
—
uni» Ins.-Mun., Telephonmaterial und zahlreiche Montur- und Ausrüstungs-
sorten. Die Zahl der Gefangenen betrug: 14 Osfze. und 1136 Mann, wobei das
vom Einj.-Frw. Zgss. Skala zur Waffenstreckung auf Aja dell' Orsara über-
redete Rdf.Baon Nr. 6 nicht eingerechnet ist, da der Genannte während der
Gefangennahme mit der 2. Komp, bei der Gruppe Hptm. Kisvarday,
L.I.R. 26, eingeteilt war. Die blutigen Verluste des Gegners waren ebenfalls
sehr bedeutend. Von den Offz. waren in den letzten Tagen Lt. Stühlinger
und Kdt. Lenz gefallen, Lt. Harsanyi wurde verwundet. Die Verluste an
Mannschaft waren aus 84 Tote und 409 Verwundete gestiegen.
Die Opfer waren im Verhältnis zu dem Erreichten gering, ein Zeichen
der guten Führung und Tapferkeit der Truppen.--------------------Kameraden,
ruhet in Frieden! Ihr ginget dahin, erlittet für Kaiser und Vaterland den
Heldentod. Das Schicksal, unbarmherzig gegen euch, gütig gegen uns, griff
wahllos in unsere Reihen. Es nahm blühende Jünglinge und reife Männer,
es nahm Vorgesetzte und Untergebene, Reiche und Arme. Sie alle ruhen im
Tode vereint. Im stillen Weh neigen wir unser Haupt vor dem Größten
der Großen, vor dem Allbezwinger — dem Tod. Das Irdische an euch liegt fern
der Heimat, in einer Erde, die durch euer Herzblut geweiht ist und von uns
treu bewacht wird. Eure Taten, eure Freuden und Leiden — von der jubelnden
Siegesbegeisterung bis zum letzten Blick, als euer Auge brach — sind uns ein
heiliges Vermächtnis, das wir vererbend treu hüten wollen. Kameraden! Nur
schlichte Kreuze zeigen eure Gräber, doch die Berge, die Felsen und Steine
sind Denkmäler für alle Zeiten, für unser Ringen, euer heldenhaftes Verbluten
für Österreichs Kampf und Sieg!
Noch am selben Tage drahtete das Höchstkmdo. unter Präs. Nr. 4858:
„Die heldenmütige, unter den schwierigsten Verhältnissen durchgeführte Erstürmung
des Kempel-Rückens, die rasche und initiative Besitznahme der schroffen Bergeshöhen Ern.
di Campoverde und Mte. Cucco durch die 22. L5TD. reihen sich würdig den glänzenden
Erfolgen des III. Kps. vom 20. und 21. Mai an. Wärmsten Dank im Naimn des aller-
höchsten Dienstes den braven, opferfreudigen Truppen und den zielbewußten Führern
dieser kampferprobten Dion."
13. Vor Asiago und Gallio.
(Hiezu Beilagen 45 und 46.)
Der 29. Mai war ein trüber, naßkalter, von Regengüssen erfüllter Tag.
Nach den Gefechtsbefehlen hatte die 18. I.Brig. im Raume Cra. Zebio für die
Vorrückung in füdöstl. uud südl. Richtung bereit zu stehen, die 11. J.Brig. den
Mte. Colombaro zu erreichen, während die 43. L.I.Brig. sich im Sattel Kote 1703,
Front gegen Ost, zu sammeln hatte. Das II. Baon war zu einem Geschütztrans-
port nächst Kote 981 ins Asia-Tal besohlen.
Um 7 Uhr trat das I. Baon, mit der 1. Komp. A d a m e tz als Vorhut, den
Vormarsch an; Rgtsstab, UI. Baon, Granatwerferabt. und I.G.A. folgten. Um
10 Uhr hatte die 1. Komp, die Höhe Kote 1727 erreicht, sich gesichert und die
Verbindung nach rechts mit der 18. I.Brig., nach links mit L.I.R. 26 auf-
genommen. Die anderen Teile der Kol. bezogen bei Kote 1703 Lager. Die
3. Komp, des XVU. Ma.Baons rückte zum Rgte. ein und wurde ausgeteilt.
Oblt. Wurtinger arbeitete mit Pionieren, Sappeuren und einer Arbeiter-
abt. an einem Verbindungsweg vom Galmarara ins Nos-Tal. Zur Aufklärung
war Lt. Thalhammer über Cas. Zebio und den Katze-Rücken auf Asiago,
Lt. K l e i n r a t h mit seiner Halbkomp, und 2 MG. unter Stbsslw. S ch e h l
über Mte. Baldo gegen den Mte. Sbarbatal entsendet worden.
Am Morgen des 30. Mai krochen Offz. und Mannschaften des Rgts. aus
ihren auf schneefreien Stellen, aus Pölstern des Heidekrautes errichteten Zelten.
In der Nacht hatte es geregnet und gar mancher Schläfer wurde durch das Naß
des sich unter ihm sammelnden Wassers vorzeitig geweckt. Man freute sich
nun doppelt der Sonne, die zwar bescheiden wärmte, aber doch zur Hebung der
Stimmung beitrug.
Um 10 Uhr verschob sich das Rgt. mit dem I. und III. Baon in den Raum
westl. Höhe 1706 zur Casara Zebio. Das Rgtskmdo. fand in einem niederen
Schafftall Unterkunft. Nachdem die Pioniere durch einen Einschnitt in das
Schindeldach einen Eingang geschaffen hatten, konnte man bei stark gebückter
Haltung das Innere erreichen. Abgesehen von dem Gerüche, war alles mit dem
Raume höchlichst zufrieden, hatte man doch endlich wieder einmal wenigstens
Teile eines Daches über dem Kopf. Das Rgt. hatte Zelte aufgeschlagen. Es
bildete mit anderen Truppen an diesem Tage die Dionsreseroe. Der Nachmittag
brachte vollkommen schönes Wetter und gestattete bei guter Fernsicht die Ver-
folgung der Kämpfe aus Mte. Cimon, Mte. Baldo und Mte. Nos. Man sah die
eig. Truppen über die Steilhänge vorrücken, aus dem Walde hervorbrechen und
aus den Gegner losstürmen. Man sah die wilde Flucht des Fds. Weiter rückwärts
auf den Höhen sah man fdl. Trainkolonnen das Weite suchen, Tragtiere antrei-
ben, Verwundete abschieben. Hie und da rückten aus den Bergtiefen Verstär-
kungen vor, die immer wieder in die Flucht mitgerissen wurden.
Auch der Brigkmdt. Obst. v. Ellison stand auf der Höhe bei Casara Zebio
und sah dem Kampfe zu. Er besaß für uns eine besondere Anziehungskraft. Die
Offz. und Mannschaften des Rgts., die ihren Brigadier als die Verkörperung
eines tüchtigen Führers, unerschrockenen Soldaten und mitfühlenden Menschen
verehrten, kamen näher. Sein freundliches Lächeln bei der Erwiderung des
Grußes zog alle an. Es ist eine eigene Gabe, Liebe und Verehrung von jenen
zu erzielen, denen man oft mit soldatischer Strenge entgegentreten, die man
zur pünktlichsten Ausführung des oft rauhen Kriegsdienstes verhalten muß.
Obst, von Ellison besaß diese Gabe in höchstem Maße. Er war imstande, durch
sein Beispiel, seine Leutseligkeit und seine große Menschenkenntnis jene
Begeisterung zu erwecken, welche die Truppen zu den höchsten Leistungen
befähigte.
Am 31. Mai um 15 Uhr verschob sich das Rgt. über Kote 1325 entlang des
Saumweges nach Casara Rigoni. Sowohl der Rgtsstab als auch das I. und
HI. Baon kampierten im Walde nordöstl. Asiago. Der Angriff auf das Becken
von Asiago erfolgte von Canove-Interotto, bezw. Mte. Nos und Mte. Baldo aus.
Innerhalb zweier Wochen hatten die Truppen außer einer Anzahl der
stärksten und modernsten Panzerwerke über 40 andere moderne Werke, 26 be-
festigte Defensivkasernen und zahlreiche Batteriestellungen niedergekämpft und
genommen, die überdies in dem schwierigen Gebirgsgelände die stärkste An-
lehnung und Stütze gefunden hatten. Trotz dieser Unterstützung durch Kunst
und Natur hatten sie den Italiener vollständig geschlagen und bis an die letzten
Höhenabfälle zur venetianischen Ebene zurückgeworfen. Unsere Inf. hat hier
gezeigt, daß sie unvergleichlich ist an Tapferkeit, Ausdauer und Angriffsgeist.
Alle Gefangenen hatten aus die Frage nach ihren Eindrücken nur eine Antwort:
„Eure Geschütze speien die Hölle, eure Leute sind nicht Soldaten, sie sind Löwen".
Am 31. Mai verlies die eig. Front, dem Astico- und Assa-Tale folgend, nach
Asiago und Gallio, gegen Nord über Mte. Baldo, Fiara zum Cm. di campo
Bianca. Asiago wurde am 30. Mai durch Truppen des Hl. Kps. genommen. Die
Absicht des Gegners, diese Stadt durch einen starken Gegenstoß zurückzugewin-
nen, war wahrscheinlich.
Die schöne, in einem Gebirgstal 1000 Meter über dem Meere gelegene
Stadt Asiago, nach der alten eimbrisch-deutschen Bezeichnung „Sleghe" genannt,
wurde nun von der sdl. Art. mit allen Kalibern beschossen. Trotz der zerstören-
den Wirkung blieb die Stadt der Anziehungspunkt der folgenden Truppen.
Auch vom Rgte., das am 1. Juni den Befehl erhalten hatte, sich als Res. der
12. I.Brig. an den Waldrand nördl. Billa Rossi zu verschieben, begaben sich
Gruppen in die eine schwache halbe Stunde entfernte Stadt. Gewohnt an Not
und Leid, Tod und Verderben, konnte doch keiner von uns die Stadt ohne
schmerzlichstes Empfinden, ohne tiefe Rührung verlassen. Die in Eile geräumten,
einsamen Häuser, die verödeten, durch die rasche Flucht mit vielem Hausrat
bedeckten Straßen, in denen Hühner und Ziegen, Katzen und Hunde wehklagend
ihre Herren suchten, redeten eine Sprache, die das härteste Herz erzittern ließ.
Mitten im schaffenden Leben, mitten im Treiben des Alltags kam der Fluch
„Krieg" und riß ihnen allen Feder und Hammer, Kochlöffel' und Laute aus der
Hand. Unter dem gellenden Schrei „Fliehen!" erstarb das Wort des Lehrers,
des Pfarrers, des Vaters und der Mutter und zwang sie alle, ihre kostbaren
Güter zurückzulassen, um wenigstens das nackte Leben zu retten. Dort stand
ein Gemüsestand mit rotwangigen Paradeisäpseln» offen standen die Kaufläden
der Schuster, der Schneider, der Goldarbeiter, der Krämer und Tischler. Überall
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lagen die Waren. Beim Uhrmacher tickten noch die Uhren. Für wen? Beim
Vogelhändler sangen in den Käfigen die Vögel. Offen standen die Apotheken,
offen standen ihre Giftkasten. Was galt hier Befehl und Gesetz? Wo gab es hier
ein Mein und Dein? Herrenloses Gut! Wer kam, der nahm. In den Wohnungen
und Stuben, sichtlich in rasender Eile verlassen, standen Türen und Schränke
weit offen. Es hatte wohl jeder versucht, sein Liebstes, Kostbarstes mitzunehmen
und in der Erkenntnis, all das nicht schleppen zu können, wohl mit einem
wehen Abschiedsblick wieder hingelegt. Da stand die Wiege des Säuglings, den
man brutal aus dem Schlafe reißen mußte, um ihn, mit dem Nötigsten ver-
sehen, mitzunehmen auf eine Wanderschaft, von der keiner wußte, wohin sie
ging. Da stand der Stuhl des Großvaters, der im Hause geboren, hier sein
Leben lang gearbeitet hatte. Nun war er 70 Jahre alt, müde und gebrechlich, und
nun schrien sie Krieg, spien Geschosse über sein weißes Haupt und hießen ihn
eilen, ihn, der nur mehr mit Krücken durch die Zimmer zu humpeln ver-
mochte. Leer standen die Schulen. Was galt jetzt Wissen und Können? Verödet
lag der Ratssaal. Was vermochte der Stadtväter weiser Spruch gegen die
harten Worte der Kanonen? Zerwühlt waren die Betten in den Spitälern, aus
denen man die Fiebernden, die Bresthaften, die Lahmen und die Siechen heraus-
gerissen hatte zur eiligen Flucht vor dem Erschlagenwerden. Ausgestorben waren
die Kirchen, auch Gottes Wort war verstummt. Zwei vergoldete Englein trugen
ein weißes Band, darauf stand: „Pax hominibus terrae" („Friede den Menschen
auf Erden"). Wo war das Recht auf Frieden, wo war das Recht auf Leben?
Hundert berstende Granaten zertrümmerten es in jeder Minute, so wie sie die
Häuser, die lieben, trauten Wohnstätten, in Schutt und Asche legten. „Memento
mori" („Denk an das Sterben!"). Eine brennende, stürzende, verlassene Toten-
stadt wimmerte, klagte, heulte und stöhnte im unendlichen Weh. Da, da wußte
und sah jeder, was er, der mit seinem Leben hier stand und stritt, der Heimat
erspart hatte an namenlosem Leid, an furchtbarem Grauen, an unsagbarem Elend.
„Nimm!" sagten die tausend Dinge, die da lagen---------und man nahm,
was man am dringendsten brauchte. Nicht Gold, nicht Silber, nicht „Perser" und
Ölgemälde. Geld und Luxus hatten hier keinen Wert. Aber feste Schuhe, da die
eigenen über Stock und Stein die Sohlen verloren hatten. Socken und Strümpfe
suchte man. Vor allem aber Wäsche, da die eigene längst nur mehr in Fetzen
am Leibe hing. Weil aber schon andere Abnehmer in letzteren Artikeln geham-
stert hatten, waren nicht einmal die notwendigsten Stücke zu finden. Not
kennt keine Tradition. Es war wahrhaft ein Bild zum Lachen, als man überall
feldgraue, wettergebräunte Krieger in seidene Damenhöschen, spitzenbesetzte
Frauenhemden, in Miederleibchen und Kombinationen schlüpfen sah. Sie selbst
lachten und scherzten dabei am meisten. Immer noch besser ein weitbauschiges
Damenhöschen —als gar keines. Feine Sardinen wurden verspeist, rotwangige
Äpfel, Würste, Schinken, Eier, Butter, ja selbst Zuckerwerk, ein fast vergessener
86
pim.
uanejqusDny
Sprengtrichter eines österr. 36.5-Mörsers bei Roncalto, dahinter die eroberte italien.
Stellung. Rechts die ersten Häuser am Gallio, im Hintergründe: Katze, Verena.
Mte. Zebio. Im Sprengtrichter Schwab, Kriz und Krones.
Stilili
Ausblieb aus der eigenen Sisemolstellung. 13. Iuni 1916,
Cima Ecker
/
WM-AUUUWWU
—------
1
Leckerbissen, zählten zur weiteren Beute. Zum Schlüsse wurde noch ein meter-
hoher Käselaib mitgerollt, um den Kameraden auch etwas mitzubringen. Das
Bergungskmdo. fand in Asiago allein über 300 Ballen Reis; die übrige Beute
war auf 313 Geschütze, 2250 schwere Bomben, 145 MG., 22 Mw., 6 Kraftwagen,
600 Fahrräder, 30.400 Gefangene, darunter 694 Offiziere, gestiegen.
Für den 2. Juni hatte das 12. I.Brigkmdo. besohlen: „Angriff aus Höhe
Zomo wird fortgesetzt. Beginn der Vorrückung 5 Uhr für I.R. 73, Ig. 9 und 7,
Obstl. Lunzer bleibt im engen Anschluß an 73. Art. wird mitwirken. 3/4 U.
I.R. 17 Brigres. in Xebo, L.I.R. 3 im Walde nördl. Villa Rossi. Um 5 Uhr
treffen 1A Baone der 18. I.Brig. bei Dancer ein. Baon 1/17, Obstl. Pichler,
schließt an Ig. 22 programmäßig an."
Im Laufe des Spätnachmittags rückte das II. Baon S ch n e w e i ß nach
Beendigung des Geschütztransportes im Asia-Tale zum Rgte. ein und bezog
seinen Standpunkt anschließend an die anderen beiden Baone im Walde. Bald
daraus traf auch das XVII. Ma.Baon Hptm. Herrmann beim Rgt. ein. Es
bezog im Walde nördl. Casara Rigoni den vortägigen Nächtigungsplatz des
Rgts. Die Mannschaft des Ma.Baons wurde an diesem und den folgenden Tagen
zum Geschütztransporte herangezogen.
Alle Meldungen stimmten darin überein, daß der Gegner im Raume Asiago
starke Kräfte angesammelt hatte. Im Raume Asiago—Gallio wurden mehrere
ital. Angriffe abgewiesen. Aus der Richtung Mte. Ecker und Mte. Val Bella
erscholl heftiger Gefechtslärm. Die Ortschaften und Straßen am Nordrand des
Beckens von Asiago standen unter ständiger Art.-Beschießung, ebenso die Quelle
bei der Ortschaft Leusche, bei welcher der Wasserbedarf gedeckt wurde. Des Geg-
ners Einwirkung machte sich von Stunde zu Stunde heftiger fühlbar und ver-
hinderte tagsüber jeglichen Verkehr auf den Straßen. Am 3. Juni nahm das
Rgt. abermals eine kleine Verschiebung vor. Es gelangte in die bewaldete Ver-
schneidung westl. C. Rotz. Gegen das sich stets steigernde Art.-Feuer errichteten
die Baone aus Balken, Erde und Steinen eigene Schutzdämme und bewahrten
so die Truppe vor Verlusten.
Am Abend gab die im Raume Meletta kämpfende 6. Dion bekannt: „Fd.,
der gestern von Castelgomberto gegen Fta. tre Pali vorging, hat sich zurück-
gezogen. Heute den gegen 8. I.Brig. angesetzten Angriff des Baons S aca-
rello des 1. Alpini-Rgts. auf H. Cimone unter schweren Verlusten des Fds.
abgewiesen. Baonskmdt. gefallen, 1 Offz., 53 Mann gefangen."
In der Nacht vom 3. zum 4. Juni ging ein heftiges Gewitter nieder, an das
sich ein ständiger Regen anschloß. Die eingeleiteten Aufklärungen ergaben eine
durch Stützpunkte verstärkte Feldwachenkette in der Linie östl. Ronchi über
Kirche Campanella, Häusergruppe südl. Balle dei Ronchi, Kreuz 1116, Zochi gegen
Coda. Dahinter waren etagensörmige, mit Flankierungsanlagen versehene Stel-
lungen mit mehrfachen Hindernissen, besonders bei Stenfle, Mte. Sisemol, westl.
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57
Bertigo und Pennar. Allseitiger Arbeitslärm und regster Lastautoverkehr bei
Nacht deuteten auf forcierten Ausbau dieser Stellungen hin.
Der 5. Juni war wieder schön und sonnig. Das Rgt., auf seinem Aufstellungs-
platz verblieben, musterte das umliegende Kampfgelände und barg im Walde
östl. Eben: 3000 ital. Diskushandgranaten, 300 Brustpanzer, 300 Panzerhelme,
300 Brustschilde, 2000 Drahtscheren, 120 Gewehre, 6000 Patronen, eine Spreng-
mittelkarette, 100 Schaufeln und eine Unzahl von Rüstungs- und Ausrüstungs-
sorten. Mit dem 6. Juni kamen wieder Ereignisse von großer Wichtigkeit in Fluß.
Das HI. Kps. plante einen Angriff südöstl. Asiago zur Erreichung der Linie Mte.
Lemerle, Mte. Kaberlaba, Kapelle 1094, Mte. Sisemol, Stenfle. Den hiefür gege-
benen Anordnungen zufolge war der Angriff im Raume südöstl. Gallio von dem
J.R. 17 (I. und III. Baon Obst. V e n t o u r) und der Gruppe Obstl. K ö b l (Ig. 22,
7 und 9) durchzuführen. Zu diesem Zwecke hatte sich unser Rgt. vorläufig im
Walde westl. C. Rotz bereit zu halten, um in der Direktion über Eck hinter der
Gruppe K ö b l, deren Aufgabe die Erstürmung des Mte. Sisemol war, nach-
rücken zu können. Um die Mittagsstunde erhielt das H. Baon Befehl, nach dem
Menagieren sich der 18. I.Brig. zu unterstellen und, wenn möglich, unter dem
Schutze des Nebels noch bei Tag in das Wäldchen nordwestl. Zomo zu rücken.
An Stelle des Obstl. M i l l a n i ch, der das Kmdo. eines oberösterr. Iungschützen-
Rgts. erhalten hatte, übernahm Hptm. Herrmann das III. Baon.
Um 15 Uhr nachmittag brach befehlsgemäß das II. Baon, Obstl. Sch n e-
weiß, aus und marschierte, in größeren Abständen abfallend, über Le Tese,
Mte. Longara in das Tal Campo Mulo und von dort am Westhange des
Mte. Meletta di Gallio gegen Süden. Nordwestl. vom Mte. Zomo blieb es die
Nacht über in einem niederen, dichten Wald liegen. Beim Vormärsche wurde
das Baon auf Mte. Longara, auf einer keine Möglichkeit zum Decken bietenden
Stelle, von fdl. Art. heftig beschossen. Das I. Baon Siegel hatte sich bei ein-
brechender Dunkelheit in die Verschneidung östl. Eck bei den Mühlen als Res.
der Brig. vorgeschoben. Das III. Baon Herrmann bezog bei einbrechender
Dunkelheit seinen Standort in einer tiefen Verschneidung nördl. Gallio. Rgts.-
Kmdo und Rgts-Stab gelangten nach Gallio.
Bon der allgemeinen Lage war bekannt, daß die Truppen der 34. I.T.D., der
Korpsreserve, im Angriff gegen Mte. Lemerle waren, die 28. Dion die Linie Bos-
ton, Kote 1026 füdl. Clama, die 12. I.Brig. Clama, Zocchi, Leghen, Kreuz 1116
erreicht hatten und ihre Angriffe am 7. Juni fortsetzen werden.
Am 7. Juni blieb die Situation beim Rgt. unverändert. Feldkurat Steiner
erteilte beim XVHI. Ma.Baon die Generalabsolution. Die Pioniere, das Jagd-
kmdo., aus der Halbkomp. K l e i n r a t h und dem Alpinedetachement gebildet,
bauten an der Maskierung der Wege und Straßen.
An diesem Tage entwickelte der Gegner bei äußerst schönem Wetter eine
ungemein rege Fliegertätigkeit. Um 6 Uhr 30 früh überflogen drei fdl. Flug-
58
geschwader in der Richtung gegen Westen Gallio. Drei große, schwere, mit
Bomben beladene Flugzeuge, von leichten, schnellen Apparaten begleitet, durch-
schnitten die Lust. Fürwahr, ein wunderbarer Anblick, wenn er nicht gefahr-
bringend gewesen wäre! Zu wiederholten Malen überflogen auch fdl. Erkun-
digungsslieger unsere Stellungen im langsamen Fluge in niederer Höhe. Diese
warfen Flugzettel ab, woraus in allen Sprachen, die in Österreich-Ungarn ge-
sprochen wurden, zu lesen stand:
„Soldaten! Während ihr geglaubt habt, in wenigen Tagen zu siegen, werden eurer
Toten immer mehr und wir Italiener werden immer stärker. Ihr habt es nicht bemerkt,
daß wir euch das Stückchen Gebiet, welches ihr eingenommen habt, absichtlich gelassen
haben, um uns inzwischen bester organisieren zu können und die große Offensive unserer
Verbündeten zu erwarten. Und ihr habt geglaubt, daß die Italiener davonlaufen werden!
Nein, nein, die Ebene werdet ihr nie erreichen. Jetzt werden die Rüsten wieder Galizien
einnehmen und dann werden sie eindringen in Österreich und in Ungarn. Wehe euren armen
Frauen, euren Häusern! Laust über zu uns, Soldaten, wenn ihr nicht alle sterben wollt,
wenn ihr wollt, daß der Friede kommen soll!"
Bezeichnend in diesem Zettel ist die Drohung: „Wehe euren armen Frauen,
euren Häusern!", wenn die Russen in Österreich eindringen. Sie zeigt die
Kulturträger im Lichte ihrer Verbündeten. Wenn der Gegner nur ein einziges-
mal gesehen hätte, welchen Eindruck seine Zettelchen aus die Mannschaften
machten, hätte er sich die Arbeit der Herstellung und des Abwerfens erspart.
Ein beobachtetes Erlebnis soll dies zeigen: Aus dem fdl. Flugzeug in
bedeutender Höhe ergießen sich wie ein kleiner Bienenschwarm weiße und rote
Punkte. Die Plänkler tauschen die Meinungen dahingehend aus, daß es dem
Gegner schlecht gehen müsse, denn die Zettelchen wurden stets nur zu Zeiten,
wo der Gegner geschlagen wurde, herabgeworsen. Nach längerer Zeit gelangen
einige dieser Zettelchen auch in die Hände der Leute. Ein Korporal meint zu
seinem Kameraden: „Du, hörst, der Katzelmacher ladet dich zur Polenta ein."
Dieser bedankt sich für die Ehre, liest den Zettel und sagt: „Du, dem Italiener
sind die Trauben zu sauer. Zuerst brüllen sie .Corraggio' und ,Avanti!' und dann
sagen sie: Absichtlich haben wir uns hauen lassen, absichtlich haben wir euch die
Kanonen überlassen, absichtlich haben sich viele Tausende gefangennehmen lassen.
Eine saubere Gesellschaft das!" Der dritte, der das Zettelchen übernimmt, meint
kurz: „Das Papier ist gut, nur etwas zu klein!"
An diesem Tage erstürmten in heldenhaftem Angriffe die Rgter bh. 2 und
I R. 27 die Meletta.
14. Der Angriff auf den Mte. Sisemol und Stensle.
(Beilage 46.)
Für den 8. Juni hatte die 22. L.I.T.D. befohlen: „Beginn des Art.-
Wirkungsschießens um 11 Uhr. Von 11 Uhr 40 bis 11 Uhr 50 Feuerpause. Um
59
11 Uhr 50 ist das Art.-Feuer, besonders das schwere, in den Raum von Roncalto
und um Stensle zu vereinigen und durch 10 Minuten auf das heftigste zu
steigern. Hierauf ist das gesamte Art.-Feuer nach rückwärts zu verlegen. Beginn
des Jnf.-Angriffes 12 Uhr. Um eig. Inf. nicht zu gefährden, darf in den Wald
100 Schritt nördl. von Stenfle gegen Nord und in gleicher Höhe östl. davon kein
Art.-Schuß fallen."
Während das Rgt. marschbereit stand, um für den geplanten Angriff ver-
wendungssähig zu sein, setzte pünktlich um 11 Uhr unser Art.-Feuer ein.
Aus allen Richtungen und, je nach dem Kaliber, in verschiedenen Tonarten
pfiffen Art.-Geschosse über das Regiment. Sprengwolke um Sprengwolke stieg
aus Mte. Sisemol und Stenfle aus; Erdmassen flogen in die Luft, der Boden
zitterte, dröhnte und heulte. Im Orte Roncalto stürzten brennende Häuser ein.
im Walde um Stensle splitterten, brachen und stürzten die Bäume. Aufgescheucht,
versuchte die ital. Besatzung in Wechselstellungen dem schweren Art.-Feuer
auszuweichen. Wo immer sich Gruppen von ihnen zeigten, zwang sie eine Lage
Schrapnells wieder in die Deckung. Mitten in dieses Höllenkonzert schleuderte
der in Asiago stehende 30.5 Mörser seine alles zerstörenden Geschosse. Bon einem
heulenden Gesang begleitet, nimmt wieder eines seiner Geschosse den Weg zum
Sisemol. Mitten in einen vollbesetzten Graben bohrt es sich ein. Ein dumpfer,
dröhnender Schlag. Ein Krach, daß Erde und Häuser ringsum erzittern und
30 Menschenleiber, von Erde und Steinen begleitet, wirbeln durch die Luft, um
schließlich im breiten Sprengtrichter des Geschosses ihr Massengrab zu finden.
Da erfaßt die anderen Angst und Grauen. Wie irrsinnig springen sie umher,
gejagt und gehetzt von den folgenden Schüssen. Wenige halten aus, ein großer
Teil flüchtet zurück gegen Bertico.
Schweres Art.-Feuer und im Handgemenge den wuchtigen Kolbenschlag
fürchtet der Italiener. Im Inf.-Feuer hält er hingegen äußerst zähe aus, wie er
ein Meister im Heranschleichen und in Dolchstößen ist. Um 12 Uhr 15 setzte Ig. 22
und Ig. 9 zum Angriff gegen Mte. Sisemol an. Um 13 Uhr drangen die Spitzen
der Jäger aus der östl. Flanke in Roncalto ein. Bald darauf nahmen auch die
frontal vorrückenden Truppenteile die fdl. Stellungen.
Das II. Baon hatte sich im ständigen sdl. Art.-Feuer um 7 Uhr 30 aus dem
Walde nordwestl. Mte. Zomo im Verein mit I.R. 73 in die Branzela-Schlucht
südlich des Ortes Balle di Ronchi verschoben. Nach Überwindung tiefer, steiler
Schluchten erreichte es die Waldzone nördl. Stenfle. Um 12 Uhr 20 befahl
Obstl. S ch n e w e i ß, dessen Gruppe aus seinem und dem III. Baon I.R. 73
bestand, den Angriff. Die eigene Art. hatte hier die Widerstandskraft des durch
den Wald gut gedeckten Feindes nicht zu erschüttern vermocht. So mußten die
vorzüglich angelegten Deckungen des Feindes, die meisterhaft aus Flankierung
berechnet waren, einzeln niedergekämpft und erstürmt werden. Zudem erschwerte
das rissige, unübersichtliche Gelände und der dichte Wald die Gefechtsführung.
60
Des Feindes Sicherungen vor sich hertreibend, brachen unsere Kompn. Schulter
an Schulter mit den tapferen 73ern vor. Die rechte Hälfte der Angriffsgruppe,
7., 6., L.I.R. 3 und 9., 11. I.R. 73, drang, des Feindes Abwehrfeuer kaum
erwidernd, in eiserner Entschlossenheit über Stenfle gegen die Höhe 1157 vor.
Die linke Hälfte, 5. L.I.R. 3,10., 12., 8. Komp. I.R. 73, im dichten, von Jungholz
durchwachsenen Walde vorgehend, vermochte sich nur schrittweise mit Kolben und
Bajonett den Weg nach vorwärts zu bahnen. Vorzüglich unterstützt von der
M.G.A. Dewaty, bei der sich der Zug Fhr. Rizzi sehr auszeichnete, schob
sich der rechte Flügel der Angriffsgruppe Sch ne weiß wie ein Keil in des
Feindes Stellung. Noch stand der Italiener ungebrochen auf Sisemol und mächtig
überlegen auf Mte. de Val Bella. Mit Feuer und Schwert versuchte er den
gefährlichen Eindringling zurückzuwerfen. So wie die sturmerprobten 73er dem
Gegner Stück um Stück entrissen, ebenso unaufhaltsam brachen die braven
Kompn. des II. Baons gegen den Fd. vor. Ein Gegenstoß des Gegners gegen die
Lücke zum rechts anschließenden F.J.B. 9 gefährdet die am rechten Flügel
kämpfende 7. Komp. Stabsfldw. Baumgartner erkennt die Gefahr. Ohne
einen Befehl abzuwarten, rast er zum gefährdeten Flügel, zerhämmert mit treff-
sicheren Geschossen seines Maschinengewehres des Feindes Reihen und wehrt
im Vereine mit der unerschrockenen 7. Komp, die Gefahr ab. Des Feindes
Übermacht ist zersprengt und flüchtet zurück oder sucht Deckung im dichten
Wald. Gest. Payer der 6. Komp., als Verbindung zum F.I.B. 9 ent-
sendet, stößt in der Stensle-Schlucht auf flüchtende Italiener. Er fragt nicht,
wieviele es sind. Nach einem wohlgezielten Schnellfeuer stürmt er rasch ent-
schlossen hinein in den Hausen. Die Italiener ergeben sich. Dem guten Payer
werden die Augen groß, als er so nach und nach 4 Offz. und 143 Mann als
Gefangene aus der Schlucht holt. Erbittert geht indes der Kampf füdl. Stenfle
weiter. Von den Maschinen Dewatys erschüttert, entreißen die 3er und 73er
dem Feinde Graben um Graben. Allen voran stürmen die Züge des Kdt. H a n e l
und Stabsfldw. Franek. Im edlen Wetteifer brechen sie von zwei Seiten
gegen den fdl. Stützpunkt auf Kote 1157 vor und dringen ein. 40 Gefangene
bringt Franek ein, 60 Gefangene sendet Kdtt. H a n e l zurück. Selbst
verwundet, übernimmt Kdtt. Siegel seinen Zug und vollendet mit Franek
die Erstürmung der Kote 1157.
Um 13 Uhr stehen an I.R. 17 nächst Kapelle 1083 anschließend Ig. 22 bis
Trig. 1242 Sisemol, von hier bis R. di Garbon Ig. 9, sodann die Gruppe
S ch n e w e i ß II. L.I.R. 3 und III. I.R. 73 entlang der Waldränder südl.
Stenfle siegreich in den fdl. Gräben.
Am selben Tag, um 14 Uhr 30, unternahm die fdl. Art. einen äußerst
heftigen, eine Stunde währenden Feuerüberfall auf Gallio. Granate um Granate
schlug um den Standpunkt des Rgts.-Kmdos ein. Mehrere Häuser brannten und
die Mauern stürzten ein. Alle Telephonleitungen wurden zerrissen. Anfangs
BUK,
Konnte man noch die einzelnen Einschläge unterscheiden und hörte das Sausen
der heranfliegenden Geschosse. Später ging jede Einzelheit in dem fürchterlichen
Lärm der Einschläge, der Explosionen, im Stürzen der Mauern, Herumfliegen
der Balken und Steine unter. Die Lust war erfüllt von Staub und Rauch. Der
Rgtskmdt., Obstl. Tenner, Hptm. Ristl, Oblt. Wurtinger, Oblt. Lösch-
n i g, Rgtsarzt Dr. H a m m e r und Feldkurat Steiner des Rgtsstabes standen
hinter der Kirche. Trotz mehrerer Treffer in die Kirche und in die unmittelbare
Umgebung kamen sie mit einigen von den Steinschlägen herrührenden Beulen
gut davon. Auch die in Gallio befindliche Mannschaft des Rgtsstabes hatte keinen
Schaden genommen. Wie so oft während der Offensive, waren die trotz heftigen
Feuers verhältnismäßig geringen Verluste auf die große Kriegserfahrung jedes
einzelnen zurückzuführen. Man hatte nicht nur zu kämpfen gelernt, sondern
man verstand sich auch unter den schwierigsten Verhältnissen zu decken. Am
9. und 10. Juni blieb die Lage unverändert. Das Rgtskmdo. stand in Gallio und
wurde täglich einigemal von der fdl.Art. heftig beschossen. Nach jeder Beschießung
nahm die Stadt mehr und mehr das Bild eines Trümmerhaufens an; der Brand
hörte nicht mehr auf.
Die eigenen Stellungen im Raume Sisemol—Stenfle lagen überall in
geringer Entfernung vom Feinde. Der Gegner, in lange vorbereiteten, fast
durchwegs überhöhten Stellungen tief eingegraben, vermochte bei Tag jede
Bewegung, sowohl von der Val Bella aus, als auch von Cm. Ecker aus zu
beobachten. Seine wieder machtvoll ergänzte Art. nützte diesen Umstand mit
Erfolg und richtete, reichlichst mit Mun. versehen. Tag und Nacht ihr Feuer gegen
unsere kaum 30 Zentimeter tiefen Schützenmulden. Hiedurch wurde jeglicher
Ausbau der Stellung bei Tag unmöglich. Begreiflich, daß auch der Zufchub von
Menage und Kampfmitteln nur bei Nacht durchführbar war.
In der Nacht vom 10. auf den 11. Juni hatte das Rgt. die Jg. 22 und Teile
des Abschnittes der Jg. 9 abzulösen. Obstl. T e n n e r übernahm mit L.I.R. 3
und Jg. 9 (Mjr. Lunzer) das Abfchnittskmdo. aus Mte. Sisemol. Ae
Ablösung begann um 23 Uhr und war Pfingstsonntag am 11. Juni um 3 Uhr
beendet. Es standen rechts im Anschluß an I.R. 17: 9. Komp. Thalhammer,
1. Komp. A d a m e tz, 2. Komp. P a w l i s z, 3. Komp. K r i 2, 4. Komp. K r o n e s
am linken Flügel, im Anschluß an Jg. 9 die 10. Komp. K e t t I e r. Die I.G.A.
war dem Baon Siegel unterstellt. Das III. Baon Herrmann bildete mit
der 11. Komp. Breuer, 12. Komp. Strohschneider, MG. Hoschek und
dem Iagdkmdo. die Brig.-Res.; sie stand im Walde südöstl. Gallio. Strömender
Regen erleichterte zwar die Ablösung, hatte aber die flüchtig geschaffenen
Schützenmulden bis oben mit Wasser gefüllt und gestaltete so den Einzug in die
neue Stellung zu keinem freudigen Ereignis.
Am 11. Juni gelangten die restlichen Kompn. des XVIII. Ma.Baons zur
Austeilung. Während die Kompn. in den Stellungen alles aufboten und keine
62
Gefahr scheuten, den Abschnitt so rasch als möglich mit Traversen, Laufgräben
und Flankenanlagen fachmännisch auszugestalten, bauten die Kompn. der Res.
und insbesondere die Pion.-Abt., geleitet von ihrem nimmermüden Kmdten.
Oblt. Wurtinger, transportable Drahthindernisse für ihre Kameraden vorne
oder trugen Schanzzeug und Baumaterial in die Stellung.
Fdl. Flieger kreisten immer wieder über den Stellungen und unterbanden
die Arbeiten, die man auch bei Tag aufgenommen hatte. Nebst den verderben-
bringenden Bomben warfen sie auch wieder häufiger Flugzettel ab, deren
Inhalt uns Furcht und Schrecken einjagen sollte, aber lediglich Scherze und
Witze auslöste. Auch über ihre eigenen Gräben setzte die ital. Heeresleitung
Flugzettel ab. Einer, den der Wind in unsere Linien trug, lautete, auf die
russischen Angriffe anspielend, ins Deutsche übersetzt: „Das österreichische Heer
ist in Flucht! Mut, Soldaten! Schafft euch Ehre, wie es unsere Verbündeten tun,
und versetzt diesen österreichischen Hunden, welche so barbarisch sind, die
Gefangenen zu erschlagen. Hiebe in den Rücken!" — Wir hatten vom jüngsten
Infanteristen bis zum ältesten Offz. über den Inhalt nur eine Meinung. Eine
Führung, die zur Begeisterung ihrer Truppen zu solch niedrigen, verlogenen
Mitteln greift, hat die Psyche des Mannes im Schützengraben nie erfaßt. Zur
Ehre der ital. Armee fei gesagt, der Frontmann war ein ehrlicher Kämpfer, mit
wenigen Ausnahmen gut und tapfer, seiner Führung hingegen kann man das
gleiche Lob nicht spenden.
Am 12. Juni eröffnete schon um 5 Uhr früh die fdl. Art. das Feuer. Sie beschoß
sowohl unsere Stellungen, als auch den Raum hinter ihnen. Besonders heftig
trommelte sie auf den Wald südöstl. Gallio, wo sich die Res. befanden. Die tiefen
Schluchten und zahlreichen Steilwände boten jedoch hinreichenden Schutz, um die
Truppen vor Verlusten zu bewahren. Um 9 Uhr vormittag erreichte der Gegner
im Walde hinter Stenfle einen Zufallstreffer in die Deckung des Obstl. Schne-
weiß. Zur Zeit des Einschlages befanden sich in der aus Balken gezimmerten
Deckung der Baonskmdt., der Adj. und 2 Offs.-Diener. Die Deckung stürzte
zusammen, Rauch und Staub erfüllte den Platz. Obstl. Schneweiß erhielt
eine verhältnismäßig leichte Verwundung durch ein Sprengstück in den rechten
Oberarm und Adj. Fhr. Mayrhofer eine solche am rechten Fuß. Die beiden
Offs.-Diener wurden schwerer, jedoch nicht lebensgefährlich verletzt.
Obstl. Schneweiß maß anfangs der Verwundung keine Bedeutung zu.
Er blieb noch zwei Tage in der Stellung und ging dann in das Maltheserfpital
bei Mte. Rover ab, um sich das Sprengstück entfernen zu lassen. Am 27. Juni
ist er dort an den Folgen der Verwundung, zu der sich ein altes Nierenleiden
gesellte, gestorben. Das Regiment verlor an Obstl. Albin Schneweiß, dessen
Verdienste während der Offensive mit dem Orden der Eisernen Krone 3. KI
mit der Kriegsdekoration ausgezeichnet wurden, einen umsichtigen, sowohl
63
in der Vorbereitung als auch im Angriff und in der Verteidigung erprobten,
schneidigen Kommandanten. Die Offiziere und Mannschaften trauerten um
chn, der in ihren Reihen so viele kritische Augenblicke am Marcai-Rücken, auf
Corno de campo Verde und bei Stenfle geteilt und sie zum herrlichen Sieg
geführt hatte. Er war nicht nur ein guter Führer und schneidiger Soldat,
sondern auch ein mitfühlender, edler Mensch. Aus dem Soldatenfriedhof bei
Monte Rover fand das Sterbliche an ihm die vorläufige Ruhestätte. Seine
Taten als Soldat wird die Geschichte des Rgts. als ständiges Beispiel der Nach-
welt bewahren. Bei Osfz. und Mannschaften wird er, durch den Heldentod ver-
klärt, in treuer Erinnerung fortleben.
Am 12. Juni übernahm das 43. L.I.Brig.Kmdo. unter Obst. Ellison den
gesamten Abschnitt der 12. J.Brig. Obst. P a s s y löste mit L.I.R. 26 I.R. 17
von der Häusergruppe nordwestl. Pennar über Stella bis inklusive Kreuz 1083,
das HI. Baon Herrmann mit der 9. und 10. Komp. Ig. 9 ab, so daß der
Abschnitt T e n n e r anschließend an L.I.R. 26 bis Kote 1157 reichte. Ein Baon
P a s s y stand bei Eck, zwei Komp. III/L.I.R. 3 und die M.G.A. standen am
Waldrand nördl. Sisemol als Brig.-Res. Das H. Baon bekam Befehl, zum Rgte.
einzurücken. Somit waren die Truppen der 43. L.J.Brig. wieder vereint. Am
13. Juni um 1 Uhr war die Ablösung beendet.
Dank der unermüdlichen Arbeit und dem rastlosen Zusammenwirken aller
hatte die Grabentiese durchwegs über 1 Meter erreicht, waren zwischen je
2—3 Mann Traversen eingebaut, Laufgräben und Latrinen ausgehoben und
überall mindestens ein einreihiges Hindernis hergestellt worden. Trotzdem
betrugen die Verluste, hauptsächlich durch das fdl. Art.-Feuer, täglich 2—3 Tote
und 6—9 Verwundete. Neben den Stellungsarbeiten wurden auch die eroberten
ital. Gräben abgesucht. Es wurden über 1000 Gewehre und Bajonette, große
Mengen Ins.- und M.G.-Mun., über 500 Stahlhelme und andere Ausrüstungs-
gegenstände gesammelt und abgeführt. Am 14. Juni um 22 Uhr besichtigte
Obst. Ellison mit seinem Gstb.-Osfz., Oblt. T h u r n e r, unter Führung des
Obstl. Tenn er und Oblt. Löschnig, die Stellung des I. Baons Siegel.
Die Stellung, im Ausbau begriffen, bot für aufrechtes Gehen noch keine Deckung.
Der Gegner unterhielt ein reges Jnf.-Feuer und überschüttete die Gräben in
unregelmäßigen Zwischenräumen mit seiner Art. Auch während der Besichtigung
gab es mehrere solcher Feuerllberfälle. Das Schützengrabenleben mit seinen
nervenzermürbenden Begleiterscheinungen war wieder eingezogen.
Am 13. Juni war ein schöner, sonniger Tag mit regster fdl. Fliegertätigkeit.
In der Nacht vorgesendete Patrouillen stießen sowohl am Fuße der Val Bella,
als auch vor den Häusern von Bertieo auf dicht besetzte fdl. Stellungen und
konnten nicht durchdringen. Am 16. Juni stand bei schönem Wetter das I. Baon
Siegel von 4 Uhr bis gegen Mittag im fdl. Art.-Trommelfeuer. Aus allen
Richtungen und aus verschiedenen Kalibern schoß der Gegner auf die in eine
64
Das zerschossene Asiago. Juni 1916.
Das Borfeld der eig. Interrotlostellung nach dem ital. Trommelfeuer.
mm, >' n —m —m r.vv^4< * ji*»m11 *■1 **■ um
grüne Grasfläche am Südhange vom Sisemol eingegrabene Besatzung. Ruhig,
in ihre bescheidenen Deckungen verkrochen, ließen unsere Leute geduldig den
Eisenhagel über sich ergehen. Der Voraussicht der Kmdten., die die vordersten
Gräben nur ganz schütter besetzt hielten und die Leute in die Verbindungs-,
Laufgräben und Res.-Stellungen verteilt hielten, war es zu danken, daß die
Verluste des Baons nur 10 Tote und 20 Schwerverwundete betrugen. Um einem
Vorbrechen des Feindes rasch begegnen zu können, wurde das II. Baon, dessen
Kmdo. Hptm. Strohschneider übernommen hatte, zum Rgts.°Standpunkt
südl. der Mühlen von Eck verschoben.
In der Nacht zum 17. Juni versuchten sdl. Patrouillen gegen unsere
Stellungen vorzufühlen. Sie erwarteten wohl, nach der vorangegangenen
Art.-Beschießung leere Gräben zu finden. Als sie mit einem entsprechenden Feuer
empfangen wurden, flüchteten sie eiligst in die Nacht hinaus. Die Italiener, die
unsere nächtlichen Tätigkeiten mit allen Mitteln zu stören trachteten, beleuchteten
ununterbrochen mit einem Scheinwerfer von der Höhe CM. Ecker aus unsere
Stellungen und Zufahrtsmöglichkeiten. Sobald sie etwas Verdächtiges erspäht zu
haben glaubten, verfolgten einige Schrapnellagen das vermeintliche Ziel. Dieser
Umstand sowie die schwierigen Nachschubsverhältnisse gestatteten nur einmal,
und zwar erst in der Nacht, den Kämpfern Menage zuzuschieben. Trotz aller
dieser Schwierigkeiten war die Stimmung ausgezeichnet. Zgskmdten., U.O. und
Mannschaften sahen am Tage verstohlen aus ihren Stellungen in das Tal und
auf die gegenüberliegenden Höhen. Jeder hatte sich für den zu erwartenden
Sturm einen Weg zurechtgelegt. Man erwartete schon mit Ungeduld die Stunde
der Vorrückung, weil der Aufenthalt in der von allen Seiten eingesehenen
Stellung immer unerträglicher wurde und weil man endlich für alle Mühen,
Kämpfe und Strapazen durch den Abstieg in die sagenhaft schöne venetianische
Tiefebene entschädigt sein wollte.
Der 18. Juni begann mit einem ital. Trommelfeuer, das sich abwechselnd
gegen die Stellungen des Baons Herrmann, gegen Gallio, Balle di Ronchi
und alle Zufahrtswege richtete. Um 8 Uhr nachlassend, setzte es um 8 Uhr 30 wieder
mit voller Heftigkeit ein und richtete sich nun hauptsächlich gegen den linken
Flügel des Baons H e r r m a n n. Um 9 Uhr 30 breitete sich das Feuer auch auf
den rechten Flügel, Abschnitt Siegel, aus und steigerte sich um 10 Uhr zu
einem Feuerorkan. Rgtskmdt. Obstl. Senner und Oblt. Löschnig entgingen
am Gesechtsstandpunkt, einem Granattrichter bei Roncalto, nur durch Zufall dem
Tode durch ein schweres fdl. Geschoß. Nach einem vorübergehenden Abflauen
des Feuers steigerte es sich um 11 Uhr wieder zu voller Heftigkeit. In das
Trommeln der verschiedenen Kaliber mengte sich nun auch das Heulen der sdl.
Wurfminen. Wieder waren die Abschnitte Siegel — Herrmann sowie der
Raum der Brig.-Res. das Hauptziel der fdl. Geschosse. Erst als in den
Nachmittagsstunden schwacher Regen einsetzte, der die Sicht erschwerte, mäßigte
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sich das Feuer. Immerhin blieb es bis zum einbrechenden Abend ziemlich lebhaft.
Sehr schwer hatte die Stellung gelitten; ein Großteil der Kamps-, Verbindungs-
und Laufgräben sowie Traversen und M.G.-Stände waren verschüttet. Trotzdem
zeigten die Italiener, belehrt durch frühere Versuche, keine Lust, einen Angriff
zu wagen.
Am 19. Juni verhinderten Gewitterregen und Hagel eine regere Gefechts-
tätigkeit. Das H. Baon Strohschneider löste in der Nacht zum 20. Juni
das I. Baon Siegel ab. Das Iagdkmdo. hatte in der Stellung zu verbleiben,
während die Leitung der 6 M.G. Dewaty übernehmen mußte. Die Ablösung
begann um 23 Uhr und war am 20. um 2 Uhr beendet.
Mittlerweile waren Ereignisse eingetreten, die, von den strategischen Ver-
hältnissen an der ital. Front ganz unabhängig, diese doch zwingend beeinflussen
mußten. Die Italiener, geschlagen und verzweifelt an die letzten Höhenstellungen
geklammert, wurden durch die Erfolge der Russen gerettet. Es ist fast zu einer
geschichtlichen Regel geworden, daß Italien aus dem Erfolg eines Dritten hohen
Gewinn zu schlagen vermochte. Wie im Jahre 1866 die Schlacht bei Königgrätz
Erzherzog Albrecht und sein Heer um die Erfolge von Custozza brachte, so
waren es diesmal die Ereignisse in Wolhynien, die den Erzherzog Eugen
nötigten, die Offensive gegen Italien einzustellen und einen Teil des eroberten
Landes kampflos dem geschlagenen Gegner zu überlassen. Die Armee K ö v e ß
wurde aus den nordöstlichen Kriegsschauplatz besohlen. Damit ergab sich aber
die Notwendigkeit, unsere Front gegen die Italiener zu verkürzen und die vor
der neuen Linie gelegenen Positionen zu räumen. Bereits am 19. Juni langten
beim Gruppenkmdten Obstl. T e n n e r orientierende Weisungen für den Rück-
zug im großen ein, über deren Inhalt die Empfänger ehrenwörtlich zum Still-
schweigen verpflichtet waren. Er begann mit dem Satze: „Höhere Rücksichten
erfordern es, eigene Kräfte für andere Verwendungen verfügbar zu machen." Im
weiteren wurde als neue Linie für das III. Korps bestimmt: Castelletto—Roana—
Mte. Interotto—Mte. Dorole—Cm. bell Arsenale—Cm. Dieci. Die Truppen der
22. L.I.T.D. hatten in der Nacht zum 23. Juni in die Linie ausschließlich Asiago,
einschließlich Cra Longarda d'Avanti und in der Nacht zum 24. Juni zum
Tänzerisch—Mte. Interotto, Mte. Dorole bis Roceolo Dubielo oder Mte. Zebio
zurückzugehen. Bis zum angegebenen Zeitpunkt war die bisherige Stellung
unbedingt zu halten, die neue Stellung mit ihren Zugangswegen zu rekognos-
zieren, die Stellung Interotto durch zwei Kompn. des I. Baons Siegel und
ein halbes Ma.Baon 26, die Zwischenstellung durch das andere halbe Baon
Siegel auszubauen. Am Nachmittag segnete Feldkurat Steiner unter
Führung des Oblt. L ö s ch n i g die zerstreut liegenden, den verschiedenen
Truppenkörpern angehörenden Gräber, Feinde und Freunde, ein. Unter anderem
befand sich auch ein mächtiges italienisches Grab im Balle di Ronchi. Durch die
Lage, Form und Größe ausfallend, wurde es geöffnet. Man fand darin an
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Stelle der Toten ital. Handgranaten. Die Einsegnung unterblieb. Zum Schlüsse
ging Feldkurat Steiner, wie täglich, zu seinen toten Kameraden in der
Friedhofsanlage nächst Gallio, bei denen er in langem Gebet verweilte.
15. Die letzten Tage auf Mte. Sisemol.
Am 20. Juni begannen die Italiener schon um 2 Uhr mit heftigen Art.-
Feuerübersällen einzusetzen. Ab 5 Uhr steigerten sie sich zum schwersten
Trommelfeuer gegen den Abschnitt des II. Baons Strohschneider und
sprangen auch zeitweise gegen das Res.-Baon Herrmann, gegen Gallio, die
Mühlen am Eck und auf die Zufahrtswege über. Mit unerhörter Munitions-
Verschwendung hielt dieses Feuer bis Mittag an, um endlich in ein ruhiges
Streufeuer überzugehen. Am 21. und 22. Juni wiederholte der Gegner tagsüber
seine schwere Art.-Beschießung gegen das II. Baon. Am 22. Juni währte diese
maßlose Beschießung auch während der Nachtstunden und zerpflügte insbesondere
den rechten Flügel des Abschnittes Strohschneider mit Sprengtrichtern
aller Kaliber. An diesem Tage wurde auch der schöne, schlanke Turm in Gallio
ein Opfer des Krieges. Mit dumpfem Dröhnen stürzte er ein, die ganze
Umgebung in Staub hüllend. Nach einer am 20. Juni vorgenommenen
Rekognoszierung der zugewiesenen Dauerstellung durch den Brigadier, den
Rgtskmdten., Hptm. Siegel und Pionoffz. marschierte am 22. Juni Hptm.
Siegel mit der 3. und 4. Komp, zum Ausbau in den Raum nördl. Bosco ab.
Die 1., 2. und M.G. unter Kmdo. des Oblt. Schwab verblieb bis 23 Uhr des
23. Juni im Raume Villa Rosst—C. Rotz, um dort eine flüchtige Zwischenstellung
für das Rgt. herzustellen.
Rgtskmdt. Obstl. Tenn er besuchte am 23. Juni die beiden Abschnitts-
kmdten Herrmann und Strohschneider und hielt mit diesen längere
Besprechungen über die Art des befohlenen Rückzuges ab. Ruhigen Schrittes,
mit soldatischem Ernste, ging er mit Oblt. Löschnig, trotzdem die fdl. Art.
wieder ununterbrochen die Abschnitte abstreute, die ganze Stellung ab. Seine
kurze, Knappe Art, mit dem Manne im Schützengraben zu sprechen, mochte wohl
oft als kalte, harte Strenge erscheinen. Doch wer in seinen gütigen Augen, in
seinem Mienenspiel zu lesen verstand, der erkannte, daß sich hinter dieser Kürze
ein tiefes, weiches, mitfühlendes Empfinden verbarg, der wußte, daß Kamerad
Tenner oft nur aus strengstem Pflichtgefühl den Soldaten Senner heraus-
kehrte, immer bestrebt, als erster in eiserner Ruhe beispielgebend seine Pflicht
zu erfüllen, alle Weichheiten verbergend, die als Schwäche gedeutet werden
konnten. Als er so durch die Gräben schritt und seine lieben Dreier, unbekümmert
um allen Feuerwirbel, mit zuversichtlichsten Gesichtern in rastloser Arbeit sah,
hatte er nur die Worte: „Schade, schade!" — Zwei Worte nur, hinter denen sich
sein ganzer Schmerz um die nun zum Teil Zwecklosen Opfer, seine ganze Sorge
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für das Kommende und die tiefe Trauer verbarg, feine Helden nicht, wie erhofft,
in die venetianifche Tiefebene und damit zum Frieden führen zu dürfen. Obstl.
T e n n e r, weit über die Grenzen der Monarchie als Kommandant des k. u. k.
Fecht- und Turnlehrinstitutes, als Organisator und Verbreiter des Fechtens und
als Fechter von internationalem Rufe bekannt, hat das Regiment während
der ganzen Offensivkämpfe geführt. Er verstand es, feine persönliche Tapfer-
keit und sein Siegesbewußtsein durch das Offizierskorps auf die Mannschaft
zu übertragen und bildete mit sener ruhigen, entschiedenen Befehlsgebung in
den kritischen Momenten den Grundpfeiler, auf dem sich die Erfolge aufbauten.
Er verlangte viel, aber nie Unmögliches, da er durch häufiges Besichtigen der
Feuerlinie über die Gefechtsverhältnisse aus eigenen Eindrücken am besten
orientiert war. Obstl. Tenn er mußte als Soldat wohl oft strenge scheinen,
obwohl ihn der Mensch zur Milde drängte, manchem Wunsche im Interesse der
Gesamtheit entgegentreten, wo ihm persönlich Gewährung näher lag. Doch dort,
wo es sein streng soldatisches und gerechtes Empfinden zuließ, war er allen
ein milder, großzügiger und gerechter Vorgesetzter, der die Leistungen, einzeln
und in der Gesamtheit, würdigte. Unter der Kommandoführung des Obstl.
Tenn er verschmolzen im harmonischen Dreiklange Kommandant, Offiziers-
korps und Mannschaft zu einem mächtigen Akkord, der zur freudigen, strengsten
Pflichterfüllung und zum schönsten Lohne für den Soldaten führte: das Rgt.
erfocht unter der sicheren Führung seines schneidigen Kmdten eine Reihe schöner
Siege ohne Rückschlag.
Am 23. Juni, der unter normaler Gefechtstätigkeit verging, langten die
Detailanordnungen der 22. L.I.T.D. und 43. L.I.Brig. für das Beziehen der
Dauerstellung ein. Sie verfügten als Rückzugsbeginn- die Nacht vom 24. auf den
25. Juni, ordneten die Verschiebung der Art., Inf. und des Trosses (Gefechts-
train), regelten Aufklärung, Verbindung und Sprengungen und setzten die Ab-
schnittsgrenzen. der Truppenkörper fest. Auf Grund dieser Weisungen gab das
Rgtskmdo. seine Befehle aus. Demnach hatte L.J.R. 3 um Mitternacht vom 24. auf
den 25. Juni im Anschluß an HI. I.R. 73 und den linken Flügel Baon Herr-
mann den Rückzug über Rücken Roncalto zu beginnen, gleichzeitig L.J.R. 26
im. Anschluß an Jg. 11 den rechten Flügel über Zocchi zurückzunehmen. Die
Zwischenstellung des Rgts., von Wegkreuzung bei Villa Rossi bis Südende von
Costa, hatten die Baone II und III in gleicher Gruppierung mit ihren M.E.,
jedoch ohne I.G.A. und M.W., zu beziehen. Als Nachhut war in der Stellung
von jeder Komp. 1 Zug zurückzulassen. Die Nachhutzüge hatten vereint um
2 Uhr 50 des 25. Juni, stärkere Patr. stehen lassend, dem Rgte. zu folgen. Laut-
lose Stille und verläßliche Abräumung jeglichen Materials wurde gefordert. Ein
wolkenloser Himmel zierte den Morgen des 24. Juni. In den Stellungen wurde
nur mehr zum Schein gearbeitet, um den Gegner durch Ausbleiben der gewohnten
Geräusche nicht stutzig zu machen. Sonst war man damit beschäftigt, bis zur
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letzten Patrone alles wegzuräumen, um dem Feinde auch nicht das Kleinste- zu
vererben. Am schwierigsten war es für die Kmdten., der Mannschaft die
Notwendigkeit der Rückbewegung klar zu machen. Alle taktischen und
strategischen Beweise begegneten nur der einen Meinung: „Soll'n die ändern
halt zruck gehn, mir gehn net! Jetzt, wo wir den Katzi so schön g'haut haben,
jetzt, wo wir ihn so schön laufen g'lernt haben, jetzt, wo wir beinahe obigreifen
können zu den Orangen, jetzt soll'n wir zruck? Jo, wos war denn des nocha?
Zum Schluß bild' sich der Jtak gar ein, er hätt' uns g'jagt. Geltens, bitt' schön,
Herr Hauptmann, wir geh'n eher vor, — net z'ruck." Als die Wackeren dann
durch die Ausgabe der Detailbefehle einsahen, daß der Rückzug notwendig fei;
da schüttelten sie brummelnd die Köpfe und schielten mit einem bitterbösen Blick
hinüber zu den Italienern, als wollten sie sagen: „Lacht nur nicht zu früh!"
Wie sich bei einem richtigen Steirer über ein Weilchen der Zorn immer in Scherz
auslöst, so errang auch in diesen Stunden der Witz bald die Oberhand. Allent--
halben sah man die Leute auf Karten, auf Papierstreifen, auf alte Verschlag-
deckel Aufschriften malen. So stand unter anderm geschrieben:
Host a Schneid?
Bon Asiago bis Trient ist net weit.
Wir san's Hergängen in drei Wochen,
du hast's dein Lebenlang net dakrochem
Damit der Cadorna sich nicht kränkt,
haben wir ihm den Graben geschenkt:
da kann er sich ein Denkmal errichten
und weiter seinen Sieg erdichten.
Der Sieg ist Dein, der Lorbeer winkt,
die Heldentat ist groß.
Stürm' die Latrin, auch wenn sie stinkt,
sie geht dafür nicht los.
Bis dahin und nicht weiter
sagen die spanischen Reiter.
Laßt Ihr Euch weiter hinten blicken,
müflen wir Euch leider in Himmel schicken:
Freiwillig wir von hier jetzt geh'n,
doch freut Euch auf das Miederseh'n!
II. Der freiwillige Rückzug auf Me. Interrotto.
(26. Juni bis 26. Juni. Beilagen 46 und 47.)
1. Der Rückzug in die Zwischenstellung.
Fertig gerüstet zum Abmarsch standen die Formationen. Noch ein Gang durch
die Stellung, um sich zu überzeugen, ob nicht ein Stückchen Kriegsmaterial
zurückgeblieben sei, noch eine Aussprache mit den Kmdten der Nachhutzüge,
auch mit Stabsfldw. Franek, dem Kmdten der Nachhut-Patrouillen, um ihm
dringend einzuschärfen, sich in kein überflüssiges Abenteuer einzulassen, dann
zeigt die Uhr 24. Der 25. Juni, ein Sonntag, war angebrochen. Ein wehmütiger
Blick gleitet noch über die von buntfarbigen Leuchtraketen beleuchtete Stellung:
Es muß sein! „Abmarschieren!" Lautlos schlängelt sich die Unterabtlg. durch das
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zerschossene Roncalto und Gallio, deren rauchgeschwärzte Brandruinen des
Nachts unheimlich wirken. Vorbei an dem Heldensriedhof geht es, wo unsere
lieben, trauten Kameraden liegen, bis an die Waldlisiere südl. Rotz. Lautlos
machen die Plänkler des H. und III. Baons „Kehrt" und besetzen befehlsgemäß
die Zwischenstellung.
Kaum war es grau geworden, hielt die fdl. Art. Tagwache und beschoß,
nichts ahnend, wie alltäglich unsere verlassenen Gräben auf Sisemol. Um 8 Uhr
war die Zwischenstellung verteidigungssähig besetzt, die Nachhutzüge waren ein-
gerückt. Nur die in der Stellung verbliebenen Patrouillen unter Franek
unterhielten noch ein lebhaftes Feuer. Ununterbrochen surrten fdl. Flieger über
unseren Köpfen und versuchten, Einblick zu gewinnen. Das Verstummen unserer
zum Teile im Stellungswechsel befindlichen Art., das schwache Abwehrfeuer
unserer Patrouillen auf Sisemol und das Aufklärungsergebnis der feinül.
Flieger veranlaßten den Italiener, in den letzten Vormittagsstunden mit kleinen
Abt. gegen den Sisemol vorzufühlen. Von Franek und seinen Leuten treff-
sicher beschossen, kehrten diese Abt. jedoch wieder in die Ausgangsgräben zurück.
Nun konzentrierte die fdl. Art. ihr ganzes Feuer gegen die Waldränder bei
Rotz. Der Wald erbebte, Granaten entwurzelten die Bäume, Schrapnells zer-
rissen die Äste und Stämme. Zum Glück lag das Feuer meist zu weit rückwärts,
so daß das Rgt., dank den angelegten, wenn auch notdürftigen Deckungen, nur
einige Verwundete zu beklagen hatte.
Um 15 Uhr bemerkte man vom Rgt. deutlich das Vorgehen fdl. Schwarm-
linien auf Mte. Meletta. In mehreren Wellen hintereinander folgten die schwar-
zen Punktreihen. Gegen 16 Uhr 30 sah man die Patr. Franek im ruhigen
Schritt zurückgehen. Bald darauf zeigte sich auch auf dem Sisemol Bewegung.
Ital. Patr. gingen mit größter Vorsicht vor, denen bald Schwarmlinien nach-
folgten. Es war interessant und belustigend zu beobachten, wie die Italiener sich
beim Erreichen der Stellungen auf dem Sisemol, worin sie längere Zeit ver-
weilten, gebärdeten. Von allen Seiten beäugten sie unsere Arbeiten, bemerkten
dann die zurückgelassenen Zeitungen und Aufschrifttafeln und begannen sie zu
studieren. Bald darauf tauchten größere Gruppen ital. Abt. auf, die ebenfalls
die Stellungen besichtigten und die ersten Abt. weiter vortrieben. Leider durfte
unsere Art., um sich nicht zu verraten, diese Unterhaltung nicht stören. Erst
einzelne, dann immer mehr Italiener erschienen beim Steinbruch östl. Gallio.
Mit Ängstlichkeit und Vorsicht sammelten sich weitere Gruppen bei den Häusern
von Eck, einzelne Leute gegen Gallio vorsendend.
Als es zu dunkeln begann, eröffneten die Italiener ein lebhaftes Jnf.-
Feuer, rückten aber nicht vor. Das Plänklerfeuer dauerte mit wechselnder Stärke
die ganze Nacht an, auch dann noch, als unsere Truppen die Zwischenstellung
längst verlassen hatten. Hiebei hörte man beim Gegner deutlich deutsche Kom-
mandoworte, die zu unserer Täuschung berechnet waren.
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Um Mitternacht setzten die einzelnen Komp, ihre Bewegung in die vor-
bereitete Dauerstellung auf Interrotto fort. Nur Patr. blieben zurück und unter-
hielten mit dem Gegner schwaches Gewehrfeuer, bis auch diese um 3 Uhr des
26. Juni bestimmungsgemäß abrückten. Den Kompn. bot sich bei dem Marsche,
der langsam und ruhig vor sich ging, ein schauerlich-schönes Bild. In Asiago und
in dessen Umgebung brannten viele Gebäude von der letzten Art.-Beschießung.
Die roten Feuersäulen, die zum finsteren Nachthimmel emporstiegen, boten ein
schauererregendes Bild des Krieges.
Das Herausnehmen der Truppen aus der Front war gelungen. Die Durch-
führung des Rückzuges gab ein beredtes Zeugnis von der glänzenden Disziplin
und Moral unserer Truppen. Wieder sah man, daß eine Truppe alles erträgt
und vermag, wenn Führer und Geführte in der Heimatliebe und Treue eins sind.
2. Die Kämpfe aus dem Mte. Interrotto.
(26. Juni bis 15. August 1916. Beilage 47.)
Am 26. Juni um 6 Uhr war der durch das Baon Siegel vorbereitete
Abschnitt des Rgts. mit dem II. Baon Strohschneider von 300 Schritt
nördl. C. Carlin bis inkl. Saumweg Bosco—Mte. Dorole, mit dem I. Baon
Siegel anschließend bis südl. Kote 1355 besetzt. Bon einer Stellung konnte noch
nicht gesprochen werden, da das Halbbaon S i e g e l in den wenigen Stunden
nicht imstande war, mehr als die Vorbereitungen hiezu zu treffen. Das charak-
teristische Merkmal des Abschnittes war ein dem Nordabschnitt vorgelagerter,
gegen Asiago langgestreckter Rücken, die 1223 Meter hohe Katze. Diese Höhe
war wegen ihrer guten Einsicht in die Wege und Ortschaften des Beckens von
Asiago durch eine Vorstellung gesichert. Die Meinungen über den Wert dieser
Vorstellung gingen auseinander, da dem Vorteile der Einsicht die durch Terrain
und Bodenbedeckung begünstigte, leichte Umgehung des vorgeschobenen Stütz-
punktes gegenüber stand. Trotzdem wurde die 3. Komp. Lt. S t i f t, der 2 Granat-
werfer beigegeben waren, bereits am 25. Juni abends zum Ausbau des Katze-
Stützpunktes vorgeschoben. Das für den Gegner günstige, stark bedeckte, von
vielen Mulden und schußfreien Räumen durchzogene Angrifssgelände, die vielen
Wege und deckungbietenden Häusergruppen, die den direkten Vorstoß vom Ver-
kehrszentrum Asiago gegen den Interrotto ermöglichten, ließen es als fast sicher
annehmen, daß der Gegner zuerst hier folgen und erbittert angreifen werde.
Das Rgt. mußte daher bereit sein, in wenigen Stunden schon in heftige Kämpfe
verwickelt zu werden, ohne Zeit gefunden zu haben, den Raum auch nur halb-
wegs auszubauen. Ebensowenig war anfänglich mit einer nennenswerten Art.-
Unterstützung zu rechnen, da diese noch nicht eingeschossen und wegen Munitions-
mangels auf unabsehbare Zeit zur äußersten Sparsamkeit verurteilt war.
Die Italiener hatten bei Morgengrauen die Zwischenstellung bei Villa Rosst
verlassen gesunden und glaubten, wie spätere Gesangenenaussagen ergaben, die
Österreicher seien im Begriffe, unter dem Schutze schwacher Nachhuten in ihre
Ausgangsstellungen bei Trient zurückzugehen. Bereits um 8 Uhr des 26. Juli
brachen zahlreiche Kavallerie- und Jnf.-Patrouillen aus Roncalto, Asiago und
Gallio vor und näherten sich zögernd unseren vorgeschobenen Sicherungen. Von
diesen angeschossen, begnügten sie sich, zur Beobachtung die Häusergruppen von
Rodighieri, Costa und Leusche zu besetzen. Erst am Nachmittag stießen stärkere
Kräfte des Feindes vor, so daß das Becken von Asiago bald von Wt. wimmelte.
Wieder war unsere Art., um die wenige Munition für entscheidende Augenblicke
zu sparen, verurteilt, dieses Treiben nur stumm zu beobachten. Der Fd. nahm
im allgemeinen Richtung auf Camporovere. Auch aus der Richtung Villa Rösti
näherte sich eine Gesechtstruppe, die, von der MG. III unter Feuer genommen,
in Costa und Leusche verschwand. Mit Einbruch der Dämmerung begann sich
der Feind an den Muldenrändern nächst 1103 und bei Rodighieri einzugraben.
Der vor unserem rechten Flügel stehenden Feldwache gelang es, einen fdl. Zug
gefangenzunehmen und einen anderen Teil des Feindes zu zersprengen. Die
Gefangenen sagten aus, daß die Rgter 87, 88, 90, 112 und 152 Befehl hätten,
hier anzugreifen. Bereits am Abend des 26. Juli brach der Fd., begünstigt durch
unsichtiges Wetter, in den Südteil der Katzevorstellung ein. Der vorstürmenden
Komp.-Res. unter Kdt. Maier gelang es, im harten Bajonettkampf den ein-
gedrungenen Fd. wieder hinauszuwerfen.
In der Nacht zum 27. Juni beleuchtete der Fd. ununterbrochen mit Schein-
werfern unsere Stellung, insbesondere die Katze. Fdl. Inf.- und MG.-Feuer
störte die ganze Nacht. Um 3 Uhr früh unternahm der Fd. einen heftigen Feuer-
überfall gegen die Vorstellung aus dem Katze-Rücken. Die Lebhaftigkeit des
Feuers ließ erkennen, daß der Fd. sich während der Nacht wesentlich verstärkt
hatte. Mit dem ersten Frühlicht sendete der Gegner seine Flieger aus, die, über
unserer Stellung kreisend, ihrer Art. Zeichen gaben. Kurz darauf bricht die
feindl. Inf. vor. Ihr erster Anprall gilt der Katze-Vorstellung, wo sich im erbit-
terten Ringen die 3. Komp. Stift gegen die sdl. Übermacht zu wehren versucht.
Drei Vorstöße werden blutig abgewiesen. Ohne Art.-Unterstützung kämpft die
angegriffene 3. einen verzweifelten Kampf. Neuerlich brechen des Feindes
Sturmscharen vor und dringen mit ihrer Übermacht in die Vorstellung ein. Die
5. Komp, und ein Zug des Iagdkmdos. eilen der hartbedrängten 3. Komp, zu
Hilfe. Als jedoch der Italiener unbehindert neue Abt. von C. Rigoni vorschiebt
und es zwei fdl. MG. gelingt, in die linke Flanke des Verteidigers zu wirken,
ist die Vorstellung unhaltbar. Das erbitterte Handgemenge erschwerte die Los-
lösung vom Feinde und erhöhte die Zahl der Opfer. An allen anderen Stellen
des Abschnittes wurde der Fd. mühelos abgewiesen. So manchen lieben, treuen
Kameraden hatte der Kampf gefordert. Lt. K l e i n r a t h wurde schwer ver-
72
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—... ......... .........-
Heldenfriedhof des Sch.Agt. 3 auf Mte. Interrotto (Me. Dorole).
Agts.Kmdo Sch.Rgt 3 auf dem Mte. Zebio.
Pipla, Krogler, (?), Steiner, Petrutschar, Niemeg,
Scheffer, Unger, Tenner, Siegel, Andies, (?)
Wurtinger, Hrachowina.
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—
mundet und verschied bald darauf. 6 Mann brachte man tot, Lt. Lorenz, Fhr.
Stiger, Kdt. Maier und Strohmaier sowie 23 Mann verwundet
zurück; Kdt. Heim und 54 Mann, aus der Katze-Vorstellung nicht mehr zurück-
gekehrt, galten als vermißt, wenn nicht gleichfalls als gefallen. Unbezähmbar
fraß der Krieg die Besten der Besten aus unseren Reihen.
Dieser bescheidene, taktisch wertlose Erfolg stieg den Italienern zu Kopfe.
Nachdem sie in der Nacht ein ununterbrochenes Art.-, MG.-, Gewehr- und Minen-
seuer unterhalten hatten, setzten sie mit dem ersten Tageslichte des 28. Juni
einen starken Angriff aus Bosco und Beuscar gegen den rechten Flügel des
Rgts. und gegen L.I.R. 26 an. Mit schweren Verlusten mußten sie erfahren,
daß man nicht ungestraft an steirische Fäuste rennt. 6 fdl. Baone schritten nach
einem heftigen Feuerüberfall, tief in Linien gestaffelt, zum Angriff. Im Raume
des L.I.R. 26 hatte der tatkräftige Kmdt. der Bt. 4 des F.K.R. 22, Oblt. Ko-
ka i l, einen Zug auf der Straße südl. des Interrotto offen auffahren lassen. Trotz-
dem diese beiden Geschütze von den Italienern sofort unter schwerstes Feuer
genommen wurden, wirkten sie derart genau und hervorragend bei der Abwehr
des Angriffes mit, daß ihnen hiefür größte Anerkennung gebührte. Am Südflügel
des Rgts., dessen Stellung an einem 2 bis 3 Meter tiefen Felsabsturz lag, dem
sich der Fd. durch mehrere Rinnen und Rachein gedeckt nähern konnte, kam
es zu schweren Kämpfen. Unter dem Schutze seines MG.- und Minenfeuers
gelang es dem Gegner tatsächlich, stärkere Abt. bis in den unbestrichenen Raum
unter dem Felsabsturz heranzubringen. Wurden auch dem Feind durch wohl-
gezielte Handgranatenwürfe schwere Verluste zugefügt, so wuchs die Zahl der
sich vor dem Baonsabschnitt sammelnden Italiener doch von Minute zu Minute.
Unsere Art. stand nächst dem Interrotto und vermochte von dort aus nicht in
diese Räume zu wirken.
Um die Mittagsstunde brauste der erste Angriff los. In die Abschnitte der
6. (S ch achner), 7. (W o l o s z a n s k i) und 2. Komp. (P a wlicz) bricht der
Fd. ein und kann erst nach erbittertem Handgemenge vertrieben werden. Neuer-
lich setzen Geschütze, MG. und Minen des Feindes ein. Neuerlich mit heroischer
Zähigkeit und Ausdauer stürmt der Fd. über seine Leichen vor. Die Reserve-
Kompn. 5 (Lorenzoni) und 8 (Edelhauser) eilen ihren ringenden
Kameraden zu Hilfe. MG.- und Jnf.-G.A. reißen mit vorzüglich geleitetem
Feuer Lücke um Lücke in die stürmende Schar der Feinde. Ohne weitere Opfer
zu scheuen, setzen die Italiener immer wieder zum Angriff an. Erst als
die Abendschatten das Kampffeld verdunkeln, war des Angreifers Kraft gebro-
chen. Das Gros seiner tapferen Sturmkolonnen zog sich blutend gegen Beuscar,
Boseo und C. della Cace zurück. Der Rest, dem die Bt. K o k a i I und unsere
MG. den Rückzug verlegt hatten, wird in einem kühnen Ausfall umzingelt.
600 Gefangene zählt die 43. L.J.Brig. Mindestens ebenso groß sind die Verluste
des Feindes an Toten und Verwundeten.
73
mmmm
Nach den schweren Kämpfen am Vortage verlief der 29. Juni verhältnis-
mäßig in Ruhe. Obstl. Tenn er dekorierte an diesem Tage vor dem versam-
melten HI. Baon die ausgezeichnete Mannschaft, darunter Fldw. Schrein-
lech n e r, Zgsf. H a s i b a und Korpl. K r e n n mit der Gold. T.M. Am Abend
rückte vom Ma.Baon unser lieber Kamerad Dr. Thaler als Chefarzt des
II. Baons ein. Freude und Leid sitzen im Felde eng beieinander. War das Rgt.
schon am Vortage von der Nachricht des Ablebens unseres allverehrten Obftl.
S ch n e w e i ß tief erschüttert, so versetzte uns die Kunde vom Heldentode des
tapferen, ritterlichen Hptm. Kisvarday des Schwesterregimentes L.I.R. 26
in tiefste Trauer. Als bei den Unterabteilungen der Aufruf des Erzh. Eugen
verlesen wurde, mischten sich in das stolze Lob tiefe Gedanken der Trauer, denn
wir wußten, wieviele unserer Edelsten die Siege gekostet hatten. Der Aufruf
lautet:
Soldaten!
Als der ersehnte Augenblick unseres Angriffes gekommen war, da hatte ich Euch ge-
sagt, daß ein hartes Stück Arbeit vor Euch liege, Ihr es aber leisten werdet. Und mein
Vertrauen war glänzend gerechtfertigt: Ihr habt es geleistet! Ihr habt in wenigen Wochen
eine Reihe starker, seit Monaten ausgebauter Stellungen genommen, samt den mächtigen
Panzerwerken, auf die der Feind sich stützte, und seid weit hineingedrungen in Feindes-
land. Mehr als 47.000 Gefangene, darunter fast 1000 Offiziere, 318 Geschütze, 191 Maschi-
nengewehre und eine reiche Beute an sonstigem Kriegsmaterial geben Zeugnis von Euren
Siegen!
Eben als Ihr Euch anschicktet, nach kurzer Vorbereitungszeit einen neuen Schlag zu
führen, der die letzten fdl. Stellungen im Gebirge zertrümmern und den Weg in die Ebene
vollends freimachen sollte, da mußte ich Euch schweren Herzens Halt gebieten. Die zahl-
reichen Truppen, die der Fd. in größter Eile von allerwärts gegen Euch herangeholt, sie
hätten Euren Siegeslauf nicht gehemmt. Höhere Rücksichten verlangten von uns dieses
Opfer, damit an anderer Stelle die Grenzen unseres großen Vaterlandes besser geschützt
werden können. In sorgfältig gewählten, starken Stellungen werdet Ihr nun die errungenen
Vorteile festhalten, allezeit bereit, dem Rufe Eurer Führer zu folgen, wenn wieder der
Augenblick zum Angriffe gekommen ist.
Soldaten! Ihr könnt stolz sein auf Eure Leistungen, die stets als hervorragende
Kriegstaten gelten werden. Ich danke Euch für Euren Opfermut. Ich danke Euch im Namen
des Vaterlandes, ich danke Euch im Namen unseres Kaisers und Königs, dessen Herz von
freudigem Stolze über die Leistungen seiner braven Soldaten erfüllt ist.
Feldpostamt Nr. 149, am 21. Juni 1916. Erzh. Eugen m. p."
Um 4 Uhr des 30. Juni setzte die fdl. Art. mit einem heftigen Feuer ein,
das sich fortgesetzt steigerte. Durch 16 Stunden stand der Abschnitt des Regimen-
tes im ununterbrochenen schwersten Art.-Feuer. Der begonnene Stellungsbau
war fast gänzlich eingeebnet. Die ganze Nacht hindurch unterhielt die fdl. Inf.
ein lebhaftes MG.- und Jnf.-Feuer, in das sich zeitweise Überfälle der Art.
mengten. So endete der 30. Juni und so begann der 1. Juli. Um 14 Uhr kon-
zentrierte sich das Feuer gegen den Abschnitt der 2. Komp. P a w l i e z zu einem
Trommelfeuer. Als es um 16 Uhr nach rückwärts sprang, stürmten die Italiener
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gegen die Stellungen der 2. Komp, und des Iagdkmdos, die sie für erschüttert
hielten, vor. Der Angriff wurde glatt abgewiesen. 1 Offz. und 73 Mann des
ital. I.R. 87 wurden gefangengenommen. Am Abend löste das III. Baon das I.
ab. Die Ablösung erfolgte von da an alle 4 Tage, so daß immer ein Baon als
Brig.-Res. in Verwendung stand.
Um Mitternacht stürmte der Fd. abermals, nun gegen die 6. Komp. S ch ach-
n e r, vor. Er wurde auf 50 Schritte herangelassen und mit verheerendem MG.-,
Inf.- und Handgranatenfeuer empfangen. 50 Gefangene mußte er uns als Beute
zurücklassen. Um 4 Uhr 30 des 2. Juli brachen des Gegners Reihen abermals
gegen den Südflügel des Rgts. vor. 6., 7. und 8. Komp, kämpften, wirksamst
unterstützt von den MG. Oblt. Dewatys, einen harten Kampf, doch gelang
es dem Gegner nirgends Raum zu gewinnen. Auch gegen die 10. Komp. Mai-
wald war ein Angriff erfolgt, der ebenso blutig abgewiesen wurde. Abermals
mußte er 60 Gefangene zurücklassen, sicher an 300 tote Italiener lagen vor
der Front. Abgeschlagen, zog der Fd. Verstärkungen heran. Den ganzen Tag
sah man Italiener aus Villa Rosst und Asiago sich gegen Costa und Rodighieri
einzeln vorwärts sammeln. Der Tag brachte für das Rgt. eine große Freude.
Obstl. Tenn er wurde mit dem Leopolds-Orden m. d. K.D. ausgezeichnet.
Er dankte den glllckwünschenden Abordnungen mit herzlichen Worten und be-
tonte, daß dieser Orden für ihn nur das sichtbare Zeichen der allbekannten
Tapferkeit und Treue seines schönen Regimentes sei.
Die zähe Art unserer Verteidigung, die erfolglosen, schweren Blutopfer, die
den Italienern die tapfer geführten Angriffe gebracht hatten, mußten dem
Feinde deutlich zu erkennen geben, daß seine Annahme, hier nur schwache Nach-
huten anzutreffen, irrig sei. Die Erfahrungen, die er auch an anderen Front-
teilen machte, bewiesen, daß Österreichs Heer ungebrochen und gewillt sei, diese
selbstgewählte Linie bis aufs äußerste zu behaupten. Diese Erkenntnis mußte
zur Einsicht führen, daß noch so tapfere Stöße, ungenügend vorbereitet, keinen
Erfolg versprechen, daher nur ein systematisch aufgebauter, wohl vorbereiteter
Großangriff imstande sein könne, eine entscheidende Lücke in die Front der
Österreicher zu reißen. Daraus ergab sich für die Italiener zwangsläufig der
Plan, bei regster Aufklärung und Beunruhigung unserer Linien, diese unter
schwerstes Art.-Feuer zu nehmen und unter dem Schutze aller Kampfmittel
Kräfte bereitzustellen, deren überzahl einen Erfolg sicher erwarten lasse. Nur
zu bald sollten wir am eigenen Leibe verspüren, wie im Gegensatz zu unserer
die ital. Art. imstande war, Mun. zu verschwenden. Das Brigkmdo. legte den
Truppen nahe, mit Rücksicht auf die zu erwartenden Großangriffe die Stellun-
gen unter Aufbietung aller Kräfte ehebaldigst auszubauen. Insbesondere empfahl
es die Anlage von Riegelstellungen für eine bewegliche Verteidigung und den
Einbau von Fuchslöchern zum Schutze der Besatzung, desgleichen den Bau von
Kavernen. Neuerlich wurde betont, daß die Unterstützung durch die Art. mangels
75
W
an Mun. nur äußerst spärlich erfolgen könne und daß auch der Mangel an
Handgranaten, Ins.-Mun., Kerzen, Seifen und Zündern in absehbarer Zeit nicht
behoben werden könne.
Aus Grund der Erfahrungen in den letzten Kämpfen hatte der Btkmdt.
Oblt. Ko Kail im Verein mit dem Baonskmdtn. Geschützstellungen in der
Kampflinie ausgemittelt, von denen aus die Geschütze, um nicht vorzeitig ent-
deckt zu werden, erst im Augenblicke eines fdl. Angriffes flankierend wirken
sollten. Inf. und Art. waren so restlos bemüht, alles vorzusorgen, um der zu
erwartenden Angriffe Herr zu werden. Am 4. Juli wurde das Iagdkmdo. aufge-
löst und aus die Kompn. aufgeteilt. In den Abendstunden versuchte Korp. Neu-
mann eine fdl. Sappe auszuheben. Bis 30 Schritte kam er mit seinen Leuten
an die Italiener heran. Vorzeitig durch ital. Kriegshunde verraten und ent-
deckt, mußte die Patrouille, nachdem der so oft bewährte Korp. gefallen war,
umkehren.
Trotz Aufbietung aller Kräfte schritt der Stellungsbau nur langsam vor-
wärts. In ungleichen Zeitabschnitten überschüttete die sdl. Art. mehrmals des
Tages die Stellungen mit heftigem Feuer. Die Zahl der Mw. beim Feinde
hatte sich bedeutend erhöht. Des Gegners gefährliche Minen verursachten nicht
nur Schaden an den Stellungen, sondern forderten nur zu oft auch Verluste
an Menschen. So wurden am 6. Juli Kdt. U d e und 10 Mann verwundet,
2 Mann waren gefallen. Oft stundenlang vom fdl. Art.- und Minenfeuer über-
schüttet, vergingen die Tage zwischen Arbeit und Patrouillenkämpfen. Auch die
Reserven hatten keine Möglichkeit, sich zu erholen und zu pflegen. Abgesehen
davon, daß sie an ihren eigenen Deckungen arbeiten mußten, wurden sie Tag
und Nacht zum Material- und Wassertransport, für Bewachungszwecke und
zum Abschub der Verwundeten verwendet. Insbesondere die Wasserversorgung
stieß, da weit und breit kein trinkbares Wasser zu finden war, auf bedeutende
Schwierigkeiten.
Am 9. Juli vermehrte sich das fdl. Art.- und Inf.-Feuer zu ungewöhnlicher
Heftigkeit. Der Feind hatte neue Btn. in Stellung gebracht. Seine Inf., wahre
Meister in Erdarbeiten und mit vorzüglichem Material aller Art versorgt,
sicherte sich durch tiefe Schützengräben. Insbesondere der Waldvorsprung nächst
Kote 1156 bildete einen Sammelpunkt fdl. Kräfte. In den Nachmittagsstunden
gelang es unseren Btn., diesen Vorsprung unter wirksames Feuer zu nehmen
und den Fd. zu vertreiben. Zwischen den eig. und sdl. Linien auf der Katze
lagen von den vorangegangenen Kämpfen noch zahlreiche ital. Leichen, die
einen durchdringenden Geruch verbreiteten. In der Nacht zum 10. Juli über-
schüttete der Fd. diese Gefallenen mit Benzin und zündete sie an. Lodernden
Brandfackeln gleich beleuchteten diese Feuersäulen die ganze Nacht das Vor-
feld. Am 10. Juli verhinderten trübes Wetter und teilweiser Regen die Sicht,
so daß der Tag in langersehnter Ruhe zum beschleunigten Ausbau der Stellung
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benützt werden konnte. Nachts versuchten fül. Patr. vor der 7. und 8. Komp,
die Drahtverhaue zu zerstören, sie wurden verjagt. Ein um Mitternacht über-
raschend versuchter Vorstoß gegen das II. Baon wurde im Keime erstickt. Die
ganze Nacht hörte man das Schnauben der Lokomotive aus Asiago. Der Fd.
schien wieder neue Truppen heranzubringen.
Im Morgengrauen des 11. Juli sahen wir mit Staunen, daß die Italiener
die Zeit womöglich noch mit stärkerer Arbeitskraft genützt hatten als wir.
Vom Nordrand Bosco gegen das Südende von Beuscar verliefen vier, etwa
150 Schritte hintereinander liegende ital. Gräben, die dicht mit Inf. voll-
gepfropft waren. Dieses ganze Grabensystem hatte Front gegen Südwest und
war daher vom vorspringenden Teil des Nordabschnittes am Katze-Rücken, der
derzeitigen Stellung des II. Baons Strohschneider, teils flankierend, teils
im Rücken eingesehen. Ein weiterer Beweis, daß der Italiener hier mit aller
Gewalt durchzubrechen beabsichtigte, war sein ab 4 Uhr 30 einsetzendes, orkan-
artiges Art.-Feuer. Schweres Trommelfeuer lag über dem Abschnitt und über-
schüttete ebenso die Kampfgräben wie die Res. Der ganze Wald dröhnte, bebte,
ächzte und stöhnte. Felstrümmer wirbelten durch die Luft, Äste prasselten nieder,
Bäume stürzten krachend zusammen. Der Dust der tief aufgewühlten Walderde
mengte sich mit dem Gestank der Explosionsgase und überlagerte alles mit
einem atembeklemmenden, faulen Modergeruch. Um 9 Uhr erreichte der Hexen-
tanz der fdl. Geschosse aller Kaliber den Höhepunkt. Es wurden über 4000 Schuß
in einer Stunde gezählt.
Inzwischen hatte Oblt. Ko Kail, unbekümmert um das wirbelnde Feuer,
im vorspringenden Stellungsteil des nördl. Abschnittes knapp hinter der Kampf-
linie zwei Geschütze in Stellung gebracht. Mit direkter Richtung vermochte er
von dort gegen Flanke und Rücken der etwa 2000 Schritt entfernten, vollbesetz-
ten ital. Gräben zu wirken. Während eig. Soldaten zum Schutze der Geschütze
und Bedienung gegen das zu erwartende Abwehrfeuer des Feindes in Eile
Steindämme aufführten, begann K o k a i l seine Geschosse verderbenbringend
in die Reihen der Italiener zu senden. Was nun folgte, war eine grausige
Illustration der martervollen Dornenkrone, welche die Ins. in diesem Kriege
trug, war ein blutiger Beweis dafür, daß die Fußtruppe, einmal in Flanken-
feuer geraten, sich durch nichts, nicht einmal durch die Flucht zu retten vermag.
Als die ersten Granaten in die vordersten feindl. Gräben einschlugen, glaub-
ten die Italiener» von der eig. Art. beschossen zu werden. Sie räumten den
gefährdeten Teil und verdichteten dadurch nur noch mehr die Besatzung in
den übrigen Abschnitten. Unerbittlich, wie dieser Krieg war, folgten ihnen aber
Ko Kails Geschosse. Deutlich sah man nun durch das Scherenfernrohr, wie
ihre Kmdtn. zu den Telephonanlagen stürzten, wie sie Signale aus der Stellung
abgaben, um die vermeintlich zu kurz schießende eig. Art. zu verständigen.
Umsonst! Eisen um Eisen bohrte sich in ihre Leiber. Wie in einem aufgescheuch-
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ten Ameisenhaufen hasteten sie nun in ihren Gräben umher, um irgendwo Schutz
gegen die einander jagenden, todbringenden Geschosse zu finden. Vergebens!
Wohin sie sich auch wendeten, die Granaten holten sie ein, zerrissen und zer-
setzten sie. Tote häuften sich auf Tote. Schwerverletzte schleppten sich hoffnungs-
los von einem Winkel zum anderen, Verwundete heulten, schrien, winselten
und klagten. Tausend Höllen hatten ihre Qualen ausgeschüttet. Aus diesem
Sterben war die Flucht der einzige Ausweg. Wer noch heile Glieder hatte,
flüchtete zurück in die zweiten Gräben. Kaum aber hatten sich die ersten Köpfe
aus ihnen erhoben, so surrten schon die Geschosse unserer lauernden MG. heran
und mähten alles nieder, was sich hervorwagte. Nur wenige erreichten den
zweiten Graben, überfüllten ihn und gaben dadurch dem menschenfressenden
Moloch Krieg neue Nahrung. Schon waren ihnen die Rohre der Bt. K o k a i l
gefolgt, dasselbe Geschehen wie im vordersten Graben wiederholte sich im zwei-
ten, im dritten, im vierten.
Auf die gellenden Schreie der Getroffenen richteten alle feindl. Btn. im
Umkreise ihre Rohre gegen den Abschnitt des Rgts., um die tausendfachen Tod
speiende Bt. K o k a i l zum Schweigen zu bringen. Von dem leichtesten bis
zum schwersten Kaliber hagelte es Eisen. Das Singen und Sausen der Geschosse
ging unter im ununterbrochenen tosenden Dröhnen der Masseneinschläge. Doch
K o k a i l schoß, schoß und spie Feuer und Eisen, spie Qualen und Tod. AIs
der letzte Schuß gefallen war, lag vor unserer Stellung ein unübersehbares
Leichenfeld. Ein Großangriff war, ehe noch das erste „Avanti" vernehmbar
wurde, in Schmerzen und Wehklagen erstorben. Nachts fuhr eine Reihe ital.
Sanitätskraftwagen bis knapp an unsere Stellungen über Rodighieri und Bosco
vor, um die zahllosen Verwundeten zu holen und die Berge von Leichen fort-
zuschaffen. Kein österr. Schuß störte diese edle Kameradenpflicht. Der Italiener
drückte seine begreifliche Erbitterung am folgenden Tage durch eine besonders
heftige Beschießung der Art. und Mw. aus. Aus Gefangenenaussagen erfuhr
man, daß er in der Nacht frische Rgter. seiner besten Truppen eingesetzt hatte,
um hier einen Erfolg zu erzwingen. Dreimal schritt er am 13. Juli mit über-
legenen Kräften zum Angriff, dreimal wurde er im glänzenden Zusammen-
wirken der Bt. K o k a i l mit unserer Infanterie unter schwersten Verlusten
zurückgeschlagen. Nur einmal kam er bis 50 Schritte an unsere rechte Flügel-
stellung heran, mußte aber auch da, von einem Hagel Handgranaten empfangen,
zurückweichen. Fhr. Vogelfang fand bei diesen Kämpfen den Heldentod.
Fhr. Blenk wurde verwundet.
Am 14. Juli, knapp nachdem das XIX. Ma.Baon des Hptm. Eltz mit den
Komp.-Offizieren Oblt. Prokisch, Fischer und Breith, Lt. Mam-
czinski, Sabata und Winter, Fhr. Unterleitner, Küt. ScheIlauf
und Kristl aufgeteilt war, versuchten abermals fdl. Abt. nach heftiger Art.-
und Minenvorbereitung an mehreren Stellen des Abschnittes einzubrechen. Ihr
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Vorhaben wurde teils im Abwehrfeuer, teils im Handgranatenkamps zunichte.
Nach diesem Mißerfolg ging der Fd. daran, unsere Stellung auszuräuchern.
Im Nordabschnitt im Raume der 9. Komp, setzte er den Wald, den er nachts
vorher mit leicht brennbaren Flüssigkeiten besprengt hatte, durch Flammen-
werfer in Brand. Unter Krachen, Knistern und Dröhnen brannte der Wald den
ganzen Tag hindurch. Wenn auch Hitze und Rauch den Aufenthalt erschwerten,
wenn auch brennende, stürzende Bäume die Unsern gefährdeten, das Ziel wurde
nicht erreicht. Die wackere 9. harrte tapfer aus. Damals wurde Fhr. C o u l o n
verwundet.
Am 15. Juli übernahm Hptm. E l tz das Kmdo. des II. Baons. Die Italiener
ließen in der Richtung Mte. Sprung einen Fesselballon hochgehen, eine neue
Beobachtung bedrohte unseren Abschnitt. Die Tage bis zum 20. Juli vergingen
in mäßiger Gefechtstätigkeit. Am 18. Juli besichtigte Obstl. T e n n e r mit dem
Rgtsadj. Hptm. Ristl die Stellung und hob den großen Arbeitsfortschritt
lobend hervor. Die Italiener hatten inzwischen als hervorragende Erdarbeiter aus
ihren Gräben Sappen und Quergänge vorgebaut, deren vorderste auf Sturm-
distanz vom Waldrande lagen. In den vordersten Gräben hatte sich mit Gewehr
und Handgranaten, mit Minen und Dolchmessern, ein Kleinkampf entsponnen,
der Tag und Nacht währte. Wie unsere Schützen und Patr. ständig bemüht
waren, durch Zielfeuer und Ausfälle die fdl. Sappen zu zerstören, so versuchten
die Italiener durch zahlreiche Überfälle unsere Arbeiten zu vernichten und
unsere Besatzung zu zermürben. Nächst C. Cardin und in der Mulde nördl.
Bosco, wo sich die Gräben am nächsten lagen, wurde dieser Kleinkampf am
erbittertsten geführt.
Mit Tagesanbruch des 22. Juli setzte gegen unseren Rgtsabschnitt wieder
heftiges Art.-Feuer ein, das sich zeitweise zum Trommelfeuer verstärkte. Der
Nordteil und die Brig.-Res. litten unter starkem Minenfeuer. Um 8 Uhr sprang
das Feuer nach rückwärts. Aus den Sturmstellungen vor der Naht zwischen
dem I. und II. Baon sowie gegen den Anschluß des II. Baons an IV/I.R. 55
stürmte die fdl. Ins. vor. Schlagartig setzte unsere Abwehr ein. Schützen-, Hand-,
Gewehrgranaten-, MG.- und Minenfeuer sowie die Geschosse der J.G. und der
Bt. K o k a i l empfingen den Fd. und zerrissen seine Angriffsreihen. Dem rech-
ten MG. der MG. II gelang es, die gegen das IV. Baon I.R. 65 vorgehenden
Italiener so treffsicher unter Flankenfeuer zu nehmen, daß sie unter schwersten
Verlusten weichen mußten.
Wieder setzte der Feind seine Art., seine Minenwerfer, seine MG. und
Grabengeschlltze in Tätigkeit, um unsere Stellung sturmreif zu trommeln. Um
11 Uhr 30 zieht das Feuer nach rückwärts, ein neuer Angriff des Feindes folgt.
Todesmutig stürmen die Italiener vor. Nächst dem rechten Flügel des II. Baons
kommen sie bis auf 40 Schritte heran. Handgranakensalven lichten ihre Reihen.
Abermals müssen sie zurück. Neuerlich trommelt der Fd. mit allen Kalibern
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auf unsere Deckungen. Im Wäldchen südl. der Kote 1241 hat der Gegner drei
kleinkalibrige Geschütze bis in die vordersten Gräben gebracht und versucht, mit
diesen eine Lücke in unsere Verteidigung zu reißen. Seine zahlreichen MG.
wechseln die Plätze und überschütten unsere Stellungen mit einer Welle von
Geschossen. Kdt. Arlitsch entdeckt des Feindes Grabengeschütze nächst der
Kote 1241, erledigt sie mit wenigen Schüssen seiner Geschütze und schießt des
Feindes aufgespeicherte Mun. in Brand. Die unter der Leitung des Oblt. K o-
k a i l stehenden übrigen Geschütze überbieten alles dagewesene. Fast jeder Schuß
ist ein Treffer, ob er nach den Sappengängen greift oder des Fds. MG. zum
Schweigen zu bringen sucht. Auch die I.G.A. zeichnet sich aus und zertrümmert
drei fdl. MG., die beim Teiche nordöstl. Bosco Ausstellung genommen hatten.
Derart niedergehalten, wägt der Fd. keinen Angriff mehr. Am 24. Juli kommt
es nur mehr im Abschnitt der 11. Komp. P r o k i s ch zu heftigeren Patr.-Kämp-
sen. Am 26. Juli werden die Abschnitte der Baone neu eingeteilt, das rechte
Flügelbaon übernimmt den bisherigen Kampfraum der 15. Komp. I.R. 55, so
daß der Rgtsabschnitt nunmehr rechts bis zum einzelstehenden Haus nördl.
Rodighieri reicht. Unter dem Donner der Geschütze liest Feldkurat Dr. St e in er
für die Res.-Baone abwechselnd die Feldmesse.
Der Italiener hatte nun endlich begriffen, daß hier ein Durchbruch trotz
des Einsatzes gewaltiger Kampfmittel, trotz größten Munitionsauswandes und
der Heranbringung von überlegenen Kräften hoffnungslos fei. Reichlichst mit
allem Material versehen, richtete er sich nun für einen zähen Stellungskampf
ein. Im gleichen Maße, wenn auch mit bescheideneren Mitteln, war das Rgt.
bestrebt, seinen Kampfraum auszubauen. Riegel- und Rückhaltsstellungen wur-
den angelegt, bomben- und schrapnellsichere Unterstände erbaut, Stellungen,
Laufgräben und Zwischenstellungen vertieft, Drahthindernisse und Verhaue ver-
bessert. Der Wassermangel, bezw. die mindere Genußfähigkeit des erreichbaren
Wassers, hatte schwere Darmerkrankungen zur Folge. 25 Gagisten und über
500 Mann des Rgts. lagen bereits im Spital. Dieser noch durch Kampfverluste
erhöhte Abgang zwang das Rgt., zwei Kompn. des XXI. Ma.Baons aufzu-
teilen, worunter sich u. a. Hptm. R a v t e r, Oblt. P r a t s ch e r, Lt. Glaser,
Ganter, Iakitsch, Kozy, Ho matsch und Hrachowina, Fhr. Mit-
tereg ger und Iwanow, Kdt. Bogner und Offzstv. D r o b i e r befanden.
Dem Ma.Baon gehörte auch Lt. Kalcher an, der nach seiner Beförderung zum
Oblt. und seiner Übernahme in den Berussofsiziersstand zum Ung.-kroat. Lst.
Baon ni/25 transferiert wurde, bei dem er sich gelegentlich eines Sturmangriffes
am Mte. Santo in der 10. Ifonzoschlacht als Komp.-Kmdt. sehr auszeichnete
und dafür den Orden der Eisernen Krone III. Kl. erhielt. Auch an den Kämpfen
auf der Zunia-Torta, am Mte. Civeron und Mte. Collazzo sowie an den Rück-
zugsgefechten in Serbien nahm er rühmlich teil.
In den nächsten Tagen beobachtete man das Heranbringen von Material
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Kavernenanbruch mit Bohrmaschine in der Zebiostellung. September 1916.
Beobachtungsposten im Schützengraben. Zebio. Winter 1916.
zum Stollenbau beim Fde. Die Vermutung lag nahe, daß er unsere Stellung
zu unterminieren und zu sprengen beabsichtige. Zur Abwehr wurden in schmalen
vorgetriebenen Stollengängen Abhorchposten eingerichtet.
Gegen den Abend des 9. August erscholl aus den ital. Gräben, wohl um
die eigene Stimmung zu heben, ein riesiger Lärm. Laute Eviva-Rufe drangen
als Freudensäußerung der Italiener über ihre Erfolge am Görzer Brückenkopf
zu uns. Ein heftiger Feuerüberfall folgte. Ebenso geräuschvoll begingen sie am
nächsten Tage die Feier des Falles von Görz. Im eigenen Abschnitt war die
Gefechtstätigkeit in den letzten Wochen zum regelrechten Grabenkrieg herab-
gesunken.
Bis zum 10. August hatte in rastloser Arbeit die Grabentiefe durchwegs
1.6 Meter erreicht, die Brustwehr war durch drei Reihen Sandsäcke geschützt,
ein vielreihiges Hindernis lag vor der Front. 27 Kavernen für je 12 Mann
waren fertig, 40 im Bau. 1.5 Meter tief unter der Erde, mit Erd- und Stein-
schichten überdeckt, waren für Besatzung und Reserve Unterstände hergestellt.
Der Abschnitt des Korps war zur einfacheren Bezeichnung in Kompsektionen
eingeteilt, von denen das Rgt. die Sektionen 43 bis 50 zu verteidigen hatte.
Am 11. August übernahm Mjr. H ö g e r des I.R. 13 das I. Baonskmdo., am
13. August Hptm. Ravter das II. Baon, Hptm. Andres bekam die 12.,
Oblt. P r a t s ch e r die 9. Komp.
Endlich war es auch gelungen, den hygienischen Bedürfnissen der Truppe
Rechnung zu tragen. Rach 15 Wochen konnte vom 11. August an täglich eine
Komp, der Brig.-Res. nach Ghertele zum Baden und Entlausen marschieren.
Unter anderen hatten sich bei den Kämpfen besonders ausgezeichnet Fhr.
Maier, Fldw. Egger, Krenold und Schachner, Zgsf. Arlitfch,
Rumpf und Schreiner, Pion.-Korpl. Zach, Gest. G u n e k, Josef Maier,
Prettschuh und SekoIl sowie Inst. Binder und Sobotka.
Das Rgt. hatte in den Kampftagen am Interrotto den Verlust von 2 Offz.
und 48 Mann zu beklagen, 9 Ossz. und 268 Mann hatten blutend das Kampf-
feld verlassen, 1 Offz. und 54 Mann blieben vermißt.
Im innigen Zusammenwirken schufen Feldkurat Steiner, Oblt. Lösch-
nig, Oblt. Wurtinger und hilfsbereite Hände der im Reserveverhältnis
stehenden Leute einen schmucken Friedhof am Interrotto. An einer sonnigen
Waldlichtung, geschmückt und geziert, gepflegt und betreut durch die Liebe der
Kameraden, liegen die treuen unvergeßlichen Helden des Regimentes. Oblt.
L ö s ch n i g, der sich, unbeschadet seines Dienstes, in aufopfernder Weise der
Labung und Bergung der Verwundeten und der Errichtung der Heldengräber
angenommen hatte, wurde vom Regimente für das Ofsz.-Ehrenkreuz II. Kl.
vom Roten Kreuz mit der K.D. eingegeben.
6
81
III. Der Stellungskrieg und die MwehrkLmpfe
im lZerteidigungsabschnitt südlich des Mte. Zebio.
(17. August 1916 bis 30. September 1917. Beilage 48.)
1. Das Beziehen und die Einteilung der Stellung bis 8. September 1818.
„Ob Nord, ob Süd. ob Ost. ob West,
wo ein Steirer steht, dort steht er fest."
Getreu diesen treffenden, von Hptm. Strohschneider stammenden Worten,
hat sich das L.I.R. Nr. 3 zu allen Zeiten und auf allen Schauplätzen des
Krieges siegreich gehalten. Besonders die Abwehrkämpfe südl. des Mte. Zebio
lieferten neue Ruhmesblätter für die Regimentsgeschichte. Sind doch in dieser
Kampsperiode die mit allen technischen Errungenschaften unterstützten, mit
furchtbaren Infanterie- und Artilleriemassen ausgeführten heftigen Durchbruchs-
versuche an der unüberwindlichen Verteidigungsfront des Regiments, an der
heroischen, todesmutigen Haltung jeden einzelnen „Dreiers" zerschellt. Das
L.I.R. 3 hat den Stellungskrieg im Schützengraben in allen Arten erlebt und
beispielgebend durchgehalten. Der Schützengraben wurde zum Ort der wahren
männlichen Tatkraft, der selbstlosen Nächstenliebe und des wirklichen Helden-
tums.
Nachdem die 28. I.T.D. aus der Front gezogen worden war, übernahm die
22. L.I.T.D. von dieser den Abschnitt des J.R. 87 (d. i. bis in den Raum Cra Zebio).
der dem L.I.R. 3 zugewiesen wurde. Im Zuge dieser Maßnahmen wurde das
Regiment in den Stellungen nordwestl. Bosco abgelöst, und zwar am 14. August
nachmittag im Nordabschnitt das I. Baon (Kmdt. Mjr. Höger) durch das
H. Baon L.I.R. 26. in der Nacht zum 15. August im Südabschnitt das II. Baon
(interimistischer Kmdt. Hptm. R a v t e r) durch das am 14. August bei Kote 1510
nördl. Mte. Dorole eingetrofsene I. Baon L.I.R. 18.
Das Regiment sammelte sich in der Nacht zum 15. August bei der Sattel-
höhe Kote 1510 (nördl. Mte. Dorole). Während das I. und II. Baon daselbst
Freilager bezogen, wurde das HI. Baon (Kmdt. Mjr. H e r r m a n n) in
den Raum südl. des Mte. Zebio Kote 1778 hinter den linken Flügel des J.R. 87
dirigiert. Am 15. August gelangte auch das II. Baon in den Lagerraum hinter
den linken Flügel des J.R. 87. Das I. Baon wurde in den Raum 1547 hinter
den linken Flügel des abzulösenden Südbaons I/I.R. 87 verlegt.
In der Nacht zum 17. August erfolgte die Ablösung des J.R. 87 folgender-
weise: das Nordbaon II/J.R. 87 wurde vom Hl. Baon. das Mittelbaon III/87
82
.
1
vom II. Baon, das Südbaon 1/87 vom I. Baon L.I.R. 3 abgelöst. Das divisions-
unmittelbare Gruppenkmdo. über den Abschnitt übernahm Rgtskmdt. Obstl. Ten-
n e r von Obst. Hoßner mit dem Standpunkt nordöstl. 1426, nahe dem Fran-
zosenkreuz. Von der Gruppe Hoßner wurden auch die im Verteidigungsabschnitt
verbleibenden techn. Formationen übernommen, so die Sapp.Komp. 4/14, 22-ew-
Mw. Zg. Nr. 5, 14-ow-Mw. Zg. Nr. 8 (1 Geschütz im Anmarsch von Mte. Rover),
4 St. 9-ow-Mw.A. Nr. 11, die Granatwerserzüge Nr. 17 und 31 und der elek-
trische Gesteinsbohrzug der Elektrosektion 3/3 mit allem techn. Material. Dem
Gegner gegenüber gelang es, die Ablösungsbewegung geheim zu halten, wenn-
gleich das normale Feuergeplänkel leider einige Verwundete und 1 Toten (Inst
Josef Schökel der 9. Komp.) an Opfern kostete. Die genaue Besetzung des
in Komp.-Sektionen (55—65) eingeteilten Abschnittes, der Verlauf der eigenen
und feindlichen Kampflinien sind aus der Skizze ersichtlich.
Nicht lange währte die Ruhe. Schon am 18. August setzte um 20 Uhr 30
ein allgemeiner Feuerüberfall, bestehend aus Inf.- MG.-, Art.- und Minenseuer,
auf die Komp.-Sekt. 62 (5. Komp.), 63 (10. Komp.), 64 (11. Komp.) und 65
(12. Komp.) ein. Unmittelbar nach dem Feuerüberfall rückte gegen die Komp,
des UI. Baons eine feindl. Jns.-Komp., wahrscheinlich in der Absicht vor, gewalt-
sam aufzuklären. Der Angriff wurde mit Unterstützung der Art. durch MG.-,
Inf.- und Minenwerferseuer abgeschlagen, worauf das Jnf.-Feuer abflaute,
während das feindl. Art.« und Minenwerferfeuer bis 21 Uhr 30 anhielt. Infolge
der stark beschädigten Stellungen und Laufgräben bei Kote 1706 und der man-
gelhaften Deckungen hatten wir 1 Toten und 10 Verwundete zu beklagen. Da
die Frontseuergewehrstände der Baone bereits unter den Mindeststand von 600
gesunken waren, wurde am 24. August die 3./XXI. Ma.Komp. (Ravter) in
einer Stärke von 180 Mann auf das Regiment aufgeteilt.
Wenn auch die großen Heeresgefechtsberichte keine besonderen Handlungen
zu bringen hatten, so gab es im Stellungskampf doch täglich wenigstens ein
Feuerduell, das ab und zu auch einen größeren Umfang annahm und immer
Opfer forderte. Von den vielen Geschehnissen dieser Art verdient folgendes
Erlebnis besonderer Erwähnung:
Die Italiener hatten vor unserer Sekt. 57 (2. Komp. Oblt. Stift) eine
turmähnliche Flank.-Anlage, die mit Geb.-Geschützen armiert war, wovon drei
auf Sekt. 58 (1. Komp. Oblt. Sabata) und eines auf Sekt. 64 (11. Komp.
Oblt. P r o k i f ch) wirkte. Dieser Sandsackturm, der uns schon längst ein Dorn
im Auge war, mußte zerstört werden. Hiezu forderte das Rgtskmdo. 3 Geb.-
Geschütze an, die nachts in den Schützengraben gebracht wurden. Am 25. August
um 9 Uhr begann übersallsartig die planmäßige Bekämpfung durch das ver-
einigte Feuer der 3 Geschütze der Bt. 2/10 (Hptm. Drechsler), der 6 Minen-
werfer (Oblt. Löschnig) und der Infanterie. Die Unternehmung gelang, die
blockhausartige Flankierungsanlage wurde zerstört. Das Kmdo. der 22. L.J.T.D.
83
brachte für das Gelingen der Unternehmung dem Gruppenkmdo. Obstl. Ten-
n e r, allen beteiligten Kmdt., Offizieren und Mannschaften den Dank und die
volle Anerkennung zum Ausdruck.
Das Rgtskmdo. bemühte sich auch um die sanitäre Fürsorge. Zu diesem
Zwecke wurde im Blockhaus auf der Sattelhöhe, Kote 1510, ein heizbarer Wasch-
raum geschaffen, der den partienweise aus der Stellung kommenden Mann-
schaftspersonen Gelegenheit zu gründlicher Reinigung bot. Mit der ersten Reini-
gung war gleichzeitig die neuerliche Schutzimpfung gegen Cholera verbunden.
In der Reihe unserer vielen Gegner war am 28. August ein neuer Feind auf-
getaucht: das Königreich Rumänien. Unsere Soldaten, die den härtesten Tagen
standhielten, nahmen diese Botschaft in stoischer Ruhe aus und konnten für
diesen Überfall nur das richtige Maß an Verachtung finden.
Da das bei der Sattelhöhe Kote 1510 als Gruppenreserve postierte Baon
V/I.R. 18 die Bestimmung als Dionsreserve erhielt, hatten im Abschnitte der
Gruppe Obstl. T e n n e r das II. und III. Baon am 28. August je 1 Komp, als
Gruppenreserve abzugeben; es gelangte vom II. Baon die 6. Komp, in den
Raum westl. des Nordflügels vom Südbaon (I/L.I.R. 3, Mjr. Höger), vom
III. Baon blieb die 9. Komp., die bisherige Subabschnittsreserve des Baons, als
Gruppenreserve hinter dem Nordflügel. Um diese Gruppierung taktisch zu
ermöglichen, wurde dem Abschnitte des III. Baons (Mjr. Herrmann) vom II. Baon
(Hptm. Ravter) die Komp.-Sekt. 62 neu zugewiesen.
Am 29. August erhielt die Gruppe Obstl. Tenner einen halben Flammen-
werferzug (7 Flammenwerfer), für den vorerst geignete Stände ermittelt und
hergerichtet werden mußten, um eine sichere Ausstellung der Druckgasgefäße
zu ermöglichen.
Bald daraus erfolgte die endgültige Besetzung jenes Frontteiles am Mte.
Zebio, den das Regiment ein Jahr lang innehatte, sorgfältigst und technisch
geschickt ausbaute und zäh verteidigte. Hiefür fanden folgende Veränderungen
statt:
Das I.R. 73 löste mit dem II. bis IV. Baon das bisher im nördl. Anschluß
an das Regiment (von Kp.-Sektion 66 nordwärts) gestandene b.h. I.R. 2 und
mit dem I. Baon I.R. 73 am 1. September unser III. Baon (in den Sektionen
62 bis 65) ab. Es trat hiemit aus dem Verband der 6. I.T.D. in den der
22. L.I.T.D. Das HI. Baon gelangte in den Raum Sattelhöhe, Kote 1610, nördl.
Mte. Dorole, verblieb dort am 2. September und löste am 3. September das
Baon V/I.R. 18 in den südl. des I. Baons anschließenden Sektionen 51 bis 54
ab. Das Baon V/I.R. 18 gelangte hinter den Nordslügel des I.R. 73.
Regiments- und Gruppenkmdt., Obstl. Tenner, verließ am 4. September
nach der Übergabe der Sektionen 62 bis 65 an den Gruppenkmdt., Obstl. Her-
mann» Kmdt. des I.R. 73, seinen bisherigen Kommandostandpunkt nordöstl.
1426 (Franzosenkreuz), schlug seinen neuen, endgültigen Aufenthalt beim früheren
84
Standpunkt des 18. Jnft.-Brig.-Kmdos. am Steilhang, 500 Meter nördl.
Kote 1510, aus und lenkte von hier aus siegreich die hartnäckigen Verteidigungs-
Kämpfe.
Bei der Gruppe des Obstl. T e n n e r verblieben von der Sapp.-Komp. 1/9
nur ein Zug und von der Art.-Gruppe Hptm. I e l l i n e k die GKBt. 2/10, von
der 1 Zug nächst Kote 1510 in Stellung ging und im Notwendigkeitssalle auch
Aufgaben im Anschlüsse nach Süden für die 43. L.I.Brig. zu erfüllen hatte.
Zur Neubildung der Gruppenreserve gab Obstl. T e n n e r Anordnungen.
Danach war vom HI. Baon eine Komp, hinter dem linken Flügel dieses Baons,
also hinter der Abschnittsgrenze zum I. Baon, als Gruppenreserve aufgestellt, so
daß sie im Falle der Notwendigkeit in den Abschnitt des HL oder I. Baons
eingesetzt werden konnte. Die vom II. Baon im Nordabschnitt als Gruppen-
reserve bis nun hinter dem linken Flügel des I. Baons ausgeschieden gewesene
Komp, wurde als Gruppenreserve hinter den linken Flügel der Gruppe (Nord-
flügel des H/L.J.R. 3) verschoben und mußte bereit sein, im Bedarfsfälle auch
beim anschließenden J.R. 73 eingreifen zu können. Die größtmöglichste Bildung
von Reserven entsprang der Erkenntnis, daß bei einem allgemeinen feindlichen
Angriff mit der eigenen Kraft das Auslangen gesunden werden mußte. Ein
lokaler Einbruch war bei der großen Ausdehnung des Verteidigungsabschnittes
und dem Einsatz von fdl. Artilleriemassen immer möglich, weshalb Reserven
zum Gegenstoß bereit sein mußten.
Die nunmehr endgültige Besetzung der Stellung, wie sie das Regiment das
ganze Jahr innehatte, ist in der angeschlossenen Skizze, Beilage 48, dargestellt.
2. Eroberung eines feindlichen Stützpunktes (Minenauges) vor dem Abschnitt
des II. Baons (Sekt. 81) und Abwehr der heftigen Gegenstöße (bis 11. X. 1916).
Am 9. September wurden in einem 2 Meter unter der Brustwehr angeleg-
ten Unterstand in der nördlichsten Sektion (61) Geräusche vernommen, die auf
Bohrarbeiten des 20 bis 30 Schritte gegenüber gelegenen Feindes schließen
ließen. Bald hatte man die Gewißheit, daß der Gegner die Stellung unter-
minierte, wozu der steil vorgelagerte Felsabhang mit uneingesehenen Stellen
die beste Gelegenheit bot. Diese Tatsache verursachte eine gewisse Beunruhigung
und zwang zum raschen Handeln. Vorerst mußten Maßnahmen ergriffen wer-
den, die im Falle einer Sprengung die eigenen Verluste verringern und dem
Gegner einen eventuellen Raumgewinn streitig machen sollten. Gleichzeitig
wurden Arbeiten zur Anlage einer Gegenmine in Angriff genommen. Zu diesem
Zwecke wurde am 14. September im Abschnitt des H. Baons vom Dionskmdo.
ein halbes Baon HI/J.R. 73, Dionsreserve bei der Sattelhöhe 1610, dem Grup-
penkmdo. Obstl. T e n n e r für techn. Hilfsarbeiten zur Verfügung gestellt. Für
techn. Verstärkungsarbeiten hatte auch ein Sapp.-Zug 6/3 mit 21 Mann unter
dem Kmdo. des Fhr. Josef Mayerhoser zu sorgen. Während in der vor-
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bersten Linie nur mit Handbetrieb aus einem Brunnenstollen eine Gegenmine
vorgetrieben wurde, arbeitete an einer weiter rückwärts gelegenen Stelle die
zugewiesene Bohrmaschine der Elektrobohrsektion 3/3 an einem zweiten Gegen-
stollen. Diese Arbeiten leitete Hptm. Novak, Kmdt. der Sapp.Komp. 1/9,
zugleich techn. Referent beim Dionskmdo. Ihm waren Oblt. Taborsky und
Fischer der Sapp.Komp. 1/9 zugewiesen.
Da unsere Minierarbeiten den gegnerischen Bohrvorsprung nicht einzuholen
vermochten, wurde der Entschluß gefaßt, die Besatzung des vermutlich zum
Schutze des Stolleneinganges errichteten seindl. Stützpunktes durch einen Hand-
streich zu überrumpeln und bis zu dem vermeinten Stolleneingang vorzudringen.
Am 18. September vorm, veranlaßte Oblt. Löschnig als interimistischer
Kmdt. der Rgts-Pion.Abteilung, dem auch die Nahkampfmittel unterstellt
waren, eine zweckmäßige Aufstellung der Minen- und Granatwerfer, instruierte
eingehend die Bedienungsmannschaft, so daß das Unternehmen bestens unter-
stützt werden konnte.
Um 16 Uhr, als stärkerer Nebel einzufallen begann, stellte der Kmdt. des
II. Baons, Hptm. Siegel, die für das Unternehmen bestimmt gewesenen zwei
Handgranatenpatrouillen bei den Aussalltoren auf und wies allen Beteiligten
(MG.» I.G.A., Gewehrgranatenschützen, Sandsackträger, Handgranaten- und
Hindernisträger) ihre Aufgaben zu. Nach Beendigung aller Vorbereitungen
erfolgte um 16 Uhr 50 das Vorbrechen der beiden Handgranatenwerferpatrouil-
len unter dem Kmdo. des Fhr. Franz Gras. Bei der Patrouille des Korpl.
Mürzl waren Inft. Moosbacher und Mittermaier der 8. Komp, bei
der Patrouille des Korpl. Valentin Rieger Inft. Tauscher, Stradner
und Schummer der 5. Komp, eingeteilt. Obwohl vom fdl. Feuer empfangen,
gelang es dem Großteil, in den fdl. Stützpunkt einzudringen und die Besatzung
bis auf einige Flüchtende kampfunfähig zu machen. Der rasch alarmierte Gegner
eröffnete nun ein konzentrisches Inst.- und MG.-Feuer, bewarf den verlorenen
Stützpunkt mit Gewehr- und Handgranaten und gab ein äußerst heftiges Art.-
und Minenwerfer-Sperrfeuer gegen die Sektion 61 ab. Der Großteil der tapfe-
ren Handgranatenabteilung war in kürzester Zeit teils gefallen, teils verwundet;
der Rest hielt jedoch stand, bis der Handgranatennachschub eintraf. Während
dieser Zeit gelang es, durch Weitschleudern der Handgranaten, woran sich auch
Hptm. Siegel und Oblt. L ö s ch n i g beteiligten, und durch das MG.- und
Minenwerferfeuer den ersten Gegenangriff des Feindes zum Stehen zu bringen.
Um 17 Uhr 20 setzte der Gegner in der Stärke von 2 Kompn. aus Ost und
Südost neuerdings zum Gegenangriff an. Hptm. Siegel sperrte im Verein
mit dem freiwillig herbeigeeilten Stbsfldw. R u st l e r des J.R. 73 (Nachbar-
abschnitt) und noch einigen Leuten, die von Ost vorgehende fdl. Abteilung an-
fangs durch Gewehr-, dann durch Handgranatenfeuer, während Oblt. L ö s ch n i g
mit Stbsfldw. Baumgartner und anderen Mutigen des L.I.R. 3 auf die
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gleiche Art die von Südost angreifende fdl. Komp, unter schweren Verlusten für
den Gegner abwehrte. Der größte Teil des Gegners wurde kampfunfähig ge-
macht und 1 Stabsoffz. und 1 Korpl. unverletzt gefangen genommen. Um weitere
Ansammlungen hinter dem jäh abstürzenden Felssteilrand zu verhindern, wo
bereits abermals fdl. Kräfte festgestellt wurden, schleuderte Zgsf. Satory der
Rgts.-Pion.-Abteilung Rollbomben hinab. Abgesehen von der moralischen Wir-
kung, ließen Wehfchreie auf hiedurch verursachte Verluste schließen.
Als nach Abwehr des zweiten Gegenangriffes eine Gefechtspause eintrat,
wurde sogleich mit dem Ausbau des gewonnenen Stützpunktes, der Hindernis-
und Verbindungsanlagen begonnen. Hiebei betätigte sich Oblt. Löschnig in
besonderer Weise; auch der Rgts.-Adj., Hptm. R i st l, der auf feinem Gang durch
die Stellung in Sektion 60 von der Verwundung des Hptm. Siegel erfuhr
und nun im heftigsten Art.-Feuer zum Kampfplatz eilte, machte sich durch Rege-
lung des Mun.- und Materialzuschubes nützlich. Außerdem nahm kurz nach
Beginn der Aktion der am Horchposten arbeitende Fhr. Babor der Sapp.-
Komp. 1/9 mit dreien seiner Leute freiwillig an der Abwehr der Gegenangriffe
teil. In der Folge stieg er mit Zgsf. Satori der Rgts.-Pion.-Abteilung des
L.I.R. 3 den Steilrand zum fdl. Stolleneingang hinab und stellte trotz des auf
ihn gerichteten Feuers eine fünf Schritt tiefe Kaverne fest, die im späteren Ver-
laufe möglicherweise zu einem Minengange hätte ausgebaut werden können.
Infolge des heftig einsetzenden Feuers gelang es Fhr. Babor trotz dreimaliger
Versuche nicht, in den zweiten, 70 bis 80 Schritte östl. davon entfernten Stollen-
oder Kaverneneingang einzudringen.
Gegen 19 Uhr wurde ein dritter, kurzer, aber äußerst heftiger fdl. Gegen-
angriff mit überlegenen Kräften, sehr starker Art. und Minenfeuerunterstützung
verlustreich abgeschlagen. Hiebei zeichnete sich besonders Inft. Moosbacher
der 8. Komp, aus, der bei der Handgranatenwerferpatrouille von Anfang an
opferungsvoll ausharrte und hiefür mit der Gold. T.M. ausgezeichnet und zum
Gefreiten befördert wurde.
Die eigenen Verluste betrugen 4 Tote und 22 Verwundete, darunter auch
Hptm. Siegel, Oblt. Löschnig, Fhr. Graf, Stbsfldw. Rüster (I.R. 73)
und Zgsf. Satori. Korp. Rieger stürzte im Bajonettkampf, das Gleich-
gewicht verlierend, Uber den Felsen. Die Verluste des Feindes beliefen sich auf
mindestens 400 Mann, darunter 30 Tote; ein Oberstleutnant und ein Korporal
wurden gefangen.
Im Armeekommandobefehl Nr. 45 vom 9. Oktober 1916 stand zu lesen:
„Abteilungen des Sh. 3 haben am 18. September nachm, unter Führung des Hptm.
Siegel einen kleinen feindl. Stützpunkt genommen, hiebei dem Feinde empfindliche Ver-
luste beigebracht und auch einen italienischen Oberstleutnant gefangengenommen. Mit ganz
besonderer Befriedigung nimmt das Armeekomdo von diesem neuerlichen Beweis nimmer
erlahmenden Unternehmungsgeistes und erprobter Tapferkeit der braven Söhne der Eisernen
Mark Kenntnis. Dem leider verwundeten Komdten., allen Offizieren, Unteroffizieren und
87
Soldaten, die sich an der so rühmlich vollführten Unternehmung beteiligten, spreche ich im
Namen des Allerhöchsten Dienstes die besondere belobende Anerkennung des Armeekom-
mandos aus. Rohr m. p-, Generaloberst."
Am 27. September trat der Regiments- und Gruppenkmdt. Obstl. T e n n e r
seinen Urlaub an. Obstl. Fleischer des J.R. 17 führte vertretungsweise das
Regiments- und Gruppenkmdo. Am selben Tage unternahm der Gegner einen
neuerlichen, hartnäckigen Angrifssversuch, um den verlorenen Stützpunkt bei
Sektion 61 wieder zu gewinnen.
Um 6 Uhr 40 setzte heftiges fdl. Art.-Feuer auf den Stützpunkt vor Sek-
tion 61 und auf die Hauptstellung dieser Sektion ein. Während das Feuer um
8 Uhr 30 etwas nachließ, steigerte es sich von 11 Uhr 15 bis 11 Uhr 40 zu
ganz außergewöhnlicher Gewalt. Nach dieser fünfstündigen Beschießung waren
der Stützpunkt und die Hauptstellung in Sektion 61 sowie die hiezu heran-
führenden Verbindungsgräben eingeebnet.
Nun setzte ein fdl. Baon zum Angriff an, wurde aber durch heftiges Jnf.-
und MG.-Feuer aus den Sektionen 60 und 61 und dem anschließenden Ab-
schnitte des J.R. 73 zum Stehen gebracht, worauf es sich fluchtartig zurückzog.
Bei dem sofort darauf angesetzten zweiten fdl. Angriff gelang es dem Feinde,
mit einigen Leuten in den umstrittenen Stützpunkt einzudringen. Möglich war
ihm dies nur dadurch, daß infolge des fdl. Minenwerferfeuers und des Werfens
mit Handgranaten, die eine heftige Rauchentwicklung zur Folge hatten, teil-
weise die Sicht benommen und die Mannschaft im Stützpunkte nahezu gänzlich
verschüttet war. Heftiges MG.-Feuer, an dem besonders Zgsf. A r l i t f ch her-
vorragenden Anteil hatte, indem er trotz starker Beschießung durch fdl. Art.
nicht von seinem MG. wich, und ein schneidiger, mit Handgranaten geführter
Gegenangriff warfen den Feind aus dem Stützpunkt wieder hinaus.
Das Gelingen des Gegenangriffes ist dem schlagfertigen Handeln des Kmdt.
der 8. Komp, in Sektion 61, Lt. Marin ko, seinen Unterkmdten. und Mann-
schaftspersonen zuzuschreiben. Besonders hervorgetan haben sich Lt. Geider,
Fhr. Kr ist! (Zgskmdt.), Kdt.-Afp. Friedl (Leiter des Granat- und Minen-
werferfeuers) und Zgsf. A r l i t f ch (MG.-Vormeister). Am Wiederaufbau der
zerschossenen eigenen Stellung haben sich Oblt. L ö s ch n i g und Fhr. N i e m e tz
verdient gemacht. Erfolgreich wirkten auch die unter der Leitung des Gruppen-
kmdtn., Obstl. Ferro, stehenden Batterien.
Unsere Verluste betrugen 5 Tote und 44 Verwundete, darunter Fhr. Karl
N i e m e tz und Fhr. K r i st l, der als Leichtverwundeter bei der Truppe verblieb.
Die Verluste des Feindes zählten rund 20 Tote und 100 Verwundete.
Für diese tapfere, schneidige Abwehr der Italiener sprach das Truppendions-
kmdo. dem Rgte. die besondere Anerkennung und den Dank im Tr.-Dions-
Kmdo.-Bef. Nr. 237 vom 30. September 1916 aus.
88
lie eigene Stellung nach dem ital. Trommelfeuer. Zeb.o. 19. 3um 1917.
Daß dieser wichtige, heißumstrittene Stützpunkt niemals wieder in die
Hände des Feindes fiel, dafür haben die braven Steirer des L.I.R. 3 gesorgt.
Nach dem 28. September, an dem die Beendigung des Quellenbaues für
die Wasserversorgung gefeiert wurde, nahm man die programmätzigen Pionier-
arbeiten in den Schützengräben, Unterständen, Kavernen, Riegelstellungen, Ver-
bindungsgräben, Reservestellungen und auf Verbindungswegen wieder auf.
Besonders wurde mit allen Kräften am Ausbau der stark beschädigten Komp.-
Sektion 61 gearbeitet.
Um diese Zeit drohte eine neue Gefahr. Die Geräusche einer sdl. Bohr-
maschine wurden von der 11. Komp., Sektion 53, wahrgenommen. Sie ließen
befürchten, daß der Feind auch hier einen Minenstollen gegen unsere Stellung
vortreibe.
Am 29. September rückten zum Regiment 12 Pioniere und 12 Telegraphi-
sten ein; am 2. Oktober folgte die 3. Ma.Komp. des XXII. Ma.Baons mit 3 Osfzn.
und 200 Mann. Am 5. Oktober erhielt das Rgt. 50 Serbokroaten als politisch
nicht ganz verläßliche Soldaten. Sie wurden der 10. Komp, zugeteilt und stan-
den als eigener Zug unter dem Kmdo. des sprachkundigen Fhr. ValaSek.
Mit 6. Oktober übernahm Obst. v. Merten abermals das Kommando der
43. L.I.Brig. Im Brigadebefehl hieß es:
„Mir wurde mit heutigem Tage wieder das Kommando der 43. L.I.Brig. anvertraut.
Mit Freuden habe ich die stets heldenhafte Haltung der Truppen zur Kenntnis genommen
und begrüße die mir unterstellten beiden Regimenter sowie alle sonstigen Formationen auf
das herzlichste."
Das Kommando der Gruppe Obstl. T e n n e r war daher mit diesem Tage
aufgelöst.
Der Feind konnte den Verlust des Stützpunktes vor der Sektion 61 nicht
verschmerzen, weshalb er schon in der Nacht vom 10. auf den 11. Oktober 1916
mit dem Art.-Feuer einsetzte, es die ganze Nacht durchhielt, ab 5 Uhr des
11. Oktober zusehends steigerte und um 9 Uhr, vereinigt mit Minen- und
Sprengröhrenfeuer, das aus drei Richtungen konzentrisch gefeuert wurde, bis
zur trommelfeuerartigen Heftigkeit anwachsen ließ. Auch mit Brandpetarden
wurde der umstrittene Stützpunkt beschossen und so in eine dichte Rauchwolke
gehüllt.
Der Kmdt. der Besatzung der Sektion 61 (Hptm. Ravter — 8. Komp.)
ließ, um Verluste zu vermeiden, gleich bei Steigerung des Art.-Feuers um 5 Uhr
den Stützpunkt räumen, während in der Hauptstellung mit dem Ausblick in
den Stützpunkt Beobachtungsposten verblieben. Die übrige Mannschaft war in
den Kavernen gesichert, die Komp.-Res. hatte die Riegelstellung besetzt, während
die Baonsreserve in Gefechtsbereitschaft stand. Die eigene Artillerie der Gruppe
Obstlt. Ferro unterhielt ein lebhaftes Feuer gegen die fdl. Batterien und im
89
Vereine mit den eigenen Minen- und Granatwerfern ein Sperrfeuer vor die
Sektion 61.
Kurz vor 10 Uhr ging die fdl. Inft. zum Angriff über und es gelang Pa-
trouillen, in den Stützpunkt einzudringen, die jedoch durch die alarmierte Hand-
granatenwerferpatrouille wieder vertrieben wurden. Bald darauf drang der
Feind neuerdings in den Stützpunkt ein, wurde jedoch durch den mit seinem
Zuge aus eigenem Antrieb herbeigeeilten Stabsfeldwebel Johann F r a n e k der
7. Komp, in der linken Flanke gefaßt und im Vereine mit der Besatzung der
Riegelstellung, die ebenfalls im heftigsten Feuer zum Gegenangriff vorging,
abermals hinausgeworfen. Noch zweimal versuchte der Feind, uns den Stützpunkt
zu entreißen, noch zweimal gelang es ihm auch, in den vollkommen eingeebneten
Stützpunkt einzudringen, doch jedesmal wurde er dank dem todesmutigen
Zugreifen aller Beteiligten wieder zurückgeschlagen.
Das Hauptverdienst an dem Gelingen der Abwehr fällt der zielbewußten,
energischen Leitung des Baonskmdten., Hptm. Siegel, dem unerschütterlich
tapferen Ausharren der Besatzung, den geschickt geführten Gegenangriffen unter
Kmdo. des Hptm. Ra vier sowie der vorzüglichen Wirkung der Art.-Gruppe
Obstl. v. Ferro, dem eigenen Granat- und Minenwerferfeuer und dem unter-
stützenden Eingreifen des Nachbarabschnittes (I./J.R. 73) zu.
Durch hervorragende Tapferkeit haben sich beispielgebend Stabsfeldwebel
F r a n e k der 7. Komp, und Zgsf. K r e n n der 8. Komp ausgezeichnet. Als
nämlich nach dem zweiten vergeblichen fdl. Angriff eine längere Pause eintrat,
entledigte sich Stabsfeldwebel F r a n e k seiner Bluse, um, wie er meinte, mehr
Bewegungsfreiheit zu haben, und drang, Handgranaten am Leibriemen befestigt,
mit Zgsf. Krenn und einem Infanteristen in den Stützpunkt ein, um
„N a ch f ch a u" zu halten. Es kam nun mit mehreren, in dem Verbindungs-
graben versteckt gewesenen Italienern zum Handgemenge. F r a n e k machte
einen sich stellenden feindlichen Unteroffizier kampfunfähig und warf eine
Handgranate in eine Kaverne, in der von den 8 versteckten Italienern 6 getötet
und 2 schwer verwundet wurden.
Auch bei den zwei folgenden Angriffen waren sie die ersten, die den Stütz-
punkt wieder vom Feinde säuberten. Diese beiden braven Unteroffiziere haben
durch ihr todesmutiges. Drauflosgehen Glänzendes geleistet, indem sie ein Fest-
setzen von feindlichen Patrouillen im Stützpunkte, unter deren Schutze stärkere
feindliche Abteilungen hätten einbrechen können, vereitelten.
Nach 11 Uhr 16, bis zu welcher Zeit der Feind während der Jnft.-Angriffe
fein Art.-Feuer hauptsächlich gegen die Riegelstellung und den Raum dahinter
verlegt hatte, ließ die Gefechtstätigkeit nach; doch wurde das feindliche Minen-
werfer- und Sprengröhrenfeuer zeitweise sehr empfindlich, wodurch auch die Aus-
besserungsarbeiten des Stützpunktes und der Hauptstellung wesentlich gestört
wurden. Die Berstärkungsarbeiten leitete in aufopferungsvoller Weife der
90
Ptonieroffz., Oblt. Löschnig. Nicht unerwähnt bleibe die unermüdliche und
heldenhafte Tätigkeit- der Komp.- und Baonstelephonisten, im heftigsten
Feuer wiederholt die zerstörten Leitungen ausbesserten und dadurch die Ge-
fechtsleitung wesentlich erleichterten. Das wackere II. Baon hat hiemit einen
neuen Ehrentag für das Regiment geschaffen. Allerdings betrugen unsere Ver-
luste 9 Tote und 22 Verwundete, darunter 2t. MarSalek (zugeteilt vom
I.R. 73) und Kdt.-Asp. P o n k r a tz. Der Feind hatte 31 Tote und viele Ver-
wundete zu beklagen.
Nach der Aussage von zwei verwundeten Gefangenen hatten 2 Baone an-
gegriffen, doch scheint der Angriff infolge des Sperrfeuers unserer Artillerie und
der Minenwerser nicht ganz zur Entwicklung gekommen zu fein. Der Divisionär,
GM. Kochanowski, und der interimistische Rgts.-Kmdt., Obftl. Fleischer,
sprachen in ihren Tagesbefehlen dem II. Baon, im besonderen der 8. Komp., die
Bewunderung und den Dank für die Heldentaten aus.
Stabsfeldwebel F r a n e k wurde für fein tapferes Verhalten außertourlich
zum Offiziersstellvertreter befördert und mit der Goldenen Tapferkeitsmedaille
ausgezeichnet.
S. Die Überwinterung auf dem Mte. Zebio und im anschließenden Abschnitt bis
7. Juni 1917 (vor den großen Abwehrschlachten).
Ja, „wo ein Steirer steht, dort steht er fest!"
In den folgenden Tagen und Monaten war infolge der Verbitterung nach
den mißlungenen, verlustreichen Angriffen aus Rache unsere Stellung und haupt-
sächlich die Komp.-Sektion 61 häufig übersallsartig das Ziel des feindlichen
Artillerie-, Minenwerser- und Sprengröhrenfeuers aller Kaliber. Gleichzeitig
trieb der Gegner auch über Nacht feine Stellung näher an den Stützpunkt heran
und verstärkte sie durch Hindernisse.
Am 14. Oktober übernahm Oblt. W u r t i n g e r vom Ldst.-Oblt. L ö s ch n i g,
der einen achtwöchigen Urlaub angetreten hatte, den Dienstposten als Regiments-
pionierofsizier und leitete in umsichtiger und erfolgreicher Weise die technischen
Arbeiten in der Stellung. Vom XXIV. Ma.-Baon rückten am 15. Oktober Hptm.
S ch e f f e r, Oblt. W u r st, die Lt. K ä p p e l und B e r t u ch, ferner Fähnriche,
Kadettaspiranten und Einjährig-Freiwillige Korporale, 15 an der Zahl, zum
Rgte. ein. Hptm. Scheffer wurde dem Rgts.-Kmdo. zugeteilt, Oblt. Wurst
übernahm das Kmdo. der 2. Komp. Am 16. Oktober übernahm Obstlt. T e n n e r,
vom Urlaub eingerückt, wieder das Rgts.-Kmdo., während Obstl. Fleischer
des I.R. 17 als Rgts.-Kmdt. zum I.R. 55 abging.
Nun kam die Zeit, wo die Natur des Winters weißes Kleid ausbreitete und
somit eine größere Kampftätigkeit ausgeschaltet war. Nur die Wachsamkeit ließ
nicht nach, der Schützengrabenkampf ruhte nicht; ja zur Zeit der größten Schnee-
fälle wurde sogar durch Schneetunnels der Weg zum Feind gesucht.
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Da in der Höhenstellung auf Mte. Zebio mit seinen unwegsamen Steil-
abfällen in das vLilmararatal damit gerechnet werden mußte, daß zur Schneezeit
der Nachschub an Material, Munition und Verpflegung für längere Zeit unter-
bunden sein würde, wurden Wintervorräte geschaffen und in eigens an der
Stellung hergestellten Depots verwahrt, die ein Durchhalten gewährleisteten.
Auch ausreichende Holzvorräte wurden aufgestapelt und zwei Köhlereien mit
vier Meilern arbeiteten bei Kote 1610 mit Hochbetrieb. So konnte man mit Zu-
versicht dem Schneesall entgegensehen, der bereits am 20. Oktober eintrat und
im Lause des Winters die Kampfstellung auf Mte. Zebio mit Riesenmassen
überdeckte.
Am 23. Oktober rückte Hptm. An di cs vom Urlaub ein und übernahm
wieder das Kmdo. der 12. Komp., Oblt. Alexius D a st i ch übernahm das Kmdo.
der M.G.A. II, während Lt. Anton Dietrich bei der M.G.A. UI eingeteilt
wurde. Am 25. Oktober übernahm Oblt. Norbert Schwab, vom Urlaub einge-
rückt, das Kmdo. der M.G.A. I. An Stelle des erkrankten liquidierenden Rech-
nungsführers des Regimentes, Oblt.-Rchgsfr. Josef Buongiovanni» über-
nahm Oblt.-Rchsfr. des L.I.R. 26, Alois Horvath, die Führung des Rech-
nungsdienstes beim Regimente.
Wenn auch der Gesechtsbericht keine besonderen Kampfhandlungen meldete,
so war doch die Stellung des L.I.R. 3 ständig im Kampf. Besonders der Stütz-
punkt der Sektion 61 war dem Italiener ein Dorn im Auge, weshalb er ihn
immer wieder, u. a. auch am 31. Oktober von 6—7 Uhr zur Zielscheibe der
feindlichen Geschütze und Minenwerfer machte. Erst als unsere schwere Artillerie
und Minenwerfer das Feuer erwiderten, stellte der Feind die Beschießung ein.
Leider mußte das Regiment bei diesem Feuerüberfall einen Toten, Lt. Michael
Iwanow der 7. Komp., und 3 Verwundete beklagen.
An jedem Sonn- und anderen Festtag fand in einer der Stellung nahen
Doline, wo von den Rgts.-Pionieren ein kapellenartiger Altar aus Holz errichtet
wurde, eine Feldmesse statt, die der allseits verehrte Feldkurat Steiner
zelebrierte. Besonders feierlich wurde am 1. November das Fest der Toten be-
gangen, das eine Ossizierssängerschar unter der Leitung des Lt. Stift mit dem
Vortrag der „Deutschen Messe" von Schubert verschönte. Der Geist der Truppe
ist ein mächtiger Faktor für ihre Schlagfertigkeit. Die Tätigkeit des Feldkuraten
Steiner hat im Regimente viel zur moralischen Stärkung beigetragen. Sei-
nem Wirken waren Augenblicke von Frieden und Ruhe in dem bewegten Leben
des Soldaten in jeder, auch noch so schweren Lage, zu danken.
Infolge der Erkrankung des Hptm. Siegel übernahm am 5. November
Hptm. Ravter das Kmdo. des II. Baons.
Am 7. November besichtigte der Divisionär, Gmjr. Kochanovski, in Be-
gleitung des Brigadiers, Obst. v. Merten, und des Rgts.-Kmdten., Obstl.
Tenn er, die Stellung und drückte den Offizieren und der Mannschaft sein
32
wMMmmwMMMMmMmmawM
uneingeschränktes Lob über den mustergiltigen Ausbau der Stellung aus. Mjr.
Herr mann, Kmdt. des III. Baons, und Oblt. Pro Kisch, Kmdt. der
11. Komp., ernteten ein Sonderlob.
Fähnrich Viktor Mayer übernahm am 8. November das Kmdo. der
Inf.-Gefch.-Abt. vom Kadetten Schwetz, der aus Urlaub abging und dann
erkrankte. Wiederholt bekämpften Mayers Geschütze mit Erfolg die durch die
Aufmerksamkeit der Beobachter festgestellten feindlichen Ziele, wie M.G.- und
Minenwerferstände, Scharten-Scharfschützen u. a. Am 10. November rückte
Hptm. U n g e r vom XXIII. Ma.-Baon zum Regimente ein und übernahm vor-
erst für den aus Urlaub abgehenden Hptm. R a v t e r das Kmdo. des II. Baons.
Tags darauf übernahm Lt. Pototschnigg das Kmdo. der M.G.A. II.
Im allgemeinen herrschte von nun ab über' den Winter geringere Kampf-
tätigkeit. Feindliche Flieger erkundeten fallweise die Bautätigkeit, die sich aber
hüben und drüben fast ausnahmslos auf die Bohrarbeit unter der Erde und im
Gestein beschränkte.
Noch herrschte herrlich schönes, wenn auch kaltes Herbstwetter, als am
15. November dem Regimente die Freudenbotschaft der Beförderungen zukam.
Unter anderen wurde der allseits verehrte, ritterliche Kmdt. und siegreiche
Führer des L.J.R. 3, Obstlt. Senner, zum Obersten befördert.
Obst. Tenn er, als Fechter von internationalem Ruse, Organisator und
Verbreiter der Fechtkunst bekannt, führte seit 5. Dezember 1915 ununterbrochen
das Kmdo. des in allen Lagen siegreich gebliebenen Regimentes. Er verstand es,
seine persönliche Tapferkeit und seinen Siegesglauben durch das Offizierskorps
auf die Mannschaft fortzupflanzen und bildete mit seiner ruhigen, entschiedenen
Befehlsgebung in den kritischen Augenblicken den Grundpfeiler, aus welchem sich
die Erfolge aufbauten. Er war ein äußerst tapferer und energischer, doch auch
milder, großzügiger und gerechter Vorgesetzter, dem das Wohl seines Regi-
mentes und jedes einzelnen Angehörigen desselben über alles ging. Unter der
Kmdo.-Führung des Obst. T e n n e r verschmolzen im harmonischen Dreiklang
Kmdt., Offizierskorps und Mannschaft zu einem mächtigen Akkord, der auch
am Tage der Beförderung als Freudenjubel zum Ausdrucke kam. Besonders im
engsten Kreise beim Regimentskommando wurde dieser Tag im geschmückten
Unterstand gefeiert. Der Rgts.-Adj., Hptm. R i st I, sprach in kernigen Worten die
Herzenswünsche der Offiziere und Mannschaft aus, während Obst. Senner
bewegt dankte und der Freude Ausdruck gab, an der Spitze eines so herrlichen
Regimentes zu stehen.
Am 16. November stattete der Armeeoberkmdt., F.M. Erzherzog Fried-
rich, der 22. L.F.T.D. einen ehrenvollen Besuch ab, wozu eine Abord-
nung ausgezeichneter und verdienter Soldaten nach Ghertele entsendet wurde.
Bei diesem Anlasse wurden die Zgsf. K r e n n und H a s i b a, beide Besitzer der
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Goldenen Tapferkeitsmedaille, als besondere Auszeichnung für ihr tapferes Ver-
halten vom Armeeoberkommandanten zu Feldwebeln befördert.
Nebel, Schneefall, Kälte und damit zusammenhängend eine unverändert
ruhige Lage in der Kampfstellung kennzeichneten die nächstfolgenden Tage.
Ende Oktober erkrankte Kaiser Franz Josef an einer schweren
Verkühlung der Atmungsorgane. Schon in den ersten Novembertagen hatten
sich die Schatten des Todes über das Kaiserschloß Schönbrunn herabgesenkt.
Trotz des eintretenden Kräfteverfalles war der Kaiser am 21. November wieder
am Arbeitstisch. Kurz nach Mittag trat eine Verschlimmerung seines Zustandes
ein. Bis 19 Uhr ließ man den Kaiser noch im Lehnstuhl sitzen, worauf er zu
Bett gebracht wurde; um 21 Uhr 05 entschlief er. Am 22. November 1916 früh
erhielt das Regiment telephonisch die traurige Botschaft vom Ableben des
Kaisers, die tiefen Eindruck machte.
Am 30. November wurde Kaiser Franz Joses I. nach 86jähriger irdischer
Pilgerfahrt in der Wiener Kapuzinergruft auch in Anwesenheit von Abordnun-
gen der Feldtruppen jedes Regimentes beigesetzt.
Der neue Kaiser Karl durfte sich aus das stützen, was man in monarchi-
stischen Zeiten Volkstümlichkeit eines Fürsten nannte. Vor allem war es der
frische, unverbrauchte Zauber seiner Jugend, der überall die Herzen gewann; er
hatte die glückliche Gabe, dem gewöhnlichen Manne nahezukommen. Eine Reihe
von Verfügungen, womit er sich einführte, zeigte, daß er ein Herz für die Truppe
besaß. Begreiflich die Zuneigung, deren er sich erfreute. In Anerkennung der
Leistungen an der Front stiftete er am 13. Dezember das Karl-Truppenkreuz
und verfügte, daß aus den Bändern aller Dekorationen, die für Tapferkeit ver-
liehen wurden, zwei gekreuzte Schwerter anzubringen sind.
Schon acht Tage nach dem Regierungsantritt übernahm Kaiser Karl, aus
den alle Soldaten des Regimentes an der Front bereits am 25. November ver-
eidigt wurden, persönlich als oberster Kriegsherr auch den Oberbefehl Uber die
österreichisch-ungarischen Streitkräste. Der bisherige Armeeoberkommandant,
FM. Erzherzog Friedrich, verblieb noch als Stellvertreter des Monarchen
und wurde im Feber 1917 zur Disposition gestellt.
Kaiser Karl verlegte das Hauptquartier von Teschen nach Baden bei Wien,
trotzdem der mittlerweile zum Feldmarschall ernannte Frh. v. C o n r a d dagegen
war. Die wegen dieser Frage ausgebrochenen Meinungsverschiedenheiten zwischen
dem Kaiser und seinem obersten militärischen Berater bildeten den Anfang einer
Reihe von Verstimmungen, die schließlich, auch durch andere Einflüsse genährt,
Ende Februar 1917 zur Enthebung Conrads führten. Conrad übernahm den
Oberbefehl in Tirol, während Chef des Generalstabes G. d. I. Arthur A r z von
Straußenburg wurde.
Bis zum Jahresende ergab sich in der Stellung des Regimentes außer dem
üblichen Feuergeplänkel und Artillerieduell, die auch Verluste kosteten, keine
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besondere Kampfestätigkeit. Dafür mußte der Kampf gegen die Gewalten der
Natur, u. a. die Lawinen, aufgenommen werden. Am 11. Dezember erreichte der
Schnee die erstaunliche Höhe bis zu zwei Metern. Das hatte zur Folge, daß
oberhalb des Regimentstrainplatzes im Galmararatal — wer dachte im Sommer
bei der Auswahl des Platzes an die Gefahr einer Lawine — von der steil abfal-
lenden Höhe, Kote 1651, durch die von dort wirkende Artillerie zur Stunde des
Morgengrauens eine Lawine losgelöst wurde, die den beim Gefechtstrain errich-
teten großen Musterstall mit 35 Mann und 52 Pferden verschüttete. Zum Glücke
war der größte Teil der Mannschaft, während die Lawine niederging, außerhalb
der Baracke bei der Fahrküche, um das Frühstück zu holen.
Lt. K r ö g l e r, der am 4. Dezember von Oblt. Petruchar das Train-
kmdo. übernahm, und Proviantoffz. Lt. P i p l a nahmen sofort die Bergungs-
arbeiten in Angriff, die dann Oblt. Wurtinger mit seinen Pionieren in
ebenso aufopferungsvoller Weife fortsetzte. Auf dem Wege vom Steilhang zum
Trainplatz wurden die Pioniere selbst durch kleinere Lawinen gefährdet und
teilweise verschüttet, konnten sich aber wieder freimachen, da sie untereinander
angeseilt waren.
Dank der sofort begonnenen Bergungsaktionen konnte bis gegen Mittag
auch der letzte Mann gerettet werden. Die Opfer dieses bedauernswerten Unfal-
les waren einige Soldaten, die leichte Verletzungen davontrugen, und 26 Pferde.
Ein Halbbaon (2. und 3. Komp.) des XXV. Ma.-Baons traf, nachdem bereits
das XXIV. Ma.Baon aufgeteilt war, am 23. November unter dem Kmdo. des
Mjr. Ko Harz im Regimentsabschnitt ein und blieb bis 14. Dezember als
Brig.-Ref. bei Kote 1510, woraus es dann im Regiment aufgeteilt wurde.
Am 24. Dezember 1916 beging das Regiment zum drittenmal Weihnachten
im Felde. Jeder von uns war in Gedanken bei seinen Lieben daheim und hatte
den sehnlichsten Wunsch, wenigstens an diesem Tage für ein paar Stunden bei
den kummervollen Eltern, bei seiner treuliebenden, besorgten Gattin und
den nach dem Vater sich sehnenden Kindern weilen zu können. Doch die
Kameradentreue half über den Trennungsschmerz hinweg. Auch im Schützen-
graben, bei den Schwarmunterständen, den Zugs-, Komp.-, Baonskommanden
und dem Regiments-Kmdo. war das Wahrzeichen des Christabends, ein ge-
schmücktes Weihnachtsbäumchen, aufgestellt, um das sich die Soldaten scharten,
während die Kmdten. Ansprachen hielten und Liebesgaben zur Verteilung brach-
ten. Jeder Soldat erhielt bei diesem Anlaß auch ein Bild des Heeresgruppen-
kmdten FM. Erzherzog Eugen. Noch eine Freude brachte uns Weihnachten
1916: Die Kammermusik im Schützengraben, über die Hptm.
Hans Pratsch er in der „Grazer Tagespost" unter anderem berichtete:
„Seit drei Wochen findet selbst ein wirkliches Streichquartett im Schützengraben
Lebensberechtigung: ein Verdienst des nimmermüden, mit der gelassensten Ruhe alles be-
zwingenden Bataillonskommandanten, des Majors Eduard Herrmann. Wohl ein glück-
licher Zufall, daß auch Kompagniekommandanten seines Bataillons gute Musiker sind.
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Wahrend man an die Besorgung der Instrumente schritt, erstand in einem ausgehobenen
Schneewinkel auf stolzer Höhe zwischen dem dunklen Geäder der weißkuppigen Kronen-
und Fichtenwipfel ein reizendes Offiziersheim mit zauberhaftem Luginsland. Dort treffen
sich die Bataillonsoffiziere abwechselnd zu gemeinsamem Mittagmahl und regem Gedanken-
austausch. Nach Tisch wird das feldmäßig gezimmerte Heim zur Tonhalle. Bier Tischpulte
laden zum Stelldichein. Brahms Streichquartett, Opus 51 Nr. 2 in A-Moll, liegt auf.
Major Eduard Herrmann ist Primarius, er spielt auf einer 25 Kronen-Geige, Leutnant
Käppel (Komdt. d. 10. Komp.) sekundiert mit seinem 10 Kronen-Instrument, Hauptmann
P r a t s ch e r (Komdt. der 9. Komp.) muß die 20 Kronen-Bratsche streichen und Oberleut-
nant Pro Kisch (Komdt. der 11. Komp.) das Cello mit 45 Kronen Ankaufspreis. Ganze
100 Kronen forderten diese tönenden Schützengrabenkostbarkeiten. Erstes Auftreten! Natür-
lich ohne Publikum. Unsere Erwartungen waren auf das höchste gespannt, jeder in dem
Bestreben, musikalisch sein Bestes zu geben, sein Innerstes mit klingender Weihe zu adeln.
Allegro non troppo: zart, liebkosend beginnen, hieß es. Mählich wurde aus dem Piano
ein Forte, in dem sich die vier Instrumente gegenseitig zu überbieten mühten. „Bon der
Stirne heiß, rinnen muß der Schweiß, soll das Werk den Meister loben." Nach diesem
Zitat hätten wir, beim Durchführungsteile angelangt, bereits die höchste Meisterschaft er-
reicht. Und doch schien uns der Effekt so brutal, so entseelt und steppenfrostig, daß wir
einander mit bangen Blicken ansahen. .Weiter!' herrschte uns der Primarius an und des
Rätsels Lösung brachte bald befreiende Klarheit. Nicht an den Spielern, in den Instru-
menten lag das Besorgniserregende. Rauh und heiser in der Kantilene, borstig im Doppel-
klang, verschnupft in der Passage, gebärdeten sie sich wie zügellose Jungen, denen nichts
lästiger als Zwang zur Ordnung, nichts begehrlicher als eine tolle Balgerei ist. Die lange
Winterreise im eisfächelnden Lawinenbereich tiefverschneiter Berge hatte es ihnen ange-
tan. Biegen oder brechen, ist die soldatische Losung. Auch die Instrumentenfamilie mit ihren
widerspenstigen Wirbeln und launenhaften Saiten muß gleich Neugemusterten einexerziert
und zu brauchbaren Untertanen geformt werden. Brahms A-moll-Quartett ward dazu aus-
ersehen, an dem die allzu ungefügen Kanten und Scharten dieser streikenden Biergemein-
schast sich abstoßen sollten. Und wie ein Wunder offenbarte es sich, daß Schillers vorer-
wähnter Glockenspruch doch goldige Wahrheit verkörpert. Im Schweiße unseres Angesichtes
ließen wir die vier Sähe vom Stapel. Mehr Arbeit als Spiel, mehr akustischer Wettstreit
denn Musik, eine wilde Jagd in Tönen auf eisumstarrter Höhe, begleitet von den offiziellen
Gewehrschüssen der Horchposten. Aber die Nebel lichteten sich und die einzelnen Töne wur-
den immer freier, sprechender, für den Feldgebrauch gut genug, um sich zu erhebender Musik
zu vermählen. Dazu gesellte sich als erster Erfolg die Gewißheit, daß die vier Musizierenden
mit der übernommenen Aufgabe einander ebenbürtig waren. Emsiges Mühen gab schließlich
dem Spiel eine harmonische Übereinstimmung, die uns den Meister im milden Lichte als
einen der höchsten Beglücker und Freudenspender erscheinen ließ. Der Ruf der Schützen-
graben-Kammermusiker verbreitete sich mit Windeseile. Bon allen möglichen Truppen und
Kommanden kommen Mustklechzende, um Stunden der Andacht bei Haydn, Mozart, Beet-
hoven, Mendelssohn, Schubert, Dvorak, Smetana und Weingartner zu verbringen. Wir
aber schwelgen in glückseliger Mustzierfreudigkeit und empfinden die Gründung des Herr-
mann-Feldstreichquartetts als das hehrste Ehristgeschenk, das uns Weihnachten 1916 brachte."
Bei schönem, föhnig-warmem Wetter wurde das für das Regiment an krie-
gerischen Begebenheiten und Erfolgen so reich gesegnete Jahr 1916 abgeschlossen
und der Eintritt in das neue Jahr gefeiert. Der Rgts.-Kmdt. übermittelte draht-
lich nachfolgenden Neujahrsgruß in die Stellung: „Allen Offizieren, Fähnrichen,
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Feldgottesdienst in der Regimentsdoline. Winter 1916.
Die Feldmessedoline nach dem ital. Trommelfeuer. 18. und 19. Juni 1917.
.
Aspiranten und der gesamten Mannschaft meines unvergleichlich braven Regi-
mentes rufe ich ein herzliches „Prosit Neujahr!" zu. Gott gebe, daß es mir
gegönnt sei, mit Euch im Jahre 1917 siegreich heimzukehren."
Am 11. Jänner traf beim Regiments die 2./XXVI. Ma.Komp. (Kmdt. Oblt.
C z a p l a) ein und wurde am 15. Jänner im Regiments eingereiht.
Mit dem Abgehen des Majors Herrmann als Kmdt. des Kadett-
aspiranten-Fortbildungskurses nach Povo bei Trient und des Hptm. Pratscher
nach Graz zur Sichtung des Materiales für die zu verfassende Regiments-
geschichte fand das klassische Streichquartett sein jähes Ende. An feine Stelle
rückte unter der Leitung des Hptm. Unger, der das Kmdo des III. Baons
übernahm, die Schrammelmusik.
Das Erkennen der hohen Wichtigkeit des M.G. für den modernen Kampf,
denn diese Waffe war auch in erster Linie berufen, im Falle eines Massen-
angriffes durch Abgabe des Sperrfeuers die Abwehr zu besorgen, brachte den
Nachschub von M.G.-Formationen, M.G.-Ausbauzüge genannt, mit sich, so daß
Ansang April jedes Baon eine M.G.-Komp. zu 8 M.G. (4 Züge), also die
doppelte Stärke hatte.
Am 15. Februar wurde die technische Jnft.-Komp. ausgestellt. Sie gliederte
sich in 3 technische Inft.-Züge (für jedes Baon einer) und in einen Nahkamps-
mittelzug (Komp.-Kmdt. Oblt. Wurtinger, Stellv. Ldst.Oblt. Löschnig,
Zugskmdten: 1. Zug Lt. Novak, 2. Zug Fhr. Braun, 3. Zug Lt. Scze-
panek, Nahkampfmittelzug Fhr. Niemetz).
Hptm. S ch e s s e r hatte das Unglück, am nördlichen Kriegsschauplatz einen
komplizierten Oberschenkelbruch zu erleiden. Obwohl noch nicht vollkommen
geheilt, rückte er am 15. Oktober 1916 freiwillig zum Regiment ein und erhielt
nach einer vorzüglichen Dienstleistung beim Rgts.-Kmdo. am 18. Februar 1917
das Kmdo. der 7. Komp., wo er sich wiederholt auszeichnete. Leider konnte er
körperlich nicht standhalten und mußte am 17. März zum Ersatzbaon abgehen.
Hptm. Siegel, von der Operation eingerückt, übernahm am 2. März wieder
das Kmdo. des II. Baons.
Die ersten Monate im Jahre 1917 brachten keine Veränderung der Lage,
sorgte doch die Allgewalt des Winters mit ihren Schneemassen, die im Regiments-
abschnitt an ebenen Stellen bis zu 2% Meter Höhe erreichten, für eine Pause
vor ernsten und größeren Kampfhandlungen. Doch von vollkommener Ruhe
konnte nicht gesprochen werden, denn das Bedürfnis nach Störung der feindlichen
Bautätigkeit, Erkundung über allfällige Änderungen in der Stärke, Zusammen-
setzung des Gegners blieb rege und war auch notwendig für die oberste Führung,
um ihr Material zur Beurteilung der Lage zu geben.
Kleine Aktionen, Aufklärungen, Patrouillen-Unternehmungen waren die
einzigen Ereignisse dieser Zeit. So wurde unter anderem in der Nacht vom
20. auf den 21. Februar von der 7. Komp, unter der Leitung des Hptm.
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Schesfer eine Patrouillen-Unternehmung durchgeführt, um die feindliche
Stellung gegenüber der Sektion 61 zu erkunden. Es gingen 3 Patrouillen, ins-
gesamt 15 Mann, vor. Trotzdem sie infolge der Unternehmungen der letzten
Tage auf einen besonders wachsamen Gegner stießen, vermochten sie ihm mit
Handgranaten und Maschinengewehren doch schwere Verluste beizufügen. Bei
der Führung dieser Patrouillen zeichneten sich besonders Fhnr. Jagoditsch
und Feldwebel P i tz I aus, die beide verwundet wurden. Fhnr. Karl Jago-
ditsch ist im Feldspital Elble gestorben. Dem Hptm. S ch e s f e r als Leiter
und allen Teilnehmern der Patrouillen-Unternehmung wurde vom Herrn Divi-
sionär die vollste Anerkennung ausgesprochen.
Am 28. Februar wurde bei Morgengrauen aus den Komp.-Sektionen 56, 57
und 58 des I. Baons eine übersallsaktion unternommen. In den Sektionen 56
und 57 gelang es, nach dem Vortreiben von Schneetunnels die feindlichen Stel-
lungen durch Sprengröhren zu sprengen, worauf Sturmpatrouillen vorgingen, die
vor der Sektion 56 in die feindliche Stellung drangen, einen italienischen Kor-
poral gefangen nahmen und 2 Jnft.-Gewehre erbeuteten. Aus Sektion 58 wurde
ein Minen- und Granatfeuerüberfall mit sehr gutem Erfolg durchgeführt. Hiebei
zeichneten sich besonders aus Lt. N i e m e tz, Kmdt. des Nahkampfmittelzuges,
durch sein präzises Schießen mit den Minenwerfern und Fhr. Math. Kozyk
der 3. Komp, als schneidiger Kmdt. der Handgranatenpatrouillen.
Am 6. März bei Morgengrauen versuchte der Italiener einen Vorstoß gegen
die Sektion 56. Nach einem kurzen, aber heftigen Minen- und Sprengröhren-
seuer gegen die genannte Sektion drang eine 16 Mann starke feindliche Pa-
trouille vor, die jedoch von unserem Inft.-Feuer in die Flucht gejagt wurde. Der
Kmdt., ein Unterleutnant und ein Infanterist wagten sich zu weit vor und
wurden gefangen. Gleichzeitig wirkte der Gegner mit starkem Ins.-, Hand- und
Gewehrgranatenfeuer gegen die Nachbarsektionen 57 und 68.
Bis zu der im Frühjahr eingetretenen Schneeschmelze war im allgemeinen
die beiderseitige Kampftätigkeit auf Feuerüberfälle mit allen Schußwaffen
beschränkt.
In warmer Fürsorge für seine Frontkämpfer schuf Oberst Senner das
„Soldatenheim", ein schönes Blockhaus, im Galmararatal. Es hatte den Zweck,
erholungsbedürftige Plänkler auf die Dauer einer Woche aufzunehmen, ihnen
Gelegenheit zur Reinigung und Zerstreuung zu bieten, um sie für die bevor-
stehenden Strapazen wieder zu kräftigen. Diese Erholungsstätte, von Pionieren
unter Oblt. L ö s ch n i g s Weisungen erbaut und von ihm geleitet, wurde am
12. März vom Feldkuraten Steiner geweiht und von 20 Soldaten bezogen.
Vorbildlich im Wohltun wirkte auch Frau Gewerke Meta Bleckmann.
Nebst der Sendung vieler Liebespakete ins Feld und einer 1000-Kronen-Spende
für das Soldatenheim unterhielt Frau Bleckmann in Mürzzuschlag ein unter
ihrer Führung stehendes Spital, in dem verwundete Dreierschützen die beste Ver-
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pflegung» Fürsorge und Behandlung fanden. Dieser edlen Frau ist für diese
hochherzige vaterländische Tat der immerwährende Dank der Steirersöhne vom
Schützenregiment 3 sicher.
Am 15. März wurde die 1. Komp, des XXVI. Ma.-Baons aufgeteilt. Oblt.
K o l d a erhielt das Kmdo. der 2. Komp. Am 8. April erfolgte die Einreihung
der 1./XXV. Ma.-Komp. Lt. Edelhauser übernahm das Kmdo. der 7. Komp.
Am 21. April wurde die 1. (Oblt. K o l d a) und die 3. Komp. (Oblt. Krisch)
des XXVI. Ma.Baons, am 11. Mai die 2./XXVII. Ma.Komp. dem Rgt. eingereiht.
Rttm. Baron Wordener erhielt das Kmdo. der 4. Komp, und vertrat später
den abgehenden Baonskmdtn.
Mit B.-BI. Nr. 15 vom 4. April 1917 wurde die bisherige Benennung des
L.I.R. 3 in «K. k. Schützenregiment Nr. 3" umgewandelt, eine gerade im Stel-
lungskrieg auf den Bergen von Mte. Zebio zutreffende Bezeichnung.
Zur Entlastung der eigenen Kräfte am Isonzo sollte dem Feinde ein beab-
sichtigter Angriff vorgetäuscht werden, damit er keine Kräfte aus der Front
der „Sieben Gemeinden" abziehe. Zu diesem Zwecke wurden am 18. Mai bei
Morgengrauen und Einbruch der Dunkelheit kleine Aufklärungspatrouillen
vorgesendet, denen es gelang, an einigen Stellen die Drahthindernisse zu spren-
gen und die sdl. Stellungen mit Handgranaten zu bewerfen. Zur Täuschung
wirkte auch die Art. mit Störungsfeuer auf rückwärtige Sammelräume und
Nachschublinien mit. Am 19. und in der Nacht zum 20. Mai wurde dieses
Manöver in gesteigerter Art fortgesetzt. Der Gegner setzte sich tatkräftigst zur
Wehr und antwortete besonders mit schweren Minen und Geschützen. Bei dieser
Gelegenheit fiel unser lieber, mit der „Goldenen" ausgezeichnete Fhr. Ferd.
Wagner.
Ende Mai und in den ersten Junitagen hatte sich bei den Italienern eine
auffallende Unruhe bemerkbar gemacht, die auf bevorstehende Unternehmungen
schließen ließ. In den italienischen Gräben herrschte eine besonders rege Arbeits-
tätigkeit, im Becken von Astazo konnte lebhafter Automobilverkehr festgestellt
werden. Unauffällig schossen sich die italienische Artillerie und die Minenwerfer
ein. Überläufer sagten aus, daß eine ital. Offensive geplant sei und dieser
Minensprengungen vorausgehen sollten. Dem Regiments war es bekannt, daß
am linken Flügel beim II. Baon, Komp.Sektion 61, ein ital. Sprengstollen schon
seit einem Jahre bestand. Wir sahen dieser Tatsache nicht tatenlos zu, stellten
auch einen Minenstollen her, führten einen genauen Horchdienst ein und trafen
alle Vorbereitungen für eine eigene Sprengung. Doch der sdl. Vorsprung konnte
der Bodengestaltung wegen nicht eingeholt werden. Auch Aussagen der Über-
läufer, daß eine sdl. Minensprengung bei unserem rechten Flügel (11. Komp.)
geplant sei, überraschten uns nicht, da wir diese Absicht aus den längst ver-
nommenen und genau verfolgten Bohrgeräuschen vermuteten.
Der Regimentskmdt., Obst. o. Tenn er, war am 6. Juni 1917 von einem
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14tägigen Gasschutzinformationskurs eingerückt und kam gerade zur rechten
Zeit, um die Vorbereitungen zu den folgenden schweren Abwehrkämpfen zu
treffen.
4. Gliederung des Regimentes.
Rgts.-Kmdt. Oberst Heinrich Tenn er; Rgts.-Adjutant Hptm. Ristl und OblL. Petruchar;
Telephonoffizier Lt. Raninger; Kmdt. d. 3.G.Z. Lt. Viktor Mayer; Trainkmdt. Oblt.
Hrachowina; Proviantoffizier Oblt. P. O. Pipla; Proviantoffiziergehilfen Lt. Mölzner und
Lt. Karis; Chefarzt O.-A. Dr. Racity; r.-k. Seelsorger Feldkurat Steiner; Rechnungsführer
Oblt. Rfr. Schlögl; Postoffizier Oblt. Dr. Reisch u. Lt. Munsch; Gruppentierarzt Unter-
Tierarzt Leitl.
Technische Kompagnie.
Kmdt. Oblt. Wurtinger; K.M.Zgskmdt. Oblt. Löschnig; Techn. Zgskmdt. Lt. Riemeh,
Rowak, Schellnast, Braun, Sczepanek; Kdt.-A. Petrak, Rackl, Mohlrab.
Feldkompagnien.
I. Baon: Kmdt. Mjr. Höger; Adj. Lt. Dr. Herdler; Arzt O.-A. Dr. Trokan; San.-Fähnr.
Kaufmann.
1. Komp. Oblt. Riedl (Kmdt.); Lt. Winter); Lt. Geider (Gasschutzoffizier);
Lt. Bahyricz; Fähnr. Furstner; Kdt.-A. Hurnaus.
2. Komp. Hptm. Kaste! (Kmdt. bis 8. 3uni 1917); Lt. Mitteregger (Kmdt. ab
9. 3uni 1917); Lt. Master; Fähnr. Boith; Kdt. Maidbacher.
3. Komp. Oblt. Stift (Kmdt.); Lt. Schneller, Gmeiner, Schwarzmüller, Kozyk;
Kdt.-A. Gundl.
4. Komp. Lt. Pawlicz (Kmdt.); Lt. Emmerling, Herbsthofer; Fähnr. Griendl;
Stabsfeldw. Mapper.
MGK. I: Oblt. Traub (Kmdt.); Lt. Stark; Stabsfeldw. Resch.
II. Baon: Kmdt. Mjr. Mardener (bis 9. 3uni 1917); Hauptm. Ba§ku v. K.Sch.Agt. I (bis
13. 3uni 1917), sodann Hptm. Siegel; Adj. Lt. Pinter; Arzt Ass.-Arzt. Dr. Korn.
5. Komp. Oblt. Streißler (Kmdt.); Lt. Fuchshuber, Kneß, Franiek; Fähnr.
Brunner, Decrinis, Wenzel.
6. Komp. Oblt. Kolda (Kmdt.); Lt. Berndl, Konrad, Pongrah, Buchkirchner
(Teleph.-Offzr.); Fähnr. Rohrbacher, Dr. Wurst.
7. Komp. Oblt. Gusseck (Kmdt.); Lt. Edelhauser (vorher Kmdt.); Lt. Reu-
mann, Polaczek; Fähnr. Fischelschweiger, Oswald, Schellauf;
Offzstv. Franek; Kdt.-A. Kriso.
8. Komp. Hptm. Ravter (Kmdt.); Oblt. Husar (Nachfolger im Kmdo.); Lt.
Friedl, Schmidt Otto, Hyden; Fähnr. Walzl, Kukaeka; Kdt.-A.
Kleinrath.
MGK. II: Lt. Breindl (Kmdt.); Lt. Konrad; Offzstellv. Baumgartner Florian;
Stbsfeldw. Schlick.
III. Baon.: Hptm. Unger; Adj. Lt. Handschuh; Arzt Ob.-A. Dr Schauer; San.-Lt. Stostier;
Gasschutz-Offz. Lt. Geider.
9. Komp. Oblt. Schinnerer (Kmdt.); Lt. Direder, Estich; Fähnr. Perneg,
Schweh; Kdt.-A. Knollmayer, Kaburek.
100
10. Komp. Lt. Käppel (Ämbt); Lt. Müllner, Mayerhofer, Olymyk, Siegel;
Fühnr. Buscha: Kdt.-A. Ogris.
11. Komp. Ob». Prokisch (Kindt.); Lt. Kampfer, Mayer Willibald; FSHnr.
Katschnig, Huber, Hlima; Kdt.-A. Haimböck.
12. Komp. Hptm. Andics (Kmdt.); Lt. Kellner, Scholz, Roiser; Offzstellv.
Potpelschnigg; Kdt.-A. Hannak, Puchwein, Kleczek, Perinka.
MGK. III: Oblt. Pompe (Kmdt.); Lt. Pototschnigg; Fähnr. Auer; Offzstv.
Kuhn, Schehl.
5. Die erste große Abwehrschlacht vom 8. bis 1V. Juni. Die nachfolgenden Tage
bis 17. Juni 1917.
Nach der Niederlage in der 10. Isonzoschlacht begann der italienische Heer-
führer Cadorna eine lang vorbereitete Offensive im Raume der Sieben
Gemeinden in Südtirol. Das Glück, das den italienischen Waffen aus dem Karst-
plateau abhold blieb, sollte in den Schneebergen der Alpen erzwungen werden.
Ein Durchbruch unseres Verteidigungsabschnittes am Mte. Zebio schien dem
Gegner von ausschlaggebender Bedeutung. Da seine bisherigen Versuche erfolg-
los blieben, setzte er mit umso stärkeren Kräften und außergewöhnlichen tech-
nischen Mitteln zu einem neuen Angriff an in der Absicht, unsere beiden Flügel-
stützpunkte zu unterminieren und zu sprengen. An den Abwehrkämpfen dieser
Offensive nahm das steirische Schützenregiment Nr. 3, das am Mte. Zebio stand,
rühmlichen Anteil.
Es war am 8. Juni. Ein schweres Gewitter entlud sich. Blitz auf Blitz zuckte.
Im niederprasselnden Regen übertönten die wuchtigen Donnerschläge das Feuer
der Kanonen und Maschinengewehre. Da plötzlich — ein Zittern und Schwanken
des Erdbodens. Unter furchtbarem Getöse fliegen Felsblöcke, Steine, Erde,
Bäume, Menschen und Kriegsmaterial in die Luft. In der Frontbreite eines
Zuges war die Kampfsektion 61 unserer Stellung gesprengt und verschüttet.
Die Unterminierung war uns bekannt, die Sprengung wurde erwartet. Das
Rgtskmdo. hatte daher zur größtmöglichsten Vermeidung von Verlusten schon
längst Weisungen gegeben, die Stellung nur mit Horchposten und den in eigenen
Stollen arbeitenden Pionieren zu besetzen, dahinter eine Riegel-(Rückhalt-)
stellung auszubauen und mit der Hauptkraft zu halten. Die im Horchpostendienst
stehende Mannschaft des erwähnten Zuges der 7. Komp., ferner Lt. S ch e l l n a st
mit 3 Schützen der techn. Komp, und 3 Mann von den Artillerieaufklärern fan-
den unter den Fels- und Steintrümmern ihr Grab. Der entstandene Spreng-
trichter gähnte in einer Weite von 35 Metern.
Unmittelbar nach der erfolgten Sprengung eilten aus eigenem Antriebe
der Nachbarzugskmdt. Fhr. Dr. Oskar Wurst von Westen und der MG.-Zugs-
kmdt. Offzstv. Baumgartner von Osten mit einigen in unmittelbarer Nähe
befindlichen Leuten zum Trichterrand und besetzten ihn. Im kritischen Zeit-
punkte erschien auch Offzstv. Johann F r a n e k an der Spitze einer Sturmpatr.
101
und bewarf den anstürmenden Feind erfolgreich mit Handgranaten. Bei dieser
Gelegenheit wurde F r a n e k schwer verwundet.
Trotz sofort einsetzender heftiger feindlicher Artilleriewirkung in den Raum
des Trichters und der Riegelstellung verhielt sich die kleine Trichterbesatzung
beispielgebend tapfer, wehrte mit Handgranaten den feindlichen Angriff ab und
hielt bis zur einbrechenden Dunkelheit im Minen- und Sprengröhrenseuer mit
äußerster Zähigkeit stand. Die Sprengung kostete dem Gegner selbst schwere
Verluste, etwa 40 Tote, darunter 1 Major, 1 Hauptmann und 1 Leutnant, ferner
100 Vermißte und mehrere 100 Verwundete. Die vorzeitige Explosion dürfte
einer Zufallszündung durch Blitzschlag zuzuschreiben sein. Die feindliche Artille-
riewirkung dauerte mit kurzen Unterbrechungen auch die ganze folgende Nacht
an. Durch die aufopfernde, kaltblütige und unermüdliche Tätigkeit von Offizier
und Mann wurde die Trichterrandstellung über Nacht flüchtig ausgebaut und
mit Schutzschildern versehen.
Der 9. Juni verlief verhältnismäßig ruhig, nur einzelne leichte Artillene-
fchüffe fielen in und hinter die Komp.-Sektion 61. An diesem Tage bestatteten wir
die Gefallenen, Freund und Feind. Ergreifend war der Anblick, als Feldkurat
Steiner, am Rande des Sprengtrichters stehend, die toten Feinde einsegnete
und die Mannschaft der ital. Sanitätspatr., die bei der Bergung der Leichen
wacker mitgearbeitet hatte, die Hände zum deutschen Gebet faltete.
Nach einer ruhigen Nacht fielen um 8 Uhr 15 des 10. Juni die ersten Schüsse
der feindl. Artillerie, 5 Minuten später lagen die Kampfstellungen und die
Räume dahinter bis auf 15 Kilometer Tiefe im schwersten Trommelfeuer. Eine
Viertelstunde lang arbeitete die ital. Artillerie allein, dann griffen auch die
Minenwerser ein, die ohne Pause ihre Geschosse bis 14 Uhr 30 auf unsere vorder-
sten Linien niederhageln ließen. 30 bis 60 der schwersten Minen sielen in der
Minute aus den Gefechtsraum der Steirerschützen nieder — gering geschätzt
etwa 12.000 bis 15.000 Stück im ganzen. Die Wirkung war furchtbar. Die
Gräben glichen wüsten Schutt- und Trümmerhaufen, die Reste der Fichten-
bestände im arg zerschossenen Rückenfelde bildeten als kahle, spargelähnliche Ge-
wächse klagende Zeugen unmenschlicher Vernichtungswut. Schon nach der ersten
halben Stunde war die teleph. Verbindung gänzlich zerstört. Vom Standpunkt
des Regimentskmdos aus, der gleichfalls mit Gasgranaten und schweren Minen
beschossen wurde, konnte man den Kampfplatz überblicken und mit den Baons-
kmdten optische Signale wechseln. Um 13 Uhr steigerte sich das Feuer der
ital. Artillerie und Minen zu maßloser Heftigkeit. Erhöhte Wichtigkeit siel
nun dem Läuferdienst zu. Läuferdoppelposten, die hinter natürlichen und not-
dürftig verstärkten Deckungen ausgestellt waren, vermittelten auch im Trommel-
feuer todesmutig Befehle und Meldungen. Das stundenlang anhaltende Artillerie-
und Minentrommelseuer wurde in den Kavernen verhältnismäßig gut und mit
geringen Verlusten überstanden. Hervorragende Leistungen lieferten die Horch-
102
Posten, von denen sich einzelne, trotz der unvermeidlichen Verluste, nicht ablösen
ließen und bis 5 Stunden im ärgsten Trommelfeuer auf ihrem Beobachtungs-
stande blieben.
Da sich das feindl. Artillerie- und Minentrommelfeuer hauptsächlich auf den
Nordteil des I. Baons und den anschließenden Teil des H. Baons mit größter
Heftigkeit richtete, vermutete man dort den Hauptangriff. Weil das I. Baon keine,
das II. Baon nur 3 Züge der 5. Komp, als Reserve hatte, ordnete das Regiments-
kmdo. um 10 Uhr die Verschiebung der halben 10. Komp., Rgts.-Reserve, aus
dem Raum des III. Baons in den hinter dem Nordflügel des I. Baons an. Um
12 Uhr 45 war noch die teleph. Verbindung mit dem III. Baon im Wege des
Nachbar-Sch.Rgts. 25 vorhanden. Es wurde vom Baon u. a. gemeldet, daß das
feindl. Minen- und Artilleriefeuer gleich heftig anhalte und besonders auf den
rechten Flügel der Sektion 51 gerichtet fei. In der Folge war auch mit diesem
Baon die teleph. Verbindung vollkommen unterbrochen. Es konnten daher nur
mehr vom Gefechtsstandpunkt des Regimentskmdos aus die Geschehnisse im
eigenen Kampfabschnitt verfolgt werden. Um 14 Uhr 45 bohrte sich durch das
weiße Wolkenmeer, das von den Explosionen der Minen herrührte, im
Raume vor der Kuppe Kote 1476 eine schwere, schwarze Rauchwolke gegen den
Himmel. Der Boden erzitterte in weitem Umkreise, Felsblöcke und Erdmassen
flogen in die Luft.----Der Feind hatte einen Minenstollen unter dem rechten
Flügel der Sektion 54 und teilweise unter dem linken Flügel der Sektion 53
gesprengt. Die Sprengung war das Zeichen für das Vorgehen der feindl. Infan-
terie. Bald setzte unser Inf.- und MG.-Feuer auf der ganzen Linie ein. Pünktlich
eröffneten auch unsere Artillerie und Minenwerfer das Feuer und zerrissen die
vorbrechenden Sturmwellen der Italiener. Der Infanteriekampf, von der Art.
und den verschiedenen Nahkampsmitteln erfolgreichst unterstützt, löste sich in
mannigfache Einzelgefechte auf. Was die 3er-Schützen an diesem Tage leisteten,
ist über jedes Lob erhaben. Obst. v. Tenner, unterstützt vom techn. Komp.-
Kmdten Hptm. W u r t i n g e r, sorgte von seinem Beobachtungsstand aus für
den rechtzeitigen Einsatz der Artillerieunterstützung und Reserven.
Unmittelbar nach der Sprengung des Minenstollens unter der Sektions-
grenze 54—53 brach der Gegner durch den Sprengtrichter in dichten Wellen,
mit Maschinengewehren, Mitrailleusen und Handgranaten ausgerüstet, am rech-
ten Flügel der 12. Komp. (Hptm. v. Andics) ein, wandte sich gegen die
11. Komp. (Oblt. Pro Kisch) nach Süden und drang bis auf die äußerste
Kuppe, Kote 1476, vor. Ein Italiener schwenkte auf der durch die Beschießung
kahl gewordenen Berghöhe bereits die Trikolore. Sofort sperrte Oblt. Pro-
kisch die eigene Stellung durch die Sturmpatrouillen der Fhnr. Katschnigg
und Huber gegen Süden ab. Lt. Scholz der 12. Komp, drang selbständig
von Norden gegen den Trichter und vernichtete mit seiner Sturmpatrouille
die Bedienungsmannschaft eines soeben in Tätigkeit getretenen ital. MG. Nach
108
Norden versperrte Hptm. v. Andics mit dem Offzstv. P o t p e t s ch n i g g als
Zugskmdt. das Vordringen des Feindes. Baonskmdt. Hptm. Unger unter-
stellte die halbe 10. Komp, und ein MG. (Baonsreferve) mit Lt. Tischler und
Lt. MüIlner dem Hptm. v. A n d i c s und befahl, den Gegenangriff aus
nordwestl. Richtung sogleich durchzuführen, während die Pioniere, Offiziers-
diener und Köche unter dem Kommando des Lt. Willibald Mayer gegen die
Kuppe (Kote 1476) mit dem Befehl vorgeschickt wurden, die eingreifende
Reserve zu unterstützen. Gleichzeitig setzte Lt. Viktor Maier, von Norden
flankierend, dem Gegner mit Ins.-Geschützen zu. Unsere Minen- und Granat-
werfer schossen in den Trichter und in den vorliegenden Raum.
In kurzer Zeit war der Kampf durch einen mit Handgranaten wuchtig
durchgeführten Gegenstoß entschieden, die Fahne des Gegners in der Hand des
Ul. Baons und der vordere Trichterrand von unseren Abteilungen besetzt.
Hptm. Unger gebührt das Verdienst, durch einen kühnen, hervorragend tapfer
geführten Gegenstoß die wichtige Höhe, Kote 1476, zurückerobert zu haben. Für
die Sicherung des Sprengtrichters sorgte Lt. Pompe mit 2 flankierend wir-
kenden MG.
Der Gegner erlitt schwere Verluste an Toten und Verwundeten, während
die eigenen Verluste, dank dem Zufalle, daß der Großteil der Mannschaft beim
Sprengen des Minenstollens in den Kavernen stand, gering waren. Zum Glück
nrar es möglich, 22 durch die Sprengung in einer Kaverne verschüttete Leute
im Laufe des Abends ohne Schaden zu bergen. Nur 3 Mann blieben als Tote
unter den Trümmern liegen. Von den Italienern wurden 7 Verwundete und
25 Unverwundete gefangen. Wir erbeuteten 1 MG. samt Gestell, Munitions-
und Wasserbehälter, viele Gewehre und Ausrüstungsgegenstände. Die ganze
Stellung mit dem Trichterrand, der den Ausschuß in das Vorfeld verbesserte,
blieb restlos im Besitze des Baons. Das Baonskmdo. traf sogleich alle Maß-
nahmen zum Ausbau der Trichterrandstellung sowie der besonders bei der
9. Komp, durch Art.- und Minenfeuer zerstörten Teile der Stellung.
Allerdings gelang es dem Gegner, infolge der Verschüttung der Kavernen
in die Stellung des Nachbarschützenregimentes Nr. 25, das an den rechten Flügel
des Schützen-Rgt. 3 anschloß, einzudringen. Der Feind ging bereits über unsere
Nachbarstellung gegen den Südabschnitt der 9. Komp. (Oblt. S ch i n n e r e r) vor
und drohte, sie zu umfassen. Lt. D y r e d e r warf sich mit seinen Leuten dem
Eindringling entgegen, trieb ihn zurück und brachte ihm schwere Verluste bei.
Um 13 Uhr 30 traf beim Standorte des Rgts.-Kmdos ein halbes Baon (9.
und 10. Komp.) des Kaiserschützenrgts. Nr. I unter dem Kmdo. des Hptm.
Va§ku ein, von welchem auf Befehl des Brig.-Kmdos die 10. Komp, dem
Rgts.-Kmdo. zur Verfügung gestellt, während die 9. Komp, als Brig.-Reserve
bestimmt wurde. Mit Rücksicht auf die um 15 Uhr 30 im Wege des Schützen-
Rgts. Nr. 25 teleph. bekannt gewordene Lage beim III. Baon wurde die halbe
104
10. Komp, des Kaiserschützenrgts. Nr. I dem Baon als Reserve zur Verfügung
gestellt, brauchte aber nicht mehr eingesetzt zu werden.
Beim I. Baon im Mittelabschnitt, Kmdt. Mjr. Höger, setzte der Gegner
im gleichen Zeitpunkt wie beim III. Baon zum Infanterieangriffe an, kam aber,
dank dem rechtzeitigen Eingreifen aller Kmdten. und der unerschütterlichen Hal-
tung der Grabenbesatzung, nur an einzelnen Stellen etwas über seine eigenen
Drahthindernisse vor. Viele Tote zurücklassend, flutete der Gegner in seine
Stellung zurück. Nur am linken Flügel des I. Baons und der 1. Komp. (Oblt.
Riedl) drang er um 16 Uhr in den Schützengraben ein. Oblt. Riedl befahl
dem linken Flügelzug, mit einem Schwarm links einzubiegen und mit einer
Handgranatenpatrouille den eingedrungenen Gegner im Graben der Sektion 58
anzugreifen und zurückzutreiben, bezw. aufzuhalten. Der Reservezug, Lt. B a h y-
rycz, hatte zum Gegenstoß am rechten Flügel der Sektion 59 anzusetzen, den
Feind zu fassen und zu werfen. Die Ausführung dieser Befehle überwachte und
leitete Oblt. Riedl. Die Handgranatenpatrouille trieb den Gegner, der schon
gegen den linken Flügel der Sektion 58 im Vordringen war, zurück, stieß am
rechten Flügel der Sektion 59 auf eine Kaverne und nahm dort mehrere, schon
eingenistete Italiener gefangen. Die Abt. des Lt. Bahyrycz ging in breiter
Front im schneidigen Zuge gegen den Kampfgraben der Sektion 59 vor. Der
Kmdt., der seinen Leuten ein glänzendes Beispiel von Tapferkeit gab, wurde
tödlich verwundet. Kad.Asp. H u r n a u s übernahm nun das Kmdo. und stürmte
siegesgewiß mit Hurrarufen den Graben. Da der Gegner im nördl. anschlie-
ßenden Teil über unsere Frontlinie vorgedrungen war, riegelte der Reservezug
in der erreichten Situation die Stellung ab. Daß der Gegner seine bei Sek-
tion 59 eingedrungenen Kräfte nicht rechtzeitig verstärken konnte, ist ein Ver-
dienst des Lt. Winter, der die Absicht des Feindes, starke Kräfte durch die
von Südost gegen die Sektion 59 führende, maskierte Sappe heranzubringen,
erkannte und den Ausgang der Sappe mit Handgranaten und Inf.-Feuer ab-
sperrte. Stbsfldw. R e s ch wirkte hiebei erfolgreich mit, indem er das Feuer
seines linken MG. auf diese kritische Stelle richtete. So blieb auch der Mittel-
abschnitt fast ausnahmslos in den Händen der mit unerschütterlichem Mute
kämpfenden Verteidiger.
Das II. im Nordabschnitt stehende Baon, Kmdt. Msr. Baron Wordener,
war infolge der erhöhten und teilweise vorgeschobenen Stellung und der
in diesem Raume am 8. Juni erfolgten Sprengung besonders gefährdet.
Mit ungewöhnlicher Heftigkeit wirkte das feindl. Minen- und Art.-Trommel-
feuer auf dieses Baon und auf das Mittelbaon. Um 15 Uhr ging auch vor dem
Nordbaon die fdl. Infanterie zum allgemeinen Angriff über; doch wurde er bei
der 6. Komp., Oblt. K o l d a, und 7. Komp., Oblt. G u s e ck, wo der Feind im
Raume des Sprengtrichters achtmal anrannte, dank der hervorragend tapferen
Haltung aller Kämpfer, abgeschlagen. Der Gegner flutete zurück und erlitt
105
durch Handgranaten, BiG.- und Art.-Sperrfeuer große Verluste. Fhr. Wurst
der 6. Komp, hat sich hiebei durch todesmutige, vorbildliche Tapferkeit aus-
gezeichnet. Noch vor dem völligen Abflauen des zehnstündigen Trommelfeuers
aus der Kaverne springend, stieg er beim Anlaufe der feindl. Infanterie auf
die Brustwehr und schlug im Vereine mit der durch sein prächtiges Beispiel
angefeuerten Mannschaft den mehrmaligen Ansturm des Feindes unter schwer-
sten Verlusten desselben zurück. Die Abwehr des feindl. Einbruchsversuches beim
Sprengtrichter der Komp.Sektion 61 gab dem Feldwebel Schwendner, dem
Korpl. F e I l e g g e r und dem Schützen U n g e r der 7. Komp. Gelegenheit, sich
durch selbständiges Eingreifen mit Handgranaten außergewöhnlich tapfer zu
erweisen und hervorragend auszuzeichnen. Ihnen galt vor allem der Erfolg der
siegreichen Behauptung des Trichters. Die drei Genannten erhielten für ihre
Heldentaten die Goldene Tapferkeitsmedaille. Bei der 8. Komp., Hptm. Rav-
t e r, vermochte die Mannschaft die teilweise verschütteten Kaverneneingänge
nicht zeitgerecht zu verlassen, weshalb es dem Gegner gelang, am rechten Flügel
in die Stellung einzudringen und den betonierten MG.-Stand zu umzingeln.
Korpl. Farnleitner und Gft. Kotzb eck der 2. MG.-Komp. (Lt. Breindl)
lauerten mit ihrem Gewehr im betonierten Stande. 5 Schritte davon war hinter
einer Traverse der Feind. Wer es wagte vorzuspringen, wurde von den MG.-
Schützen niedergestreckt.
Die Einbruchsstelle wurde im Süden von der anschließenden 1. Komp., im
Norden von der 8. Komp, abgeriegelt. Während sich die Besatzung gegen eine
bedeutende Übermacht verteidigte, gab das Baonskmdo. den Befehl zum Gegen-
angriff. Um 16 Uhr eilte Lt. Berndl mit 12 Mann eines Zuges der 6. Komp.
(Fhr. Rohr dache r) von Norden und Fhr. Rohrbacher mit dem Rest des
Zuges von Westen gegen den auf die Höhe der Sektion 59 vorgedrungenen
Feind zum Angriff. Trotz schwerer Verwundung eilte Lt. Berndl zum
Baonskmdten um Verstärkung und brach mit einem Zuge der 5. Komp. (Lt.
Kues) neuerdings zum Gegenangriff vor. Das heldenmütige Eingreifen des
Lt. Berndl als Kmdt. der Angriffsgruppe, des Lt. Kues und Fhr. Rohr-
bacher, der leider auch verwundet wurde, ermöglichte der tapfer kämpfenden
8. Komp., den Gegner im Handgemenge zu werfen und ihn in feine ursprüng-
liche Stellung zurückzutreiben. 34 Italiener, darunter 3 Offiziere, wurden gefan-
gen. Der zurückflutende Feind wurde von dem nördl. in der Komp.-Sektion 60
eingebauten Gebirgsgeschütz (Fhr. Fischer) mit flankierendem Kartätschen-
seuer verlustreich überschüttet. Ein ital. Hauptmann, 2 Leutnants und über
40 tote Italiener lagen in unserem Schützengraben, eine weit größere Zahl
ital. Leichen im Raume zwischen den beiden Stellungen. Um 16 Uhr 20 war
die ganze Stellung des II. Baons wieder in unserem Besitz. Es folgten noch
einige Angriffsverfuche auf die Stellungen im Raume der 7. Komp. (Oblt.
G u f e ck), die jedoch stets mit Inf.- und Handgranatfeuer abgewiesen wurden.
106
Da der Hauptangriff des Feindes auf die Front des Sch. R. 3 gerichtet
war, wurden vom Brig.-Kmdo. die 9. Komp, und die halbe 10. Komp, des
K.Sch.R. Nr. I dem Rgts.-Kmdo. zur Verfügung gestellt, das die halbe 10. und
eine halbe 9. Komp, dem II. Baon als Reserve zuwies. Die andere halbe 9. Komp,
verblieb als Rgts.-Referve am Steilabfall des Galmarara-Hanges südweftl.
Kote 1651.
Die Sprengungen in den Sektionen 61 und 54, die schwere, lOstündige
Art.- und Minenbeschießung, das Vorgehen der feindl. Inf. in mehreren starken
Wellen kennzeichnen einen gut angelegten und mit allen Mitteln vorbereiteten
Angriffs- und Durchbruchsversuch. Trotzdem der feindl. Angriff von großer
Wucht war, zerschellte er doch an der eisernen Mauer unserer tapfer kämpfenden
Verteidiger. Die schweren Abwehrkämpfe in der Zeit vom 8. bis 10. Juni forder-
ten vom Rgte. 106 Tote, darunter 3 Offze., 260 Verwundete, darunter 11 Offze.,
und 20 Vermißte.
Als Gefangene wurden 59 Unverwundete und 7 Verwundete, darunter
3 Offze., als Beute ein MG. samt Gestell, Munition und Wasserbehälter, viele
Gewehre und Ausrüstungsgegenstände sowie eine Fahne eingebracht.
Die folgenden Tage brachten heftige Feuerüberfälle mit schweren Granaten
und Minen. Der Wiederaufbau der zertrümmerten Unterstände und Gräben war
hiedurch sehr gehemmt. Zur Beurteilung der schweren Beschießung sei ange-
führt, daß in der Zeit vom 11. bis 16. Juni 48 Mann, darunter Kd.Afp. Klein-
rath, den Heldentod starben und Lt. P o l a c z e k, Lt. B r e i n d l, Fhr.
Grien dl und 14 Mann verwundet wurden.
Am 13. Juni traf die 3./XXVH. Ma.Komp. beim Rgt. ein. Oblt. Husar
erhielt das Kmdo. der 8. Komp., Hptm. Siegel übernahm nach der Absolvie-
rung des Ofsz.-Fortbildungskurfes (Povo) am 16. Juni wieder das Kmdo. des
II. Baons, das Hptm. BaSku des K.Sch.R. Nr. I seit 10. Juni vertretungs-
weise geführt hatte.
6. Die zweite große Abwehrschlacht am 18. und 19. Juni. — Der Stellungskrieg
bis zur Flitscher Ossensioe.
Die schwere Beschießung unserer Stellung hielt bis zum 17. Juni an.
Alle Anzeichen deuteten darauf hin, daß abermalige Angriffe der Italiener
bevorstehen. Am 18. Juni erwachte ein herrlicher Sonnentag voll Duft und
Wärme. Kein Schuß fiel, nichts regte sich beim Feinde. Im Graben begann das
tägliche Arbeitsleben. Da setzte um 7 Uhr 50 überfallsartig fdl. Art.-Feuer ein.
Leichte Granaten schlugen in unsere Stellung. Ein ohrenbetäubendes Peitschen,
Krachen, Surren und Zischen war der Auftakt zum Trommelfeuer. Eiligst
suchten wir in der Kaverne Schutz. Wie öde erscheint solch eine finstere Stein-
höhle in ruhigen Tagen! Die Wände schwitzen, von der Decke fallen schwere, kalte
Tropfen, die nach und nach die Kleider durchnässen. Ganz anders erscheint sie
107
in Zeiten der Gefahr, wenn die dröhnenden Geschosse den Fels zerstampfen,
die mühsam gebauten Quadermauern zerschmettern und die Unterstände zer-
fetzen. Da hält nur sie stand und umfängt das warme Leben wie eine schützende
Mutter ihre Kinder. Man möchte glauben, im Scheine spärlich leuchtender
Petroleumlämpchen erschreckte Gesichter zu sehen. Im Gegenteil, dem Tode
trotzende Männer warten auf die Stunde der Vergeltung. Um 16 Uhr ver-
legte der Feind das Art.- und Minenfeuer in die rückwärtigen Räume. Schlag-
fertig antworteten unsere Batterien mit einem furchtbaren Vernichtungsfeuer.
Ein wüstes Durcheinander von Staub, Steinen, Erde und Bäumen in der Zone
des Gegners gab ein Bild des Grauens. Der Feind, der uns schon acht Stunden
lang mit den schwersten Kalibern beschossen hatte, ries durch rote Leuchtraketen
dringend um Art.-Unterstützung. Eine kurze Zeit noch tobten seine verderben-
bringenden Massen, dann waren die Abschnitte des II. und I. Baons das
Ziel seines ersten Ansturmes. Doch wir waren trotz der verschütteten Gräben
noch nicht vernichtet. Der Feind verkannte den Mannesmut seines Gegners,
wurde verlustreich zurückgeschlagen und verlor an unsere 58. und 59. Komp.-
Sektion 1 Offz. und 41 Mann als Gefangene.
Auch uns traf ein schwerer Schlag. Eine 26-ew-Wursmine erreichte den
Raum des Gefechtstrains im Galmararatal, wo die 3./XXVÜ. Ma.Komp. unter-
gebracht war, und tötete mit einem Barackenvolltreffer Oblt. S ch a ch n e r, Lt.
Mayrhofer und Fhr. Stäuber.
Am 19. Juni um 6 Uhr setzte das fdl. Art.- und Minenfeuer mit unvermin-
derter Heftigkeit ein. Der Standpunkt des I. Baonskmdos und die Deckungen
des Baons waren gänzlich zerstört, ebenso säst alle MG.-Stände und betonierten
Horchpostenstände. Auch beim II. Baon wütete das Trommelfeuer wie am Vor-
tage. In der Annahme, mit ihrem Massenfeuer die Kraft des Verteidigers
gebrochen zu haben, setzten die Italiener um 15 Uhr — also nach einer mehr
als 24stündigen Art.-Vorbereitung (einschließlich des Vortages) — den Angriff
auf unsere Stellungen an. Die erste Welle gegen die Komp.-Sektion 59 (8. Komp.
Kmdt. Oblt. Husar) wurde durch Inf.- und MG.-Feuer zurückgeschlagen.
Gleichzeitig versuchten die Italiener, sich in den Besitz des Sprengtrichters
(beim II. Baon) zu setzen, wurden aber von der Besatzung mit Handgranaten
abgewiesen. Um 17 Uhr ging der Feind abermals gegen den Trichter vor, drang
sogar in ihn ein, wurde aber bald unter der schneidigen Führung des Komp.-
Kmdten. der 10./K.Sch.R. I, Hptm. V a § k u, geworfen und mußte 1 Offz. und
41 Mann als Gefangene zurücklassen. Auch die Angriffsoersuche gegen den
Südabschnitt wurden von unserer tapferen Besatzung wacker abgewehrt. Mittler-
weile hatten die Italiener eine große Anzahl kleinkalibriger Geschütze bis auf
600 Schritte vor unseren Gräben in Stellung gebracht und beschossen unsere
Deckungen. Die fdl. Angriffe wiederholten sich fast bei allen Komp.-Abschnitten
bis zum Einbruch der Dunkelheit und wurden überall abgewiesen.
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Die Verluste des Regiments in den Kämpfen vom 8. Juni bis einschließlich
19. Juni betrugen 9 Ofsze. und 180 Mann an Toten und 13 Offze. und 472 Mann
an Verwundeten.
Die gefallenen Offze. sind Oblt. Schachner, Lt. Bahyrycz, Lt.
Friedl, Lt. Sch eiln äst, Lt. Mayrhofer, Lt. Bogner, Lt. Soritz,
Fhr. Stäuber und Kdt.Asp. Kleinrath.
Verwundet wurden Hptm. Ravter, Oblt. Streißler, Lt. Konrad,
Lt. Berndl, Lt. S ch o l z, Lt. Siegel, Lt. B r e i n d l, Lt. Mitteregger,
Lt. P o l a c z e k, Fhr. H y d e n, Fhr. Rohrbacher, Fhr. G r i e n d l und
Fhr. Wurst.
Die größten Verluste hatten die 5. Komp. (Kmdt. Oblt. Streißler) und
die 7. Komp. (Kmdt. Oblt. G u s e dt); erstere zählte 16 Tote und 56 Verwundete,
letztere 36 Tote und 37 Verwundete.
Die MG.-Kompn. verloren 13 Mann (tot) und 43 Mann (verwundet). Die
techn. Komp, büßte 11 Mann (tot) und 21 Mann (verwundet) ein. Von Blessier-
tenträgern gingen 21 Mann verwundet ab. Die Telephonmannschast verlor
2 Mann (tot) und 8 Mann (verwundet).
Am 22. Juni traf die 1./XXVIII. Ma.Komp. beim Regiments ein und wurde
am 17. Juli aus die Kompn. ausgeteilt. Der Kmdt. der Ma.Komp., Oblt. De-
mo t y, übernahm am 7. Juli vom verwundeten Oblt. Husar das Kmdo.
der 8. Komp.
Eine besondere Auszeichnung wurde den um den Mte. Zebio kämpfenden
Truppen dadurch zuteil, daß Se. Majestät, Kaiser Karl, das III. Korps be-
suchte. Beim Standorte des 22. Dionskmdos. im Galmararatal ließ sich am
26. Juni der Kaiser jene Ofsze. und Mannschaften vorstellen, die sich in den
letzten Kämpfen durch ihren Helden- und Opfermut besonders hervorgetan hat-
ten. Er sprach ihnen seine vollste Anerkennung aus und dekorierte vom Sch.R. 3
mit der Gold. T.M. die Offzstv. Kuhn, Potpetschnigg, Schehl und
den Ldst.Schützen U n g e r. Im Verordnungswege wurden für die hervorragend
tapferen Leistungen in den Juni-Abwehrschlachten mit der Gold. T.M. noch aus-
gezeichnet die Fhr. Huber, Katschnig, Wurst und P e r n e g. Auch
das vom Oblt. L ö f ch n i g verfaßte Buch „Wir greifen an", das in so schöner
und trefflicher Weise die Taten und Erfolge des Sch.R. 3 während der Tiroler
Offensive im Jahre 1916 schildert, wurde vom Kaiser mit den Worten der
höchsten Anerkennung für das Regiment und den Verfasser entgegengenommen.
Am 29. Juni rückten die während der Abwehrschlachten als Reserve beim
Regiment eingesetzt gewesenen Teile des K.Sch.R. Nr. I wieder zur 6. I.T.D.
ein. An ihre Stelle traten 2 Kompn. des I.R. 64 als Abschnittsreserven.
Beim Feinde wurde wieder rege Bautätigkeit wahrgenommen, insbesondere
Bohrgeräusche vor den Sektionen 58 und 61, die eine neuerliche Unterminierung
109
!
vermuten ließen und Gegenmaßnahmen, namentlich die Organisierung eines
strengen Abhorchdienstes, erforderten.
In den Julitagen herrschte unregelmäßige Artillerie- und Minenwerfer-
tätigkeit. Der Feind konnte den Mißerfolg feiner Angriffsschlachten nicht ver-
schmerzen und befürchtete, von uns angegriffen zu werden. Daraus erklärt sich
das oftmalige Feuerduell, das überwiegend mit schweren Minen-, Granat- und
Sprengröhrenwersern ausgetragen wurde. Wenngleich der Heeresbericht aus
diesen Tagen vom Regiments keine freudenberauschenden Berichte brachte, so
gab es doch fast täglich Kämpfe, die Opfer an Toten und Verwundeten erforderten.
Ein schwerer Schicksalsschlag traf das Regiment durch den Verlust des
Rgts.Adj. Hptm. R i st l, der feit 16. Juli für den beurlaubten Hptm. Siegel
freiwillig das Kmdo. des II. Baons (Nordabschnitt) führte, und dessen Schwagers,
Lt. Braun, Pionierzugskmdt. des II. Baons. Beide erlitten am 27. Juli um
22 Uhr 30, als sie im Begriffe waren, einen Stützpunkt hinter der Sektion 60
auszustecken, durch einen Minenvolltreffer den Heldentod.
Glänzende Eigenschaften, wie Tatkraft, vorzügliche und rasche Auffassung,
hervorragende Gedächtnisschärfe, unermüdlicher Arbeitseifer und Gewissenhaftig-
keit, ließen schon im Frieden die Wahl des Rgts.-Adjutanten auf die Person
des Hptm. Ristl fallen. Er war feit Beginn des Krieges an der Front und
bei dem mehrmaligen Wechsel der Rgtskmdten. der ruhende Pol im Regiments,
vorübergehend in den heißen Kämpfen bei Nowe Miasto auch Rgtskmdt. Mit
Hptm. Rist! verlor das Rgt. einen treuen, tapferen und äußerst tüchtigen Ofsz.,
einen guten Kameraden, dessen Leistungen jedem Kmdt. in der Führung des
Rgts. eine kraftvolle und sichere Stütze boten. Wie die Interessen des Rgts.
verfocht er auch wacker die jedes Regimentsangehörigen. Bei all seiner
soldatischen Strenge barg fein Inneres ein goldenes Herz. Er war in des
Wortes wahrer Bedeutung „die gute Seele im Regimente". Seiner Anregung
sind auch die Vorarbeiten für die Geschichte des Regimentes, die Schaffung der
Kriegsbilder und Sammlung der Siegeszeichen, die Veranstaltung der Aus-
stellung im Landesmuseum während des Krieges und vieles andere zu danken.
So ist der Name Ristl innig verbunden mit der Geschichte des Sch.R. Nr. 3, er
verdient, mit goldenen Lettern in ihr verewigt zu werden.
Hab' für immer Dank, guter Kamerad, für deine unvergeßlichen, hervor-
ragenden Verdienste um das Sch.R. 3!
Ldst.Oblt. L ö f ch n i g wurde Wer Antrag des Ernährungsamtes vom
Waffendienste enthoben und verließ am 31. Juli die Front. Oblt. Löschnig, von
echt österreichischem Soldatengeist durchdrungen, hatte in allen Lagen seinen
Mann gestellt. Viele herrliche Eigenschaften waren es, die diesen sehr verdienten
Offizier in der 2^jährigen Frontdienstleistung beim Regimente auszeichneten.
Es hat selten einen Offizier gegeben, der so vielseitig verwendet worden war,
110
wie Löschnig. Seine Schaffenskraft» Tapferkeit und fein edler Kameradschafts-
sinn sichern ihm die Anerkennung und den Dank für immerwährende Zeiten.
Vom II. Baon I.R. 14» das in den Bereich der 22. Sch.D. eingetreten war»
wurde am 21. Juli die 7. Komp. I.R. 14 mit je 2 Zügen in den Abschnitt des
I. und II. Baons eingeteilt, während die 2 Komp, des I.R. 64 abgezogen wurden.
Am 28. Juli erreichte eine freudige Botschaft das Feldregiment. Rgts.-
Kmdt.» Obst. Flach, der das L.I.R. 3 in den Krieg führte und schwer verwundet
in russische Gefangenschaft geriet, traf als Austauschinvalide in Graz ein. Die
Angehörigen des Sch.R. 3, besonders jene aus dem Jahre 1914, entboten ihrem
ersten, heldenmütigen Kommandanten die treuergebensten Grüße.
Hptm. Siegel, vom Urlaube eingerückt, übernahm am 1. August wieder
das Kmdo. des II. Baons.
Nach längerer Ruhe machte sich der Feind Mitte August durch eine auffallend
rege Tätigkeit bemerkbar. Am 13. und 14. August gab es in der Nacht femdl.
Feuerüberfälle mit leichten Art.--Geschützen, Minen- und Sprengröhrenwerfern,
Inf.- und MG.; am 15.» 16. und 17. August konnte reger Autoverkehr auf
der Straße Asiago—Gallio—Val - di Nos wahrgenommen werden. Die Vor-
bereitung zu einem neuen Akt war im Gange. Am 18. August 1917 räumten
die Italiener die Stellungen aus den Bergen westlich von Asiago und zogen sich
in das Becken von Asiago zurück. Besser konnte die Schwere der fdl. Niederlage
im Juni nicht zum Ausdruck kommen.
Vor unserem nördl. Nachbar, dem Sch.R. 26, verließ der Feind in den
Morgenstunden die Stellungen, vor unserem Rgts.-Abschnitt zog er sich im
Laufe des Nachmittags zurück. Zur Feststellung des Feindes und der Fühlung-
nahme mit ihm gingen unsere Patrouillen vor und verblieben als stehende Feld-
wachen im Vorfeld.
Der Rückzug des Feindes gestattete es, unsere Verteidigungsstellungen
schwächer zu besetzen und Kampftruppen aus der Linie zu ziehen. Der am
23. August erfolgte Abmarsch des Sch.R. 25 erforderte eine Umgruppierung
unseres Rgts. Das II. Baon (Hptm. Siegel) bezog die Stellung unseres
rechten Nachbarbaons (Mjr. Sauer) vom Sch.R. 25 und der Sektion 61 am
rechten Flügel des III. Baons (Mjr. U n g e r), so daß sein neuer Verteidigungs-
raum von der Sektion 47 bis einschließlich 51 reichte. Vom Hl. Baon blieb nur die
12. Komp, in ihrem Abschnitt; die 11. Komp, übernahm die Sektion 52 und 53,
die 10. Komp, die Sektion 55. Die 9. Komp, kam hinter den Baonsabschnitt als
Brig.-Reserve. Beim I. Baon (Mjr. Höger) blieben die Kompn. 1—3 in ihren
Stellungen, die 4. Komp, bezog die Sektion 59 vom II. Baon. Die Sektionen 60
und 61 wurden dem Sch.R. 26 abgetreten. An unseren, die Sektionen 47—59
umfassenden Rgts.-Abschnitt schloß sich als rechter Nachbar ein Baon des K.Sch.
R. Nr. I an.
Da des Gegners Angriffslust vollkommen erlosch, sank der heiß umstrittene
111
Mte. Zebio zu einem Nebenkriegsschauplatz herab. Begreiflich, daß die 22. Sch.D.
— mit ihr das tapfere Sch.R. 3 — hier überflüssig und daher bald aus einen
anderen Kampfplatz abgezogen wurde, wo es galt, neue schwere Aufgaben
zu lösen.
IV. Die tzerbstofsensive 1917 gegen Italien.
1. Allgemeine Lage und Angriffsplan.
Im Herbst 1917 wurde über den Verbündeten von 33 Friedensjahren, der
in der Entscheidungsstunde leider treulos geworden war, „der größte Sieg
während des Weltkrieges" erfochten. Das Regiment hatte an dieser im Verlaufe
des Weltkrieges fast unerreicht dastehenden Kampfhandlung hervorragenden,
mitunter ausschlaggebenden Anteil.
Die Verluste der Italiener nach den Angaben ihres Generalstabes betrugen:
800.000 Mann (10.000 Tote, 30.000 Verwundete, nahezu 300.000 Gefangene und
weit über 400.000 Versprengte und Deserteure), 3152 Geschütze (die k. u. k.
Armee hat den Krieg mit nicht viel mehr als 2000 Geschützen begonnen!), 1732
Minenwerser, 3000 Maschinengewehre, ungeheure Massen an Munition, Ver-
pflegung und Bekleidung, unzählige Pferde, Fuhrwerke und Kraftwagen.
Uns Österreicher kann dieser Sieg mit ganz besonderem Stolz erfüllen, da
unsere herrlichen alpenländischen Truppen (Steirer, Kärntner, Tiroler, Salz-
burger und Oberösterreicher) aus dem Schlachtselde in jeder Beziehung in der
Führung vom Korps bis zur Patrouille und in Leistung und Erfolg vollkommen
ebenbürtig neben den Truppen aus dem Deutschen Reich gestanden sind und im
edelsten Wettstreit auch in schrankenlos energischem Wollen dem Siege zustrebten.
Die nun folgenden Kampfschilderungen geben im ehrfurchtsvollen Gedenken
an unsere Helden des Regimentes eine wahrheitsgetreue Darstellung des Durch-
bruches bei Flitsch, des Siegeszuges bis zur Piave und der Kämpfe um das
Grappamassiv.
Die große Entlastung, die durch die rasche und erfolgreiche Offensive der
Mittelmächte in Ostgalizien im Juli 1917 und der Deutschen bei Riga mit der
Verminderung der Widerstandskraft der russischen Armee eingetreten war, er-
möglichte es unserer Obersten Heeresleitung, nun ihre volle Aufmerksamkeit
der italienischen Front zuzuwenden.
Die großzügigen Vorbereitungen unseres Generalstabes an der Isonzofront
setzten mit Herbstbeginn 1917 ein. Sie galten diesmal nicht der Abwehr weiterer
italienischer Angriffe, fondern einer zweiten Offensive gegen Italien, die wegen
der vorgeschrittenen Jahreszeit und der leichteren Heranbringung der Truppen
und Angriffsmittel an die Isonzofront im Raume Tolmein—Flitsch mit der
Stoßrichtung aus Cividale am wirkungsvollsten schien. Um annähernd das
Kräfteverhältnis 1:1 zu erzielen (Ende August 1917 standen an der Isonzo-
front nur 20 österr.-ung. Divisionen 40 italienischen Divisionen gegenüber),
waren mindestens noch 20 Infanteriedivisionen erforderlich, die wir allein nicht
aufbringen konnten. Eine Mitwirkung deutscher Kräfte war daher Vorbedingung.
Am 8. September 1917 kamen die unter dem Decknamen „Wasfentreue"
geführten Vereinbarungen zwischen beiden Obersten Heeresleitungen zum Ab-
schluß. Das Offensivunternehmen war gesichert, trotzdem nur 7 deutsche Infan-
teriedivisionen mit zeitlicher Begrenzung zur Verfügung gestellt wurden. Diese
hatten im Vereine mit 8 österr.-ung. Infanteriedivisionen die deutsche 14. Armee
unter dem Kmdo. des G. d. I. Otto v. B e l o w zu bilden und im Raum Flitsch—
Tolmein auszumarschieren. Die nun einsetzende Abwicklung der Material- und
Truppentransporte nahm die Eisenbahnen im höchsten Grad in Anspruch. Die
tägliche Zugszahl von 100 Zügen wurde oft überschritten. Dank der Tüchtigkeit
der Bahnbehörden und der Hingabe aller im Bahndienste stehenden Organe
konnten trotz einiger Störungen die Massentransporte gegen Italien (2400
Militärzüge) rechtzeitig abgewickelt werden. Nicht unerwähnt bleibe der Trans-
port der Geschütze und der Munition über hohe Gebirgspässe, wie von Tarvis
über den Predil, der im ital. Feuer lag und darum nur in der Nacht benützt
werden konnte, und von Kronau über den 1611 Meter hohen Mojstroka-iPaß,
über den die erst im Kriege erbaute Erzherzog-Eugen-Straße ins oberste Isonzo-
tal, ins wilde Trentatal, führt. Die unsagbaren Transportschwierigkeiten aus
schlechten Gebirgsstraßen mußten noch überboten werden durch das Weiterbe-
fördern der Geschütze und Munition in stockdunklen Nächten zu den hoch in
den Felsen der Berge liegenden Batteriestellungen. Da aber nur wenige Trag-
tiere vorhanden waren und die Bedienungsmannschaft diese Riesenarbeit nicht
allein bewältigen konnte, mußten hiezu in den letzten 6 Nächten vor dem
Angriffstag die Baone der Kampftruppen herangezogen werden. Durchnäßt und
durchfroren kamen sie am Morgen in die Freilager zurück, wo wegen der Ein-
sicht des Feindes kein Lagerfeuer angezündet werden durste. Der Gedanke, daß
es in kurzer Zeit zur Abrechnung mit dem treubrüchigen Feind kommen werde,
hielt sie ausrecht und in froher Angrisssstimmung.
Als endlich die ersehnte Angriffsstunde geschlagen hatte, war alle Mühsal
vergessen. Da gingen diese braven Truppen mit derselben Angriffslust vor wie
einst zu Kriegsbeginn. Die 14. Armee hatte im Raume Flitsch—Tolmein den
Durchbruch zu bewirken. Kmdt. war der deutsche G. d. I. v. B e l o w, Gstbchef
GLt. v. Krafft, die Heeresgruppe G. v. Boroevie hatte sich dem Angriff
anzuschließen. Den Oberbefehl führte FM. Erzh. Eugen. Am rechten Flügel
der 14. Armee bei Flitsch stand das k. u. k. 1. Kps. Kmdt. war G. d. I. Alfred
K r a u ß, der zu den tüchtigsten Generalen der alten Armee zählte, sein Gstbchef
war Obst. Primavesi. Das Kps. bestand aus ausgesuchten Truppen: der
Edelweißdivision unter GM. v. Wieden (J.R. 59, I/T.K.I. 4, I.R. 14 und
T.K.I. 3), der 22. Schützendivision unter GM. R. Müller (Sch.R. 3 und 26,
8
113
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K.Sch.R. I und II) der 55. Infanteriedivision unter GM. Prinz Schwarzen-
berg (J.R. 7, b.-h. J.R. 2 und 4) und der Deutschen Jägerdivision unter Obst,
v. Wodt ke (7 Baone).
Im Abschnitt Tolmein wurden die Angriffsgruppen gebildet: am nördlichen
Flügel GLt. Freiherr v. Stein (Generalkmdo. des III. bayr. Armeekorps) mit
der k. u. k. 50. I.D. (GM. von G e r z a b e k), der deutschen 12. und 117. Division
und dem Alpenkorps; in der Mitte GLt. v. B e r r e r (Generalkmdo. zur beson-
deren Verwendung I) mit der deutschen 26. und 200. Division; am südlichen
Flügel FML. S c o t t i, Kmdt. des k. u. k. 15. Kps. (Gstbchef Obst. v. Pol, I).
mit der k. u. k. 1. I.D. FML. Metzger und der deutschen 6. Division. Die
k. u. k. 4. und 33. sowie die k. u. k. 13. Sch.D. waren Armeereserve.
Erzh. Eugen war Anfang September aufgetragen worden, nach Eintreffen
der für die Südwestsront bestimmten Verstärkungen aus dem Raume Flitsch—
Tolmein mit der Aufgabe zum Angriffe überzugehen, den Gegner über die
Reichsgrenze, wenn möglich über den Tagliamento zu werfen.
Der 14. Armee waren als erste Direktionen Cividale und Tarcento bestimmt.
Die zweite Isonzoarmee (Bainsizza—Hochfläche) hatte sich mit ihrem rechten
Flügel dem Angriffe der 14. Armee anzuschließen, während die Aufgabe der
ersten Isonzoarmee besagte, den Feind zu binden. Die rechts der 14. Armee
an der Kärntner Front stehende 10. Armee mußte bereit sein, vom linken
Flügel aus dem Angriffe folgen zu können.
Das Angriffsziel, Reichsgrenze—Tagliamento, wurde aus verschiedenen
Gründen nicht weit gesteckt; GO. Baron A r z war aber, wie aus seinen Denk-
würdigkeiten hervorgeht, schon vom Anfang an zu einer Aktion von tiefgreifen-
der Wirkung entschlossen.
Die ital. Oberste Heeresleitung wurde, wie sich aus dem Werke des Generals
Graf C a d o r n a entnehmen läßt, von der Offensive sowohl operativ, als auch
tatkisch überrascht.
Den Verbündeten standen vom Meer bis zur Wippach die 3. ital. Armee
(92 Baone und 1196 Geschütze), anschließend bis zum Rombon die 2. ital. Armee
gegenüber. Von der zwei Drittel der ital. Isonzostreitkräfte umfassenden
2. Armee, GL. C a p e l I o, standen am 24. Oktober zwischen Flitsch und Selo
91 Baone, anschließend bis füdl. des Mte. Gabriele 124 Baone, dann bis zur
Wippach 36 Baone. In zweiter Linie befanden sich: Hinter dem Abschnitt Flitsch
—Tolmein 30 Baone, im Raume um Canale 24 Baone und im Raume Cormons
42 Baone. Die 2. ital. Armee verfügte somit über 347 Baone, ferner über 2430
Geschütze und 1134 Minenwerfer; sie war daher den Streitkräften der Ver-
bündeten zahlenmäßig wesentlich überlegen.
Aber selbst im engsten Angriffsraum Flitsch—Selo standen den in erster
Linie etwa 80 eingeteilten Baonen der Verbündeten 91 italienische gegenüber,
überdies verfügte die ital. Oberste Heeresleitung noch über 39 Baone hinter:
114
ihrer 2. Armee im Raume Cividale—Cormons—Canale und über 60 Baone
hinter der 3. Armee.
GL. C a p e l I o s Hauptmacht befand sich sonach auf der Hochfläche von
Bainsizza, auf die er emsig Geschütze schaffen ließ, um beim nächsten Waffengang
hier durchbrechen zu können. Ob feines Nordflügels war der Armeekmdt. nicht
im mindesten besorgt; dort standen ja sechs Inf.-Div. und vier Alpinigruppen
eingenistet auf den Felsstusen des Rombon, auf dem breitgelagerten, verkarste-
ten Polounik und dem mächtigen Krn, natürlichen Festungen, die in zweieinhalb-
jähriger Arbeit mit allen Mitteln der Technik zu einem unübersteigbaren Wall
ausgebaut waren. Außerdem boten nach GL. Capellos Auffassung die engen
Talbecken von Tolmein und Flitsch keinen Raum zu einer bewegungsuchenden
Durchbruchsschlacht. „Mögen sie kommen, die Enkel Armins, sie werden nicht
mehr des Varus Legionen finden!" rief der Verteidiger Sagas, der Kmdt. des
IV. ital. Korps, seinen Truppen zu.
,^Der feindliche Stoß findet uns fest und gut vorbereitet," sagt der Cadorna-
Bericht vom 24. Oktober, und mit Recht, verfügte doch General Graf Cadorna
am Angriffstag an der Jfonzofront über 41 Divisionen mit 3626 Geschützen,
denen die Verbündeten bloß 37 Divisionen und 3302 Geschütze entgegenstellen
konnten. Auch bei der nach dem Kriege gegen Graf Luigi Cadorna geführten
kriegsrechtlichen Untersuchung äußerte er sich: „Die Offensive traf uns gut
gerüstet, es hätte nur genügt, daß jeder Mann ein Magazin, jedes Maschinen-
gewehr eine Gurte, jedes Rohr einen Schuß abgegeben hätte und der Feind
wäre nicht gekommen!"
G.d. I. v. Be low hatte die Gruppe G. d. I. Alfred Krauß I. Korps
<3 österr. und 1 deutsche Dion.) angewiesen, mit dem Aufgebot aller Kräfte den
gewaltigen Höhenwall, der den Jsonzobogen von Flitsch bis Karfreit umschließt,
und in der Folge den alles Umgelände beherrschenden Stol zu gewinnen. Bei
Tolmein hatte die Gruppe GLt. v. Stein isonzoaufwärts im Tal und aus den
beiderseitigen Höhen vorzustoßen, die Gruppe GLt. v. B e r r e r (2 deutsche
Dionen) die Jezahöhe zu nehmen, G. d. I. S c o t t i (1 österr. und 1 deutsche
Dion.) am Südflügel den Kolovratrücken zu gewinnen und sodann in südwestl.
Richtung vorzudringen. War dies geglückt, dann fiel der 14. Armee die Auf-
gabe zu, nach Cividale in die Ebene hinabzuschwenken und den der Heeres-
gruppe B o r o e v i ö gegenüberstehenden Feind in der Flanke zu packen und
aufzurollen. Die Gruppe G. d. I. Krauß (I. Korps) sollte diesen Stoß in der
Nordflanke decken und durch ihr Vordringen in westl. Richtung auf Gemona
und Tarcento auch die ital. Kärntnerfront ins Wanken bringen. Die 2. Isonzo-
armee hatte sich mit starkem rechten Flügel dem Angriff der Armee Below
anzuschließen, die 1. Isonzoarmee sollte den Feind binden.
„Es war," wie der schweizerische Militärschriststeller Stegemann ausführt,
„ein Unterfangen von beispielloser Kühnheit, denn es galt, dreifach gegliederte
- ■ • 1
und verkettete Alpengipfel von mehr als 2000 Metern zu übersteigen, schwer
bestückte Tal-, Hang- und Gipselstellungen zu stürmen, von Kanonen beherrschte
und mit Reserven vollgepfropfte Flußtäler auszuräumen und den Angriff binnen
zwei Tagen in die Ebene zu tragen, wo der Feind über alle Bewegungsmöglich-
keiten verfügte und dem ermüdeten, geteilt aus den Bergen tretenden Angreifer
nach Gefallen mit gesparter und gesammelter Kraft entgegentreten konnte."
Beim 1. Kps beabsichtigte G. d. I. Krauß, den Durchbruch der fdl. Stel-
lungen durch einen kraftvollen Talstoß in dem mehrere Kilometer breiten Flit-
scher Becken zu erzwingen. Mit dieser Ausgabe wurde GM. Rudolf Müller
mit der vielbewährten 22. Schützendivision betraut, die nach Gewinnung des
Flitscher Beckens in einem Zuge den 1700 Meter hohen Stol zu nehmen hatte.
Zur Unterstützung der Division Müller wurden 6 Baone der Edelweißdivision
zurückgehalten, während Obst. v. Spieß mit 4 Baonen (I.R. 59, I/T.K.I. 4)
dieser Division über den 2000 Meter hohen zerklüfteten Rombon angesetzt
wurde. Im Maße des Vordringens der 22. Division sollte GM. v. Wieden
sodann mit der Edelweißdivision über Uccea gegen das Fellatal in den Rücken
des vor der 10. Armee stehenden Gegners vorstoßen. GM. Prinz Schwarzen-
berg, mit der 55. Division auf den Höhen südlich des obersten Isonzotales bis
zum Krn eingesetzt, hatte Karfreit zu nehmen. Die deutsche Iägerdivision war
als Korpsreserve zurückgehalten.
2. Das Kampsgelände des Flitscher Beckens.*)
Das Flitscher Becken beginnt beim Zusammenfluß der SoLa, d. i. des oberen
Ifonzo, mit der Koritnica, ist etwa 2 Kilometer breit und verläuft in ost-west-
licher Richtung. Es ist allseits von hohen, schroffen Felsbergen eingeschlossen,
wovon im Norden der Rombon den Ort Flitsch um 1700 Meter, der Canin um
2200 Meter überhöhen. Südlich sind die Ausläufer des wilden Krn-Rückens, auf
dem die erste ital. Stellung vom Krn über die Brata bis zum BrZiL lag. Beim
BrZiL teilt sich der Rücken; der eine Zweig fällt in IavorLek zum SoSatal ab,
der andere streicht, durch den tiefen Sattel von za Kraju vom BrZiL getrennt,,
ins Knie des Ifonzo bei Saga. Zwischen beiden Rücken liegt der tief eingerissene
Slatenikgraben, der bei LezsoLa ins Tal mündet.
Der Polounik-Rücken, so nannten wir diesen Bergzug nach seinem End-
punkt bei Saga, der im Krasji vrh (1772 Meter) gipfelt, fällt mit steilem,
felsigem, nur schütter bewaldetem Hange zum Becken ab.
Der Talboden ist bei Flitsch etwa drei Kilometer breit; er wird nach Westen
zu immer schmäler, bis er, etwa drei Kilometer von Flitsch entfernt, durch den
vom Caninstock vorspringenden Felskopf, der Poljanica, stark eingeengt wird.
Im Westen, bei PodLelom, mündet ein kurzer, wasserreicher Bach, der mit
dem schönen Bokafall aus den Felsen tritt, in den Isonzo. Knapp westl. dieses
*) Nach G. d. I. Krauß: „Das Wunder von Karfreit".
116
Baches wird das Tal durch einen niedrigen, bis dicht an den Fluß vorspringen-
den Riegel vollkommen gesperrt. Von diesem Riegel zieht nun das Tal, rechts
stark eingeengt durch die Abstürze des Canin, bis nach Saga, wo der Jsonzo
sich im scharfen Winkel nach Südosten wendet.
Zu dieser Lausänderung wird der Fluß durch den mächtigen, von Karfreit
nach Westen ziehenden Stolrücken gezwungen, der südwestl. von Saga im 1668
Meter hohen Stol seinen höchsten Punkt erreicht. Dieses stark verkarstete und
bewaldete Gebirgsmassiv beherrscht das ganze Flitscher Becken.
Wenige Tage vor dem Angriff standen der König von Italien und Cadorna
auf dem Stol; sie kamen angesichts des Ausblickes ins Flitscher Becken zur
Überzeugung, daß diese Stellung uneinnehmbar sei und deshalb hier keine
Gefahr drohe. Der „Secolo" schrieb noch am 23. Oktober: „Die Becken von
Flitsch und Tolmein sind von fast uneinnehmbaren Schranken umgeben".
3. Anmarsch des Regimentes zur 12. Isonzoschlacht.
Nach der Ablösung am Mt. Zebio durch das J.R. 75 am 28. September 1917
marschierte das Regiment zur Nächtigung nach Ghertele und dann zur Retab-
lierung nach Trient, wo die Stände und Ausrüstung ergänzt wurden und eine
alpine Komp. (Lt. Prachner) zur Aufstellung kam. Das 3. Korps sah mit
Bedauern die tapferen 3er-Schützen aus seinem Verbände scheiden. Der Korps-
kmdt., G.d.I. Ritter von Krautwald, äußerte sich Obst. v. Tenner gegen-
über in Worten höchsten Lobes über die glänzenden Waffentaten des Regimentes
aüf der Hochfläche der Sieben Gemeinden.
Am 5. Oktober erfolgte die Einwaggonierung des Rgts. in Trient mit
Ausnahme des III. Baons (Hptm. U n g e r), das vorübergehend in den Fafaner-
alpen im Bal Piano eingesetzt wurde. Tags darauf wurde das Rgt. in Villach
auswaggoniert. Das Rgtskmdo. und die technische Inf.-Komp. gelangten nach
Fürnitz, wo auch die Quartiere für das III. Baon vorbereitet wurden, das
I. Baon kam nach Ober- und Unterdechantig, das II. Baon nach Goritfchach.
Hier wurde das Rgt. am 10. Oktober vom Divisionär GM. R. Müller inspi-
ziert. In einer Ansprache wies er aus die bevorstehende große Ausgabe hin und
drückte die feste Hoffnung aus, daß die zur Erfüllung dieser Aufgabe berufenen
hervorragenden Truppen erfolgreich sein würden.
Das I. Baon marschierte mit der techn. Inf.-Komp. bereits am 11. Oktober
aus feinem Kantonierungsraum an die Front und gelangte nach Bavsica, nord-
östlich von Flitsch. Die techn. Inf.-Komp. wurde zum Ausbau von Stellungen
und Laufgräben am Rombonhang verwendet, die Kompn. des I. Baons besorg-
ten hauptsächlich Mun.- und Geschütztransporte. Das II. Baon, die beiden MG.-
Kompn. I und II sowie der Stab brachen am 16. Oktober von ihren Kantonie-
rungsorten auf und marschierten im strömenden Regen über Arnoldstein nach
Tarvis, wo sie gegen Abend eintrafen und in der dortigen Franz-Josef-Kaserne
117
untergebracht wurden. Am folgenden Tage traf auch das III. Baon, vom Fleims-
tal kommend, in Tarvis ein, während das II. Baon den Weitermarfch über den
Predil in das Lager von Pustina antrat und von dort nach Bavsica dirigiert
wurde. Trotz des 35 Kilometer langen Fußmarsches bei strömendem Regen und
dazu noch in voller Kriegsausrüstung, war die Stimmung der Leute nicht
beeinträchtigt. Bei Morgengrauen des 18. Oktober erreichten sie das Ziel und
bezogen ein Freilager. Dieses Regenwetter mit Nebel hielt auch an den folgen-
den Tagen an und hat viel zum Erfolge beigetragen, denn es ermöglichte, daß
alle Vorbereitungen zur Offensive unbemerkt vor sich gehen konnten. Die Abt.
wurden hauptsächlich für den Geschütz- und Mun.-Transport in die Kampf-
stellung verwendet.
Am 21. Oktober wurde vom Divisionskmdo. die Angriffsdisposition dem
Regiments mitgeteilt, am 22. und 23. Oktober orientierten sich die Offiziere
im Gelände über die Bereitstellungsräume, Vorrückungslinien und Direktions-
punkte, während die Mannschaft bei dem klar gewordenen Wetter die letzten
Vorbereitungen zum Angriffe durchführte. Alles war vom besten Geiste beseelt
und von dem Gelingen des Durchbruches überzeugt, dafür bürgte schon die
gewaltige Menge Batterien aller Kaliber, die für die Art.-Vorbereitung zur
Verfügung standen.
4. Gliederung des Regimentes.
Rgts.-Kmdt. Oberst Heinrich kennet; Rgts.-Adjutant Hptm. A. Scheffer und Oblt.
A. Petruchar: Feldkurat 5. Steiner: Rgts.-Chefarzt O.A. Dr. 3. 3akowlyevits: Proviantoffi-
zier Oblt. M. Pipla: Train-Kmdt. Oblt. K. Hrachovina: Gasschutz-Offz. Lt. M. Direder.
I. Baon: Kmdt. Hptm. A. v. Andics: Adj. Lt. H. Angerer: Chefarzt O.A. Dr. A: Trokan:
Erk.Offz. Lt. 3. Herbsthofer.
Komp.-Kmdten.:
1. Komp. Oblt. A. Riedl. 2. Komp. Oblt. E. Wurst.
3. Komp. Oblt. K. Stift. 4. Komp. Oblt. F. Lorenzoni.
HMG. Zug: Fhr. M. Kinzer. MGK.: Lt. M. Albegger (Kmdt.).
II. Baon: Kmdt. Hptm. R. Siegel: Adj. Lt. 3. Böhm: Chefarzt O.A. Dr. B. Korn:
Erk.Offz. Fhr. A. Oswald.
Komp.-Kmdten.:
5. Komp. Lt. W. Music. 8. Komp. Oblt. F. Kolda.
7. Komp. Oblt. R. Koch. 8. Komp. Oblt. H. Dewaty.
MGK.: Oblt. 3. Potocnik (Kmdt.).
3.G.-Kmdt.: Lt. B. Mayer <1. Zug), Lt. O. Schneck (2. Zug).
III. Baon: Kmdt. Hptm. R. Unger: Adj. Fhr. R. Perneg: Chefarzt O.A. Dr. Grawicz:
Erk.-Offz. Fhr. O. Hober.
Komp.-Kmdten.:
9. Komp. Oblt. A. Schinnerer. 10. Komp. Oblt. 3. Kappel.
11. Komp. Oblt. E. Prokisch. 12. Komp. Lt. M. Gelder.
MGK.: Oblt. 3. Pompe (Kmdt.). Techn.3nf.Komp.: Hptm. W. Wurtinger (Kmdt.).
Kampfmittel-Zug: Lt. K. Riemeh (Kmdt.). Tel.Zug: Oblt. A. Braun (Kmdt.).
118
5. Der Durchbruch von Flitsch.
24. Oktober bis 26. Oktober 1917.
(Hiezu Beilagen 49 und 50.)
Die umfassenden und großartigen Vorbereitungen für die Offensive waren
am 23. Oktober beendet, die Inf. stand sprungbereit. Dem Angriffsbefehle zu-
folge kämpfte die 22. Schützendivision (Kmdt. GM. R. Müller) in der Mitte
des 1. Korps und hatte die 1., 2. und 3. fdl. Stellung im Flitscher Becken zu
durchbrechen, in einem Stoß über Saga vorzudringen und in ununterbrochenen,
Tag und Nacht währenden Angriffen den Stolrücken in Besitz zu nehmen. Aus-
gangspunkt des Angriffes für die Division war das Flitscher Becken, auf dem
Stolrücken hatte sie den ersten Halt zu machen.
Die Stoßgruppe GM. v. Merten, Kmdt. der 43. Sch.Brig. (Sch.R. 3 und
26, K.Sch.Baon IH/II mit Hand-MG.-Zug des Sch.R. 3, Minenwerfergruppe des
Hptm. Schiller, Sappeurkomp. 5/3), hatte die Aufgabe, die ersten drei fdl.
Stellungen im Flitscher Becken zwischen der oberen Rombon-Steilstufe und der
Straße nach Flitsch zu durchbrechen, der Isonzo-Enge bei Saga zuzustreben und
durch Besetzung der beiderseitigen Höhen das Erreichte zu behaupten.
Bon der Brig. wurde zur Durchführung des Stoßes als Angriffsgruppe in
erster Linie die Gruppe Obst. Freiherr v. P a s e t t i (Sch.R. 26) und nördl.
anschließend das Baon III/K.Sch. II (Mjr. Freiherr v. B u o l) bestimmt. Unser
Rgt. folgte als Brig.-Referve in der zweiten Linie.
über die einzelnen Baone des Sch.R. 3 wurde in folgender Weife vom Rgts.-
Kmdten. Obst. v. T e n n e r verfügt: Das I. Baon (Hptm. v. A n d i c s) hatte sich
hinter den Nordflügel des Sch.R. 26 (II. Baon) zu verschieben und dann in der
Direktion Nordrand des Antoniuswäldchens, Kote 713 bis Kote 757, vorzu-
rücken. Das II. Baon (Hptm. Robert Siegel) hatte hinter dem Südflügel des
Sch.R. 26 Aufstellung zu nehmen und sodann mit dem linken Flügel in der
Direktion auf die Straße Flitsch—PluLne vorzugehen. Das III. Baon (Hptm.
U n g e r) folgte als Rgts.-Referve hinter der Mitte.
Am 23. Oktober 1917 um 17 Uhr begannen die Baone mit dem Beziehen
ihrer Gefechtsräume und um 22 Uhr war die Gruppierung vollzogen. Das Rgts.-
Kmdo. hielt sich im Raume des I. Baons auf.
So brach der 24. Oktober an, ein Tag von geschichtlicher Be-
deutung!
Wie mit einem Schlage setzte um 2 Uhr unsere Art.-Borbereitung ein;
durch zweieinhalb Stunden wurden zuerst die Lager und Sammelräume des
Feindes, die Anmarschwege, Batterien und Stellungen mit Gasgranaten beschos-
sen und dadurch eine gewaltige moralische und materielle Wirkung beim Gegner
erzielt. Gegen 4 Uhr mußten auch unsere Leute die Gasmasken aufnehmen, da
sich durch Gegenvergasung oder Kurzgänger eigener Gasgranaten Hustenreiz
erzeugender Gasgeruch fühlbar machte. Nach 6 Uhr nahm die Art. allgemein
119
_ _ _ _ ■Hj5g5giHHig5£^IHSain^SHSi8HMiiiniga»!;stna»ialinia«SHnanaiHin!ijHi!USiHH8B!HSg8Sfflgg3BgSftliig5S£HH5aSSiS£BS«»gi2gBj.. - ' -_____L.....................
das Feuer auf und ging um 7 Uhr im Vereine mit den zahlreichen Minenwer-
fern zum Wirkungsschießen aus die ital. Stellungen über. Dieses orkanartige
Vernichtungsfeuer hielt bis 9 Uhr an und steigerte sich in der letzten Viertel-
stunde zu unerhörter Heftigkeit, friedliche Täler und Berge in ein brodelndes,
wildes Rauch- und Flammenmeer einhüllend.
Von der Stärke dieser Art.-Dorbereitung kann man sich eine Vorstellung
machen, wenn man bedenkt, daß deren Rollen und Hämmern sogar noch in
der Steiermark mit größter Deutlichkeit vernommen wurde. Dieses höllische
Vernichtungsfeuer fühlte jeder Offizier und Mann als ein gerechtes Vergeltungs-
seuer. Mußten wir es doch durch mehr als zwei lange Jahre dulden, daß
in täglichem, oft stundenlangem ital. Trommelfeuer so viele unserer Kame-
raden sielen, ohne daß die eigene Art. wegen des chronischen Mangels an Mun.
das Feuer entsprechend erwidern durfte.
In den Morgenstunden hatten dichter Nebel und Regen eingesetzt. Die
Italiener hatten schon während der Gasbeschießung den Raum des Sch.R. 26
und die Räume dahinter unter Feuer genommen, jedoch damit keine besondere
Wirkung erzielt.
Bereits um 8 Uhr 30 begannen das I. und II. Baon des Sch.R. 3 die Vor-
rückung in die eigene zweite Linie, um im gegebenen Augenblicke als zweite
Angriffswelle vorzubrechen. Das III. Baon folgte in das anbefohlene Verhältnis
als letzte Welle des Rgts. Durch Offzs.-Patr. wurde mit dem in der ersten
Linie befindlichen Sch.R. 26 die Verbindung hergestellt. Der Rgts.-Hilssplah
befand sich in der Flitscher Klause.
Punkt 9 Uhr brach das ganze Sch.R. 26 aus seinen Sturmstellungen zum
Angriffe gegen die sdl. Gräben vor. Ihm folgten das I. und II. Baon des Sch.R. 3
als zweite Angriffswelle, ungeachtet des heftigen sdl. Sperrfeuers, das sich
hauptsächlich gegen die verlassenen Sturmstellungen des Sch.R. 26 richtete,
unverzüglich und ungestüm nach.
Schon nach kurzem Handgranatenkampf gelang es je einer Komp, aller
drei Baone des Sch.R. 26, in die erste Linie der fdl. Stellung einzudringen,
während die gegen den fdl. Stützpunkt, „Sandsackstellung", vorgehenden Teile
des Sch.R. 26 erst nach Beseitigung der vollkommen unversehrt gebliebenen
Hindernisse und nach heftigem Handgemenge die ersten fdl. Gräben nehmen
konnten. Doch die Angrisfsgruppe des Oblt. Trister (Sturmkomp, und halbe
7. Komp. Sch.R. 26) kam infolge des verheerenden sdl. MG.-Feuers aus dem
Lattenhaus und der schweren Minenwerfer vom Rombon-Hang nicht vorwärts;
auch die folgenden Angriffswellen der Sturmkomp, konnten keinen Raum ge-
winnen. Wiederholte Versuche des Oblt. Trister scheiterten; die Komp, erlitt
sehr starke Verluste. Obst. v. Pasetti erbat daher beim Brig.-Kmdo. noch-
malige Art.-Bekämpfung des Lattenhauses sowie Unterstützung des rechten
Flügels des Sch.R. 26.
120
In dieser Zeit, etwa um 10 Uhr 10, war es aber der 8./Sch.R. 26 gelungen,
in die fdl. Sandsackstellung einzudringen und sich gegen Flanke und Rücken
des Lattenhaus-Stützpunktes zu wenden, so daß die fdl. Besatzung die Stellung
räumen mußte und sich fluchtartig zurückzog. Nun setzte der rechte Flügel des
Sch.R. 26 nochmals zum Angriffe an und drang auch kurze Zeit darauf in die
Lattenhaus-Stellung ein.
Auch der rechte Flügel der Angriffsgruppe Obst. v. Pastetti, das III./K.Sch. II,
konnte auf der Rombon-Steilstufe anfangs mit seinem zu gleicher Zeit ein-
setzenden Angriff nicht durchdringen. Dieses Baon hatte durch das MG.-Feuer
aus der rechten Flanke (obere Steilstufe) stark zu leiden. Erst nach Besitznahme
der ersten fdl. Stellung östl. und novdöstl. von Flitsch setzte dieses sich brav
schlagende Baon den Angriff raumgewinnend fort. Die erbitterte fdl. Verteidigung
im mittleren und unteren Rombonwäldchen wurde durch die 11. und 12. Komp,
und die MG.-Komp. des III./K.Sch. II in halbstündigem Ringen überwunden,
so daß die ganze e r st e fdl. Stellung auf der Rombon-Steilstufe bereits um
10 Uhr 20 in unserem Besitze war. Das Baon hatte schwere Verluste, dafür
waren aber fast 1000 Gefangene und eine große Anzahl MG. seine Beute.
Nach Durchbrechung aller Linien der ersten fdl. Stellung schritt nun der
Angriff bis vor die zweite fdl. Stellung unaufhaltsam fort. Hartnäckige Gegen-
wehr wurde von den Italienern nur noch im Orte Flitsch geleistet, doch nach ein-
stündigem Stratzenkamps nahm Hptm. Hermann Siegel mit seinem halben Baon
m./Sch.R. 26 den zerschossenen Trümmerhaufen Flitsch ein. Da das U./Sch.R. 26
(Mjr. Hack!) nach Eroberung der fdl. ersten Stellung die Vorrückung unauf-
haltsam fortsetzen konnte, während das I./Sch.R. 26 (Hptm. K r e m I i n g) durch
den Kampf um die ital. Gräben auf Kote 477 und das III./Sch.R. 26 durch die
Straßenkämpfe in Flitsch aufgehalten wurden, entstand zwischen dem II. und
I. Baon eine Lücke, in welche Oblt. D e w a t y mit der 8./Sch.R. 3 aus dem
Verhältnis der Reserve selbständig vorrückte. In der Folge aber fanden die
beiden Baonsflügel des Sch.R. 26 wieder Anschluß und traten in den Kampf
um die zweite fdl. Stellung ein, wodurch 8./Sch.R. 3 wieder ins Reserveverhält-
nis gelangte. Auch die zweite fdl. Stellung (ZL Vrrelinom) wurde vom Sch.R. 26
im Sturme genommen, so daß sie in allen Teilen um 12 Uhr 35 vollends in
unserem Besitz war.
Das III./K.Sch. II (Frh. v. B u o I) erreichte unter schweren Verlusten, die
hauptsächlich durch das starke Feuer einiger nördl. der oberen Steilstufe des
Rombon befindlichen MG. und durch fdl. Art.-Wirkung aus der Richtung westl.
der Seilbahn verursacht wurden, um 12 Uhr 15 den Kamelrücken. Da die
weitere Vorrückung des Baons teils infolge der großen Verluste, insbesondere
aber durch das äußerst schwierige Gelände sehr verzögert wurde, das Sch.R. 26
aber um 13 Uhr 45 schon den Raum beiderseits PluLne erreicht hatte, so beor-
derte Obst. Freiherr v. Pasetti im Sinne des Angriffsbefehles die 8./Sch.
121
R. 26 mit einer halben MG.-Komp. auf die Prevalischarte mit dem Aufträge,
diese in Besitz zu nehmen und hiedurch den Angriff der 216. Jnf.-Brig. zu unter-
stützen. Das Baon Mjr. Freih. v. B u o l hatte später nachzufolgen. Am linken
Flügel des Sch.R. 26 hatte um diese Zeit auch das I. Baon der 2er-K.Sch., das
von Ravelnik aus zwischen der Straße Flitsch und dem Gasfeld-Rande des
deutschen Gaswerser-Baons vorging und nirgends auf Widerstand stieß, den
Raum südl. Dvor erreicht.
Die Baone I. und II./Sch.R. 3 folgten im Sinne des Angriffsbefehles als
zweite Linie dem Sch.R. 26. Das II. Baon des Sch.R. 3 erreichte um etwa
10 Uhr, mit geringen Verlusten die fdl. Sperrfeuerzone durchlaufend, den nord- >
westl. Ausgang von Flitsch. Hier stieß Hptm. R. S i e g e l mit dem Baonsstab und
Telephonschwarm aus ein noch feuerndes MG.-Rest. Kurz entschlossen ging er
von seit- und rückwärts vor, drang an der Spitze seiner Getreuen in das gefähr-
liche Rest und hob es mit einer Beute von 2 MG. und 32 Bedienungsleuten aus.
Das I. Baon des Sch.R. 3 hatte indessen den Raum nördl. des Antoniuswäld-
chens erreicht.
Nach dem erfolgten Durchbruch der zweiten fdl. Stellung ordneten die
Angriffsbaone des Sch.R. 26 ihre Verbände und setzten die Vorrückung fort.
Das Tempo unseres Angriffes dürfte den Gegner überrascht haben. Dafür spricht
die Tatsache, daß unsere Leute in den Barackenlagern nordöstl. PluLne, auf
welche das Sch.R. 26 in seinem weiteren Vorrücken gestoßen war, noch die
Mahlzeiten aus den Tischen fanden. Ebenso wurden nördl. PluLne drei schwere
ital. Marinegeschütze verlassen vorgefunden. Als um 14 Uhr Plusne erreicht
war, wurden zur Sicherung und Sperrung der Zugänge vom Rombon starke
Aufklärungspatrouillen ausgeschickt, während auf Na Psih und Almhütte Baban
nördl. Saga je eine Komp, vorgingen. Nach dem Ordnen der Verbände, der
Sammlung und dem Abtransport der zahlreichen Gefangenen setzte das Sch.
R. 26 befehlsgemäß die Vorrückung gegen die dritte fdl. Stellung auf die
Poljanica-Höhe 646 fort. Während des Aufstieges hielt die fdl. schwere Art.
aus der Richtung Saga den Raum Flitsch—PluLne unter Feuer. Da es vor-
wiegend beiderseits der Straße lag, folgte das II./Sch.R. 3 den 26er-Schützen
in Marschkolonne auf der gut maskierten Straße. Um diese Zeit hatte das
I. Baon auf der anbefohlenen Vorrückungslinie (757, 815, PluLnefall) die Kote
757, das III. Baon als Rgts.-Reserve den Westrand Flitsch erreicht.
Die Wucht und der Schwung des tapferen Angriffes durch Sch.R. 26 hatte
die Widerstandskraft des Gegners derart erschüttert, daß er aus der Poljanica-
höhe nur mehr schwache Gegenwehr leistete. So war um 17 Uhr die Höhe
bis zum PluLne-Fall im Besitz des Sch.R. 26. Die Eroberung von drei fdl. Stel-
lungen, von denen insbesondere die erste, aus mehreren Linien mit starken,
betonierten Stützpunkten bestehend, vom Feinde tapfer und hartnäckig vertei-
digt wurde, mit einem Raumgewinn von über 5 Kilometer, dazu 2200 Gesan-
122
gene, 80 Geschütze aller Kaliber, 29 MG. und zahlreiche andere Beute waren
der Erfolg des Tages.
Das Flitscher Becken war vorzugsweise durch das Sch.R. 26 durchstoßen
worden und damit der erste Teil der der 22. Sch.Dion. für den Durchbruch
gestellten Aufgabe gelöst. Die Fortsetzung fiel nun dem Sch.R. 3 und der 98.
KSch.Brig. zu. Das Sch.R. 26, das den Anfang gemacht hatte, kam nun ins
zweite Treffen. Erst durch diesen lückenlosen Erfolg des Sch.R. 26 wurde dem
Feinde die Rllckzugslinie vom Rombon abgeschnitten und es war den bis dahin
schwer vorwärtskommenden Angriffsgruppen auf dem Rombon nunmehr mög-
lich, den Gegner aus seinen festen Stellungen zu heben.
Im Raume südl. und südöstl. der Poljanica waren die Verhältnisse noch
nicht geklärt, auch lag schweres Granatenfeuer auf dem Gebiet westlich von
Podklopce.
Das II./Sch.R. 3 war dem I./Sch.R. 26 knapp gefolgt und stand um 17 Uhr
auf der Poljanica hinter dem linken Flügel vom I./Sch.R. 26. Hptm. R. Siegel
sandte nach persönlicher Orientierung im Vorgelände sofort eine Aufklärungs-
patrouille gegen die Podcelomsperre vor. Das I./Sch.R. 3, das als zweite Welle
hinter II./Sch.R. 26 gefolgt war, erreichte gegen 17 Uhr mit der 1. Komp, den
PluLnefall und setzte ohne sdl. Einwirkung seine Vorrückung hinter U./Sch.R. 26
gegen den Nordosthang der Poljanica fort. Die 2./Sch.R. 3 erreichte um 18 Uhr
hinter dem lll./Sch.R. 26 die gesprengte Straßenbrücke, Kote 355. Um diese Zeit
rückten die 3., 4. Komp, und MG.-Komp. des I./Sch.R. 3 und die alpine Komp,
des Rgts. an. Oblt. Wurst übernahm nun in Vertretung des noch nicht ein-
getroffenen Baons-Kmdten. das Kmdo. über diese Komp, und sandte drei Pa-
trouillen gegen Podcelom—Saga vor. Bald darauf traf Hptm. R. Siegel mit
dem II./Sch.R. 3 von der Poljanicahöhe im Abstiege bei der Straßenbrücke,
Kote 355, ein, um mit seinem Baon die Talsperre von Podcelom in Besitz zu
nehmen. Er unterstellte nach eingeholter Lagemeldung des Oblt. Wurst die
Komp, des I./Sch.R. 3 seinem Kmdo. und befahl die unverzügliche Vorrückung
eines Sturmzuges mit zwei MG. der 6./Sch.R. 3 gegen die anscheinend schwach
besetzte Podcelomstellung, um diese noch vor dem Eintreffen sdl. Verstärkungen
zu stürmen und zu besetzen. Dem Sturmzug hatte das II./Sch.R. 3 zu folgen.
Den Angriffsbefehl auf Podcelom gab Hptm. R. S i e g e l selbständig, obwohl
der Angriff des rechten Flügels der 55. Fnf.-Dion. auf Polounik 1478 noch
nicht ausgereift war, der Feind weiße Leuchtraketen abschoß, noch schweres
Sperrfeuer auf der Talstraße vor Podcelom lag und auch zwei Kavernengeschütze
vom Polounik in das Becken von Flitsch feuerten. Er verfügte weiters die
Sicherung der nordwestl. Flanke der Podcelomsperre bis zur Kote 731, Boca-
Fall, durch die alpine Komp. Sch.R. 3 und daß das Dreiviertel-Baon I./Sch.R. 3
(Oblt. Wurst) bei der Vorrückung als Reserve hinter II./Sch.R. 3 zu folgen
habe. Es war daher eine höchst anerkennenswerte soldatische Handlung des
123
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lös
Hptm. R. Siegel des II./Sch.R. 3, hier sinngemäß und initiativ gehandelt zu
haben. Um diese Zeit standen die 11. und 12. Komp, als Rgts.-Reseroe in
PluLne, während die 9. und 10. Komp, zur Unterstützung des I.R. 59 im Auf-
stieg auf die Prävalischarte waren.
Begünstigt durch die Dunkelheit vollzog sich der Vormarsch in das enge
GebirgsdefilS, das Sperrfeuer umgehend, ohne Verluste bis zur gesprengten
Brücke bei Podcelom, nachdem schwache sdl. Kräfte vom Sturmzug Fhr. Pich-
ler schon um 19 Uhr durch kurzes Feuer vertrieben worden waren. Unver-
züglich wurden von Hptm. R. S i e g e l Nachrichtenpatrouillen über Saga aus den
Stol, nach Serpenizza und in das Ucceatal vorgeschickt und von der Nach-
richtenpatrouille der 6./Sch.R. 3 20 Gefangene eingebracht mit der Meldung,
daß die Eisenbrücke nördl. Saga vom Feinde besetzt sei und die Patrouille noch
rechtzeitig durch Feuerabgabe die vollständige Sprengung dieser Brücke ver-
hinderte. Um Verluste zu vermeiden, konnte die Defilsstellung bei Podcelom
erst 2 Stunden später, gegen 21 Uhr, vollkommen besetzt werden, da bis zu
dieser Zeit unsere Art. diese Stellung zeitweilig unter Schrapnellfeuer hielt.
Eine Verständigung mit Leuchtsignalen blieb erfolglos. Der beabsichtigte weitere
Vorstoß mit einer starken Kampftruppe bis Saga, um die Straße Uccea—
Saga—Karfreit unmittelbar zu unterbinden, war am 24. Oktober nicht mehr
durchführbar, da bis Mitternacht unsere Art. den Raum bei Saga unter Feuer
hielt, aber auch sdl. Störungsfeuer von den Stolbatterien auf den Anmarsch-
wegen nach Saga lag. Daher wurden bis zum Südwestausgang der Enge von
Saga vorerst nur Feldwachen vorgeschoben.
Der Hauptsache nach hatte das Sch.R. 3 der dem Rgt. zugekommenen
Aufgabe, den Defilöausgang von Podcelom in Besitz zu nehmen, schon ent-
sprochen, und es war dadurch der 22. Schützendivision, der Edelweißdioision und
der deutschen Iägerdivision der Austritt aus dem engen und gefährlichen Ge-
birgsdefile gegen Saga und Uccea ermöglicht.
Um 23 Uhr 30 traf Hptm. Heyrowsky mit seinem K.Sch.Baon bei
Podcelom ein. Dieses hatte die Spezialaufgabe, ohne sich bei Saga in einen
Kampf einzulassen, über Prvi Hum den Stol anzugreifen, während ein Baon
der Edelweißdivision, Hptm. Zallay mit dem I./T.K.R. 3, über Hum auf den
Mte. Maggiore vorzugehen hatte. Hptm. Heyrowsky brachte den Befehl des
Obst. S l o n i n k a, Kmdt. der 98. Sch.Brig., das Sch.R. 3 habe mit einem
halben Baon die Sicherung der Vorrückung der Kaiserschützen durch Sperrung
des Isonzotales gegen Osten bei Serpenizza vorzunehmen. Oblt. Egon Wurst
erhielt hierauf von Hptm. R. Siegel den Befehl, mit 2 Kompn., einer St®.»
Komp, und einem Ins.G.-Zug des I./Sch.R. 3 zur Sperrung des Isonzotales
gegen Osten nach Serpenizza vorzurücken, am Südostausgang des Ortes Ge-
fechts-Stellung zu beziehen, die Jsonzobrücke nördl. Serpenizza zu besetzen
und gegen Karfreit aufzuklären. Zu uns Dreierschützen, die wir um diese Zeit,
124
allen Truppen des I. Korps am weitesten voran, in stockfinsterer Nacht vor
Saga standen, gelangte infolge der unterbrochenen Telephonleitung nicht die
frohe Botschaft, daß deutsche Waffenbrüder der 12. Division und österr. Truppen
der k. u. k. 50. Division schon mittags siegreich in Karfreit eingedrungen waren.
Oblt. Wurst löste seine Aufgabe glänzend. Er drang nach Vertreibung der
sdln. Brückenbesatzung noch vor Morgenanbruch mit seinen Kompn. in Saga ein,
erbeutete verschiedene Trains, viele Autogeschütze, Kraftwagen, Fuhrwerke und
Pferde, desgleichen große Magazine, die der Feind nicht mehr abschieben oder
vernichten konnte. Aus dem Marsche nach Serpenizza wurde noch eine aus
weit über 100 Tragtieren bestehende Tragtierkolonne, welche sorglos nach Saga
marschierte, gefangengenommen. Der Kmdt., ein Arzt, hielt die Dreierschützen
zuerst als eine aus dem Schützengraben abgelöste ital. Mannschaft und war
sehr erstaunt, schon hier Österreichern zu begegnen.
Serpenizza wurde nach Vorhutgefechten am 25. Oktober um 6 Uhr erreicht,
zu einer Zeit, die es noch ermöglichte, die großen Vorräte der Magazine und
Trains vor der Zerstörung zu bewahren. Die auf der Straße nach Karfreit ent-
sendeten Patrouillen warfen nach kurzem Kampf die fdl. Nachhutabteilungen.
Die Kompn. des I./Sch.R. 3 bezogen am Südostausgang von Serpenizza, knapp
südl. des ital. Lagers, Gesechtsstellung und sicherten die auf dem Stol im Auf-
stiege befindlichen Kaiserschützen in der linken Flanke.
Im Nachbarabschnitt am Rombon konnten trotz allen Opfermutes die tapfe-
ren 59er (Salzburger) und 4er-Kaiferjäger keinen Erfolg erzwingen. Auch der
Angriff der 55. Division wurde durch Schnee und Nebel aufgehalten. Nur Hptm.
Barg er mit einem Baon 7er (Kärntner) war es in hartnäckigem Kampfe
gelungen, über den Slatenikgraben bis dicht unter den Gipfel des Krasji Vrh
und nahe an die Jana pl. heranzukommen. Das Gros der 14. Armee (Gruppe
Stein) brach fast durchwegs in die vordersten fdl. Linien ein. Die Mitte rang
erbittert um den Kolowratrücken. Da stieß GM. v. L e q u i s mit der deutschen
12. Division, die sich mit Unterstützung des Vorhutbaons Hptm. P rasch (II./18)
der k. u. k. 50. Inf.-Div. den Weg in das Ifonzotal geöffnet hatte, unbeküm-
mert um den auf den Höhen rechts und links tobenden Kampf, talaufwärts
gegen Karfreit vor. Nach kurzem Straßenkampf wurde um die Mittagszeit
der Ort genommen und hiebei der Kmdt. der ital. 43. Division aus seinem Auto
gehoben. Auch am Südflügel der 14. Armee war den k. u. k. Truppen ein
schöner Erfolg befchieden. FMLt. Metzger konnte mit der k. u. k. 1. Inf.-
Division eine breite Bresche bis in die 2. ital. Stellung schlagen.
Eadorna war sich des Unheils, das um den Mittag des 24. Oktobers
über ihn hereingebrochen war, nicht bewußt. Eine Ahnung der beginnenden
Katastrophe verrät erst der um 22 Uhr erteilte Befehl, die Tagliamentolinie in
Verteidigungszustand zu setzen, die er als „äußerste Linie für den Fall eines
Rückzuges" bezeichnete.
Der Erfolg der Stöße auf Karfreit und über Flitsch auf Saga war eine
125
Lähmung der ganzen ital. Führung von der Division bis zu Cadorna. In krasser
Weise kam diese Stoßwirkung in der Frage der Festhaltung der Podeelom-
sperre zur Geltung. Im Banne der österr. Erfolge stehend, waren Gen. Ar-
righi, Kmdt. der 50. ital. Div., und der dem 4. ital. Korpskmdo. vorgesetzte
Gen. Montuori im Gegensatz zum Korpskmdten. Gen. Cav acio ch i der
Ansicht, daß es bereits unmöglich sei, die Enge von Saga zu halten. Diese
Unstimmigkeiten im Augenblicke höchster Gefahr erklären die fast kampflose
Räumung der starken, zwischen steilen Felswänden kaum zu umgehenden
Stellung.
Den Dreierschützen wurden dadurch viele Blutopfer erspart. Sie können
aus die glänzenden Erfolge des Tages umso stolzer sein, als durch die rasche
Besitznahme der fast uneinnehmbaren Podcelomsperre drei Divisionen
des I. Korps der Austritt aus dem Flitfcher Becken und durch die rechtzeitige
Verhinderung der Sprengung der Brücke über den Isonzo nördl. Serpenizza
und der Eisenbrücke über den hochängeschwollenen Ucceabach bei Saga der Über-
gang ohne Verzögerung ermöglicht wurde. Dies war für den weiteren Sieges-
zug des I. Korps von ausschlaggebender Bedeutung. Bis Mitternacht zum
25. Oktober waren in der Gefangenensammelstelle des I. Korps allein 54 Offi-
ziere und 2518 Mann der ital. Regimenter 87, 88, 97, 224 und einzelne Leute
vom Regiment 280 eingebracht.
Der Durchbruch von Flitsch wird daher alljährlich als Ehrentag des Sch.R. 3
und des Schwesterregimentes Sch.R. 26 gemeinsam mit dem Traditionsregiment
AIpenjäger-Rgt. 9, in Graz gefeiert.
8. Die Erzwingung des Stol
am 25. Oktober 1917.
(Hiezu Beilage 51.)
Rach Eroberung der Podcelomsperre durch das Sch.R. 3 hatte über Weisung
des Divisionärs GM. R. Müller die von Obst. von SI o n i n k a befehligte
zweite Angrifssstasfel (K.Sch. I, Sch.R. 3) den Stoß auf den Stol fortzusetzen
und den Berg in Besitz zu nehmen. In den ersten Morgenstunden übersetzten
die Kaiserschützen den mittlerweile hoch angeschwollenen, wilden Torrente Boca
auf dem von Inf.-Pionieren geschlagenen Notsteg, der wiederholt von den
reißenden Wasserfluten stellenweise weggeschwemmt wurde und in der stock-
finsteren Nacht immer wieder ausgebessert werden mußte. Es verging die Nacht,
ehe die Gruppe Sloninka das Hindernis und die teilweise beschädigte Eisen-
brücke bei Saga — einzeln abgefallen — überschritten hatte und sich der Fort-
setzung ihrer schweren Aufgabe, den Stol zu nehmen, zuwenden konnte. Zum
Angriff aus die Vorberge des Stol wurden angesetzt: II./K.Sch.R. I (Mjr.
Miksch) über Hum, links davon I./K.Sch.R. I (Hptm. Heyrowsky) über
Prvi Hum, noch weiter östl. IIl./K.Cch.R. I (Mjr. Forbelsky) gegen die Sat-
126
telhöhe, 1450 Meter. Der Gegner war von der Wichtigkeit der Stolstellung über-
zeugt und hatte deshalb auch auf den Vorbergen etagenförmige Stützpunkte
angelegt. Der Angriff auf den zerklüfteten Steilhängen mit den in zahlreichen
Nacheln zu Tale stürzenden Wassermengen gestaltete sich ohne unterstützende
Art. ungeheuer anstrengend und zeitraubend. Im zähen Angriffe des Baons
Mjr. M i k f ch, dessen Vorhut-Komp, unter Hptm. Charwat durch eine
geschickte Umgehung 14 Stützpunkte des Feindes aufrollte, brach die Wider-
standskraft der Italiener zusammen, so daß sich um 12 Uhr 30 auch der Hum
in unseren Händen befand.
Um diese Zeit war die 43. Schützenbrig. (Sch.R. 3, dahinter Sch.N. 26) im
Aufstieg auf den Stol, von dem noch die eigentliche Kammlinie und der Sattel
zu erkämpfen waren.
Das Sch.R. 3 war um 21 Uhr bei BoLica pl. angelangt und setzte nach einer
Rast den Marsch in der Dunkelheit gegen den Sattel fort, der noch vor dem
Eintreffen der 3er-Schlltzen nach schwerem Ringen vom Baon Forbelsky genom-
men wurde.
Da der Gipfel des Stol (1668 Meter) noch in Feindeshand war, befahl
Hptm. Siegel den Sturmzügen der 5. und 7./Sch.R. 3, längs der Kammlinie
beiderseits des Karrenweges auf die Stolspitze vorzurücken. Ihnen hatte die
5./Sch.R. 3 mit 4 MG. und 2 Inf.-Geschützen zu folgen. Die 6./Sch.R. 3 hatte zur
Sicherung der linken Flanke aus 1353 VrLanja gl. und eine Offizierspatrouille
als Verbindung zur Nachbargruppe nach Karfreit zu marschieren. Das I. und
III. Baon standen gefechtsbereit am Nordhange des Stol. Der geplante Angriff
auf die Stolspitze wurde jedoch überflüssig, weil sich mittlerweile die Besatzung
zum Teile geflüchtet, zum Teile ergeben hatte.
Bei den Angrifsskämpfen um den Stol wurden von der 22. Schützendivision
ein General und 6000 Italiener gefangengenommen. Für die weitere Vor-
rückung war mit der Eroberung des Stol-Massivs einer der mächtigsten fdl.
Verteidigungspfeiler aus dem Wege geräumt, die ital. Stellung endgültig durch-
brochen und ein großes Einfallstor nach Italien geöffnet.
Den tapferen Steirer- und Tiroler-Regimentern der 22. Schützendivision
gebührt der unverwelkliche Ruhm, den Durchbruch bei Flitsch, die Erstür-
mung der Stolhöhe und hiemit den Durchbruch der ital. Front in kaum
zwei Tagen vollführt zu haben!
Auch an der übrigen Front der 14. Armee wurde am 25. Oktober der
Angriff mit rücksichtsloser Energie fortgesetzt. Die Haupttruppe der Edel-
weißdivision und die deutsche Iägerdivision, die der 22. Schützendivision durch
die Enge von Saga gefolgt waren, drangen siegreich im Ucceatal gegen das
Fellatal vor. Nach der Einnahme des Hum durch das Kaiserschützen-Baon
M i k s ch war das Kaiserjäger-Baon 1/3, Mjr. Zalay, für seine Aufgabe, einen
Vorstoß aus die Punta di Monte Maggiore zu unternehmen, sreigeworden und
127
erreichte nach einer beschwerlichen Gratwanderung, einzeln abgefallen, die Hoch-
fläche des Monte Maggiore. Die 4. Komp, des preußisch-schlesischen I.R. 63
gelangte schon zeitig früh bis an die steile Gipfelhöhe des Mte. Matajur und
das weitere Vordringen des Korps S c o t t i bedingte den Rückzug der
Italiener vom Nordteil der Hochfläche von Bainfizza. Im Rombon- und Krn-
gebiet leisteten jedoch die Italiener noch immer hartnäckigen Widerstand und
ihre Kavernengeschütze verbellten weiterhin das Becken von Flitsch. Vom Stol
hörten wir deutlich anhaltendes Geschützfeuer, desgleichen Kanonendonner an
der ganzen unteren Infonzofront bis zum Meere und die Feuerblitze, Explo-
sionen und Brände boten ein Bild von grausiger Schönheit.
7. Der Slegeszug über Friaul und Venetien bis an den Tagliamento.
(Hiezu Beilage 51.)
Nach Eroberung des Stolmassivs galt es nun, diesen schönen Erfolg bestens
auszunützen und auszubauen. Unser Divisionär, GM. Müller, ordnete im
Sinne seiner Devise „Tätigkeit, Rührigkeit, Schnelligkeit!" die sofortige rück-
sichtslose Verfolgung des geschlagenen Feindes an. In Tag und Nacht währenden
Märschen hatten wir nun den Italienern auf den Fersen zu folgen, sie anzu-
greifen und zurückzuwerfen, wo sie sich stellten, um so durch Panik und Schrecken
ihre Verbände zur Auflösung zu bringen. Aus dem Gesagten ist zu ermessen,
welch großen Anstrengungen die Truppen entgegengingen, welche Opserwillig-
keit von ihnen verlangt werden mußte.
Das Regiment sammelte sich am Stolsattel und trat um 3 Uhr des 26. Okto-
ber den Vormarsch aus der Serpentinenstraße gegen Bergogna an. Dieser, noch
auf österr. Boden gelegene Ort wurde um die Mittagsstunde erreicht. Hier
trafen wir bereits das II./K.Sch. I an, das nach Besitznahme des Stolgipfels auf
Bergogna herabstieß und im Orte zahlreiche verwundete und unverwundete
Italiener gefangennahm. Westlich Bergogna wurde noch ein Alpini-Oberst-
Brigadier samt Stab, Wagen und Pferden aufgegriffen, der über Platischis
entkommen wollte. Er gab an, daß er ein so schnelles Vordringen der Öster-
reicher nicht für möglich gehalten habe.
Da kurz nach unserem Eintreffen in Bergogna die langersehnten Kochkisten-
Tragtiere eintrafen/ wurde kurze Rast gehalten und hier den Truppen nach
3 Tagen seit dem Aufbruche aus Flitsch zum ersten Male wieder warmes
Essen verabreicht. Das III. Baon sicherte die Rast durch eine Feldwachenlinie.
Gleichzeitig ging eine Patrouille unter dem Kmdo. des Lt. Winter auf der
Straße gegen Platischis vor, um feindliche Nachhuten und eine angebliche Spren-
gung der Natisone-Brücke festzustellen und weiters gegen Mte. Cavallo aufzu-
klären.
Einem Befehle des 43. Sch.Brigkmdo. zufolge rückte Oblt. Lorenzoni
um 13 Uhr mit seiner Komp., einem Handmaschinengewehrzug und einem tech-
128
Menage beim I. Baon Sch.Rgt. 3 (Mjr. Höger, Dr. Adamek)
Neujahrsfeier am 1. Iänner 1917 in der Baons-Doline Zebiostellung.
nischen Zug über Platischis ab, um die Linie Mte. Cavallo—Mte. Le Zuffine
in Besitz zu nehmen. Nach zwei Stunden folgte der Rest des I. Baons mit
einer MG.-Komp., um die südlich gelegenen Höhen in die Hand zu bekommen.
Ihm rückte das Rgtkmdo. mit dem Reste des Regimentes nach. Die Patrouille
Lt. Winter fand die Brücke über den Natisone unbeschädigt, aber eine 60 Me-
ter lange Straßensprengung vor Platischis verzögerte den Weitermarsch: doch
erreichte die Patrouille schon gegen 20 Uhr den vom Feinde freien Ort. Die
nachfolgende Vorhut passierte, einzeln abgefallen, den gesprengten Straßenteil
und setzte den Aufstieg gegen den 1006 Meter hohen Mte. Le Zuffine fort. Der
technische Zug blieb für die Aufräumungsarbeiten zurück, die mit Hilfe von
Leuten des nachfolgenden I. Baons rasch fortschritten.
Trotz einer Verzögerung von drei Stunden, die durch die Straßensprengung
bewirkt worden war, erreichte die Vorhut 4/Sch. 3 noch zeitgerecht um Mitter»
nacht den Mte. Cavallo und Mte. Le Zuffine vor den im Aufstieg begriffenen
ital. I.R. 209 und 210, die diese Höhen zu besetzen und uns das weitere Vordrin-
gen auf Tarcento zu verwehren hatten. Durch rasche Feuereröffnung der Schützen
und Maschinengewehre wurde diese Absicht durchkreuzt und nach Abweisung
zweier starker Angriffe blieben diese entscheidenden Höhen in unserem Besitz.
Hiebei wurden 1 Offizier und 9 Mann gefangengenommen. Der Mte. Iauer
konnte aber noch vom Feinde besetzt werden.
Um 3 Uhr des 27. Oktober langte die Haupttruppe des ersten Baons unter
großen Wegschwierigkeiten auf der besetzten Höhenkette an und verstärkte die
nur schwache Besatzung. Die schwachen Borhutkräfte, denen zwei fdl. Jnf.Rgt.
gegenüberstanden, atmeten auf. Das heranrückende II. Baon nahm die Höhen
nördlich und nordöstlich des Mte. Iauer in Besitz. Das UI. Baon gelangte als
Rgts.-Ref. an den Osthang des Mte. Cavallo, wo auch das Rgtskmdo. seinen
Standort gewählt hatte. Das Sch.R. 26 war Brigadereserve in Platischis. Die
Erfolge des Regimentes am 26. Oktober mit der noch rechtzeitigen Besitznahme
und Behauptung der Höhenstellungen (Mte. Cavallo und Mte. le Zuffine) westlich
des Natisone und die Eroberung der Pta. di Montemaggiore durch I./TKI. 3
waren von weittragender Auswirkung.
General C a d o r n a gab nun jeden weiteren Widerstand östlich des Taglia-
mento auf und ordnete den allgemeinen Rückzug hinter den Tagliamento an.
In den Ruhm dieser ausschlaggebenden Entscheidung teilen sich ein Baon
der Edelweißdivision (I./TKJ. 3) und die von GM M ül l e r in Gewaltmärschen
über ihr Tagesziel initiativ hinausgeführte 22. Schützendivision, woran das
Schützenregiment 3 hervorragenden Anteil hatte. Der unbeugsame Wille, die
ermüdeten Truppen vorwärts gerissen und damit den Rückzug der ital. Armee
ausgelöst zu haben, bleibt ein Verdienst des Divisionärs Müller.
An einen geordneten Rückzug der ital. Armee war nicht mehr zu denken:
folgten doch unsere zähen Truppen ihr hart auf den Fersen. Von einer Panik-
129
stimmung ergriffen, flüchteten sie, von einigen beherzten, sich aufopfernden Nach-
huten abgesehen, über Hals und Kopf, alles mit sich reißend, dem Tagliamento
zu. Wer nicht selbst die gegen Codroipo und Latisana führenden Straßen ge-
sehen hat, kann sich wohl kaum einen Begriff von der eiligen Flucht der Ita-
liener machen. Kilometerweit standen in mehreren Reihen ineinandergefahren
Fuhrwerke, Autos und Geschütze. Dieses Chaos bereitete aber auch der Ver-
folgung sehr schwere Hemmnisse, so daß die Tagliamentobrücken doch noch recht-
zeitig von den Italienern gesprengt werden konnten.
Überall ging es vorwärts. Sowohl die Edelweißdivision im Norden, als
auch die deutsche Stoßgruppe Below im Süden hatten die ital. Stellungen über-
rannt und im ersten Anlaufe schon eine gewaltige Zahl von Gefangenen und
unermeßliche Beute eingebracht. Bereits am 27. Oktober zogen deutsche Truppen
in das brennende Cioidale ein, am Tage darauf in Udine!
Der 27. Oktober forderte von unserem Regimente einige sehr erfolgreiche
Patrouillen-Unternehmungen. So nahm Lt. M a s s e r bei einem Patrouillengang
zur Aufnahme der Verbindung mit einem Nachbarregimente zwei Offiziere und
39 Mann des 2. Alpini-Rgts. gefangen. Besonders erfolgreich war Lt. Schot s-
wohl, der von seinem Komp.-Kmdt., Oblt. Lorenzoni, mit der halben
3. Komp, und einem Hand-MG.-Zug als rechte Flankendeckung und weiter
gegen den Mte. Maggiore zur Verbindung mit der rechten Nachbargruppe ent-
sendet wurde. Nach der Besetzung der Höhe, Kote 815, nordöstl. Taipana fand
er am Mte. Maggiore Anschluß an das I./K.I.R. 3. Auf der Straße Platkfchis—
Taipana herrschte lebhafter Verkehr. Aus eigenem Antrieb durchstreifte Lü
Schoiswohl mit seinen Leuten das Vorterrain bis zur Straße. Bei dieser
Gelegenheit gelang es ihm, durch rasches, kühnes und kaltblütiges Eingreifen —
nachdem er vorher 2 Mann der ital. Bedienungsmannschaft mit der Pistole
niedergestreckt hatte — ein Motorgeschütz samt Mun.-Beiwagen zu erbeuten und
die übrige Bedienungsmannschaft gefangen zu nehmen. Gefr. Simon der
2. Komp., der mit 5 Mann als Verbindungspatrouille ausgeschickt war, rückte
auch mit 42 Gefangenen ein. Sie sagten aus, daß sich ein Baon des Alpini-Rgts.
Nr. 2 in der Mulde gegen Taipana zu sammle. Lt. Schoiswohl stellte tat-
sächlich starke Bewegung in den Maisfeldern fest und ließ dahin sofort mit
dem MG. das Feuer eröffnen. Da daraufhin Ruhe eintrat, entsendete er zur
Durchstreifung der Maisfelder eine Patrouille von der Flanke gegen die Mulde
zu, während die MG. feuerbereit blieben. Nach einigen Schüssen der Patrouille
ergaben sich 356 in den Maisfeldern versteckt gewesene Italiener. Nach dem
Abtransport der Gefangenen begab sich Lt. Schoiswohl mit einem Gefreiten
in den Ort Taipana und brachte von dort einen Hauptmann und 114 Mann, die,
in den Häusern versteckt, nur schwachen Widerstand geleistet hatten. Auf dem
Rückwege zur Feldwachenstellung sammelte er noch weitere 12 Italiener, dar-
unter drei Verwundete.
130
Stärkere sdl. Nachhuten rafften sich im Lause des Tages noch zu Angriffen
auf. So versuchte am Mte. Cavallo der Gegner mit einem Baon mehrmals
gegen die 2. Komp. (Oblt. Wurst) vorzugehen. Diese Angriffe wurden aber
jedesmal durch unser MG.-Feuer schon im Keime erstickt. Eine vom Zgsf.
Baumegger geführte, 10 Mann starke Patrouille der 2. Komp, verlegte
diesem Baon so geschickt den Rückzug, daß es, von unseren MG. unter Feuer
genommen, mit 24 Offizieren und gegen 750 Mann, sämtliche vom Alpini-Rgt.
Nr. 2, die Waffen strecken mußte, wobei 6 MG. erbeutet wurden. Auch die
1. Komp. (Oblt. Riedl) hatte 2 Offiziere und 82 Mann desselben Rgts. als
Gefangene eingebracht. Da sich von der Kammstellung des Mte. Jauer noch
immer fdl. MG.-Feuer unangenehm fühlbar machte, — obwohl das Nachrichten-
Detachement Lt. Haupt von Sch.R. 26 mit Unterstützung zweier MG. vom
I.R. 18 die Gipfelhöhe bereits erstürmt hatte — säuberten die Sturmpatrouille
Lt. F i a l a und die 11. und 12. Komp, unter dem Feuerschutze eines MG.,
welches Oblt. Pompe selbst bediente, noch im Lause der Nacht zum 28. Oktober
diesen Berg und besetzten ihn. Der letzte Rest der Besatzung, 30 Mann und
2 DlG., wurde am folgenden Tage zunächst der Finanzwachkaserne von der
Sturmpatrouille Lt. Fiala gefangengenommen.
Mittlerweile war ein Witterungsumschlag erfolgt; heftiger Regen mit star-
kem Sturm und zeitweisem Schneetreiben hatte eingesetzt. Die Höhen waren
vollständig in Nebel gehüllt. Am 28. Oktober sollte das Rgt. mit der Hauptkraft
über den Mte. Cladis gegen den Mte. Plajul und mit einer Nebengruppe aus
Kote 712 gegen den Mte. Balle Montagna zum Angriff vorgehen. Nach der
Besitznahme des Plajul war der Stoß einerseits nördl. Selva, andererseits über
Torlano, bezw. Romanolo, fortzusetzen. Wegen des heftigen Regens und dichten
Nebels war eine Orientierung nicht möglich. Daher geriet das Rgt., das um
6 Uhr den Marsch über die Höhen angetreten hatte, ungewollt in den Raum
von S. Gervasio. Zgss. S e i d I e r machte nächst S. Gervasio 12 Offiziere und
286 Mann zu Gefangenen und erbeutete 7 MG. des ital. I.R. Nr. 52.
Am 29. Oktober trafen hier auch die 9., 10. und alpine Komp, ein, die am
24. Oktober mit dem Auftrage detachiert worden waren, die im Rombon- und
Eaningebiet kämpfenden Truppen des I.R. 59 zu unterstützen.
An diesem Tage hatte das Schwesterregiment Sch.R. 26 rechts vom Sch.R. 3
über Taipana, Villanova auf den Mte. Ia Bernadia vorzurücken und die aus
diesem Höhenzug befindlichen Festungswerke zu überrennen. Das M./Sch.R. 26
(Hptm. H. S i e g e I) beeilte sich derart, daß es fast gleichzeitig mit den Italienern
La Bernadia erreichte, durch Feuer die Besetzung der ausgehobenen Gräben
vereitelte, dann weiter vorstürmend, um 13 Uhr 40 die österreichische Fahne
auf dem Werke Mt. Lonza hißte. Kurz daraus wurde vom Il./Sch.R. 26 (Mjr.
Hackl) das Werk Romandolo in Besitz genommen. Die 22. Schützendivision
stand vor den Toren von Tarcento, am Rande der heißersehnten Tiefebene.
131
Da und dort sah man gewaltige Explosionen, die Sprengungen riesiger Mun.-
Depots und in Flammen stehende Vorratsmagazine, Leuchtzeichen eines geschla-
genen, zurückflutenden Heeres.
Aus Befehl der 43. Sch.-Brig. trat das Rgt. am 29. Oktober um 10 Uhr
den Weitermarsch nach Tarcento an. Der Regen hatte bereits in der Nacht
nachgelassen und ein schöner, sonniger Herbsttag erweckte allseits frohe Angriffs-
stimmung. Da die Brücken über den Trt. Torre vor Tarcento zerstört waren,
mußten die Baone rasten, bis die techn. Komp, einen Notsteg fertiggestellt hatte,
worauf um 16 Uhr in Tarcento der Einmarsch erfolgte. Dem II. Baon wurden
in der Bersaglierikaserne, den übrigen Baonen im Westteile der vom Feinde
geplünderten Stadt Nachtquartiere angewiesen.
Am Abend standen von der 22. Schützendivision die 43. Sch.-Brig. und
2 Baone der 98. K.Sch.Brig. in Tarcento und Magnano, 2 Baone auf den
Höhen nordwestl. Tarcento, die 55. Division im Raume östl. von Tarcento bei
Nimis—S. Gervasio und die 50. Division im Raume Attimis—Faedis. Die
Gruppe Wieden (Edelweißdivision und deutsche Iägerdivision) hatte am
29. Oktober den Widerstand der Italiener gleichfalls gebrochen. Unter dem Bor-
sturm dieser Gruppe und dem der 59. Gebirgs-Brig. zum oberen Tagliamento
brach die ganze ital. Verteidigungsfront der „Zona Carnia" zusammen, so daß
nunmehr die k. u. k. 10. Armee von der ganzen Kärntnergrenze in Vorbewe-
gung kam.
Nun galt es, rasch weiter vorzurücken, um den aus Kärnten zurückfluten-
den Italienern den Weg zu verlegen. Schon um 22 Uhr 30 desselben Tages
wurde das III./Sch.R. 3 alarmiert und nach Urbignaeeo zur Besetzung und Siche-
rung des Ortes befohlen. Eine starke Offizierspatrouille hatte bis zum Taglia-
mento vorzugehen und klärte bis zum Nordrand von Osoppo aus. Eine zweite
hatte zu erkunden, ob von Gemona eine Brücke nach Braulins führe und in
welchem Zustande sie sich befinde. Am nächsten Tage wurde gemeldet, daß sie
gesprengt sei, weshalb der Ort nicht besetzt werden konnte. Das II./Sch.R. 3
wurde um 1 Uhr des 30. Oktober alarmiert und marschierte unter dem Kmdo.
des Oblt. Ko Id a gegen Braulins. Lt. Marin ko, der mit einer Aufklärungs-
Patrouille vorausgesandt war, betrat als erster die Stadt Gemona. Das halbe
I./Sch.R. 3 (1. und 3. Komp., 2 MG.) rückte unter dem Kmdo. des Hptm.
v. A n d i c s nach Osoppo zur Besetzung des Ortes und Sicherstellung der dort
befindlichen Vorräte vor. Der Rest des Rgts. brach um 8 Uhr von Tarcento
auf und gelangte zunächst nach Artegna, wo auch das III. Baon von Urbignacco
eintraf. Die Märsche am 30. Oktober wurden alle im strömenden Regen unter-
nommen. Bei der Besetzung von Osoppo gelang es dem Lt. J. Fi a la, mit
dem Sturmzug der 1. Komp, in schneidiger Verfolgung des Gegners 8 Offiziere
und 208 Mann gefangenzunehmen sowie 6 MG. und Tragtiere zu erbeuten.
Von Artegna brach das Rgt. (halbe I. und III. Baon, Rgts-Stab, alpine Komp.)
um 14 Uhr auf und traf um 16 Uhr in Gemona ein.
132
Der 31. Oktober war Rasttag. Seit 16. Oktober hatte das Rgt. keine volle
Nachtruhe gehabt, war bei schlechter Witterung und mangelhafter Ernährung
nahezu ununterbrochen aus den Beinen, hatte alle MG. und Inf.-Geschütze zu
tragen und so übermenschliche Leistungen vollbracht. Bis zu seinem Vordringen
an den Tagliamento hatte das Rgt. dem Gegner eine große Anzahl von Gefan-
genen und Kriegsgerät abgenommen sowie große Verpslegsvorräte gesichert.
In wilder Flucht hatten sich ganze ital. Verbände gelockert und in großer
Zahl fdl. Nachhutabteilungen und versprengte Scharen unseren rasch nachdrän-
genden Patrouillen ergeben. Die Beute des Rgts. in den bisherigen 7 Kampf-
tagen betrug an Gefangenen 43 Offiziere und 1249 Mann, außerdem 2 Geblrgs-
geschütze samt Mun., 17 MG., 1 Motorgeschütz mit Mun.-Beiwagen und 16 Trag-
tiere. Ferner waren ein vollständig eingerichtetes Feldspital bei Saga und riesige
Mengen von Verpflegs- und Ausrüstungsgegenständen in unsere Hände gefallen.
Unsere Verluste waren gering.
Während sich die vorstehend geschilderten Ereignisse vom 24. bis 30. Oktober
beim 1. Korps abspielten, hatte die Hauptkrast der 14. Armee (v. Below) auch
ganze Arbeit geleistet. Am 27. Oktober fiel Cividale, am 28. Oktober Udine,
der Standort der Obersten ital. Heeresleitung während des ganzen Krieges, in
die Hände der Deutschen. Nach reicher Ernte an Gefangenen und an Beute aller
Art erreichten die Kolonnen der 14. Armee am 30. Oktober spät abends den
Tagliamento in der Strecke von Codroipo bis zur Fella (einschließlich des
1. Korps). Die Hauptmasse des ital. Heeres hatte unter Preisgabe des größten
Teiles ihres Kriegsgerätes das Ufer bereits gewechselt und alle Brücken ge-
sprengt. Eine volle Niederlage war demnach der ital. Armee an diesem Tage
nicht mehr zu bereiten. Nur der Gruppe S c o t t i, die aus Befehl des 14. Armee-
kmdos. (o. Below) aus dem Raume Udine in südwestl. Richtung vorzustoßen und
das im Rückzüge auf Lautisana angenommene Gros der ital. 3. Armee noch
vor dem Flusse zu stellen hatte, war ein schöner Erfolg beschieden. Sie stieß auf
die auf der Straße von Palmanooa nach Codroipo zurückgehenden Reste von
vier Korps der 2. ital. Armee und von zwei Korps der 3. ital. Armee (etwa
10 Divisionen). Die Württemberger der 26. J.D. warfen sich mit dem Bajonett
aus die zwischen Codroipo und den Brücken sich stauenden ital. Massen, durch-
brachen sie, nahmen mittags Codroipo und drangen in den Nachtstunden bis
an die Brücken vor. Die Italiener hatten jedoch die drei Brücken in ihren
Westteilen voreilig schon um 13 Uhr 30 gesprengt. Auch das Korps S c o t t i
griff den Feind bei Rivolto und Martigliano und bei Pazzuolo im Vereine mit
der von Osten herangerückten k. u. k. 60. J.D. der 2. Isonzo-Armee kraftvoll
an. Von drei Seiten angegriffen, durch die vorzeitigen Brückensprengungen
vom Tagliamento abgeschnitten, streckten an diesem Tage 60.000 Italiener aus
freiem Feld die Waffen.
Wenn wir auch das letzte Ziel des Kampfes, die Vernichtung der ganzen
138
ital. Armee, nicht erreichten, so hatten mir doch alle das Gefühl, einen großen,
ja gewaltigen Erfolg errungen zu haben. Das ital. Untersuchungswerk gibt
uns ein klares Bild von dem „Wunder von Karfreit", von der furchtbarsten
Niederlage, die je ein Millionenheer eines großen Volkes erlitten hat. Das
Werk schreibt u. a.:
Schon in den ersten Stunden des Kampfes waren Artillerieabteilungen mit ihren
Führern an der Spitze vom Schlachtfeld fortgeritten. Alles warf die Waffen weg. Man
rief sich gegenseitig zu: „Bürgerchen, der Krieg ist aus. Führt hier der Weg nach Triest?" —
Anaufhaltsam ging die allgemeine Flucht nach Westen, alles war von tollster Kopflosigkeit
ergriffen. Vorrückende Reserven wurden von den Flüchtenden mit dem Rufe „Streik-
brecher" und „Es lebe Oesterreich!" verhöhnt. Dicht gedrängt saßen die Soldaten auf allen
Fuhrwerken. In der Nacht erhellten ungezählte Brände den Himmel, Trunkene johlten
und raubten. Die ganze zweite Armee in der Stärke von ehemals 28 Divisionen mar-
schierte nach Hause. Die Gradabzeichen wurden entfernt. Biele Soldaten kleideten sich
überhaupt in Zivil, bildeten Räuberbanden und brandschatzten die Bevölkerung. Niemand
glaubte an eine Verfolgung durch den Feind alles jubelte: „Der Krieg ist aus!" 400.000
Versprengte und Deserteure durchzogen Oberitalien: sie wurden erst an den Pobrücken
aufgehalten und gesammelt.
8. Der weitere Siegeszug bis an die Piave.
(Hiezu Beilage 52.)
Am 1. November erfolgte von Gemona aus der weitere Vormarsch nach
Südwesten. In S. Floriano wurden die Weisungen für die Überschreitung des
Tagliamento abgewartet. Während das halbe I. und II. Baon sich wieder dem
Rgt. anschlossen, blieb in Osoppo nur die 1. Komp. (Oblt. Riedl) zurück.
Um 5 Uhr des 2. November wurde der Weitermarsch nach M. Nuovo ange-
treten. Da der Übergang über den Tagliamento wegen der gesprengten Brücken
und des hohen Wassers an diesem Tage nicht mehr möglich war, hatte das Rgt.
in seine frühere Kantonierung, teils nach S. Floriano, teils nach Tombo, zurück-
zukehren und zu nächtigen.
Vom 1. Korps hatte den Übergang über den Tagliamento die 55. I.T.D.
und die deutsche Iägerdiv. zu erzwingen. Die 22. Sch.Dion. sollte nachfolgen.
Aus Befehl der Brig. war der Tagliamento auf Furten und Schiffbarkeit genau
zu rekognoszieren. Dies wurde von der techn. Inf.-Komp. (Hptm. Wurtin-
g e r) und der in Osoppo befindlichen 1. Komp, durchgeführt mit der Erkennt-
nis, daß bei dem hohen Wasserstande weder die Übersetzung in einer Furt, noch
die Anlage einer Notbrücke möglich sei.
Während sich bei Codroipo und weiter nördl. deutsche Verbände und die
Truppenpioniere des 1. Korps vergeblich bemühten, den Fluß zu überbrücken
— galt es doch, dem Feind nicht Zeit zu lassen, sich am Fluß zu einer plan-
mäßigen Verteidigung einzurichten —, gelang es Hptnt. Redl (dosn. I.R. 4)
Sinter dem Feuerschutze von drei von Hptm. Chlodwig v. Schwärzleitner
134
befehligten Gebirgsbatterien, den durch den starken Regen der letzten Tage
zum reißenden Strom gewordenen Tagliamento zu bezwingen. Mit seinen
braven Bosniaken turnte er in den Abendstunden des 2. November auf
Leitern auf das im Fluß liegende gesprengte Brückenfeld der Eisenbahnbrücke
von Cornino hinab, von dort wieder aus Leitern aus den erhalten gebliebenen
Brückenteil am Westufer und warf den Feind aus der Brückenschanze.
Die im Laufe der Nacht und des 3. November folgenden Truppen der
k. u. ck. 65. I.T.D. (GM. Prinz Schwarzenberg) drängten die Italiener
immer weiter zurück, erreichten die Höhen westlich Flagogna und ermöglichten
hiedurch auch die Herstellung der Brücken bei Pinzano. Der große Erfolg der
55. I.T.D. veranlaßte Cadorna, den in Aussicht genommenen Rückzug mit der
ganzen ital. Armee hinter die Piave auszuführen.
In weiterer Auswirkung des Erfolges gaben die Italiener am 6. November
die Tiroler Ostfront auf. Nun stürmten unsere Truppen auf der ganzen
Front siegesgewiß vor: die beiden Jsonzoarmeen und die 14. Armee in der
venetianischen Tiefebene gegen die Piave und das 1. Korps als rechte Flügel-
gruppe durch das Gebirge gegen den Oberlauf der Piave, die 22. Sch.Dion. mit
der allgemeinen Marschrichtung Meduno—Claut nach Longarone, hierauf die
Piave abwärts über Belluno nach Feltre. Schon in den ersten Tagen wurden
im Tagliamento-Knie durch gutes Zusammenarbeiten der Edelweißdion., der
deutschen Iägerdion. und der 22. Sch.Dion. zwei ital. Divisionen, und zwar die
36. und die 63. Division gefangen.
Am 4. November sollte die Überschreitung des Tagliamento auch für unser
Rgt. erfolgen. Um 5 Uhr wurde der gesicherte Bormarsch zur Eisenbahnbrücke
von Cornino angetreten, wo das Rgt. zu Mittag eintraf. Da jedoch der in Bau
befindliche Notsteg eingestürzt war, verzögerte sich der Übergang neuerdings.
Das Rgt. mußte auf einer Insel des Tagliamento nächst der Brücke lagern.
Da erschienen um 15 Uhr 6 fdl. Flieger, die Bomben abwarfen. Glücklicherweise
fielen sie zumeist in das Wasser.
Oblk. Prokisch schildert diese heikle Situation mit folgenden Worten:
„Lebhaft wird der mögliche Einschlagsork jeder fallenden Bombe mit Witzworten zu
bestimmen gesucht, als plötzlich eine Bombe unmittelbar neben meinem Standort mitten
in die Telephonpakrouille einschlägt: wir stieben auseinander und erwarten unser Ende, . . .
aber Keine Explosion erfolgt. Ein Blindgänger hak unser Leben gerettet. Zugsführer Lux
wirft sich auf diesen Blindgänger, Kost und streichelt ihn als seinen Lebensretter und
gibt ihm die schmeichelhaftesten Kosenamen. Der Humor siegt rasch über den ausgestan-
denen Schrecken und als die Flugzeuge sich wieder zur Rückfahrt wenden, sind die bangen
Minuten des Bombenwerfens vergessen."
Nun wurde die techn. Komp, der Division zur Herstellung der Brücke
herangezogen. Da die Vollendung an diesem Tage nicht zu erwarten war,
marschierte das Rgt. nach C. Ceschia und bezog dort ein Freilager. Um 23 Uhr
des 4. November war die Notbrücke fertiggestellt. Sofort brach das Rgt. auf
135
und erreichte um Mitternacht Cornino. Von 1 Uhr 30 des 5. November an
überschritt das Rgt. den Tagliamento und setzte den Marsch nach Denier, dem
Sammelraum der 43. Sch.Brig., fort, wo es um 2 Uhr 30 eintraf. Der Weiter-
marsch erfolgte um 6 Uhr.
Das I. Baon marschierte aus der Talstraße Denier—Flagogna—Traoesio,
der übrige Teil des Rgts. hatte zum weiteren Vorrücken die Bergstraße über
Forgaria—Manazzons nach Traoesio zu benützen. Hier bezog das Rgt. Quartier.
Am gleichen Tag traf die belobende Anerkennung des Kaisers an G. d. I.
Krauß und der Dank für die hervorragenden Leistungen an die Truppen ein.
Der Weitermarsch am 6. November erfolgte zunächst am Rande des Gebir-
ges nach Meduno, um die dort befindlichen Abteilungen der 55. I.T.D. abzulösen
und hernach die Sicherung der eigenen Dion, in der Linie Mte. Valinis— Ro-
manis, des Defiles von Retona—Quas, mit den beiden anschließenden Höhen
durchzuführen. Das II. Baon (Hptm. Ravt er) durchstreifte als Vorhut die
Höhen Mte. Valinis—Chiarandeit und den Sattel dazwischen mit je einer
Komp.; die 7. Komp, und der techn. Zug rückten aus der Straße Redona—
Tramonti vor. Lt. S e b e r suchte mit einer Patrouille Verbindung mit den
deutschen Jägern, während Lt. N e u m a n n mit 10 Mann gegen Tramonti
aufklärte. Das I. Baon (Hptm. v. Andies), an dessen Tete sich das Rgts-
Kmdo. befand, folgte der Reserve des II. Baons auf der Straße nach. Diese
Bewegungen, die das Rgt. nach kurzem Aufenthalte in der Ebene wieder in
die rauhe Gebirgswelt führten, wurden um 11 Uhr von Meduno aus angetreten.
Nach eingelaufenen Meldungen hatte der Gegner die Höhen nördl. Meduno
bereits geräumt und befand sich im weiteren Rückzüge. Das Kmdo. der 43. Sch.
Brig. befahl, das II. Baon habe im Sinne der erhaltenen Befehle aus den früher
genannten Höhen» das I. Baon jedoch entlang des Torrente Meduno weiter vor-
zurücken, Vortruppen gegen Tramonti zu schicken und die Linie Pinada—C.
Tridis zu gewinnen. Das III. Baon (Hptm. Unger) sandte um 11 Uhr die
11. Komp. (Oblt. Pro Kisch) mit einer halben MG.-Komp. nach Poffabro, wo
die Komp, nach Westen und Süden zu sichern und Verbindung mit der 55. I.T.
Dion, zu suchen hatte. Ein Baon J.R. 7, b.h. 2 und ein Geschütz standen nördl.
Poffabro im Gefecht mit Italienern. Oblt. P r o k i s ch schickte eine Offiziers-
patrouille in die Richtung des Gesechtslärmes, die mit der Meldung zurück-
kehrte, der Italiener sei auf der Flucht. Gleichzeitig hatte das Rgt. die Ver-
ständigung bekommen, daß der Dion, die Durchführung einer neuen Aufgabe
zufalle und daher das Rgt. nach Chievolis abzurücken habe.
Inzwischen hatte sich in Tvamonte di sotto eine kurze und erfolgreiche
Waffentat abgespielt. Lt. Neumann, der mit seiner Patrouille aufklärte,
traf 80 deutsche Radfahrer, mit denen er den von den Italienern besetzten Ort
angriff. Er drang von Westen durch das Bett des Torrente nach kurzem, hefti-
gem Kampfe in den Ort ein, nahm dort 2 Generale und beiläufig 3000 Mann
136
Heldengräber.
1. Kdt. Berghofer, Paljkisce. 2. Kdt. Seidler, Doberdo, 3. Fähnr. Weiß u. Hübler,
Doberdo. 4. Zptm. Ristl u. Lt. Braun, Zebio. 5. Heldengräber auf Mte. Dorole.
6. Lt. Stühlinger u. Kdt. Lenz, La Bochetta. 7. Heldengrab auf Doberdo. 8. Lt. Schellnast
und 28 Schützen, Zebio 8. Iuni 1917. 9. Rgts.-Friedhof Zebio.
samt ihrem Train gefangen. Später kamen noch 500 Mann dazu. Diese Episode
spricht deutlich für den hohen Grad der Auflösung, in der sich die ital. Armee
damals befand.
Nachdem die Baone von der Änderung der Marschdirektionen in Kenntnis
gesetzt worden waren, wurde der Weitermarsch gegen Westen fortgesetzt. Bereits
um 21 Uhr traf das Gros des Rgts. in Chievolis ein und bezog ein Freilager.
Am 7. November trat das württembergifche Gebirgsbaon in den Verband der
43. Sch.Brig. und bildete deren Vorhut im Vorrücken gegen den Paß Forcella
Clautana. Ihm folgte ein Baon des Sch.R. 26, dann das Sch.R. 3, das unter
Zurücklassung des sehr spät im Freilager eingerückten III. Baons um 3 Uhr 30
von Chievolis ausbrach und den Raum il Ponto Pinedo—St. Gottarda zu errei-
chen hatte. Nach Maßgabe des Raumgewinnes hatte das Rgt. die vom württem-
bergischen Baon bis dahin bestrittenen Sicherungen abzulösen. Weil die Italiener
Forcella-Clautana noch besetzt hatten und die Straße unter Art.-Feuer hielten,
gestaltete sich der Vormarsch sehr schwierig. Um 11 Uhr traf das Rgt. in Pekolat
ein. Die beiden Inf.-Gefchütze wurden in die Stellung vorgezogen. Während
der Rast schloß sich das III. Baon, das erst um 8 Uhr von Chievolis aufgebrochen
war, dem Rgt. an.
Gegen den Abend griff das württembergifche Gebirgsbaon nach kurzer
Art.-Vorbereitung aus 6 Gebirgsgeschützen die Paßhöhe an. Das Rgt. wurde
alarmiert und in Marsch gesetzt. Die Höhe konnte dem Gegner nicht entrissen
werden, weshalb das Rgt. auf halber Höhe an der Straße liegen blieb und
um 3 Uhr des folgenden Tages nach Piano zurückkehrte.
Als am 8. November um 8 Uhr die Nachricht von der Einnahme der For-
cella-Clautana eintraf, wurde der Marsch in den Raum von Claut angetreten.
Unter heftigem Regen und Schneetreiben ging es vorwärts. Es dämmerte
bereits, als die Baone ihren Bestimmungsort erreichten. Das I. Baon kam nach
Cra il Porti!, das II. Baon nach Basoja und das III. Baon besetzte Cra dil Gere.
Die Nächtigungsräume wurden durch eine Feldwachenlinie gesichert. Das würt-
tembergifche Gebirgsbaon verfolgte den Gegner bis Cimolais, wo sich die Ita-
liener beiderseits der Straße mit stärkeren Kräften festgesetzt hatten.
Den Angriff auf die Höhenstellungen hatte Obstl. Freiherr von P a s e t t i
mit dem Sch.R. 26 und dem württembergischen Gebirgsbaon durchzuführen.
Hptm. v. A n d i c s (Sch.R. 3) hatte mit Teilen seines Baons (1. und 3. Komp,
und 1 MG.-Zug) diese Unternehmung durch Umgehung des rechten feindl.
Flügels zu unterstützen, indem er durch das Bal Verena—Bal Vajot in den
Rücken des Feindes vorstößt. Diese Gruppe trat um 6 Uhr des 9. November
von II Portile die Bewegung an. Der Rest des Rgts. blieb als Brig.-Referve
vorläufig in Claut, wohin auch das III. Baon gezogen wurde. Als die Italiener
die Bedrohung ihres Rückens erkannten, räumten sie die stark befestigte
Stellung und zogen sich, von der Gruppe Obstl. v. Pasetti kräftig verfolgt, an
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die Piave nach Longarone zurück. Das II. Baon mit einem Gebirgsgeschütz-Zug
war von Basoja als Aufklärungsdetachement gegen Longarone aufgebrochen,
vermochte aber die Württemberger und das I./Sch.R. 26 (Hptm. K r e m l i n g)
in der Verfolgung des Feindes nicht zu überholen. Die techn. Inf.-Komp. mußte
zur Herstellung einer Brücke aus der Straße nach Barcis in Claut zurückbleiben.
Nach Einziehen der Sicherungen marschierte das Rgt. zu Mittag von Claut
ab und nächtigte in S. Martina. Das II. Baon brachte die Nacht an der Straße
weftl. Erto e Caffo zu. Die Italiener hatten auf ihrem Rückzüge die Straße
füdl. der Kirche Caffo im Defile gesprengt. Das II. Baon setzte sich auf die
Meldung, daß die gesprengte Straße weftl. Erto und Casio für einzelne Fuß-
gänger passierbar sei, eine Stunde nach Mitternacht vom 9. auf den 10. Novem-
ber in Marsch. Es mußte aber knapp vor der Sprengstelle in einem Tunnel
zwei Stunden warten, bis das Sch.R. 26 das Defile durchschritten hatte und
kam bei Morgengrauen durch Dogna an die Piave. Da der Steg noch nicht
fertiggestellt war, mußte der Fluß durchwatet werden. Das Wasser war sehr
kalt und reichte bis über die Hüften. Infolge der reißenden Strömung reichten
die Leute in Gruppen einander die Hände und durchschritten die Piave. Mehrere
von der Strömung erfaßte und mitgerissene Leute konnten rechtzeitig gerettet
werden. Da der Übergang auf diese Weise nur langsam vor sich ging, fanden
die Italiener Zeit, noch die zwei Brücken südl. Longarone zu sprengen. Bis
zum Eintreffen der Brigade sicherten Feldwachen das rechte Piaveufer. Eine
Menge mit Kriegsmaterial und Proviant beladener Wagen und viele fdl. Leichen
gaben Kunde von der Hartnäckigkeit der am Tage zuvor stattgefundenen Kämpfe.
Der Rest des Rgts. wurde um 4 Uhr des 10. November alarmiert lind
marschierte von S. Martino über Erto und Casio nach Dogna, nachdem zuvor
schon Oblt. P r o k i s ch mit einem Halbbaon (10. und 11. Komp.) zur Sicherung
in den Raum Mte. Pul—Codissago abgegangen war. Die 9. und 12. Komp,
waren zur Verstärkung der techn. Komp, an der gesprengten Straßenstelle
zurückgelassen worden. Das Rgt. traf um 9 Uhr in Dogna ein.
Die 26er-Schützen, die am 9. November vor dem Sch.R. 3 im Anmarsche
von Erto auf Longarone waren und denen sich noch das württembergische Ge-
birgsbaon mit Radfahrern, Minenwerfern und Geschützen zugesellte, stießen
noch rechtzeitig aus eine vier Kilometer lange italienische Kolonne, die auf der
Piavestraße nach Süden entkommen wollte. Nach kurzem Kampfe mit den fdl.
Sicherungen am Ostausgang von Longarone und der Durchwatung der Piave
wurde eine ganze ital. Division zur Wafsenstreckung gezwungen. Die Verhinde-
rung der Sprengung der Piavebrücken bei Longarone war ihnen jedoch nicht
geglückt. Nur bei Erto e Casio östl. Longarone gelang es einer schneidigen
Radfahrerpatrouille des württembergischen Gebirgsbaons, durch rechtzeitiges
Durchschneiden der schon rauchenden Zündschnur die Sprengung der über den
tiefeingeschnittenen Gebirgsbach Casio führenden Betonbrücke zu vereiteln, wo-
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durch ohne Marschverzögerung die ital. Division noch gefangen werden konnte.
Die österr. „Goldene Tapferkeitsmedaille" war der Lohn des tapferen deutschen
Patrouillenkommandanten.
Der Weitermarsch des Rgts. ging erst flußabwärts gegen Belluno. Das
l. Baon rückte nach einstündiger Rast in Dogna am linken Ufer der Piave gegen
Belluno vor, das II. Baon brach vor Mittag auf, um am rechten Ufer den durch
das Sch.R. 26 aufzuklärenden Raum bis Polpet zu passieren und von da an
bis Belluno aufzuklären. Die 6. Komp. (Oblt. K o l d a) wurde als Hauptposten
mit der Weisung zurückgelassen, erst nach erfolgter Ablösung durch die Edel-
weißdivision dem II. Baon (Hptm. Ravter) nachzumarschieren. In Polpet
schaltete das II. Baon eine halbstündige Rast ein. Eine Offizierspatrouille (2t.
Feeder) meldete um 17 Uhr, daß sie Belluno erreicht und vom Feinde frei
gefunden habe. Cie nahm Aufstellung bei der Kirche. Der Kmdt. des II. Baons
trat nun den sofortigen Weitermarsch gegen Belluno an und traf dort um
19 Uhr ein. Nachdem die Ortsausgänge gegen Südwest und Nordwest durch
Feldwachen gesichert und Patrouillen in das Vorfeld entsendet worden waren,
marschierte Hptm. R a v t e r mit seinem Baon am Hauptplatz auf und wurde
dann im Rathause vom Bürgermeister und dem versammelten Stadtrate
empfangen, der ihm die schöne Stadt mit der Bitte um Schonung übergab. Es
wurden sofort die nötigen Sicherheitsmaßnahmen getroffen und das Baon in
der Jnf.-Kaferne untergebracht. Das HI. Baon marschierte bis Polpet, wo es
nächtigte. Das Rgts.-Kmdo. traf drei Stunden später in Belluno ein. bald
darauf auch das Brig.- und Dions-Kmdo.
Tags vorher hatten bereits die Vorhuten der beiden Isonzo-Armeen und
die 14. Armee das Ostufer der Hochwasser führenden Piave, deren Brücken in
die Luft geflogen waren, erreicht. Die Italiener standen am jenseitigen Ufer
und am Grappa-Massiv zwischen Piave und Brenta, anschließend an ihre alten
Verteidigungsstellungen im Hochland der „Sieben Gemeinden" abwehrbereit.
Ihre schwache Kampfkraft wurde nun durch die vom vorsichtigen General
Cadorna bereits im Frühjahr 1917 planvoll ausgestaltete Piaveverteidigung,
insbesondere durch die Befestigung des den Rücken der Piavestellungen decken-
den Grappa-Massivs, von deren fachmännischer Vollendung sich General Cadorna
noch eine Woche vor der Niederlage am Isonzo in der Vorahnung kommenden
Unheiles überzeugte, gestützt. Die Wiedergeburt des ital. Kampfwillens aber
lag zweifellos im Nahen der E n t e n t e h i l f e. Die Franzosen und Engländer
hatten in schwerster Sorge über die katastrophale Wendung, welche die Ereig-
nisse im Venetianischen nahmen, sieben französische und fünf britische
erstklassige Divisionen mit Volldampf durch die Westalpentunnels gesandt, welche
vom 10. November angefangen in Oberitalien eintrafen, überdies schickten
England und Frankreich ihrem schwer heimgesuchten Verbündeten 150.000 Ge-
wehre, 2000 MG. und 675 Geschütze verschiedenen Kalibers. Des weiteren trat an
Stelle des Marschalls Cadorna an die Spitze der ital. Obersten Heeresleitung
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der noch sehr junge GLt. Diaz. Die nach dem so plötzlich hereingebrochenen
nationalen Unglück unerwartet, ja staunenswert rasch wachsende Wiedererstar-
kung Italiens muß als bewunderungswürdig bezeichnet werden.
Um den erneuten Widerstand der ital. Armeen zwischen der Brenta und
Piave zu brechen und deren weiteren Rückzug zu erzwingen, setzten schon am
10. November, bevor noch das 1. Korps zum Vorstoß aus das Grappa-Massiv
im Raume Feltre—Fonzaso ausmarschiert war, sechs Divisionen der Heeres-
gruppe Feldmarschall Conrad Freiherr von Hötzendorf aus „Sieben Ge-
meinden" zum Angriff auf die starken ital. Stellungen an. Nach erbittertem
Häuserkampf gelang es den Div., Asiago zu nehmen und im weiteren Verlaufe
bis auf die Höhen Col del Roffo und Mte. Sisemol vorzudringen. Mangels
hinreichender Art. blieb ihnen jedoch der entscheidende Sieg versagt. Nun setzte
man alle Hoffnungen auf das 1. Korps, auf die „Sieger von Flitsch".
Am 11. November erhielten die Truppen Rasttag. Da nach eingelaufenen
Meldungen stärkere sdl. Kräfte durch das Cordevoletal im Rückzug sich befan-
den, die durch die Nordgruppe Obstl. G e l l i n e k verfolgt wurden, erhielt das
Rgt. den Befehl, das Cordevoletal bei Peron zu sperren. Hiezu wurde die
7. Komp. (Oblt. K o ch) mit einer MG.-Komp. und einem Ins.-Geschützzug be-
stimmt. Ferner wurde auch das III./Sch.R. 26 nach Mas mit dem Aufträge vor-
geschoben, den Talausgang zu sperren und die Brücke in Besitz zu nehmen.
Zudem wurde eine Komp, des Sch.R. 26 mit einem MG. zur Besetzung der
Cordevolebrücke bei Bribano besohlen.
Oblt. Koch nahm im Nebel irrtümlich den Weg über Sedico gegen Mas,
was sich später als sehr vorteilhaft erwies. Auf der Straße gegen Roealto stieß
die Borhut des Detachements auf eine sdl., nach Süden marschierende größere
Kolonne. Die Vorpatrouille entwickelte sich beiderseits der Straße, besetzte
einige das Vorfeld beherrschende Hügel, wo auch die MG. und Inf.-Geschütze
in Stellung gebracht wurden. Die Italiener wurden sofort unter Feuer genom-
men und zur Entwicklung gezwungen. Durch unser Feuer erlitten sie empfind-
liche Verluste. Eine gegen Westen ausgesandte Patrouille ging sehr schneidig
vor, stellte dort zurückgehende Abteilungen fest und richtete durch Flanken-
feuer in den Reihen der Italiener große Verwirrung an. Gleichzeitig war das
IH./Sch.R. 26 (Hptm. H. Siegel) rechts von der Komp. K o ch in das Gefecht
eingetreten. Durch energisches gemeinsames Zupacken mußten sich die Italiener
ergeben; es wurden 13 Offiziere und 1600 Mann Gefangene eingebracht, die
dem I.R. 46 und dem Alpinibaon Nr. 4 angehörten. Die Komp. Koch mar-
schierte sodann nach Mas weiter, wo sie nächtigte. Die dortige Brücke war vom
Feind gesprengt worden.
Das in Polpet zurückgelassene in. Baon traf um 8 Uhr 30 in Belluno ein.
Die 6. Komp. (Oblt. K o l d a), die zur Sicherung in Longarone verblieben
war, sowie das Halbbaon Oblt. P r o k i s ch und die techn. Inf.-Komp. erreich-
140
len um 13 Uhr Belluno und bezogen dort Quartiere. In später Abendstunde
wurde das Halbbaon Oblt. Prokisch (11. und 12. Komp.) nach Gonzago alar-
miert und die 10. Komp, nach Cavarzano befohlen, da laut eingelaufener Mel-
dungen gegen 3500 Italiener von Norden im Anrücken waren.
Dieses Halbbaon hatte sowohl mit dem Detachement Oblt. Koch, als auch
mit III./Sch.R. 26 Verbindung genommen. Damit war der Raum westl. Belluno
gegen Norden zu gesichert. In Gonzago nahm das Halbbaon Prokisch gelegent-
lich der Durchsuchung des Ortes nach ital. Militär größere Gruppen ital. Sol-
daten gefangen.
Am 12. November um 7 Uhr setzte sich das Gros des Rgts. mit dem Gefechts-
train hinter dem Sch.R. 26 über Bribano gegen Feltre in Marsch. Die 12. Komp,
hatte auf ihrem Standorte zu verbleiben, bis Teile der Edelweißdivision zur
Ablösung eintrafen. Die übrigen detachierten Abteilungen (7., 10., 11., MG.-
Komp. II und Ins.-Geschützzug) hatten zum Rgt. zu stoßen. Der Übergang über
den Cordevolesluß konnte ohne fdl. Einwirkung vollzogen werden. Bis alle
Unterabteilungen angeschlossen waren, wurde in S. Giustina gerastet. Eine
neuerliche Verzögerung ergab sich am Torrente Cavarane, wo die Brücke ge-
sprengt war. Der Marsch konnte dort erst um 23 Uhr fortgesetzt werden.
Am 13. November um 2 Uhr 30 traf die Tete des Rgts. in Feltre ein und
bezog im östlichen Teile der Stadt Quartiere. Die 5. und 9. Komp, führten die
Sicherungen durch. Das II. Baon wurde in der Finanzkaserne untergebracht,
die beim Rgt. befindlichen Teile wurden in Privathäusern einquartiert. Die
techn. Inf.-Komp. war in Belluno zurückgeblieben und hatte die gesprengte
Straßenbrücke für Fußgänger passierbar gemacht sowie den Bau eines Not-
steges in Angriff genommen, um dem I. Baon mit seiner Tragtierstasfel den
Übergang ehestens zu ermöglichen. In zwanzigstündiger rastloser Arbeit führte
Hptm. Wurtinger mit seinen braven Pionieren diese Arbeit durch und
am 14. November konnte das I. Baon über Belluno dem Rgt. nachrücken.
Mit der Erreichung von Feltre war eine sichtliche Wendung für das Rgt.
eingetreten. Aus die Tage endloser Märsche folgte nunmehr statt Ruhe und
Rast, die wir erhofften, eine Reihe schwerer und blutiger Kämpfe, in denen
das Rgt. seinen ungebrochenen Angriffsgeist wieder im schönsten Lichte zeigte.
V. Die Kämpfe um das Grappa-Massiv.
(Hiezu Beilagen 63, 64 und A.)
1. Die Erstürmung des Mte. Roncone» Col di Baio. Mie. Cismon, Mte. Fredina
und Mte. Zaloppa.
Der am 12. November in Mei eingetroffene Armeebefehl beauftragte die
Gruppe Krauß (k. u. k. I. Korps), aus der Linie Fonzaso—Feltre in südl.
141
Richtung vorzugehen, das Grappa-Massiv in Besitz zu nehmen und hiedurch den
Übergang der beiden Jsonzoarmeen über die Piave zu ermöglichen.
Am 13. November stand die Gruppe Krauß, zusammengesetzt wie bei
Flitsch, im Piavebecken zwischen Fonzaso und Feltre. G.d. I. Alfred Krauß
entschloß sich, ähnlich wie bei Flitsch einen Taldurchbruch durchzuführen. Er
setzte seine Hauptkräfte in Len das Gebiet des Mte. Grappa umschließenden
Engtälern der Piave und Brenta an und ließ die 43. Sch.Brig. (Sch.R. 3 und 26)
auf den dazwischenliegenden beherrschenden Höhen in einer Frontbreite von
über 20 Kilometern vorrücken. Das 43. Sch.Brig.Kmdo. befahl dem Sch.R. 26
die Bezwingung des Mte. Peurna, Fontana Secca und des Mte. Grappa, der
Gruppe Tenn er, bestehend aus Sch.R. 3 und II./I.R. 69 (Obstl. Schad im
westl. Anschluß) als erstes Angriffsziel den Mte. Roncone. Gleichzeitig wurde
bekanntgegeben, daß der Feind die Linie Mte. Tomatieo—Mte. Santo—Mte.
Peurna, von dort die nach Nordwest ziehende Rippe bis in die Höhe 600 Schritt
nördl. San Siro, dann, Direktion West abbiegend, bis zum Mte. Roncone besetzt
halte. Das Sch.R. 26, in Seren nächtigend, hatte noch am selben Tag eine Komp,
mit MG. gegen den Sattel zwischen Mte. Peurna und Mte. Santo sowie Siche-
rungen am Osthang des Val Stizzone vorzuschieben, Sch.R. 3 gegen Roncone
aufzuklären und zu sichern.
Als unser Rgt. den Befehl erhielt, hatte es in Tag- und Nachtmärschen, in
rücksichtsloser Verfolgung des Gegners, in zahlreichen Gefechten und Schar-
mützeln oft hungernd und frierend, bis aus die Haut durchnäßt, weit über 200
Kilometer Weg zurückgelegt und hiebei unter der fieberhaften Spannung der
Verfolgungskämpfe über 3600 Meter Höhenunterschiede überwunden. War
auch der Kampfgeist des Rgts. ungebrochen, so mehrten sich doch die Anzeichen
der Kräfteerlahmung. Schon bei den letzten Gewaltmärschen humpelten immer
mehr Nachzügler, erdrückt von der Last des Tornisters, des Gewehres, der
Patronen und Handgranaten, mit wundgelaufenen Füßen dem Rgt. nach. Immer
wieder ein Stück des Weges sich fortschleppend, erreichten sie bestenfalls das
Rgt., wenn es nach kurzer Rast wieder weitermarschierte. Treue, Anhänglich-
keit und das Gefühl der Zusammengehörigkeit brachten sie wieder auf die Beine.
Sie wollten nicht fehlen, wenn es Kampf gab. Aber auch die Wackeren da vorne
hatten die unsagbar großen Strapazen der ungestümen Verfolgung entkräftet.
In den hageren, gebräunten Gesichtern flackerten Augen, die dem Kenner ver-
rieten, daß hier nur mehr eiserner Wille gepaart mit Siegesstolz die todmüden
Körper vorwärtstrieb. Der Angriffsbefehl traf die Baone in verschiedenen
Diensten weit auseinandergezogen. Während die 11. Komp., die am 12. Novem-
ber noch im 42 Kilometer entfernten Courago nördl. Belluno stand, vereint
mit der 10. Komp, unter Oblt. P r o k i f ch in Eilmärschen im strömenden Regen
über Sedico und Bribano Arten zustrebte, sammelte sich in der Nacht zum
14. November das I. Baon in einem Freilager nächst Menin, von wo es dann
um 6 Uhr auf morastiger Straße, durch mehrfache Hindernisse aufgehalten, den
142
Marsch nach dem 16 Kilometer entfernten Caupo antrat. In der Absicht, den
Mte. Roncone und Col di Baio noch am selben Tag in Besitz zu nehmen, trat
das Rgt., dem zur Unterstützung das aus Giaron aufsteigende II. Baon I.R. 59
unter Obstl. Schad und die Mitwirkung dreier GBtn. der 216. J.Brig. in
Loupo zugesagt waren, mit dem verfügbaren II. und UI. Baon den Vormarsch
an. Das I. Baon hatte ehestens zu folgen.
Das günstige Wetter der letzten Tage hatte vollständig umgeschlagen. Im
Tale regnete es, über 800 Meter fiel Schnee. Um 7 Uhr 30 fiel dichter Nebel
ein, der das Vorwärtskommen auf den vereisten Wegen und Felsen bedeutend
erschwerte. Den scharfen frostigen Westwind im Gesicht, auf den vereisten Pfaden
immer wieder ausgleitend, klommen die beiden Baone den 1160 Meter hohen
Roncone hinan. Nach vierstündigem, äußerst beschwerlichem Aufstieg stieß die
Vorhut des II. Baons Ravter um 11 Uhr 30 mit der 8. Komp. Dewaty
und der 6. Komp. Mufic auf den Feind. Die zähe Verteidigung ließ bald
erkennen, daß der Gegner mit mehr als einem Baon die Roncone-Stellung
stützpunktartig besetzt hielt und mit mindestens 4 MG. das steile Vorterrain
des Berges gut eingeschossen bestrich. Obwohl das Rgt. durch das anfängliche
Zurückbleiben des Baons Schad rechts und links ohne Anschluß war, befahl
das Rgts.-Kmdo. dem II. Baon den Angriff mit der Umfassung des fdl. linken
Flügels. Die sich mühevoll nach Westen verschiebenden Kompn. (8. und 5.) fanden
endlich mit der 5. Komp. I.R. 59 Hptm. D i e s n e r Verbindung, stießen jedoch
überall auf überlegenen Feind und vermochten nicht durchzudringen. Im Vor-
tragen des Angriffes entstand zwischen der 6. und 6. Komp, eine breite Lücke.
Das in den ersten Abendstunden eingetroffene I. Baon I.R. 14 beorderte eine
Komp, in diese Lücke. Kurz daraus wurde diese Komp, jedoch wieder zurück-
gezogen, da das Baon I.R. 14 Befehl erhalten hatte, auf seinen früheren
Nächtigungsplatz abzumarschieren. Zur Ausfüllung der Lücke wurde nun die
10. Komp. Oblt. 5 a b a t a besohlen. Wohl versuchte das II. Baon» unterstützt
von Teilen des HI. Baons, dem Gegner die Höhe zu entreißen; doch ließ der
zähe Widerstand des Feindes, verstärkt durch seine vorzüglich eingeschossenen
MG., bald die Erfolglosigkeit dieser Unternehmung erkennen. Ohne Art.-Unter-
stützung, die vom Rgts.-Kmdten. mehrfach erbeten worden war, und durch die
Erklärung des Baons S ch a d, heute zu einem Angriff nicht mehr fähig zu sein,
vermochten die beiden ermüdeten Baone nach der beschwerlichen Entwicklung
über die vereisten Terrainstufen, behindert durch waldartiges Gestrüpp, an
diesem Tage keinen durchschlagenden Erfolg zu erringen. Mit dem H. Baon und
der in der Lücke zwischen den beiden Innenkompn. (5. und 6.) eingesetzten
10. Komp., ferner mit der am linken Flügel bis ins Stizzonetal sichernden
2. Komp, nächtigte das Regiment hart am Feinde. Um 20 Uhr waren auch das
I. Baon und die techn. Komp, eingetroffen. Letztere hatte unter ihrem Kmdten,
Oblt. W u r t i n g e r, durch 20 Stunden ununterbrochen am Ausbau einer Not-
brücke über den Piave gearbeitet und war, ohne sich Rast zu gönnen, dem Rgt.
143
gefolgt. Da der Feind sich gegenüber unserem linken Flügel verstärkte, wurde
die 2. Komp, in gleicher Höhe mit dem II. Baon zur Sicherung gegen das
Stizzonetal vorgeschoben. Mißmutig warfen sich unsere Kämpfer auf den hart-
gefrorenen Boden, denn jeder fühlte es, daß bei den unzureichenden Kräften
und dem Mangel an Art.-Unterstützung der heute mißlungene Angriff morgen
schwere Blutopfer ohne den erwarteten Erfolg kosten könne.
Für den 15. November war nach 25 Minuten Art.-Wirkungsschießen um
6 Uhr 45 der Angriff auf den Mte. Roncone und die energische Verfolgung bis
zum Mte. Cismon befohlen. Es hatte die 8., 5. und 10. Komp, frontal anzu-
greifen, die 6. und 7. Komp, gegen die vom Feinde besetzten Rippen vorzu-
stürmen. Die 2. und 3. Komp, hatten dem linken Flügel (6. und 7. Komp.)
unmittelbar, der Rest als Rgts.-Referve zu folgen. Die ganze Nacht wüteten
die fdl. MG. vereint mit den Feuergarben der Inf. Bis zum grauenden Tag
waren die Kleider und Waffen mit dickem» weißem Reif belegt. Bald nach 6 Uhr
begannen die Gb.Gefchütze ihr Feuer. Es lag nicht an den braven Artilleristen,
daß der Eindruck kein überwältigender war. Mit wenig Mun. ließ sich in der
kurzen Zeit nicht einmal ein moralischer Erfolg erringen. Trotzdem brachen die
Unseren um 6 Uhr 45 wie aus einen Schlag vor, während die eigenen MG.,
insbesondere jene des Lt. Konrad und des Fhr. P u ch w e i n, und der
Jnf.G.Zug unter Lt. S ch n e ck, die eigenen Reihen überschießend, die fdl. MG.
niederhielten. Noch rangen die einen im erbitterten Handgemenge in den ital.
Gräben, da bahnten schon Teile der 5. und 10. Komp, mit Kolbenschlag, Bajonett-
stich und Handgranatenwurf den Weg zum Gipfel. Tollkühn und unaufhaltsam
stürmte der linke Flügel der 5. Komp, unter Lt. M a r i n k o, tatkräftig unter-
stützt vom Sturmzuge der 6. Komp, unter Fhr. Pichler, vor. Allen voran der
tapfere M a r i n k o, setzte er durch wohlgezielte Handgranatenwürfe die fdl.
MG. außer Gefecht. Indessen hatte an anderer Stelle auch die 10. Komp, unter
Oblt. 5 ab ata des Gegners Reihen durchbrochen und war über die feuernden
ital. MG. hinweg bis zum Gipfel vorgedrungen. Kämpfend folgte die 6. und
7. Komp. Zähe und erbittert wehrte sich der Gegner. Jeder Stützpunkt, jedes
Grabenstück, jeder MG.-Stand mußte im Handgemenge errungen werden. Den
steilen Berg belebte ein Troß wildringender, tobender Menschen, zwischen
denen zahllose Verwundete stöhnten und der Tod unentwegt seine Sense
schwang. Noch aber war der Kampf nicht zu Ende. Während die 5. Komp., der
tapfere Lt. Mar in ko allen voran, weiterstürmte und Lt. Ganter der
10. Komp, im erbitterten Ringen den Feind vor sich hertrieb, schlug wohlge-
zieltes Flankenfeuer aus der Richtung südöstl. des Mte. Roncone gegen die
Verfolger. Teile der 3. Komp, unter Lt. G m e i n e r warfen sich im Bajonett-
kamps gegen diesen Feind und rangen ihn nieder. Bei dieser Gelegenheit nahm
die 5. Komp. 1 Hptm., mehrere Suboffiziere und über 200 Mann gefangen
und erbeutete 1 MG. und 1 Mitrailleuse. Der Zug P e t e k, im Verbände der
144
6. Komp., machte 1 Offz. und 38 Mann, die 10. Komp. 3 Offz. und 250 Mann
zu Gefangenen; letztere erbeutete noch 5 MG. Außer den Genannten hatten
sich bei der Erstürmung des Mte. Roneone noch ausgezeichnet: Oblt. Loren-
zoni, Lt. Mufie, die Lt. Konrad und Müllner, die Fhr. Ogris und
Tomafchitz, Fldw. Vefely, die Zgsf. Kellerer, Schreiner und
Bachinger, Gest. Schmidt, S.UO. Zgsf. Schwab, die Schützen Her-
mann, Wünsche r, Pregartner und Kunovsky.
Weiter wogte der Kampf. Der Drang nach vorwärts wies den Weg hin-
unter zum Sattel und entlang des schmalen Rückens über Colle bei Funghi
gegen Col di Baio. überall stellte sich noch der Feind, denn er hoffte durch
zähen Widerstand das Verlorene zurückgewinnen oder doch dem Vormarsch der
Unseren Einhalt gebieten zu können. Noch immer klammerte er sich an den
Hängen zum Stizzonetal fest, zähe jede Schrittbreite Bodens verteidigend. Die
2. Komp., Oblt. Wurst, säuberte oft in hartem Nahkamps die fdl. Stützpunkte,
nahm 5 Offz. und 162 Mann gefangen und erbeutete 2 MG. und 1 Mitrailleuse
des Alpini-Rgts. Nr. 8. Hiebei zeichneten sich besonders Stsfldw. Harb und
Fldw. Hö ller aus. Lt. Marin ko hatte nach der Säuberung dreier fdl.
MG.-Nester mit Handgranaten und nach der Erstürmung des Mte. Roneone
den Widerstand am Col di Baio gebrochen und war, unbekümmert um die noch
festhaltenden Teile des Gegners, vereint mit Oblt. K o l d a und Abteilungen der
6. Komp., bis zum Mte. Cismon vorgebrochen. Marinkos beispielgebend
tapferes Verhalten wurde durch die Verleihung der „Goldenen" ausgezeichnet.
Am Mte. Cismon und Mte. Fredina versuchte der Feind neuerlich hart-
näckigen Widerstand zu leisten. Die scharf ansteigenden, durch schmale, meridio-
nal lausende Rücken verbundenen Kuppen ergaben für ihn eine äußerst
günstige Verteidigung, die durch mehrere MG. wirksam verstärkt wurde. Zudem
waren 4 fdl. Geschütze am Prassolan offen aufgefahren und hielten den schmalen
Ziegenrücken, der vom Col di Baio zum Cismon führt, unter heftigem Schrap-
nellfeuer, dem mehrere Leute und Tragtiere der MG.-Komp. I zum Opfer fielen.
Lt. Mar in ko, Lt. Mu si c, Fhr. Schmid und 21 Mann wurden verwundet.
Um unnötige Verluste, insbesondere durch das fdl. Art.-Feuer, zu vermeiden,
befahl das Rgts.-Kmdo. ein Detachement mit MG. östlich ausbiegend zum flan-
kierenden Angriff gegen die Höhe 1269 Mte. Cismon. Auf allen Vieren kletterte
das Detachement die steile Schlucht gegen Col di Bof hinab, um atemlos jenseits
ebenso steil anzusteigen. Nach kostbaren Stunden gelang es einem Zug der
Alpin-Komp. unter Fhr. Brunner, in des Feindes Gräben einzubrechen und
vereint mit anderen Abteilungen die Stellung zu nehmen. Indessen war es auch
dem schneidigen Ansturm des MG.-Zuges des Stabsfldw. R e f ch im Vereine mit
einem Zug der 1. Komp, gelungen, frontal in die Vorderhangstellungen des
Feindes einzudringen und dessen Widerstand zu brechen. Stabsfldw. Resch wurde
Mit der Goldenen Tapserkeitsmedaille ausgezeichnet. Mit Einsetzung der letzten
10
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Kräfte stürmten die Abteilungen dem Feind nach und entrissen ihm den Mte.
Cismon und in weiterer Verfolgung den Mte. Fredina.
Während das bisher in erster Linie gestandene II. Baon gegen Cm. val
Tosella säuberte und sicherte, rückte das I. Baon in die vorderste Linie. Zwei
Züge des Alpindetachements unter Fhr. Brunner sowie die 1. Komp, mit
einem MG. und Hand-MG. unter Oblt. Riedl nahmen als Vorhut die weitere
Verfolgung des Feindes auf und erstürmten um 19 Uhr den vom Feinde besetzten
1398 Meter hohen Mte. Zaloppa. Teilen der 1. Komp, gelang es, bis zum Fuß
des Mte. Prassolan heranzukommen. Die bereits eingetretene Dunkelheit, die
sich in dem dichten Buschwerk umso fühlbarer machte, zwang jedoch, die
Wackeren zurückzunehmen. Sie meldeten übereinstimmend starke Besatzung
auf Mte. Prassolan. Ein Nachtangriff war in diesem unübersichtlichen, zerklüfte-
ten Terrain bei der völligen Ermüdung der Truppe ausgeschlossen. Das Rgt.
nächtigte unter dem Schutze der 4. Komp.
Nach der Hochspannung des Kampfes zeigte sich doppelt die große Er-
schöpfung der Truppe. Wo die Leute standen, fielen sie bleischwer auf die schnee-
bedeckte Eiskruste. Härter jedoch als alle Ermattung war die schneidende Kälte.
Sie ließ den Körper nicht die erforderliche Ruhe finden. Empfindlich waren die
Lücken, welche die Opfer in unsere Reihen rissen. Jedoch weit größer waren
die Verluste des Feindes. Insgesamt wurden 17 Offz., 447 Mann der Alpini-
Baone Val Tagliamento und Val Natisone gefangen, 7 MG. und 2 Mitrailleusen
erbeutet.
Während dieser Kämpfe erstürmte das Sch.R. 26 als unser nächster östl.
Nachbar jenseits der Stizzone-Schlucht den Mte. Sassuma und den 1381 Meter
hohen Mte. Peurna. Mit Recht sagte der tapfere Kmdt. des Sch.R. 26, Obst.
Pasetti, daß dieser Angriff über vereiste Klippen und schroffe Felsstufen
zu den schwierigsten Unternehmungen des Regimentes während des ganzen
Krieges zu zählen sei.
2. Der Angriff aus den Mte. Prassolan und Mte. Pertica.
Das Rgts.-Kmdo. befahl am 15. November um 22 Uhr: „Der Vormarsch
auf Mte. Pertica, beziehungsweise Mte. Grappa, wird morgen fortgesetzt. Der
Verb.Offz. der 1/3 GBt. hat angegeben, daß diese Bt. oder ein Teil derselben
heute Nacht den Mte. Fredina, der für die Beschießung des Mte. Pertica geeig-
net ist, bezieht. Das I. Baon, in erster Linie stehend, tritt die Bewegung um
7 Uhr mit Sicherungen beider Flanken an. Das II. und das UI. Baon folgen
hinter den Flügeln an den beiderseitigen Hängen. Sollte der Gegner auf dem
Mte. Pertica härteren Widerstand leisten, so ist die Mitwirkung der auf dem
Mte. Fredina stehenden GBt. anzusprechen. Mun. und Handgranaten sind noch
in der Nacht zwischen den Baonen auszugleichen!"
146
Das I. Baon Andics lag mit seiner vordersten Linie am Nordhang des
Prasfolan, 500 Schritt dem Gegner gegenüber, der sich hinter Drahthindernissen
in einer starken, mit zahlreichen MG. ausgestatteten Stellung befand. Mit dem
ersten Frühlicht begannen seine Geschütze vom Mte. Pertica und flankierend
vom Col dell Orso ungehindert gegen das Rgt. zu wirken. Die Hoffnung, daß
eine Vorrückung gegen den besetzten Col dell Orso durch das Schwesterrgt. 26
Entlastung bringen werde, erfüllte sich nicht, da dieses Rgt. für die Unter-
stützung einer deutschen Jg.Dion. zur Erstürmung des Mte. Tomba weit nach
Osten abgezogen wurde. Durch das Abschwenken des Sch.R. 26 wurde nicht nur
die Kluft zum linken Nachbarn vergrößert, sondern auch, was weit schlimmer
war, der Feind im Raume Grappa—Col dell Orso unbehindert befähigt, seine
ganzen Abwehrmittel gegen unser Rgt. spielen zu lassen. Ein Angriff ohne
oder mit unzulänglicher Art.-Unterstützung mußte daher große Opfer erfordern,
ohne sicheren Erfolg erwarten zu lassen.
Um 7 Uhr 12 des 16. November begannen unsere zwei Gb.Geschütze mit
dem Einschießen. Ihr mäßiges Feuer vermochte den gut gedeckten Feind nicht
zu erschüttern. Um 7 Uhr 30 setzten die Kompn. des I. Baons, denen je ein
MG.-Zug zugeteilt war, zum Angriff an. In breiter Gefechtsfront stürmte die
1. Komp. Oblt. Riedl als erste Welle vor, der zweiten Welle (2. Komp.,
Oblt. Wurst) folgten die 3., 4. und Alpin-Komp. rechts gestaffelt. Die Komp,
Riedl, unterstützt von der Komp. Wurst und dem MG.-Zug Stbsfldw. Refch,
brach mit solcher Wucht in die fdl. Linien ein, daß sie im ersten Anlauf ein
breites Loch in die Verteidigungszone des Gegners riß. Oblt. Riedl geriet
hier in eine Lage, die ihn um die linke Flanke seiner Komp, besorgt machte.
Rasch gefaßt, forderte er von der ihm hart auf den Fersen folgenden 2. Komp,
einen Zug, der unter dem Kmdo. des Stbsfldw. Harb sofort vorstieß, in Flanke
und Rücken einer bereitgestellten fdl. Abt. gelangte und diese zum Rückzug
zwang. Dieses schneidige Vorgehen der 1. Komp, und die beispielgebende Ent-
schlossenheit Riedls wurden von ausschlaggebender Bedeutung für die Er-
stürmung. Ohne sich aufzuhalten, hatten die beiden Kompn. in drei Stürmen
die Tiefenzone des Feindes überrannt und den Mte. Prasfolan erzwungen.
Auf den Fersen folgten ihnen die 4., 3. und Alpin-Komp., die, unterstützt von
einem Nachrichtendetachement des I.R. 59 unter Oblt. Brunn st einer, den
gewonnenen Einbruch in harten Einzelkämpfen zum vollen Erfolg auswerteten.
Zwei MG.-Zügen des Lt. A l b e g g e r mit Teilen der 4. Komp, unter
Oblt. L o r e n z o n i, bei denen sich auch Hptm. A n d i c s, die Lt. Lorenz,
A n g e r e r und Fldw. Holzer befanden, gelang es, durch eine geschickte Um-
gehung dem noch zähen Widerstand leistenden Gegner in den Rücken zu kommen.
Es entspann sich ein erbitterter Kamps mit den Reserven des Feindes, in dem
die tapfere Schar dem Gegner den Rgts.-Kmdtn. und 300 Gefangene sowie
6 MG. und 2 Mitrailleusen abnahm. Damit war die Stellung des Feindes un-
147
haltbar. Zn zuversichtlicher Stimmung konnte der Rgts.-Kmdt. Obst. v. Tenner
um 9 Uhr 45 an das 22. Sch.Dions.-Kmdo. melden: „Der Widerstand auf Prasso-
lan war 9 Uhr 15 gebrochen. Das 1. Baon ist im Anstieg auf Pertica. Ich beob-
achte zurücklaufende Italiener auf Col dei Prai vor Abtn. meines westl. Flan-
kenschutzes. Auf Col della Beretta feuern fdl. Geschütze. Die Kammlinie des
Col dell Orfo ist durchaus besetzt, Schützengräben sind sichtbar. Ein deutsch-
sprechender Gefangener sagte aus, Mte. Grappa müsse bis zum Äußersten ver-
teidigt werden. Ich setze die Vorrückung fort." Wohl war um 9 Uhr 15 der
Mte. Prassolan im eigenen Besitz, der Kamps mit dem zähen Gegner jedoch
nicht zu Ende. Die sdl. Art. hatte den Verlust des Prassolan beobachtet und
schüttete nun von drei Seiten besonders schwer empfundenes Flanken- und
Rückenseuer aus der Richtung Col beit Orso gegen den Sieger. Lage um Lage
zerfetzte die dünne Humusschichte, zersprengte das Gestein und riß in die
Linien des tapferen Angreifers empfindliche Lücken. Um den Gegner, der sich
auf dem Rücken zum Col dei Prai immer noch verzweifelt wehrte, erfolgreich
anzugreifen, ohne von der scharf beobachtenden fdl. Art. vernichtet zu werden,
waren die Kompn. zu Verschiebungen auf Umwegen gezwungen.
Als Mittagslage gab die Dion, auszugsweise bekannt: „Aus Mte. Meletta
ist seit Mittag zeitweise lebhaftes Art.-Feuer. Von dem über hierortiges Er-
suchen seitens der 18. J.T.D. von Stonar gegen S. Marino entsendeten Baone
ist noch nichts zu bemerken. Das Baon IV/59 ist im mühevollen Aufstieg aus
dem Val Gozza gegen Cima Sorüe. Fdl. Geschütze scheinen von dort zurück-
gezogen zu sein, ebenso die offen aus Mte. Asolone gestandenen fdl. GbGeschütze.
Das K.I.Baon 1/4 hat nach schwerem Kampfe (Komp.-Kmdt. tot) den Rücken
südöstl. Col dei Prai erreicht. Die Baone I und 11/59 sind im Aufstieg gegen
Col dei Prai, eine Bt. ist dort aufgefahren. Das Sch.R. 3 hat im Aufstieg dort-
hin mit einem Baon bereits Kote 1484 erreicht und 300 Mann des Z.R. 149 und
das Alpin-Baon Matajur, das im Anschlüsse rechts vorgegangene Nachrich-
tendetachement des Z.R. 59 130 Mann des AIpini-Rgt. 8 eingebracht. Das
Sch.R. 3 und das K.Z.Baon 1/4 greifen den anscheinend stark besetzten Mte.
Pertiea an. Die Hauptkraft der Kol. Spieß geht über Casara col di Nocente
auf Col della Beretta. Ein Detachement Z.R. 14 hat bei Piovega die Brenta
überschritten. Zwei Btn. sind trotz mühevollen, 12stündigen Marsches im Begriff,
aus Kote 938 nördl. Cismon in Stellung zu gehen. Sobald das Feuer dieser
Btn. sich fühlbar macht und eigene Abtn. vom Col della Beretta oder von Sto-
när im Abstiege sind, wird das detachierte Baon Z.R. 17 das Tal durchstoßen.
Auf Mte. Asolone ist geringe fdl. Bewegung."
Um 14 Uhr 30 traf folgender Befehl der Brig. beim Rgt. ein: „Das Baon
l/FZg. 4 wurde der 43. Sch.-Brig. unterstellt und hat beim Angriff auf Mte.
Grappa mitzuwirken. Sch.R. 3 wird den Mte. Pertica noch im Lause des
148
16. November nehmen. I/FJg. 4 folgt vom Col bei Prai über Kote 986. in Ml.
Richtung zur Cra. Lima und in weiterer Folge in gleicher Höhe mit dem gegen
C. del Busetto vorrückenden Tetebaon von Sch.R. 3 gegen Mte. Coston. Das
Ig.-Baon klärt beiderseits des Mte. Coston mit je 1 Komp, auf und hält Ver-
bindung mit den Nachbarn!" Dieser Befehl traf das Rgt. noch im Ringen um
die Höhenlinie, die sich von Kote 1484 gegen den Col dei Prai zieht. Nach erbit-
terten, durch das ungünstige Gelände und sdl. Art.-Feuer maßlos erschwerten
Nahkämpsen gelang es endlich um 16 Uhr 30 der 2. Komp., Oblt. Wurst, die
letzte, in die eigenen Linien am rechten Flügel eingeschobene und vom Feinde
stark besetzte Kuppe stürmend zu nehmen und so den Anschluß zum I. Baon
K.Ig. 4, Hptm. T a r t l e r, herzustellen. Hiebei zeichneten sich besonders Stabs-
fldw. Harb, Fldw. Gordon, Gest. Anderwalt und vom zugeteilten MG.-
Zug Fldw. P o I e g e g g aus. Auch das K.Ig.-Baon hatte nur unter schwersten
Kämpfen und Mühen den Col dei Prai bezwungen und war für diesen Tag zu
größeren Kämpfen nicht mehr fähig. Indessen war es dem tollkühnen Fldw.
Ho lz e r (Fö l z er) mit 10 Mann der 4, Komp, gelungen, bis zum Sattel, Kote
1392, nördl. Mte. Pertica vorzustoßen, obwohl vier Btn. den Raum nördl, Ost
dei Forcelletto unter heftigem Sperrfeuer hielten. Hervorragend unterstützt
vom 4. Zug der MG.-Komp. I unter Vormeister Antreiter, der über die Köpfe
der Eigenen hinweg gegen den Feind wirkte, gelang es auch Oblt. Lorenzoni
und der MG.-Abt. Lt. A l b e g g e r mit Teilen der 4. Komp., bis knapp an den
Mte. Pertica nachzustoßen.*) Der Italiener, am Mte. Pertica gut eingenistet,
schob sofort eine Komp, zum Gegenangriff auf die Gruppe Lorenzoni vor.
Trotz heftigstem Art.-Feuer ging der MG.-Zug Schopf in Stellung und jagte,
vereint mit den MG. Antreiter und Weberhofer, Geschoß um Geschoß
gegen den vordringenden Feind. Daß der Gegner über genügend Kräfte verfügte,
zeigt der Vorstoß dieser Komp. Trotzdem die Reihen des Feindes durch das
eigene Feuer stark gelichtet waren, setzte er seine Angriffe fort und mußte mit
Handgranaten und Bajonett zurückgeworfen werden. Es war unschwer zu er-
kennen, daß der Feind unter allen Umständen die Höhe bis aufs äußerste zu
verteidigen suchte. Aus der Richtung Cra Cima und Mga. Bochette di Mezza
wurde die fdl. Entwicklung gegen die offenen Flügel der kühn vorgestoßenen
schwachen Gruppe immer bedrohlicher. Da ein weiteres Vordringen allein infolge
des heftigen fdl. Art.-Feuers gegen die in günstiger Stellung eingenistete Über-
macht des Gegners aussichtslos war, ja sogar die Gefahr bestand, von den
eigenen, noch im Raum Mte. Prassolan, Kote 1484, kämpfenden Abteilungen
abgeschnitten zu werden, war die Gruppe Lorenzoni gezwungen, den Rück-
*) Die damalige Mldg. des Oblt. Lorenzoni, bis zum Sattel zwischen Mte. Pertica
unh Mte. Grappa vorgestoßen zu sein, hat sich nach übereinstimmender Aussage der beiden
Kmdten. Oblt. Lorenzoni und Lt. Albegger später als ein durch den Mangel an Karten
entstandener Irrtum erwiesen.
zug anzutreten. Hiebei gelang es Lt. Albegger, in einer Almhütte 60 Ita-
llener zu Gefangenen zu machen.
Das Rgts.-Kmdo. stand vor einem schweren Entschluß. So sehr es wün-
schenswert schien, noch am selben Tage den Mte. Grappa oder doch den Mte.
Pertiea in Besitz zu nehmen, so sehr sprachen alle Umstände dagegen. Es war
18 Uhr geworden, ehe man die Rückenlinie von Kote 1484 zum Col dei Prai
genommen hatte und imstande war, die eigene Lage und die des Nachbarbaons
der Kaiserjäger zu klären. Durcheinandergeworfen und todmüde versuchten die
Kompn., mit der letzten Kraft ihre schwer errungenen, von der fdl. Art. ständig
beschossenen Stellungen für einen zu gewärtigenden Gegenangriff einzurichten.
Die Stände der Kompn. waren in den letzten Kampftagen von 140 Mann auf
80 gesunken. Lt. OhIynik und K h u l a n k sowie 23 Mann waren gefallen;
Oblt. Dewaty, die Lte. Wicking, Ludw. Mayer, Music, Marinko,
Petek, die Fhre. Otto Schmidt, Rudolf Riedl und Ernst Stühlinger
sowie Stbsfldw. Weghofer und 84 Mann wurden verwundet. Das Schlimmste
aber war, daß die Unterabteilungen kaum mehr etliche Patronen hatten und
ohne Handgranaten waren. Hatte auch jeder einzelne sich in den letzten Ge-
fechten hervorragend geschlagen und mehr als seine Pflicht getan, so gab es
selbst für die beste Truppe eine Grenze der Leistungsfähigkeit. Einen Vorstoß
am beginnenden Abend mit vollständig erschöpften Leuten, bar aller Munition,
über ein so schwieriges Angriffsgelände gegen einen Feind zu unternehmen,
der vom Gelände begünstigt war, dessen zäher, erbitterter Widerstand ungebro-
chen schien und der aus drei Stellungen mit seiner Art. mit Kreuzfeuer ver-
heerend zu wirken vermochte, das hieße das Errungene leichtfertig aufs Spiel
setzen. Dies umsomehr, als mit den zu Mittag von der Dion, gemeldeten Ver-
stärkungen noch lange nicht zu rechnen war und das KJg.-Baon allein nach
all den harten Kämpfen unmöglich mehr zu einem Vorstoß talauf, talab befähigt
sein konnte. So mußte jeder Schritt nach vorwärts die ungeschützten Flügel des
am weitesten vorgestoßenen Regimentes in immer größere Gefahr bringen.
Hätte die Führung ernstlich auf diesem Wege die Errin-
gung des Mte. Grappa ins Auge gefaßt, so hätte sie, statt
das Sch.R 26 von der Linie Col del' Orso — Mte. Grappa ab-
zuziehen, hinter dem Sch.R. 3 mindestens ein zweites
Rgt. folgen lassen und für ausreichendere Art.-Unter-
stützung sorgen müssen.
Um 21 Uhr meldete das Rgts.-Kmdo. an das 43. Sch.Brig.-Kmdo.: „Das Rgt.
hat mit sechs Kompn. vom Col dei Prai-Rücken bis zum Val Delle Stizzone
etwa 1 Kilometer südl. vom Mte. Prassolan die Linie geschlossen besetzt. Rechts
unmittelbar sind Kaiserjäger angeschlossen. Der Frontalangriff gegen Mte.
Grappa und Pertiea ist ohne starke Art.-Mitwirkung, die vor allem auch fdl.
Btn. niederzuhalten hat, aussichtslos. Die Vorrückung der Edelweiß-Dion, über
Col della Beretta—Mte. Asolone erscheint unbedingt notwendig." Als die Nacht
sich niedersenkte, hatte das Rgt. den Rgts.-Kmdtn. des ital. I.R. Nr. 149 und
über 600 Mann gefangen und zahlreiche Kampfmittel erbeutet. An die Gefan-
gennahme des ital. Rgts.-Kmdtn. vom II./ital. I.R. 149, Obstl. Gilbert, der
am Mte. Praffolan zur Ermutigung der Kämpfer in der vordersten Linie weilte,
knüpft,fid) eine interessante und zugleich ergreifende Episode. Eine hünenhafte
Soldatenerscheinung, in den Augen Zornestränen über seine Gefangennahme
und über einen Teil seiner Leute, die ihn im Stiche gelassen hatten, stand er
mit 5 Mann vor Hptm. Andics. Dieser wollte den fdl. Kmdtn., für sein
tapferes Verhalten zum Zeichen besonderer Wertschätzung, getrennt von seinen
Leuten, durch einen Offizier nach rückwärts führen lassen. Der ital. Kmdt. bat
jedoch, mit ihm keine Ausnahme zu machen und ihn mit seinen Leuten abzu-
führen, denn diese 5 Mann seien die einzigen, die bis zum letzten Augenblick
bei ihm standgehalten haben. Mit einem Händedruck schieden wir von ihm. Nun
kam eine Gruppe weiße Tücher schwenkende ital. Infanteristen, welchen die
Gefangennahme ihres Kmdtn. sehr willkommen zu sein schien. „Wo habt ihr
euren Rgts.-Kmdtn. gelassen?" — Einer mit einem echten Gaunergesicht rief,
nach rückwärts zeigend, lachend: „E scappato in dietro! (Er ist nach rückwärts
geflohen!)" Der Mann, der sich durch diese Bemerkung jedenfalls bei uns Lieb-
kind machen wollte, war etwas überrascht, als ihm feine Gemeinheit sehr hand-
greiflich vorgehalten wurde.
Im Brenta-Tal arbeiteten sich am 16. November die Sturmtruppen der
217. I.Brig. (I.R. 14 und Tiroler K.I.R. 3) bis in die Gegend von Collicello vor.
Während das Tal von der Einmündung des Cismon-Baches bis zu diesem Ort
etwa 500 Meter breit ist, verengt es sich hier sehr stark, wodurch die Verteidigung
sehr erleichtert wurde. Ein weiteres Vordringen erwies sich auch bald darauf
trotz rücksichtslosen Opfermutes als unmöglich. Die Italiener hielten das Tal
aus den östl. San Marino angelegten Galerien unter starkem Feuer, vor dem
die Angreifer nirgends Deckung finden konnten. Außerdem verfügte die Edel-
weiß-Dion. außer fünf auf den Höhen eingesetzten GBtn. noch immer über
keine Art. Östl. des Brenta-Tales erreichte das I.R. 59 Ca Sorde (1069). Zwei
GBtn., die dort in Stellung gehen sollten, um ins Brenta-Tal sowie gegen den
Col della Beretta und den Mte. Asolone zu wirken, mußten hiezu einen äußerst
schwierigen Steig durch die Gozza-Schlucht (mit halben Meter hohen Stufen)
benutzen: mit ihrer Feuerbereitschaft konnte daher nicht vor dem Abend des
17. November gerechnet werden. Das I. Baon Tiroler K.Ig.R. 4, verstärkt durch
drei GBtn., wurde Gen. von Merten unterstellt; es sollte beim Angriff aus
den Mte. Pertiea umfassend mitwirken. Das Baon konnte aber erst am Menü
südl. des Mte. Praffolan die Verbindung mit der Gruppe Merten aufnehmen.
151
3. Die Erstürmung des Mte. Pertiea.
In den letzten Tagen hatte sich die Zähigkeit des Widerstandes beim Feinde
wesentlich erhöht. Vielleicht, weil es um den Kampf seiner letzten Positionen
ging, sicherlich aber hatten ihm die bedeutenden Aushilfen der Franzosen und
Engländer das Rückgrat mächtig gesteift.
Das Sch.R. 3 war folgenderweise gegliedert:
Rgkskmdt: Obst. H. v. Tenner, Agtsadj.: Hpim. Wurtinger,
Pion.-Off.: Oblt. Lorenz, Tel.-Off.: Lt. Niemetz.
G.Werf.Abt. Fhr. Wohlrab, Stnrmkomp. Lt. Walzet, 3GZg. Lt. Viktor Mayer,
I. Baon: Zptm. Andics, Wj. Lt. Angerer, II. Baon Hptm. Ravter, III. Baon Hptm. Unger,
1. Komp. Oblt. Riedl. 5. Komp. Lt. Pawlicz, 9. Komp. Oblt. Schinnerer,
2. Komp. Oblt. Wurst, 6. Komp. Oblt. Kolda, 10. Komp. Oblt. Zabata,
3. Komp. Lt. Gmeiner, 7. Komp. Oblt. Koch, 11. Komp. Lt. Mayer,
vorher Lt. Pawlicz, 8. Komp. Oblt. Maiwalü, 12. Komp. Oblt. Geiöer,
4. Komp. Oblt. Lorenzoni. MGKomp. II. Lt. Konrad, MGKomp. III.
MGKomp. I. Lt. Albegger. Oblt. v. Savagieri.
In der allgemeinen Situation war keine Änderung eingetreten, doch mußte
bei einbrechender Dunkelheit die 12. Komp, mit einem MG.-Zug als Verbindung
und gleichzeitig zum Schutze der Flanke nach Mlga. Bochette di Fondo und
Kote 1069 abrücken. Es war eine schwierige Ausgabe, knapp am Feinde in der .<
Finsternis weg- und sieglos durch Busch und Fels vorzudringen. Auch allen
anderen schwer erschöpften Kämpfern brachte die Nacht vom 16. auf den 17. No-
vember keine Erholung. Die Temperatur stand noch immer auf 4 Grad Kälte
und verhinderte trotz aller Müdigkeit einen ausreichenden Schlaf. Mit dem
ersten Morgenlicht setzte wieder von drei Seiten das Konzert der fdl. Art.
gegen unseren Abschnitt ein und unterband jede Vorrückung. Unaufhörlich um-
kreisten fdl. Flieger unsere Stellungen, von Zeit zu Zeit ihre silbrig glitzernden
Todesgeschosse abwerfend. Kleinere ital. Abtn., die sich in Nestern vor unserer
Stellung festgesetzt hatten, wurden durch schneidige Patrouillenvorstöße, insbe-
sondere jene der 12. Komp., ausgehoben. Um 9 Uhr besichtigte Obst. v. Tenn e r
unsere vordersten Linien und konnte hiebei erkennen, daß das Vorgehen im
konzentrischen fdl. Art.-Feuer nicht möglich sei. Zudem hatte der Italiener seine
Linien vom Col dell Orso zum Mte. Grappa und über den Mte. Asolone hinaus
zu einer zusammenhängenden Front ausgebaut und war im Begriffe, feine
Stellung zu verstärken. Auch am Mte. Pertiea hatte der Gegner seine Wider-
standslinie wesentlich verstärkt. Das J.R. 59 meldete von südl. C. Bonato, daß
der Feind in guten Schützengräben in einer Linie über Kote 723, 1292, 1458,
1476 mit Vorstellungen am Rücken bei Saumweg nordöstt. 1292 und nördl. von
1458 mit etwa 6 GGeschützen, 2 IG. und Mw. hinter dreifachen Hindernissen
stehe. Unter diesen Umständen war eine ausreichende Art.-Unterstützung un-
erläßlich.
Da noch immer keine frischen Truppen nachgeschoben waren, löste mit Ein-
bruch der Dämmerung das kombinierte UI. Baon Unger, ergänzt durch die
152
Erobertes ital. Lager bei Saga. 25. Oktober 1917.
5tal. Stellung am Rombonhang nach Beschiehung und Einnahme durch das Régiment.
24. Oktober 1917.
7. und 8. Komp., das I. Baon ab. Der Feind hielt, von unserer Art. kaum
belästigt, seit 12 Stunden unsere Stellungen unter Art.-Feuer und verstärkte
es in der Zeit von 12 bis 14 Uhr zur vollsten Heftigkeit. Trotzdem wurde alles
versucht, um die Mun. zu ergänzen, Nahrung heranzubringen und die Vor-
kehrungen für einen Angriff zu treffen.
Am 18. November traf folgender Befehl ein: „Gruppe Merten wird in
jeder Hinsicht dem Edelweißkmdo. unterstellt. 22. Sch.D.-Kmdo. geht mit S l o-
n i n k a (98. K.Sch.Brig.) und P a s e t t i (Sch.R. 26) ab. — Edelweiß-Dionskmdo.
befiehlt für 18. November Festhaltung des Erreichten und Vorsorgen gegen sdl.
Gegenangriff. — Sch.R. 3 hat den Raum Osthang 1484—1069 im Stizzone-Tal,
Saumweg östl. Mlga. Campighetto durch ein Halbbaon bis 18. November 17 Uhr
zu sperren. Zur Verbindung mit I./T.K.Ig. 4 ist ein Zug einzuschieben. Für
Sch.R. 3 erliegen 40 Verschlüge Ins.-Mun. in Arten."
Ein Beweis, wie vorzüglich der Feind für die Abwehr vorgesorgt hatte, ist,
daß er auch am 18. November ununterbrochen seine Geschütze spielen ließ. Rgts.-
Kmdt. Obst. v. Tenn er erhielt hiebei eine Kopfverletzung, verblieb aber getreu
bei seinen Schützen. Einer ruhigen, aber kalten Nacht war endlich am 19. No-
vember ein sonniger Tag gefolgt. Auf den östl. und südl. Bergen, von denen
der Mte. Grappa der höchste ist, arbeiteten die Italiener deutlich sichtbar an
Feldbefestigungen und Drahtverhauen weiter. Mangels entsprechender Art. muß-
ten wir untätig zusehen, wie der Feind seine Widerstandslinie immer mehr
verstärkte, über uns zogen des Feindes Flieger ihre Kreise, indes seine Art.,
insbesondere in den Mittagstunden, den Kampfraum unseres Rgts. abstreute.
Das alles konnte unsere braven Leute nicht hindern, an irgend einem warmen
Sonnenplätzchen heimzuschreiben. Hatten doch die braven Köche mit der beschei-
denen Mittagskost die erfreuliche Nachricht gebracht, daß endlich nach langer,
schwer empfundener Sperre wieder Post befördert werden dürfe. Um 23 Uhr
traf der Angriffsbefehl der Brig. auszugsweise beim Rgte. ein. GM. Merten
wies dem Sch.R. 3, I/K.Ig. 4 und K.Ig. 3, welches sich am 20. November im
Raume Col dei Prai—Mulde nörül. 1484 Prassolan gruppierte, folgende Aufgabe
zu: „Das Sch.R. 3 und I/K.Ig. 4 nehmen zunächst den Pertica. Der Vorrückungs-
raum für das Sch.R. 3 ist der Rücken 1484—Pertica, die westl. Begrenzung
bildet die Linie Cra Campigolo, Tiefenlinie über C. von C. Fontanello—Era
Pertica. Das I./K.Ig. 4 ist in engem Anschluß westl. über 986 Cra Lima, K.Ig. 3
folgt im zweiten Treffen mit der Direktion Cra Lima. Ein Detachement Sch.R. 3
(Alpin-Komp.), verstärkt durch 4 MG., bemächtigt sich von Mga. Bochette di
Fondo aus des Mte. Grappa. Sobald Pertica genommen ist, folgt Gros Sch.R. 3
dem vorausgehenden Verfolgungsdetachement zum Angriff auf die fdl. Front
halbwegs Mte. Grappa—1548 bis inkl. Mte. Coston. I/K.Ig. 4 greift den Sattel
Kreuz 1457, K.Ig.R. 3 die fdl. Front 1503 einschließlich Asolone an. Westl. mei-
ner Gruppe greift Obst. Spieß mit dem Rgt. 59 den Col della Beretta an."
153
Obst. v. Tenner hatte schon vorher gemeldet, daß ein frontaler Angriff
aus Mte. Pertica nur nach dessen Beschießung mit schwerstem Feuer und
Niederkämpfung der flankierenden Btn. auf dem Col dell Orso durchführbar
sei. Ebenso hatte er dringende Anforderungen an die vorgesetzten Kmdten.
gerichtet, das Regiment für den schweren Angriff mit Stahlhelmen, Draht-
scheren, Krampen, Patronen und besonders mit Handgranaten auszurüsten. Diese
Bitte wurde wegen Mangels an Vorräten abgeschlagen. Schweren Herzens sahen
daher der Kmdt. und die Offiziere des Rgts. dem kommenden Tag entgegen.
Jeder wußte, daß das Rgt. auch diesmal seine Aufgabe in heroischer Weise
lösen, daß aber der Mangel an Ausrüstung die Blutopfer bedeutend erhöhen
werde. Bitterkalt senkte sich wieder die Nacht hernieder, kein Licht durfte auf-
leuchten, kein wärmendes Feuer unterhalten werden, um der fdl. Art. nicht
Ziele zu bieten. In die stille, schaurige Grabesfinsternis fang nur der Sturm
fein heulendes Lied. Nachts vorher und im Morgengrauen des 20. sagten Gefan-
gene übereinstimmend aus, daß bereits Franzosen und Engländer mit vielem
Kriegsmateriale zur Stützung der ital. Front eingetroffen seien und daß das
Massiv des Mte. Grappa unbedingt gehalten werden müsse.
Um 16 Uhr begannen, dem Befehl des Rgts.-Kmdtn. entsprechend, die als
erstes Treffen formierten Kompn. des Komb. III. Baons die Vorrückung über
das schmale Angriffsgelände. Die 11. Komp. P r o k e f ch hatte Direktion auf
Mte. Pertica, links von ihr ging die 10. Komp. S a b a t a, rechts die 9. Komp.
Schinnerer vor. Letztere hatte zwei Züge unter Fhr. Manschet» als
eigene Gruppe ausgeschieden, die noch vor der Kuppe 1549 rechts abzuschwenken
hatte. Die 12. Komp. Lt. G e i d e r erhielt die Weisung, von Mlga. Bochette di
Fondo am Westhang des Rückens gedeckt in der Direktion auf Kote 1703 gegen
Mte. Grappa vorzurücken und sich nach Osten zu sichern. Die 7. und 8. Komp,
folgten als Reserve der Gruppe Unger, der Rest des II. und das I. Baon
als Rgts.-Reserve.
Während unsere Art. das Feuer begann, wurde im scharfen Tempo der
schmale Grat lautlos überwunden und der Anstieg zum Mte. Pertica erreicht.
Allmählich begannen die Geschosse unserer Art. über die Köpfe hinwegzufliegen,
indes die Plänkler mit hochgespannten Nerven den Hang hinaufkrochen. Bald
waren die im Mondlicht silbern erglänzenden ersten fdl. Drahthindernisse er-
reicht. Mit Kolben, Spaten, ja selbst mit Taschenmessern versuchten die Unseren,
das Hindernis zu zerstören. Plötzlich ratterten ihnen zahlreiche fdl. MG. ent-
gegen. Ein wütendes Inf.-Feuer fetzte ein, in das sich wie ein heiseres Bellen
der Abschuß von Revolverkanonen und Mw. mengte. Ein Meer von zuckenden
Feuerblitzen lag vor dem Angreifer und lichtete mit Todesgeschossen seine
Reihen. Nun setzten auch die fdl. Btn. mit einem mörderischen Feuer ein. Vom
Col dell Orso, vom Mte. Grappa und Asolone spien sie Verderben herüber.
In der Dunkelheit wirkte es, als hätte die Hölle alle ihre Schlünde aufgetan.
154
Der schmale Grat gestattete keine Entwicklung» bot keinen Schutz gegen
das wütende Feuer und ermöglichte kein Ausweichen. Die vielfachen Draht-
hindernisse waren nicht zu zerstören. Von allen Seiten in verheerendes Feuer
genommen, stockte der Angriff. Jeder versuchte, so gut es ging, sich an Steine
und Erde zu pressen. Die letzten Handgranaten waren verworfen, die MG.
hatten keine Mun. mehr. Verwundete stöhnten herzzerreißend und immer neue
Opfer holte das furchtbare Feindfeuer. Der Sturmzug Io eher und Zug Lt.
Kellner der 10. Komp, erlitten schwere Verluste, vom Zug Lt. Müllner
waren nur mehr der Kindt, und 4 Mann unverwundet. Rastlos suchten todes-
mutige Patrouillen rechts und links nach einem Durchgang durch die fdl. Hinder-
nisse. Sie fanden aber keinen. Unsere Lage im Kreuzfeuer wurde immer bedroh-
licher, denn in der überfülle seiner Kampfmittel machte der Feind nicht die
kleinste Feuerpause. Auf die Bitte des Baons-Kmdten. Hptm. Unger wurde
ihm als Unterstützung der Rest des II. Baons zugewiesen. Mit der 2. Komp.
W u r st an der Spitze versuchte der tapfere und unermüdliche Oblt. P r o k e s ch,
dem als Gruppen-Kmdten. auch die 10. und 11. Komp, unterstellt war, nochmals
den Feind aus seiner Stellung zu werfen. Wohl gelang es ihm, etwa 100 Meter
an den Gipfel heranzukommen, doch verhinderten die Übermacht des Gegners,
das konzentrische Feindfeuer und die dadurch bedingten Verluste einen vollen
Erfolg. Der dem Regimente zugeteilte Obstl. S i n d e l a r, der mit dem Scheren-
fernrohr den Kampf beobachtet hatte, äußerte sich nach seiner Rückkehr: „Die
Steirer sind darauf losgestürmt, als ob sie nicht den Feind, sondern einen Baum
mit goldenen Apfeln vor sich gehabt hätten."
Frierend lagen um Mitternacht die wackeren Dreier mit ihren Toten in
Eis und Stein gebettet. Die Dion, befahl, die erreichte Linie zu halten und
technisch zu verstärken. Dies mutete wie ein Scherz an. überstrichen von den
Geschoßgarben des Feindes, begossen von einem Hagel Granaten und Schrap-
nells, ohne jegliches Werkzeug in einem vereisten Felsboden, boten allein die
gefallenen guten Kameraden eine Deckung. Seit 18. November war das An-
griffsbaon ohne Verpflegung, 10 Stunden stand es bereits im furchtbaren Feuer
des Feindes, arm an Mun., ohne Handgranaten und doch unerschüttert in seinem
Willen, den Feind zu werfen. Der Morgen des 21. November fand die Angreifer,
getarnt gegen die fdl. Erd- und Luftbeobachtung, hinter Stein und Buschwerk
verkrochen. Auch der Feind war erschöpft und stellte mit Tagesgrauen sein
Feuer fast gänzlich ein. Aus Grund der gewonnenen Erfahrungen wurden die
Reserven umgestellt. Auch ein Teil der Rgts.-Reseroe (5. und 6. Komp.), der
gleichzeitig die heißersehnte Mun. vorzubringen hatte, mußte näher heran-
gezogen werden. Für diesen Tag wurde mit Op.Nr. 324/52 befohlen: „Der An-
griff gegen Mte. Pertica ist durchzuführen! Er wird artilleristisch durch die
gesamte Gruppe Wieden vorbereitet werden, und zwar mit vier 30.4-Mörsern
gegen Mte. Grappa, um die dortigen Btn. zum Schweigen zu bringen, mit
155
zwei 15-om-Kanonen gegen die Bin. auf Asolone, mit je zwei GKBtn. der
Gruppen Hptm. Schiller und Hptm. Radel gegen die Einbruchstelle und
mit einer Hb.-Gruppe des Hptm. Lechner gegen den Westhang von Pertica.
Der Einnahme des Mte. Pertica haben sich unmittelbar die Angriffe des T.K.Jg.-
Rgt. 3 gegen die fdl. Front Mte. Asolone 1503 und des I.R. 69 gegen Col della
Beretta anzuschließen! Die 25. GBrig. setzt nach vollendeter Gruppierung den
Angriff auf Col dell Orso an! Das Sch.R. 3 nimmt, sobald die Art. ausreichende
Wirkung erzielt hat, den Pertica und besetzt ihn derart, daß er gegen fdl. An-
griffe verläßlich gehalten werden kann. Es schiebt je ein Detachement mit MG.
auf den Rücken Mte. Grappa bis zum Felsgrat und auf den Rücken östl. Col
del Bufetto vor, um die Flanke der K.Jg. gegen fdl. Einwirkung aus der
Mulde nördl. Mte. Grappa zu sichern. Das K.Ig.R. 3 und das I/K.Jg.R. 4 haben
sich im Raume C. Fontanello derart zu gruppieren, daß sie den Angriff anzu-
setzen vermögen, sobald das Sch.R. 3 den Pertica genommen hat und die Deta-
chements im Vorrücken gegen die ihnen zugewiesenen Räume sind."
So schien endlich den dringenden Bitten des Rgts.-Kmdtn. Obst. v. Ten-
ner Gehör geschenkt und der schwere Angriff zumindestens artilleristisch entspre-
chend vorbereitet. Tatsächlich begann um 7 Uhr unsere Art. die Feindstellungen
am Mte. Pertica zu beschießen. Diese seit Tagen schon so heiß herbeigesehnte
Art.-Unterstützung wurde aber gar bald zum Verhängnis. Schüsse gingen zu
kurz, ein Volltreffer schlug in die ohnehin schon schwer mitgenommene 11. Komp,
ein und verursachte empfindliche Verluste. Obwohl sofort Lichtsignale abgegeben
wurden, landete der nächste Schuß unweit des ersten. Die Komp, mußte, um
nicht von unserer eigenen Art. zermalmt zu werden, zurück und dem Gegner
blutig abgerungenen Boden überlassen. Das Dions.-Kmdo. befahl nach dem
dritten Schutz dem 30.4-Mörfer, das Feuer einzustellen. Der physische, ja selbst
der moralische Erfolg dieses vom Gegner so gefürchteten Feuers war verscherzt,
die eigene Zuversicht durch den Volltreffer nichts weniger als gehoben. Wieder
blieben die wenigen Schüsse der GBt. die einzige Unterstützung, deren Feuer
aber den Gegner nicht zu erschüttern vermochte, geschweige denn imstande war,
die dichten Hindernisreihen sturmreif zu machen.
Um 10 Uhr ging der Feind gegen die durch einen Zug der 4. Komp, ver-
stärkte 12. Komp, vor, die sich auf dem Saumwege über Kote 1507 gegen Kote
1703 bis in die Höhe des Mte. Pertica vorgearbeitet hatte. Mit vierfacher Über-
macht angreifend, gelang es ihm, in die fast munitionslos gewordene Komp,
einzubrechen. Aus eigenem Antriebe stürzte sich nun Fldw. Pilz dem Gegner
entgegen. Im Vereine mit den vorzüglich wirkenden MG. und dem tatkräftigen
Verhalten des Lt. Graf und Fhr. Huber gelang es, den Feind wieder
zurückzuwerfen.
Das Rgts.-Kmdo. befahl nach Einsatz der 3. Komp, um 16 Uhr den neuer-
lichen Angriff gegen den Mte, Pertica^ da um diese Zeit die Mitwirkung eines
156
Baons T.K.Ig. 3 von Cas. Lima zu erwarten war. Der 12. Komp., die hart
am Feinde verblieben war, wurde aufgetragen, so rasch als möglich gegen den
Südhang des Mte. Pertica vorzustoßen, um gegen Flanke und Rücken des
Feindes zu wirken. Zwei Züge der 9. Komp., Oblt. Schinnerer, hatten
Befehl, im Anschluß an T.K.Ig. 3 von Cas. Lima gegen den Westslügei des
Feindes vorzustoßen. Knapp hinter unserem Art.-Feuer, das um 10 Uhr befehls-
gemäß nach Süden zu verlegen war, stießen die Alpinkomp., die 9., halbe 10.,
11.» 2., 3., 4. und 12. Komp, zum Angriff vor. Wieder gerieten einige Teile in
unser eigenes Art.-Feuer, das der 9. Komp, empfindliche Verluste zufügte. Trotz-
dem arbeiteten sich die Kämpfer hingebungsvoll bis an die fdl. Hindernisse
heran. Keine Bresche, kein Eingang war zu finden. Im verheerenden Kreuz-
feuer des Gegners, der durch Vorstöße unsere Reihen zu zerreißen suchte, wur-
den die Patronen verschossen, erstickte der Angriff. Die erhofften Verstärkungen
und Unterstützungen durch andere Truppen machten sich nirgends fühlbar. Mit
der letzten Kraft wurde das Errungene behauptet. In der Zeit von 22 auf
23 Uhr wurde das vollkommen ermüdete III. Baon, das durch fast 70 Stunden
hungernd und frierend im schwersten Kampfe gestanden, vom Komb. II. Baon
Ravt er abgelöst und die 8. Komp, zur Verstärkung der 12. Komp, befohlen.
Vom Gegner unablässig beschossen, kauerten die Dreierschützen ohne Rucksäcke
die ganze Nacht sprungbereit zwischen Unterholz und Gestein hart am Feinde.
In den ersten Stunden des 22. November hatte das Rgts.-Kmdo. die Baone
von dem am Vortage gegen 24 Uhr eingelangten Befehl des Gruppen-Kmdos.
Merten, den Angriff aus Mte. Pertica tags darauf fortzusetzen, in Kenntnis
gesetzt und sie über die Mitwirkung der Nachbargruppen orientiert. Die Nacht
mutzte dazu benützt werden, eine Umgruppierung der nunmehr Komb. Baone
vorzunehmen, wobei einige Kompn. gegen weniger entkräftete ausgetauscht
wurden. Es galt weiter, die Verwundeten zu versorgen, Munition zu ergänzen
und Verpflegung heranzuschleppen, was in dem steinigen Gelände auf dem
Steilhang des Mte. Pertica, hart am Gegner, mit unsagbaren Anstrengungen
verbunden war.
Ein prächtiger, stimmungsvoller Morgen leitete den 22. November ein.
Um 8 Uhr begannen zwei Mörser und die Gebirgsgeschütze über die Köpfe des
Angreifers hinweg ihre Geschosse gegen den Feind zu jagen. Zwei in der Nacht
vorgebrachte Geschütze (500 Meter östl. C. Campigolo) feuerten auf die am
Westhang gewählte Einbruchsstelle und zerstörten teilweise das davor befind-
liche Drahthindernis, überdies war es auch den Schützen P ö l z l und Z o t t l e r
der Alpinkomp, und Lt. Walze! im Zwielicht gelungen, eine Lücke in das
fdl. Drahthindernis zu reißen. Pünktlich um 8 Uhr 30 stürzten von links nach
rechts die Alpin-, 1., 7., 8., 6., dahinter die 3. und die 4. als Verfolgungskomp,
vor. Während noch Gr.Werf.Abt. Fhr. W o h l r a b des Feindes Gräben unter
Feuer hielt, drängten sich, angefeuert durch den Hornisten der Komp., K o l d a,
157
¿»et ununterbrochen Sturmsignal blies, schon die tollkühnen Angreifer durch
die endlich aufgerissenen Hindernislücken. Sie jagten so schnell dahin, daß der
Feind nicht Zeit fand, seine erste Linie am Nordhang voll zu besetzen und erst
aus der zweiten, dicht besetzten Stellung das Feuer zu eröffnen vermochte.
Lt. W a l z e I, Fhr. Groll und viele andere wurden schwer verwundet. Fhr.
Kaser übernahm das Kmdo. über die Alpinkomp, und erstürmte, gefolgt von
Oblt. K o l d a und Lt. H l i n a, allen voran den Gipfel. An 6 franz. und 6 ital.
MG. vorbeistürmend, brachen sie in die Reihen der Italiener ein, während die
folgenden Abtn., nach rechts und links aufrollend, den Berg säuberten und
über 300 Gefangene machten. 8 Kompn. init 3 M.G.A. verteidigten den Berg,
5 Komp. Dreierschützen eroberten ihn.
Nur eine kleine Atempause gönnten sich die Angreifer, dann rückten sie
gegen den Mte. Grappa. Teile der 6. Komp. K o l d a mit dem Zug Fhr. P i ch-
l e r an der Spitze stießen gegen den Osthang des Mte. Asolone vor und nahmen
dem Gegner im Val Cesila noch 5 Offze., 235 Mann und 2 Geschütze ab. Doch
kaum hatten die unter Oblt. K o l d a und Riedl verfolgenden Abtn. den
Südhang des Mte. Pertica betreten, da prasselten ihnen schon aus allen Richtun-
gen Art.-Geschosse entgegen. Das Feuer steigerte sich zu solcher Heftigkeit, daß
der Mte. Pertica in ein Flammenmeer gehüllt war. Begreiflich, daß in unseren
Reihen Lücke um Lucke entstand. Ohne Art.-Unterstützung hätte ein weiteres
Vordringen ins Verderben geführt. Der Verantwortung bewußt, nahmen die
Führer ihre stürmenden Leute wieder auf den Nordteil des Berges zuück. In
rasender Wut setzte der Gegner sein Trommelfeuer fort. Lt. P a w l i c z, der
sich in so vielen Gefechten bereits ausgezeichnet hatte, und auch viele andere
der lieben Kameraden starben den Heldentod. Im Schutze seines Trommel-
feuers, gedeckt durch eingefallenen Nebel, schritt der Feind zu seinem ersten
Gegenangriff. Die wachsamen Sicherungen merkten jedoch sein Kommen. Man-
gels einer verteidigungsfähigen Stellung stürzten ihm unsere Abtn. zum Hand-
gemenge entgegen. Obwohl an Zahl überlegen, flüchtete der Feind, Tote und
Verwundete liegen lassend, bald zurück. Inzwischen versuchten Teile der erst
um 6 Uhr aus der Stellung gezogenen 2. Komp, unter Stabsfldw. Harb, eines
der auf Cra Campigolo stehenden zwei Gebirgsgeschütze zerlegt aus die Cra
Cima vorzuschleppen. Der schwierige, nur über eingesehenes Gelände mögliche
Transport konnte trotz großer Aufopferung der Leute erst in der Nacht vom
22. auf den 23. November beendet werden. Nach abermaligem Trommelfeuer
prallten die fdl. Reihen zum zweiten Angriff vor. Im Kampfe Mann gegen
Mann wurde auch dieser abgeschlagen. Nach Heranziehung weiterer Verstärkun-
gen folgten bis 17 Uhr noch fünf weitere ital. Gegenangriffe, die jedesmal
durch starkes Art.-Feuer vorbereitet, immer von unseren braven Dreierschützen
abgewiesen wurden. Trotzdem die Italiener die Räume hinter unserer Stellung
mit Sperrfeuer belegten, um das Heranbringen von Reserven zu verhindern.
war es dem Kmdtn. des I. Baons, Hptm. Andics, gelungen, mit dem noch
nicht eingesetzten Rest der halben 2. Komp., ferner 2 schw. RtG.» 3 HMG. und
2 IG. unter geringen Verlusten vorzukommen und die vorderste Kampfstellung
zu verstärken. Um 18 Uhr setzte wiederum heftiges fdl. Trommelfeuer aus
allen Kalibern ein, das eine volle Stunde anhielt. Der daraus folgende fdl.
Angriff sowie ein noch um 20 Uhr 30 erfolgter Ansturm des Feindes waren
wieder ohne Erfolg.
In der folgenden Nacht bestrichen MG. und Art. der Italiener den Kamm
des Pertica. Die eisige Kälte der Nacht brachte den erschöpften Leuten im
Graben nur wenig Rast. Trotzdem waren sie ob der errungenen Erfolge in guter
Stimmung. Dank der Tatkraft und dem unermüdlichen Eifer des ProvLffz.
Oblt. P i p l a war es gelungen, den Leuten bis in die vorderste Stellung in
der Nacht warme Verpflegung zuzuschieben. Da auch reichlich Mun. heran-
gebracht worden war, sah man den Ereignissen des nächsten Tages zuversichtlich
entgegen. An dieser Stelle fei des braven Prov.Offz., Oblt. P i p l a, und seines
Stellvertreters, Rechn.UO. Maxa, gedacht. Sie hatten von Kriegsbeginn bis
Kriegsende das verantwortungsvolle Amt der Verpflegung des Regimentes
inne und versorgten uns unter oft unbeschreiblich schwierigen Verhältnissen,
weder Mühen noch Gefahren scheuend, auf das beste. Ebenso gewissenhaft und
hingebungsvoll erfüllten auch alle anderen Rechn.UO., desgleichen die Komp.-
Köche sowie die Tragtierführer ihre Pflichten.
War der 22. November ein Tag härtester Kämpfe gewesen, so wurde der
23. November ein Tag des Schreckens und Grauens. Mit dem ersten Tageslicht
setzte der Feind sein treffsicheres Feuer mit gesteigerter Heftigkeit ein und
unterbrach es nur, um seinen übermächtigen Angriffen Raum zu geben. Das
Häuflein Verteidiger unter Oblt. Lorenzoni und Riedl verblutete unter
dem Eisenhagel der fdl. Art.-Geschosse, Fliegerbomben und des Serienfeuers der
MG., im Kampfe um den Besitz des Berges. Das ganze Rgt. war eingesetzt.
Die vereinigte 11. und 12. Komp., mit einem Stand von zusammen 100 Mann,
bildeten unter Lt. M a i w a l d die Rgts.-Reserve. Auch diese mußte noch vor
Einbruch der Dunkelheit eingesetzt werden. Gegen den Abend waren 2 Komp,
vom J.R. 14 und 1 Komp. T.K.Ig. 3 zur Unterstützung eingetroffen. Der Stand
des Rgts. am 14. November hatte sich bis 23. November von 88 Offizieren und
1200 Mann auf 41 Offiziere und 630 Mann verringert. Kein Bild kann das
Grauen dieses furchtbaren Tages darstellen, kein Wort vermag die Heldengröße
dieser Tapferen genügend zu würdigen. In wilden Anstürmen war es dem Feind
gelungen, unter Einsatz seiner Sturmzüge, der sogenannten „Arditi", d. h. der
„Verwegenen", in unsere Linie auf der Kuppe einzubrechen. Todesmutig verblieb
Korpl. S e z z e k mit seinem MG. in der Einbruchstelle und leerte die letzte
Gurte gegen den Feind. In diesem kritischen Augenblick wurde das MG. des
Zgsf. Hofer mit drei Bedienungsleuten verschüttet. Hofer grub mit Windes-
159
eile sein MG. aus, und ehe der Feind noch herankam, zuckten schon wieder
Feuerblitze aus seinem Gewehr. Es bedurfte keiner Befehle, die in dieser wirren
Lage auch nicht hätten gegeben werden können. Als Dreierschützen kannten sie
ihre Pflicht. Fldw. K o 8 u t a brachte, obwohl selbst schwer gefährdet, sein MG.
vor die eigene Stellung, um besser die Gefahr am linken Flügel abwehren zu
können. Die Schützen Pölzl und Gnila eilten tollkühn durch das schwerste
Sperrfeuer, um Mun. nach vorne zu bringen. Die braven Steirer verloren ihre
Kaltblütigkeit nicht. Mit aller Ruhe behob Fhr. Weberhofer mitten im
Ansturm der Italiener die Feuerstockung seines Gewehres; der Schwarm-Korpl.
K o r n h o f e r, obwohl vom Feinde bereits eingeschlossen, warf ruhig und sicher
seine Handgranaten. Besonders hervorragend zeichnete sich sowohl im Angriff,
als auch während der Verteidigung des Mte. Pertica der Vormeister Zgsf.
Rechling aus, der sich hiebei die „Goldene" erwarb. Zeitgerecht griffen
Ordonnanzen, Telephonisten und Osfiziersdiener in den Kampf ein und warfen
im Vereine mit den tapfer Ausharrenden den Gegner wieder von der Höhe.
Der Kampf tobte weiter. Die „Dreier" hatten den Feind in 14 zähen und erbit-
tert geführten Angriffen immer wieder zurückgeschlagen. Nur wer es erlebt
hat, weiß, was sie geleistet haben. Jeder, der an diesem Tage im Regimente
gekämpft, der um den Mte. Pertica, den Heldenberg, gestritten, hat sich die
„Goldene" verdient.
In diesen Kämpfen hatte das Regiment, soweit feststellbar, mit Truppen
des Alp. Baon Val Tagliamento, Val Ratisone, Mte. Mataper, Mte. Rosa, Ber-
faglieribaon 60 und dem ital. I.R. 149, eingreifend aus dem Raume Col del
Orfo—Mte. Grappa, mit Teilen der Bersaglieribaone 59 und 62 erfolgreich um
den Sieg gestritten.
Gefallen waren: Lt. Pawlicz, Neumann, Kellner, Fhr. Groll,
Mansch ein, Kdt. Joch er und 73 Mann; verwundet wurden Lt. Konrad,
Walzel, Glauninger, Stark, Steiner, Fhr. Tomaschitz, Be-
rinka, Vondrovsky, Stbsfldw. Refch und 213 Mann. Das Rgts.-Kmdo.
sah sich daher am Nachmittag des 23. November zur Bitte gezwungen, das tod-
matte Regiment abzulösen. Um 18 Uhr traf der diesbezügliche Befehl ein und
um Mitternacht war die Ablösung durch Tiroler Kaiserjäger beendet.
In der Stille der Nacht verließen die Helden die blutige Walstatt, den
Endpunkt ihres siegreichen Sturmlauses. In tiefster Andacht ging es vorbei
an den Grabstätten der gefallenen Kameraden und über manche schmutzver-
krustete Wange rann ein Zährlein im innigen Gedenken an den guten Kame-
raden, der in treuer Pflichterfüllung fürs Vaterland gefallen war und hier in
fremder Erde ruhen mußte. Die Kompn. sammelten sich befehlsgemäß in Rasai
im Stizzone-Tal, westl. Feltre, wo das Rgt. bis zum 4. Dezember 1917 verblieb.
Aus den stark gelichteten Beständen wurden 2 Baone formiert.
Am 26. November 1917 traf Se. Majestät Kaiser Karl zur Besichtigung
160
Straßenbild bei Saga nach dem Durchbruch bei Flitsch. 25. Oktober 1917
(ital. Art.- u. Munitionswagen).
Straßenbild bei Saga. 25. Oktober 1917.
des Rgts., das an der Straße Pedavena—Fara Aufstellung genommen hatte,
ein, sprach dem Rgts.-Kmdtn. Obst. v. Tenn er seine besondere Anerkennung
über die hervorragenden Leistungen des Rgts. aus und dekorierte ihn und eine
Anzahl von Offizieren und Mannschaften, darunter mit der „Goldenen": Oblt.
Lorenzoni. Lt. Marinko, Fhr. Kaser, Stbsfldw. Resch und Korpl.
Leszyk. Außerdem wurde die „Goldene" für den gefallenen Fhr. Man-
sch e i n und Zgss. R e ch l i n g deren Hinterbliebenen übermittelt.
Am gleichen Tage traf folgendes Lob des Gruppen-Kmdtn., G. d. I.
Krauß, ein:
„Das Sch.A. 3, seit 14. November auf den über Mte. Roncone, Mte. Prassolan nach
Süden streifenden Gebirgsrücken im Kampfe, hat dem Feind in schneidigem Angriff Stellung
um Stellung entrissen und seine Erfolge am 22. November mit der Erstürmung des Mte. Per-
tica gekrönt. Zahlreiche sehr starke fdl. Gegenangriffe scheiterten an der trotz aller Verluste,
Mühseligkeiten und Entbehrungen ungebrochenen Standhaftigkeit der braven Schützen und
ihrer Art. Für diese hervorragenden Leistungen spreche ich dem Sch.R. 3, seinem Kmdtn
Obst. Tenner und dem Kmdtn. der 43. Sch.Brig., GM. v. Merken, der Art., dem Baon
I/K.3g. 3, I/K.3g. 4 und IV./14 meine vollste Anerkennung aus."
Am 27. November gratulierte FML. Czapp mit folgenden Worten dem
Regiment:
„Zu der erfolgreichen Eroberung des Mte. Pertica beglückwünsche ich im Namen der
k. k. Landwehr, des k. k. Landsturmes, der Gendarmerie das bewährte steirische Schützen-
Regiment Nr. 3."
Am 3. Dezember traf der Befehl zum Einstellen der Offensive ein, die
übrigens schon geraume Zeit vorher zum Stillstand gekommen war. Nun begann
auch das Abrollen der deutschen Divisionen. Damit endete eine Feldzugsperiode,
reich an Taten, die den glänzendsten Schlachten des Weltkrieges, denen von
Tannenberg, Gorlice und Hermannstadt, würdig zur Seite gestellt werden
können.
Die ital. Untersuchungskommission über die Niederlage von Karsreit, die
die Italiener „II miracolo di Caporetto" („Das Wunder von Karfreit") nennen,
sagt:
„Die Offensive stellt sich in Hinblick auf die geringe Zahl der Angreifer als eine Tat
äußerster Kühnheit dar. Die Genialität des Planes, die Energie und die Kühnheit, die
neuen Methoden in Zeit, Raum und Kampfart sind anerkennenswert. Äußerste Ausnützung
des unerwarteten Anfangserfolges und unermüdliche Verfolgung verhinderten jede RücK-
haltstellung. Der Fd. führte seine Hauptkräfte mit großem strategischen Verständnis bis an
die äußerste Grenze der Leistungsfähigkeit von Mann und Material."
Dies war der letzte große Sieg der auf Gedeih und Verderben verbündeten
Mittelmächte. Der Gedanke, daß ein vielleicht weitaus größerer, aller Voraus-
setzung nach sogar ein durchschlagender strategischer Erfolg hätte erreicht werden
können, wenn die Operation im großen Stil, mit einem gleichzeitigen Angriff
aus Tirol und an der Ifonzofront geführt, ganz Norditalien von den Verbün-
deten überrannt worden wäre und Italien dann aus dem Kriege hätte aus-
scheiden müssen, soll keine wehmutsvollen Erinnerungen auslösen, keinen Schat-
ik
161
ten auf die Vergangenheit werfen. Erbauen wir uns an dem einzig dastehenden,
größten Sieg, an dem das Grazer Scyügenregiment Nr. 3 hervorragenden,
mitunter ausschlaggebenden Anteil hatte, und schöpfen wir daraus Hoffnung,
Glaube und Kraft für eine bessere Zukunft. Jeder Mitkämpfer kann voll Stolz
sagen: „Ich war dabei, als wir den Italienern am Ifonzo das .Wunder von
Karfreit' bereiteten".
Mögen die Söhne, Enkel und Enkelkinder dieser Helden, eingedenk der
ruhmreichen Waffen- und Heldentaten ihrer Väter und Ahnen, die übernom-
menen Überlieferungen hegen und pflegen, sie hoch und heilig halten, und, wenn
das Vaterland sie in ernster Zeit zu den Waffen ruft, ihnen gleichkommen in
Pflichttreue, Heldensinn und Heldentum für ihr Volk! Denn
„Ein Volk ohne Helden sinn, schwindet dahin!"
Lt. Kaser berichtete über die Erstürmung des Mte. Pertica:
„Am 21. November 1917 um 15 Uhr 15 war der Mte. Pertica über Weisung
des I. Korps-Kmdos. abermals berannt worden. Wieder erfolglos. Um diese
Stunde etwa erhielt das II. Baon den Befehl, nach Eintritt der Dunkelheit
zum Mte. Pertica vorzurücken und die auf feinem Nordhang liegenden Kompn.
abzulösen. Offenbar sollten die bis dahin fruchtlos verlaufenen Angriffe am
nächsten Tage durch uns erneuert werden. Also brachen wir gegen 21 Uhr
möglichst geräuschlos auf und passierten bei gedämpftem Mondlicht, in lockerem
Gänsemarsch bergab schreitend, eine von schwärzlichen Granattrichtern gespren-
kelte Schneehalde, unterhalb der uns fdl. MG.-Feuer vorübergehend mit einem
förmlichen Geschoßhagel überschüttete. Hiebei bekam FIdw. K o p p einen Schul-
tersteckschuß. Nach kurzer Rast an einem geschützten Platze konnten wir unbe-
lästigt die Nordseite des Mte. Pertica hinansteigen, bis wir in der oberen Hälfte
auf die Schwarmlinie des III. Baons stießen. Die Ablösung wickelte sich in
Anbetracht der Feindesnähe bei allen Kompn. rasch und fast lautlos ab. Rings
am Hang verstreut, zwischen Steinplatten und Sträuchern notdürftig geborgen,
legten wir uns schlafen, nicht ohne uns vorher durch Aufstellung von Horch-
posten gegen eine Überrumplung gesichert zu haben. Die Kappe benützten wir
als Kopfkissen, als Unterlage wurde das Zeltblatt über den Schnee gebreitet,
der Mantel und die dünne Decke vervollständigten das frostige Lager. Die
Nacht verrann — von einem kleinen fdl. Feuerüberfall abgesehen — vollständig
ruhig. Unbemerkt durchschnitten die Schützen P ö l z l und Z o t t l e r, sich nach
Indianerart an die fdl. vordersten Gräben heranschleichend, an zwei Stellen
die ital. Drahthindernisse.
Am 22. November im Morgengrauen rüttelte uns die beißende Kälte all-
mählich wach. Mich fror erbärmlich. Der Rum in der Feldflasche war fest
gefroren. Die bereiften Büsche vor uns, noch mit verwelktem Laub behängt»
162
verwehrten jede Aussicht auf den Gipfel. Der Feind oben rührte sich nicht. Es
herrschte unheimliche Stille. Wortkarg und beklommen verrauchten wir unsere
letzten Zigaretten. Um 8 Uhr war zur Einleitung unseres Angriffes die Beschie-
ßung der fdl. Stellung durch unsere Bt. angesagt. Wir versprachen uns nicht
viel davon. Sie würde nur geringe Wirkung haben und der Feind doppelt auf
der Hut sein. Daran war nichts zu ändern. Pünktlich nahm die Art.-Vorberei-
tung ihren Ansang. Mit einem Schlage zerriß das lastende Schweigen, Schuß
aus Schuß dröhnte. In schneller Aufeinanderfolge jaulten Granaten an und
landeten mit dumpfen Gepolter am Gipfel. Erdklumpen und Steine flogen
durch die Luft oder hüpften den Abhang zu uns herunter. Die Italiener ver-
galten dies mit Handgranaten, die mit scharfem Knall und weißlichem Dampf
knapp vor uns explodierten. Vor den schwirrenden Splittern krochen wir
schleunigst ein Stück bergab. Etwas tiefer unten war Fhr. Wohlrab mit
seinem Granatwerfer. Neben dieser Mordwaffe, die alle Minuten dem Feinde
eine Ladung sandte, warteten wir nun das Verstummen der Kanonade ab.
Endlich gab der Komp.-Kmdt., Lt. W a l z l, das Zeichen zum Angriff. Das
galt vor allem mir, da ich den Sturmzug kommandierte. Meine Leute aber
waren mit beneidenswertem Phlegma größtenteils so liegen geblieben, wie sie
sich nach unserer Ankunft in der Nacht hingelegt hatten. Schnurstracks den
Hang hinaufrennend, rief ich meinen Zug an; doch konnten mir nicht alle
25 Mann sofort folgen. Ich lief trotzdem weiter und erreichte bald das fdl.
Drahtverhau. Ein Blick zurück überzeugte mich, daß sich die Mehrzahl meines
Zuges doch an meine Fersen geheftet hatte. Überdies sah ich links drüben
einen zweiten Zug unter Führung des Lt. Hlina gipfelwärts stürmen. Nun
sprangen wir mit ohrenbetäubendem Geschrei über die Hindernisse und über
den dahinter befindlichen seichten Graben. Der Feind leistete in seiner Über-
raschung nur wenig Widerstand. Seine Entwaffnung war das Werk von Sekun-
den. Ohne Aufenthalt hasteten wir dem Gipfel zu und erreichten ihn just im
Augenblicke des Sonnenaufganges, gerade als die ersten schüchternen Strahlen
alles um uns mit rötlichem Schimmer übergössen. Droben jedoch bot sich uns
ein erschreckendes Bild. Am Südhang, der in diesem Augenblick erst sichtbar
geworden war, wimmelte es von fdl. Ins., die sich mit mindestens fünffacher
Übermacht eilig zu uns herauswälzte. Die Spitzen der dicht gedrängten fdl.
Kolonnen waren nicht einmal mehr 30 Schritte von uns entfernt und zeigten
deutlich die Absicht, uns mit ihren langen Bajonetten an den Leib zu rücken.
.Avanti Savoya!'-Rufe schlugen an unser Ohr, ein Handgemenge schien unver-
meidlich. .Schießt, was ihr könnt!' war alles, was ich kommandierte. Ohne und
niederzuwerfen, kniend oder stehend, begannen wir nun, mit wildem Gebrüll
in bie heranbrandende Menschenwoge hineinzuschießen. Und schon geriet sie
ins Stocken. Die vordersten der aufgeregt plappernden und gestikulierenden
Alpini verschanzten sich hinter Steinblöcken und schickten sich an, unser Feuer
163
zu erwidern. Unter der Unmenge blauer Helme, die sich vor mir auf und ab
bewegten, gewahrte ich braune, verschwitzte Gesichter, mit halb ängstlich, halb
tückisch starrenden Augen. Ich suhlte, wie sich Gewehrläufe auf mich richteten,
zielte auf einen der Köpfe und drückte ab. Der aufs Korn genommene Italiener
zuckte getroffen zusammen und glitt mit erlöschenden Augen langsam zu Boden.
Mechanisch repetierte ich, schoß ein zweites, drittes, viertes Mal auf irgend ein
Gegenüber, bis plötzlich über der Mitte der fdl. Scharen ein Taschentuch auf-
flatterte, fein säuberlich bedruckt mit der Landkarte und dem Wappen Italiens.
Binnen kurzem wehte ein Dutzend anderer Tücher im Winde."
Vl. Unsere letzte Möglichkeit, den Weltkrieg
zu gewinnen.
„Unsere letzte Chance im Weltkriege" betitelt Oberst S. v.
S ch r e n z e l einen Aufsatz, der im Mai—April-Heft 1932 der allseits zu
empfehlenden, vorzüglich geleiteten militär-wissenschaftlichen „Mitteilungen"
erschienen ist.
Oberst von Schrenzel führt u. a. aus: „Mehr als drei Kriegsjahre
waren vergangen, überall standen die Mittelmächte siegreich tief im Feindes-
land. Im Innern ihrer Länder aber herrschten Hunger und Not; diese zehrten
an der Kraft und Widerstandsfähigkeit des Volkes im Hinterland und began-
nen auch schon die Moral und Schlagkraft der Truppe zu beeinflussen.
Zwischen dem Herbst 1917, der den vollständigen Zusammenbruch Rußlands
brachte, und dem Eintreffen der Amerikaner im Sommer 1918 bot sich den
Mittelmächten die letzte — aber wirklich auch die letzte — Gelegenheit zum
Siege.
Im Osten wie im Westen waren die Fronten erstarrt, die den europäischen
Kontinent von Riga bis an das Schwarze Meer, von Flanderns Küsten bis
zur Adria durchfurchten, aber nur im Westen hätte es eine siegreiche Ent-
scheidung geben können. England war der Kopf, Frankreich das Herz des
Feindbundes. War der Kopf durch die Herrschaft zur See unangreifbar, konnte
nur der Stoß in das Herz den Sieg bringen. Das wäre die Umfassung des
rechten französischen Flügels oder vielmehr seine Umgehung aus dem Wege
über Italien gewesen.
Einem der feinsten strategischen Köpfe auf beiden Seiten des Völker-
kampses, dem österr. FM. von Conrad, war dieser Gedanke entsprungen.
Zur Durchführung des Planes fehlte ihm aber das Werkzeug, zumal er beim
deutschen Verbündeten wenig Geneigtheit fand. So mußte Conrad im Früh-
jahr 1916 den Versuch mit eigenen Mitteln wagen. Wenn nur ein Teil der vor
Verdun verbrauchten deutschen Schlagkraft in der Südtiroler Bastion angesetzt
164
worden wäre — welch unbegrenzte Siegesmöglichkeiten waren da zu ernten i
So aber bereitete der Einbruch Brussilows bei Luck dem österreichischen Sieges-
lauf in Arsiero und Asiago ein jähes Ende . . .
Noch einmal — im Frühjahr des Jahres 1917 — kam Conrad auf seinen
Königsgedanken zurück, nach Niederwerfung Italiens Frankreich von Süden
her zu bedrohen, und versuchte den deutschen Bundesgenossen für diesen Plan
zu gewinnen. Seine Durchführung hätte die Entente in ihrer schwierigsten Lage
während der ganzen Kriegsdauer gefunden. Im Frühsommer jenes Jahres war
die mit den furchtbarsten Blutopfern verbundene Offensive Nivellis sozusagen
im Sande verlaufen und hatte die Disziplin des französischen Heeres derart
untergraben, daß eine ganze Armee gemeutert hatte und die Kampfkraft des
Heeres in Frage gestellt war. Auch diesmal fand Conrad kein Gehör.
Wiederum verloren die Mittelmächte eine Chance, wie sie sich ihnen nie
mehr bieten konnte. Weiter ging der Zermürbungskrieg, der naturgemäß für
die auf sich allein gestellten Mittelmächte weit gefährlicher war als für ihre
Feinde.
Hindenburg und Ludendorff waren nun die leitenden Männer in der
Deutschen Obersten Heeresleitung geworden, als abermals der Gedanke eines
Angriffes auf Italien in Erwägung kam. Den Anstoß hiezu gab die Gefährdung
von Triest, das nach der 11. Isonzofchlacht schon fast im Ertrag der schweren
italienischen Artillerie lag.
Im Spätsommer 1917 schien es nicht mehr ganz ausgeschlossen, daß es
Cadorna gelingen könnte, die zähe Verteidigung am Jsonzo — ein unvergäng-
liches Ruhmesblatt der ihren letzten Kampf kämpfenden k. u. k. Armee, die
überdies noch gleichzeitig die russische, serbische, albanische und später noch die
rumänische Front zu halten hatte — einmal doch zu durchbrechen. Um dies zu
vermeiden, entschlossen sich die Obersten Heeresleitungen der Mittelmächte zu
einer Entlastungsoffensive mit räumlich begrenzten Zielen, besten Falles bis
zum Tagliamento — nicht aber eine Offensive großen Stils mit weiten strategi-
schen Zielen, also mit der endgültigen Niederwerfung Italiens und Freimachung
des Einbruchsweges in den Süden Frankreichs. Der Durchbruch erfolgte dort,
wo sich die west-östlich verlaufende Kärntner Front an die nord-südlich gerichtete
Isonzosront anschloß, im Raume von Flitsch und Tolmein. An ihm nahmen
selbst kämpfend 3 deutsche und 5 österr.-ung. Divisionen teil, so daß der k. u. k.
Armee an diesem glorreichen Siege ihr voller Anteil gebührt. Als Deutscher und
Österreicher kann ich es nicht unterlassen, jene schönen Worte anzuführen, die
sich in einem von FML. Konopitzky, dem Generalstabsches des Erzherzogs Eugen,
im Vereine mit dem Direktor des österr. Kriegsarchivs, Hofrat Glaife von
Horstenau, über diese Durchbruchsschlacht verfaßten Aufsatze finden: „Bei Flitsch
und Tolmein, im Rahmen der 14. Armee, standen — zum ersten Mal seit den
Befreiungskriegen — Deutsche aller Stämme, aus dem Reiche und aus der
165
Ostmark, vom Rhein und von der Donau, von der Elbe und von der Etsch, aus
enger Walstatt zusammen. Brandenburger und Schlesier kämpften und bluteten
neben Deutschböhmen und Männern ob der Enns, Salzburger und Kärntner
hauchten neben Hannoveranern ihr Leben aus. Schwaben und Bayern siegten
und starben in enger Kampfbereitschaft mit Tirolern und Steirern für die eine
heilige Sache. Flitsch—Tolmein war vielleicht der deutscheste aller Siege, die
im Weltkriege errungen worden sind."
Der Durchbruch der italienischen Front (Armee des Gen. Capello) erfolgte
am 24. Oktober 1917. Kaum 14 Tage später standen die verbündeten Armeen
140 Kilometer weiter westlich, am Piave, also weit über dem von Haus aus
im besten Falle erhofften Ziele. In dieser kurzen Spanne Zeit hatte Italien
von einer Million Streitern 800.000 Mann verloren. Von 3026 Geschützen ließen
die Italiener 3152, darunter die gesamte schwere Artillerie, ferner über 3000
Maschinengewehre, 1732 Minenwerfer und ungezähltes Kriegsmaterial sowie
gefüllte Magazine dem siegreichen Feinde. Der erwähnte Verlust von 800.000
Mann verteilte sich auf 10.000 Tote, 40.000 Verwundete, 350.000 Gefangene und
400.000 Versprengte. Diese Zahlen stammen aus offiziellen italienischen Quellen.
Von derselben Seite wird festgestellt, daß ein Teil der „Versprengten" bis nach
Sizilien gekommen war.
Wieder einmal, wie so oft schon seit 2000 Jahren, seit Cimbern und Teu-
tonen zum ersten Mal — in historischer Zeit — von den Alpenhängen nieder-
gestiegen waren, erbebte das Land Italia in seinen Grundfesten vor deck „Furor
Teutonicus", vor der kriegstüchtigeren nordischen Rasse.
Schon in der ersten Novemberwoche hatten die Verbündeten in der Ebene
samt und sonders die Piaoelinie erreicht. Nur im Norden, im Gebirge wurde
noch mit den Resten der zurückflutenden Armeen gekämpft.
Wie ein brausender Bergstrom zur Zeit der Schneeschmelze war das
I. österr. Korps, fast nur aus deutschösterreichifchen Alpentruppen bestehend,
unter der zielbewußten Führung des Generals der Infanterie Alfred Krauß,
aus dem Engtal des Flitfcher Beckens herausgestürmt, hatte als erste Truppe
der Verbündeten den oberen Tagliamento überschritten, war längs des Alpen-
randes und zum größten Teile noch im Gebirge über die Livenza hinweg bis
Longarone und Belluno am oberen Piave gekommen. Auch jenseits dieses
Flusses wurde im unaufhaltsamen Siegeslauf der Angriff dieses wackeren Korps
bis in das Becken von Feltre und zum Oberlaufe der Brenta vorgetragen.
Da nun G. d. I. Krauß mit seinem Korps bereits westlich des oberen Piave
stand, erübrigte es sich noch, aus dem Becken von Feltre südlich drückend, die
Ebene zu erreichen, um es dem Nachfolger Cadornas unmöglich zu machen,
den Piaveabschnitt zu halten, an dem er sich mit den Resten seines Heeres und
einigen von der Tiroler Front herangezogenen Divisionen krampfhaft anzu-
klammern versuchte. Der Piavefluß führte zu jener Zeit Hochwasser und war
166
daher ein sehr ernst zu nehmendes Hindernis. Hier wollte schon Cadorna den
Versuch wagen, sich seinen Verfolgern, die durch den unerhört raschen Vor-
marsch bei einem Raumgewinn von 140 Kilometer begreiflicherweise in ihren
Verbindungen und Nachschubverhältnissen gelitten hatten, zu stellen und den
Piaveabschnitt zu halten, bis seine angstvoll herbeigesehnten englisch-franzö-
sischen Freunde eingetroffen sein würden.
War also schon der Piave, dessen Brücken rechtzeitig gesprengt worden
waren, ein ohne die zurückgebliebenen Brückentrains kaum zu überwindendes
Hindernis, so war dieser Abschnitt von Natur aus durch die Geländebildung
in der Mitte und am linken (nördlichen) Flügel wie durch zwei natürliche
Bastionen, den Montello und den Mte. Grappa, ganz vorzüglich verstärkt.
Namentlich der letztere wurde durch seine Lage nahe der Bruchstelle der fast
rechtwinklig abgebogenen Frontteile (Piave—Alpenfluß) und diese beherrschend
geradezu zum entscheidenden Schlüffelpunkt der ital. Verteidigungsstellung.
In dieser Kampflage trat nun der in der Geburtsstunde der Offensive began-
gene Fehler, nicht an eine Kampfaktion mit strategischen Zielen, sondern nur
an eine Entlastungsoffensive mit beschränkter Aufgabe gedacht zu haben, in
bedauerliche Erscheinung. Hätte man sich nicht von Haus aus eine so bescheidene
Beschränkung auferlegt, so hätte man natürlich dafür gesorgt, daß genügend
bespannte Brückentrains zur Überwindung der senkrecht auf die Vorrückungs-
linie verlaufenden Flußbarrieren den Kampftruppen entsprechend gefolgt
wären. Man hätte für die Wiederherstellung aller zerstörten Verbindungen und
endlich für die Munitionsversorgung der Truppen, insbesondere der Artillerie,
Sorge getragen. In diesem Falle wäre jedenfalls der Entschluß Cadornas, sich
schon am Piave zu stellen, mißlungen, und es ist mehr als fraglich, ob ihm
in der von Foch vorgeschlagenen Etschlinie — nach einem Mißerfolg am Piave
— eine bessere Chance beschieden gewesen wäre.
Tatsächlich also kamen — in der Ebene wenigstens — die Fronten vor-
läufig zum Stehen. Die Italiener waren auf ihre noch vorhandenen geringen
Reserven und" eine sehr verkürzte Front zurückgefallen, in der die augenblick-
liche numerische Überlegenheit der Verbündeten weniger zur Geltung kam,
während diese nach ihrem atemraubenden Vormärsche ihrerseits unbedingt einer
kurzen Atempause bedurften.
Unterdessen hatte das Korps Krauß den Oberlauf des Piave überschritten
und hatte mit seinen drei Divisionen im Becken von Feltre den Anschluß an
die Tiroler Front gefunden. Gelang es General Krauß, das diesem Becken
südlich vorgelagerte Gebirge zu überwinden, das unmittelbar bevor es in die
Ebene auslies, in einer ganz ansehnlichen Gipselreihe, dem Mte. Grappa, Mte.
Pallone, Mte. Tom'ba, kulminierte, so stand er mit seinem sieggewohnten Korps
im Raum von Bassano im Rücken der italienischen Tiroler Front und weit
hinter der noch nicht sestgewordenen italienischen Piavefront. Welch katastro-
167
phale Folgen dieser Einbruch in die Verbindungen beider italienischer Fronten
gezeitigt hätte, ist kaum notwendig zu schildern. Es unterliegt wohl keinem
Zweifel, daß nur geringfügige Reste der südlichsten Piavesront sowie jene
italienischen Truppen, die westlich der Etsch im Kampfe standen, der Gefangen-
nahme hätten entgehen können.
Wir wollen nun sehen, wie G.d. I. Alfred Krauß sich die Lösung seiner
Aufgabe vorstellte, und wie er an sie herantrat.
Um diesem tatkräftigen, zielbewußten und während des Weltkrieges
wiederholt erfolgreichen österreichischen Führer voll und ganz gerecht zu wer-
den, um jene Elemente zu erforschen, die ihn bei seinen Entschlüssen psycho-
logisch, fast zwingend, beherrschten, ist es unerläßlich, auf die Kämpfe zurück-
zukommen, die sein Korps knapp zwei Wochen früher beim Durchbruch der
italienischen Front im Flitscher Becken in so vorbildlicher, nicht zu übertreffen-
der Weise bestanden hatte.
Im Gebirgskriege hatte immer der eigentlich fast unbestrittene Grundsatz
gegolten: Der Besitz der Höhe entscheidet! Waren die Höhen erkämpft, so
konnte man im Tale vorgehen.
Mit diesem alten, axiomartigen Grundsätze des Gebirgskrieges hatten beide
Kampfgruppen des Durchbruches am Isonzo, also sowohl die Gruppe Krauß
in Flitsch wie auch die Gruppe Stein bei Tolmein, angeblich mit Wissen und
Willen vollkommen gebrochen. Es ist nach dem Kriege über diese hier zum ersten-
mal in größerem Maßstabe und mit durchschlagendem Erfolge angewendete
neue Taktik im Gebirgskriege viel geschrieben worden, insbesondere G. d. I.
Krauß baut sie in seinem Buche „Das Wunder von Karfreit" zu einer von
ihm erdachten und dem A.O.K. 14 mundgerecht gemachten neuen Gebirgs-
kriegstheorie aus, die er den „Talstoß" nennt und mit großem Eifer vertritt.
Es ist heute sicherlich nicht so leicht, einwandfrei festzustellen, ob die Führer
der genannten beiden Stoßtruppen sich zu einem Abgehen von dieser alten
Regel des Gebirgskrieges aus freier Überlegung heraus entschlossen haben,
oder ob dieser Entschluß zwangsläufig aus dem Umstande geboren wurde und
geboren werden mußte, daß in diesem zum großen Teil Hochgebirgscharakter
tragenden Gelände (Gipfel bis fast 2600 Meter) angesichts der Jahreszeit und
der damals herrschenden Wetterlage (Neuschnee, Nebel) ein Kampf um die
Höhen eigentlich nicht mehr in Frage kam. Bei beiden Kampfgruppen wirkte
sich jedenfalls der Erfolg vor allem im sogenannten Talstoß aus.
Es war nun keineswegs die Absicht des österreichischen Korpskommandan-
ten, die beiden vom Feinde besetzten Höhenzüge gänzlich zu ignorieren, denn
er setzte im Norden, vom Rombon aus, dessen Gipfel sich im eigenen Besitze
befand, eine Brigade der Edelweißdivision (GM. Wieden von Alpenbach) an,
die aus den besten österreichischen Alpentruppen bestand, während der Polounik
der auch gebirgsgewohnten 55. Division (Bosniaken und Kärntner), GM. Prinz
168
Felix zu Schwarzenberg, zugedacht war. Das Schwergewicht des An-
griffes aber »erlegte der Korpskommandant auf den Talstoß in der Ebene von
Flitsch. Diesen sollte die 22. Sch.D., GM. Rudolf Müller, bewirken. Auch
diese Division bestand vorwiegend aus deutschösterreichischen Alpentruppen.
Während nun die Edelweißdivision sich vergeblich bemühte, im bis zu
2 Meter hohen Neuschnee vorwärts zu kommen, während es den Bosniaken
des Prinzen Schwarzenberg wohl gelang, über Za Kraju sich in den Besitz
der ersten Höhen des Polounik zu setzen, ohne dann nennenswerten Raum nach
vorwärts zu gewinnen, überrannten die braven Steirer der 22. Sch.D. in
wunderbarem Schwünge alle Stellungen der Italiener im Flitscher Becken im
Laufe des ersten Tages, besetzten die Talenge von Podcelom, nahmen Saga
lind am zweiten Kampftage die entscheidenden Stellungen des Feindes am Stol.
Die italienischen Verteidigungstruppen des Rombon, von der Talgruppe nach
Erreichung der Enge von Saga über die Prevalischarte im Rücken angegriffen,
fielen den Siegern als reise Frucht in die Hände. So hatte also hier dem
Anscheine nach der Talstoß zu dem wundervollen Erfolge geführt.
Ganz ähnlich gestalteten sich die Verhältnisse bei der südlichen Stoßgruppe
GLt. Freiherr von Stein. Wie die 22. Sch.D. (GM. Müller) in Flitsch, stieß
hier im breiten Isonzotale oberhalb Tolmein die 12. deutsche Infanteriedivision
(GM. Lequis), am ersten Kampftage 17 Kilometer Raum nach vorwärts
gewinnend, bis Karfreit und Robiö im Natifonetal vor.
Wenn dieser fast überkühne Vormarsch ohne Rücksicht auf den Besitz der
das Tal begleitenden Höhen im Norden und Süden durch die schweren Kämpfe
des Alpenkorps am Kolovratrücken bis Luico erst gesichert werden mußte,
während die Krnverteidigung der Italiener von der k. u. k. 50. J.D. (GM.
G e r L a b e k), von Nordosten angegriffen und im Süden umgangen, bald die
Waffen streckte, so hatte doch anscheinend auch hier der unentwegte, rücksichts-
lose Talstoß ganz außerordentliche, kaum erhoffte Erfolge erzielt.
Diese neue Theorie, ohne Rücksicht aus den Besitz der Höhen den Angriff
im Tale vorzutragen, konnte nur allzuleicht dazu verleiten, mit dem alther-
gebrachten Axiome vom Werte des Höhenbesitzes gänzlich zu brechen und den
Talstoß für die einzige erfolgversprechende Art des Kampfes im Gebirge zu
halten. Hatten doch auch die Russen mit ihrer Vorliebe, in den Tiefenlinien
anzugreifen, nur zu oft Erfolge erzielt.
War es mithin nicht begreiflich, daß G. d. I. Krauß nach solchen Erfolgen
und unter diesem psychologischen Eindrücke seiner neuen Talstoßtheorie stehend,
vor die neue Aufgabe gestellt, aus dem Becken von Feltre südlich drückend
die venetianische Ebene zu gewinnen, auch hier wiederum sich auf den Gedan-
ken des Talstoßes im Brenta- und Piavetal festlegte und jede andere Möglich-
keit, sein Ziel zu erreichen, kaum in Berechnung zog, daß er, im Banne des
Talstoßgedankens auch die Bedenken seiner Divisionäre zurückwies und deren
169
Antrag, den Hauptangriff über die Höhenlinie direkt gegen den Mte. Grappa
zu führen, ablehnte?
Dieser Entschluß des Generals Krauß brachte ihn und fein wackeres Korps
um die Palme eines neuerlichen bedeutsamen Sieges, beraubte in geradezu
schicksalhafter Folgewirkung die verbündeten Mittelmächte der aller mensch-
lichen Voraussicht nach gegebenen Gelegenheit, den Weltkrieg siegreich zu
beenden.
Eine scheinbar so gewagte Behauptung bedarf, um ernst genommen zu
werden, sicherlich einer eingehenden Begründung. Es möge dem Leser über-
lassen bleiben, sich ein Urteil zu bilden, inwiefern die folgenden Blätter diese
Begründung bringen.
Es gab drei Möglichkeiten, aus dem Becken von Feltre die Ebene zu
gewinnen: durch das Piavetal, durch das Brentatal und auf einer über den
Höhenrücken Mte. Roncone, Mte. Cismon, Mte. Fredina, Col Zaloppa, Mte.
Praffolan und den Mte. Pertica auf den Mte. Grappa führenden Kommuni-
kation dritter Ordnung, die sich vom Mte. Grappa in zwei schon im Jahre 1916
gebauten Fahrstraßen nach Bassano fortsetzte.
Der Entschluß des Korpskommandanten ging dahin, in beiden Flußtälern
gleichzeitig im Tale durchzustoßen, ohne die die Täler begleitenden Höhenzüge
und Gipfel irgendwie wesentlich zu berücksichtigen, und nur eine kleinere
Gruppe auf der erwähnten, über das Gebirge führenden mittleren Kommu-
nikation vorzuschicken, wohl keineswegs in der Absicht, hier den Erfolg zu
erzielen, sondern offenbar nur, um die in diesem Raume befindlichen Kräfte
des Feindes zu binden und zu verhindern, daß diese an der Verteidigung der
Täler teilnehmen. Schon in diesem Entschlüsse sehen wir eine wesentliche Ab-
weichung von dem taktischen Grundgedanken des Angriffes in Flitsch. Während
dort wohl der mittleren 22. Sch.D. die Hauptaufgabe zugewiesen war, den
Feind im Tale zu überrennen, so waren doch auch in jeder Flanke gleichstarke
Kräfte (je eine Division) zum Kampfe im Gebirge angesetzt. Hier dagegen
wurde in jedem der beiden Täler ursprünglich je eine Division eingesetzt,
während nur eine schwache Kampfgruppe (nach den Befehlen des Korpskom-
mandanten nur das Sch.R. 3, Obst. von T e n n e r) wohl zwischen diesen Tälern
vorzugehen hatte, aber eigentlich ganz abseits von ihnen, fast ohne taktische
Einwirkung auf den Verlaus der Kämpfe in den Tälern.
Während also in Flitsch zwei Drittel der Kampfkräfte der ersten Linie
beiderseits im Gebirge vorgehen sollten, wurde hier nur ein Sechstel der Kraft
im Gebirge verwendet, fast zwei Drittel aber wurden zum Durchbruch in den
Tälern angesetzt.
Dazu kam noch der ganz wesentliche Unterschied des Geländes. Während
das Becken von Flitsch im Ostteil, wo der Kamps begann etwa 2 Kilometer
Breite hat, während auch das Isonzotal, in dem Gen. Lequis mit seiner Division
170
vorstürmte, durchschnittlich 1 bis 1.5 Kilometer Breite zeigte und so dem Infan-
terieangriss taktische Entwicklungsmöglichkeiten bot, trugen die Täler des
Piave und der Brenta einen ganz anderen Charakter. Es waren Engtäler, die
neben dem Flußbette nur gerade eben noch den Raum für die Fahrstraße gestat-
teten, die bei den vielfachen Biegungen dieser Täler von den Höhen aus sehr
erfolgreich mit Artillerie- und Maschinengewehrfeuer der Länge nach bestrichen
werden konnten. Insbesondere das Brentatal hatte einen geradezu schlucht-
artigen Charakter und war, durch halbpermanente Maschinengewehr- und Ge-
schützemplacements sehr wirkungsvoll bestrichen. So lagen also die Verhältnisse
hier wesentlich anders als bei Flitsch und Tolmein.
Noch eines Umstandes müßte bei dieser Gelegenheit Erwähnung getan
werden, den alle über diese Kämpfe veröffentlichten Berichte kaum beachten, der
sich aber um so mehr dem Augenzeugen, dem Mitkämpfer, aufdrängte. In
Flitsch sowohl als auch vor Tolmein war am Tage des Angriffes der Talboden
mit dichten, nur selten und stellenweise gelüfteten Nebelschwaden bedeckt, so
daß die viel höher an den Hängen postierten Flankierbatterien in Unkenntnis
dessen waren, was im Tale vorging, denn ihre Telephonverbindungen waren
durch das vorangegangene Artillerie- und Minenwerferfeuer größtenteils zer-
stört worden. So entbehrte die überdies politisch demoralisierte italienische
Infanterie auch noch des Schutzes des Sperrfeuers ihrer Artillerie. Es waren
mithin ganz besondere und eigenartig günstige Verhältnisse, die in diesem
besonderen Falle dem mit ganz ungewöhnlicher Schneid von erstklafligen Trup-
pen geführten Talstoße zu dem einzig dastehenden Erfolg verholfen hatten.
Nichts wäre daher verfehlter, als zu verallgemeinern und den Talstoß immer
und in jedem Falle zur unfehlbar erfolgreichen Methode des Gebirgskrieges
erklären zu wollen. Nur allzubald sollten die in den Tälern vorgehenden Kampf-
truppen des Korps Krauß diese Feststellung am eigenen Leibe machen können.
Die 55. Division (GM. Prinz Schwarzenberg) konnte in den Kämpfen
des 14. und 15. November im Piaoetal immerhin noch einige Erfolge erzielen
und bis in das Becken von Quero vordringen, aber wohl nur dank des Um-
standes, daß ihr Führer ziemlich starke Kräfte in seiner rechten Flanke über
den Mte. Tomatico, den Cilladon und den Mte. Cornelia entsandte und diese
vom Feinde besetzten Höhen in die Hand nahm. Der Durchbruch über den
Mte. Tomba in die Ebene blieb aber der wacker kämpfenden Division versagt.
Die im Brentatal vorgehende Edelweißdivision konnte selbst derlei bescheidene
Erfolge nicht aufweisen. Nach wenigen Kilometern Raumgewinn blieben die
braven Kaiserjäger bei II Termine mit schweren Verlusten liegen und hatten
so nicht einmal ein Sechstel jenes Raumes nach vorwärts gewonnen, der erfor-
derlich war, um aus dem Engtale der Brenta in die Ebene zu gelangen.
Ganz anders gestalteten sich die Verhältnisse bei der mittleren Gruppe
(GM. von Merlen). Die Hauptkraft dieser Gruppe, das k. k. Sch.R. 3 (Obst.
171
von Senner) erstürmte am 15. November 7 Uhr 30 noch ohne Artillerie-
unterstützung den tapfer verteidigten Mte. Roncone (1164 Meter) und nahm
17 Offiziere und 447 Alpini gefangen. Hierauf wurde die Vorrückung gegen
den Mte. Cismon aufgenommen, wobei diese Gruppe von den Seitenhuten
(einer Kompagnie J.R. 59 und einem Baon Tiroler Kaiserjäger) sehr wirkungs-
voll unterstützt wurde, die die im Brentatale vorfühlende Edelweißdivision ins
Gebirge gegen den Col dei Prai entsandt hatte. Bis zum Abend hatten die
Dreierschützen den Mte. Cismon (1271 Meter) genommen und den Col Zaloppa
(1398 Meter) erreicht.
Am 16. November 9 Uhr, nach guter Vorbereitung durch zwei bis dahin
eingelangte Gebirgsgefchütze — mit nur wenigen Schüssen —, erstürmte Hptm.
von A n d i e s mit dem I. Baon Sch.R. 3 und dem Detachement Oblt. Brunn-
steiner auch den vom Feinde stark besetzten Mte. Prassolan (1484 Meter),
während Hptm. Tartler mit dem I. Baon K.I.R. 4 vom Col dei Prai bis
Cra Campigolo (800 Schritte südöstlich) vordrang. Hiebei wurden der Komman-
dant des italienischen J.R. 149, Obstl. Gilberti, und über 600 Mann gefangen-
genommen. Doch waren die Truppen schon durch die vorangegangenen Kämpfe
stark hergenommen; die Abführung der zahlreichen Gefangenen zehrte gleich-
falls an ihrer Kraft. Während Hptm. von Andies daran ging, sein über
mehrere tausend Schritte — bis zum Val desto Stizzone — ausgedehntes Baon
nach vorwärts zu sammeln, stürmte Oblt. Lorenzoni mit seiner Kompagnie
weiter vor. Die Kompagnie erreichte die Höhe 1484, 1 Kilometer südlich des
Mte. Prassolan. Ihr tapferer Führer stürmte mit einigen Leuten aus dem steilen
Saumwege bis zum Mte. Pertiea (1552 Meter) und, unbelästigt vom Feinde,
noch darüber hinaus,*) als er auf dem Mte. Grappa Italiener bemerkte. Mt
Rücksicht auf die stark vorgeschobene Lage und die große Ausdehnung seines
Baons wie des ganzen Regiments nahm Hptm. von Andies die stark vorge-
prellte Kompagnie Oblt. Lorenzoni zum Baon zurück. Lorenzoni meldete später
dem GM. von Merten, daß er mit einer nicht ermüdeten Kompagnie aus den
Mte. Grappa hinausgekommen wäre . . .
Bereits 10 Kilometer vom Mte. Roneone, ganz vereinzelt vorgerückt und
weit vorgeschoben, bis auf das vom Col dei Prai her angeschlossene schwache
Tiroler Iägerbaon weit und breit allein, nur mehr über wenig Handgranaten
und Artilleriemunition verfügend, auf schwachem Stande, abgekämpft und er-
müdet, setzte das Sch.R. 3 am 16. November seine Vorrückung über die Höhe
1484 gegen den nun bereits vom Feinde besetzten Mte. Pertica nicht mehr
*) Die Angabe des Obst. Schrenzel beruht auf eine damals mangels an Karten
erstattete ungenaue Meldung Loreuzonis. Wie bereits angeführt, gelangte diese Gruppe bis
zum Nordhang des Mte. Pertica und stieß dort auf überlegenen Feind. Daher ist auch die
Schlußfolgerung Lorenzonis in Bezug auf die mögliche Gewinnung des Mte. Grappa
hinfällig.
172
weiter fort. Da keine weiteren Kräfte nachfolgten, so kann dem Kommandanten
aus diesem Verhalten sicherlich kein Vorwurf gemacht werden. Es war jeden-
falls mehr als zweifelhaft, ob ein vereinzelt gelassener Angriff so schwacher
Kräfte aus den Mte. Pertiea und Mte. Grappa dauernden Erfolg gehabt hätte.
So hatte also die Gruppe des GM. von Merten, die über die Höhen
im Gebirge vorgegangen war, im Gegensatz zu den beiden Talstoßgruppen den
größten Teil jenes Raumes überwunden, der bis an den Gebirgsrand zu über-
schreiten war, und war an den Schlüsselpunkt der ganzen italienischen Stellung
zwischen Brenta und Piave, den Mte. Grappa, säst auf 2 Kilometer heran-
gekommen.
Alle beteiligten Führer, GM. von Merten, Obst. von Tenn er, die
Baonskommandanten und andere Offiziere des Sch.R. 3 sprechen in ihren
Kriegstagebüchern und persönlichen Äußerungen übereinstimmend die feste Über-
zeugung aus, daß die Ereignisse einen ganz anderen Verlauf genommen hätten,
wenn wenigstens ein Teil der 98. Kaiserschützenbrigade, statt als Korpsreserve
in Porcen-Rasai bei Feltre untätig zu bleiben, zur Zeit, als sich der Erfolg
bei der mittleren Kolonne zu zeigen begann, dem Sch.R. 3 nachgeschickt
worden wäre.
Wie berechtigt diese Erwartungen der genannten österreichischen Führer
waren, beweisen die Veröffentlichungen des feindlichen Kommandanten und
Verteidigers des Grappaabschnittes, des itäl. Gen. Elemente Assum,
der in seiner im Jahre 1924 erschienenen Broschüre „La prima difesa bet
Grappa" ausführt:
„. . . Die Lage auf dem Grappa nach dem Verluste des Praffolan war
verzweifelt, weil mir für die Verteidigung eines so ausgedehnten Abschnittes
nur ein einziges Bataillon (1/149) mit wenig Munition zur Verfügung stand . .
Der Nachmittag des 16. November verging in qualvoller Angst. Wenn die
Österreicher an diesem Tage neuerlich angegriffen hätten, würde dieses Bataillon
wohl sicherlich das äußerste Opfer gebracht und sich mit dem Bajonett auf den
Feind geworfen haben, aber — setzt General Assum fort — den Weg zum
Grappa hätte es ihnen niemals verwehren können. Und auf dem Grappa war
kein Mann Reserve mehr vorhanden. Erst spät abends traf zu unserer unsag-
baren Freude das Alpinibataillon Monte Rosa auf dem Grappa ein. Nun
konnten wir wieder aufatmen."
War es mithin begreiflich, daß General Krauß, in seinem Bestreben, mög-
lichst schnell die Ebene zu erreichen, um den italienischen Widerstand am Piave
zu brechen, sich vorerst auf den erst kürzlich so bewährten Talstoß eingestellt
hatte, so ist es andererseits kaum verständlich, daß ein Truppensührer seines
Rufes und seiner Vergangenheit sich nicht schleunigst von dieser neuen, nur
unter ganz bestimmten Verhältnissen zutreffenden Theorie freigemacht und seine
Korpsreserve nicht — wenigstens zum Teile — dort eingesetzt hat, wo sich
173
ins m i!' m m mm m« «in vmmmm
schon greifbare, bedeutende Erfolge eingestellt hatten und das Ziel der ganzen
Aktion mit allergrößter Wahrscheinlichkeit zu erwarten war.
Der objektiv eingestellte Historiker kann auf Grund der nun vorliegenden
Äußerungen von beiden Seiten nur der Überzeugung Ausdruck geben, daß der
Grappa mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch am Nachmittage
des 16. November im Besitze der österreichischen Truppen gewesen wäre, wenn
Krauß sich sofort entschlossen hätte, wenigstens einen Teil seiner Korpsreserve
(der 98. K.Sch.Brig.) bei dieser Gruppe einzusetzen, als er Kenntnis vom Erfolge
der Gruppe des GM. von Merten erhielt. Von diesem Berge südwärts führen
aber zwei im Jahre 1916 von den Italienern erbaute, mehr als 3 Meter breite
Straßen in der Richtung auf Bassano und in die Ebene. Auf diesen Straßen
wäre die 22. Sch.D. noch im Lause der Nacht und in den Vormittagsstunden
des 17. November in den Rücken der Talverteidigung sowohl des Piavetales
wie auch des BrentadefilSs gelangt und hätte damit auch den beiden anderen
Divisionen des Korps Krauß den Weg durch die genannten Täler nach Bassano
geöffnet.
Welche Bedeutung der Vorstoß dieses Korps nach Bassano nicht nur für
die lokale Kriegslage gehabt hätte, wie sich der Besitz des Raumes von Bassano,
das sich im Rücken der italienischen Tirolersront und weit hinter der italieni-
schen Piaoefront befand, ausgewirkt hätte, bedarf wohl keiner weiteren Erläu-
terung. Nur geringe Teile des italienischen Heeres, die westlich des Etschab-
schnittes kämpften, hätten sich dem Zusammenbruch und der Gefangennahme
noch entziehen können. Nichts hätte sich dem Siegesläufe der Verbündeten in
der lombardischen Ebene entgegenstellen können. Denn deren fünf siegreichen
Armeen stand an dieser Front damals eigentlich kein Gegner mehr gegenüber.
Die wenigen englischen und französischen Divisionen, die Italiens Alliierte
von der in schweren Kämpfen stehenden französischen Front herausziehen konn-
ten, versammelten sich zu jener Zeit noch in Marseille oder begannen den
Eisenbahntransport durch die Alpentunnels. In der Lombardei wären sie aber
nur in kleinen Paketen erschienen und keineswegs geeignet gewesen, sich dem
zusammenfassenden Angriffe mehrerer, überdies durch einen großen Sieg mora-
lisch gehobener Armeen entgegenzustellen.
Die furchtbare Gefahr dieser Situation für die Entente wurde — nament-
lich in England — auch klar erkannt und ihre Bedeutung für den Ausgang
des ganzen Krieges voll gewürdigt. In seinem vierbändigen Memoirenwerk
gibt Lord Winston Churchill, einer der bedeutendsten und führenden
Köpfe des Feindbundes, den in maßgebenden Kreisen zu diesem Zeitpunkte
gehegten Befürchtungen lebhaften Ausdruck:
„Am Ausgange des Jahres 1917 erlebten wir die größte Krise des Welt-
krieges ... In diesen schweren Tagen erschien eine Niederlage der schwer
bedrückten Alliierten nicht mehr ausgeschlossen . . . Damals bot sich Deutsch-
174
land die einzige Chance, Frieden zu schließen. Und diese Chance war günstig.
Rußland war zusammengebrochen. Die gewaltige Dampfwalze lag als altes
Eisen im Straßengraben. Ludendorff konnte eine Million Mann und mehrere
tausend Kanonen an die Westfront dirigieren. Wohl waren die Vereinigten
Staaten dem Kriege beigetreten» aber die amerikanische Hilfe war noch im
weiten Felde. Viele Monate mußten noch vergehen, ehe der neue, gewaltige
Kombattant in der Arena erscheinen konnte. In diesem Intervall lag die
Krise . . . Dazu kam das schwere Unglück, das unseren Bundesgenossen Italien
bei Caporetta (Karfreit) betroffen hatte. . . Was geschehen wäre, wenn die
österreichisch-deutsche Offensive, die, zu unserer Verwunderung, am Piave Halt
machte, fortgesetzt worden wäre, läßt sich kaum ausdenken. Das Schicksal Ita-
liens hing damals an einem Faden. Wir mußten mit der Wahrscheinlichkeit
rechnen, daß ganz Oberitalien von den teutonischen Armeen überrannt würde,
daß Italien aus dem Kriege ausscheiden müsse, und daß den Franzosen eine
neue Front bis ans Meer aufgezwungen würde... In diesem Augenblrcke,
nachdem sich unsere Armeen bei Paschendaele fast verblutet hatten und die
Franzosen sich nur langsam, von der Nivelleosfensive zu erholen begannen,
erschien die Aussicht, eine starke Streitmacht nach Italien senden zu müssen,
wenig einladend. Ein gnädiges Geschick ließ aber die Bäume nicht in den
Himmel wachsen, und die Offensive der Mittelmächte blieb am Piave stecken.
Churchill meint aber später, daß dies nicht der Fall gewesen wäre, wenn nicht
Ludendorffs Geist schon damals von der großen Frühjahrsofsensive des Jahres
1918 derart eingenommen gewesen wäre, daß er sich auf dem italienischen
„Nebenkriegsschauplatz" nicht hatte weiter einlassen wollen. Rein menschlich
genommen mußte es der Denkart Ludendorffs sicherlich näher liegen, den mili-
tärischen Endsieg eher an der deutschen Front im Westen zu suchen, als auf
dem gewissermaßen österreichischen Spezialkriegsschauplatz in Italien und . . .
zum großen Teile mit den Truppen des Bundesgenossen. Allerdings ist diese
Annahme — wenn auch auf ähnlichen Vorgängen in Koalitionskriegen aller
Zeiten fußend — im vorliegenden Falle kaum mehr als eine Vermutung.
Die aus den oben angeführten Äußerungen Lord Churchills sprechende
Stimmung in englischen Regierungskreisen läßt es ganz folgerichtig erscheinen,
daß nunmehr England, das niemals Gefühlspolitik, sondern stets Realpolitik
getrieben hat, auf diplomatischem Wege in der neutralen Schweiz Fühlungnahme
suchte, ob angesichts der sich so schwierig gestaltenden militärischen Lage nicht
im Verhandlungswege die Grundlagen eines noch erträglichen Friedens gesun-
den werden könnten.
Just an demselben Tage, an dem die österr. Truppen bis fast auf 2 Kilo-
meter an den Grappa, den Schlüsselpunkt der neuen itastenischen Front heran-
gekommen waren, am 16. November 1917, traten in der Villa des k. u. k. Gene-
ralkonsuls von Montlong in Gens zum erstenmal englische Diplomaten, und
zwar der ägyptische Prinz Djemil Tussuin und Legationsrat Parodi mit dem
österreichischen Legationsrat Ladislaus von Skrzynski, einem sehr gewiegten
Diplomaten mit vorzüglichen Beziehungen in den Weststaaten, zu vorerst unver-
bindlichen Pourparlers zusammen. Da diese sich sehr aussichtsreich anließen,
traten bald von englischer Seite General Smuts, der Präsident der Südafrika-
nischen Union und Mitglied des Obersten Kriegsrates der Alliierten, engster
Vertrauter und Ratgeber Lloyd Georges, sowie des Letztgenannten Privat-
sekretär Philipp Kerr, von österr.-ung. Seite der Botschafter Graf Mensdorff-
Pouilly hinzu. In diesen Verhandlungen wurden englischerseits die Räumung
und Wiederherstellung Belgiens als unerläßliche Bedingung gefordert, Grenz-
korrekturen im rein französischen Teile Lothringens zugunsten Frankreichs als
sehr wünschenswert erklärt, während im Osten den Deutschen freie Hand
gelassen werden würde.
Wenn Deutschland so den Krieg gewissermaßen siegreich beendete, hätte
England nicht nur kein Interesse, Österreich-Ungarn in irgend einer Weise zu
schwächen, sondern würde, als Gegengewicht gegen das übermächtige Deutsch-
land und zur Aufrechterhaltung des Kräfteausgleiches in Mitteleuropa, eine
Stärkung der Donaumonarchie durch Föderalisierung auf nationalstaatlicher
Grundlage, eventuell unter Einbeziehung Polens, Rumäniens, vielleicht auch
Serbiens in das bundesstaatliche System für wünschenswert halten . . .
Dies ungefähr der Rahmen, in dem sich die Verhandlungen zwischen seriösen
englischen und österreichischen Diplomaten in den letzten Monaten des Jahres
1917 abspielten. Die Tatsache dieser Verhandlungen wurde vom englischen
Außenminister Lord Balfour auf Grund einer Anfrage im Parlamente am
13. Februar 1918 ganz ossiziell zugegeben, und es beweist dieser Umstand, wie
ernst man am Ausgange des Jahres 1917 in englischen Regierungskreisen die
militärische Lage beurteilte.
Man stelle sich vor, daß mitten in diese, wie aus den Persönlichkeiten der
Teilnehmer ersichtlich ist, höchst ernst zu nehmenden Verhandlungen die Nach-
richt geplatzt wäre: „Der Mte. Grappa gefallen, das I. österr. Korps in Bassano,
die italienische Armee zum größten Teile kriegsgefangen, Österreicher, Ungarn
und Deutsche aus dem Marsche durch die lombardische Tiefebene gegen die fran-
zösische Grenze . . .!" Die südliche Pforte Frankreichs lag offen und unver-
teidigt. Frankreich war zu dieser Zeit von der Nivelleossensive und deren furcht-
barem Aderlaß noch erschöpft und von Defaitismus durchseucht. Der „Tiger"
Clemenceau, die letzte Energiereserve Frankreichs, hatte an demselben bedeu-
tungsvollen 16. November, der in diesen Ausführungen schon zweimal eine
Rolle gespielt hat, die Zügel der Regierung ergriffen und mußte erst versuchen,
mit seinem eisernen Greisenwillen dieser Flaumacherei Herr zu werden. Ein
solches Frankreich war nicht in der Lage, seine bisherige 400-Kilometerfront
aus 1000 Kilometer zu erweitern und dies im Hochgebirge der Westalpen einem
176
Feinde gegenüber, dessen Armee wie keine andere der Welt für den Kampf
im Gebirge ausgerüstet, geschult und geübt war!
Es ist wohl überflüssig, die aus dieser Gesamtlage sich ergebenden militäri-
schen Möglichkeiten zu entwickeln, was von strengen Kritikern immerhin als
phantasiereiche Wolkenschieberei bezeichnet werden könnte, aber aller Voraus-
sicht nach hätten sämtliche militärischen Operationen bald ein Ende gefunden.
Voraussetzung für alle hier geschilderten militärischen und politischen Mög-
lichkeiten war aber der Besitz des Mte. Grappa. Ausgabe der vorliegenden
Zeilen war es zu beweisen, daß dieser taktische Erfolg mit zwei frischen Batail-
lonen der reichlich vorhandenen Korpsreserve zu erzielen war. Dem Leser möge
es überlassen bleiben festzustellen, ob dieser Beweis erbracht worden ist.
Wenn man nun, da das historische Material von beiden Seiten vorliegt,
aus den Spuren dieser schicksalhaften Feldzugepisode wandelnd, Gelegenheit
hatte, in die verhängnisvollen psychologischen Zusammenhänge Einblick zu
nehmen, wie der Einsatz vielleicht nur eines einzigen Bataillons genügt hätte,
das Zünglein der Schicksalswaage auf die andere Seite zu kippen, so möchte
man beinahe an den Eingriff einer höheren Macht, an ein Fatum im Sinne
der Antike glauben, daß es der so brav bis zum bitteren Ende kämpfenden
österr. Armee nicht beschieden war, durch die so unschwer mögliche Eroberung
des Mte. Grappa, der dann zum heiligen Berg Italiens wurde, den Endsieg
an ihre alten Fahnen zu knüpfen.
Es hat nicht sollen sein!
VII. Die Stellungsperiode am Lol del Drso.
(Hiezu Beilage 55.)
1. Die Abwehrkämpse bis 13. April 1918.
Der Siegeszug der österr.-ung. und deutschen Truppen hatte in der Linie
des Piave, des Grappamassivs und südl. Asiago sein Ende gefunden. Unerhörtes
hatten die braven Truppen trotz der unsagbarsten Weg- und Witterungsunbilden
geleistet. Der übermächtige Gegner war geschlagen und hatte ungeheure Ein-
bußen an Menschen und Material erlitten. Das Sch.R. 3 hatte rühmlichen Anteil
an den Erfolgen und krönte den Siegeslauf durch die Erstürmung des Mte.
Pertica. Allerdings hatte das Rgt. in den Kämpfen um den Mte. Pertica schwer
gelitten. In seiner Kraft ermattet und abgekämpft, bedurfte es dringend einer
Erholungspause, die ihm auf eindringliche Vorstellungen des Rgts.-Kmdtn. Obst.
v. T e n n e r von zuständiger Stelle gewährt wurde.
Schon während der letzten Wochen hatte das Rgt. nebst den schweren
Kämpfen dem eingetretenen Winterwetter standzuhalten. Die wohlverdiente
12
177
Ablösung erfolgte in der Nacht vom 23. aus den 24. November 1917 durch das
T.K.J.R. 2. Unser braves, arg gelichtetes Rgt. marschierte nach Rasei. Hier
wurden die Monturen und Waffen instandgesetzt und Quartiere hergerichtet.
Da in der Gegend kein geeigneter Übungsplatz war, erfolgte am 4. Dezember
die Verlegung des Rgts. nach Sedico und Pojan, wo es um 21 Uhr eintraf. Die
Tage vom 5. Dezember bis Weihnachten dienten hauptsächlich Übungszwecken.
Der Weihnachtsabend wurde in der üblichen, seldmäßigen Weise gefeiert.
In den Unterkünften gab es für die Mannschaft bescheidene Christbäume und
eine Menageaufbesserung mit Wein, der die Gemüter bald in fröhliche Stim-
mung versetzte. Wir waren ja schließlich auch nichts anderes als eine große,
durch Not und Gefahr, Strapazen und Blut aneinandergeschweißte Familie
in gleicher Schicksalsgemeinschaft.
Am 25. Dezember fand im Schlotzhofe von Pojan die Weihnachtsmesse statt.
An diesem Tage kam der Befehl, daß das Rgt. die Stellungen am Steilhange
des Col del Orso zu beziehen und das 4. Rgt. der T.K.I. abzulösen habe. Der
Rgts.-Stab und das I. Baon gingen noch am gleichen Tage über Feltre—Rasei
nach II Christo im Stizzonetal ab. Am 26. Dezember war dort Rast und Feld-
messe. Bei Einbruch der Dunkelheit marschierte das Baon über Mattias—Boffat
nach Mga. Campighetto, wo das Baons-Kmdo. sich auf dem Abfallsrücken
niederließ. Der dem Rgt. zugewiesene Abschnitt erstreckte sich von der Forceletta
bis zum Steilabfallsrücken Kote 1580. Das II. und III. Baon folgten am nächsten
Tag auf der gleichen Marschlinie dem Rgt. Der Kampfabschnitt wurde in vier
Unterabschnitte — Stützpunkte — eingeteilt. Eine durchlaufende Stellung aus-
zubauen, war an diesen Steilhängen unmöglich, weshalb an geeigneten Fels-
vorsprüngen starke Feldwachen aufgestellt wurden, welche sich nestartig an die
Steilhänge anschmiegten. Diese schachbrettartig in die Tiefe gegliederten Stütz-
punkte waren in der Luftlinie einige hundert Schritte voneinander entfernt
und hielten die Verbindung durch Sicht. Für den Bau von Unterkünften war
fast gar kein Raum, weshalb erst durch Aussprengen und Ebnen die Plätze
geschaffen werden mußten. Einstweilen behalf man sich mit Laubhütten, die
mit Zeltblättern überdeckt und verschlossen wurden.
Die Stützpunkte, welche rechts an das I.R. 14, links an Sch.R. 26 durch
Sicht Anschluß hatten, waren folgend besetzt: Stützpunkt TV: 1 Zug mit 2 HMG.
und einem Ins.-Geschütz als Feldwache, dahinter ein Zug Bereitschaft und wieder
weiter rückwärts ein Zug Reserve. Stützpunkt III: 1 Zug und 2 HMG. als Feld-
wache, dahinter ein Zug Bereitschaft und wieder weiter 1 Zug Reserve. Die
Reserve mußte einen Schwarm zwischen sich und dem Stützpunkt IV einschieben,
da die Entfernung zwischen den beiden Stützpunkten zu groß war. An den
Stützpunkt I reihte sich auf Kote 1580 die Fwch. Nord in der Stärke von einem
Zug der Baonsreserve mit 2 HMG. Zwischen dieser Fwch. und dem Stützpunkt I
lag der tiefe Montanagraben. Auf der Forceletta wurde ein MG.-Nest geschaf-
178
sen, das mit der zum jeweiligen Stellungsbaon gehörigen MG.-Komp. besetzt
wurde. Außerdem stand dort ein Inf.-Zug der Baonsreserve, während ein
anderer Zug der Baonsreserve aus dem Steilabfallrücken hinter den Stütz-
punkten I und II stand. Der Baons-Stab hatte seinen Standpunkt nächst C. della
Salino. Dort waren eine Komp, mit 4 HMG. als Nahreserve und 1 Komp, noch
als Baonsreserve in Stellung. Die beiden letzteren Kompn. wurden erst im
Laufe des Monates Februar dorthin verlegt, weil für dieselben vorher keine
entsprechenden Unterkünfte vorhanden waren.
Vom II. Baon standen eine Komp, als Reserve im Höhenlager nächst Mga.
Rusa, 2/3 Komp, und die MG.-Komp. in Stellung an den Steilhängen
östl. Mo. Benvenuto (bei Kote 854); ein Zug der letztgenannten Inf.-Komp.
war als Relaisposten im Stizzonetal aufgeteilt. Eine Komp, des II. Baons und
das ganze III. Baon standen als Abschnittsreserve im Bai Grande, wo auch
der Rgts.-Stab nach Fertigstellung der Unterkünfte seinen Standpunkt südöstl.
der Abschnittsreserve ausschlug. Bis zur Fertigstellung derselben war der Stab
in II Christo. Innerhalb des Rgts. wechselten die Baone alle 10 Tage ihre
Verwendung.
Die Nachschublinie für alle Bedürfnisse der Truppe war einzig und allein
das Stizzonetal, das jedoch vom Col del Orso, vom Mte. Solarolo und von
der Fontana Secca aus eingesehen werden konnte, weshalb der Nachschub nur
bei Nacht durchzuführen war. Der Rgts.-Train war zum Teil in Seren, am
Eingang in das Stizzonetal, zum Teile in Rasei untergebracht, wo sich auch
die Dions-Fassungsstellen befanden.
Der Feind sparte nicht mit Mun. und hielt die Straße durch das Stizzonetal
ständig unter Art.-Feuer. Nachschubkolonnen und auch einzelne Fußgänger
benützten daher diese Straße nur bis II Christo und sodann den Weg über
Col di Bof—Mattias—Dei Cilvestri—Bofsat, der weniger unter Feuer gehalten
und durch Wald der Einsicht des Feindes entzogen war. In Boffat zweigte nun
der Weg in das Bal Grande zum Rgts.-Kmdo. und zur Abschnittsreserve ab.
Gefahrvoll waren die Wege zu den einzelnen Stellungsteilen. Da sie größten-
teils vom Feind eingesehen waren, bemühten sich alle Unterabschnittskmütn.,
Wege anzulegen, auf denen die Verbindung mit der Kampstruppe ungehindert
durchgeführt werden konnte. Solche Wege führten vom Baons-Kmdo. strahlen-
förmig zu den einzelnen Stützpunkten. Diese kaum als Saumwege anzusprechen-
den Verbindungen führten mit vielen Serpentinen längs der Steilabfälle, wes-
halb es großer Geschicklichkeit bedurfte, sie ohne Absturz zu gehen. Zwischen
den einzelnen Stützpunkten war es nicht'möglich, Wege anzulegen. Die Ver-
bindungspatrouillen mußten sich jedesmal selbst einen Weg suchen. Da oft
Lawinen abgingen, war soweit als möglich eine Umgehung der Lawinenfelder
notwendig. Der Bedarfsnachschub erfolgte nur einmal täglich und zwar mit
Einbruch der Dunkelheit oder bei sehr unsichtigem Wetter. Es war klar, daß
179
weder Mann, noch Offizier viel an Ruhe denken konnten. Bei Tag wurde an
Unterkünften und Kavernen gebaut, bei Nacht kam Munition, Verpflegung und
Material. Dies mußte übernommen und ausgeteilt werden. Auch die Errichtung
und Ausbesserung der Hindernisse war ein Gebot der Notwendigkeit, so daß
es also Tag und Nacht alle Hände voll zu tun gab.
Die telephonische Verbindung zum Baons-, Rgts.-, Brig.-Kmdo. und zu den
einzelnen Teilen untereinander 'führte in erster Linie durch das Stizzonetal und
wurde durch Läufer ergänzt. Viel Fleiß erforderte der Stellungsbau. Mühselig
mußten Kamps- und Verbindungsgräben in das Gestein gesprengt werden, wo-
von die ersteren höchstens 30 bis 50 Schritte lang waren. Mit Hingebung wurde
Tag und Nacht an der Vertiefung der Gräben und an dem Ausbau der Unter-
stände gearbeitet. Aus den ursprünglichen Laubhütten entstanden ziemlich wohn-
liche kleine Bretterhütten, in welchen Schwarmöfen wohlige Wärme verbrei-
teten. Natürlich boten die Hütten gegen sdl. Einwirkung keinen Schutz. Es
mußten demnach kleine Kavernen angelegt werden. Vom Bau großer Kaver-
nen wurde Abstand genommen, da man die Erfahrung gemacht hatte, daß durch
einen zufälligen Volltreffer vor so einer Kaverne die ganze Grabenbesatzung
außer Gefecht gesetzt werden konnte. Außerdem war die Besetzung der Stellung
im Falle eines Angriffes bei mehreren auseinanderliegenden Kavernen rascher
durchgeführt, was besonders in diesem Terrain sehr zweckmäßig erschien. Jeder
Stützpunkt war durch Drahthindernisse gesichert.
Auch der Feind war bestrebt, seine Stellungen entsprechend auszubauen und
zu verstärken. Von Natur aus hatte er die weitaus günstigeren Stellungen
inne, da diese am Rücken des Col del Orso — also gegenüber unseren Stellun-
gen überhöht — verliefen. Seine Nachschublinien waren, bis auf einen kleinen
Teil am Nordhange des Grappa, von uns nicht eingesehen. Besonderes Gewicht
legte er auf den Ausbau des dem Col del Orso vorgelagerten Stellungsteiles
und der Kote 1676. Sprengungen fanden Tag und Nacht statt und dumpfe
Sprengschläge ließen auf rege Tätigkeit im Kavernenbau schließen. Gut aus-
gebaute fdl. MG.-Stände wurden von uns auf Kote 1676, knapp nördl. 1672 und
auf Kote 1680 sestgestellt. Auch hatte der Feind reichlich Minenwerfer eingebaut.
Aus Kote 1672 war ein leichtes Grabengeschütz ausgestellt, das hauptsächlich
gegen Mga. Rusa—Forceletta wirkte. Schwere Art. beschoß unsere rückwärtigen
Räume und die Verbindungswege im Stizzonetal. Die zweizonigen Drahthinder-
nisse waren durch reichliche Schneesälle und durch unser Art.-Feuer ziemlich
stark beschädigt. Starke Rauchentwicklung hinter den fdl. Stellungen ließ auf
größere Unterkunstsräume schließen, während sich die Deckungen für die Gra-
benbesatzung knapp hinter der Stellung befanden.
Die fdl. Flieger machten sich zu jeder Tageszeit, selbst in mondhellen Näch-
ten störend bemerkbar. Unsere Flieger wurden aus den Räumen Orso und
Grappa sehr stark beschossen. Vor der Hauptstellung hatte der Feind zahlreiche
180
Nacht-Feldwachen mit je einem MG. Die Kampstätigkeit war ziemlich rege,
obwohl es infolge des Winters zu keinen größeren Kampfhandlungen kommen
konnte. Namentlich die Straßen und Wege wurden reichlich mit Granaten be-
dacht. Das Val Grande, Boffat, Kapelle Mga. Campighetto und unsere Art.-
Stellungen am Prassolan, Col di Suprema, Col di Baio und Fredina standen
unter heftigem Geschützfeuer. Besonders die Batterien am Mte. Grappa und
Mte. Meata machten sich sehr unangenehm fühlbar. Die Stützpunkte hatten
hauptsächlich unter Art.-Feuer mittleren und kleinen Kalibers und Minen-
werserfeuer zu leiden.
Man sieht, daß sich die beiderseitige Gefechtstätigkeit hauptsächlich darauf
beschränkte, die sich unangenehm fühlbar machenden gegnerischen Kampfmittel
zum Schweigen zu bringen. Selbstverständlich waren die Patrouillen eifrig am
Werke. Nicht zuletzt hatten wir auch auf die Unterbindung des fdl. Nachschubes
Bedacht zu nehmen, was bei fdl. Ablösungen oft zu einer ziemlich lebhaften
Kampftätigkeit führte. Die Verluste überschritten trotz der vielen Mühseligkeiten
und trotz der ständigen fdl. Einwirkung, dank der geschickten Ausnützung des
Terrains und der reichen Kriegserfahrung des Rgts., nicht das normale Maß
der Verluste bei einem Stellungskampse.
Mit den geschilderten Tätigkeiten verging die Zeit und auch der Winter.
Unter der Ungunst der Witterung hatten wir in dieser unwirtlichen, nahe an
1700 Meter liegenden Hochgebirgsgegend viel zu leiden. Wie überall, überwan-
den die braven Dreierschützen auch hier alle Unbill, die ihnen der gut aus-
gerüstete Feind und der wilde Hochgebirgswinter bereiteten. Ihren Mut, ihren
Tatendrang und ihre stets opferfreudige Hingabe vermochte auch der ärgste
Frost nicht zu brechen. Wann und wo immer sie waren, blieben sie aufrecht in
ihrer ruhigen, gelassenen Heldenart.
In der Märzsonne schmolz der Schnee von Berg und Tal. Die ersten Früh-
lingsboten wagten sich schüchtern an das Tageslicht. Ungebrochenen Mutes stand
unser Rgt. am Steilhang des Col de! Orso auf treuer Wacht. Wie Schwalben-
nester klebten die Stellungsteile an den Felsabstürzen. Es mangelte an allem,
an Verpflegung, Ausrüstung und jeglicher Hygiene. Gar oft stürzte irgendwo
ein Tragtier ab, das sofort der Kampftruppe als willkommene Menage-Zubuße
zugeführt wurde. Die Adjustierung bestand größtenteils aus notdürftig zusam-
mengeflickten Monturresten und zerrissenem Schuhwerk. Ungemein schwierig
gestaltete sich der Transport der Verpflegung, Munition und Ausrüstung. Zur
Vermeidung unnötiger Verluste dursten nur nach Einbruch der Dämmerung
die Tragtierkolonnen mit den kärglichen Schätzen abmarschieren, um noch in
der Nacht Boffat zu erreichen, von wo erst am nächsten Abend der Weiter-
transport an die Kampftruppen erfolgen konnte. In dieser Verfassung und
Lage trotzten Offizier und Mann dem Hochgebirgswinter.
Das Elend in der Heimat blieb uns nicht fremd. Von einrückenden Urlau-
181
bern hörte man sehr viel, wie es im Hinterlande aussah. Nächte hindurch stan-
den Frauen, Mütter und Greise vor Geschäften und Ausgabestellen, um einen
Bissen Brot, einen Tropfen Milch, ein wenig Saccharin zum notwendigsten
Lebensunterhalt für die Erwachsenen und hungernden Kinder zu ergattern.
Unverzagt, im eisigen Sturm, standen sie „Schlange", Nächte, Tage, Wochen und
Monate. Freilich gab es auch Ausnahmen! Jene gewissenlosen Ausbeuter, die
sich das Elend der anderen zunutze machten, lebten auch da noch in Saus und
Braus. Aber nicht genug an dem! Diese Parasiten wiegelten in der Absicht, das
Augenmerk von sich zu lenken, noch dazu das Volk auf. Unsere braven, gedul-
digen Menschen wurden verführt. Da und dort kam es in Industriebetrieben,
die mit Kriegslieferungen beauftragt waren, zu wilden Streiks. Also nicht
genug an dem, daß sich diese Parasiten die Bäuche füllten, leisteten sie noch
dem Feinde die wertvollsten Dienste, jenem Feind, der, vorzüglich verpflegt
und mit den Errungenschaften der modernsten Technik ausgerüstet, in unge-
heurer Übermacht unserem Häuflein ausgehungerter Menschen gegenüberstand,
jenem Feind, der unerbittlich auch die Wehrlosen im Hinterland auszuhungern
trachtete. Dieser Feind verschmähte es nicht, die brutalsten Mittel anzuwenden,
um uns auf diese Weise niederzuringen, weil es ihm im ehrlichen Kampfe nicht
gelang. Wenn auch äußerlich armselig, blieben wir innerlich ungebrochenen
Mutes, vom Siegeswillen durchdrungen und pflichtbewußt bis zum Äußersten.
Es gab keinen unter den Steirern, der den Treueid für Kaiser und Vaterland
nicht gehalten hätte. So stand die Sachlage im Frühjahr 1918.
Gegen Ende März langten frohe Botschaften ein. Die deutsche Bruder-
armee war bei Flandern im glorreichen Siegeszug gegen die Ententestaaten.
Nach ungeheurer artilleristischer Vorbereitung hatten die deutschen Truppen im
Verein mit österr.-ung. Verbänden die sdl. Stellungen mehrfach durchbrochen
und waren im siegreichen Vorwärtsschreiten. Es war nun klar, daß auch unsere
Heeresleitung einen Schlag gegen die verbündeten Feindmächte unternehmen
werde, um einerseits den Ententestaaten keine Atempause zu lassen, anderer-
seits, um durch das rüstige Vorwärtsschreiten der eigenen Armee fiir unser
Hinterland Lebensmittel zu beschaffen.
Zum Zwecke einer eigenen Offensivaktion mußte das A.O.K. eine Umgrup-
pierung in Erwägung ziehen. Da im unwegsamen Hochgebirge ein rasches Nach-
schieben von Truppen, Munition, Verpflegung usw. nicht möglich und das
Grappamassiv vom Feinde sehr stark befestigt war, da ferner die eigenen Truppen
für einen Angriff in sehr ungünstiger Stellung standen, hingegen der Feind,
begünstigt durch seine eigenen vorzüglichen Kommunikationen und die nahe an
der Front befindliche Operationsbasis, seine Truppen rasch an bedrohte Punkte
bringen konnte, kam ein Angriff im Raume Sieben Gemeinden bis zum Alpen-
südrand nicht in Frage. Ebenso ungünstig stand die Situation im Raume Iudi-
carien—Gardasee. Es blieb dem A.O.K. daher keine andere Wahl übrig, als
182
eine Zange zu bilden, die einerseits den Piave am Unterlauf in der italienischer!
Tiefebene forciert, andererseits einen Stoß aus dem Raume Tonale gegen
Cdolo—Brescia führt, während die dazwischenliegende Hochgebirgsfront den
Feind durch intensive Tätigkeit zu beschäftigen und so unsere Absichten zu ver-
schleiern hatte.
Für diese Offensive mußten die besten und bewährtesten Truppen bereit-
gestellt werden. Dazu war auch die 22. Sch.D. ausersehen, weshalb ihr der
Angriffsraum im Gebiete des Tonale zugewiesen wurde.
Von der deutschen Westfront lauteten die Nachrichten nicht mehr so günstig
wie vorher. Ansang April schien die deutsche Offensive ins Stocken geraten zu
sein. Der Feind raffte sich zu Gegenangriffen auf und erzielte örtliche Erfolge.
Nun mußte unser A.O.K. so rasch als möglich handeln.
Die 22. Sch.D. erhielt am 12. April den Befehl, in den Raum Bozen ab-
zugehen.
2. Die RetabUerung im Raume Bozen.
Als 1. Staffel marschierte das I. Baon unter Hptm. O r t n e r nach Bozen.
Die übrigen Baone und das Rgts.-Kmdo. folgten einige Tage nachher von Borgo
aus im Bahntransport.
Sagenumwoben grüßen der Rosengarten, der Schiern und der Ritten zum
Etsch- und Eisacktal herab. Märchenhaft schön erglüht König Laurino Reich im
Glanze der auf- und untergehenden Sonne.
Südlich von Bozen breitete sich im Etschtal ein geräumiges Barackenlager
aus, das für erholungsbedürftige Truppen bestimmt war. Dort richtete sich das
Rgt. häuslich ein. Es begann ein emsiges Scheuern, ein sorgliches Instandsetzen
der Uniformen und Schuhe. Oblt.-Proviantoffizier P i p l a verbesserte die
Menagen und sorgte trotz der Lebensmittelknappheit für Zubußen. Um die
Glieder nicht erschlaffen zu lassen, fanden täglich Ausrückungen statt. Für grö-
ßere Übungen bot jedoch das Terrain um Bozen wenig Gelegenheit, da überall
dichte Kulturen standen. Deshalb verlegte man die Baone auf das Hochplateau
von Deutschenofen und Welschosen, wo die Unterführer Gelegenheit fanden,
ihre Abteilungen entsprechend zu schulen. Zu Pfingsten 1918 rückten die Baone
wieder in das Barackenlager bei Bozen ein.
Dort erwarteten uns bereits neue Befehle. Ausrüstung, Munition und Ver-
pflegung wurden ergänzt, der noch auf Trainfuhrwerken fortgebrachte Bedarf
wurde für Tragtierladungen bestimmt und nur weniger Wichtiges auf fahr-
barem Train belassen. Ein Zeichen, daß das Regiment wieder im Hochgebirge
verwendet werde. Leider blieben die Vorbereitungen für den zu führenden
Schlag nicht geheim. An der Front und im engeren Etappenraum wußte man
allerdings nicht, was die Heeresleitung plane. Dagegen war es im Hinterland
kein Geheimnis, daß wir baldig am Unterlauf des Piave und vom Tonale aus
183
angreifen werden. Wie schon früher erwähnt, trieben sich im Hinterland zahl-
reiche dunkle Subjekte herum, die dem Feinde über Stimmung der Bevölke-
rung, Verpflegung, Truppenbewegungen usw. Nachrichten zukommen ließen unv
unsere Bevölkerung aufhetzten, den Anordnungen der Behörden Widerstand zu
leisten. Trotz der Disziplin, die selbstverständlich auch bei den Hinterlandstrup-
pen herrschen mußte, kam es besonders unter den tschechischen Truppen-
körpern zu Meutereien und offener Auflehnung gegen Vorgesetzte. Freilich
waren das noch vereinzelte Erscheinungen, hervorgerufen von verräterischen
Politikern und deren Anhang, doch waren es Sturmzeichen. In Kroatien bilde-
ten sich aus Deserteuren und Marodeuren die sogenannten „Grünen Kaders" —
zeleni Kader —, die ihr Schlupfwinkel in den ausgedehnten Wäldern Kroatiens,
Slavoniens und der Krivoscie hatten. Diese Banden, die auch in Verbindung
mit dem Feinde standen, lebten von Plünderungen und Sabotageakten gegen
die Lebensadern der schwerringenden Armee. Unsere Feinde schürten und unter-
stützten diese Bewegung, um uns auf diese Weise niederzuringen. Aber auch
dies half nichts. Nur über die Trümmer der glorreichen österr.-ung. Armee
hätte der Feind seinen Fuß in unsere Heimat setzen können. Trotzdem er an
den Tschechen einen schurkischen Bundesgenossen hatte und eine eifrige Revo-
lutionspropaganda trieb, um unsere Armee in einen Volksaufstand zu ver-
stricken, holte er sich blutige Köpfe.
Um unserer beabsichtigten Offensive zuvorzukommen, setzte der Feind an
der ganzen Front eine erhöhte Kampstätigkeit ein. Im schwach besetzten Tonale-
abschnitt glaubte er rasch zu einem billigen Erfolge zu gelangen, weil in diesem
Gebiete Truppen standen, die an das Hochgebirge nicht gewöhnt waren. Jedoch
alle am 25. Mai 1918 mächtig eingesetzten sdl. Angriffe wurden abgewiesen, nur
der Presenagletscher verblieb in der Hand des Feindes. Um nun für alle Mög-
lichkeiten gerüstet zu sein, erhielt das Rgt. den Befehl, die Verschiebung in
den Raum Tonale stasselweise bei Nacht durchzuführen und sich im Raume von
Fucine für eine allfällige Verwendung bereit zu halten.
3. Die (erste) Verschiebung ins Tonalegebiet.
(Hiezu Beilage 56.)
Am 25. Mai 1918 marschierten um 21 Uhr der Rgts.-Stab und das HI. Baon
über Siegmundskron nach Kältern, wo sie tags darauf bei Morgengrauen ein-
trafen. Dort mußte wegen der Fliegersicht während des Tages gerastet werden.
Abends wurde der Marsch nach Romeno über die Mendel fortgesetzt. Am
26. Mai folgte das H. und am 27. Mai das I. Baon des Sch.R. 3, während das
Sch.R. 26, das in verschiedenen Orten des Nonstales retablierte, bereits am
25. Mai in den Raum Fucine als Reserve vorgezogen worden war.
Unser Rgt. stand am 30. Mai 1918 im Raum von Almazzago—Mezzana ver-
sammelt. Da es den Italienern nicht gelang, irgend einen Erfolg zu erzielen,
184
Der Einzug in Longarone.
Die von den Italienern zerstörte Straßen- und Eisenbahnbrücke über den Torrente Ear-
devole nächst Bubana nach der Herstellung durch die techn. Komp, des Rgts. Nov. 1917.
wurden von uns die Vorbereitungen für einen Angriff eifrig betrieben. Das
A.K. ordnete den Angriff für den 15. Juni um 3 Uhr an. Die Armee Boroevic
hatte vom Montello bis zum Meere die Piave zu forcieren, die 22. Sch.D. am
Tonale die fdl. Stellungen zu durchbrechen und den Feind über Edolo—Brescia
in die Poebene zu werfen.
Die 43. Sch.Brig. bekam den Raum beiderseits der Tonalestraße, und zwar
das Sch.R. 3 rechts, das Sch.R. 26 links derselben, zugewiesen. Am 12. und
13. Juni wurden die Truppen für den Offensivstoß bereitgestellt. Die bereits
in Stellung befindliche 1. I.D. hatte am 13. Juni nach der um 3 Uhr beginnen-
den Artillerievorbereitung um 8 Uhr mit dem Sch.R. 26 die fdl. Stellung auf
der Paßhöhe über das W.H. Cantoniera zu durchbrechen. Sofort nach erfolgtem
Durchbruche hatte der Angriff der nördl. von der Tonalestraße stehenden Teile
der 1. I.D. aus dem Raume Tonale—Albiolo—Laghetti—Redival bei gleich-
zeitiger Bereitstellung des Sch.R. 3 zur Ausnutzung des Erfolges und Fort-
setzung des Stoßes einzusetzen. Die von uns nördl. stehenden Kaiserschützen I
und III hatten sich diesem Angriff anzuschließen. Unser Rgt. war nach Pellizzano
vorgezogen worden.
Am 13. Juni um 3 Uhr eröffnete unsere Art. das Wirkungsschießen. Die
fdl. Art. erwiderte hauptsächlich gegen die sich unangenehm fühlbar machenden
Batterien. Unser mit Gasgranaten untermischtes Feuer steigerte sich bis 8 Uhr.
Um diese Zeit verlegte es unsere Art. schlagartig hinter die fdl. Linien, worauf
unsere Inf. zum Angriff überging. Nun setzte der Feind mit einer vernichtenden
Abwehr ein. Während die fdl. Art. eiserne Vorhänge vor und hinter die österr.
Linien legte und so jedes Nachschieben von Reserven sperrte, mähte die sdl.
Inf. mit Gewehr und MG. und anderen Kampfmitteln den Großteil unserer
Leute nieder. Trotzdem gelang es, die erste fdl. Stellung zu nehmen. Um die
zweite Stellung tobte ein umso erbitterterer Kampf. Da trafen ausgeruhte und
gut ausgerüstete Truppen ein, welche die sdl. Reihen immer mehr verdichteten.
Uns blieb schließlich keine andere Wahl, als in die alten Stellungen zurück-
zugehen. Der Kampf war durch Verrat entschieden, der dem Feinde ermöglichte,
zeitgerecht die tauglichsten Abwehrmaßnahmen durch Bereitstellung der erfor-
derlichen Kampfmittel und Truppen zu treffen. Tags darauf ging die 43. Sch.-
Brig. als Armeereserve über Male, Mezzolombardo und Lavis nach Trient
ab, wo das Rgt. am 19. Juni eintraf und teils in der Madruzzokaserne, teils
in umliegenden Orten einquartiert wurde.
Mittlerweile hatte sich die Kampstätigkeit an den Fronten etwas beruhigt.
Aus dem Hinterlande trafen ungünstige Nachrichten ein. Der Bevölkerung hatte
sich eine arge Entmutigung bemächtigt, die Arbeiter in den Fabriken wurden
stark verhetzt. Man hörte mehr denn je den Wunsch nach Frieden. Der eiserne
Pfeiler in der beginnenden Not und Gefahr waren die deutschen Truppen
Österreichs, einige ungarische und kroatische Formationen. So lange diese treuen
185
Truppen einig an der Front standen, konnte sich der Feind keiner Handbreite
unseres Vaterlandes bemächtigen.
Nach dem 20. Juni trafen vom französischen Kriegsschauplätze Nachrichten
ein, die darauf schließen ließen, daß die Ententetruppen eine große Offensive
gegen die deutsche Front zu unternehmen beabsichtigen. Durch die Märzofsensive
waren die deutschen Verbände geschwächt und es mußte demnach die österr.
Heeresleitung einige k. u. k. Formationen und Artillerie an die deutsche Heeres-
leitung abgeben, um den zu erwartenden Stoß entkräften zu können.
Aus dem Bereiche der 10. österr. Armee (Trient) hatte u. a. die 1. I.D.
nach Verdun abzugehen. Die Verteidigung des Tonaleabschnittes hatte nun die
22. Sch.D. zu übernehmen.
Mittlerweile war das 40. Ma.Baon im Anrollen. Als es am 20. Juni in
Lienz eintraf, hatte es eine Begegnung mit Kaiser Karl, der gerade dem
Hofzug entstieg, als die Offiziere des Baons, bis auf Oblt. Grindl, den Trans-
portkommandanten, in den Ortsgasthäusern menagierten. Der diensthabende
Feldwebel Eingang kommandiert die Kopswendung, erstattete die Meldung
und wurde von Se. Majestät u. a. nach der Herkunft der Truppe befragt. Nach
der Meldung des Oblt. Grindl als „momentaner" Stationskmdt. schritt Se.
Majestät die Front ab und gab seiner Freude über das Aussehen und die
Strammheit der Jugendlichen und Landsturmmänner in einer Ansprache Aus-
druck. Wiederholt grüßend, besichtigte der Kaiser noch einen auch eben einge-
troffenen Transport Ungarn. Die Truppen brachen in ein dreifaches, begeister-
tes „Hurra" aus, worauf der Kaiser wieder den Hofzug bestieg. Es war dies
das letztemal, daß eine geschlossene Abteilung des Rgts. die Ehre hatte, vor
Se. Majestät zu treten und ihm steirische Treue zu bekunden.
Am 26. Juni 1918 wurde das Regiment in Trient einwaggoniert und wieder
in den Raum Almazzago verlegt, wo es am 28. Juni bereitgestellt war.
Am Feiertag des 29. Juni wurde von unserem Feldkuraten Steiner aus
einer Wiese bei Almazzago noch eine Feldmesse gelesen und am 30. Juni begann
die Verschiebung des Rgts. in den Raum Fucine—Pizzano. Am 1. und 2. Juli
ging es im Nachtdunkel in den Raum Werk Strino und Malgä Strino. Von
diesen Reservestellungen aus orientierten sich die Kmdtn. über die von ihnen
zu übernehmenden Abschnitte.
V!!!. Die Kämpfe im Tonaleabschniit.
(Hiezu Beilage 56.)
Bisher wurde es unterlassen, über die Kommandooerhältnisse und die Offi-
zierseinteilung zu berichten, da sie infolge Beurlaubungen usw. wechselnd waren.
Die Zusammenstellung erhebt wegen Fehlens einiger Daten keinen Anspruch
auf Vollständigkeit.
186
Divisionär: Gmjr. Rudolf Müller: Gstbschef: Major des Gstbs. Watzka: Materieller
Gstbsoffz.: Hplm. ü. Gstbs. Spiest.
Brigadier der 43. Schützenbrigade: Gmjr. Edl. v. M e r k e n: BrigStbsoffz.: Hptm. Theo-
dor Kastei.
Kmdt. des SchRgts. 3: Oberst Heinrich v. T e n n e r; Rgtsadjt.: Hptm. Wilhelm Wm-
tinger: Kmdt. der kechn. Komp.: Oberleutnant A. Lorenz: Seelsorge: Feld-
kurak Josef Steiner: Rgtschefarzt: Dr. JaKowliewih: RgtsProvOffz.: Oblt.
Wenzel Pipla.
Kmdt. des I. Baons: Hptm. Josef Bylen und Hptm. Ortner: II. Baon: Mjr. Robert
Siegel und Hptm. Gustav v. Aeupauer: III. Baon: Hptm. Richard Ilnger.
In der Nacht vom 3. aus den 4. Juli erfolgte die Wlösung des I.R. Nr. 5.
Es bezogen am Redival das III., am Albiolo das II. und am Tonalerücken das
I. Baon des Sch.R. 3 die Stellungen. Dieser Hochgebirgsabschnitt hatte vor
seinem linken Flügel noch eine Feldwachenkette mit den Nummern 1 bis 8 vor-
geschoben. Die Rgts.-Reserve bestand aus 1 techn. Zug, 1 Hand-MG.-Zug der
II. Komp, und aus der 12. Komp, bei Malga Strino; als Abschnittsreserve
stand die 10. Komp, bei der Kote 2209 nördl. Malga Strino. Der Standpunkt
des Rgts.-Kmdos war 300 bis 400 Schritte nördl. des Werkes Tonale am Weg
des Brig.-Kmdos (bis zur Errichtung eines neuen Standpunktes) im Werk
Tonale und des Kmdos der 22. Sch.D. in Fucine.
Bis Ende Mai hatte in diesem, nahe an 3000 Meter hohen Kampfabschnitt
verhältnismäßig Ruhe geherrscht. Mit der beginnenden Schneeschmelze war aber
auch hier wieder die Kampftätigkeit aufgeflammt. In der Erkenntnis der
Wichtigkeit dieses Abschnittes versuchten Freund und Feind, alle Vorsorgen für
die zu erwartenden Kämpfe zu treffen.
Unsere Leute, durch die erfolgreichen Kämpfe am Doberdo, Zebio und Col
del Orso erfahren und geschult, gingen mit Bienenfleiß daran, den Abschnitt
zu einer kleinen Bergfeste auszubauen und so weit als möglich behaglich zu
gestalten. Die ganze Stellung wurde umgebaut; Kampfgräben, Unterstände,
Kavernen, Depots und Magazine mußten vergrößert oder neu errichtet, Laus-
und Verbindungsgräben und Riegelstellungen mühsam ausgesprengt werden.
Die Anlage vieler Stellungsteile auf scharfkantigen, abstürzenden Rücken er-
forderte viel Geschick, Mut und Ausdauer, so besonders am Albiolo und Tonale-
rücken, wo der nahe liegende Feind die schwere Arbeit im harten Gestein fort-
gesetzt durch Feuer behinderte. Dank der weitblickenden Fürsorge des dem
Regiments entstammenden technischen Referenten des Abschnittes, Hptm. Ing.
Gartlgruber, der das Rgt. reichlich mit Baumaterialien und Sprengmit-
teln versorgte, und dank dem nimmermüden Fleiße aller Regimentsangehörigen
schritt die Arbeit rasch vorwärts.
Allmählich erstanden bei den Standpunkten unserer Abschnittskommanden
kleine, gegen Sicht und Waffenwirkung geschützte Lager, wovon das am Laghetti
„Tatralager", am Redival „Bruckerlager" (III. Baon), am Albiolo „Semmering-
187
läget“ (II. Baon) und am Tonaletücken „Ptatetlaget“ (I. Baon) hieß. Abet auch
die Italiener blieben nicht müßig. Mitte Juli vetnahm man von der Albiolospitze
het Bohrgeräusche. In mühseligen Rekognoszierungen machte Mjt. Siegel
eine Stelle ausfindig, von det aus ein Gegenstollen gebaut wetden konnte, um
den fdl. Stollen abzuwütgen. Auch wutde in allet Eile vot det Hauptstellung
ein Stützpunkt geschaffen, det es etmöglichte, das ganze Votgelände nach allen
Richtungen zu beobachten.
Die eigene Att. und die Minenwetfetbattetien hatten die Aufgabe, sich zur
Abweht jedes Kampfabschnittes und jedet Riegelstellung einzuschießen. Auch
wutden füt die Spettseuetzonen die nötigen Votsotgen gettoffen.
Am 19. Juli hatten sich die Italiener den vom Sch.R. 26 verteidigten Mon-
ticello, südl. der Tonalestraße, als Angriffsziel ausersehen. Von 4 Uhr 30 bis
10 Uhr lag auf den Stellungen schweres Art.- und Minenfeuer. Die nachfolgen-
den fdl. Inf.-Angriffe wurden von der tapferen Verteidigung blutig abgewiesen.
Auch unseren Abschnitt bedachte der Feind mit schwerstem Feuer und fügte uns
empfindliche Verluste bei. Besonders die Reservestellung bei Mga. Strino hatte
sehr zu leiden, so daß sich die Notwendigkeit ergab, die Abschnittsreserve und
den Hilfsplatz auf den Osthang des Tonalerückens zu verlegen. Am 18. Juli
bezog die 10. Komp, ein Lager östl. der Kote 2327. Die Rgts.-Reserve und der
Hilfsplatz verlegten ihren Standpunkt in die Nähe der Kote 2209.
Unaufhörlich war der Feind bemüht, den Geist unserer Truppen zu unter-
graben. Jeden Abend riesen übergelaufene Tschechen zu uns herüber, wir mögen
den Kampf einstellen, da in unserem Hinterlande Hungersnot herrsche und
Revolten stattfänden. Auch schoß er in reicher Menge Antikriegspropaganda-
zettel, die in Blechbüchsen verwahrt waren, in unsere Linien, um die Schlltzen-
grabenbesatzung zu zermürben. Dies half ihm aber alles nichts. Seine verräteri-
schen Versuche wurden stets mit Schüssen oder Handgranaten beantwortet.
Für den Fall, daß die Telephonlinien zerstört werden sollten, war die Ver-
bindung durch Läufer und optische Signale hergestellt worden. Diese Einrichtung
bewährte sich besonders für die überaus wichtige Verbindung vom Redival
(Hptm. Unger) mit dem Rgts.- und Brig.-Kmdo., zumal das Brig.-Kmdo., das
von seinem Standpunkte aus zwar den ganzen Abschnitt Presena—Montieello—
Tonale—Albiolo übersehen konnte, doch gegen Norden aus die Meldungen des
rechten Flügelabschnittes angewiesen war.
Wenn auch der Stellungsbau manches zu wünschen übrig ließ, was vielfach
auf die Schwierigkeit des Nachschubes von Materialien und Sprengmitteln
wegen der vom fdl. Feuer oft beschädigten Seilbahn zurückzuführen war, so
machte doch die hervorragende Stimmung, die Offizier und Mannschaft beseelte,
dies wett.
Schon seit Anfang August entfalteten die Italiener eine erhöhte Gesechts-
und Aufklärungstätigkeit. Dies erweckte den Eindruck eines bevorstehenden
188
Angriffes. Wir schätzten den Angrisssbeginn auf den 18. August, den Namenstag
der italienischen Königin, da der Feind erfahrungsgemäß solche Festtage für
seine Aktionen liebte. Doch bereits am 13. August um 4 Uhr 18 setzte ein mörde-
risches Vernichtungsfeuer aller Kaliber gegen den ganzen Abschnitt vom Ortler
bis zur Presena ein, das sich besonders gegen den Albiolo und Monticello sehr
unangenehm fühlbar machte. Die Gasbeschießung, bei der etwa 100 Granaten
in der Stellung und 300 bis 400 in dem Raum Laghetti—Mga. Strino krepier-
ten, dauerte bis 6 Uhr, während die übrigen Geschütze das Feuer auf uns rich-
teten. Laghetti II und der Stützpunkt VIII wurden in einen Trümmerhaufen
verwandelt, der Albiolo, die Stützpunkte südl. desselben, die Unterkünfte des
Praterlagers schwer beschädigt und vier Geschütze der im Abschnitte der 4. Komp,
eingebauten GKn.Bt. zerstört. Die Positionsbatterie beim Stützpunkt VIII und
die kavernierte Positionsbatterie 39 waren außer Gefecht gefetzt und die Kampf-
gräben eingeebnet.
Um 10 Uhr verlegte der Feind fein Art.-Feuer in die rückwärtigen Räume
und schon gingen eine Komp. Alpini gegen den Albiolo, stärkere fdl. Abteilun-
gen aus dem Montozzatal gegen die Stützpunkte der 8. und aus der Richtung
Tonale gegen die Stützpunkte der 8. Komp, zum Angriff vor. Jedoch unsere
braven Beobachter, besonders Oblt. Vitek (Kmdt. der 6. Komp.), hatten die
fdl. Wellen schon erspäht. Bald stiegen rote Leuchtraketen, Sperrfeuer anfor-
dernd, aus und ein Vorhang von Eisen und Stahl legte sich zwischen unsere
Stellung und den Feind. Zeitgerecht besetzte Osfz.-Stellvertreter W a p p e r der
1. Komp, die Stützpunkte XVII und XVlH und eröffnete ein wohlgezieltes
Flankenfeuer gegen die den Albiolo stürmenden Abteilungen. Lt. M ö st l
brachte trotz des auf dem Stützpunkt XVIIl liegenden, schweren fdl. Feuers ein
MG. der M.G.A. I in Stellung und flankierte ebenfalls die Angreifer. Lt.
M ü l l n e r der 10. Komp, feuerte mit einem MG. aus der Kaverne gegen die
Vorspitze des Albiolo, wo sich der Feind festzusetzen begann, und nahm mit dem
anderen MG. den in dichten Gruppen durch die Mulde im Anstieg begriffenen
Gegner unter wirksamstes Feuer.
Trotzdem gelang es etwa 20 Alpini, durch die künstliche Vernebelung ver-
deckt, aus dem Hauptgipfel des Albiolo Fuß zu fassen. Dies hatte zur Folge,
daß ein betonierter Stützpunkt mit der Besatzung eingeschlossen wurde. Mjr.
Siegel erkannte die kritische Lage und befahl Lt. N a ch t m a n n des Sturm-
baons 22, unter dem Schutze der 24-om-Minenwerfer und der MG. den ein-
gedrungenen Feind zu werfen. Mit vorbildlicher Kühnheit brach Nachtmann
an der Spitze der Sturmpatrouille aus dem Betonunterstand vor und bewars
den Feind mit Handgranaten. Auch Oblt. Vitek eilte mit einigen Leuten
herbei. Im schneidigen Gegenstoß gelang es, den höher gelegenen, eingenisteten
Feind zu vertreiben. Sechs Alpini stürzten tödlich getroffen ab, der Rest entkam
hinter die Vorspitze.
An dieser Wafsentat hatte auch der Schütze Johann Rupersberger
rühmend Anteil. Er erhielt am 12. August abends den Befehl, die der Albiolo-
spitze vorgelagerte FeldwächensteUung aus der Vorspitze zu beziehen. Sie war
nur über einen schmalen Grat mittels einer Strickleiter erreichbar und hatte
eine kleine betonierte Deckung, durch deren Schießscharten es sehr gute Beob-
achtungs- und Abhorchmöglichkeiten gab. Rupersberger bezog mit dem Schützen
Taferner und noch einem Mann diese Stellung. Die Nacht verging
verhältnismäßig ruhig. AIs aber die drei Mann am 13. August bei Morgen-
grauen zum Baon einrücken wollten, erhielten sie von drei Seiten schwerstes
Art.-Feuer, so daß sie nicht mehr über den Grat zurückkonnten. Auch war die
Strickleiter, die vom Grat zur Albiolospitze führte, abgeschossen. Von der Komp,
abgeschnitten, mußten sie nun in der vorgeschobenen Stellung verbleiben. Da
das fdl. Feuer auf einen Großangriff schließen ließ, beobachtete Rupersberger
nach allen Seiten und bemerkte, daß der Feind einen Stellungsteil unter sehr
starkes MG.-Feuer nahm, wo von uns kein Posten stehen konnte, also ein
sdl. Angriff auch nicht hätte bemerkt werden können, weil durch das schwere
Art.-Feuer unsere Stellung vollkommen zerschossen war. Da gewahrte Rupers-
verger das Vorgehen starker fdl. Abteilungen auf die vorbezeichnete Stelle und
sah sich bald hinter der fdl. Linie. Nun befahl er seinen beiden Kameraden,
das Feuer zu eröffnen und griff selbst nach den Handgranaten, in deren Hand-
habung er Meister war. Durch diesen unerwarteten überfall in den Rücken über-
rascht, flutete der stark angesammelte Feind zurück. Bald darauf befahl Rupers-
berger seinen beiden Kameraden, zum Baon einzurücken. Er selbst blieb noch
aus dem Posten, um weiter zu beobachten. Bei einem abermaligen Versuch des
Feindes, gegen die Albiolospitze vorzugehen, schleuderte Rupersberger einige
Handgranaten in die Flanke und den Rücken, worauf der Feind abermals in
seine Stellungen zurückging. Für dieses Verhalten, womit Rupersberger zwei
übermächtige sdl. Angriffe gegen diesen Stützpunkt zum Scheitern brachte, erhielt
er die Goldene Tapserkeitsmedaille.
Der Albiolo war um 11 Uhr 10 wieder fest in unserer Hand. Den hervor-
ragendsten Anteil an der Abwehr hatten die unter dem Kmdo. des Oblt. Thal-
hammer vereinigten MG. des Il./Sch.R. 3, die vom Kamme zwischen Albiolo
und Redival ein mörderisches Flankenfeuer abgaben.
Diese schneidige Abwehr blieb nicht ungesühnt, denn die fdl. Art. nahm
nun unsere MG.-Nester unter schwerstes Granatfeuer, das Oblt. Thalham-
mer schwer verwundete und die Bedienungsmannschaft zweier Gewehre teils
tötete, teils verwundete.
Um 15 Uhr sammelte sich der Feind, vom Casaolepaß kommend, in Gruppen
von 30 bis 50 Mann in der Mulde westl. der Kote 2844 und wurde vom Stütz-
punkt XVIII und XX so wirksam unter Feuer genommen, daß er den Angriff
gar nicht ansetzte. Ein besonderes Verdienst für diese Abwehr gebührt den Obltn..
190
'r.'KM.-
Czapla (Kmdt. der 1. Komp.) und Albegger (Kmdt. der MG. I), welche
die Verteidigung der Kote 2844 persönlich leiteten und durch ihre Tapferkeit
der Mannschaft ein hervorragendes Beispiel gaben. Oblt. Albegger gebührt noch
das Verdienst, eine Gb.Bt. wirksam bekämpft zu haben.
Nun versuchte der Feind sein Glück an anderer Stelle. Um 17 Uhr 30 mel-
dete Oblt. D i r e d e r (Kmdt. der 3. Komp.) ein Vorwärtssammeln der Italiener
aus der Richtung „Stachelschwein" in die vor seiner Stellung befindliche Niede-
rung. Das „Stachelschwein" war ein gut ausgebauter Stützpunkt des Feindes
oor seiner Hauptstellung am Tonale. Das Vorwärtssammeln wurde vom Stütz-
puntk XVIII und dem angeforderten Sperrfeuer so energisch unterbunden, datz
die Italiener ihre Angriffsabsichten aufgeben mußten. Außer der hervorragen-
den Tapferkeit der Offiziere und Mannschaft muß auch die klaglose Wirkung
der Artillerie hervorgehoben werden. Ein besonderes Verdienst um die Auf-
rechterhaltung der Verbindung mit den Kmden. erwarb sich Hptm. Unger.
Nicht unerwähnt bleibe die hervorragende Tapferkeit der Telephonisten, Läufer
und Meldeorgane, die im schwersten Feuer mit Hingebung ihrer Pflicht oblagen.
Hiedurch war es dem Rgts.- und Brig.-Kmdo. möglich, rechtzeitig die erforder-
lichen Befehle und Weisungen zu geben.
Um 15 Uhr 50 wurde Obstl. Z y g a d l o w i c z, der während der 14tägigen
Beurlaubung des Obst. v. Tenner das Kmdo. führte, durch eine vor dem Rgts.-
Standpunkte einschlagende Granate verwundet, verblieb aber nach Anlegung
eines Verbandes auf seinem Posten.
Den Munitions- und Verpflegsnachschub besorgten bei einbrechender Dun-
kelheit 120 Mann des Trains, den Abtransport der Verwundeten und Toten
der freiwillig sich meldende Kmdt. der techn. Komp. Oblt. Lorenz und seine
wackere Gefolgschaft.
Als Oblt. Stepanek (Kmdt. der 5. Komp.) um 20 Uhr meldete, daß
der Feind den Verbindungsgrat vor der Vorspitze des Albiolo besetze und tech-
nisch verstärke, befahl Mjr. Siegel den sofortigen Angriff. Die Mw.-Bt. 6/43
des Lt. Stein und die Granatwerfer des eigenen Kampfmittelzuges (Kmdt.
Fldw.-Kdtafp. P e t r a k) führten einen kurzen, wirksamen Feuerllberfall durch,
worauf Lt. Nachtmann in kühnem Anlauf ohne eigene Verluste das Vor-
terrain des Albiolo vom Feind'säuberte. Für diese neuerliche Waffentat erhielt
er die Silberne Tapferkeitsmedaille für Offiziere.
Um 22 Uhr bemerkte Brig.-Stbsoffz. Hptm. Kastei von seinem Beobach-
tungsstandpunkte aus im Monticelloabschnitte — also vor dem Sch.R. 26 —
Lichter, die aus die Bereitstellung fdl. Truppen gegen das „Bergführerköpfle"
und den Monticello schließen ließen. Auch konnte man beim „Wasserfall" fdl.
Truppen feststellen. Die Beobachtung war um so wichtiger, als man in diesem
Abschnitt einen größeren sdl. Angriff nicht erwartet hatte. Die Abschnitts-Art.
191
der 22. Sch.D. eröffnete nun das Feuer und vereitelte die Durchführung der
fdl. Absichten.
Da das Sch.R. 3 bis auf die schwache Rgts.- und Abschnittsreserve über
Keinerlei Truppen mehr verfügte, forderte die Brigade 2 Baone des K.Sch.R. H
an, die am 14. August bei Morgengrauen im Abschnitte eintrafen.
In der Nacht lagen der Albiolo, die angrenzenden Abschnitte und das
Strinotal unter heftigem Feuer. Am 15. August brachen um 5 Uhr überraschend
gegen 50 Alpin: in die Stellung der 8. Komp, ein, eröffneten ein lebhaftes
MG.-Feuer gegen das II. Baons-Kmdo. und bewarfen die in der Kaverne be-
findliche Mannschaft mit Handgranaten. Sofort richteten Offzstv. Baumgart-
ner vom Albiolo, Offzstv. Metzler der M.G.A. 4/II vom Stützpunkt VII des
Albioloriegels und Stbsfldw. Pockay vom Stützpunkt VIII das Feuer auf
die Einbruchstelle, während E.F. Schweiger mit einer Sturmpatrouille den
weit überlegenen Gegner kühn angriff, wofür er mit der „Goldenen" ausge-
zeichnet wurde. Oblt. Husar sKmdt. der 8. Komp.) sammelte rasch einige
Ordonnanzen, Ofsiziersdiener und Telephonisten und eilte zur Unterstützung
herbei. Den vereinten Kräften gelang es, den eingedrungenen Feind zu werfen.
Das energische Handeln der 8. Komp, verhinderte das Eingreifen eines nach-
folgenden fdl. Baons, das sich bald in die Ausgangsstellungen im Montozzotal
zurückzog. Gleichzeitig wies die 5. Komp, einen Angriff aus dem Raume Cafaole-
paß gegen den Sattel zwischen Kote 2844 und Albiolo ab. Der Feind sah die
Aussichtslosigkeit seiner Bemühungen ein. Nur die fdl. Art. belegte noch die
hinter unserer Stellung liegenden Räume mit lebhaften Feuerüberfällen. Abends
stellten unsere Patrouillen das Zurückziehen aller fdl. Angriffsabteilungen fest.
So endete eine Heldentat des Rgts., die zwar 44 Tote und 68 Verwundete als
Opfer forderte, sich aber würdig an alle bisherigen Waffenerfolge anreiht.
Die Kampfstellung hatte durch das Trommelfeuer sehr gelitten. Daher muß-
ten die Schäden ausgebessert und Vorbereitungen für den Winter getroffen
werden. Zu diesem Zwecke wurden die abgeschossenen Seilbahnen für den Muni-
tions-, Material- und Lebensmittelnachschub instandgesetzt, Höhenmagazine an-
gelegt und ein Holzfäller-Detachement zur Beschaffung des notwendigen Brenn-
materiales aufgestellt.
Auch die Italiener waren mit dem Ausbau der dem K.Sch.R. II entrissenen
Stellungen am Mte. Matteo rüstig am Werke. Mit bewundernswerter Eile
sprengten sie am Gipfel große Unterkunstsräume aus, legten Munitions- und
Verpflegsdepots an und bauten in Kavernen Geschütze schwereren Kalibers
ein, die sich bei uns in Flanke und Rücken sehr unangenehm fühlbar machten.
Zur Steuerung dieser Gefahr wurde die Beistellung eines 30.5-om-Mörfers an-
gesprochen. Ende September war das Geschütz in Stellung. Das K.Sch.R. Il
bekam nun den Befehl, nach entsprechender Wirkung des Mörsers den Mte.
Matteo wieder in Besitz zu nehmen. Um 7 Uhr früh heulte es beim Strinowerk
192
Die von den Italienern gesprengte Piavebrücke nächst Feltre.
Die Kämpfe am Mte. Pertica. 22. u. 23. November 1917.
aus, daß die Berge erzitterten. Das Riesengeschoß schlug am Matteogipsel in
einem lravernierten Munitionsdepot ein, dessen Explosion ein ganzes Baon ver-
nichtete. Die K.Sch. nahmen hierauf den Mte. Matteo im Sturme.
In den oberen Kmdostellen fanden einige Verschiebungen statt. Der Divi-
sionär, General Müller, hatte von Sr. k. u. k. Hoheit Erzherzog Peter Fer-
dinand das Korpskmdo. zu übernehmen, General Merten das Kmdo. der
22. Sch.Dion. und General Diveky das 43. Brig.-Kmdo.
Uber die Zustände im Hinterland erfuhren wir weder aus den Zeitungen,
noch aus den zensurierten Feldpostbriefen etwas. Vom 15. Oktober an blieb
die Post ganz aus, auch rückten keine Urlauber mehr zum Rgt. ein. Die Front
war somit von der Heimat abgeschlossen. Am 20. Oktober langte von der Dion,
ein vom A.O.K. gefertigtes Phonogramm ein, das die Offiziere aufforderte, vor
fremdsprachigen Mannschaftspersonen auf der Hut zu sein. Die Nachricht machte
uns stutzig. Noch rätselhafter schien uns ein am 26. Oktober eingetrofsener, von
Kaiser Karl gezeichneter Armeebefehl, der eine vollzogene Verfassungsänderung
Österreich-Ungarns in gesonderte Nationalstaaten als wesentliche Bestandteile
der Monarchie unter dem Szepter Habsburgs ankündigte. Gleichzeitig wurden
alle Nationen aufgefordert, ihrem Eide getreu bis zur hoffentlich baldigen, sieg-
reichen Beendigung des Krieges auszuharren.
Zwei Tage später rückte Obst. S a g a i, Kmdt. des Sch.R. 23, vom Urlaub
wieder zur Front ein. Er erzählte, daß man ihn von der Einrückung zurückzu-
halten suchte und es im Hinterlande trostlos aussehe. An Stelle des Parlamentes
habe ein in Wien neugebildeter Staatsrat beschlossen, für Österreich einstweilen
die republikanische Staatssorm anzunehmen, da man dann leichter wieder zur
monarchischen zurückkehren könne. Ähnlich wie in Österreich, hätten sich in den
Nationalstaaten eigene Regierungen gebildet, die insgesamt Kaiser Karl unter-
stehen. Es sei aber nicht ausgeschlossen, daß Änderungen eintreten. Ungeachtet
dieser Vorgänge waren wir bestrebt, unsere Stellungen bestens auszubauen.
Das tägliche Infanteriegeplänkel und die Art.-Duelle fanden immerwährend
statt. Eine starke Grippewelle erfaßte auch das Rgt. und verminderte die
Kampfstände beträchtlich. Doch der Geist des Rgts. konnte durch nichts beein-
trächtigt werden. Auch bei den an der Brenta und Piave kämpfenden Truppen
scheiterten alle fdl. Angriffsversuche.
Am 29. Oktober um 14 Uhr 30 teilte Obst. Naab der Art.-Gruppe der
43. Sch.Brig. mit, ein vom A.O.K. bei der 22. Sch.D. eingelangtes Telegramm
stelle den Abschluß des Waffenstillstandes in 3 bis 4 Tagen in Aussicht, wozu
bereits alle Vorsorgen getroffen seien. Diese Nachricht erregte in uns freudigen
Widerhall. Wir waren der Meinung, daß ein Ausgleichsfriede Zustandekommen
werde, demzufolge die Fronten, durch eine Demarkationslinie getrennt, bis zum
endgültigen Friedensschluß bestehen bleiben. O, wie bitter sollten wir ent-
täuscht werden!
13
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XI. Der Zusammenbruch.
Am 2. November um 20 Uhr teilte der Dion-Gstbschef Mjr. W a tz k a dem
Hptm. Kastei mit: „Triest, Fiume, Zara und Sebenico sind von der Entente
besetzt. Ententeoffiziere find in Laibach eingetroffen. Iugoslavien hat der Ent-
ente die ganze k. u. k. Flotte übergeben. Dieser Nationalstaat hat die Entente
in den Rücken der kämpfenden Armee gerufen!"
Die nächste Mitteilung besagte: „In Ungarn hat sich eine neue Regierung
gebildet. Durch die Straßen von Budapest tobt die Revolution. Der neue unga-
rische Revolutions-Ministerpräsident Michael Kärolyi hat die Ungar. Truppen
von der Front rückberufen. Die Armee hält sich bis auf 2 Ungar. Dionen, die
zwischen Brenta und Piave standen und einfach aus der Front abmarschierten."
Wir hofften, das A.O.K. verfüge noch über Reserven, die den Abgang der
Ungar. Truppen zu ersetzen vermögen. Es folgte eine Nacht höchster Aufregung,
trotzdem sich die Gefechtstätigkeit in normalen Grenzen bewegte.
Am 3. November um 5 Uhr 25 gab Dions-Gstbschef Mjr. W a tz k a ein
Phonogramm des A.O.K. über den Abschluß des Waffenstillstandes und die
sofortige Einstellung der Feindseligkeiten bekannt.
Um 6 Uhr eröffnete jedoch der Feind ein heftiges Feuer gegen die Paß-
stellungen und den Monticello. Gleichzeitig ging feine Infanterie zum Angriff
über, nahm die Komp, des Hptm. Brifchnik und das III. Baon des Sch.R. 23
gefangen. Auch der Abschnitt unseres Rgts., insbesondere der Albiolo und
Laghetti, stand unter heftigem Feuer. Da der Feind die Beschießung nicht
einstellte, meldete Hptm. K a st e l um 6 Uhr 45 die Lage der Dion, woraus die
gesamte Abschnitts-Art. das Sperrfeuer eröffnete. Es war der Ehren- zugleich
Trauersalut für den Untergang der alten, sieg- und glorreichen österreichisch-
ungarischen Armee.
Um 8 Uhr griff beiderseits der Tonalestraße ein fdl. Jnf.-Rgt. an. Mjr.
K a r l i k des Sch.R. 23 verhandelte mit dem ital. Rgts.-Kmdtn., der erklärte,
daß ihm von einem Waffenstillstand nichts bekannt fei, er bis zum Eintreffen
weiterer Befehle vor unseren Linien stehen bleibe, jedoch Mjr. Karlik und
dessen Baon als Gefangene betrachte. Es bildeten sich nun Gruppen von ital.
und österr. Soldaten, die den Fall lebhaft besprachen. Die teleph. Anfrage bei
der Dion führte zu keinem Ergebnis, die Lage wurde immer verworrener. Um
10 Uhr ordnete die Dion. u. a. an, daß nach Erteilung des Befehles zur Räu-
mung der Stellung die Art. die Geschütze unbeschädigt stehen und die Munition
liegen zu lassen, die Ins. munitionslos, die Gewehre und soviel MG. mitzu-
nehmen habe, als getragen werden könnten. Dafür feien an Berpflegsmitteln
soviel als nur möglich, desgleichen alle Decken und Montursorten mitzunehmen.
Während das fdl. Rgt. noch immer vor der Meroschlucht stand, hatte mittler-
weile die Art. die Beschießung im mäßigen Umfang wieder aufgenommen. Um
194
11 Uhr befahl die Dion, die Art.-Bedienung habe sofort aus der Stellung zu
gehen, die Infanterie an zweiter Linie (Gr. Redival—Mezzolorücken—Werks-
linie) so zu folgen, daß das Gros an der Straße zu stehen komme, um sofort
weitermarschieren zu können.
Da der Befehl noch den Nachsatz enthielt, „Es ist dem Feind kein bewaff-
neter Widerstand zu leisten! Was nicht mehr zurückkommt, hat sich gefangen
zu geben!", wurde er nicht wörtlich befolgt.
Trotzdem alle Sprengungen verboten waren, begann es nun in den Stellun-
gen allenthalben zu krachen. Was nicht mitgenommen werden konnte, wurde
vernichtet, ja sogar Kavernen wurden gesprengt. Nichts sollte dem Feind in die
Hand fallen, was ihm nützlich fein könnte. Nach dem Abschiednehmen von den
vertrauten Stellungen und einem Gedenken an die gefallenen Kameraden gab
der Hornist das Signal „Abgeblasen". Langgezogen hallten die Töne von den
Bergwänden nieder. Dann formierten sich die Baone in Marschkolonnen und
marschierten ab. Noch um 17 Uhr wären Dreierschützen in der Stellung, weshalb
das II. Baon die Tonalestraße westl. der Straßensperre Strino erst um 22 Uhr
erreichte. Das I. Baon hatte den 3er-, das II. Baon den 2er-Weg und das
III. Baon den Weg über den Großen Redival—Cima di Boai nach Fucine zu
gehen. Nach Unbrauchbarmachung der Einrichtungen des Tonale-Werkes schloß
sich Hptm. Kastei dem Stabe des Sch.R. 3 an, der am 2er-Weg Fucine zu-
strebte. Unterwegs meldete ein Einj.-Freiw., daß die Italiener mit Musik beim
Strinowerk anmarschiert seien und unsere Truppen gefangen nahmen. In
Fucine, wo fremdsprachige Truppenkörper, zumeist Etappenformationen, mit der
Zivilbevölkerung plünderten, kam die Weisung, das Sch.R. 3 habe nach Errei-
chung von Male mit der mittlerweile nach Cles zurückgehenden Dion. Verbin-
dung zu suchen. Von Fucine an war die Straße von rückmarschierenden Trup-
pen, Trains, Pferden, Autos usw. oft vollkommen verstopft. Inf.- und Art.-
Abteilungen zogen sogar Geschütze mit, ein Zeichen, wie treu der größte Teil
der Truppen zu seinen Führern und Waffen stand. Um 22 Uhr erreichte der
Rgts.-Stab Male. Hier verbreitete sich das Gerücht, daß der Feind bereits in
Mezzana sei. Aus Befehl der Division marschierten wir dem Mendel-Paß zu.
Vorerst vernichteten wir aber alle Aufzeichnungen, die dem Feinde hätten von
Wert sein können.
In den Morgenstunden trafen wir in Ciz ein und erfuhren, daß eine fdl.
Offizierspatrouille unserem Train vorgeritten sei. Als wir nach Reveau kamen,
bot sich uns ein eigenartiger Anblick dar. überall strömte die Bevölkerung in
Sonntagsgewändern auf die Straßen, die Kirchenglocken läuteten und allent-
halben wurde die Trikolore ausgesteckt. Ohne Aufenthalt ging es weiter. Knapp
hinter Reveau ritt uns eine fdl. Offizierspatrouille vor. Es war uns noch immer
nicht klar, was das stürmische Nachdrängen des Feindes zu bedeuten habe.
Bald holte uns eine fdl. Reiterabteilung in der Stärke einer halben Schwadron
•Iliiili::!:::
ein. Sie war von einem Alpinimajor befehligt, der sich mit Obst. v. Tenner
in ein Gespräch einließ. Tenner äußerte sein Erstaunen über das Verhalten
der Italiener. Der Major hatte keine Kenntnis vom Abschluß eines Waffen-
stillstandes und erklärte, er habe den Befehl, alle von ihm erreichten Truppen
anzuweisen, nach Male zurückzumarschieren. Sollte seinem Befehl nicht Folge
geleistet werden, müsse er von der Waffe Gebrauch machen. Schließlich gestattete
er uns, in der nächsten Ortschaft bei der Kirche von Dumbol zu rasten. Hier
beschlossen wir, nicht aus der Chaussee Fonds zu erreichen, sondern durch den
Graben über Sarnonico gerade zum Mendel-Paß aufzusteigen und dort im
Walde den Einbruch der Dunkelheit zu erwarten. In Sarnonico stauten sich die
Trains auf der Straße. Wir schlängelten uns durch die Wagenkolonnen und
benützten dann einen Waldweg. Um 19 Uhr 30, schon in 8er Nähe des Paffes,
gab es eine derartige Verkehrsstockung, daß an ein Vorwärtskommen nicht zu
denken war. Lt. v. P a i c wurde beauftragt, zum Mendel-Paß vorzureiten und
die Lage zu erkunden. Er kehrte mit der Meldung zurück, daß der Paß von
den Italienern gesperrt sei und daß österr. Gstbsosfz. mit den Italienern wegen
Freigabe des Paffes verhandeln. Infolge der übergroßen Ermüdung nächtigten
die Truppen und Trains, wo sie eben standen. Die Offiziersgruppe bekam in
einem Haus neben der Straße Quartier.
Am 5. November um 6 Uhr machten wir uns marschbereit. Da die Train-
kolonnen abermals ins Stocken gerieten, gingen wir vor, um uns zu orientie-
ren. Auf der Straße sah es wüst aus. Neben- und ineinandergesahrene Trains
und über die Böschung hinuntergeworfene Gesechtswagen waren das Straßen-
bild. Alles Einwirken auf die Leute half nicht viel. Indessen begab sich eine
Osfiziersgruppe ins Mendelpaß-Hotel zum ital. Kmdo., um zu erfahren, was
eigentlich los sei. Ein ital. Major gab folgende Auskunft:
„Der Waffenstillstand besteht erst seit 15 Uhr des 4. November 1918 und
nicht, wie es den vereinigten österr. und deutschen Truppen irrtümlich verlaut-
bart wurde, seit 3. November früh. Alle Truppen, die demnach bis zum offiziellen
Waffenstillstandsbeginn die Mendel passieren konnten, sind frei, alle anderen
sind gefangen?"
Da wir diesen Angaben keinen Glauben schenkten, begab sich Obst. v. Ten-
ner zum fdl. Kmdtn. ins Hotel Kaltererhof. Dort erhob er Vorstellungen und
erhielt vom ital. Obersten die entschiedene Erklärung:
Gesängen!
Mit dieser Komödie endete die mehr als vierjährige Tragödie.
Auf billige Weise kamen die Italiener zu einem „Sieg". Nun war uns der
letzte Befehl, den wir in der Stellung erhalten hatten, plötzlich klar geworden.
Der Waffenstillstand war anscheinend so abgekartet worden, daß es den Ita-
lienern möglich wurde, uns gefahrlos gefangenzunehmen. Das Feuer um 36
196
Stunden früher als beim Gegner einzustellen, das Verbot, sich nach Räumung der
Stellung zu wehren, das Nachdrängen, Verfolgen und überholen unserer Trup-
pen durch die Italiener und die Organisation dieser Maßnahmen, dies alles
mußte von langer Hand vorbereitet gewesen sein. Schon die neuen Uniformen
der Italiener, das Berittenmachen von „Alpini"-Abteilungen, die Autotrans-
porte usw. erhärteten diese Tatsache. Die oberste österr. Heeresleitung trifft dar-
an kein Verschulden, wohl aber die damalige neue Regierung. Dies bestätigte
auch ein höherer fdl. Offizier in Temu, wohin wir als Gefangene gebracht wur-
den. Was einer Welt von Feinden nicht gelungen war, das gelang der schnöden
Politik. Die alte, ruhmbedeckte österr.-ung. Armee, die sich seit Jahrhunderten
als treuester Hort des Vaterlandes erwiesen hatte, ist unbesiegt untergegangen
und die Heldentaten ihrer Truppen, nicht zuletzt jene der steirischen Regimenter,
werden fortleben von Geschlecht zu Geschlecht.
*
AIs „Gefangene" zogen wir zurück über Cles—Male—Tonalepaß, wo wir
den kaum verlassenen Stellungen ein wehmutsvolles „Lebewohl" zuwinkten.
Unterwegs begegneten wir vielen ital. Truppen, die sich uns gegenüber anstän-
dig benahmen, hingegen spielten sich die Etappentruppen, die uns vollkommen
ausplünderten, als Sieger" auf. Am 6. November um 19 Uhr kamen wir in
Ponte di Legno an und wurden in einem Feldkino zur Nächtigung untergebracht.
Tags daraus marschierten wir nach Temu. Hier teilte uns ein höherer ital.
Offizier mit, daß wir laut „Geheimer Waffenstillstandsklausel" ausgeliefert
wurden, weil die jetzige Regierung die bewaffnete Armee fürchte und das Hinter-
land für uns nichts zu essen habe. Am 8. November um 14 Uhr marschierten
wir nach Edolo weiter. Von dort ging es über Brescia, Castenedolo nach der
alten Radetzkyfestung Pizzighetone und über Genua nach Finalmarina, das wir
am 26. November erreichten. Teils in Ponte di Legno, teils in Temu, trafen wir
wieder mit den übrigen Offizieren des Rgts. zusammen, während die Mann-
schaft von uns getrennt wurde. In Finalmarina an der Riviera di ponente
wurden die Stabsoffiziere und Hauptleute auswaggoniert und in einem, in
einer sehr hübschen Bucht gelegenen Kinderspital untergebracht, während die
Subalternoffiziere eine Eisenbahnstation weiter, nach Loano, kamen. Die
Mannschaft wurde dorthin aufgeteilt, wo die Italiener viel Arbeiter brauchten.
Ein Teil kam in die Umgebung von Verona, ein anderer nach Genua, ein dritter
nach Casinu bei Neapel, manche sogar nach Sizilien. Im Mai 1919 wurde das
Lager in Finalmarina aufgelöst und nach Loano verlegt, wo fast alle Offiziere
des Rgts. vereinigt waren.
In jedem von uns lebte die Hoffnung, so bald als möglich wieder in die
Heimat zu kommen. Die Zeitungen der Entente gefielen sich darin, die Ver-
hältnisse in unserer Heimat so schwarz als möglich zu malen. Endlich am
2. August 1919 um 16 Uhr eröffnete uns der ital. Lagerkmdt., Obstl. Combi,
197
daß wir am 3. August um 9 Uhr von Finalmarina aus in die Heimat abge-
schoben würden. Mit ungeheurem Jubel wurde die Mitteilung aufgenommen,
hierauf rasch gepackt und abends Abschied gefeiert. Am nächsten Tag marschierten
wir um 5 Uhr nach Finalmarina. Dort erfolgte die Einwaggonierung. Um
9 Uhr ging es bereits der Heimat zu.
Während der Fahrt entzückten wir uns an den herrlichsten Strandbildern.
Die Fahrt ging über Savona—Genua—Mailand—Verona—Trient—Bozen-
Innsbruck—Mschofshofen—Bruck a. d. M. nach Graz. In Genua wurde an
unseren Zug ein Mannfchastszug angekoppelt, der zu unserer nicht geringen
Freude auch Dreierschützen heimführte. Bis Innsbruck wurde der Transport von
ital. Offizieren geführt, von da ab stand er unter österr. Leitung.
Wehmutsvoll war das Betreten heimatlichen Bodens. Das große Reich zer-
schlagen, viele von uns ohne Heimat, das Volk zerrissen in Parteien, die unter-
einander haderten und sich bekämpften! Die neugebildeten Nationalstaaten stan-
den Österreich feindlich gegenüber und fühlten sich als Siegerstaaten. Nur das
jetzt so kleine Österreich war der ^Besiegte". Sonst ging es aber in diesen
Staaten auch nicht viel besser zu, als bei uns. Selbstverständlich? Jahrhunderte
alte Bande lassen sich nicht von heute auf morgen zerreißen.
Am 7. August 1919 trafen wir um 18 Uhr in Graz ein. Ganz anders, als
er erfolgte, hatten wir uns unseren Einzug in Graz vorgestellt! Unbemerkt
entstiegen wir am Frachtenbahnhof dem Zug. Kein herzliches „Grüß Gott!" der
eigenen Leute war uns beschieden. Unerkannt und unbekannt trat jeder den
Weg zu seinen Lieben an.
Der größte aller Kriege ist hinter uns. Mit Stolz blicken wir auf die
Heldentaten des Regiments und freuen uns, daß es keinem unserer vielen
Feinde gelungen ist, das Grazer Hausregiment, die „Dreierschützen", zu besiegen.
Treu und tapfer wie im Felde, wollen wir auch depr Aufbau unserer geliebten
Heimat dienen zu Nutz und Frommen des deutschen Volkes.
Stets fei in Ehrfurcht aller jener Helden gedacht, die auf den Steppen
Galiziens, in den Wäldern der Karpathen, am Dnjester und Pruth, am steinigen
Karst von Doberdo, in den Sieben Gemeinden, am Zebio, bei Flitsch, am Ron-
eone, Prassolan, Pertica, Col del Orso und Tonale ihr Leben lassen mußten.
Auch ihnen sei diese Geschichte geweiht als Denkmal und Dank für ihre
Tapferkeit, auf daß sie unter uns fortleben mögen als leuchtendes Beispiel für
unsere Nachkommen.
* *
Unsere Verluste im Weltkriege
betragen 109 Offiziere und 3989 Mann an Toten, 174 Offiziere und 6196 Mann
an Verwundeten und 16 Offiziere und 1541 Mann an Vermißten.
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Unsere Regimentskommandanten im Weltkriege:
Oberst Franz Flach (Schlacht bei Przemyslany);
Oberst Albert Sommer (Schlacht bei Nowe Miasto);
Oberstlt. des Gstbskps. Oskar v. Jaeger (Karpathen: Tokarnia);
Oberstlt. Gustav Fässer (Karpathen: Tokarnia, Zmigrod, Richwald);
Oberstlt. Franz Seidler (Karpathen: Kastelik vrh);
Oberstlt. G u st a v Fässer (Karpathen: Kiskurima, Haszlin);
Oberst Franz Seidler (Kämpfe am Dnjester und Pruth und bei Zezawa);
Oberstlt. Rudolf Thom (Doberdo);
Oberstlt. d. Gstbskps. Otto v. Gellinek (Doberdo);
Oberst Heinrich v. Tenner (Doberdo. Südtirol 1916, Zebio, Flitsch, Mte.
Pertica, Col del Orso, Tonale).
* *
Gedanken und Erinnerungen des Regimentsseelsorgers
Feldkuraten Dr. Joses Steiner.
(Fortsetzung zum I. Band, Seite 158—162.)
Das Bild über die Tätigkeit der Regimentsseelsorge wäre unvollständig,
wenn nicht auch im II. Band der Regimentsgeschichte darüber berichtet würde.
Gegenüber den ersten Monaten des Krieges war in der Folge durch Erfah-
rung in der Kriegssührung eine gewisse Ordnung wahrzunehmen. Der Kriegs-
und Kampfmittel gab es immer neue und furchtbarere, aber das wüste Durch-
einander der ersten Monate hatte der Krieg einigermaßen verloren. Dies wirkte
sich auch auf die Seelsorge vorteilhaft aus. Das Regiment hatte sich durch die
Retablierung in Prosecco gestärkt und war nun für den Hochgebitgskrieg be-
stimmt, für den die Natur der Steirer besonders eingestellt war.
An einem schönen Maientage des Jahres 1916 erhielt ich in der Lungenheil-
stätte Enzenbach, wo ich nach meiner Wiederherstellung die Seelsorge bei den
dortigen lungenleidenden Soldaten zu versehen hatte, den Befehl zur neuer-
lichen Einrückung. Jubelnd nahm ich ihn auf, wußte ich doch, daß ich wieder
zu meinen Dreierschützen komme, um mit ihnen Freud und Leid des Front-
lebens zu teilen. Während des siegreichen Vormarsches auf Asiago traf ich beim
Regimente ein und hatte sogleich reichlich Gelegenheit, am Hilfsplatz, wo Chef-
arzt Dr. Hammer seines Amtes waltete, den Schwerverwundeten religiösen
Beistand zu leisten. Das Regiment war zunächst über Gallio hinaus bis auf
den Mte. Sisemol siegreich vorgedrungen.
Nach dem Rückzüge aus den Mte. Zebio trat etwas Ruhe ein. Diese Nerven-
entspannung benützten wir zur Abhaltung eines Feldgottesdienstes. Bald war
hinter der Front von den Pionieren ein schmuckes Wald-Altärchen mit einer
Kanzel errichtet, mit Reisig geziert und die von den Katholiken Steiermarks
gespendete Feldkapelle aufgestellt. Die Feier dieser hl. Messe war für mich ein
199
Festtag. Im Halbkreis umstanden Offiziere und Mannschaft den Feldaltar und
wohnten andachtsvoll dem Gottesdienste bei. Sogar der Feind war ruhig, kein
Flieger zeigte sich und der Gottesfriede wurde nur durch das „Psi-Pst" feind-
licher Gewehrkugeln unterbrochen. AIs die hl. Handlung vorüber war, sprach
ich zu Menschen, zu denen ich nur mit Ehrfurcht aufblickte. Was konnte ich
anderes sagen als das eine: „Brav seid ihr gewesen, Steirer, kühn und schneidig
im Angriff, zäh und ausdauernd im Kampf gegen einen stärkeren Feind, gedul-
dig im Ertragen aller Entbehrungen und Mühen. Unser Heimatland ist stolz
aus euch und euer Heiland, der uns im Evangelium liebreich, herablassend, er-
barmungsvoll entgegentritt, hat Freude an seinen Steirern. Er liebt und schützt
euch. Vertraut auf ihn und er wird euch trösten in den Stunden höchster Gefahr.
Das eine weiß ich, so lange unsere Landwehr den Schutzwall bildet im Hoch-
gebirge des Cimbernlandes, wird den Welschen der Spaziergang nach Trient
nicht gelingen."
Am Mte. Zebio war es möglich, meine Tätigkeit im Winter 1916—1917 so
einzurichten, daß sie das Bild einer geordneten Pfarrseelsorge bot. Ich besuchte
fast täglich die einzelnen Abteilungen und Kompagnien. An Sonn- und Feier-
tagen wurde regelmäßig für die aus dem Schützengraben abkömmlichen Offiziere
und Mannschastspersonen in der sogenannten „Feldmessedoline", ein Gottes-
dienst abgehalten. Für die Trainmannschaft fand er in deren Ubikation statt.
Die Feldmessedoline war eine Mulde, etwa 200 Schritt hinter der Front. An
ihrem Hange war von unseren braven Pionieren eine einfache, aber schmucke
Kapelle erbaut worden. Wenn es irgendwie anging, wirkte bei diesem Feld-
gottesdienst ein Offiziers-Sängerchor mit. Auch bei dem etwas abseits gelegenen
HI. Baonskommando wurde gelegentlich eine Messe gelesen. Ab und zu wurde
der Feldaltar bei einzelnen Kompagnien aufgestellt.
*
Hauptmann Hans Pratscher schilderte die „Kaiserfeier an der
Front" im Jahre 1916 mit folgenden Worten:
Ein Herbstmorgen, wie er schöner und stimmungsvoller im Frieden nicht sein kann,
war angebrochen. In der großen Doline, die dichter Nadelwald umrahmt, thront zwischen
kunstlos eingefügten Fichtenstämmen der einfache Feldaltar. Ringsum am dichtbemoosten
Trichterhang stehen schweigend in aufgelösten Gruppen Feldgraue, die noch vor einer
Stunde auf treuer Wacht mit dem Feinde bleierne Morgengrüße wechselten. Bor dem
Altar der Regimentskommandant mit seinem Adjutanten und den dienstfreien Offi-
zieren. Unweit davon der diensthabende Telephonist und die Sanitätspatrouille, zugleich
in Bereitschaft. Sie alle waren gekommen, um ihrem geliebten Kaiser in heiliger Treue
an seinem Namenstag nach Kriegerart zu huldigen. Triumphierend im siegenden Son-
nenglanz blaute der Himmel über dem satten Grün der starrenden Tannen- und Fichten-
wipfel. Man fühlte sich wie eingebettet in eine zauberhafte Morgenwaldidylle. Kein
Schuß, weder hüben, noch drüben, war zu vernehmen. Bei solcher Ruhe in unmittelbarer
Nähe der Front verliert sich die Seele mit Andacht in die Borahnung baldiger
Wiederkehr der alten, Heil und Segen bringenden Weltordnung.
200
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Das Kampfgebiet am Col del Orso. 26. Dezember 1917 bis 13. April 1918.
Feldmesse des Regimentes bei 3l Christo im Bal grande. Ostersonntag 1918.
Ni Mecía.
Col cíe//'Orso
Feldkurat Josef Steiner trat an den Mar und las die Messe; feierlich setzte
ein Chor von Offizieren unter der bewährten Leitung des Leutnants Karl Stift mit
der „Deutschen Messe" von Schubert ein. Ein Prachtgesang, wie aus einem Gusse, dessen
feinabgestufte Schattierung und klingende Innigkeit jedes Hörers Herz erbaute und ihn
für Augenblicke der harten Wirklichkeit entführte. Und welch feierliches Erwachen wieder,
als bei der Wandlung plötzlich feindliche Granaten im hohen Dogen über die kniende
Soldatengemeinde dahinpfauchten, Schuß auf Schuß, als sollten sie den Höhepunkt der
heiligen Handlung in alle Fernen künden. Nach der Feldmesse betrat Feldkurat Steiner
den Predigerstuhl. Anfeuernd, wie man eben nur zu Soldaten sprechen soll, betonte er
die Bedeutung des Tages für Oesterreichs große Dölkerfamilie und bot in schönen Gleich-
nissen zu Herzen gehende Worte, die in ein von allen Anwesenden begeistert aufgenommenes
„Hurra!" für unsern Kaiser ausklangen. Mächtig als echtes Soldatenunisono ertönte
die Kaiserhymne, worauf Oberstleutnant Fischer an Stelle des derzeit beurlaubten Re-
gimentskommandanten in markiger Rede die Angehörigen des Grazer Landwehr-Haus-
regimentes als beispielgebende Heldensöhne der Steiermark pries und mit ihnen die
Heil- und Segenswünsche für unseren obersten Kriegsherrn mit einem brausenden „Kaiser-
hurra!" bekräftigte.
*
Am Mte. Zebio gestaltete sich auch die Einsegnung der gefallenen Kameraden
immer zu einem eindrucksvollen Erlebnis. Die Gräber wurden von den Pionie-
ren mit Liebe gepflegt. Jedes Grab war mit einem Kreuz versehen und mit
einem Holztäfelchen, in welches der Name des Gefallenen und seines Regimentes
eingebrannt war. Mit besonderer Sorgfalt wurden auch die Friedhöfe auf
Kote 1547 und Kote 1510 betreut. In der Mitte jedes Friedhofes steht ein
großes Kreuz mit einem Betschemel. Eines derselben trägt die Aufschrift:
„Laßt mich liegen, wo ich fiel, schön ist Heimaterde:
doch die Erde, wo ich sank, die mein letztes Herzblut trank,
gleicht dem eignen Herde.
Ehrt die Stätte, wo ich fiel. Darum laßt mich liegen,
denn die Scholle, wo ich rang, die mein letztes Herzblut trank,
soll kein Pflug zerpflügen."
*
Am 3. Dezember 1916 erschien im „Grazer Volksblatt" über „Aller-
seelen im Felde" ein Stimmungsbericht, dem folgendes entnommen sei:
Allerheiligen, Allerseelen 1916 bei der 3er-Landwehr im Felde waren ergreifend
schöne Tage, die jedem, der sie miterlebt hat, unvergeßlich bleiben. Die Gedächtnistage
wurden einfach, doch würdig gegangen. Feind und Himmel waren günstig, um eine
religiöse Feier abhalten zu können. Am Allerheiligenfesie wurde in der Feld-
messedoline ein Festgottesdienst abgehalten. Bei der kleinen, einfachen, aber schönen
Kapelle, die Oberleutnant L ö s ch n i g erbaut hatte, sammelten sich die abgehärteten stei-
rischen Krieger, graubärtige und flaumhaarige, wie sie gerade von ihrem schweren Dienste
abkommen konnten. Sie kamen vom Schützengraben, vom Horchposten, vom Kampfe,
von der Arbeit. Die Andächtigen, unter denen sich auch der Regimentskommandant und
viele Offiziere befanden, gruppierten sich um den Feldaltar. Zur festgesetzten Stunde
begann die Feldmesse, bei welcher ein Offiziers-Sängerchor unter der erprobten Lei-
201
i m i m i m s - a
lung des Leutnants Stift die „Deutsche Messe" von Schubert sang. Stark, kräftig,
stimmungsvoll klang der Chor, jeden Teilnehmer zur Andacht bewegend und in
Gottesfrieden wiegend. Vergessen war der Krieg, man /weilte im Geiste bei seinen
braven gefallenen Kameraden. Wiederholter Geschützdonner überdröhnte den Friedens-
gesang. Das Soldatenherz kennt jedoch keine Angst, es weiß sich beschützt vom Vater,
an den es sich gewandt. Vach der Messe konnte ich unseren braven Kriegern die frohe
Botschaft verkünden, wie mitten im Völkerringen, mitten im gegenseitigen Zerfleischen,
Verwünschen und Verfluchen die milde Stimme des Friedensheilandes in dem Sinne
ertönt: „Freut euch und frohlocket, euer Lohn wird groß sein im Himmel." Und als
nach der 'Predigt andachtsvoll das „Heilig" erklang und die Krieger in die Knie san-
ken und mit der Monstranze den Segen erhielten, da dürfte sich trotz der erschreck-
lichen Wirklichkeit ein gutes Stück des „Selig" in jedes Soldatengemüt gesenkt haben.
Am Allerseelentag wurde ebenfalls in der Feldmessedoline eine Messe für
die gefallenen Regimentskameraden gelesen. Nach der Ansprache gingen wir
gemeinsam zum nahen Regiments-Friedhof. In ruhiger Abgeschiedenheit liegt
er da. Die braven Pioniere des Oberleutnants Wurtinger hielten dieses
stille Plätzchen in Ordnung und Schönheit. Jedes Grabkreuz schmückte ein
Kränzlein, in Liebe gewunden von guten Kameraden. Hier sammelten wir uns,
der Kommandant, Offiziere und dienstfreie Mannschaft und gedachten in stillem
Gebete aller bisher gefallenen Helden. Während der Besprengung der Gräber
trug der Sängerchor unter der Leitung des Oberleutnants P r o k i s ch einen
Trauerchor stimmungsvoll vor.
*
Für den Seelsorger erfreulich war der große Zudrang zur Adventbeichte.
Bemerkt sei, daß jedem Marschbaon vor dem Abmarsch von Graz in der Garni-
sonskirche in Eggenberg (St. Vinzenzpfarre) zum Empfange der hl. Sakramente
Gelegenheit gegeben worden war. Kaderkurat, Pfarrer Josef ©tabuer, hatte
dort mit Liebe und Verständnis, mit unermüdlichem Eifer und größtem Erfolge
seines Amtes gewaltet. Es war auch möglich, für jede Kompagnie eigene Advent-
andachten mit Beichte und gemeinsamer Kommunion abzuhalten. Im Dezember
lag der Schnee so hoch, daß der Verkehr stellenweise durch Tunnels geführt
werden mußte. Die große Front des Regimentes war an den tiefoerschneiten
Waldhängen des Mte. Zebio und so wurden die gemeinsamen Kommunionmessen
stimmungsvolle Waldandachten. So mancher Plänkler hatte unter schweren
Seelenkämpsen zu leiden. So sagte mir einer bei der Beichte: „Herr Feldkurat,
ich bin ganz verbittert über das Unrecht, das jetzt in der Welt besteht. Sünden
habe ich keine." Oder ein anderer: ,Hch bin ganz trostlos über den Krieg. Ich
denke ja nur an meine Frau und meine 6 Kinder zu Hause." Auch Fasten-
andachten wurden bei zahlreicher Beteiligung der Frontsoldaten kompagnien-
weise abgehalten. Am Ostersonntag wurde eine Art Hirtenbrief des Feldkuraten
allen Schwarmhütten übermittelt. In ihm wurde dem Plänkler der Heiland als
vorbildlicher Führer auf dem Dornenweg des Lebens vor Augen geführt.
Meine Besuche im Schützengraben brachten auch manch heiteres Erlebnis.
Darüber schrieb ich im „Ennstaler" u. a.:
Nach der Einsegnung eines gefallenen Kameraden wollte ich unserem lieben Haupt-
mann K a st e l einen Besuch machen. Als ich mich dem Standpunkte des Kompagnie-
kommandos näherte, traf ich eine Gruppe der Maschinengewehrabteilung bei der
„Fassung". Ich wollte mich überzeugen, ob die Mannschaft mit der „Menasch" zufrieden
sei: denn geht es einmal knapp ab, dann schimpfen die Leute und das können die
Steirer gut. Es wurde aber nicht Menage gefaßt, sondern Mein, wahrhaftige „Etappen-
säure". Trotzdem sah ich nur frohe Mienen und zufriedene Gesichter. „Za, Herr Kurat,
wenn wir nur jeden Tag so a Tröpfel kriagatn," meinten sie.
Der lange Stellungskrieg brachte es mit sich, daß das feindselige Verhältnis
der Fronten teilweise gemildert wurde, soweit es die Umstände erlaubten. Beide
Fronten litten ja in gleicher Weise und es konnte daher die eine dem Schicksal
der anderen volles Verständnis entgegenbringen. Da die Gräben stellenweise
nur wenige Meter voneinander entfernt waren, kam es auch hie und da zu
schriftlichem Verkehr. So haben die Italiener einmal den Steirern eine schrift-
liche Einladung zugeworfen mit den Worten: „Steirer, kommt her zu uns,
hier bekommt Ihr Eure Leibspeise, Geselchtes mit Knödel und Kraut." Auch
geplante Angriffe der Italiener wurden vorausoerkündet. So kam einmal ein
Zettel geflogen mit den Worten: „Richt's euch, heute von uns überfall!"
*
Pflicht des Feldkuraten war es, den Angehörigen der Gefallenen die Todes-
nachricht zu übermitteln. Es war eine schwere Aufgabe, die aber vielfach durch
rührende Beweise von Gottergebenheit und Seelengröße belohnt wurde. Auch
für mich war so mancher Abschiedsbrief ergreifend, so z. B. der eines braven
Plänklers, in Zivilstellung Arbeiter, an seine junge Frau:
„Rum komme ich an die Reihe, gegen unseren Erbfeind zu Kämpfen. Nachdem
kein Kämpfer weiß, ob es> ihm beschieden sein wird, zu den Lieben heimzukehren, so
nehme ich Gelegenheit, an Dich und die Kinder einige Worte zu richten. Ich habe
wohl festes Bertrauen zu unserem Herrgott, daß er mich beschützen wird und ich wieder
gesund heimkehren werde. Sollte es dem Allmächtigen aber anders gefallen, so bitte
ich Dich, erziehe unsere Kinder in Gottesfurcht und zu ordentlichen Menschen! Ich weiß
wohl sehr gut, daß es für Dich eine schwere Zeit sein wird; doch sei stark, vertrau«
fest auf Gott, der wird weiterhelfen. . . . Erzähle den Kindern immer von ihrem
Vater, der an ihnen hängt und sie immer lieb hat. . . . Nun lebe wohl, nimm die
herzlichsten Grüße für Dich und die lieben Kinder entgegen und vergiß nicht Deinen Franz!"
Welche Seelengröße! Welch ein Mann voll Gottvertrauen, Heldenmut.
Gattentreue und Liebe zu den Kindern! Und dabei welch ein braver Soldat!
An einem Marienfeste hat Gott diesen Helden zu sich genommen und mir fiel
die Aufgabe zu, die Trauerbotschaft mit dem schönen Brief der Gattin zu über-
mitteln. Heldenhaft wie der Mann war auch die Frau. „Der liebe Gott", so
schrieb sie mir unter anderem, „hat mir ein schweres Kreuz auferlegt; er wird
mir aber die Kraft geben, es heldenhaft zu ertragen. Ich will meine Kinder
gottesfürchtig erziehen und sie immer an ihren lieben, guten Vater erinnern;
203
für meinen guten Mann kann ich sonst nichts mehr tun, als im Gebete seiner
zu gedenken."
*
Besondere Erwähnung verdient die stimmungsvolle Maiandacht, welche am
Abend des 1. Mai 1917 in der Feldmessedoline gefeiert wurde. Am Morgen war
eine Messe und es wurde das „Allerheiligste" eingesetzt. Am Wend sammelten
sich mehrere Hundert Soldaten mit den Offizieren und dem Sängerchor des
Lt. Stift zur Andacht. Es wurde das „Allerheiligste" ausgesetzt, ein Segenlied
gesungen» dann das „Gesätzchen" des Schmerzhaften Rosenkranzes „Der für
uns das schwere Kreuz getragen hat" und die Lauretanische Litanei gebetet und
das Friedensgebet gesprochen. Nach einer Ansprache wurde ein Marienlied
gesungen und die Andacht mit dem Segen geschlossen.
Am 7. Juni 1917 begingen wir das Fronleichnamsfest. In der Feldmesse-
doline waren hiezu 4 Altäre errichtet. Nach dem Gottesdienst, den die Sänger
unter der Leitung der Chormeister Stift und P r o k i s ch verschönten, wurde
die Prozession festlich mit feldmäßigem Gepränge abgehalten. Die Pöllersalven
besorgten die feindlichen Geschütze.
Nach der furchtbaren Sappensprengung, durch die wir 28 Tote und 8 Ver-
wundete zu beklagen hatten, wurde ich auf einen wimmernden Italiener auf-
merksam gemacht. Ich stieg auf die Brustwehr, zog meine Stola hoch und gab
dem Italiener aus der Ferne die Lossprechung. Bei dem italienischen Angriff,
der am 10. Juni erfolgte, wurde auch unsere „Kirche" in der Feldmessedoline
zerschossen.
*
Am 28. September 1917 nahmen wir von der Stellung am Mte. Zebio
Abschied. Wir konnten nicht scheiden, ohne jener, die wir in den schönen Fried-
höfen zurücklassen mußten, andachtsvoll zu gedenken. Die Gräber waren alle
mit Reisigkränzen geschmückt. Voll tiefer Ergriffenheit standen wir mitten unter
den toten Kameraden und ich sprach: „Wir stehen an Heldengräbern. Die da
unten schlafen und der Auferstehung harren, waren keine gedungenen Soldaten.
Es waren freie Männer, die aus bester Überzeugung dem Ruse des Vaterlandes
gefolgt sind. Sie haben in treuester Erfüllung ihrer Pflicht ihr Höchstes, ihr
Leben, zum Opfer gebracht. Sie sind gefallen für ihre Heimat und ihr Volk. Wir
beugen uns vor dem unerforschlichen Ratschlüsse Gottes. Der Tod hat ihr Leben
nicht vernichtet, sondern gekrönt im Sinne der Worte: »Sei getreu bis in den
Tod und ich will dir die Krone des Lebens geben'." Ich glaube, daß wir nicht
treffendere Worte in liebevoller Erinnerung für alle hätten beten können, die
hier ruhen. Und es war uns, als ob die gefallenen Kameraden uns zuriefen,
unsere Pflicht getreu zu tun, wie sie es getan haben. Wir gelobten ihnen, die
Fahne, die ihnen der Tod aus der Hand genommen, zu schützen und ihres
Heldentums in alter Soldatentreue zu gedenken.
204
Das Regiment zog über Ghertele, Trient, Bozen, Franzensfeste, Villach
nach Fürnitz. Während des Aufenthaltes bei Fürnitz in Kärnten gab es Gelegen-
heit zur Ablegung der Beichte. Innerhalb weniger Tage empfingen 1161 Sol-
daten die heiligen Sakramente. 5 Priester aus der Umgebung von Fürnitz
unterstützten mich hiebei. So ging das Regiment, seelisch neu gestärkt, zur
großen Offensive in das Flitscher Becken.
Unmittelbar vor Beginn des großen Siegeszuges sprach ich nochmals zu
den Kameraden im Gottesdienst. Dann wurde vorwärtsgestürmt von Flitsch
bis zum Mte. Pertica. Als das Regiment nach den heftigsten Kämpfen und
größten Verlusten aus der Pertica-Stellung herausgezogen wurde, war es
wieder möglich, gemeinsame Gottesdienste zu halten, so am 29. November und
am 2. Dezember 1917 in Rasai und Porcen und während der Retablierung in
Sedico, wo wir bis zum Weihnachtsfeste verblieben. In der Folge fand in
Rasai, Seren, II Christo, Mattias, Val Grande, im sogenannten Felsen- und
Höhlenlager und unmittelbar hinter der Front Gottesdienst statt. In der Fasten-
zeit konnten die Leute die Osterbeichte ablegen. In schönster Erinnerung ist
der Gottesdienst am strahlenden Ostermorgen des Jahres 1918 in Val Grande,
bei welchem Hunderte von Kameraden die Kommunion empfingen. Auch am
Ostermontag und Weißen Sonntag bot sich hiezu Gelegenheit.
Die schöne Zeit der Retablierung in Bozen wurde ebenfalls für die religiöse
Belebung und Vertiefung ausgenützt. Besonders feierlich wurde der Gottesdienst
an den Pfingstfesttagen in Deutschenosen unter Mitbeteiligung der Zivilbevöl-
kerung begangen, die den Feldaltar herrlich geschmückt hatte. Ebenso gab es
hier eine stimmungsvolle Maiandacht mit gemeinsamem Rosenkranzgebet. Vor
dem Abschluß der Erholungszeit in Bozen haben sich 1340 Soldaten durch
Empfang des Sakramentes der Buße und des Altares für den neu bevorstehen-
den Kamps gestärkt. Nachdem wir noch das Fest der hl. Dreifaltigkeit im stillen
Frieden gefeiert hatten, erlebten wir die nächsten Sonntage aus dem Vormärsche
in die Front und fanden uns in Almazzago, Carciato und Meana, in der zwei-
ten Hälfte Juni 1918 in Mezzana, Termenago und einmal auch in der Dom-
kirche in Trient zu einem festlichen Gottesdienst ein.
Die Tonalesront war als Hochgebirgsfront örtlich überaus ausgedehnt, so
daß an gemeinsame religiöse Andachten für das ganze Regiment nicht zu denken
war. Sie wurden daher abwechslungsweise bei den Reservekompagnien, beim
Standpunkt der Baonskommandos, im Prater-, Brücker- und Tatralager sowie
bei den einzelnen Kompagnien abgehalten. Auch an den Festen der Toten hielten
wir Seelenandachten ab, zuletzt im Friedhof von Malga Strino. Mit zwei
Gottesdiensten am 3. November 1918 in der Tonalestellung, unmittelbar vor
der Gefangennahme, beschloß ich meine Tätigkeit als Regimentsfeldkurat. *
*
205
Bei der Rückschau auf die langen, schweren Kriegsjahre, auf die großen
Kämpfe und siegreichen Vormärsche, aus die harten, zermürbenden Stellungs-
kämpfe und Frontwechsel muß ich zur Ehre unserer Steirer bekennen, daß der
große Gedanke des Gottesglaubens und -Vertrauens, der Verantwortung vor
Gott und die edlen Gedanken des Christentums beim Regimente immer lebendig
waren. Gottesleugner waren Ausnahmen, Gleichgültige wurden gerade in den
schwersten Stunden und bei den schönsten religiösen Feiern erfaßt, Verzagte,
Kleingläubige und Verzweifelnde aufgerichtet. Wenn das Regiment bis zum
Abschluß des Krieges an der alten eisernen Zucht festgehalten hat, wenn die
Soldaten, trotzdem sie nur sehr dürftig bekleidet waren und die Menage immer
karger wurde, nach wie vor eine undurchdringliche Mauer an des Reiches Gren-
zen gebildet haben, noch zu einer Zeit, in der der Bestand des Reiches erschüt-
tert war, so hatte daran die tief im Herzen des Steirers verankerte religiöse
Idee der Verantwortung vor dem höchsten Herrn wohl einen großen Anteil.
Mit tiefem Dankgesühl gedenke ich zum Schlüsse des Regimentskommandos,
der Offiziere und Unteroffiziere, die fast ohne Ausnahme dem Feldkuraten in
seinen Bestrebungen in jeder Weise Verständnis entgegenbrachten, ihn unter-
stützten und dadurch eine fast regelmäßige seelsorgliche Betreuung der Regi-
mentsangehörigen ermöglichten.
Mit den Worten, die ich einst im „Grazer Volksblatt" vom 5. Oktober 1919
am Schluffe einer Begrüßung an die heimkehrenden Dreierschützen richtete,
schließe ich, weil sie heute noch Geltung Haben, auch diese Erinnerungen:
„Kameraden, einstens waren tausend Augen auf euch gerichtet, als ihr
draußen gestanden seid an der Front, und nicht umsonst haben Tausende auf
euch vertraut. Ihr seid unbesiegt geblieben, ihr habt die Heimat freigehalten
vom Feinde. Nun sind wiederum Tausende Augen auf euch gerichtet, die eure
kraftvolle Mithilfe im Wiederaufbau unserer schönen Heimat erwarten. Sie
werden sich in euch nicht täuschen.
Seid als Mithelfer bei diesem idealen Werk, als treue Söhne unseres
geliebten, einzig schönen Steirerlandes herzlichst begrüßt von eurem gewesenen
Feldkuraten."
X. Dreierschützen bei fremden Truppenkörpern.
1. Das Sturmbataillon.
Im Jahre 1916 bekannte man sich an der deutschen Westfront zu einer
neuen Durchführung der Erstürmung fdl. Stellungen, für die eigens dazu vor-
gebildete, in Sturm-Baone zusammengefaßte Truppenteile verwendet wurden.
Die Erfolge dieser Abteilungen bewogen unsere Heeresleitung, österr. Offiziere
und Unteroffiziere an einem Sturmlehrkurs teilnehmen zu taffen. Unter den
206
Teilnehmern befand sich auch Fldw. Josef Hasiba vom Sch.R. 3. Es dauerte
nicht lange, so wurde bei der 11. Armee, in deren Reihen damals das Sch.R. 3
kämpfte, ein Sturmbaon ausgestellt.
Zum 1. Sturmkurs in Levico. der vom 12. Dezember 1916 bis 15. Jänner
1917 dauerte, wurden von unserem Rgt. 4 Offiziere (Oblt. Egon Wurst als
Komp.-Kmdt., Lt. Winter, Lt. Maiwald und Lt. Gantner als Zugs-
Kmdten.) und 140 Mann entsendet.
Jede Komp, stellte einen Sturmtrupp in der Stärke von 1 UO. als Führer
und 6 bis 8 Mann. Seine Aufgabe bestand in der Erkundung, Beseitigung von
Hindernissen, Einleitung des Angriffes und Führung der folgenden Abteilungen,
Eroberung von Stützpunkten und Aufrollung fdl. Gräben, desgleichen in der
Verwendung im Gegenangriff. Zur Ausrüstung des Mannes gehörten die Patro-
nen, die in den Blusentaschen oder im Brotsack verwahrt waren, der Stahlhelm,
der auf dem Rücken getragene Karabiner, ein Dolchmesser, zwei um den Hals
und über die Schultern gehängte Sandsäcke mit Handgranaten und acht leeren
Sandsäcken als Einbaumaterial, eine mittlere Drahtschere, ein Feldspaten am
Überschwung, ferner die Gasmaske und der Brotsack mit 4 eisernen Portionen
und 2 Feldflaschen.
Das Hauptkampfmittel des Sturmmannes war die deutsche Stielhand-
granate, die allen Anforderungen sehr gut entsprach. Nach einigen Vorübungen
wurde mit scharfen Handgranaten geworfen, bei den großen Übungen auch mit
Maschinengewehren, Infanteriegeschützen, Minenwerfern, Granatwerfern und
Geschützen scharf geschossen; auch Fliegerbomben und Flammenwerfer traten
in Tätigkeit.
Nach dem ersten Sturmkurs behielt man die besten Offiziere, UO. und
Soldaten der verschiedenen Regimenter zurück und formierte aus ihnen das
„Sturmbaon der 11. Armee". Es wurde wiederholt bei wichtigen Aktionen ein-
gesetzt und diente als Lehrbaon, das in Sturmkursen unzählige Leute für den
Sturmdienst ausbildete. Das Sturmbaon der 11. Armee hat sich überall glän-
zend geschlagen. Ein Beweis hiefür sind die Worte, die der Kmdt. des Sturm-
baons anläßlich des Ausscheidens der Dreier-Schützen aus dem Verband vor
Beginn der großen Offensive 1917 verlautbarte:
„Das Scheiden der Offiziere und Mannschaft des SchAgt. 3 aus dem Sturmbaon
gibt mir Anlaß, ihr Verhalten und ihre Tätigkeit beim Sturmbaon rühmend hervor-
zuheben. jederzeit und wo immer sie die Pflicht gerufen hat, haben die tapferen Schützen
ihr Bestes geleistet und so zum schönen Ruf, den sich das Sturmbaon durch seine Ak-
tionen erworben hat, tatkräftigst beigetragen. Es freut mich, berichten zu können, daß
Mut und Schneid dieser tapferen Patrouillen auch Höherenorks Anerkennung gefunden
hatten, so daß diese Mannschaft zu den schönst dekorierten Leuten des Sturmbaons
gehörte."
Nach der Offensive im Jahre 1917 wurden die Sturmsormationen neu zu-
sammengestellt und zwar so, daß jede Division ihr eigenes Sturmbaon hatte.
207
zu dem jedes der vier Regimenter 1 Komp, stellte. So entstaird auch das
„Sturmbaon 22“, dessen 1. Komp, die Stürmer des Sch.R. 3 bildeten. Es
war um die Mitte des Jahres 1918 in Dimaro stationiert und hatte am Tonale-
Paß einige sehr schwierige Aktionen durchgeführt, an denen die Dreierschützen
wieder hervorragend beteiligt waren.
Jedem Sturmkameraden wird die schöne Zeit beim Sturmbann immer in
Erinnerung bleiben. „Gut Sturm!"
Hauptmann Egon Wurst.
2. Albanien.
Anfang Juni 1917 ging vom Ersatzbaon Graz unter Kmdo. des Lt. Thal-
hammer eine aus frontdiensterfahrenen Unteroffizieren gebildete Instruk-
tions-Abteilung, etwa 40 Gewehre, mit der Bestimmung zum Albaner Baon IV
Tirana, nach Albanien ab. Mit der Bahn über Bosn. Brod—Sarajevo—Sebe-
nico, zu Schiff nach Antivara und mit der Feldbahn über die montenegrinischen
Berge nach Wirbassar, zu Schiff über den Skutarisee nach Skutari und schließ-
lich streckenweise, teils mit der Feldbahn, teils mit der Drahtseilbahn und im
Fußmarsch gelangte die Abteilung nach Tirana, wo aus albanischen Rekruten
das Albaner Baon IV aufgestellt wurde und die Aufteilung der Instruktoren
vom Sch.R. 3 erfolgte. Bei einer mörderischen Hitze von 50 bis 60 Grad Celsius
wurde mit der Rekruten-Ausbildung begonnen, die sich auf die Morgen-
stunden von 4 bis 9 und die Abendstunden nach Sonnenuntergang beschränken
mußte. Trotz der großen Sprachschwierigkeiten, mit denen die Instruktions-
Abteilung zu Kämpfen hatte, entstanden aus den eingeborenen Albaner-Rekruten
während einer kaum dreimonatlichen Ausbildungszeit kriegstüchtige Kompn., die
an der Front Balona—Berat—Elbaffan ihre Heimat wacker verteidigten. Ob-
zwar in jener Zeit in diesem Abschnitt keine große Schlacht geschlagen wurde,
hat doch mancher brave Steirer auf dem sonnendurchglühten Boden sein Leben
gelassen. Franktireurs, die auf wochenlangem Fußmarsch begriffene Urlauber
aus dem Hinterhalt abschaffen und beraubten, Angriffe ital. Flugzeuggeschwader
und nicht zuletzt die tückische Malaria, waren dort oft ein gefährlicherer Feind
als der offene Gegner an anderen Fronten.
3. Dreierschützen im Verbände des Schützenregimenies 2.
Nach den äußerst verlustreichen Kämpfen der 7. Isonzoschlacht wurde das
XVIII. (?) Ma.Baon, das sich zu dieser Zeit in einer Ausnahmsstellung auf der
Panarotta in Südtirol befand, zur Auffüllung der gelichteten Reihen des
Sch.R. Nr. 2 auf der Karstfront eingesetzt. Das Baon traf am 9. November 1916
unter Kmdo. des Hptm. Neupauer in Gabroviza beim Sch.R. 2 (Kmdt. Obst.
Leop. Hirsch) ein und wurde als 2. Baon eingeteilt. Die Kampfstellung des
Baons war der Nordabhang des Faiti hrib, der erst im schweren sdl. Art.- und
Inf.-Feuer mit Fuchslöchern, Sandsackstützpunkten und Kavernen ausgebaut
208
Art.-Beschießung der Italiener in dem Raum nächst dem eig. III.
ihrem Angriff auf Albiolo. 13. August 1918.
Baons-Kmdo. vor
Die Tonalestellung.
3. Iuni 1918 bis zum Kriegsende.
>
werden mußte. Während der Kämpfe zeigte sich wiederholt der tapfere, uner-
schrockene Kampfgeist der Steirer, die im Verein mit Oberösterreichern und
Kärntnern (Sch. 4) den Schlüsselpunkt der Stellung unentwindbar festhielten.
Besonders zu erwähnen ist eine nächtliche Aktion, die unter Kmdo. des Lt.
T h a l h a m m e r am 18. Jänner 1917 gegen die vom fdl. Faiti vorgeschobenen
Stützpunkte stattfand. Es waren vor allem Dreierschützen, die sich zu diesem
kühnen Vorstoß freiwillig meldeten, so u. a. Lt. Lorenz, Fhr. Bauer, Fhr.
Joch und Lt. A r t n e r, die an dem Erfolg der Unternehmung hervorragenden
Anteil hatten. Nicht unerwähnt bleibe die Sondertätigkeit des Einj.Freiw.-Zgf.
Hermann Richter, der während der Gefechtspausen mit einem Schrammel-
quartett immer wieder fröhliche Stimmung in die Kampftruppe zu tragen
verstand.
4. Dreierschützen im Verbände des I.R. 47.
Am 9. September 1917 wurden zwei Ma.Komp. Dreierschützen, durchwegs
Deutsche, dem I. Baon I.R. 47 in BriZöiki zugeteilt. Es waren 9 Offiziere und
311 Mann unter Kmdo. des Oblt. Dominik A d a m e tz. Diese Kompn. beteiligten
sich in hervorragender Weise an der 12. Isonzoschlacht (24. bis 27. Oktober)
und auch an den Verfolgungskämpfen bis an den Tagliamento. Die schwersten
Kämpfe aber fochten sie im Jänner 1918 auf dem Mte. Asolane, wo das I.R. 47
33 Offiziere und 1155 Mann verlor.
a) Eine Episode aus den Kämpfen um den Mte. Asolane
schildert Fhr. Ernst Bauer:
Ich befand mich als Verbindungsoffizier auf dem Rücken des Asolane auf Pa-
trouille und besuchte die Lt. Nebel und Robert Bauer in ihren Stellungen. Auf dem
Rückwege kam ich ini flankierendes MG.-Feuer der Italiener, die sich durch Muni-
tionsverschwendung derart auszeichneten, daß sie mich durch eine halbe Stunde zwangen,
in innigster Berührung mit Mutter Erde zu liegen. Endlich stellten sie das Feuer ein
und ich machte mich schleunigst auf, um die Baonskaverne zu erreichen. Ahnungslos
kam ich in den Gang, als schon ein hünenhafter italien. Unteroffizier sein Bajonett an
meine Brust setzte. Der Gang war voll von Italienern — der Baonsstab gefangen.
Mit aller Gewalt stieß ich das Gewehr zurück und wollte mit dem Armeerevolver
schießen. Leider versagte er. Da packte mich die Mut, ich warf die Waffe dem Ita-
liener ins Gesicht, sprang aus der Deckung, nahm einige Iungschühen, die zufällig zur
Kaverne kamen und erstürmte mit ihnen die Baonskaverne. Etwa 20 Italiener ergaben
sich uns — der Baonsstab war wieder frei. Richt lange danach wurde das Rgmt. abge-
löst. Es kam auf Retablierung in eine oberitalienische Ortschaft, in der uns Brigade
und Division ihre Anerkennung über die heldenhafte Verteidigung aussprachen. Ich wurde
zur „Goldenen" eingegeben, erhielt die „Große Silberne", meine Dreier-Iungschützen
erhielten die „Kleine Silberne".
d) Aus dem Sasso Rosso.
An den zähen Kämpfen auf dem Sasso Rosso in der Zeit vom 9. bis
15. Februar 1918 nahmen 2 Kompn. Dreierschützen (Lt. Robert Bauer, Lt.
14
209
Theodor Kammberger und Fhr. Ernst Bauer) teil. In dieser Zeit fiel
ihnen mit den 47ern vereint die schwere Aufgabe zu, die am Sasso Rosso ein-
genisteten Italiener hinauszuwerfen. Am 9. Februar um 6 Uhr 45 brachen sie
unter den Klängen altvertrauter Steirerlieder aus dem unwirtlichen Lager
auf. Um 23 Uhr 45 war die Stellung, von wo aus der Angriff unternommen
werden sollte, erreicht. Trotz reicher Fliegertätigkeit blieb die dichte Besetzung
unserer Stellung dem Gegner unbekannt. Unser Art.-Vorbereitungsfeuer war
ausgezeichnet. Ein Glück für das angreifende Baon war, daß das einsetzende
starke ital. Art.-Feuer über die Stellung hinausging. Um 5 Uhr 30 fetzte der
Angriff an. Mutig stürmten die braven Steirer, ganze Salven von Handgrana-
ten werfend, gegen die fdl. Stellung, die im blutigen Handgemenge genommen
wurde. 170 Alpini und 6 Osiziere wurden als Gefangene abgeführt. Eine Menge
Handfeuerwaffen, darunter 6 MG., fielen in die Hände der tapferen Stürmer.
Bis 15. Februar setzte der Italiener alles daran, um den schweren Verlust
durch tägliches Trommelfeuer und durch Gegenangriffe wieder wettzumachen,
doch alle diese Versuche scheiterten an der Wachsamkeit und Tapferkeit der
heldenhaften 47er und Dreierschützen.
5. Dreierschützen beim Ldst.J.R. 27 in Rumänien.
Im Juli 1917 wurde eine Anzahl Dreierschützen-Offiziere und Mannfchafts-
perfonen dem Ldst.J.R. 27 zugewiesen, das an der Ifonzofront kämpfte.
Der Transport, der auch St. Luzia berührte, fand dort den Hptm. Ludwig
Robitfchko (Ldst.J.R. 3) mit bewundernswerter Ruhe in einer Hölle von
Granateneinschlägen seines verantwortungsvollen Amtes als Bahnhof-Kmdt.
waltend. Kaum waren die Dreierschützen in der Front angelangt, wurde das
Ldst.Rgt. nach Rumänien verlegt, wo es bei der 2. Mackensen-Offensive unaus-
löschliche Beweise von Tapferkeit erbrachte. Hptm. Hans P r a t f ch e r, der
damals schwer verwundet wurde, schilderte eine Kampfesszene aus dem Ringen
bei Pitesti und Olefesti:
„Tagelang tobte schon der Kampf nördlich und nordwestlich von Focsani mit wech-
selnden Erfolg. Am 9. August 1917 wurde auch das LdstönfRgt. Nr. 27 eingesetzt. 5m
Chaos berstender Granaten und turmhoch emporschnellender Erd- und Wasserbündel be-
zwangen wir den Putnaübergang und nötigten im Anschlüsse an deutsche Sturmtrupps
den sich hartnäckig zur Wehre sehenden Gegner zur Räumung seines vordersten Kampf-
grabens. Ein weitverzweigtes, kunstvoll angelegtes Grabennetz, überwuchert von dichtem,
mannshohem Gestrüpp, begünstigte die Feinde stets zu überraschenden Flanken- und
Rückenangriffen, die, mit größter Erbitterung geführt, immer im Handgemenge ihr furcht-
bares Ende fanden.
Mit der Bestimmung als Bataillonsreserve erreichte die 8. Kompagnie gegen 14 Uhr
45 Min. den Fuß des steilen östlichen Putnatalrandes gegenüber von Purcelesti, während
das 2. und 3. Baon schon seit Stunden im schweren Ringen standen. Gegen 15 Uhr ver-
nahm man bereits im Rücken der Kämpfenden aus der Richtung Olesesti unter wuchtigen
Granateinschlägen starkes, sich immer mehr näherndes Gewehrfeuer. Der leere rumänische
210
Kampfgraben mit feinen vielgearleten Verstecken lockte eine Anzahl Reservetruppen eines
anderen Regimentes in sein hochsteilwandiges Inneres, so daß infolge nachdrängender
Abteilungen buchstäblich jeder Verkehr stockte. Für unsere kämpfenden Braven wie für
alle Grabenwandler stand die Gefahr nahe, von den vereinigten Russen und Rumänen
im Rücken überfallen und entweder bis zur Vernichtung aufgerieben oder gefangen zu
werden. Hier war rascher Entschluß mehr als eine halbe Tat. Von der ursprünglichen
Bestimmung absehend, entwickelten sich drei Züge der 8. Kompagnie und ein Zug der
5. Kompagnie am Rideaurande, setzten über den für unsere Mitkämpfer von feindlichen
Handgranaten bereits sehr gefährdeten rumänischen Graben und schlugen den Feind, der
sich im Dickicht schon auf 40 bis 50 Schritte herangearbeitet hatte, im entscheidenden
Augenblick zurück, über seinen zweiten Graben und die Kirche Olesesti hinaus. Fast gleich-
zeitig rückten zwei russische Schwarmlinien in der Stärke von etwa drei Zügen aus süd-
östlicher Richtung gegen den rechten Flügel unserer Kampflinie vor. Gegen diese warfen
sich der Reservezug der 8. Kompagnie und deren Sturmpatrouille. In solcher Lage wurde
das Feuer anderthalb Stunden unterhalten, Sturm auf die russische Schützenlinie gemacht
und diese zurückgedrängt.
Doch bald flutete in dichten Wellen ein neuer russisch-rumänischer Ansturm heran.
Unsere Maschinengewehre leisteten ehrliche Arbeit. Ungezählte russisch-rumänische Gefal-
lene bedeckten den Kampfplatz. Die Russen, meist geführt von französischen und englischen
Offizieren, ließen sich davon nicht abschrecken. Mit einem markerschütternden Geschrei,
übertönt vom Getöse der Tod und Verderben speienden Kriegsinstrumente, schritten sie
über das Röcheln und Stöhnen unzähliger Dahingemähter. Weiße Signale geboten der
russischen Artillerie Halt und der fürchterliche Akt menschlicher Vergewaltigung, die bru-
talste Aeußerung all der sonst im Widerstreit kämpfenden Kräfte, ein in seelischer Blind-
heit und Taubheit von bestialischem Drange diktierter Tobsuchtsanfall war im Gange
und führte durch unsere Feinde, zu denen vorwiegend Tataren zählten, in der Behand-
lung unserer Verwundeten und Toten zu den gröblichsten Völkerrechtsverlehungen. In
diesem ekelerregenden Gemetzel infernalischer Wutausrüche lichteten sich die Reihen
immer mehr. Haufenweises Zurückfluten auf beiden Seiten machte sich fühlbar. Rur die
Reste der in den Kampf Verbissenen ballten sich zu Gruppen und zerrten an Gewehren
und Maschinengewehrbestandteilen wie streitende Hunde an einem Knochen. Trotz wieder-
holter bedenklicher Schwankungen blieb uns das Kriegsglück hold. Die katastrophale Ge-
fahr war schließlich gänzlich bezwungen und so mancher der von uns abseits Kämpfenden
konnte nicht ahnen, daß er nur dem braven, siegesstolzen und aufopfernden Betragen
seiner Kameraden die Erhaltung seines Lebens zu verdanken habe.
Die verleihungsberechtigten Kommanden würdigten die Leistungen der Kompagnie
in diesen und den folgenden Kämpfen mit der Verleihung von 5 Großen und 30 Kleinen
Silbernen und noch mehr Bronzenen Tapferkeitsmedaillen."
Mjr. Julius Laiter, Kmdt. des II. Baons des Ldst.I.R. 27, äußerte sich
darüber in einer Zuschrift vom 30. März 1919 u. a.: „Der vorliegende Gefechts-
bericht ist — wie auch aus den Zeugenaussagen hervorgeht — vollkommen wahr-
heitsgetreu wiedergegeben. Das selbständige Eingreifen der 8. Komp, des Ldst.-
I.R. Nr. 27 und von Teilen des Ldst.I.R. 409, beides unter dem Kmdo. des
Hptm. >P r a t s ch e r, hat das II. und Teile des IH. Baons des Ldst.I.R. 27 vor
Vernichtung bezw. Gefangennahme bewahrt. Hptm. Hans Pratscher wurde
mit der neuerlichen Allerhöchsten Anerkennung bedacht und im August 1918
211
auf Grund des vorgelegten Gefechtsberichtes vom Rgts.-Kmüo. zur Auszeichnung
mit der „Goldenen Tapferkeitsmedaille für Offiziere" vorgeschlagen.
Noch einmal traten Dreierschützen in die Reihen des Ldst.I.R. 27. Als das
Rgt. durch die schweren August-Kämpfe dezimiert war, erhielt es am 23. Dezem-
ber vom 33. Ma.Baon die 1. Komp, mit einem Stande von 2 Offizieren (Oblt.
Hubert Frank und Lt. Baumgartner) und 102 Mann zugewiesen, die
auf das II. Baon ausgeteilt wurden. Oblt. Frank übernahm das Kmdo. der
8. Komp, und fand reichlich Gelegenheit, teils im Schützengraben, teils im
Requisitionsdienst, zuletzt bei der Donausicherung verdienstlich zu wirken.
Der reichen, wohlverdienten Anerkennung, die das Sch.R. 3 allerorten für
fein tapferes, unerschrockenes Verhalten gefunden hat, erfreuten sich auch Teile
desselben, die, losgerissen von ihren Kameraden, einzeln oder in Abteilungen
in anderen Verbänden, sogar auf französischer Erde, für die gerechte Sache strit-
ten. Zu groß war ihre Zahl, zu fern ihr Wirken, zu mannigfaltig ihr Helden-
tum, um an dieser Stelle auch nur annähernd gewürdigt werden zu können.
Sie fand ihren beredtesten Ausdruck wohl in der Wiedersehensfreude der Kame-
raden, getragen von dem erhabensten Gefühl:
Ihr Treuen habt Ehre und Ruhm des Regimentes in
alle Welt hinausgetragen, wir sind stolz auf Euch?
212
XI. Der steirische Landsturm.
1914—1918?)
(Beilagen 57 und 58.)
1. Die steir. k. k. Landsturm-Insanteriebataillone des ehem. Landsturmbezirks-
kommandos Graz Nr. 3.
Der steirische Landsturm erscheint, wie bereits im I. Band geschildert, nicht
erst im Weltkrieg 1914—1918, sondern schon im Kriegsjahr 1809. Die spärlichen
Geschichtsaufschreibungen und wenigen Aktenbestände dieser Zeit vermögen der
Nachwelt über die Heldentaten des Landsturmes von 1809 kein getreues Bild
mehr zu geben. Es sei dafür der ganz gewaltigen Leistungen unserer stets opfer-
willigen und todesmutigen Landstürmer im Weltkriege besonders gedacht.
In der langen Friedensperiode vor dem Weltkriege herrschte vielfach eine
falsche Ansicht über den Landsturm. Man verstand unter ihm ein Aufgebot von
Leuten, die nur für den Etappendienst bestimmt waren. Der Weltkrieg hat
aber den Beweis erbracht, daß der Landsturm nicht nur voll und ganz in allen
Lagen seine Pflicht tat, sondern auch an den großen Taten der Armee gleich-
wertigen Anteil nahm. Seine gereiften Männer sind alle mit Begeisterung dem
Rufe des Vaterlandes gefolgt und haben ihren Stolz dareingesetzt, es den Vor-
fahren von 1809 gleichzutun, ja womöglich diese an Tapferkeit und Selbstauf-
opferung zu überbieten. Wenn auch bereits des Soldatenhandwerkes entwöhnt,
haben sich selbst die ältesten Jahrgänge rasch wieder in dieses hineingefunden.
Viele Baone zählten zu den besten Truppen, die damals im Felde gestanden.
Gleiches ist auch von den jüngsten Landsturm-Jahrgängen, die als „Freiwillige
Formationen" ins Feld gingen, zu sagen. Bemerkt sei, daß im Weltkriege für
den Dienst in der Etappe und für Arbeiten in oder nächst den Fronten eigene *)
*) Verfaßt im Museumarchiv Alpenjäger 9 auf Gründ beigestellter Beiträge ehem.
Mitkämpfer aus privaten Tagebüchern, da alle steir. Ldstfeldakte im Jahre 1920 unver-
antwortlicherweise der Berstampfung zugeführt wurden.
Die Geschichte des ehem. Ldst.5nf.Agt. Graz Ar. 3 wurde bereits im 1. Band der
Agtsgeschichte der Dreierschützen behandelt, während der restliche steir. Landsturm des ehe-
maligen Lüst.Erg.Bez.K. Marburg der Agtsgeschichte der 2Ker-Schützen vorbehalten ist.
213
Ldst.-Etappenbaone und Avbeiterkompn. oder ähnliche militärisch organisierte
Formationen bestanden, die mit Ldst.-Feldtruppen nicht zu verwechseln sind.
Wie man schon im Jahre 1914 in der Schlacht bei Lemberg Ldst.-Abteilungen
in die vordersten Kampflinien einsetzte, darunter auch das Grazer Ldst.R. 3,
geradeso mußten anläßlich der Bedrohung durch Italien Ldst.Baone, nur sehr
notdürftig ausgerüstet und von wenig Art. unterstützt, sowohl in die Schreck-
nisse der ersten Isonzoschlacht geworfen, als auch zur Abwehr eines Einbruches
an der Kärntner—Tiroler Front verwendet werden. Sie haben trotz des furcht-
baren Trommelfeuers überall den Kampf mit der Übermacht ausgenommen und
ihre Linien im wesentlichen behauptet. Zu den vielen als Kampftruppen ver-
wendeten Ldst.Jns.Baonen zählten auch die ober- und mittelsteir. Ldst.Baone 16,
150, 151 an der Kärntner—Tiroler Front, Nr. 30'), 152, 156 und 157 an der
Isonzofront, Nr. 29') an der serbischen Front, denen dann später das „Freiw.
Schützenbaon Lichem" und das „Steirische Freiw. Schützenregiment" an die
Kärntnerfront nachfolgten.
2. Das Landsturm-Insanterie-Baon Nr. 10
an der Kärntner—Tiroler-Front 1914—1918?)
(Hiezu Bildbeilage und Skizze 57.)
In der letzten Augustwoche 1914 wurde in der Lehrerbildungsanstalt in
Graz aus abberufenen steir. Eisenbahnsicherungsabteilungen das Ldst.Ma.Baon
Nr. 10 anfänglich als Ergänzungsformation für das bereits auf dem galizifchen
Kriegsschauplatz kämpfende Grazer Ldst.I.R. Nr. 3 ausgestellt. Während die
Mannschaft ausschließlich aus Steirern bestand, setzte sich das Offizierskorps zu
fast gleichen Teilen aus Steirern und Wienern zusammen: Baons-Kmdt.: Obstl.
Friedrich Krenn des L.I.R. 3; Adj.: Lt. Dr. Rogenhofe r; Trainkmdt.:
Lt. i. E. Uray: Rechnf.: Oblt.Rechnf. Tileczek; 1. Komp.: Oblt. i. E. v.
Andres; 2. Komp.: Oblt. i. E. Kapfer; 3. Komp.: Lt. i. E. Ing. Pol-
hammer. Nur etwa 14 Tage standen zur Aufstellung, Ausrüstung und Aus-
bildung zur Verfügung. Das Baon war mit dem neuen 7-mm-Repetiergewehr
M. 14, „Mexikaner" genannt, bewaffnet.
Am Morgen des 6. September erfolgte die Einwaggonierung auf dem
Grazer Hauptbahnhof. Die Fahrt ging zunächst nach Spittal a. d. Drau, von wo *)
') Politische Gründe zwangen die Oberste Heeresleitung zur Verfügung, die organi-
sationsgemäß aus Offnen, Friaul und Südtirol sich ergänzenden Truppenkörper italien.
Nationalität durch alpenländische Mannschaftskontingente zu ersetzen. So wurden eben
einzelne nichtsteir. Truppennummern durch diese Verfügung zu steir. Baonen.
*) Bearbeitet im Museumarchiv WR. 9 auf Grund von Angaben des ehem. Baons-
adjutanten Oblt. Julius Neu mann des Ldst. 10 und unter Zuhilfenahme der Broschüre
„Das Plöckengebiet im Weltkriege", Herausgeber Kameradschaftsbund Kärnten (General-
major P i t r e i ch).
214
ilffiSianaisgatesiiB
schon Mitte des Monates die Verlegung nach Kötschach im Gailtale durchgeführt
wurde. Damit war das Ldst.Ma.Baon 10 dem Grenzschutz gegen Italien zuge-
teilt, u. zw. im westl. Teile der Kärntner Grenze, wo ihm der Karnische Kamm
von der Köder-Höhe bis zur Tiroler Grenze als Schutzraum zufiel. Wegen
dessen großer Ausdehnung wurde noch im Herbst die 1. Komp, nach Birnbaum
im Lesachtale verlegt, die im Frühjahr 1915 durch die 3. abgelöst wurde.
Der Herbst und der folgende Winter dienten der weiteren Ergänzung (durch
Kärntner), Ausbildung und Ausgestaltung des Baons. Der Stand wurde durch
Angliederung einer 4. Komp. (Oblt. i. Res. KobliLek) und einer M.G.A.
(Ldst.Oblt. Weber) wohl anfangs erhöht, später aber durch die Abgabe einer
Komb. Komp, mit Oblt. Freytag, Lt. Pa bst und Wondra an die Kar-
pathenfront wieder geschwächt. Die beiden letztgenannten Offiziere fanden dort
den Heldentod.
Vor allem muß getrachtet werden, die Gebirgstüchtigkeit und Terrain-
vertrautheit der Truppe zu heben und Skipatrouillen für den Winterkrieg
(Leitung Ldst.Lt. Straffer) auszubilden. Auch beim Bau der Plöckensperren
und in der zweiten Verteidigungsanlage auf dem Bitlersberge bei Laos am
Gailberg-Sattel leistete das Baon Hilfsdienste. Das Frühjahr 1915 führte infolge
der stets zunehmenden Spannung mit Italien schon im April zur Vorverlegung
von Teilen des Baons aus Kötschach an die Grenze, u. zw. der 1. Komp, aus
den Plöckenpatz und der 2. auf die Köder-Höhe, während die 3. in das Frohntal
abging. Ihnen folgte kurz vor Pfingsten der Rest des Baons mit dem Stab;
nur die Rechnungskanzlei und der Train blieben in Mauthen. So fand die
ital. Kriegserklärung das Ldst.Ma.Baon 10 in weit voneinander entfernten
Stellungen zerstreut. Seine Teile traten daher unabhängig voneinander in die
Kampfhandlungen ein und gerieten später in verschiedene Verbände. So blieb
es bis zur ersten Ablösung im Oktober.
Am Tage der ital. Kriegserklärung (23. Mai 1915) stand in dem 40 Kilometer
breiten, von der Tiroler Grenze bis zum hohen Trieb sich erstreckenden „Grenz-
abschnitt Kötschach" unter dem Kmdo. des Obstl. Krenn das von diesem
geführte steir. Ldst.Baon 10 mit der 3. Komp. (Oblt. P o h l h a m m e r) am
Wolayer-See und auf der Kreuzenhöhe, mit der 1. (Oblt. K o b l i 8 e k) und 4.
(Oblt. v. A n d i c s), der M.G.A. (Oblt. Weber) und 6 Geschützen in den nächst
dem Plöckenpaß erst notdürftig erstandenen Verschanzungen und mit der
2. Komp. (Oblt. Kapfer) im Raume Köder-Höhe—Kürnikalpe. Westl. des
Ldst. 10 schloß (24 Stunden nach der ital. Kriegserklärung etabliert) der „Unter-
abschnitt St. Lorenzen" mit dem IX. Ma.Baon L.I.R. 4 (Kmdt. Hptm. K i k a l)
am P. di Val Inferno an, während im östl. bei Collendiaul-Törl anschließenden
„Grenzabschnitt Kirchbach" das untersteir. Ldst.Baon 40, teilweise verstärkt durch
Kärntner Freiw. Schützen und 4 Geschütze, sich in Stellung befand. Im eigenen
Abschnitt des Ldst. 10 waren an dessen Ostflügel noch eine Komp, des mährischen
215
Ldst.Baons 43 aus Kremsier, zu 40 Prozent aus Steirern bestehend, auf der
Tschintemuntalpe und die zwei restlichen Kompn. desselben als Abschnittsreserve
im Barackenlager am Plöcken. Außerdem waren noch in den allerletzten Tagen
dem FML. v. Langer zwei schlagkräftige Frontbaone vom serbischen Kriegs-
schauplatz in den Raum Tarvis und in das obere Gailtal als Reserve zugescho-
ben worden. Daher stand an diesem historischen Tage der von den 3 Abschnitts-
gruppen St. Lorenzen—Kötschach—Kirchbach gebildeten, etwa 115 Kilometer
langen Front die ital. „Karnische Gruppe" des Generals Lequio mit 31
Baonen, 13 Batterien gegenüber, die noch über das ital. IV. Korps mit etwa
24 Baonen und 15 Batterien verfügte. Bon den 3500 Feuergewehren, 8 MG. und
6 Geschützen des Kötschacher Grenzabschnittes kam daher — theoretisch genom-
men — auf je 10 Meter kaum 1 Plänkler. Es konnten somit nur die wichtigsten
Punkte mit starken Schwärmen ständig besetzt werden, alles andere war fort-
während unterwegs, um an bedrohten Stellen einzugreifen. In dieser Ver-
fassung fand GM. F e r n e n g e l, der Kmdt. der erst aus Galizien im Anrollen
befindlichen 59. GBrig., das Ldst.Baon 10 an, das er bald schätzen lernte?) In
diesem Verbände verblieb unser Baon bis zum Abzug des VII. Kps. im Juli 1915.
In den ersten Kriegstagen mußte Obstl. Krenn krankheitshalber^) das
Kmdo. an Hptm. S a r s ch abtreten. Dieser hatte schon früher das Ldst.Baon 43
übernommen und führte nun auch das Baon 10, bis Mjr. Frh. v. K i e l m a n n s-
egg zum Kmdtn. ernannt wurde.
Schon in der ersten Kriegswoche stand das Ldst.Baon 10 im Kampfe, so die
3. Komp, am 24. Mai am P. di Val Inferno, am 25. Mai am Wolayer-See
gemeinsam mit einer Komp. I.R.8 (Hptm. Kanduscha), am 8. Juni mit J.R. 46
am Kamelrücken, und zwar am Freikofel (27. Mai) und Großen Pal (29. Mai).
Die Bemühungen um Wiedergewinnung des verlorenen Kleinen Pal (30. Mai)
waren vergeblich.
Drei Tage nach Kriegsbeginn mit Italien war der wichtigste Eckpfeiler der
Plöckenpaßverteidigung, der Kleine Pal, der bisher nur von 1 Zug des Ldst.
Baons 43 besetzt war, in Feindeshand geraten. Daran konnten vorläufig auch
die Abteilungen des Ldst.Baons 10 nichts mehr ändern, obwohl sie versuchten,
im Anstieg von der 600 Meter tiefer gelegenen Straße her die Höhen zurück-
zugewinnen. Die Italiener waren aber nicht immer vom Glück begünstigt. So
klammerte sich am Freikosel, östl. des Kleinen Pal, eine Komp, des Ldst. 10
so fest an, daß die an Zahl überlegenen Alpini vergebens anrannten. Ebenso
behielt auch die 3. Komp, alle Grenzkämme im Wolayer-See-Abschnitt bis zur *)
*) Eine im Wiener Kriegsarchiv erliegende Eingabe Fernengels vom 23. 3uni 1915
meldet, daß Ldft.3.Baon 10 seit Beginn des italien. Krieges 250 Mann verlor, und
bittet um Auffüllung, da man ein „so hervorragendes Baon" nicht zugrunde gehen lassen
dürfe.
°) Er starb schon im darauffolgenden Winter in Graz.
216
Laghetto II. 3m Hintergrund die Presena. Tonalestetlung September 1918.
Laghetto II. 8. Komp.Kmdo. September 1918.
Ablösung am 31. Mai 1915 durch J.R. 54 (Hptm. Iarich) in eigener Hand. Als
am Abend des 27. Mai die Italiener über den Kleinen Pal vorbrachen, wiesen
die Landstürmer sie tapfer ab. Die ersten Verstärkungen, die wir in diesem
Augenblick am Plöcken durch das Anrollen galizischer Frontbaone, darunter
des Lemberger Feldjägerbaons Nr. 30, erhielten, versteiften sofort ganz bedeu-
tend diesen Grenzabschnitt. Durch den Verlust des Kl. Pal war ein unerträg-
licher Zustand eingetreten, da der Feind nunmehr mit Jnf.-Feuer den oberen
Teil der Plöckenstraße, den einzigen Nachschubweg ins Plöckengebiet, bestreichen
und auch durch das Angerbachtal gegen die Plöckensperre selbst vorgehen konnte.
Dem mußte abgeholfen werden. GM. Fernengel betraute das Ldst.Baon 10
mit der Wiedergewinnung des KI. Pal. Herangezogen wurden dazu die 1. Komp.
(Oblt. Andies), die 3. (Oblt. Ing. Pohlhammer) und die halbe 4. (Oblt.
R e i ch e l t) samt der M.G.A. Kmdt. der Angrifssgruppe war Oblt. K o b l i § e k,
die Oberleitung hatte Hptm. Sarsch. GM. Fernengel verfolgte den Ver-
lauf der Aktion vom Südhange des Polinik.
Se. Exzellenz FML. Fernengel äußerte sich darüber mit folgenden
Worten:
„Am 6. 3uni hatte ich meinen Standpunkt von Kötschach auf die obere Vorder-
Angerhütte verlegt. Bon hier konnte ich täglich den Verlauf der Kämpfe beobachten
und empfand es auch am eigenen Leibe, wie der Feind uns vom Kl. Pal her äußerst
unangenehm belästigte. Er versuchte auch immer wieder mit schwächeren Abteilungen ins
Angerbachtal herabzusteigen und gegen unsere Sperranlage am Plöcken vorzugehen, wurde
aber jedesmal abgewiesen. Man braucht sich nur zu vergegenwärtigen, in welch gefähr-
licher Lage wir waren: der ganze Höhenrücken voll von Feinden, wir hier in der Tiefe,
dabei völlig eingesehen. Bei Tag durfte sich von den Unsrigen kein Mann zeigen, ohne
beschossen zu werden. Am lästigsten aber war die fdl. Art.-Wirkung, insbesondere jene
der schweren Art. Auf die Dauer hätten wir uns hier nicht halten können.
Nur durch Besitznahme des Kl. Pal war es möglich, unsere Kampflinien auf der
Paßhöhe, der „Maschinengewehr-Nase" und der Cellon-Schulter zu behaupten.
Für die Eroberung des Kl. Pal wurde der 14. 3uni festgesetzt. Mir stand als
erprobte Gebirgstruppe nur das steir. Ldst.Baon 10 zur Verfügung. Von diesem mußten
erst einige Kompagnien von weiter entfernten Punkten herangezogen werden. Am frühen
Morgen waren zur Durchführung der Aufgabe erst zweieinhalb Kompagnien zur Stelle,
die ich nach persönlicher Rücksprache mit den Komp.Kmdt. in folgender Weise zum An-
griff ansetzte und zwar die 1. Komp, durch das Angerbachtal von Ost, die 3. Komp, über
die „Maschingewehr-Nase" am Paß von Westen und die halbe 4. Komp, in der Mitte
von Norden. Es waren zusammen rund 400 Feuergewehre und 4 MG. Noch während des
Ausstieges sollte unsere Art. um 4 Uhr früh überfallsartig das Feuer auf die fdl.
Kampflinien am Kl. Pal mit allen verfügbaren Geschützen eröffnen und solange fort-
setzen, bis die Ins. überall den Höhenrand erreicht habe. Dies war durch Flaggensignale
und Leuchtpistolen anzuzeigen, worauf das Art.-Feuer zu verlegen und der Sturm durch-
zuführen war. Das Unternehmen brachte uns einen schönen Erfolg. Die Kompn. schoben
sich während der Nacht bis an den Fuß der Höhe heran, begannen bei Tagesanbruch
mit dem Aufstieg und erreichten kurz nach 6 Uhr den Höhenrand, an welchem aufge-
schlossen wurde. Während dieser Zeit hielt unsere Art. den Feind vollständig nieder.
217
Kaum war das Feuer verlegt, stürmten bereits die braven Landstürmler vorwärts und
nahmen um 7 Uhr früh den Gipfel in Besitz. Mehrere ital. Offz. und über 100 Mann
wurden gefangen.
Diese Eroberung war eine Glanzleistung des tapferen LdstBaons, das nunmehr
unsere Grenzstellungen behaupten und alle weiteren Versuche des Feindes, ins Gaillal
einzufallen, erfolgreich abwehren konnte.
Noch am Nachmittage des gleichen Tages trachtete der Feind, uns mit 4 Gegen-
angriffen von der Höhe zurückzuwerfen. Er wurde aber jedesmal blutig, allerdings mit
schweren eigenen Verlusten, abgewiesen. Zm weiteren Verlaufe des Krieges wurde noch
viel um den Besitz des Kl. Pal gekämpft, doch blieb die Lage auf diesem Berge bis zur
großen Offensive im Oktober 1917 unverändert. Am 15. Juli 1915 übergab ich den Ab-
schnitt an GM. L a w r o w s k i."
Tatsächlich konnte Oblt. KobliZek am 14. Juni um 7 Uhr bereits die
Besitznahme des Kl. Pal melden. Schwer waren die Verluste. Lt. Dr. W e n d t,6)
der am selben Morgen seine Ernennung zum Leutnant erfahren hatte, die
Kadetten L e n h a r t und Mager waren gefallen, Obst. Andics, die Ka-
detten Edelhauser, Hupka und Fülog verwundet; die Mannschaft war
bis auf die Hälfte zusammengeschmolzen.
Um den Feind vom Südhange des Kl. Pal gänzlich hinunterzuwerfen,
wurden noch in der Nacht zum 15. Juni drei Kompn. des Banater J.R. 61 auf
das Pal-Plateau gezogen mit dem Aufträge, den so gelungenen Angriff weiter
vorzutragen. Die Italiener, durch die erlittene Schlappe gewitzigt, waren jedoch
auf der Hut und zogen eilends ansehnliche Verstärkungen heran. Sie vom Süd-
rand des Plateaus zu verdrängen, machte das fdl. und eigene Art.-Feuer unmög-
lich. Nach dreitägigen, erbittert geführten Kämpfen wurde diese Angriffsgruppe
auf Befehl des VII. Korps-Kmdos. in der Nacht auf den 18. Juni wieder auf
den Grenzkamm zurückgenommen. Die Verluste dieser tapferen fünf Kompn.
betrugen während der drei Tage 101 Tote und 273 Verwundete. Eine Woche
später wurde das Ldft.Baon 10 vom Pal abgezogen. Die Reste der 3 Angriffs-
gruppen vom 14. Juni wurden unter dem Kmdo. des Oblt. Pohlhammer mit
der 2. Komp., die unterdessen ihren Kmdtn. Oblt. Kapfer durch Krankheit ver-
loren hatte, auf der Köder-Höhe und der Kürnikalpe zu einer Komp, vereinigt.
Sämtliche an dem Palsturme beteiligt gewesenen Offiziere und Mannschaften
wurden ausgezeichnet.
Nach zweitägiger Retablierung ging die neue 1. Komp. (Oblt. K o b l i s e k)
mit der M.G.A. (Oblt. Weber) ins Valentintal in Stellung ab, wo ihnen
die Ausgabe zufiel, die Grüne Schneid, den Grat zwischen Cellonkofel und
Kellerwand, und das zum Wolayerfee führende Valentintörl zu sperren, um
einen fdl. Eingriff von dieser etwas schwachen Westseite in die Flanke der
Plöckenstellung zu verhindern. Hier blieb die Komp, bis zu der im Oktober
Er und die übrigen Gefallenen wurden auf dem Soldatenfriedhof in Mauchen
begraben.
218
erfolgten Ablösung. In dieser Zeit wurden die gebirgstüchtigsten Männer unter
Fhr. Sturrnfür die Ersteigung und Neubesetzung der östl., sogenannten Kahlen
Kuppe des Cellonkofels herangezogen, die auch gelang, wofür Fhr. Sturm
mit der Gold. T.M. ausgezeichnet wurde.
Auch zu einer Unternehmung, die am 12. Juli dem Gr. Pal im Plöcken-
abschnitt und am 15. Juli dem Promos und Hohen Trieb im östl. Nachbarab-
schnitt galt, wurden Teile des Baons, und zwar die 1. Komp., die M.G.A. und
die Komp, auf der Köder-Höhe, herangezogen. Bei diesen Kämpfen zeichneten
sie sich abermals so aus, daß dem Fhr. Straub und dem hiebei gefallenen
Kdt. W u l z die „Goldene", dem Kdt. Cordon die „Große Silberne" zuer-
kannt wurden.
Die Kämpfe am Gr. Pal und Promos schildert Fhr. Straub der M.G.A.
des Oblt. Weber:
„Am 12. 3uli erhielt die Abt. den Befehl, von der Ob. Balentinhütte auf den
Gr. Pa! abzugehen, der damals von Truppen des VII. Korps unter Kmdo. des Obst.
Richter — Gruppenkmdt. am Gr. Pal Hptm. Barsary — beseht gehalten wurde.
Es standen dort 3 Baone. Der Berg ist kegelförmig und endigt in zwei Spitzen» die,
durch eine flache Mulde getrennt, ungefähr 30 Schritte von einander entfernt sind. Die
höhere war im Besitze der Italiener, die niedere in unserem. Diese war ständig unter
starkem Flankenfeuer von links rückwärts durch Gebirgsgeschütze vom Promos und rechts
durch MG.-Feuer vom Freikofel. Wir bezogen am 12. um Mitternacht die Stellung.
Die beiden MG. wurden so ungünstig eingebaut, daß wir nur die fdl. Stellung bestrei-
chen konnten und vor uns einen „toten" Raum hatten. Rechts und links von den Ge-
wehren lag eine Schwarmlinie von insgesamt 15 Mann ung. Inf. Beim Morgengrauen
fiel der brave Bormeister des einen Gewehres durch einen Kopfschuß, Oblt. Weber und
die beiden Bedienungsleute wurden verwundet und das MG. durch Gewehrschüsse un-
brauchbar gemacht. Für den 15. Iuli früh war von uns ein Angriff auf den Promos
geplant, der vom Gr. Pal aus durch eine kleine Aktion unterstützt werden sollte. In der
Rächt vorher gelang es mir, mein MG. soweit vorzubringen, daß ich den „toten" Raum
vor mir bestreichen konnte. Ich hatte damals nur noch 2 Mann bei mir. Mit Morgen-
grauen sehte äußerst heftiges fdl. Art.- und Minenfeuer ein, und als gegen 7 Uhr die
Italiener stürmten, verließen die Ungarn die Stellung. Auf 15 Schritte feuerte ich in
die Italiener und konnte mit einer halben Gurte den Angriff zum Stehen bringen. Die
Stellung wurde sofort wieder beseht. Wäre es mir nicht gelungen, den Angriff abzu-
wehren, so hätten die Italiener leicht die Stellungen am Gr. Pal und Freikofel aufrollen
können. Baonskmdt. des Ldst.I.B. 10 war damals Hptm. S a r s ch des LIR. 3.
Von den kleineren Unternehmungen, die mit Teilen des Ldst. 10 noch durch-
geführt wurden, sei besonders die Erstürmung der Gipfelspitze des Cellon durch
den Gend.Wchtm. Simon Steinberger aus Mauthen hervorgehoben, der
sich mit Baonsangehörigen bereits am Kl. und Gr. Pal durch Tapferkeit hervor-
getan hatte und nun mit der „Goldenen" ausgezeichnet wurde. Der der Pa-
trouille Steinbergers zugeteilte Res.Zgsf. Gallus Großmann aus Mooslandl
trug bei der Cellon-Unternehmung und Besetzung der der Spitze gegenüber-
liegenden Kuppe durch mehrere Tage ganz allein Proviant, Wasser und Mun.
trotz heftigsten Feuers und schlechten Wetters zu. Außerdem führte er die Ver-
stärkungen und Ablösungen heran, zog am Seil die Leute über die schwierigsten
Felspartien auf und beförderte Verwundete zu Tal. Es war daher nur sein
Verdienst, daß die Kuppe gehalten werden konnte, wofür er mit der „Goldenen"
ausgezeichnet wurde. Mit Teilen des Ldst. 10 wurde im Juli auch die südl.
Spitze des Cellon erstürmt, wobei der tapfere Kmdt., Finanzwach-Oberrefpizient
Weilyarter aus Mauthen, den Heldentod fand. Ihm wurde nachträglich die
„Goldene" verliehen. Der verwundete Oblt. Weber wurde durch Oblt. v. L u-
b o w i e z k i im Kmdo. der M.G.A. ersetzt.
Der Monat September brachte die längst nötige Auffüllung. Die vom Gra-
zer Schützenkorps aufgestellte Freiw. Jungschützen-Komp, wurde dem Ldst.-
Baon 10 angeschlossen und hatte die Besatzung des Valentintales zu verstärken.
Mitte Oktober wurde das Baon abgelöst und schied aus dem Verbände der
11. GBrig.
Aus der Abfertigung des k. u. k. 48. J.T.D.-Kmdos. vom 16. Oktober 1916:
„Nach mehr als dreimonatiger Zugehörigkeit scheidet das Ldst.I.Baon 10 aus
dem Verbände des Abschnittes. Seit Beginn des Feldzuges gegen Italien an exponierten
Stellen der Front stehend, hat diese brave Truppe hervorragende Beweise soldatischer
Tüchtigkeit an den Tag gelegt. An den Kämpfen am Freikofel und am Gr. Pal hat
das Baon rühmlichen Anteil genommen und durch die Erstürmung des Kl. Pal <14. 6.)
eine glänzende, für die Stellung am Karnischen Kamm hochwichtige Waffentat vollbracht.
Auch die Einnahme der wichtigen Stellung am Cellon und deren erfolgreiche Behaup-
tung nicht nur gegen fdl. Uebermacht, sondern auch gegen die Unbilden des hochalpinen
Klimas haben das in die Tatkraft der tapferen Steirer gesetzte Vertrauen vollauf ge-
rechtfertigt. Ich danke dem braven Baon für die geleisteten vorzüglichen Dienste und
wünsche ihm auch im neuen Verbände Soldakenglück. Gabriel m. p., FML."
Da Mjr. v. Kielmannsegg schon früher abgegangen war, führte Oblt.
KobliSek das Baon nach Egg bei Hermagor in Retablierung. Während der
nun folgenden 14 Ruhetage stießen nebst einer Ersatzkomp, auch eine 2. M.G.A.
zum Baon. Die neugebildete MG.-Komp. behielt Oblt. Lubowiezki.
Am 1. November 1915 hatte Ldst.Baon 10 in Stellung auf die Kronalpe
oberhalb von Pontafel abzugehen. Es war eine ruhige Winterstellung, vom
Feinde durch die ganze Breite des Kanaltales getrennt. Im Verbände der
94. J.T.D. stehend, war es unmittelbar der Gruppe Watschig, nach dem gleich-
namigen Ort im Gailtal benannt, unterstellt worden und erhielt in Hptm. v.
Cauöig vom J.R. 93 seinen Kmdtn. Mitte Jänner 1916 wurde das Baon
auf der Kronalpe durch Salzburger Freiwillige Schützen abgelöst und hierauf
zu einmonatiger Retablierung nach Görtschach-Föderlach bei Hermagor geführt.
Damals schied die Grazer Freiw. Schützenkomp, aus dem Baonsverbande. Als
das Baon im Februar in den Plöckenabschnitt marschierte, wurden ihm zwei
Ma.Komp. als 3. und 4. Komp, angegliedert. Mit der 3. Komp, kehrte der beim
Palsturm verwundete Oblt. A n d i c s zum Baon zurück, wurde aber im Som-
220
rner bereits wieder zu den Dreierschützen transferiert. Auf dem im Plöcken-
gebiet liegenden Kamelrücken, dem Verbindungsgrat zwischen Freikofel und
Kl. Pal, ging das Baon, eingegliedert in die Brig. Obst. Wasserthal, in
Stellung. Es blieb dort, von der einmonatigen Retablierungsunterbrechung im
Juni abgesehen, bis Mitte September 1916 und war stets in Abwehrkämpfe
verwickelt. Oblt. Wozniakowski, Kmdt. der 4. Komp., fand hier den Hel-
dentod. Er wurde auf dem Mauthener Soldatenfriedhof begraben. Als im August
Hptm. v. Caueig krank abging, wurde Mjr. Ludwig Hülgerth zum Baons-
Kmdtn. ernannt, der es vortrefflich verstand, sich die Verehrung und das Ver-
trauen von Offizier und Mann zu sichern. Er führte das Baon im Sep-
tember zunächst nach Kirchbach im Gailtal auf Retablierung und von dort
in den Verband der 92. I.T.D. nach Obervellach, wo es als Lehrbaon für
den Ausbildungskurs der Kadettaspiranten verwendet wurde. Da Hülgerth
das Kurs-Kmdo. behielt, trat an die Spitze des Baons wieder Obstl. Frh.
v. Kiel man ns egg. Bald daraus nach Tarois verschoben, kam es anfangs
März 1917 in den Brigade-Abschnitt Obst. Dietrich aus den Kleinen
Mittagskofel und auf die Obere Strakitza-Alm bei Malborgeth und blieb
dort in Stellung bis es vom Komb. Iägerbaon Mjr. Schenk abgelöst
wurde. Wohl gab es hier nicht die ständigen Kampfhandlungen wie im Plöcken-
gebiet, aber das oftmalige schwere Minen- und Art.-Feuer forderte ebenfalls
feine Opfer. Fhr. P ü s ch l und 5 Mann fanden den Heldentod. Obstl. v. K i e l-
mannsegg, Oblt. Frey tag, die Lts. Pichelkastner und Walzl so-
wie 15 Mann wurden verwundet. Die Gräber der am Heldenfriedhof in der
Seisera bestatteten Kameraden tragen die Namen: Püschl, Korpl. Verbag-
n i k Jakob, Klug Anton, L o s e r I e Franz, Zgss. T o m a s ch i tz Anton, alle
gefallen am 24. Juli 1917, Sameneg Johann am 27. Juni 1917.
Nach dem Durchbruch von Flitsch-Karfreit im Herbst 1917 gehörte das Ldst.-
Baon 10 zu den Offensivtruppen. Im Verbände der bisherigen Brig. marschierte
es durch das Fellatal bis an den Tagliamento, diesen über Tolmezzo, Villa San-
iina aufwärts bis an seinen Oberlaus, wo die Brig., mit dem Ldst. 10 an der
Spitze, bei Mediis den Tagliamento überschritt. Der flüchtende Feind leistete
bei Tramon di sopra neuerdings vergeblichen Widerstand, doch zwang ihn unser
Flußübergang zur Ergebung. 6000 Mann wurden gefangen, darunter ein Oberst
des ital. Generalstabes, und einige Hundert Pferde und viel Kriegsgerät er-
beutet. Lt. L a c i a n c i c brachte mit seinem Zuge allein gegen 600 Gefangene
ein. Nach zweitägiger Rast wurde die Brig. westwärts an die Piave und über
Longarone und Belluno nach Feltre verschoben und gelangte in den Verband
der 11. Armee. Hier erhielt sie den Befehl, den Vormarsch durch das Stizzonetal
auf Baffano fortzusetzen, stieß aber im Gebiet des Mte. Grappa auf nicht mehr
zu überwindenden fdl. Widerstand.
Wir waren nun zum Stellungskrieg genötigt, in einer Zeit, in der der
221
Gebirgswinter mit aller Strenge seine Herrschaft begann. Der Angriff auf den
Col del Orso, bei dem fast der gesamte Baonsstab mit Hptm. K e i f e I verwun-
det wurde, sowie Krankheiten dezimierten das Baon derart, daß bei der Weih-
nachtsablösung 1917 die Kompn. mit aus die Hälfte gesunkenen Ständen nach
Salce bei Belluno in Retablierung abgehen mußten. Von diesen schweren Ver-
lusten konnte sich Löst. 10 nie mehr völlig erholen. Noch einmal, und zwar im
Jänner 1918, ging das Baon nach notdürftiger Auffüllung seiner Stände an
den Feind. Das schwere Kampfgebiet des Mte. Pertica war der Schauplatz der
letzten Kampstätigkeit. Mitte Februar 1918 erfolgte die Ablösung. Während der
nun folgenden Retablierung in Pedavena bei Feltre schied Obstl. Baron Kiei-
ln a n n s e g g vom Kmdo. und erst im Juli erhielt Ldst.J.B. 10 Obstl. A n d r ä e
zum Kmdtn. Bis dahin führten das Baon, das im März nach Tezze bei Primo-
lano abgegangen war, Oblt. Polak, Oblt. Weber und Oblt. Neu mann.
Das Baon wurde als Reserve der 11. Armee während dieser Zeit, d. i. vom
April bis Juli, zu verschiedenen Arbeiten herangezogen, stellte die Bewachungs-
mannschaft für das Armeemunitionsdepot in Tezze und seine MG.-Komp. für
die Fliegerabwehr bei. Wenn auch weit vom Feinde, so verlor das Baon in diesen
Wochen außer etwa 20 Mann noch zwei seiner besten Offiziere, Oblt. Weber
in Tezze und Lt. S t u r m in Primolano. Sie alle ruhen auf dem Ortsfriedhofe
in Grigno im Val Sugana. Einen Tag, bevor unser Munitionsdepot,, von fdl.
Granaten getroffen, in die Luft flog, war das Baon aus Tezze in das Ba-
rackenlager bei Belvedere westl. Tezze verlegt worden und entging so einer
Katastrophe.
Am i. August 1918 schied Ldst. 10 aus dem Verbände der 11. Armee und
kehrte zur 10. Armee, mit der es den Krieg gegen Italien begonnen, zurück.
Nach mehrfachen Verschiebungen in der Etappe gelangte es im Oktober nach
Trient mit der Bestimmung, am 1. November im Verbände der Gruppe Obst.
M i cha l e k wieder in Stellung zu gehen. Es kam aber anders, denn an diesem
Tage mußte es befehlsgemäß den Rückzug nach Norden antreten. Kurz vorher
war Obstl. Andräe auf Urlaub gegangen, von dem er nicht mehr zurück-
kehrte. Oblt. Neu m a n n übernahm das Kmdo. Er, der als einziger Offizier
noch seit den Iulitagen 1914 im Baonsverbande war, der es aufstellen geholfen
hatte, war sein letzter Kmdt. Vor Mezzolombardo nahm Gruppen-Kmdt. Obst.
Michalek vom Baon Abschied. Ldst. 10 erwies seinen alten guten Ruf. In
vollster Ordnung und Disziplin wurde der Rückzug durch das schon von Italie-
nern besetzte Meran bis Spondinig durchgeführt. Hier errang es sich die Aner-
kennung des fdl. Kmdtn., der ihm nach kurzer Verhandlung dre Erlaubnis zum
Weitermarsch erteilte. Unangefochten, ja sogar unterstützt von ital. Besatzungen
in St. Valentin und Reschen, gelangte es nach fast 14tägigem Marsche nach
Landeck. Hier traf es der Auflösungsbefehl der neuen deutschösterreichischen
Regierung. Die in Landeck amtierende Kommission übernahm die Ausrüstung,
222
mehr als 100 Pferde, 70 Wagen und die noch vorhandenen Gelder. Der Kmdt.
wurde angewiesen, Offizier und Mann auf dem nächsten Wege heimzubefördern.
In der Nacht vom 11. auf den 12. November trat das Baon zum letztenmal
an, um von feinem Kmdt. Abschied zu nehmen. Düster war die Nacht, düster
die Stimmung der Helden, denn schwer lastete auf dem Herzen die Vergeblich-
keit all des heißen Ringens und der blutigen Opfer sowie die Sorge um die
Zukunft des Vaterlandes. Stumm und bewegten Herzens schied man mit festem
Händedruck und fort ging es in die Heimat. Das Ldst.Inf.Baon 10 war nicht
mehr.
3. Das Landsturm-Jnfanterie-Baon Nr. 150.*)
(Hiezu Bildbeilage und Skizze 58.)
a) An der Kärntnerfront.
Im Herbst 1914 vom Landsturmbezirkskommando Graz errichtet, fand das
Ldst.Inf.Baon 150 zunächst in der Karnischen Zone im Grenzschutzdienste gegen
Italien seine Verwendung.
Gliederung des Baons.
Baonsstab: Kmdl. Mjr. d. R. Karl Sochor, Adj.: Obll. Hofmann; Chefarzt:
Dr. Hofer; Prov.Offz.: Oblt. Dr. K e r tt; Kmdt. ü. techn. Zuges: Obll. Hann; Rechn.-
Führer: Lt.Rechn.Führ. Par; 1. Feldkomp.: Kmdt. Oblt. Dr. Adler; 2. Feldkomp.:
Kmdt. Oblt. Witmaier; S. Feldkomp.: Kmdt. Oblt. Naderer; M.G.A.: Kmdt.
Lt. i. d. Ref. Lir. 3 Dr. Kamillo Büsch v. Tessenborn.
Das Baon war mit dem von der Waffenfabrik in Steyr für den Staat
Mexiko fertiggestellten, jedoch nicht abgelieferten 7-ww-Repetiergewehr M. 1914,
„Mexikaner" genannt, bewaffnet. Bis zur ital. Kriegserklärung (Ende Mai 1915)
versah es im Raume Straninger Alpe—Rattendorfer Alpe—Rudnik-Sattel tn
Kärnten Grenzschutzdienst, wurde von einem Baon des I.R. 37 abgelöst und
gelangte in den Raibler-Abfchnitt, Seebachtal, wo es die Linie Fifchbach-Alm—
Kleiner Schlichte! besetzte. In dieser Stellung gab es aufreibende und verlust-
reiche Kämpfe, sowohl bei der Abwehr der Durchbruchsversuche in der Tal-
sperre, als auch bei der erfolgreichen Vereitelung der Umgehungsversuche in den
Höhenstellungen. Auch der Nachschub gestaltete sich hier äußerst schwierig, da
Raibl und die Straße zur Talsperre beständig unter schwerstem Art.-Feuer lagen.
Ende September 1915 wurde Hptm. Julius E ck l des k. u. k. I.R. 27 zum
Kmdtn. des Baons ernannt. Aus dem Raibler-Abfchnitt abgezogen, wurde das
Baon zunächst in Rattendors reorganisiert und die 4. Feldkomp. (Kmdt. Oblt.
Maderer) aufgestellt. Das Baon trat in den Verband der 94. I.T.D. und
bildete mit der später formierten Hochgebirgskomp. (Oblt. i. d. E. H o f m a n n)
und zwei Skikompn. unter Kmdo. des Baonskmdtn. Hptm. Eckl den Abschnitt
Rattendorfer Alm. Der Abschnitt reichte von östl. Straninger Spitz über südl.
*) Vom ehem. Baonskmdt. des Ldst. 150 Mjr. jetzig. Obst. i. R. Julius E ck l - D o r n a.
223.
Schulter—Kote 1843—Kote 1777—Maldatschen Berg, Kote 1875—Kote 1861—
Träget, Kote 2203, in welchen das Baon an Stelle des Inf.Baons 11/37 am
12. Oktober 1915 rückte. Unter den schwierigsten Winterverhältnissen begann
das Baon die 16 Kilometer lange Front feldmäßig auszubauen. Trotz Mühselig-
keiten aller Art leisteten Offiziere und Mann Mustergültiges. Zu Weihnachten
auf kurze Zeit im Raibler Abschnitt, kam es dann wieder in seine ursprüngliche
Stellung zurück. Die Gefahren des Hochgebirgswinters spielten eine größere
Rolle als die kleinen Patrouillengefechte, Erkundigungsunternehmungen und
fdl. Beschießungen der Stellung. Eines Ereignisses sei hier Erwähnung getan.
Am 11. März 1915 mittags meldete der Kmdt. der rechten Flügelkomp. (1.
Komp.), dessen Standpunkt der Südhang der Schulter, Kote 2091, war, daß
die Komp, von einer Lawine verschüttet sei. Der sofort einsetzenden Rettungs-
aktion gelang es. durch Graben zweier Kamine die Komp, bis auf 2 Mann
zu retten. Die Leute lagen 8 bis 10 Meter unter der Lawine in Schwarm- und
Zugsbaracken, die dem Drucke ausnahmsweise standhielten. Hier rettete die
Anordnung, die Telephonleitung einen halben Meter unter der Erdoberfläche
zu legen, 230 Mann und 4 Offizieren das Leben.
Geist und Stimmung aller Offiziere, UO. und Mannschaften waren tadel-
los. Mehrere Anerkennungen des Dions- und Armee-Kmdos. lohnten das
musterhafte Verhalten des Baons. Besondere Leistungen vollbrachten Oblt. Dr.
Adler, Witmaier, Lt. Neunteufel, Woschner und Fldw. Nach-
bag a u e r. Die Verluste des Baons betrugen 12 Tote und 2 Vermißte.
Die auf der Rattendorfer Alm von 2 Mann des techn. Zuges erbaute
Kapelle zur Ehre der Gefallenen und die Anlagen des Heldensriedhofes in Rat-
tendorf sind Beweise der Gottesfurcht und christlichen Gesittung der Baons-
Angehörigen. Die Kapelle erhielt ihre Feuertaufe — Dachdurchschuß — am
3. Mai 1916.
Die ungünstigen Auswirkungen der Brussilow-Offensive des Jahres 1916
an der Ostfront zwangen das A.O.K., Kräfte von der Südwestfront an die
Ostfront zu werfen. Das an Stelle des nach Kötschach verlegten 94. I.T.D.Kmdos
getretene 92. J.T.D.Kmdo. erhielt den Befehl, zwei seiner besten Baone hiezu
zu bestimmen. So wurde das Ldst.Jnf.Baon 150 Mitte Mai 1916 aus der Stellung
gezogen, mit dem normalen Armeegewehr bewaffnet und an die Bukowinaer
Front abgesendet, wo es am 29. Juni 1916 in Jakobeny eintraf.
Das 10. Armeekmdo. und das 92. J.T.D.Kmdo. gaben in den nachfolgenden
Verabschiedungsbefehlen beredtes Zeugnis für die hohe militärische Bewertung
des Baons.
Armeebefehl vom 18. 5m» 1916:
Das Ldst.3nf.Bao» Nr. 150 ist aus dem Armeebereiche geschieden. Ich spreche dieser
braven Truppe, die seit Kriegsbeginn an der Front der 10. Armee dem Feinde und dem
Winter zweifach tapfer standhielt, für ihr heldenhaftes Ausharren und ihre mustergül-
tigen Leistungen Dank und Anerkennung aus. S k o t t i m. p., FML.
:224
! — „„„. iffiSEBB______LJ *J
Konzert wahrend des
Trommelfeuers in ber Ka-
verne d. III. Baonskmds.
13. Augusì 1918.
Hohenstellung am Albiolo,
2978 m„ sur òcren Ber-
teidigung Schuhe Rupers-
berger mit ber Gold. Tap-
ferkeitsmedaille ausge-
zeichnet wurde.
Befehl des 92. 3nf.Mv.-Kommandos vom 15. 3uni 1916.
3n einen anderen Befehlsbereich berufen, verläßt das k. k. Ldst.3nf.Byon Nr. ISO
den Abschnitt. Bon Anfang Rov. 1914 bis zum Kriegsbeginn mit 3talien im Grenzsiche-
rungsdienst, dann an verschiedenen Stellen des Bereiches der 10. Armee im Kampfe mit
dem Feinde und dem Hochgebirgswinter, hat sich dieses brave, tapfere Baon voll bewährt
und reiche Lorbeeren für seine junge Geschichte gesammelt: es hat sich die vollste Aner-
kennung aller höheren Kommandanten in hohem Matze erworben. 3m festen Glauben an
neue schönste Erfolge wünsche ich allen Offz. und der Mannschaft das Beste für die Zu-
kunft. Glück auf! K r a s e l m. p., GM.
b) In der Karpathenfront.
Aufgabe des Baons war, die von Czernowitz über Radautz—Kimpolung—
Mesteoanestie-Paß auf Ialrobeny—Dorna Watra (die bekannte Dreiländerecke)
zurückflutenden, von den Russen verfolgten und schwer hergenommenen Reste
der Brigade Obstl. Papp aufzunehmen und ihr die Passierung des DefilSs
Vale Putna zu ermöglichen. Eine telephonische Aussprache des Baonskmdtn.
mit dem Generalstabschef des 11. Armeekorps Obst. von Trautweiler
endigte mit dem dringlichsten Ersuchen desselben, unter Hinweis auf den total
abgekämpften Zustand der Truppen des Korps und des Fehlens jedweder Re-
serven alles aufzubieten, um einerseits die Brig. Papp hinter den Mestecanestie-
Abschnitt zu bringen, andererseits durch demonstratives Auftreten und zähes
Halten dem ungestümen Nachdrängen der Russen einen Riegel vorzuschieben,
da sonst der Mestecanestie-Abschnitt überrannt werde, womit den Russen über
Kirlibaba—Rodna und Dorna Watra—Kandreni der Einbruch nach Sieben-
bürgen frei stünde.
Im eiligen Vormarsch über Mestecanestie auf Pozorita, wo aus der Rich-
tung Kimpolung Gefechtslärm hörbar wurde, brachten die zum Brig.-Kmdo.
Obstl. Papp vorgesendeten Radfahrer dessen Befehl: „Weitere Weisungen in
Pozorita abwarten!"
Es würde über den Rahmen dieser auszugsweise wiederzugebenden Ereig-
nisse gehen, die fatale Verfassung der zurückflutenden Brig. und die anschließen-
den Begebenheiten für das Baon in seinen Einzelheiten zu schildern.
In die Linie Höhe Fundul Pozorita über den Moldawa-Fluß zur Höhe
Kote 1143 rückend, hielt hier das Baon so lange, bis der Baonskmdt. feststellen
konnte, daß alle Teile der Brig. den Mestecanestie-Rücken erreicht haben, wor-
auf das Baon auf dem Rücken Arsita Huhului sich sammelte und den geordne-
ten Rückmarsch zum Mestecanestie antrat. Zur besonderen Ehre des Baons sei
festgestellt, daß es trotz des erhaltenen Rückzugsbefehles weiter standhielt,
obwohl der Baonskmdt. wußte, daß sein linker Flügel bei Luisental und Fundul
Moldowi vom Feinde umgangen war. Dieses kraftvolle Ausharren hat nicht nur
der Brig. Papp das glatte Passieren des Vale Putna-DefilSs ermöglicht, son-
dern auch das ungestüme Nachdrängen der Russen zum Stillstände gebracht und
ihr Eindringen in Siebenbürgen verhindert. Darüber äußerte sich der Kmdt.
15
225
des ruft. I.R. Nr. 77 gelegentlich der Einnahme der Stadt Czernowitz durch die
Österreicher im August 1917: „Als wir uns damals Pozorita näherten, erfuhren
wir von den Bewohnern, daß die Österreicher von ihrer ital. Front Steirer,
also Truppen ihres III. und XIV. Korps, hieher brachten. Bon diesem Momente
an folgten wir sehr langsam und vorsichtig, weil wir die große Tapferkeit dieser
Menschen seit Kriegsbeginn kennengelernt haben. Die Steirer sind in der rusf.
Armee sehr bekannt und gefürchtet."
In der der Brig. Obstl. Papp zugewiesenen Widerstandslinie Dorna Watra
—Poeana Pentelinor—Mestecanestie—Trig. 1292—Coeonastie wurde das Baon
teils mit der Bahn, teils mit Fußmärschen nahezu alle 3. oder 4. Tag an jene
Stellen dirigiert, wo es am bedrohlichsten zuging. Aus der Fülle der Ereignisse
sei erwähnt, daß das ung. Honved-Ldst.I.R. 33, das über Trig. 1292 Mesteca-
nestie entlang des Rückens gegen Pozorita zu einem Entlastungsvorstoß für
nördlicher stehende, hart bedrängte Teile des XI. Korps vorzugehen hatte, ver-
sagte und zurückflutete. Ein halbes Baon 150 genügte, der drohenden Kata-
strophe mit Erfolg zu begegnen.
Nachdem das Baon viel zur dauernden Versteifung der erwähnten Wider-
standslinie beigetragen hatte, rückte es in den Abschnitt Cocanestie und gab
eine Komp, an den 60 Kilometer nordöstl. gelegenen, stark bedrohten Prislopul-
Sattel ab. Aus einer teleph. Unterredung des Baonskmdtn. mit dem Korps-
generalstabschef ergab sich die seltene Tatsache, daß das XI. Korps-Kmdo. man-
gels intakter Truppen und Verbände mit den Kompn. des Baons 150 dispo-
nierte. Die Erwartungen, die das XI. Korps-Kmdo. in die einzelnen Teile des
Baons setzte, haben sich erfüllt.
Auszug aus der operativen Abfertigung vom 13. Juli 1916:
Das Ldst.5nf.Baon Nr. 150 schied am 12. Juli 1916 aus dem Verbände der Brigade.
Es hat seinen vorzüglichen Kampfwert und seine Gefechtstüchtigkeit vollauf bewiesen. 5ch
drücke dem Baon meine volle Anerkennung und meinen Dank aus und wünsche seinem
Kommandanten, den Offz. und Mannschaften auf den ferneren Kriegswegen viel Soldaten-
glück. Papp m. p., Obst.
Am 12. Juli folgte das Baon 150 seiner 1. Feldkomp, in den Prislopul-
Sattel-Abschnitt und trat in den Verband der Gruppe Obstl. Ruß. Die Kämpfe
in diesem Raume, insbesondere die Zersprengung eines rüst. I.R. durch das
Baon bei La Fontana Stancului nördl. des Prislopul-Sattels bilden weitere
Lorbeeren seiner Geschichte. In diesem Abschnitte opferte das Baon etwa 20
Tote, 15 Vermißte und über 160 Verwundete.
K. u. k. 11. KorpS-Komdo. Res. Nr. 1432 vom 36. 5uli 1916:
Nach Meldung des Mjr. Patak hat sich das Ldst.5nf.Baon 150 in den Kämpfen
vom 16. 5uli bis heute in ganz hervorragender Weise bewährt und seinen an der Süd-
westfront begründeten Nus auch hier durch tapferes Verhalten bestätigt und vermehrt.
Offiziere und Mannschaften dieses braven Alpenbaons kennen die Stärke des Verteidigers
im Gebirge gegen vielfach überlegenen Gegner und werden in gleicher Pflichttreue und
Tapferkeit auch weiter ihre Aufgabe erfüllen. 5ch spreche allen Offizieren und der gesam-
226
I
ten Mannschaft meinen besonderen Dank und die Anerkennung im Namen des aller-
höchsten Dienstes aus. Habermann m. p., FML.
Nachdem auch in diesem Abschnitte die Widerstandskraft der Verteidiger
durch die Mitwirkung des Baons gefestigt war, gelangte es am 20. August in
den Raum von Körösmezö—Tartarenpaß. Um diese Zeit ging die für die eigene
Verteidigungslinie am Tartarenpaß außerordentlich wichtige Höhe Kukul Trig.
1540 verloren. Als der Kmdt. der 7. Armee, G. d. K. von K i r ch b a ch, anord-
nete, Freiwillige zur Wiedergewinnung der Höhe aufzufordern, meldete sich
das ganze Baon. Das Quellgebiet des Laszczyna-Baches war der Bereitstellungs-
raum für die Angriffsgruppe Baon 150 und Fjgbaon 28. Während der Rekog-
noszierung der Annäherungswege fand der int. Baonskmdt. Oblt. Dr. Adler
den Heldentod. Am Vormittag des 24. August wurde nach entsprechender Art.-
Vorbereitung die Höhe Kukul von beiden Baonen gestürmt. Die eroberte Stel-
lung wurde gegen wiederholte Gegenangriffe der Russen behauptet und damit
der Hauptstützpunkt in dieser Armeefront für das weitere Kriegsjahr gesichert.
Die Verluste des Baons betrugen etwa 60 Tote und Vermißte und über 200
Verwundete. Zahlreiche Tapferkeitsmedaillen zierten die Brust der braven Land-
stürmer.
Befehl Sr. Exzellenz des Armeekommandanten:
Ich spreche dem F.I.Baon 28 und dem Ldst.5nf.Baon 150 für die zähe Ausdauer
und den besonderen Heldenmut, mit dem sie am 24. d. M. nachm, und abends wiederholte
übermächtige feindl. Angriffe abwiesen, die belobende Anerkennung im Namen des aller-
höchsten Dienstes aus. Pflanzer-Baltin m. p., G.O.
Aus diesem Abschnitt abgelöst, gelangte das Baon Mtte September in den
Verband der 34. Dion., wurde dort als 3. Baon dem königl. preuß. Ref.I.R. 157
angegliedert und kämpfte in dessen Stellung westl. des Tartarenpasies Wyzna
Preluka.
Belobende Anerkennung des Gruppenkommandanten Oberfiltn. von Kleist, Kmdt.
des königl. 4. Schief. Inf.Reg. Nr. 157. — R-St.Qu., den 3. Oktober 1916:
Beim Ausscheiden des k. k. Ldst.Inf.Baons 150 aus meiner Gruppe spreche ich dem
Baon meine volle Anerkennung und meinen Dank aus für die an der Wysnapreluka ge-
leisteten Dienste. Das Baon hat am 5. Sept. 1916 verlorengegangenes Gelände mit großer
Tapferkeit und Entschlossenheit wieder erobert und die eroberte Stellung allen Angriffen
gegenüber gehalten und' mustergültig ausgebaut. Stets war es mir eine Freude, diese brave,
zuverlässige Truppe bei der Arbeit zu sehen. Ich wünsche dem Baon und seinem tapfe-
ren Interimskommandeur Rittm. Schuch auch fernerhin Heil und Sieg. v. K l e i st m. p.
Am 2. Oktober 1916 schied das Baon aus dem Regimente, rückte in den
Verband der 30. I.T.D. ein und bezog als selbständige Gruppe die Hochgebirgs-
stellung westl. des Tartarenpasies von der Höhe Kote 1486 (westl. Klauzura
Dosina) über Trig. 1783 (Czarna Klewa), 1684 bis 1792 (Bratkowska). Hier
fand es Anschluß an die selbständige 216. Ig.Brig., die den Gebirgskamm über
den Pantyr-Paß besetzt hielt. Der Feind hielt die Linie Klauzura Dosina—Ra-
failowa und war im tiefer gelegenen, dichten Waldgebiete sehr schwer zu beob-
achten. Mit Hilfe Zweier Sappeur-Komp, gelang es trotz der schwierigsten Win-
227
terverhältnisse, innerhalb von 5 Monaten 18 verteidigungsfähige Blockhäuser
auszurichten, ein durchgehendes doppeltes Drahtverhau herzustellen, zwei Draht-
seilbahnen in die Stellung zu führen und einen 14 Kilometer langen Rokade-
weg längs der ganzen Stellung anzulegen.
Gliederung der Abschnittsbesatzung:
Kmdt. Mjr. E ck 1, LdsLZ.Baon 150; Adj. Ldst.Lt. Hainzl, später Lt. P e r n u l;
Techn. Zug: Oblt. Maurer; 1. Komp.: Oblt. Hann; 2. Komp.: Oblt. Witmaier:
3. Komp.: Oblt. Richter, später Lt. Müller; 4. Komp.: Hptm. Rovak; MG.-Komp.:
Lt. Kramer, Stellv. Lt. Gragger; Art.-Gruppe: Hptm. Fischer; 2 GbKnBtn.
(Oblt. Roßner u. Lt. Junget); 2 GbHbBtn. (Oblt. Langbein u. Bein); Sappeur-
Komp. 3/4 Hptm. Schwarz u. 2/8 Oblt. B e st n e r; Gefechts- und Prov.-Train in
K ö r e s m e z ö, Kmdt. Oblt. Dr. Kern.
Bis Juni 1916 erreichte der Ausbau der Stellung eine derartige Vervoll-
kommnung, daß das 7. Armee-Kmdo sogar Osfiziersabordnungen des deutschen
Alpenkorps und des preuß. 25. Armeekorps zur Besichtigung dieser Muster-
gebirgsstellung entsandte. Später trafen auch 8 schwedische Offiziere ein, die
über das Gesehene voll des Lobes waren.
Der 17. Juni 1916 war ein besonderer Ehrentag des Baons. Das von der
Gemeinde Graz dem Baon gewidmete silberne Ehrensignalhorn wurde vom
Armee-Kmdtn. GO. Frh. v. K ö v e ß dem Baon persönlich in der Stellung über-
reicht. Bei dieser Gelegenheit sprach der Armee-Kmdt. sein besonderes Lob über
die Leistungen des Baons aus. Eine weitere Ehrung wurde dem Baon zuteil, als
G. d. I. Frh. v. Succovaty, ehem. kommand. General in Graz und damali-
ger Inhaber des südsteir. I.R. 87, das Baon in der Stellung besuchte. Es war
herzerhebend, wie der 84jährige Soldat, im fdl. Art.-Feuer stehend, seine Steirer
begrüßte und seiner soldatischen Befriedigung Ausdruck gab.
Bon den vielen Unternehmungen seien die Vorstöße der Sturmtrupps des
Baons gegen die Waldstellungen der Russen genannt, bei denen sich Zgsf.
Scheiblsteiner als Kmdt. der Meldemännerabteilung und die beiden FIdw.
Siebenhoser und Kanzler besonders ausgezeichnet haben. Um den
mustergültigen Nachschub von Kriegsmaterial und Verpflegung machte sich der
Zielbewußte und energische Prof.Offz. Oblt. Dr. Kern verdient.
Am 20. Juli rückte die ganze Armeefront vor. Der durch die bolschewistische
Zersetzungsarbeit geschwächte Gegner zog sich tapfer kämpfend zurück. Das
Baon verfolgte im Verbände der 30. I.T.D. den Gegner über Körösmezö, Fab-
lonica, Tartarow, Kuty, Wiznitz, Lukawec, Strozenec und Terescheny. Bei
Kuty, Wiznitz und Lukawec fanden scharfe Nachhutgefechte statt, an denen das
Baon rühmlichen Anteil nahm und als erste österr. Truppe in die brennende
Stadt Storoznee eindrang. Von hier aus marschierte das Baon unter dem Hptm.
Lenarduzzi des I.R. 97 am 4. August nach dem befreiten Czernowitz, wo
Mjr. Eckl Vorbereitungen für den Empfang des Kaisers Karl traf, der
am 7. August unter dem Jubel der Bevölkerung in die Stadt einzog.
228
Am 9. August 1917 rückte das Baon wieder in die Gefechtsfront der 30. J.D.
bei Terfcheny ein und hatte bald darauf Gelegenheit, das I.R. 97, das durch
einen fdl. Angriff geworfen wurde, durch einen schneidigen Gegenangriff zu
befreien. Das Baon blieb dann Dionsreserve im Walde nördl. Terfcheny.
Mitte September übernahm Obstl. Anton Lehar das Baonskmdo., wäh-
rend Mjr. E ck l mit dem Kmdo. des Feldjägerbaons Nr. 25 betraut wurde.
Abfchiedsbefehl des 30. I.D.-Kmdos:
Das k. k. Landst.Inf.Baon Nr. 150 scheidet nach einjähriger Zugehörigkeit aus dem
Verbände der 30. J.D. Schweren Herzens sehe ich dieses brave, tapfere und verläßliche
Baon meinen Kommandobereich verlassen. Der Ausbau der Stellung in den Waldkar-
pathen im Winter 1916—17 war ein derart mustergültiger, daß sich das Armeekmdo
wiederholt veranlaßt gefühlt hat, die Leistungen des Baons anzuerkennen und die Be-
sichtigung dieser Stellung fremdländischen Offz. anzubefehlen. Mit nie erlahmender Ar-
beitsfreudigkeit, stets guten Mutes und unter Ueberwindung der oft äußerst schwierigen
Witterungs- und Bauverhältnisse haben Kmdt., Offze. und Mann Außerordentliches ge-
leistet und die Berteidigungsanlagen zu einem Musterwerk gestaltet. Auch während der
letzten großen Offensive leistete das Ldst.Baon 150 ganz Hervorragendes und bewies
dadurch neuerdings, welch hoher Mut, welche Tapferkeit diesem bewährten Baon inne-
wohnen. Ich sage den Söhnen des Alpenlandes ein herzliches Lebewohl, drücke Offz. und
Mann die Hand, wünsche dem Baon Heil und Sieg und versichere alle meiner dank-
barsten Erinnerung. Z e s s e r m. p., FML.
Anfangs Oktober gelangte das Baon in den Verband der 8. Kav.Dion.,
welche die Linie Kimpolung—Wama hielt. Hier hatte es die Aufgabe, der Dion,
den inf. Rückhalt zu bieten und die Widerstandslinie zu verstärken. Im Jänner
1918 bezog es die Winterhöhenstellung Surdoky—Haza in den Transsylvanischen
Alpen und nach dem rumänischen Waffenstillstand die Stellung am Sereth nördl.
von Foksani. An Stelle des Obstl. Lehar, der Mitte Jänner zum Kmdtn. des
neuformierten I.R. 126 ernannt worden war, übernahm das Baonskmdo. Mjr.
Josef Lang des Drag.R. 5.
Ende Oktober 1918 wurde das Baon mit der Bestimmung einwaggoniert,
neuerlich im Verbände der 30. I.T.D., die von Odessa her im Anrollen war, zu
kämpfen, um der durchbrochenen Bulgarenfront nördl. Saloniki Hilfe zu brin-
gen. Dies kam aber wegen der sich überstürzenden Frontauflösungen nicht mehr
zur Durchführung. Unter den schwierigsten Verhältnissen trat es die Bahnfahrt
in die Heimat an, wurde in Ungarn ausgeplündert und traf gegen Ende Novem-
ber in Graz ein, wo in der Leonhardkaserne seine Auflösung erfolgte.
4. Das Landsturm-Infanterie-Bataillon Nr. 181.*)
a) Im Stellungskrieg an der Kärntner Front.
Bis in den Spätherbst des Jahres 1917 war dem Ldst.Inf.Baon Nr. 151
die Aufgabe gestellt gewesen, in den ihm jeweils zugewiesenen Frontabschnitten
die treubrüchig gewordenen Italiener daran zu hindern, ins Gailtal vorzudrin-
*) Nach persönlichen Aufzeichnungen von Lt. Eduard Koppen st einer und
Lt. Dr. Fritz Adametz des Ldst.Inf.Baons Nr. 151.
229
gen. Ganz dünn war anfangs die Verteidigungslinie. Es dauerte geraume Zeit,
bis die wenigen, nur von Freiwilligen und Gendarmerie schwach besetzten Stütz-
punkte untereinander verbunden und durch Ausnützung der vorhandenen natür-
lichen Hindernisse, wie unbezwingbare Felswände und unwegsame Schluchten,
zu einem festen Bollwerk zusammengefügt werden konnten.
Hier im Grenzschutz begegnen wir zum ersten Male den wackeren Kämp-
fern vom Löst. 151. Echte Heimatliebe verlieh den braven, biederen Kärntnern,
die ja den Grundstock des Baons bildeten, ungeahnte Kräfte. Haus und Hof,
Weib und Kind waren bedroht. Wäre es den Italienern gelungen, die Grenz-
kämme der Karnischen Alpen zu überschreiten, so wären die Landeshauptstadt
und weite Landstriche Unterkärntens dem Feinde preisgegeben gewesen. Ldst.
151 stand in den Reihen derer, die im Verbände der 10. Armee dem Gegner an
diesem Teil der Alpenfront jede Erfolgsmöglichkeit nahmen.
In rastloser Arbeit entstanden gut ausgebaute Schützengräben, MG.- und
Geschützkavernen, bombensichere Unterstände, tadellose Kommunikationen und
dgl. m. Wo immer das Baon zu finden war, ließ es sich die Anlage eines wehr-
fähigen Stellungsnetzes angelegen sein. Bei Kriegsausbruch mit Italien hatten
Teile des Baons, das im Raum Flitsch—Raibl kompagnieweise verteilt und
schon seit Herbst 1914 im Grenzschutz gestanden war, sehr heikle Ausgaben. So
hielt die 2. Komp, einzelne Stützpunkte (Kal—Kerschowetz) im Vorselde der
Flitscher Sperre trotz schwersten Art.-Feuers mit größter Standhaftigkeit. Bei
einem Patrouillengang zeichnete sich Oblt. Kraßnig besonders aus.
Artillerieduelle, Fliegerbesuche, nächtliche Patrouillenunternehmungen füll-
ten die Zeit bis zum Winter. Meterhoch lag der Schnee. Zwischen Eisblöcken
hielten die Posten Wache. Mittelst der Schneetunnels wurde die Verbindung
aufrecht erhalten. Selbstverständlich war da der Proviantnachschub mit unsäg-
lichen Schwierigkeiten verbunden. Trotzdem blieben die Landstürmer unver-
drossen und hoffnungssreudig. Zog dann der Frühling ins Land, gab es aufs
neue Arbeit in überfülle, fast zu viel, um vor Einbruch der nächsten Winter-
stürme bewältigt werden zu können. Zu einer 3. Überwinterung in den Kärnt-
ner Bergen sollte es jedoch nicht mehr kommen.
Die 11. Isonzoschlacht, die den Italienern erstmalig einen größeren Raum-
gewinn eingetragen hatte, war geschlagen. Es stand zu erwarten, daß Cädorna
bestrebt sein werde, den Teilerfolg, den er sich unter größten Opfern auf der
Hochfläche von Bainsizza—Heiligengeist geholt hatte, durch eine 12. Isonzo-
schlacht zum vollen Erfolg auszugestalten. Die 12. Isonzoschlacht wurde jedoch
von den Österreichern diktiert und zu einem nie geträumten Erfolg gestaltet.
Mitte Oktober setzten die Vorbereitungen zum Entlastungsstoß auch im Abschnitt
der 161er ein. Das Baon stand im Raume Köder-Höhe—Kl. Trieb—Unter-Kür-
nik, also unweit des Pals und des Plöckenpasses, eines der heißumstrittensten
Kampfpunkte der Kärntnerfront.
230
b) Während der Herbstossensive 1917.
In der Nacht vom 24. aus den 25. Oktober brach das Unheil über die
Italiener herein. Wir vernahmen deutlich das Grollen der im Gange befind-
lichen Artillerieschlacht bei Flitsch—Tolmein» die dem Gegner die verderbliche
Wirkung der deutschen Blaukreuzgeschosse vermitteln sollte. Die folgenden Tage
verliefen in unerhörter Spannung. Ungeheurer Jubel brach aus, als wir die
ersten Siegesbotschaften vernahmen. Am 28. Oktober erfuhren wir, daß die
Italiener aus der ganzen Linie im Rückzug seien und die Nachbarbrigade bereits
den Vormarsch angetreten habe. Rasch wurden die letzten Vorbereitungen zur
Verfolgung des flüchtenden Feindes getroffen. Aus Verteidigern, die jahrelang
nur den Verlust des eigenen Bodens zu verhüten hatten, waren ins Feindes-
land nachdrängende Angreifer geworden. Langsam schob sich im strömenden
Regen die schier endlos scheinende Plänklerkette bergauf zur Feindstellung.
Hier gab es überall Zeichen eiligster Flucht. Munitionsstapel und Verpflegs-
vorräte waren in Brand gesteckt worden. Zu Hunderttausenden lagen geplatzte
Gewehrpatronen, ferner Lebensmittel, angekohlte Konservenkisten, zerschlagene
Weinfässer und Überreste aller Art umher. Nach kurzer Rast, während der sich
unsere Wackeren an den aufgespürten Nahrungsmitteln gütlich getan hatten,
ging es weiter. Der Regen hatte sich in Schnee verwandelt. Die ersten Gefan-
genen wurden eingebracht. Nachdem wir die fdl. Art.-Stellungen passiert hatten
— auf dem Mte. Paulavo hatte man das schwere Geschütz im Stich gelassen —,
erreichten wir am frühen Nachmittag die erste bewohnte Ortschaft, Treppo
Casnieo. Die Bevölkerung, bestürzt und sichtlich eingeschüchtert, verhielt sich
sehr entgegenkommend. An diesem Tage kampierten die 151er erstmals im
Feindesland. Zur Entlastung der Mannschaft, die bis hieher alles, selbst die
MG. nebst Mun.-Berschlägen und Schutzschildern getragen hatte, wurde aus
landesüblichen Fuhrwerken ein Hilfstrain eingerichtet. In Pauluzza stockte
bereits der Vormarsch. Die Italiener hatten die Brücke gesprengt. Eiligst wurde
eine Notbrücke errichtet und der Zeitverlust durch einen Nachtmarsch wieder
wettgemacht.
Erst jetzt zeigte sich, wie unvorbereitet die jedenfalls überraschten Italiener
den Rückzug angetreten hatten. Die Disziplin war zweifellos gelockert; Deser-
teure, die nicht weiterwollten, wurden in Massen gefangengenommen. Aus-
rüstungsgegenstände, Waffen, Mun. etc. säumten Wege und Straßen ein. Dann
und wann trafen wir auf Freilager, in welchen förmlich abgerüstet worden
war. Die Begeisterung unserer Leute kannte keine Grenzen. Der Wein floß
in Strömen, mit den vorgefundenen Lebensmitteln wurde geradezu gewüstet;
Schweine und Rinder wurden eingesangen und im Zuge mitgetrieben, um bet
nächster Gelegenheit geschlachtet zu werden. Die Offiziere hatten alle Mühe,
den „Übermut" der Leute auf ein duldbares Maß einzudämmen.
Das Baon, das nun im Verbände der Nachbarkolonne marschierte, erreichte
231
am 1. November den Tagliamento bei Villa Santina. Kanonendonner und AtG.-
Feuer waren aus der Gegend von Tolmezzo vernehmbar. Die ungestüm vor-
dringenden Österreicher waren auf stärkere, sich zur Wehr setzende Nachhuten
des noch immer zurückweichenden Gegners gestoßen. Unser Baon erhielt den
Befehl, gegen Ampezzo vorzugehen und die fdl. Nachhuten von den die Straße
beherrschenden Höhen zu werfen. Am Vormittag des 2. November brachen wir
in westl. Richtung aus. Die Ortschaften, die wir passierten, waren von der
Bevölkerung verlassen worden. Es dauerte nicht lange, da erhielten wir in
der linken Flanke Feuer. Die Italiener hatten aus dem Kirchturm von Priuso
MG. aufgestellt. Sie nötigten uns, zunächst hinter der Straßenböschung Schutz
zu suchen. Bald rückten wir in Schwarmlinien gegen die Ortschaft vor. Beim
Durchqueren einer kleinen Siedlung ertönte Glockengeläute. Es war das ver-
einbarte Signal für die fdl. Art., die uns an der Ortslisiere mit einem Hagel
von Granaten und Schrapnells bedachte. Bei Einbruch der Dämmerung erreich-
ten wir mit geringen Verlusten Mediis und warteten das Einlangen von Ver-
stärkungen ab.
Am nächsten Tag sollten in geschlossener Kampfhandlung die fdl. Stütz-
punkte am Mte. Corona und Mte. Jos fallen, um den Übergang vom Taglia-
mento ins obere Piavetal freizumachen. Ldst. 30 griff den Mte. Corona an,
Löst. 151 und das 3. Baon des I.R. 18 setzten sich von zwei Seiten gegen den
Mte. Jos in Bewegung. Mit Unterstützung einer FKBt. gelang es den 151ern,
den sich heftig zur Wehr setzenden Gegner zu werfen und als erste den Gipfel
zu erreichen. Am gleichen Tag hatte Ldst. 30 den Mte. Corona besetzt. Der Weg
nach Ampezzo war frei. Die braven Landstürmer hatten die Genugtuung, ihren
prächtigen Erfolg im Tagesbericht der Obersten Heeresleitung hervorgehoben zu
sehen. Nach einem Ruhetag wurde am 6. November der Marsch fortgesetzt. Die
Italiener hatten zur Verzögerung unserer Vorwärtsbewegung bei der Galleria
del Moste ganze Straßenstücke und Brücken in die Luft gesprengt. Die sich
hier stauenden Truppen mußten die Fertigstellung der Notbrücken und Hänge-
stege, die später nur einzeln unter Zurücklassung der Pferde und Wagen passiert
werden konnten, abwarten. Nach dieser unliebsamen Stockung gelangte das
Baon über Form di sotto und Forni di sopra bei Lorenzago ins obere Piavetal.
Aus der entgegengesetzten Richtung kam uns eine auffallende Kolonne
entgegen. Gefangene waren es, nach Tausenden zählend. Die aus dem Westen
vordrängenden Österreicher hatten ihnen den rettenden Ausweg nach dem Süden
versperrt. Müde, zerschlagen, mit gleichgültigen, gegen den Boden gesenkten
Blicken zogen sie einher.
Eine neue Überraschung stand bevor. Wir bewegten uns bereits in füdwestl,
Richtung gegen Pieve di Cadore, die Geburtsstaüt Tizians. Plötzlich schlugen
vor uns Flammen empor, das Firmament rötete sich, die Erde schien zu bersten.
Detonationen folgten Schlag auf Schlag, Geschosse größten Kalibers heulten,
232
.V. hi .N. 1 v«. : »-t».
Friedhof in Mlg. Strino (Tonale). August 1918 nach der Beschießung.
Das Bergen von Mann und Material nach dem ital. Angriff. Tonale August 1918.
klatschten jedoch in den meisten Fällen als Blindgänger zu Boden. Bald wurden
uns die Vorgänge klar. Die Italiener hatten die im Bereich der Festung Pieve
gelegenen Munitionsdepots, Besestigungswerke, Brücken und Magazine in
Brand gesteckt. Am nächsten Tag sahen wir die grauenvollen Verwüstungen;
keine Fensterscheibe war in weitem Umkreis ganz geblieben, ja Fensterstöcke
und Türen waren losgerissen, selbst Dächer abgetragen und Mauern umgewor-
fen worden. Die Bevölkerung, die den Höllenlärm und das Beben über sich
ergehen lassen mutzte, war ganz verstört und untröstlich über den von ihren
eigenen Landsleuten angestifteten Schaden.
Wir waren nunmehr den flüchtenden Haupttruppen der Italiener dicht auf
den Fersen. Ihr Vorsprung zählte nur mehr wenige Marschstunden. Bei Longa-
rone, wo wir am 10. November eintrafen, wurden sie bereits vom Schicksal
erreicht. Die aus Osten vordringenden Truppenteile der Heeresgruppe K r a u tz
und Stein, die den beispiellosen Erfolg bei Flitsch und Karfreit errangen,
kamen bei Longarone knapp vor den Italienern an die Piave; von Norden
drang die 10. Armee unaufhaltsam vor. Starke Armeekörper der Italiener
waren hiemit völlig eingekreist und ergaben sich nach kurzer, erfolgloser Gegen-
wehr. Das steir. Sch.R. 26 der 22. Sch.D. war es, welches hier über 8000 Italie-
ner gefangennahm und ungeheures Kriegsmaterial erbeutete.
Eine mehrtägige Erholungspause wurde eingeschaltet. Von früh bis abends
herrschte reges Leben. Am 26. nächtigte das Baon bereits bei Belluno, am 28.
hatte es Feltre erreicht. Im SUdwesten rollte und donnerte es unablässig. Eine
neue Schlacht tobte. Man kämpfte um den Montello, um die Höhe des Grappa-
massivs. Feltre, ein unabsehbares Heerlager, war die Verteilungsstation aller
aus dem Norden und Osten zusammenströmenden Heeresmassen. Unsere Brig.
erhielt den Befehl, einen vorläufig noch unbekannten Frontabschnitt in Süd-
tirol zu besetzen. Ein langer Marsch lag hinter uns. über Arten, Arsie, Fastro
waren wir bei Primolano ins Tal der Brenta gekommen und betraten noch
am gleichen Tage bei Tezze altösterreichischen Boden. Alles war erschöpft, viele
verzichteten auf die von den Fahrküchen bereitgestellte Menage und schliefen
trotz der Nachtkälte im Freien ein, eben dort, wo sie sich gerade befanden. Das
Val Sugana wurde durchguert. Am 4. Dezember trafen wir auf der Hochfläche
von Lavarone ein, an der Ausgangsstelle der Frühjahrsoffensive 1916. Als wir
am folgenden Tag das Panzerwerk San Sebastians passiert hatten und in der
Richtung auf den Campomolon marschierten,' erfuhren wir, datz wir das sieben-
bürgische I.R. Nr. 50 im Raume Seluggio abzulösen hatten.
o) Stellungskampf in Südtirol.
Das Baon hatte nach ereignisreichen Wochen wieder seine altgewohnte
Rolle als Verteidiger an der Alpenfront übernommen. Der lange Gebirgswinter
war mittlerweile hereingebrochen. Überläufer und Gefangene erzählten von
233
der Kriegsmüdigkeit der Italiener und den Bemühungen der Franzosen, Eng-
länder und Amerikaner um die Wiederausrichtung der zerschlagenen ital.
Armee. Wir bekamen das allmähliche Erstarken des Gegners auch bald zu ver-
spüren. Die täglichen Feuerüberfälle forderten schwere Opfer. Hptm. Stoll
(nach der Beurlaubung des Hptm. Kraßnig Kmdt. der 2. Komp.) fiel mit einer
Reihe braver Unteroffiziere und Mannschaften während der verheerenden Be-
schießung der Stellung zu Ostern 1918. Die Zerhämmerung unserer Gräben und
Kavernen, die Beschießung der Nachschublinien, die ständige Gasgefahr zer-
mürbten das Baon. Da sich auch Erkrankungen zufolge der immer dürftiger
werdenden Ernährung einstellten, sanken die Stände an Offizieren und Mann-
schaften in erschreckender Weise. Aus diesem Grunde wurde für das Baon eine
Retablierung in Trient angeordnet, wo es am 1. August einmarschierte. Dort
erntete es gelegentlich einer Inspizierung aus dem Munde des Kaisers
Karl Worte der Anerkennung und des Dankes für fein bei jeder Gelegenheit
bestbewährtes Verhalten.
Das Baon stand seit Ende 1915 unter dem Kmdo. des Mjr. Karl Edler von
H e y ß. Bis dahin war Hptm. Wenzel Pfleger Baonskmdt. Als Baonsadju-
tant stand ursprünglich Oblt. Ing. Jakob H a s l e r und dann Lt. Ludwig
Adamitsch in Verwendung. Die Komp.-Kmdtn. waren: 1. Komp.: Ldst.Hptm.
Dr. Gustav Bl aas; 2. Komp.: Hptm. Josef Kraßnig, später Hptm. Josef
Stoll und nach dessen Heldentod Ldst.Oblt. Hans Eberl; 3. Komp.: Ldst.-
Hptm. Robert Eichler; 4. Komp.: Ldst.Hptm. Viktor Maiwald; 5. Komp.:
Hptm. Erwin v. Köppel; MG.-Komp.: Ldst.Hptm. Dr. Alexander Höpfl;
Prov.Ofsz.: Ldst.Oblt. Dr. Robert Eichberger, später Ldst.Oblt. BartoZ.
d) Die letzten Tage des Baons.
Bald darauf zog es über Maffenza, Castell Toblino, Sarche, Stenico und
Arche nach Tione, wo es der 159. J.T.D. angegliedert wurde. Nach einer länge-
ren Retablierung kam es wieder in Stellung. Diesmal wurde es lediglich für
den Feldwachendienst vor einem Bosniakenregiment verwendet, das aus Dosso
Brüll und Doß dei Morti stand. Die Feldwachen-Linie begann in Daone und
zog am Höhenrücken entlang, der das Chiese-Tal im Norden begrenzt. Den
linken Flügel bildete die 4., den rechten die 1. Komp. Alle hatten unter der
Ungunst der Verhältnisse sehr zu leiden. Die Kompn. wurden durch Abgänge
(Krankheit, Verwundungen) immer kleiner, so daß zur Ausstellung der erfor-
derlichen Posten Abteilungen des Dions-Sturmbaons aushelfen mußten.
Die ital. Front war ziemlich ruhig. Der Gegner versuchte, durch Überfälle
aus die Feldwachen, besonders bei Daone (4. Komp.) Beunruhigung hervor-
zurufen oder zur Übergabe aufzufordern und beschränkte sich im übrigen auf
fallweise Beschießungen, die leider eine Reihe von Opfern forderten. Besonders
gerne hätte der Feind die Feldwachen in Daone ausgehoben. Eines Tages er-
234
. i__________at,.«n.L,.Ei..M...g........7.....,;....-.fii '11i»
folgte als Ergebnis der Rekognoszierungen noch ein Überfall auf die entfernteste
Feldwache, der jedoch sofort abgeschlagen wurde.
Die letzten Tage vor dem Zusammenbruche waren recht unruhig. Die Urlaube
nach Böhmen und Mähren wurden eingestellt, man munkelte von einem Waf-
fenstillstände. Das kaiserliche Manifest von der Bildung der 4 Bundesstaaten
wurde bekannt, man hörte von der Ausstellung von Nationalräten für die ein-'
zelnen Länder und wußte mit all diesen Nachrichten nicht viel anzufangen.
Dazu kamen Befehle, welche die Unsicherheit noch vergrößerten. So wurde
angeordnet, daß man die Tschechen an einem bestimmten Tage, an welchem
sie alle angeblich mit der ganzen Ausrüstung überlaufen würden, hinter der
Front ohne Waffen beschäftigen solle. Zur Ehre aller Baonsangehörigen fei
betont, daß die gesamte Mannschaft auch in der Gefangenschaft treu zusammen-
gehalten hat.
Für den 3. November 1918 hatte das Baon den Rückzugsbefehl erhalten.
Die Weisungen gingen dahin, ohne jede Munition, ohne Handgranaten, nur
mit den Gewehren bewaffnet, abzuziehen, den Italienern bei einer beabsichtig-
ten Besitznahme der Stellungen keinen Widerstand zu leisten und nach Tione,
dem Sammelpunkt der Brigade, einzurücken. Die Feldwachengruppe Daone
unter Kmdo. des Lt. A d a m e tz bildete die Nachhut für die ganze Brigade.
Beim Fort Revegler hatte man Gelegenheit, sich über die traurige Sachlage
zu orientieren. Als das Baon in das Haupttal einbog, das durch das Fort
gesperrt wurde, waren die Italiener längst im Durchmärsche nach Norden. Die
wehrlosen Truppen, die aus den Gebirgen herabkamen, waren Gefangene, ohne
es zu wissen. Zunächst war man auch auf Feindesseite der Meinung, daß ihrer-
seits eine gewisse Linie als Waffenstillstandsbedingung zu besetzen sei, während
die österreichischen Truppen gesammelt und dann abgeschoben werden sollten.
Der Abtransport der Truppen ins Hinterland war daher ein Gebot der
Notwendigkeit. Zunächst verblieben die Offiziere, denen man anfangs noch die
Waffen beließ, bei ihren Leuten, später wurde nach Heranziehung von Bewa-
chungsmannschaften die Entwaffnung und Trennung von Offizier und Mann
durchgeführt. Trotzdem gelang es Mannschaftspersonen des Baons, sich in Casten-
edolo als Bedienungsleute in das Offizierslager einzuschmuggeln, um ihren
Vorgesetzten, so weit es eben ging, behilflich zu fein. Von dort ging es nach
Pizzighettone, wo die Offiziere in einem Zuchthaus untergebracht wurden, das
wenigstens über reine Räume und Matratzen verfügte. War die Verpflegung
auch sehr dürftig, so konnte man sich doch auf dem Schmuggelwege das Erfor-
derliche beschaffen. Manche der Posten dürften bei diesen Vermittlungsdiensten
vermögende Leute geworden sein. Nach dem Zuchthausaufenthalte ging es ans
Meer nach Loano und Finalmarina, später kam ein Teil von uns nach Cicagna
bei Nervi. Hier gab es bereits eine bessere, wenn auch immer noch recht beschei-
dene Verpflegung. Die meisten Offiziere widmeten sich der Lektüre der vom
235
Roten Kreuze gesandten Bücher oder den Studien. Kameraden hielten Kurse
für Italienisch, Englisch, Handelskunde, Landwirtschaft, selbst für das Tanzen
ab. Letzteres war mit „Goiserern" allerdings nicht besonders graziös. Gelegent-
liche fröhliche Veranstaltungen halsen über die trübe Zeit hinweg. Der traurigste
Tag war wohl der Weihnachtstag 1918, ein Tag, an dem jeder an seine Lieben
daheim dachte, von welchen er seit zwei Monaten nichts mehr wußte. Erst um
die Jahreswende trafen die ersten Karten ein; im übrigen war man auf die
Zeitungsnachrichten angewiesen, denen man aber nicht immer vollen Glauben
schenken konnte. So verging ein Monat nach dem anderen. Die Friedensver-
handlungen wollten kein Ende nehmen und die Ungeduld wurde immer größer,
zumal man doch schon wußte, daß die Monarchie endgültig zerfallen war.
Endlich kam Ende Juli 1919 die Stunde des Abschiedes. Die einzelnen
Gruppen des Ldst. 151 wurden wieder vereinigt und mit einem der ersten
Transporte in die Heimat befördert. Rührend war der herzliche Empfang auf
einzelnen Stationen Südtirols. Da und dort sah man noch die Spuren der
Kriegsverwüstungen. Am 6. August 1919 früh traf der Heimkehrer-Zug in Inns-
bruck ein, wo uns schwarzer Kaffee verabreicht wurde. Sehr lieb nahm sich eine
Dame des Innsbrucker Roten Kreuzes um -die Heimkehrer an. Bald erschienen
Offiziere der einzelnen Bundesländer und sammelten ihre Landeskinder zur
Heimreise. Am Abend des 6. August 1919 kam der Transport mit den Steirern
in Graz an. Ein tragisches Kapitel für so viele unserer Volksgenossen hatte den
lange ersehnten Abschluß gefunden.
5. Das Landsturm-Marschbataillon Nr. 28» später Landsturm-Jnf.-Baon Nr. 28.*)
a) An der Kärntner Front.
Da schon kurze Zeit nach der allgemeinen Mobilisierung 1914 das Ver-
halten Italiens, unseres bisherigen Bundesgenossen, Mißtrauen erweckte und
mit Einfällen seiner irregulären Formationen zu rechnen war, sah sich Österreich
zur Sicherung seiner Grenzen gegen den südlichen Nachbar gezwungen. Der
Mangel an aktiven Feldtruppen für diesen Grenzschutz zwang die Oberste Hee-
resleitung zur Neuformierung von Landsturm-Marschbaonen, zu denen das in
Klagenfurt zur Aufstellung gelangte Ldst.Ma.Baon Nr. 28 trat, das sich mit
'einem Stabe und der 3. Komp. (Hptm. Michner), der bisherigen Ldst.Ers.Komp.
1./Ldst. 4, in Klagenfurt, mit der 1. Komp. (Hptm. Weindorser) in Graz und
der 2. Komp. (Hptm. Greineder) in Leoben befand. Die Mannschaft der letzten
beiden Kompn. bestand durchwegs aus Steirern vom oberen Mur- und Ennstal.
Hptm. Emil Herrmann des L.I.R. 29 und die 3. Komp, wurden sofort
nach Tarvis dirigiert, wohin in kurzer Zeit die Grazer und die Leobener
Kompn. folgten. Nebst dem Sicherungsdienst oblag hier das Baon der Schulung
und Ausbildung.
*) Verfaßt im Museumarchiv A.5.R. 9 auf Grund der Tagebuchaufzeichnungen des
ehern. Baonskmdtn. Mjr. Emil Herrmann.
236
b) An der serbisch-montenegrinischen Front.
Als anfangs Oktober 1914 unsere Lage in Bosnien, besonders im Raume
Sarajevo, kritisch wurde, mußte die Mehrzahl der Baone von der ital. Grenze
dorthin abgezogen werden. Unter diesen befand sich auch das Ldst.Ma.Baon 28.
Es bildete zusammen mit einem Tiroler Ldst.Rgt. die 15. GBrig. unter dem
Kmdo. des Obst. Wieden und trat in den Verband der 50. I.T.D. unter
GM. Kaiser. Zur Verstärkung erhielt es eine M.G.A. der Tiroler Landes-
schutzen unter dem Kmdo. des Hptm. S ch ö r g, der als einziger aktiver Offizier
beim Baon verblieb, da die Komp.-Kmdtn. Hptm. Weindorfer, Grein-
eder und Michner bereits krankheitshalber ins Hinterland abgegangen
waren.
Schon zwei Tage nach dem Eintreffen in Sarajevo erfolgte der Vormarsch
aus dem Fortgürtel. Der erste Zusammenstoß geschah aus der Romanja Planina,
worauf der Weitermarsch zur Säuberung Ostbosniens angetreten wurde, der
die Einnahme von Rogatica und die Gefechte bei Usti Kolina und Foca folgten.
Weitere Gefechtsmärsche führten die Landstürmer nach Serbien bis über Valjevo
hinaus. Baonskmdt. war Hptm. S ch ö r g, die Kompn. 1 bis 3 befehligten die
Ldst.Lt. Lutter, Murath und Pfisterer. Die Verluste durch Strapazen
und Krankheiten waren so groß, daß beim Übergang über die Drina bei Ljubo-
vija die Kompn. nur mehr über den halben Stand verfügten. Der Vormarsch,
der auf den schlammigen Straßen sehr behindert war, ging über den Proslop-
sattel und Pecka Stave nach Valjevo, wo sich das Baon etwa 12 Tage erholen
konnte. Die 1. Komp, blieb in Stave zu Aufräumungsarbeiten und zum Ab-
transport der Verwundeten zurück und vereinigte sich am 2. Dezember 1914
in Valjevo wieder mit dem Baon, das nun über Brzegje auf den Suvobor mar-
schierte, wo es in den südl. gelegenen Talschluchten eine Talsperrestellung bezog.
Um diese Zeit begann die Rückbewegung der österr. Armee vor den mit frischen
Kräften einsetzenden Serben. Unser Baon zog auf die Höhe des Suvobor, wo
die 1. Komp, den Rückzug der Truppen zu decken hatte. Es gelang unter ver-
hältnismäßig geringen Verlusten, die Serben bis zum Eintritt der Dunkelheit
hintanzuhalten und unbehelligt den Marsch nach Norden fortzusetzen. Wenn
der Suvobor in der serbischen Kriegsgeschichte ein Ruhmesblatt bildet, so ver-
dient auch die Haltung des Gegners, der österr. Landsturmtruppen, volle Aner-
kennung. Das Baon hatte durch die fortwährenden Kämpfe mit den Komitat-
schis, die Gewaltmärsche und den Mangel an Verpflegung viel zu leiden. Trotz-
dem hat es sich glänzend gehalten.
Als wir den serbischen Boden bei Sabac verlassen hatten, waren wohl ein-
zelne Ldst.Baone fast dezimiert. Mjr. H e r r m a n n, Kmdt. des Ldst.Ma.Baons
Nr. 28, sammelte die Reste des Ldst'.Ma.Baons 27 (Slowenen aus Laibach und
Cilli), Ldst.Ma.Baon 29 (Marburger), Ldst.Ma.Baon 9 (Salzburger) und eines
Grenzfchutzbaons (Südtiroler) und formierte aus ihnen im Vereine mit seinen
237
Truppen ein neues «cum, das am 18. Jänner 1915 die Bezeichnung «Ldst.Jnf.
Baon Nr. 29" erhielt. Es bestand aus dem Baons-Stab (Baonskmdt. Mjr. Emil
Herrmann. Adj. Lt. Urbani, Chefarzt Aff.-Arzt Dr. Böhm und Prov.
Osfz. Oblt. Steiner), 5 Jns.-Komp. (1. Komp. Kmdt. Oblt. Schlesinger;
2. Komp. Oblt. Dr. Murath; 3. Komp. Oblt. Pfisterer; 4. Komp. Oblt.
Lern er; 5. Komp. Oblt. Turin) und der MG.-Komp. des Hptm. Schörg.
Am 21. Jänner 1915 kam das Baon nach BrLko; die 3. Komp. (Pfisterer) wurde
nach Orafje zur Verstärkung der Brückenkopfbesatzung detachiert und verblieb
dort bis 27. Juli 1915.
c) An der Tiroler Front.
Am 28. Juli erfolgte die Verlegung des Baons an die Tiroler Front. Vor-
erst im Lessachtal-Abschnitt im engsten Verbände mit dem königl. bayr. Jnf.-
Leibrgt. des deutschen Alpenkorps stehend, gelangte es später in den Abschnitt
Kreuzberg—Hochwandspitz—Schluderbach—Mte. Cristallo, ferner in den Riva-
abschnitt (3. Komp.) und aus den Col di Lana (4. Komp.). Wenn es da auch
nicht zu großen Kampfhandlungen kam, fo erlitt es doch durch die fortwäh-
renden Plänkeleien und schweren Art.-Beschießungen empfindliche Verluste.
Namentlich forderte die Ende August 1917 erfolgte Rückgewinnung des Rauch-
kofels bei Schluderbach, die vom Baon mit Unterstützung der eigenen 30.5- und
24-om-Btn. durchgeführt wurde, viele Opfer. Auch bot der strenge Winter 1916—
1917 infolge der großen Schneehöhe und der Lawinengefahr viele Schwierig-
keiten. Wochenlang von jeder Verbindung abgeschnitten, spielte sich das Leben
in Schneetunnels ab.
Am 17 Mai 1917 schied Mjr. Herrmann vom Baon. Das Kmdo. über-
nahm ein Stabsoffizier des Sch.R. 23, dem jedoch bald Obstl. Richter folgte.
Rach dem Durchbruch bei Flitfch-Tolmein kam das Baon nach Trient, um
bei Caldonazzo eingesetzt zu werden. Auch hier verblieb es nicht lange, sondern
kam über Trient—Sarca Tione—Rondo—Roncone (Judicarien) in Stellung
aus den Mte. Nozzolo, nordwestl. vom Gardasee. Da es hier durch das Feuer
aus großen Schiffsgeschützen schwere Verluste erlitt, wurde es nach einiger Zeit
in die Stellung nach Bregazzo zurückverlegt. Obwohl sich die Lage in dieser
Stellung nicht änderte, hielt das Baon heldenmütig bis zum letzten Augenblick
stand, wurde aber nach dem vorgetäuschten Wassenstillstand zur Waffenstreckung
gezwungen.
6. Das Landsturm-Jnf.Baon 156
im Raume Görz und auf Doberdo im Jahre 1915.*)
(Hiezu Beilage 38, erster Band.)
Das im Dezember 1914 in Görz als Ldst.Erfätzbaon zu 4 Jnf.-Kompn. auf-
gestellte Baon 156 war vorerst eine Sammelstelle für Ldst.-Offiziere und Ldst.-
*) Verfaßt im Museumarchiv A.I.R. 9 auf Grund von Angaben des Hptm. Dr. Fritz
Dörflinger und Hptm. Ludwig Petz des ehem. Löst. 156.
238
*-«■-»................. ......... .................- .................■■ ......................---".X."' ~
Mannschaften aus Steiermark und Kärnten, zu denen später auch Slowenen
kamen. Aus ihm wurden die weiteren Ergänzungen für die Ldst.Baone Nr. 152
(damals Tolmein), Nr. 155 (bei Monfalcone) und Nr. 30 (in Görz) bestritten.
Anfangs 1915 umgruppiert, erhielt es endgültig die Nummer 156, mußte
aber seine 1. Komp, unter Oblt. M i ch o r für das ebenfalls neu aufzustellende
Ldst.Baon 157 abgeben, was dazu führte, daß es unter dem damaligen Kmdt.,
Mjr. S z I a v i k, bei Kriegsbeginn mit Italien nur aus 3 Inf.-Kompn. (Hptm.
Lazarus. Oblt. Dr. Vapotitsch und Oblt. Fiala), der M.G.A. (Oblt.
Trümmer) und der Tel.Abt. (Oblt. Petz) bestand. In Görz nahm es mit
den beiden Ldst.Baonen 30 und 157 unter der Leitung des Abfchnittskmdtn.
Obstl. Brückner an der Ausgestaltung des Görzer Brückenkopfes regen An-
teil. Bei Tag in fortgesetztem Arbeitsdienst, mußten des Nachts die ausgehobe-
nen Stellungen durch Wachen gesichert werden. Auch trugen die oftmaligen
Alarmbereitschaften dazu bei, dem Landsturm die Ruhepausen zu nehmen.
Unser Baon war am 19. Mai zum erstenmal auf der Podgora in Stellung,
wo man ihm mit seinen 450 Feuergewehren und zwei alten Uchatiuskanonen
einen Abschnitt von etwa 3 Kilometer zugewiesen hatte. Am Tag der ital.
Kriegserklärung waren vor seinen Stellungen erst zwei Drahthindernisse ge-
zogen. Vorsichtig tasteten die ersten Patrouillen der am 24. Mai in Capriva
einmarschierten Italiener noch abends bis an die Drahthindernisse vor, was
zu lebhaften Schießereien führte, die unserem Baon den ersten Toten kosteten.
Die noch in derselben Nacht im Raume Görz eingelangten Verstärkungen
vom serbischen Kriegsschauplatz (5. und 6. GBrig.) übernahmen nun die Ver-
teidigung des im Bau befindlichen Brückenkopfes. Das Ldst.Baon 156 wurde
vom dalmatinischen L.J.R. 23 abgelöst und in das Reserve-Verhältnis aus den
Mte. Santo verlegt, wo es an der Räumung des Klosters (Oblt. W e i x l e r
mit zwei Zügen der 1. Komp.) und beim Hinauftransport von Geschützen mit-
wirkte. Später wurde es auf das Plateau von Bainfizza bei Morsko und Auzza
und hieraus in den Raum Selo—Cernizza zur Umgruppierung und Ergänzung
verlegt. Hier erhielt es auch einen Train. Die 3. Komp. (Oblt. Dr. Tot h) des
Ldst.I.Baon 157 und Offiziere desselben wurden dem Baone 156 zugeteilt.
Die 2. Komp, übernahm Oblt. Baumgartner, die Adjutantur Oblt. G r u-
b i t s ch. Für die Baone 30 (Hptm. F r o h m), 157 (Hptm. U n g e r) und 156
(Mjr. S z l a v i k) wurde am 6. Juni der Rgts.-Berband unter dem Kmdo. des
Obstl. Brückner geschaffen.
Der Monat Juni war ausschließlich der Gefechtsausbildung im Raume
Wippach- und Ballone-Tal gewidmet. Am 30. Juni gelangte das Baon bereits
in eine Reserve-Stellung am Südhang des Mte. San Michele. Am frühen Mor-
gen des 1. Juli nach San Martina del Carso vorverlegt, hatte es abends das
Baon I.R. 28 abzulösen und beiderseits der Straße östl. Sdraussina in Stellung
zu gehen. Schon in der Nacht zum 2. Juli begannen Plänkeleien. Es waren die
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Vorboten der 1. Isonzoschlacht. Am 3. Juli, 7 Uhr, wurde das Vorrücken ital.
Inf. gemeldet. Bald darauf begann auch die ital. Art. mit einer wütenden
Beschießung der Stellungen, die 7 Tote und 20 Verwundete forderte. Zur Ver-
hütung weiterer Verluste wurden nachmittags die Kompn. bis auf die Beob-
achter in die Tagesstellungen hangaufwärts zurückgezogen. Am 4. Juli wieder-
holte der Feind feine von schwerer Art. unterstützten Angriffe und es gelang
ihm, in die Schützengräben der benachbarten Komp. I.R. 97 und der 2./Ldst. 156
einzubrechen. Erst in der Nacht zum 5. Juli konnten die verlorenen Stellungen
durch einen Gegenangriff des Ldst.Baon 30 zurückerobert werden. Bei den fol-
genden Angriffen der Italiener zählten wir viele Gefallene, darunter auch den
Fhr. Leutgeb. In diesem aufreibenden, neroenzerrüttenden Stellungskampf
in der sengenden Iulisonne hatte das Baon im Verbände mit 30 und 157 bis
zum 12. Juli durchgehalten. Seine Leistungen waren vom Abfchnittskmdtn.
Obstl. Brückner so hoch eingeschätzt worden, daß er es als „Heldenbaon"
bezeichnete, das man würdig an die Seite aktiver Truppenkörper stellen könne.
In der Nacht zum 13. Juli wurde das Baon durch Teile des Honvsd-J.R. 3
abgelöst und sodann mit Ldst. 167 und 30 in den Raum um LukeZici südl. von
Ranziano verlegt. Mjr. S z l a v i k ging krank ab, Hptm. Goethe vom Ldst.
157 übernahm am 18. Juli vom Hptm. Dörflinger das Baonskmdo. Nur
5 Tage hatte die Erholung des Baons gedauert, dann stand es schon wieder
im Vereine mit dem Ldst. 157 und dem Ma.Baon L.I.R 26 (Hptm. Hermann)
— dieses für das nach Nabrefina abgegangene Ldst.Baon 30 — in Marschbereit-
schaft, um in den Raum Oppacchiasella abzugehen. Am 19. Juli um 11 Uhr 30
marschierte es über Novelo—Kostanjevica nach Lokvica, wo es während der
Menage um Mitternacht alarmiert wurde, um sofort über Devetaki nach Mar-
cotini den Marsch fortzusetzen. Hier erreichte das Rgt. nachfolgender Ablösungs-
befehl des eigenen Dionskmdos: Die Truppen der 93. I.T.D. werden heute
Nacht die Honvsdtruppen (H.J.B. 17 und 41) und das I.R. 46 im Abschnitte
Straße Sdraussina—San Martina (exkl.) bis Karrenweg nach Palazzo westl.
Kote 111 (inkl.) ablösen. — Obst. v. Pacor und die im Abschnitt befindlichen
Truppen der I.R. 61 und 76 sind mir unterstellt.------Abschnittseinteilung: Ab-
schnitt I (Obst. Bidale) mit Ma.Baon L.I.R. 26, Ldst.Baone 156 und 157 von
Straße Sdraussina nach San Martina exkl. bis 600—700 Schritte südl. von
Kote 197; Abschnitt II (Obst. v. Pacor) links anschließend bis inkl. Karren-
weg nördl. Palazzo—westl. Kote 111 zerfällt in zwei Subabschnitte, und zwar
anschließend an Abschnitt I bis inkl. Ruine 143 Obstl. T e n s mit 3 Kompn.
I.R. 61 und Ma.Baon 47, links anschließend Obstl. Brückner mit 3 Kompn.
I.R. 61, Ma.Baon 28, Ma.Baon L.I.R. 27 und Baon 97. Abschnittsreserve:
I.B. 76 und Ma.Komp. I.R. 27 bei Kote 111.------------Brig.-Kmdo. in Marco-
tini.-----Verbindungen: Die im Abschnitt bestehenden Verbindungen werden
übernommen. Material ersetzen!------Mun.-Fassungsstelle für Inf.: Gabrije-Grn
240
Die Helden der „Goldenen" des Sch.Rgts 3.
Die Bilder von Zgsf. Leo Andexa, Fhr. Rudolf Perneg, Korp. Franz Leszyk, Korp. Va-
lentin Taus und Fhr. Ferdinand Wagner waren unaufdringlich.
und westl. Devetaki.------Je eine halbe Dion.San.Anstalt in Mnzintini und
PaljkiLöe, 185. Brig.San.Anstalt in Lokviea. -----Verpflegung: Prov.Wagen
fassen morgen in Biglia (5/20 Staffel), Wein kann bei der Mühle Rupa
gefaßt werden.------Wasserversorgung: Außer dem baonsweisen Zuschub von
Wasser gelegentlich der Menage durch 7 Wasserwagen, die täglich gefüllt zu
den Stellungen gelangen; Abschnitt Obst. Bidale 3 Wagen, Abschnitt Obst,
o. Paeor 4 Wagen. Die Fässer werden möglichst nahe den Stellungen abge-
laden, dienen zur direkten Wasserentnahme durch die Truppen und werden
nachts ersetzt.-----93. I.T.D.-Kmdo. ab heute in Lokviea.--------Die Baons-
Kmötn. haben sich abends in ihren Abschnitten zu orientieren. Die Ablösung
erfolgt nach mündl. Weisungen durch die Abschnitts-Kmütn.
Das ganze Plateau von Doberdo stand seit 19. Juli wieder unter heftigstem
ital. Art.-Feuer, das nun im eigenen Abschnitte fast bis Mareotini heranreichte.
Um Mitternacht zum 20. Juli rückten die Baone nach San Martina vor,
wo Ldst. 156 eine Stellung nächst dem Orte und Ldst. 167 nächst dem Wald,
Kote 197, als Reserve für einen geplanten Angriff, der die Vertreibung der
Italiener aus ihren Stellungen nächst des Mte. San Michele und vom linken
Isonzoufer bezweckte» einnahm. Die Unmöglichkeit, die bisherigen Höhenstellun-
gen in dem stets schweren ital. Art.-Feuer weiter zu halten, veranlaßte das
Korpskmdo., die eigenen Stellungen wieder bis an den Jsonzo hinunter vor-
zuverlegen, um der Steinsplitterwirkung zu entgehen. Am frühen Morgen des
21. Juli bezog das Ldst.Baon 156 im heftigsten Art.- und Inf.-Feuer den ihm
bereits aus der ersten Isonzofchlacht bekannten Raum beiderseits der Straße
gegen Sdrausiina und gegen Kote 197 im Anschluß an den südl. gelegenen
Abschnitt Hptm. Unger (halbes Baon I.R. 70 und Ldst. 157). Nachts traf dann
noch die ergänzte Angriffsdisposition für den 22. Juli, der für das Ldst.Baon 156
zum Schicksalstage werden sollte, ein, nach welchem rm eigenen Abschnitt der
bereits seit 20. Juli angesetzte Angriff für den 22. Juli um 3 Uhr (Art.), bezw.
3 Uhr 30 (Inf.), anbefohlen wurde. Die Truppen sollten bis über die Eisenbahn
vorgehen und die Italiener aus ihren Stellungen am linken Isonzoufer über
den Jsonzo zurückwerfen. Pioniere wurden überall bereitgestellt, um in die
eigenen Drahtverhaue Löcher zu schneiden. Pünktlich setzte der eigene Art.-
Feuerüberfall ein, planmäßig krochen die einzelnen Plänkler durch die Draht-
löcher und verdichteten sich vor denselben zu langen, sprungbereiten Schwarm-
linien. Aber bevor noch mit dem geplanten Jnf.-Angriff begonnen werden
konnte, trommelte der Feind mit seiner schwersten Art. so aus unsere Stellun-
gen, daß das Vorbrechen unserer Kompn. infolge der eintretenden Verluste ins
Stocken geriet und nur mehr Teile vorwärtskamen. Auch diese stießen nach
einigen 100 Schritten unvermutet auf die ital. Stellungen im vorne liegenden
Wäldchen. Nach einem kurzen Gefecht kam es zum Handgemenge, das von
beiden Teilen schwere Opfer forderte. Stbsfdlw. E r l b a ch e r, die Situation
16
241
richtig und schnell erfassend, rannte trotz einiger Hiebe, die er in dem Ringen
erhalten hatte, eilends zurück, um die eigene Komp.-Reserve und einen Zug
des Nachbarhalbbaons I.R. 70 zur Unterstützung zu holen. Mit diesen Ver-
stärkungen gelang es ihm, die Italiener wieder in ihre Stellungen zurückzu-
werfen. Alle Tapferkeit der Gruppe Erlbacher und der nach vorne gekom-
menen Gruppe Hptm. Dörflinger war vergebens, denn sowohl das ital. Inf.-
Nahfeuer als auch dessen Art.-Sperrfeuer und das andauernde schwerste Granat-
seuer ließen ein Verbleiben am Vorderhang ganz zwecklos erscheinen. Die
Gruppe Hptm. Dörflinger ging unter empfindlichen Verlusten sofort, die des
Stbsfldw. Erlbacher erst nach dem Nachlassen des Sperrfeuers in die ursprüng-
lichen Höhenstellungen zurück. Der Kampfplatz bot ein Bild des Grauens, denn
der Tod hatte schrecklich gewütet. Die Hälfte der Offiziere und der Mannschaft
lag teils tot, teils verwundet hinter den Steinen.
Von den überlebenden fei besonders der schon erwähnte Stbsfldw. Dominik
Erlbacher (ein Brücker) hervorgehoben, der, nachdem seine Offiziere ver-
wundet waren, das Komp.-Kmdo. ergriff und sich hervorragend tapfer erwies.
Die „Goldene" war hiefür die Anerkennung. Das damalige Armeekmdo. ehrte
ihn auch dadurch, daß sein Bild der „Ehrengalerie tapferer Kämpfer von Do-
berdo" eingereiht wurde.
Am 23. Juli wurde das Baon wegen der erlittenen großen Verluste durch
das I.R. 7 abgelöst und es bezog in ,Pri Ltanti flldl. Merna Quartier. Von
hier nach Cerovlje verlegt, wurde es vorübergehend nochmals westl. Selo, Kote
235, als Kampfreserve eingesetzt. Bei seiner Ablösung aus der San Martina—
San Michele-Stellung erließ sein früherer Divisionär, GM. v. B o o g, noch
nachfolgenden Tagesbefehl:
„Die Ldst.Baone 156 und 157 (das Ldst.Baon 30 wurde schon am 14. 7. abberufen)
scheiden aus dem Verbände der 93. 3.T.D., nachdem sie seit Anbeginn dieses Krieges
treue Wacht am äsonzo gehalten, sich in allen Kämpfen ausgezeichnet und Heldenmut
an den Tag gelegt haben. 3ch sende Offz. und Mannschaft herzlichen Soldatengruß, spreche
ihnen im Namen des allerhöchsten Dienstes meine aufrichtigste und bewundernde Aner-
kennung aus und wünsche ihnen Soldatenglück für die Zukunft."
Vom 1. bis 17. August fand das Baon noch in verschiedenen Reservestellun-
gen im Raume der Hermada und Medeazza Verwendung, bis es am 17. August
nach kurzer, ruhmvoller Tätigkeit aufgelöst und mit dem größeren Teil seiner
Offiziere und Mannschaft aus das Ldst.Baon 30, mit dem Reste auf die Baone
152 und 157 aufgeteilt wurde. In. diesen neuen Baonsverbänden nahmen die
ehem. 156er sowohl an den weiteren Kämpfen auf Doberdo, als auch später
an der Kärntner- und Tiroler-Front Anteil und verblieben bei ihnen, bis auch
sie in die Heeresregimenter I.R. 17 und I.R. 117 zur Aufteilung, bezw. Ein-
gliederung, gelangten. Viele Offiziere wurden ausgezeichnet. An Mannschafts-
auszeichnungen wurden 1 „Goldene", 22 „Große Silberne", 39 „Kleine Silberne'"
und 32 „Bronzene" verliehen.
242
7. Das Landsturm-Jnf.Baon Nr. 157
in der 1. und 2. Isonzoschlacht 1915.*)
(Hiezu Spezialkarte Görz und Gradisca 1:75.000 und Beilage 38, erster Band.)
Am 28. April 1915 gleichzeitig mit Ldst.Baon 156 in Görz aufgestellt und
am Beginn der ital. Operationen vorerst im Raume Lucinico—Calcano und
später am Jsonzo-Ostuser im Raume Zagorje—Kuk, Kote 611, verwendet, ge-
langte das Ldst.Inf.Baon 157 nach Ablösung durch das L.I.R. 37 am 30. Mar
in den Raum von Cernizza, wo es nach Abgabe aller minder- und felddienst-
untauglichen Mannschaften neu ergänzt und ausgerüstet wurde. Die 3. Komp.
(Oblt. Dr. T o t h) mußte dem Ldst.I.B. 156 abgegeben werden. Bei der Aufstellung
in Görz waren folgende Offiziere eingeteilt: Baonskmdt. Mjr. Franz Tischer
(K.Sch.R. III), Adj. Oblt. Ferch, Prov.Offz. Lt. Konrad; bei den 4 Ins.-
Kompn. Hptm. Goethe, die Oblt. Eger, Dr. Feuerlöscher (späterer
Trainkmdt.), Guttay, Kainradl und Dr. Toth, die Lt. Fischer, Gru-
bitsch (Pion.Offz.), Hartmann, Klamer, Krepela, Fhr. Kuntava
und G u tz m a ck, ferner Oblt. M i ch o r mit der vollständigen 1. Komp, des
Ldst. 156 und Fhr. Hofmann mit der aktiven M.G.A. 15 des L.I.R. 5 in
Pola. Dazu kamen noch im Laufe der Zeit: Oblt. S a nd i s ch, die Lt. S chw e i n-
bach, Schreiber, Skafa, die Kdtn. Drucic, Bratnj, Thomaffer
und Moö sowie Rgts.-Arzt Dr. Hammer.
In Cernizza erfolgte nebst dem weiteren Ausbau des Baonsstabes (Tel.Offz.
Lt. H a r t m a n n) noch die Ausstellung des Rgts.-Berbandes (156, 157 und 30)
unter dem Kmdo. des Obstl. Brückner. Am 14. Juni nach LukeeiLi verlegt,
wurde es am 16. Juni vom damaligen Thronfolger Erzherzog Karl inspiziert,
der sich in Gegenwart des Divisionärs GM. v. Boog und Brigadiers Obst.
Bidale Uber das Baon sehr lobend aussprach. Bon Lukeeiei gelangte das Rgt.
und mit ihm auch unser Baon vorerst als Gruppenreserve in den Gefechtsab-
schnitt der 57. J.T.D. nach Oppacchiasella. Alltäglich bedachten ital. Flieger
die Kantomerungsstationen des Rgts. mit Bomben. Vom 23. Juni an nahm das
ital. schwere Art.- und das MG.-Feuer im Abschnitt Kote 92—Ruine 143—Wald
197—Straße Sdraussina zu. Am Abend dieses Tages war allgemeine Marsch-
bereitschaft. Für den erkrankt abgegangenen Baonskmdtn. Mjr. Tischer
hatte Hptm. Richard U n g e r des L.I.R. 3 am 26. Juni das Baonskmdo. über-
nommen. Weitere Gefechtsmärsche, oft in Wolkenbrüchen, brachten das Rgt.
am 30. Juni in den Raum von Cotioi, wo der Ldst. 157 westl. dieses Ortes, 156
aber eine vorgeschobene Reserve-Stellung südl. der Kirche 197 von San Mar-
tina zu beziehen hatten, um im Vereine mit dem bereits dort befindlichen
Baon J.R. 47 und 1 Ig.Komp. allfällige Durchbruchsversuche zurückzuweisen.
Noch in der Nacht wurde Ldst. 157 und mit ihm das Rgts.-Kmdo. nach San
Martina verlegt. Alarmierende Meldungen aus den vordersten Stellungen über
Ein- und Durchbrüche des Gegners veranlaßten das Rgts.-Kmdo. wiederholt
zum schnellen Einsatz ganzer Teile des Baons 157, der sich aber oft als unnötig
erwies, da er durch falsche Meldungen veranlaßt worden war. So wurde 157
bald um Wald 197, bald bei der Ruine 143 und öfter auch in der Richtung
Polazzo eingesetzt. Dadurch kam das Baon tagelang nicht zur Ruhe.
Die Befehle der 93. I.T.D. ließen erkennen, daß es bei einem Gelände-
verluste um die Ruinenhöhe 143 und im südl. anschließenden Gefechtsabschnitte
zu ernsten Kämpfen kommen könnte. So mußte das Baon in der Nacht vom
3. auf den 4. Juli aus seiner Reserve-Stellung westl. Kote 111, wo es schon
tagsüber im schwersten Art.-Feuer stand, abermals in der vordersten Stellung
östl. Polazzo eingesetzt werden, überaus lebhafte Kampftätigkeit der ital. Grup-
pen, schwerstes Art.-Feuer auf unseren Frontraum und überstürzte Meldungen
der eigenen Beobachtungs-Patrouillen beanspruchten die Befehlsapparate im
höchsten Maße. Oblt. Mi hör, Kmdt. der 1. Komp., meldete, daß der eigene
linke Flügel fluchtartig zurückgehe und daß er gleichzeitig zum Gegenangriff
ansetze, um die weichenden Truppen aufzunehmen und die einbrechenden Italie-
ner abzuriegeln: dort soll wieder Hptm. Unger mit Teilen von 157 sofort
den Flügel der 76er verlängern und verstärken. Auf eine weitere Meldung
des Abschnittskmdtn. Mjr. Heller, daß auch fein linker Flügel eingedrückt
wurde und die Italiener in die Schützengräben eingedrungen feien, wird wieder
Ldst. 157 und zwar mit den letzten zwei Zügen und der M.G.A. zum sofortigen
Gegenangriff besohlen. Kaum zur Durchführung angesetzt, wird der Befehl
durch Mjr. Heller widerrufen, da zwei Regimenter mit dieser Aufgabe betraut
wurden. Dem ersten Gegenangrifssbefehl, der um 2 Uhr 26 gegeben wurde,
folgte, da eine ital. Komp, gegen die eigene 10./I.R. 76 vorging, um 5 Uhr 10
schon wieder ein neuer Angriffsbefehl, wonach Hptm. U n g e r mit zwei eigenen
Kompn. und M.G.A. sofort vorzugehen habe. Uber dieses Gefecht berichtet das
Baonstagebuch folgendes:
„Am 4. Juli um 11 Uhr 45 ging die 4. Komp. (Oblt. Ländisch), die bis
zu diesem Zeitpunkt als Reserve hinter dem linken Flügel der Jg.Komp. 7
des Abschnittes Mjr. Heller stand, zum Angriff gegen die Ruinenhöhe vor,
da sich der Feind dort einzunisten begann. Er wich zurück und die Komp,
besetzte die Verteidigungsstellung. Die heftige Wirkung der fül. schweren Art.
zwang sie jedoch, sich um 16 Uhr 30 wieder zurückzuziehen. Um 17 Uhr erhielt
das Baon 167 (1., 2. und M.G.A.) den Befehl zu neuerlichem Gegenangriff, da
der Feind an gefährlichen Punkten in die Stellung eingedrungen fei. Man
schritt sofort zur Durchführung des Befehls mit der Direktion über den linken
Flügel der Komp. 10/76. Am halben Hang wurde die Komp. Ländisch aus-
genommen. Der Angriff gelang, besonders durch die flankierende Unterstützung
der eigenen M.G.A., die den Gegner zwang, die Stellung fluchtartig zu räumen.
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Um 20 Uhr waren die Schützengräben wieder unser, worauf die Verbindung
mit der Nachbargruppe (GM. Lukasich), links vom Abschnitt Heller, her-
gestellt wurde. Die Mannschaft hatte sich im Gefechte vorzüglich gehalten. Der
Gegner erlitt große Verluste."
Der 5. Juli brachte um 14 Uhr wieder einen sdl. Einbruch bei der 2. und
4. Komp., da sich die Leute infolge des andauernd schweren Art.-Feuers in ihre
Unterstände zurückziehen mußten. Hptm. Unger warf mit den Seinen den
Feind wieder hinaus. Dieses Hin und Her wiederholte sich noch zweimal, bis
um 19 Uhr die zerschossenen Schützendeckungen endgültig in unseren Händen
waren. Vorgesandte Patrouillen brachten von den gefallenen Italienern Kap-
pen- und Rgts.-Abzeichen der Rgter 47, 51, 32 und 31. Um 21 Uhr erhielt das
Baon den Befehl des Abschnittskmdtn., nach Eintreffen der beiden Honvedbaone
Mjr. Reiko und Hptm. Györ Biro aus dem Mschnitte auszuscheiden und
nach Cotiei abzurücken. Um 24 Uhr trat es den Rückmarsch dahin an, wo
es vom Brigadier Obst. Vidale mit besonderer Anerkennung für seine Lei-
stungen empfangen wurde. Es sei noch darauf hingewiesen, daß das Baon
dreierlei Bewaffnung aufwies: das österr., ruft. und mex. Inf.-Gewehr, jedes
mit anderer Munition.
An Verlusten hatte das Baon zu verzeichnen: Lt. Schreiber und 13
Mann gefallen, 6 Offiziere und 144 Mann verwundet und 43 Mann vermißt.
Zahlreiche Belohnungsanträge bezeugen das tapfere Verhalten dieses Baons,
denn es wurden für Auszeichnungen 11 Offiziere und 48 Mann eingegeben.
Stbsfldw. Karl S f i l i g o i ward für die „Goldene" vorgeschlagen.
Ein weiteres Marschaviso beorderte die 93. J.T.D. (58. und 185. Ldst.Brig.)
in den Raum Martinuci—Ranziano; Ldst. 157 nach LukeLici. Während der
hier stattfindenden Retablierung verabschiedete sich GM. Boog mit warmer
Anerkennung für die Leistungen der Ldst.Baone 157, 156 und 30. Sie sollten
nun einer leichteren Aufgabe zugeführt werden. Nach der Auflösung des Rgts.-
Verbandes sollten sie in den Raum Nabresina zur 94. J.T.D. verlegt werden.
Während Löst. 30 schon am 14. Juli dahin abging, wurden die Baone 156 und
157 infolge geänderter Frontlage anderen Aufgaben zugeführt.
Am 19. Juli befand sich die Brig. (Obst. Vidale) neuerdings in Marsch-
bereitschaft. An Stelle des abgegangenen Löst. 30 trat das IX. Ma.Baon des
L.I.R. 26 (Hptm. Hermann). Die Brig. hatte sofort in den Raum Oppacchia-
sella—Lokvica abzugehen. In Lokviea um 23 Uhr alarmiert, marschierte das
Rgt. Brückner sofort über Devetaki nach San Martina, um im alten Ab-
schnitte des Obstl. M ö st l wieder eingesetzt zu werden.
Die Ereignisse vom 18. bis zum 21. Juli beim Ldst. 157 und sein Eintreten
in die 2. Isonzoschlacht wurden bereits bei Löst. 156 angeführt.
Während man nun am 21. Juli Löst. 156 beiderseits der Straße Sdraustina
zum Angriffe einsetzte, hatte Ldst. 157 beiderseits der Wald-Kote 197 eine Aus-
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gangsstellung zu beziehen, um sich gegebenenfalls der Gruppe Obstl. L i p o s,
die den Gegner bis an den Isonzo zurückzuwerfen hatte, anzuschließen. Da
sich das fdl. Art.-Feuer tagsüber ungeheuer stark auswirkte, kam der eigene
Angriff im Raum Mte. San Michele nicht vorwärts, weshalb auch jener der
Südhanggruppe auf den Einbruch der Dunkelheit und das Nachlassen des fdl.
Art.-Feuers verschoben werden mußte.
Ein am 22. Juli für 3 Uhr anbefohlener Angriff aller Gefechtsgruppen
wurde programmgemäß angesetzt. Schwerstes Art.-Feuer aller Kaliber lag auf
dem Baonsabschnitt. Die Kompn. Lt. B u i s c a k und Lt. G u ß m a ck drangen
im Sturm über Kote 197 vor, während die Komp. B r a t n y und die M.G.A.
am Waldrand 197 eine Ausnahmestellung zu beziehen hatten, um bei einem
Zurückdrängen der eigenen Truppen einzugreifen. Der Kampf tobte den ganzen
Tag über ohne Unterbrechung und stellte an unseren Landsturm, besonders an
den Befehls-, Beobachtungs- und Verbindungsapparat große Anforderungen.
Dazu kam noch, daß vormittags die beiden MG. unbrauchbar wurden. Am
Höhenabschnitt Mte. San Michele blieb der Italiener nicht nur fest, sondern
verstärkte sich sogar, so daß er den ganzen südl. Sattelabschnitt, Straße
Sdraussina—Kote 197, wo Ldst. 156, die 6. Komp. I.R. 70 und Ldst. 157
eingesetzt waren, flankieren konnte. Das war auch der Grund, warum Hptm.
U n g e r zurückblieb. Erst bei Einbruch der Dunkelheit konnten die Kmdo.-
Verhältnisse geregelt und die Verbände geordnet werden. Honved 4 und 17
kamen ins Reserve-Verhältnis bei 197. Nebst allen Komp.-Kmütn. verdient der
Fldw. V r h o v n i k besonders hervorgehoben zu werden, der sich als Zugs-
Kmdt. der abgetrennten 4. Komp, im Gefechte durch tapferes und umsichtiges
Verhalten besonders hervorgetan und an den Baonskmdtn. zahlreiche wichtige
Situationsmeldungen abgesendet hatte. Die Nacht vom 22. auf den 23. Juli
verbrachte das Baon und mit ihm 6./70 und Ldst. 156 in der geschlossenen
Schwarmlinie. Das nach Mitternacht einsetzende schwere fdl. Art.-Feuer machte
die Menagezubringung für diese Nacht unmöglich. Zwei schwache Jnf.-Angriffe
wurden abgewiesen. San Martina siel den ital. 28er-Granaten zum Opfer.
Tags darauf wurden Ldst. 157 und 156 abgelöst. Mit Einbruch der Dunkel-
heit marschierte Ldst. 157 nach Marcotini zur Sammelstation, hierauf über
Gabrije—Rupa nach Pri Ztanti, wo es am 24. Juli um 16 Uhr eintraf und
ein Freilager bezog. Der 25. Juli sollte ein Ruhetag sein, doch war an eine
Erholung und an die Instandsetzung des Materiales nicht zu denken, da die
Zusammenstellung der Verlustlisten viel Zeit beanspruchte und das Baon um
17 Uhr zum Weitermarsch antreten mußte.
Der bisherige Baonskmdt. Hptm. Unger, Adj. Oblt. Ferch und der
Tel.Offz. Lt. Hartmann gingen krankheitshalber vom Baon ab und es
übernahm Mjr. v. H ö f e r am 26. Juli das Kmdo. und Lt. Fischer die
Adjutantur.
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Die Verluste des Baons in den Kämpfen im Raume um Waldparzelle und
Kote 197 in der 2. Isonzoschlacht betrugen 11 Tote, 61 Verwundete und 11
Vermißte. Auch nach der 2. Isonzoschlacht verblieb Söst. 157 auf Doberdo, und
zwar im Verbände mit anderen Ldst.I.Baonen in der 187. Sdst.Inf.Brig., der
sogenannten „Eisernen Brigade" der 5. Armee, bis es Ende Juli 1916 an die
Kärntner Front verlegt wurde.
Ein Zeugnis für das tapfere Verhalten dieser Baone, zu denen nebst
Löst. 30, 152, unter anderem auch Löst. 157 gehörte, ist der nachstehende Armee-
befehl des GO. B o r o e v i c, Kmdtn. der 5. Armee.
Armeebefehl vom 23. 3uli 1916:
Die 187. Ldst.3nf.Brig. verläßt nach mehr als einem 3ahr heldenmütigster, siegreicher
Kämpfe den Verband der 5. Armee. Als Grundpfeiler meiner Truppen, der als einer der
ersten berufen war, den heranbrandenden Massen des Feindes dort, wo ich es befahl. Halt
zu gebieten, haben sich diese braven Truppen in einer Weise tapfer und ruhmvoll ge-
schlagen, daß ich sie meinen tüchtigsten Heerestruppen gleichstellen und ihnen die schwer-
sten und verantwortungsvollsten Aufgaben anvertrauen konnte. 3hr habt dieses Ver-
trauen nicht nur gerechtfertigt, ihr habt in ehernem Ausharren und schneidigsten An-
griffen meine Erwartungen noch übertroffen. 3eder von euch, der dieser Heldenbrigade
angehört, kann stolz sein auf die Kampfzeit in der 3sonzoarmee, ebenso wie ich stolz bin,
daß ihr unter meinem Befehle gestanden seid. 3hr werdet auch in Zukunft dem welschen
Feinde mutig ins Auge sehen, euch neue Lorbeeren erwerben. Das aber, was ihr hier
auf der Hochfläche von Doberdo geleistet habt, um die schöne Stadt Triest dem Vater-
lande zu erhalten, wird fortleben im dankbaren Gedenken. Bei eurem Scheiden aus dem
Armeeverbande begleite euch mein besonderer Dank und der Wunsch, es mögen euch auch
in den Kämpfen an neuer Stätte gleiche Erfolge beschieden sein. Gott mit euch!
B o r o e v i c> m. p., G.O.
8. Das Landfturm-Jnf.Baon Nr. 30.*)
(Hiezu Spezialkarte Görz und Gradisca 1:75.000 und Beilage 38, erster Band.)
Das Ldst.I.Baon 30, aus ausgedienten Sandstürmern in Görz aufgestellt,
bestand vornehmlich aus Steirern deutscher und slowenischer Nationalität. Unter
dem Baonskmdtn. Hptm. F r o h m wurden in Görz nebst der normalen Aus-
bildung auch im Raume der Planina und Korada, der ursprünglich gedachten
Verteidigungslinie, zahlreiche Patrouillenübungen und Wegrekognoszierungen
durchgeführt. Ende April 1915 kam Sdst. 30 in den Raum Plaoa—Canale, teils
um am dortigen Stellungsbau Verwendung zu finden, teils aber auch, um
durch seine wiederholten Verschiebungen zwischen diesen beiden Orten den
Italienern den Anmarsch neuer österr. Truppen vorzutäuschen.
Die Kriegserklärung Italiens traf das Baon in Plava am 23. Mai abends.
Nach dem Abblasen der Retraite wurde sofort der etwa 3 Kilometer lange
*) Löst. 3. Baon Nr. 30 gehörte dem Ldst.Bez. Pisino Nr. 5 an, wurde aber nach
Ausscheidung ital. Kontingente ausschließlich durch Steirer ergänzt.
Bearbeitet im Museumarchiv A.3.R. 9 auf Grund von Berichten der Baonsange-
hörigen Hptm. Petz, Oblt. Fritz und Luckmann.
247
Baonsäbschnitt bezogen. Mit Ausnahme von Fliegerangriffen wurden die
Arbeiten am Stellungsbau nicht gestört. Obwohl man schon am 25. Mai bedeu-
tenden Gefechtslärm aus der Podgora-Richtung vernahm, fühlte die ital. Inf.
doch erst am 28. bis zum Isonzo vor, dessen Brücken bei Canale von uns noch
rechtzeitig gesprengt werden konnten. Auch unsere einzige Bt. des Abschnittes
Canale mußte durch oftmaligen Stellungswechsel art. Verstärkungen vortäuschen.
Am 29. Mai mußten wir unsere Arbeiten einstellen. Nach dem Anrollen der ersten
Verstärkungen am 30. Mai wurden wir durch die 6. GBrig. abgelöst, worauf
wir über Vrh—Gargaro—Schönpaß—Cernizza in strömendem Regen am 1. Juni
nach GojaLe marschierten. Hier erfolgte ein Austausch mindertauglicher Offiziere
und Mannschaften gegen jüngere Leute verschiedener Nationen. Auch Oblt.
Sprang er, ein gebürtiger Radkersburger, war wegen seines Alters hierzu
ausersehen, doch er lehnte es ab, den Kampfplatz zu verlassen. Er fand in der
1. Isonzoschlacht bei Sdraussina den Heldentod.
Im Rgts.-Verbande mit 156 und 157 unter dem Kmdo. des Obstl. Brück-
ner wurden die folgenden Tage zu Felddienstübungen im Raume Richtung
Gradiscutta—Ranziano—Fajti hrib—Kostanjevica—Oppacchiasella ausgenützt.
Ital. Caproni-Apparate umkreisten täglich unsere Kantonierungsorte und be-
dachten sie mit Bomben. Am 1. Juli abends wurden wir nach CotiÄ am Osthang
des Mte. San Michele verlegt und nahmen fast 2 Jahre an der heldenhaften
Verteidigung des Doberdo Anteil.
a) In der 1. Isonzoschlacht.
Am 2. Juli trat Ldst. 30 (Kmdt. Hptm. Lazarus) in die nun beginnende
1. Isonzoschlacht ein. Abends bezog es in San Martina Freilager bis auf die
1. Komp. (Oblt. Kuhn), die sofort am rechten Flügel des Löst. 156 eingesetzt
wurde. Die 2. und 3. Komp, wurden tags daraus in eine Mulde hinter Abschnitt
Ldst. 156 vorverlegt. Das auf den Sdrauffina-Abschnitt konzentrierte Art.-, Jns-
unü MG.-Feuer nahm bis zum Vormittag des 4. Juli an Heftigkeit zu. Gegen
10 Uhr ließ die Beschießung nach und kurz darauf brachen mächtige ital. Inf.-
Wellen vor, um sich der zerschossenen Stellungen zu bemächtigen. Das tapfere
Verhalten zweier Offiziere der 1. Komp, des Ldst. 30 schildert ein Augenzeuge
aus dem unmittelbaren Nachbarabschnitte in folgender Weise: ,D>ie zusammen-
geschossene Stellung der 1. Komp., die nur mehr aus losen niederen Stein-
wällen bestand, wurde von vielfacher Übermacht genommen. Komp.-Kmdt. Oblt.
Kuhn und Lt. Dr. Kleinpeter stellten sich den zurückflutenden Plänklern
entgegen und rissen sie durch weithinschallendes .Vorwärts, vorwärts, Hurra!'
wieder nach vorne. Diese Ruse verstummten jedoch plötzlich------Oblt. Kuhn
und Lt. Dr. Kleinpeter und viele der tapferen Mitstürmer waren nicht mehr."
Kurz nachher gab Abschnittskmdt. Obstl. Brückner der 2. Komp. (Kmdt.
Oblt. Spränger) den Befehl, jenen nördl. Abschnittsteil vor ihm, den soge-
248
Ldst.3nf.Baon 29 in der Stellung Schluderbach—Mte. Lristallo. Winter 1916—17.
(3m Vordergrund eigene, im Hintergrund ital. Stellungen.)
nannten „Hexenkessel", den bisher die 1. Komp, und Teile des J.R. 97 ver-
teidigten, zu besetzen. Oblt. Spranger, im Glauben, es gelte eine vordere Stel-
lung zu verstärken, ging in Schwarmlinie vor, stieß aber plötzlich auf die mit
Leichen besäte Stellung und schon wurde auch er mit Ins.- und MG.-Feuer
aus nächster Nähe überfallen. Die Komp, hielt sich in dieser äußerst schweren
Lage mehrere Stunden lang, trotz der verheerenden Steinsplitterwirkung durch
fdl. MG.- und schwere Art.-Feuer. Das am Spätnachmittag einsetzende Ab-
bröckeln der Front vom rechten Flügel war, wie sich nachträglich herausstellte,
auf eine irrtümliche telephonische Verständigung zurückzuführen. Abends stan-
den die gesammelten Reste der 1. und 2. Komp, zu neuerlichem Angriff bereit.
Oblt. Spranger war bereits vormittags beim ersten Ansturm, von mehreren
MG.-Schüssen getroffen, vor seiner Komp, gefallen. Er wurde in San Martina
beerdigt. Ein besonders tapferes und besonnenes Verhalten in diesen Kämpfen
zeigten Lt. Luckmann und die Fähnriche Ferlic und Vizjak mit ihren
Leuten.
Zum richtigen Verständnis der damaligen Lage fei darauf hingewiesen, daß
die Italiener gerade diesen Geländeabschnitt ausersehen hatten, um nach San
Martina durchzustoßen. Die Vorbedingung hiefür war hier außerordentlich
günstig. Sie konnten unter dem Abhange längs der Eisenbahn und in dem gro-
ßen Ort Gradisca ungesehen und von unserer schwachen Art. mit vollkommen
ausgeschossenen Rohren unbelästigt ihre Truppen ansammeln und nach Bedarf
vorschieben. Gegenüber unserem Frontteil erhob sich in beiläufig 2500 Schritt
Entfernung der Mte. Fortin, der mit ital. Art. geradezu bespickt war. Auch
östl. und westl. davon und um Gradisca herum lagen zahlreiche Btn. und richte-
ten ihr vernichtendes Feuer auf uns.
Am Abend des 4. Juli mußte Ldft. 30 unter Hptm. Lazarus zur Zurück-
gewinnung der an diesem Tage verlorenen Stellungen zum Gegenangriff ein-
gesetzt werden. Die 3. Komp. (Oblt. Pichler), die 2. (Lt. Luckmann) und
die 1. (Oblt. Someren) krochen bis auf 70 Schritte vor. Alle wußten, daß
der Italiener in unseren verlorenen Stellungen 2 MG. eingebaut hatte. Kaum
angesetzt, erhielt Oblt. Pichler einen Kopfschuß, sein Zugskmdt. Oblt. Grünn
stürzte und verletzte sich schwer. Die 3. Komp, blieb vor den fdl. MG. im schweren
Art.-Feuer liegen. Der schneidige Kmdt., Lt. Luckmann, brachte die 2. Komp,
zum Stürmen über das mit Leichen besäte Vorfeld. Auf das Brüllen der Leute
flüchteten die Italiener über den steilen Hang zurück. Die Stellung war wieder
in unserem Besitz. Nun ging die Hölle los. Fdl. Granaten, von Schrapnells
begleitet, gingen Lage auf Lage auf uns nieder, feiten trat nur eine nach
Minuten zählende Pause ein. Die MG. feuerten unausgesetzt in unsere Flanke;
jedes Erheben aus der Deckung bedeutete den sicheren Tod. Ringsherum er-
füllte die Luft Leichengeruch, denn gleich nebenan war ein großes, noch unbe-
decktes Massengrab. Herzzerreißend waren die Hilferufe nach der Sanität;
249
doch Konnte diese wegen des schweren Art.-Feuers nicht eingreifen. Die schon
einen halben Tag oder noch länger hilflos gebliebenen Verwundeten riefen,
dem Verdursten nahe, nach Wasser. Viele starben in der glühenden Iulisonne.
Als Lt. Luckmann am 3. Kampftage dem Baonskmdtn. die Situation melden
wollte, kam er in eine lange Deckung, in der sich eine große Zahl Verwundeter
befand, die auf den Transport zum Verbandplatz in San Martina warteten.
Da sich am Südende derselben die Tel.Station und das Baonskmdo. befanden,
wurde der Beobachter des bei Gradisca hoch stehenden ital. Fesselballons auf
das Getriebe der Ordonnanzen aufmerksam und es schlug bald eine Lage Gra-
naten vor dem Südeingang des Grabens ein und wirbelte Trümmer der leeren
Wasserfässer der Hilfsstation in die Luft. Während Lt. Luckmann in die neben
befindliche Doline zum Baonskmdtn. sprang, saßen die nächsten Lagen schon
mitten im Graben und erschlugen alle Verwundeten. Ebenso bot die Doline ein
Bild des Jammers. Der verheerenden Granatenwirkung fiel hier tags zuvor Oblt.
Kuhn zum Opfer. Auf die Meldung einer Ordonnanz, daß vorne Unterstützung
notwendig sei, sendete Hptm. Lazarus einen Schwarm ab. Kaum passierte
dieser den Dolinenrand, kollerte ein Einjähriger über den Hang zurück und
riß sich mit irren, rollenden Augen Montur und Rucksack herab; er war wahn-
sinnig geworden. Bald daraus erhielt Lt. Luckmann eine Kopfverletzung.
Blutüberströmt kroch er zu seiner Komp, zurück, in der er als einziger Offizier
des Baons — der Baonsstab war mittlerweile nach San Martina zurückgegan-
gen — weiter verblieb.
Erst der 8. Juli brachte uns die Ablösung durch eine Honvedkomp. Wir
wankten gespenstergleich zurück und bildeten einstweilen die Reserve für
Ldst. 156. Kaum nach San Martina verlegt, erhielt Lt. Luckmann von Obstl.
Brückner den Befehl, mit freiwillig sich meldender Mannschaft den blutenden
Kameraden in der Front zu Hilfe zu eilen. Da jeder froh war, dieser Hölle
glücklich entronnen zu sein, konnte es nicht wundernehmen, daß sich niemand
meldete. Luckmann bildete daher aus seinen 28 Bosniaken, die in der Hand-
habung des Mexikaners noch wenig geübt waren, eine Wasser- und Munitions-
kolonne und ging mit dem Rest seiner Mannschaft in die Stellung zurück, wo
er abends wieder am linken Flügel des so heiß umstrittenen Abschnittes ein-
gesetzt wurde. Bis zur endgültigen Ablösung unseres Baons am 12. Juli durch
das Honvsd-J.R. 3 war der ursprüngliche Gefechtsstand von über 800 aus kaum
60 Mann zusammengeschmolzen. Wir marschierten noch in derselben Nacht über
Cotiei, Merna, Ranziano nach Mohorini, wo die Verbände wieder geordnet
wurden. Damit war Ldst. 30 aus dem früheren Rgts.-Verbande ausgeschieden
und nun dem Kmdo. des Vizeadmirals Koudelka im Küstenabschnitte unter-
stellt worden. Nach einigen Tagen der Ruhe ging das am 21. Juli alarmierte
Baon in den Raum Cerovlje nach KohisLe südl. der Hermada als Brig.-Reserve
ab. Als solche war sie bald im Freilager bei Medeazza, bald in Brestooica oder
250
Iamiano, stets bereit, in irgend einer gefährdeten Kampfstellung eingesetzt zu
werden. Am 2. August kam das kleine, zermürbte und dennoch unverzagte
Häuflein nach Mavhinje, doch war auch hier an ein Ausruhen nicht zu denken,
denn Stellungsbau nächst Sistiana und intensive Gefechtsschulung der noch
Minderausgebildeten füllten die Zeit aus. Mitte August bezog es Freilager in
Cerovlje, wo die Reste des Ldst. 156 mit denen unseres Baons zusammengelegt
wurden. Kmdt. war nunmehr Mjr. H o e f e r. Die Zusammenlegung der beiden
Baonsreste bedingte auch eine Neuregelung der Komp.-Kmdo.-Posten, von denen
einer wieder dem verdienstvollen, tapferen Hptm. Lazarus übertragen wurde.
Das Kmdo. der 3. Komp, übernahm Hptm. Baron Baum, das der 4. Oblt.
N e n d l. Das nun durch Austeilung des Ldst. 156 gebildete verstärkte steir.
Kontingent im Ldst. 30 erhielt während des Küstenschutzes in Duino einen wei-
teren Zuwachs durch das Einlangen einer Ersatzkomp, des Ldst.Bezirkes Graz
mit den Kadetten Fritz, Dietrich und Spork.
b) Auf Doberdo.
Wir sehen das Baon nun bald im Süd-, bald im Nordabschnitte dieses
historischen Kampfbodens der Jahre 1915 und 1916. In den Stellungen im
Küstenabschnitt in Duino und Sistiana lernten die zuletzt zugeführten neuen
Truppen außer den ungestümen ital. Angriffen auch das schwere Art.-Feuer
der 30.5-om-Flachbahnschisfsgeschlltze, der sogenannten Sdobbabatterien, gründlich
kennen, das den im Wildparke (dem Standpunkt der 4. Komp.) eingebauten
eigenen zwei 12-cw- und zwei 15-em-Festungsgeschützen galt. Als im November
die Italiener im Nordabschnitte wieder eine regelrechte Angriffstätigkeit ent-
falteten, mußte yuch das Ldst.Baon 30 dorthin gebracht und auf dem Mte. San
Michele eingesetzt werden. Ein starker sdl. Angriff am 22. und 23. November
gegen seinen Abschnitt wurde energisch zurückgewiesen. Bei dieser Gelegenheit
haben sich die Fähnriche Dietrich (Knittelfeld), Fritz (Fürstenfeld), B i z j a k
(Laibach), S k o k (Görz) und viele Personen des Mannschaftsstandes aus-
gezeichnet.
Anfangs Dezember 1915 wirkte das Baon in den Stellungen aus Mte. bei
sei Busi westl. von Doberdo, die es unter seinem neuen Baonskmdtn. Mjr.
Rudolf Schüstler mit den üblichen Retablierungsturnuffen in Mikoli, bezw.
Kostanjevica, im neuen Verbände der 106. J.T.D. (FML. Schön) bis Ende
April 1916 innehatte. Trotz der großen Gefahren und Strapazen wurde in un-
ermüdlicher Arbeit Hervorragendes geleistet. Während wir anfangs Dezember
nur notdürftige Deckungen vorfanden, konnten wir bei unserer im April
erfolgten Ablösung mehr als mannstiefe, in den Stein gesprengte Gräben mit
starken Traversen und zahlreichen, wenigstens schrapnellsicheren Unterständen
übergeben. Divisionär FML. Schön, ein leuchtendes Beispiel höchster Pflicht-
treue und spartanischer Bedürfnislosigkeit, hatte es trotz aller väterlichen Für-
251
sorge für die Truppen doch verstanden, aus ihnen das Bestmögliche heraus-
zuholen. Auch sei hier der besonderen Verdienste gedacht, die sich der tapfere
Komp.-Kmdt. Oblt. N e n d l sowie die Fähnriche Spork und V i z j a k im
Abschnitt Mte. dei sei Busi erworben haben. Vizjak blieb, obwohl durch
eine Mine mehrfach verletzt, in der Stellung. Mit Oblt. Hladny, dem
Kmdtn. der 4. Komp., der in Gorjansko einer Krankheit erlag, verloren wir
einen lieben Kameraden. Am 27. April wurde das Baon zunächst auf Kote 121
östl. Monfalcone verlegt. Inzwischen bereitete sich die Slldtiroler Offensive
über „Sette commune" vor. Die Karstsront war schon bedenklich gelockert.
Wohl um dies zu verschleiern und die Italiener von der Tiroler Front abzu-
lenken, wurden nun an der Isonzofront verschiedene Aktionen durchgeführt. Eine
derselben war auch der Angriff auf die befestigten „Adriawerke" in Monfalcone.
o) Der Kamps um die „Adria-Werke"
am 15. Mai 1916.
Das Ldst.J.Baon 30, am 10. Mai von Kote 121 durch den Ldst. 157 abgelöst,
war nach Mavhinje verlegt worden. Während der dienstlichen Abwesenheit der
drei Komp.-Kmdtn., Hptm. Baum, Oblt. H i l l e b r a n d und Lt. P e r k o,
die zur Abgabe eines Gutachtens über die künftige Uniformierung nach Laibach
abgehen mußten, langte beim Baonskmdo. der noch geheimzuhaltende Befehl
für den am 15. Mai stattzufindenden Angriff mit I/J.R. 27 auf die „Adria-
Werke" ein. Hiezu befahl Mjr. Schüft!er: „Die 2. Komp. (Oblt. Nendl)
greift die Adriawerke an, die 4. Komp. (Lt. Luckmann) folgt als Reserve,
die 1. Komp. (Fhr. H l o u § e k) besetzt den Schisfskanal beim Finanzgebäude,
die 3. Komp. (Lt. G e r st n e r) bleibt Reserve hinter der 2. und 4. Komp. Die
M.G.A. (Fhr. Ferlic) verteilt sich auf die 2. und 4. Komp. Abmarsch gegen
Abend, Hilfsplatz in Bagni."
Bei Tage erreichten wir noch Medeazza, gelangten bei Eintritt der Dunkel-
heit, einzeln abgefallen, über den steilen Hang zur Eisenbahn bei San Giovanni
und bezogen hierauf die Stellung auf Kote 21, die von Teilen des Ldst.J.R. 6
besetzt war. Bon hier aus mußte das Baon bis zum versumpften Meeresuser
vorschleichen. Plötzlich stand die Kote 21 im Art.-Feuer. Kaum waren wir durch
das mit zahlreichen Wassergräben und Wassertümpeln durchzogene und nur
mit einzelnen Gebüschen bedeckte Vorgelände der Adriawerke vorgedrungen,
als auch schon die 27er aus Kote 21 anzugreifen begannen. Schwerstes Art.-
Feuer fetzte nun ein. Schwerer noch als das Vorgehen im hindernisreichen
Gelände war das Zusammenhalten der Verbände im Dunkel der Nacht. Tat-
sächlich waren einzelne Züge, als wir die Umrisse der Werke erkennen konn-
ten, schon verloren gegangen. Da es schon dämmerte, gingen die Reste der
2. Komp., der Zug Fhr. Vizjak und die 4. Komp. (Lt. Luckmann) im Lauf-
schritt bis an die „Adriawerke" heran. Hier fanden sie in der hohen Umfassungs-
252
mauer eine große Bresche und teilweise zerstörte Drahtverhaue. Obwohl schon
aus mehreren Lücken heftig beschossen, drangen die Stürmenden mit donnern-
dem „Hurra!" in die Werke ein. Leider forderte der Sturm auch seine Opfer,
denn es gab nebst mehreren Gefallenen auch viele Verwundete, darunter den
tapferen Fhr. Vizjak. Eine größere Anzahl Italiener wurde gefangengenom-
men. Beispielgebend verhielten sich bei der Erstürmung Oblt. N e n d I, Lt.
Luckmann, die Fhr. Vizjak, Spork und Ferliö. Bei dieser Unter-
nehmung erhielt Lt. Luckmann einen schweren Knieschuß. Die Verletzung
zwang ihn, das Komp.-Kmdo. an Fhr. Spork abzugeben. Da die in die Werke
Eingedrungenen ohne Munitionsnachschub blieben, mußten sie nach erbitterter
Gegenwehr die Waffen strecken. Die Reste des Ldst. 30 und I/I.R. 27 waren
genötigt, sich wieder in die „Bagni-Stellung" zurückzuziehen.
In der Dämmerung erhielt das Baon den Befehl, nach Medeazza weiter-
zumarschieren. Erst hier konnten die Verluste festgestellt werden. Am schwersten
hatten wohl die stürmenden Abteilungen gelitten; die Offiziere waren alle ver-
wundet und die Mannschaft war auf einen Zug zusammengeschmolzen. Nicht
viel besser war es auch der im Sumpfe verbliebenen 3. und der am Schiffskanal
im Gefecht gestandenen 1. Komp, ergangen. Das heldenmütige Unternehmen trug
dem Baon zahlreiche Anerkennungen ein.
Die folgenden Wochen brachten wieder aufreibenden Dienst in teils neu-
genommenen, teils halbzerstörten alten Stellungen (Bagnistellung, Kote 85, Kote
70 bei Selz), weiters mehrere Verlegungen als Reserven in die Räume Segeti,
Jamiano, Brestovica und Korite, bis Mitte Juli, als das Baon auf Retablie-
rung wieder nach Korite kam, der Befehl zur Einwaggonierung in Nabresina
einlangte. Bon hier ging die Fahrt am 18. Juli einem unbekannten Ziele ent-
gegen. Wider alles Vermuten befand sich der Transport eines schönen Morgens
— in Klagenfurt. Jubel ohne Ende, denn die Kärntner Front hatte einen
weitaus besseren Ruf als das Karstplateau. Nach einigen Tagen, die der gründ-
lichen Entlausung und Reinigung gewidmet waren, erfolgte der Abtransport
ins freundliche Gailtal zur vollständigen Retablierung und Neuausrüstung für
den Gebirgskrieg. Nach den Schrecknissen der Isonzofront fühlte man sich hier
wie im Paradies. Wir hofften auf dauernde Verwendung an der Kärntnerfront.
Wirklich ging auch dieser Wunsch im August in Erfüllung, dem Ldst. 30 wur-
den nebst dem Plöckenlager auch die Räume im Angerbachtal hinter Freikofel
und Gr. Pal zugewiesen.
Am 19. September übernahm das Baon vom steir. Ldst.Inf.Baon Nr. 10
den „Kamelrücken", eine ziemlich ausgedehnte Stellung zwischen Kl. Pal und
Freikofel. Die fdl. Gräben waren teilweise sehr nahe, teilweise überhöhten sie die
eigenen, was uns stark in Nachteil brachte. Die mühseligen Ausbauarbeiten,
der anstrengende Grabendienst in dem früh hereinbrechenden, überaus schnee-
reichen Winter 1916/17 erforderten Anspannung aller Kräfte. Neben dem wohl-
gezielten Einzelfeuer der ital. Scharfschützen und ihren schweren Wurfminen,
brachten auch Lawinenstürze erhebliche Verluste. Der Ausbau der Stellungen
und der Verbindungen wurde durch die Kmdtn. Obstl. Dr. v. Manussi und
Obstl. Frieß gefördert. Letzterer ließ sich auch besonders die würdige Aus-
gestaltung des dortigen Heldenfriedhofes angelegen sein. Anfangs Jänner 1917
in der Kamelstellung vom Ldst.Jns.Baon 148 abgelöst, war das Baon bis Mitte
März auf Retablierung in Reisach im Gailtal, um dann wieder seine alten
Stellungen zu beziehen.
Nach erfolgtem Flitscher Durchbruch im Oktober 1917 erhielt das Baon
den Befehl zum Vormarsch über den Plöckenpaß. Vergessen war jede bis-
herige Anstrengung, mit gehobener Stimmung sah alles den künftigen Ereig-
nissen entgegen. Der Vormarsch führte Ldst. 30 über Timau, Pauluzza» Coneg-
liano, Ampezzo, Longarone nach Belluno. Der schwache Widerstand des Feindes
konnte die Truppen nicht aufhalten; nur am Paffo di Mauria (Tagliamento-
ursprung) mußten sie nochmals stürmen, bevor sich die Besatzung des Werkes
ergab. Während des weiteren Vormarsches kam das Baon nicht mehr ins Ge-
fecht. Erst Ende Dezember 1917 bezog es im Verbände der 1. I.T.D. eine Stel-
lung im Brentatal füdl. Cismon. Hier am 1. Februar 1918 abgelöst und über
Grigno nach Bozen verlegt, wurde es dem I.R. 17 eingereiht. Zerrissen war
nun wohl der Verband der 30er, aber nicht die durch 4 Jahre in Kampf und
Not bewährte Treue und Kameradschaft. Noch einmal hatte es Gelegen-
heit, Schützengrabendienste zu leisten und zwar im Astico-Tal nördl. Arsiero,
worauf es nach Pregosfi kam und dem neuausgestellten I.R. 117 als I. Baon
einverleibt wurde.
Baonskmdtn. des Ldst. 30 waren von 1914—1918: Hptm. Frohm und
Hptm. Lazarus, Mjr. v. H o e f e r und S ch ü st I e r, die Obstl. Dr. v. M a-
nussi, Frieß und v. Babouczek. Von den vielen steir. Offizieren ver-
dienen noch besonders genannt zu werden: die Oblt. Hügel (MG.-Komp.-
Kmdt.), Petz (Trainkmdt.j, S ch r e i n er, R a u f ch, S u t t er, Lt.-Rf. Iausch-
nigg, Fhr. Marburg und Hopser.
9. Das Steirische FreiwMgeir-Schützeirbataillon.*)
(Hiezu Beilage 57.)
Altösterreichs Jugend sind diese Blätter gewidmet. Sie sollen an eine
Truppe erinnern, die im Weltkriege entstanden und mit der alten Armee unter-
gegangen ist: an die Freiwilligen Schützen. Die Entstehung dieser Formationen
reicht auf das Jahr 1914 zurück. Bis zum Mai 1915 dauerten die Vorbereitun-
gen, die sonntägigen Schulungen im Waffenhandwerk. Noch wußte niemand
Genaues darüber, was aus den losen, über das ganze Land zerstreuten Fähn-
lein werden sollte. Die Jugend machte sich auch nicht viel Gedanken darüber,
*) Von Gd.Abt.Inspektor Hans Lukas, einem ehemaligen Angehörigen dieses Baons.
254
;?:i»nKn;S5;:U:i;:minS:S:n;SKnUHa;KmlÍWm%iinSn%ÍS%UjÍSSÍmHijl?^
sie ersehnte nur den Tag, an dem es ernst werden sollte. Zu Pfingsten 1915
zogen aus allen Teilen der Alpenländer die Schützenkompagnien den Sammel-
stationen zu; in Steiermark waren als solche Graz und Marburg bestimmt.
Graz stellte das Steirische Freiwillige Schützenbataillon. Vorweg mutz gesagt
werden, datz wir bei den Freiwilligen Schützen anfangs nicht jenen Maßstab
anlegen dürfen wie bei aktiven Formationen. Sie rückten ja zum größten Teile
in einem Alter ein, das den Anforderungen des Krieges noch nicht gewachsen
war. Aber sie waren von Begeisterung erfüllt, die, vermischt mit Abenteuerlust,
in den jungen Leuten den Willen zur Tat, das Bereitsein zum Opfertum schuf.
Im Herbste 1915 wurde in Wolssberg in Kärnten das „Freiwillige Schützen-
bataillon Rittmeister von Lichem" aufgestellt. Es bestand aus Steirern, Kärnt-
nern und Salzburgern. Gendarmerierittmeister Arnold Lichem von
Löwenbourg schuf in ihm ein Bataillon, auf das er stolz fein konnte.
Sein Werk steht in der Kriegsgeschichte ehrenvoll da. Das „Baon Lichem", wie
es kurz genannt wurde, kam nach harter Ausbildungszeit in den Abschnitt
Pontafel-Pontebba. Hier wurden auch die ersten Opfer aus den Reihen des
Baons begraben. Altösterreichs Jugend lernte in jenen Grenzbergen den Ernst
des Krieges zum erstenmal kennen.
überaus zahlreich waren die Patrouillengänge, die das Baon im Fellatale
durchführte. Sie stellten hohe Anforderungen an die Mannschaft. Tag und Nacht
bewachten sie das Vorfeld, tasteten bald da, bald dort gegen die fdl. Höhenstel-
lungen, brachten wichtige Meldungen heim, lagen stundenweit vor der eigenen
Linie im Kampfe und rückten dem Gegner unermüdlich zu Leibe. Von der
Deutschen Alm bis zur Veneziana und Vorifchwiefe, von Pontafel-Pontebba
bis hinauf in den engen Confinggraben streiften Lichem-Schützen in wagemuti-
gem Drange an den Feind heran. So gelang es, im breiten Vorfelde die Ober-
hand zu behalten und auch Gefangene einzubringen. Blutjunge Burschen standen
kriegstüchtigen Alpini und Bersaglieri gegenüber, es kämpfte der Jüngling
mit dem Manne. Manche Angriffsaktionen scheiterten an der Wachsamkeit des
Gegners, doch immer wieder zogen die Schützen aus, um sich Erfolge zu holen.
Der Ehrgeiz sich auszuzeichnen war groß. Den Befehl über die Patrouillen
führten zumeist erfahrene Gendarmen, die dem Baon in größerer Anzahl als
Zugskmdtn. zugeteilt waren. 1917 und 1918 versahen diesen Dienst Truppen-
offiziere.
Das 94. Divisionskommando hebt die Taten des Baons entsprechend hervor: „Das
Steir. Freiwillige Schützen,baon Rittmeister v. Lichem verläßt den Divisionsbereich. Mit
aufrichtigem Bedauern sehe ich diesen durch festes Gefüge, aufrichtigen Gemeingeist und
militärische Tüchtigkeit ausgezeichneten Truppenkörper scheiden. Die brave Dienstleistung
des Baons im Abschnitte II, besonders im Fellatal bei Ponlebba und Beneziana, ist für
immerwährende Zeiten in der Geschichte des Baons verzeichnet. . . . Krasel, GM."
Im August 1916 winkten ersehnte Erholungstage im Reservelager „Schloß-
hütte" am Fuße des Poludnig bei Hermagor. Dort lebten die wackeren Jungen
255
inmitten der Bergwelt, abgeschlossen vom Getriebe des Tales, steter Arbeit
hingegeben. Den Rest der Retablierung verbrachte das Baon in Mitschig bei
Hermagor. Es wurde hier unermüdlich exerziert. Der darauffolgende harte
Winter aus der Straninger Alpe steht wie ein Schatten in der Chronik des
Bataillons. Er, ein viel gefährlicherer Feind als der kämpfende Gegner, langte
übermächtig nach der Menschenkette aus dem Grenzkamme. Durch Monate galt
der Kampf allein den Naturgewalten. Hier verstummte nach und nach der jugend-
liche Frohsinn; die Gesichter der Schützen wurden bleich und abgezehrt, ihre
von Frost und Kälte zerrissenen, von Entbehrung schwach gewordenen Hände
wühlten Tag und Nacht in der weißen Decke, die immer höher wurde und
endlich alles unter sich begrub. Unerbittlich, erbarmungslos war diese Zeit.
Freund und Feind litt und darbte. Schneefall und Lawinen schnitten tage- und
wochenlang die Stellungen von jedem Zuschube ab; die Verpflegung mußte den
Höhenmagazinen entnommen werden. Sie war mehr als karg. Die Eintönig-
keit des aufreibenden Stellungs- und Staffeldienstes, das ständige Wehren gegen
den erdrückenden Bergwinter zehrten langsam an der Seele. Frierend und
erschöpft hockten die Schützen an den qualmenden Schwarmöfen, deren Glut
sie wie einen Augapfel bewachten. Tief verschneit lagen Baracken und Stellun-
gen. Stürme brausten über die weißen Hänge. Lawinenpatrouillen zogen durch
die kalte Winternacht, um die Kameraden vor dem weißen Tod zu schützen.
Selbst in dieser schlimmen Zeit, in der auch der allverehrte Brigadier GM. von
Henneberg das Opfer einer Lawine wurde, blieb die Angriffslust der
Schützen lebendig.
In der letzten Märzwoche wurde das Baon abgelöst und bezog zur Erholung
das Barackenlager in Kirchbach. Wegen Erkrankung des Rittmeisters von Lichem
übernahm Hptm. Karl G r e s s e l vom I.R. 17 das Kmdo. Am 1. Mai 1917
besichtigte der Armeekmdt., GO. Krobatin, in Tröppolach das Schützenbaon
und äußerte sich über dieses zum Kmdtn.: „Seien Sie stolz auf dieses Baon!"
Hptm. Grestel war gleich feinem Vorgänger der richtige Führer dieser Truppe.
Er wußte, worin ihre Kraft lag und verstand es, sie auszuwerten. Führer und
Mannschaft umschloß ein festes Band bis zum letzten Tage im Kriege.
Im Mai 1917 begannen die Schützen mit der Übernahme der bisher vom
I.R. 7, den „Khevenhüllern", besetzt gewesenen Abschnitte auf dem Hochweiß-
stein (Mte. Paralba), Ciadenis, am Oregonepaß, Mitterjoch, auf der Rauden-
fcharte und der Steinwand. Fast auf 2500 Meter Höhe lagen die Feldwachen
und Stützpunkte, die Hauptstellungen zogen sich über Joche und schmale Ein-
sattelungen.
So weit der Blick reicht, sieht das Auge formenreiche, stolze Felsen, dazwi-
schen tiefeingeschnitten die Täler. Im Norden blinken die ewigen Schneeselder
der Glocknergruppe, davor bauen sich die Lienzer Dolomiten auf. Winzig klein
liegen die Siedlungen des Lefachtales zu Füßen des Beschauers. Im Süden
256
A'nschlust an 215. JBrig. JR.9?
^■«86 BlockhausI WaldstèH'en
Ldst.Inf.Baon 150 in ber Czarna Klewa. Gebirgsstellung mesti. Tartarenpah <Walb-
karpathen). Winker 1916—17.
Aus bem Ehren- unb Fahnensaal bes Trabikionsmuseums bes A.Z.R. 9.
Graz, AlpenjagerKaserne.
stehen schweigend die zerklüfteten Felsen der Cadore-Alpen, im Osten ragen
über die zackigen Linien der Vorberge die Spitzen der Sextener Dolomiten.
Selbst der rauhe Krieger versenkte träumend seinen Blick in diese Wunderwelt.
Wochen und Monate dauert das Leben an der Felsensront. Den Schützen
wird es bald zu eintönig. Wohl zogen Patrouillen aus, um den Gegner zur
Wachsamkeit zu zwingen. Dies war aber auch der einzige Wert der so mühe-
vollen nächtlichen Gänge. In der Nacht zum 29. Oktober gingen Sturmpatrouil-
len des Baons bei Schneetreiben zum Angriff gegen den Cacciatoresattel vor.
Sie betraten die fdl. Stellung, ohne Widerstand zu finden. Die Italiener zogen
sich im ganzen Abschnitte zurück.
Am 30. Oktober marschierte das Baon bei denkbar schlechtestem Wetter
nach Kötschach, überschritt am 1. November die Reichsgrenze am Plöckenpaß
und folgte dem weichenden Gegner in unaufhaltsamem Drange. Am Abend des
2. November wurde Terzo im unteren Buttale erreicht. Kanonendonner dröhnte,
Brände loderten im Dunkel. Um Mitternacht wurden die Schützen alarmiert;
sie sollten bei Tolmezzo angreifen. Das Baon bezog jedoch kampflos die Stadt.
Der Gegner, der vom Westen und Norden wie von einer Zange immer fester
umfaßt wurde, hielt das Südufer des Tagliamento besetzt. Schüsse peitschten
über das Schotterbett. Noch im Laufe des 3. November stellte eine Patrouille
die Verbindung mit der bei Amaro stehenden linken Nachbargruppe her. Am
Abend desselben Tages ging es unter Geschützlärm auf der Straße westwärts
weiter. Bei Caneva wurden die letzten österr. Vorposten passiert. Erst am Mor-
gen des 4. November kamen die Schützen über Socchieve nach Villa santina.
Noch immer hielt sich der Italiener an der Tagliamentolinie; doch war
sein Schicksal schon besiegelt. Feldwachen der Schützen standen bei Jnvillino
und auch flußaufwärts im Feuer mit dem Gegner. In der Nacht zum 5. Novem-
ber gab der Feind seine Linie am Flußufer auf. Zwei Tage später standen die
Schützen vor dem Mauria-Paß. Unter unsäglichen Anstrengungen nahezu am
Ziel, gewahrten wir aus der Spitze des Berges die uns zuvorgekommenen
tapferen „Achterjäger". Nach dem Abstieg ins Tal wurde am Abend des 8. No-
vember in Laggio genächtigt. Während des Weitermarsches entlang der Piave
zeigte sich überall ein wüstes Durcheinander von Mann und Material. Tausende
von Gefangenen warteten auf den Abtransport. Erst in Belluno waren uns
Ruhetage beschieden.
Am 29. November erfolgte die Einwaggonierung in Primolano. Von Cal-
donazzo wurde das Baon mittels Seilbahn über Mte. Rover nach Carbonare
in den Stellungsdienst befördert. Es erhielt das Asticotal als Besetzungsraum
zugewiesen und stand somit am rechten Flügel der „Sieben Gemeinden". Der
Frontraum der Schützen begann am Cimone-Plateau und reichte bis gegen
Casteletto. In diesem Abschnitte lagen der „Tigerrücken", die Talsperre und
der „Gibraltar". Am Astico und an der Assa bewiesen die Schützen in Patrouil-
len- und Feldwachkämpfen Selbständigkeit und Mut. Wiederholt entbrannten
nächtliche Gefechte in und um Pedescala, die stets damit endeten, daß sich die
Steirer trotz starker Übermacht behaupteten. Die zerschossene Ortschaft Pedes-
cala wurde zu einem Ehrenplätze der Schützen. Der Feldwach- und Patrouillen-
dienst legte dem Baon Tag und Nacht eine schwere Bürde auf. Wer es lebte
im Baon der alte Geist von Pontafel-Pontebba. Das Asticotal war das richtige
Betätigungsfeld für die Schützen. Nicht bloß erfolgreich in der Abwehr, zogen
ihre Patrouillen gegen den Feind vor Cafa ratti, übersetzten die im Niemands-
land liegende Affa und streiften gegen die untere Lima arde. Die Leistung des
Baons kennzeichnet am besten der folgende Abschiedsbefehl, den das vorgesetzte
Gruppenkmdo. erließ, als die Schützen, fast am Ende ihrer Kraft, im März 1918
durch ein anderes Baon abgelöst wurden:
„ . . . Das Baon hat sich bei Behauptung der Stellung gegen alle Annäherungs-
versuche und Angriffe des Gegners und in zahlreichen, unermüdlich immer wieder an-
gesetzten, kühn und beherzt durchgeführten eigenen Patrouillen-Unternehmungen aufs
vorzüglichste bewährt. K o r z e r, GM."
Nach dreiwöchiger Retablierung im armseligen Sebastiano war das Baon
wieder kampffähig und ging seinem neuen Frontabschnitt im Bereiche des
„Edelweißkorps" entgegen: dem durch die Gipfelsprengung im September 1916
berühmt gewordenen Mte. Cimone. Hier war jeder Fleck vom mörderischen
Eisenhagel aufgewühlt. In den tiefen Kavernen und in den langen, feuchten,
ewig finsteren Stollengängen lagen Körper an Körper, um sich vor dem ver-
heerenden fdl. Art.-Feuer zu schützen. Fast täglich gab es Verluste, denn Tag für
Tag, Nacht um Nacht, stand der Cimonefels unter Feuer. Der Feind konnte
ihn aus wohlgedeckten Geschützen von drei Seiten bestreichen. Am meisten
gefürchtet waren die Kavernbatterien des Cengio, die flankierend direkt
schossen, sowie die Batterien auf der Pria sora und die Minenwerfer auf dem
Caviojo-Rücken. Der Gegner arbeitete für unsere Verhältnisse mit einem Rir-
senaufwand von Munition, denn er wußte, daß sonst seine Inf. am Cimone
verbluten müßte. Am 10. Juni wurden zwei Kompn. aus der Stellung gezogen
und nördlich des Venapasses für den Angriff eingeübt. Inzwischen baute das
Kaiserjäger-Sturmbaon am Cimone-Süd eine Reihe von Minenwerfern ein.
überall wurde an den Vorbereitungen zur Offensive gearbeitet. Sie sollte noch
einmal unsere Fahnen in jenes Land tragen, das sich südlich des Cimone in
der unendlichen Weite der lockenden, lebensvollen Ebene zeigte. Aber die große
Offensive vom 15. Juni wirkte sich am Cimone bloß in einem mächtigen Art.-
Duell aus. In den „Sieben Gemeinden" waren die Stürmer vor der zweiten
Linie des Gegners verblutet. Im Laufe des Juli sickerte das Gerücht durch,
daß die Südspitze des Cimone vom Gegner abgesprengt werden sollte. Die
Komp.-Kmdtn. erhielten Weisungen, die Linie der ehemaligen Sandsackstellung
unbedingt zu halten. In den Stollen mußte jeder Lärm vermieden werden;
Patrouillen stiegen in Schächte und horchten mit angehaltenem Atem. Sie
258
nahmen wohl Geräusche wahr, glaubten aber, daß sie von den üblichen Arbeiten
des Gegners rund um den Cimone stammten. Die schwere Zeit in diesem
Abschnitte fand in der Nacht zum 30. Juli für die Schützen ein Ende. Sie zogen
mit schweren Lücken in den Komvn. nordwärts, um im ruhigen, sonnigen
Vintschgau bei Mals wohlverdiente Erholung zu genießen.
General Verdroß, der Kmdt. des „Edelweißkorps", verabschiedete uns
mit den Worten: „Ich wußte, daß ich mich auf jeden einzelnen Mann der Frei-
willigen Schützen in jeder Lage verlassen konnte".
Das Kmdo. der 169. GBrig. fügte hinzu:
„... Die vielerprobten alpenländisch. Freiw. Schützenbaone bewiesen, was eine gute
Truppe auch unter den schwierigsten Verhältnissen zu leisten vermag. Das Sleir. Freiw.
Schützenbaon hat in den schweren vier Monaten am Cimone-Süd unter großen Verlusten
heldenmütig gekämpft und dadurch seine Geschichte um ein Blatt unvergänglichen Helden-
tums bereichert."
Am 3. September 1918 marschierte das Baon in das Suldental und über-
nahm acht Tage später die Stellungen auf dem Ortler und der Königsspitze.
Trotz der unsagbaren Beschwerden in der Region des ewigen Eises stand hier
die Wacht felsenfest und mit ihr die ganze Mauer von der Schweizergrenze
bis zur Adria.
Ende Oktober machten sich Vorboten des Zusammenbruches bemerkbar.
Die Nacht vom 2. auf den 3. November ging erwartungsvoll dahin. Eisstürme
fegten über das Plateau des Ortlers, rüttelten an den Balken der Payerhütte,
pfiffen um die eisumkrusteten Trossen der Seilbahn. Da und dort murrte
zornig ein Kanonenschuß. Um 5 Uhr früh des 3. November summte das Tele-
phon. Mit fliegender Hast warf eine Hand die Nachricht „Waffenstillstand" zu
Papier, die oben auf Tschifek, auf Pleißhorn und dem stolzen Oberon, dem
Ortlerstützpunkt, mit ungeheurem Jubel aufgenommen wurde. Kein Krieg
mehr, Heimkehr in die grüne Mark, in die liebe, nievergessene Heimat. Aber
bald verstummte die Freude. Fragend blickten aller Augen zum Stilfserjoch hin-
über und die Ohren horchten gespannt. Die ital. Art. schien von einem Waffen-
stillstand nichts zu wissen. Der Skorluzzo, das österr. Bollwerk, war grau und
schwarz von der Wirkung fdl. Granaten. Die Stilfserjochstraße umsäumten
brüllende Aufschläge. Noch Vormittag zog sich die österr. Besatzung vom Joch
zurück. Auch wir räumten befehlsgemäß am Nachmittag den Bergriesen.
Aus dem Ortler wehte eine Flagge auf Halbmast. In der Freude über
den Waffenstillstand hatten einige Schützen den schwarzgelben Wimpel hervor-
geholt und wollten ihn mit ihren von Frost und Kälte zerrissenen Händen
hochziehen. Da pfiffen Kugeln der Italiener herüber. So blieb die Flagge aus
Halbmast wie ein Vorzeichen der kommenden Trauer.
259
XII. Steirisches Alpenjägerregiment Nr. 9.
(Früher Schützen 3, Schützen 26 und Feldjäger 9.)
Von Obstl. Egon Schenek, A.J.R. 9.
In allen Zeiten politischer Umwälzungen haben weitblickende Führer das
Gute und Brauchbare der Vergangenheit mit dem gewordenen Neuen zu ver-
binden gesucht, damit der Weg zu einer ruhigen Entwicklung frei werde. Nicht
immer wurde dieser Weg leicht und bald gefunden, so auch bei uns im neuen
Österreich. Nebst der nach dem Wasfenstillstand erfolgten Abrüstung, vielmehr
Entwaffnung unseres ganzen Volkes, und der im Friedensvertrag enthaltenen
Abtretung deutscher Grenzgebiete von Südsteiermark, Kärnten, Tirol und
Niederösterreich an die Sieger- und Nachfolgestaaten wurde uns auch noch der
ersehnte Eintritt in die Staatsgemeinschaft des großen deutschen Volkes verboten.
Zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Innern und zum
Schutze bedrohter Grenzteile wurde dem jungen Staate eine Wehrmacht in
Form eines Aufgebotes aus Freiwilligen — die sogenannte Volkswehr — zuge-
billigt. Alles Schlechte aus den Tagen des Umsturzes und der Zeit politischer
Hochspannungen in sich ausnehmend, wurde sie so einseitig politisch durchsetzt,
daß sie bald die Verbindung mit dem Volke verlor. Als man ihr später (1919)
den Gedanken einer nationalen Verteidigung zu Grunde legen wollte, wurde
uns auch dieses unmöglich gemacht, denn der neue Staatsvertrag von St. Ger-
main gestattete uns nur ein „Berufsheer", das 3 Monate nach Inkrafttreten
dieses Staatsvertrages gebildet sein mußte.
Durch das Wehrgesetz im Jahre 1920 wurde das Bundesheer geschaffen. In
der ersten Zeit wies es noch alle Merkmale einer unter den schwierigsten Ver-
hältnissen entstandenen Neuschöpsung aus. Doch bald gelang es, diese in ihrem
inneren Gefüge zu festigen und sie zu einem brauchbaren, wirklich verläßlichen
Machtinstrument der obersten Staatsgewalt zu machen. Diese Aufbauarbeit voll-
zogen die in das neue Heer übernommenen Offiziere und Unteroffiziere der
alten Armee, die in ihrem Minister für Heereswefen, Carl Vaugoin, jederzeit
die tatkräftigste Unterstützung fanden.
Langwierig war dieser Weg, aber heute nach 14 Jahren können wir sagen,
der Geist des „Eisernen Korps" hat im steirischen Truppenkontingent Wurzel
gefaßt. Mögen auch die jungen Soldaten des Heeres nach ihrer Dienstpflicht-
ableistung den Kameradfchaftsverbänden zustreben und edle Soldatentradition
pflegen! Nur so bleibt der wehrhafte Geist in unserem Alpenvolke für alle Zu-
kunft erhalten.
Wir Soldaten des Bundesheeres wollen die Freude unseres Volkes an
seinem neuen Heere wecken. Wir wollen zeigen, daß wir ein wichtiges Glied
im Staatsgefüge sind und unseres Volkes Liebe und Zuneigung suchen, um
ein wahres V o l k s h e e r zu sein. Wir erwarten aber auch, daß sich unser
Volk in der Stunde der Not einig hinter uns stellt.
260
Die Organisation des österr. „Bundesheeres" ist durch den Staatsvertrag
von St. Germain bestimmt, der die Gesamtstärke des Heeres mit 30.000 Mann,
darunter 1500 Offiziere und 2000 Unteroffiziere, festsetzt. Den gegebenen Ver-
hältnissen entsprechend, ist das Bundesheer in 6 gemischte Brigaden gegliedert,
deren jede Infanterie, Artillerie, Kavallerie, Pioniere sowie Teile der Tele-
graphen-, Fahr- und Krastfahrtruppen umfaßt. Ein Teil der Infanterie ist als
Radfahrertruppe organisiert und ausgebildet. Die Infanterie des Bundesheeres
besteht aus 6 Infanterieregimentern, 6 Alpenjägerregimentern, 2 selbständigen
Insanteriebataillonen, 2 selbständigen Alpenjägerbataillonen und 6 Rädfahr-
bataillonen. Jedes Infanterie- und Alpenjägerregiment gliedert sich in das
Rgtskmdo. mit einem Telegraphenzug sowie in 3 oder 2 Baone. Jedes Infan-
terie-(Alpenjüger-)Bataillon und Radfahrerbataillon besteht aus dem Baons-
kmdo., einem Telegraphen- und einem Pionierzug, ferner aus drei Infanterie-
(Radfahr-) Kompn. und einer MG.-Komp. Die Infanterie-(Alpenjäger-)Regimen-
ter und die selbständigen Infanterie-(Alpenjäger-)Baone haben überdies je eine
Rgts.-(Baons-)Mustk.
Das steirische Truppenkontingent in der „Brigade Steiermark Nr. 5" um-
saßt: das Brigadekommando (Graz); das A.I.R. 9: Rgtskmdo., I und II/9 (Graz),
m/9 (Straß): das A.I.R. 10: Rgtskmdo., I und 11/10 (Graz), 6. Komp. (Iuden-
burg); die Brig.-Art.Wtlg. Nr. 5 (Graz); die Schwadron Nr. 5 (Graz): das
Pionierbaon Nr. 5 (Graz); die Telegraphen-, Kraftfahr- und Fahrkomp. Nr. 5
(Graz).
Die Kommandos und Truppenkörper unseres Bundesheeres sind seit
25. Mai 1920 durch teilweise Umformung und Umbenennung ehemaliger
Bolkswehrformationen sowie aus Grund freiwilliger Anwerbungen geschaffen
worden. Die ersten Teile des Alpenjägerregimentes Nr. 9 mit seinem Stabe
und dem I. Baon gingen aus Teilen des ehemaligen Wehrbaons „Arbeiter-
hilsskorps" (A.H.K.) und Volkswehrbaons I, beide in Graz, das Baon III/9 in
Straß aus den ehemaligen Grenzschutzbaonen V und XU (Leibnitz und Straß)
hervor. Im Wege weiterer Anwerbungen wurden bis 15. Oktober 1920 die
Stände so erhöht, daß das bis dahin noch fehlende ll/9 in Graz, als auch alle
Pionier- und Telegraphenzüge errichtet werden konnten. Die Aufstellung ging
unter den größten Schwierigkeiten vor sich. Diese Arbeit leistete das aus der
alten Armee stammende kriegserprobte Offiziers- und Unteroffizierskorps.
Durch den Friedensvertrag von St. Germain wurden Teile Westungarns,
die an Niederösterreich und Steiermark anschlossen, und damit stammesgleiche
Bevölkerung unserem Vaterlande angegliedert. Gegenüber den überaus emp-
findlichen Einbußen an deutschem Siedlungsgebiet, die besonders Steiermark,
Kärnten und Tirol schwer trafen, bedeutete diese einzige erfreuliche Vertrags-
bestimmung nebst einem wertvollen Zuwachs von Land und deutschen Stam-
mesbrüdern ein Aufatmen des unter niederdrückenden Verpflichtungen lei-
denden neuen Staatswesens. Abgesehen von der wirtschaftlichen Versorgung der
261
Millionenhauptstadt, war der Gewinn auch in militärischer Hinsicht vorteilhaft,
da die bisherige Staatsgrenze aus der unmittelbaren Nähe Wiens doch etwas
weiter nach Osten verschoben wurde. Das Österreich neu zugesprochene Gebiet
unter der nunmehrigen Bezeichnung „Burgenland"*) wurde nach allseitiger
Ratifizierung erst im Hochsommer 1921 spruchreif. Nach der ganzen Rechtslage
wurde an eine friedliche Besitzergreifung gedacht. Obwohl der Aufbau des
Bundesheeres noch nicht vollendet war, konnte es doch schon bei der Durch-
führung dieser Ausgabe als unentbehrlicher Rückhalt dienen.
Um ein enges Zusammenwirken zwischen der künftigen obersten Zivil-
verwaltungsstelle des Burgenlandes und dem Kommando der allenfalls zur
Verwendung gelangenden Teile des Bundesheeres herzustellen, wurde der
Kommandant der 1. Brigade (der künftigen Burgenlandbrigade), Oberstbriga-
dier Vidossich, der zur Führung der Truppen ausersehen war, am 11. Juni
angewiesen, die Vorarbeiten für die Aufgaben des Heeres bei der Land-
nahme im Einvernehmen mit dem Landesverwalter Sektionschef Dr. Davy
durchzuführen. Demzufolge wurden am 19. August in 4 Brigadebereichen, dar-
unter auch in Graz, taktische Einheiten für eine auswärtige Verwendung in
den Garnisonen bereitgehalten.
Obwohl die schon seit längerer Zeit vorliegenden Nachrichten erkennen
ließen, daß die österr. Verwaltungsorgane beim Betreten westungarischen
Bodens auf einen Widerstand irregulärer Verbände gefaßt sein müßten, sah
der Plan der interalliierten Generalkommission, die im Auftrag der Pariser
Botschafterkonferenz in Ödenburg die Übergabe zu vermitteln und zu über-
wachen hatte, von jeder Teilnahme des Bundesheeres an der Landesübernahme
ab. Dabei spielte, einem von der Bevölkerung teilweise vorgebrachten Wunsche
folgend, auch die Absicht mit, dem österr. Herrschaftsbeginn jeden Schein einer-
gewaltsamen Eroberung zu nehmen und dem Staatswechsel die Form eines
freiwilligen Anschlusses zu geben. Nach den Anordnungen der Ententekommission
sollten am 28. August lediglich Gendarmerie und Zollwache die bisherige Staats-
grenze überschreiten und in 11 Kolonnen unter Führung von Ententeoffizieren
bis zur Linie A (Skizze 59) vorrücken. Diese verlief über Kittsee und Halbturn,
überquerte sodann den Neusiedlersee, ging westlich Ödenburg über Oberpullen-
dors, Altschlaining, Kohfidisch, St. Michael gegen Heiligenkreuz und schied das
Land in annähernd zwei gleiche Teile. Am 29. August sollte die künftige Ost-
grenze erreicht werden und der Landesverwalter das Gebiet in ödenburg aus
den Händen der Ententevertreter in aller Form übernehmen.
*) Der Anschlußgedanke war zum erstenmal im Jahre 1917 offen ausgesprochen
worden. Nach dem Umstürze wurde von einem Kreise volksbewußter deutscher West-
ungarn, an besten Spiße Dr. Alfred Walheim trat, für diese Idee in Wort und Schrift
öffentlich geworben und diesbezüglich auch mit der Bundesregierung Fühlung genom-
men, so daß die österreichische Friedensdelegation über die Wünsche der benachbarten
Deutschen unterrichtet war. Dr. Walheim ist der Schöpfer des Namens „Burgen land".
262
Tatsächlich marschierten am 28. August die Gendarmeriekolonnen in das
Burgenland ein. Es wurde sowohl im niederösterreichischen, als auch im steiri-
schen Grenzabschnitt im allgemeinen die Linie A gewonnen und die Gendar-
merie wurde teilweise mit aufrichtiger Freude als Befreier begrüßt; vielfach
bewies aber die Einwohnerschaft auch Zurückhaltung, da sie schon unter dem
Druck kommender Ereignisse stand. Bereits am ersten Abend zeigte es sich deut-
lich, daß die weitere Ausgabe für den 29. August — die Erreichung der neuen
Ostgrenze — nicht mehr ohne Schwierigkeiten vor sich gehen werde, da dagegen
die gut organisierte Bandenbewegung der Freischärler schon vorbereitet war.*)
Der 29. August brachte überall ernste Ereignisse. Außer Überfällen auf
Gendarmerieposten, die blutige Verluste zur Folge hatten, wurden sogar ein-
zelne Finanzorgane von Banditen in die Gefangenschaft verschleppt. Der bereits
bis Jennersdorf unseren Gendarmeriekolonnen als Telephontrupps gefolgten
Brig.Verb.Komp. Nr. 5 (Graz) wurde es anheimgestellt, sich im Falle drin-
gender Notwendigkeit wieder auf die alte steirische Grenze westlich bei
Hohenbrugg zurückzuziehen. Die Banditenüberfälle im Südabschnitt auf die
bereits bezogenen Gendarmerieposten Inzendors, Heiligenkreuz und Mogers-
dorf sowie die Bedrohung des eigenen Landes im Raum Fürstenfeld veranlaß-
ten die steiermärkische Landesregierung, vom 5. Brig.-Kmdo. eine Assistenz-
truppe zu verlangen. Da auch im Nordabschnitt (Niederösterreich) die für Öden-
burg bestimmten Gendarmeriekolonnen schon bei Agendors aufgehalten wurven,
mußte für dort militärische Assistenz angefordert werden. Die Verhandlungen,
die sich nun zwischen der Generalkommission der Entente einerseits und dem
Sektionschef Dr. Davy und der österr. Bundesregierung andererseits wegen
der Fortsetzung der Landnahme entspannen, zeigten nur Unentschlossenheit, ja
die Entente wollte weder mit eigenen Truppen, noch sonstwie helfen. Sie
befahl sogar, den begonnenen Vormarsch einzustellen, da das Bundesheer die
alte niederösterreichische, bezw. steirische Grenze nicht überschreiten dürfe. Damit
war eigentlich die Tätigkeit der Exekutive lahmgelegt, zumal auch im steirischen
Abschnitt die Gendarmerie bis hinter die ehemalige alte steirische Grenze zurück-
genommen werden mußte. Diese Ereignisse waren der eigentliche Anlaß, daß
sich der österr. Mimsterrat noch am 30. August entschloß, zum Schutze gegen
Bandeneinfälle auf altes Staatsgebiet den „Grenzschutz" aufzubieten. Noch am
31. August nachmittags rollten die bereitgestellten Kräfte der Brigaden 1—4 an
die Ostgrenze ab.
1. Im Grenzschutze.
Befehlsgemäß marschierte am 31. August 1921 um 22 Uhr der Rgts.-Stab
(Obst. Medicus mit engerm Stab) und das kombinierte Alpenjägerbaon 1/9, aus
*) Die Freischärler trugen bürgerliche Kleidung, ein Abzeichen ihres wehrhaften
Verbandes oder eine Kokarde; die Ausrüstung bestand in Rucksäcken, Schußwaffen ver-
schiedenster Art und Handgranaten.
263
den Baonen I—III gebildet (4 Ins.- und 1 MG.-Komp., 1 Verb.- und 1 Pionier-
Zug), in der Stärke von 34 Offizieren, 653 Mann, 14 AtG. und 76 Pferden unter
dem Kmdo. des Obst. Stegmüller aus der Franz-Iofef-Kaferne zum SUdbahn-
hof, um in den Raum Hartberg abzugehen. Ebenso verließ von unserem neuen
Brigade-Schwesterregiment A.I.R. 10 das Komb. A.I.Baon 1/10 unter dem Kmdo.
des Obst. CauLig Graz und ging in den Raum Fehring—Fürstenfeld ab. Diesen
ersten großen Transporten folgten später aus Graz noch weitere Ergänzungs-
staffel nach, überall wurden die steir. Grenzschutztruppen von der Bevölkerung
freudig empfangen.
Programmgemäß wurden nun die Unterabschnitte des Abschnittes Steier-
mark bezogen und zwar bildeten das eigene 1/9 den nördlichen, der an den
n.-ö. Abschnitt nördlich Friedberg und an den eigenen südlichen Unterabschnitt
Obst. CauLig 1/10 südlich Burgau anschloß. Letzterer reichte über Fehring bis
an die neue jugoslawische Grenze. Das eigene Unt.Abschn.Kmüo. Obst. Steg-
müller, zugeteilt Mjr. Schenek und Magerl, mit Standort Hartberg, teilte sich
wieder in die Subabschnitte: Burgau—Neubau—Wörth unter Kmdo. Mjr. Lam-
minger (2. Komp, und ein schw. MG.-Zug der MG.-Komp. I), St. Johann in
der Heide mit Stützpunkt westlich der Alhauer Brücke unter Kmdo. Mjr. Eppich
(1. Komp.), Lasnitz unter Kmdo. Hptm. Walland (halbe 3. Komp.) und Haid-
eggendors—Sinnersdorf unter Kmdo. Mjr. Weiß (halbe 3. Komp, und 1 schw.
MG.-Zug). Me Abschnitts- und später zugleich Brig.-Reserve mit dem Standort
Hartberg bildeten die 4. Komp. (Mjr. Gerrabek) und eine halbe MG.-Komp. 1
(Obstl. Siegel). Der ganze Abschnitt Steiermark wurde dem Kmdtn. des A.I.R.
Nr. 9, Obst. Medicus, mit dem Standort in Hartberg (Grenzschutzkmdo. Hart-
berg) übertragen und dem Oberstbrigadier Bidossich in Wr.-Neustadt unterstellt.
So standen nun die Truppen der 5. Brigade Steiermark seit 1. September ent-
lang der alten Grenze im Grenzwachdienst, ihnen gegenüber in den Ortschaften
und auf wichtigen Geländepunkten bewaffnete Freischärler, die sich fort und
fort durch weiteren Zuzug aus Ungarn verstärkten.
Am 3. September begannen die ersten Überfälle auf unsere eigenen Grenz-
patrouillen, die sich in der Folge auch unter Einsatz größerer Banden wieder-
holten. Weil der Grenzposten bei Sinnersdorf, der sehr Ungünstig lag und
ins altungarische Gebiet weit vorsprang, mehrmals stark bedrängt wurde,
mußte er nach Haidegendorf zurückgezogen werden. Auf allen übrigen Punk-
ten wurden die ungarischen Provokationen zurückgewiesen, so besonders
bei Hohenbrugg, wo ein schw. MG. und ein verwundeter Freischärler in unseren
Händen blieb; weiters mehrmals bei Neubau, wo Gefangene gemacht wurden,
desgleichen bei Burgau, Wörth, insbesondere bei der Alhauer Brücke und in
Lasnitz. Wiederholte schwere Bedrohungen einzelner Grenzpunkte bedingten
öfters den Einsatz von Teilen der Hartberger Abschnittsreserve, so bei Neubau,
Wörth und Alhau.
Zur selben Zeit, als im steirischen Abschnitt in den ersten Septembertagen
264
öfters kleinere feindliche Unternehmungen gegen unsere Posten von den Frei-
schärlern inszeniert wurden, erfolgte im anschließenden n.-ö. Abschnitt, nord-
östlich von Friedberg bei Kirchschlag, am 5. September ein großangelegter
ungarischer Einbruch auf österr. Gebiet, der durch das Baon II/5, Kmdt. Obst.
Sommer, unter Einsatz von etwa 270 Mann in einem fünfstündigen, heftigen
Kampf abgewiesen wurde. Das Baon II/5 hatte seine Feuertaufe in Ehren
bestanden. Die Verluste waren nicht gering; sie betrugen 10 Tote und 9 Ver-
wundete.
Im Laufe des 10. September zogen sich nun auch alle n.-ö., noch auf
westungarischem Boden befindlichen Gendarmerietruppen hinter die alte österr.
Staatsgrenze zurück. Auch hier folgten die Banden bis nahe an diese nach. So
war die von den Ententemächten beabsichtigte Art der Übergabe des Burgen-
landes an Österreich, die Verwaltung des Landes in vollkommen friedlicher
Weise unter Verzicht auf jegliches Militäraufgebot nur durch Zivilbeamte und
Sicherheitsorgane vornehmen zu lassen, mit Gewalt vereitelt worden. Nun stan-
den Bundesheer und Gendarmerie vereint an den alten Grenzen der Heimat.
Am 13. September besichtigte der damalige Landeshauptmann Dr. Rintelen
mit dem Leiter der Heeresverwaltungsstelle den Grenzabschnitt und erschien
auch in Hartberg, wo er am Hauptplatze den versammelten Truppen der Ab-
schnittsreseroe den Dank des Landes überbrachte und das brave Verhalten der
Truppen im Grenzschutze lobend hervorhob.
In der zweiten Hälfte September wurden auf ungarischer Seite die An-
sammlungen von Freischärlergruppen immer zahlreicher, ja laut Konfidenten-
nachrichten wurden Banden von 200 bis 300 Mann, an einzelnen Einbruchstellen
zusammengezogen, festgestellt. Insbesondere in den steirischen Grenzräumen
nächst Alhau, Wörth, Neudau, Burgau war eine Zunahme der vollkommen mili-
tärisch organisierten und unter Führung erfahrener Kommandanten stehenden
Freischaren bemerkbar. Da Beschießungen und Drohungen immer zahlreicher
wurden, erwartete man im Raume Fllrstenfeld—Fehring Angriffe. Dies veran-
laßte das BM. s. HW., den Raum Fürstenfeld vom 17. September an mit 1 Baon
des A.I.R. 11 aus Klagenfurt zu verstärken. Gleichzeitig wurden noch eine halbe
GKBt. und das halbe Pionierbaon Nr. 5 aus Graz für den Grenzschutz bestimmt.
Das am 20. September in Fürstenfeld eingelangte Baon 1/11 (Obstl. Kllhrner)
wurde als neuer Unterabschnitt im Raum Fürstenseld—Burgau eingesetzt. Da-
durch wurde beim eigenen A.I.Baon 1/9 der Posten Burgau frei und dieser
rückte nordwärts nach Neudau ab. Die freiwerdenden Teile des Baons 1/10 in
Loipersdorf—Gillersdorf des Unterabschnittes Fürstenfeld marschierten nach
Hohenbrugg.
Stärkere Bandenangriffe bei Lafnitz, diesmal mit Handgranaten, wurden
von Hptm. Walland abgewiesen. Die Bedrohung von Unterrohr bedingte auch
die Besetzung dieses Ortes mit einem Zug der Komp, des Mjr. Lamminger.
265
Am 5. Oktober übernahm die Entente-Generalkommission in Ödenburg von
Ungarn offiziell das Burgenland. Das in diesem, bezw. in Westungarn, frei-
schaltende und mehrmals, z. B. bei den Agendorser Überfällen, mitbeteiligte,
berüchtigte Detachement Mjr. Osztenburg von Ödenburg wurde wohl dieser
Generalskommission unterstellt, machte aber scheinbar nur das, was es wollte.
Die Tätigkeit der ungarischen Freischaren, namentlich bei Bruck a. d. Leitha,
wo regelrechte Stellungskämpfe sich entwickelten, dauerte fort. Auch der
Monat Oktober brachte entlang des steirischen Grenzabschnittes weitere rege
Grenztätigkeit. Zu dieser Zeit standen bereits an der bei 283 Kilometer langen
„Front" 14 Baone, 4 Batterien, mehrere Reiter- und Reiter-MG.-ZUge und fast
die gesamten techn. Truppen des Bundesheeres in Verwendung, teils an der
Grenze selbst, teils bei der techn. Verstärkung der Räume Bruck und Wr.-Neu-
stadt. Oberstbrigadier Vidossich, der am 13. Oktober den steirischen Grenzabschnitt
besichtigte, war von den Leistungen der Grenzschutztruppe befriedigt und drückte
Obst. Medicus sein besonderes Lob aus. Besonders den Subabschnitt Neubau—
Unterrohr (damals Komp. Mjr. Eppich) fand er musterhaft organisiert.
Ein historischer Tag war der 22. Oktober. Da nachts vorher mit den Frei-
schärlern ein längeres Geplänkel stattgefunden hatte, besichtigte Obst. Steg-
müller mit Mjr. Schenek den Stützpunkt Alhau, wo sie einen Fuhrmann aus
Ungarn trafen, der den beiden Offizieren vertraulich mitteilte, daß bei Öden-
burg Exkaiser Karl mit einem Flugzeug gelandet sei und das Kmdo. der
Ungar. Armee übernommen habe. Eine Anfrage beim Grenzschutzkmdo. blieb
ohne Bestätigung des Vorfalles. Erst später erfuhren wir von dem mißlungenen
Unternehmen des Exkaisers Karl mit den Truppen des Obst. Lehar.
Eine Woche darauf traf das A.J.R. 9 ein schwerer Schlag. Wegen der in
der Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November mehrmals erfolgten Angriffe
der Freischärler aus den Wachtposten bei WH. Schäfersteg nächst Haideggendors
verständigte der dortige Komp.-Kmdt. Mjr. Weiß die Gendarmerie Friedberg und
Pinggau und sprach gleichzeitig vom Abschnitts-Kmdo. in Hartberg Verstärkung
an. Der nun auf Lastkraftwagen entsandten Verstärkung, bestehend aus 1 Jnf.-
Zug und 1 l. HMG.-Gruppe unter dem Kmdo. des Offzstv. Erlinger, stieß ein
schweres Unglück zu, indem über der Straßensteile und Straßenkehre nächst
der Bahnüberfahrt bei Pinggau die Kette riß und das Auto, bei der Kehre das
Eisengeländer durchbrechend und sich überschlagend, 10 Meter tief abstürzte und
seine Insassen unter sich begrub. Wie immer war auch diesmal das abgefertigte
Auto um 4 Uhr auf den Zwischenpunkten kontrolliert worden, so auch in Lafnitz.
wo noch ein Beladungszuwachs erfolgte. Sowohl Lafnitz als Hartberg warteten
vergebens auf die Nachricht vom Eintreffen des Transportes in Haideggendorf.
Bei der Nachsuche fand man das abgestürzte Auto. 9 Mann, darunter der Kom-
mandant, fanden den Tod; 11 Mann waren schwer, 8 leicht verletzt und 3 mit
Hautabschürfungen davongekommen.
266
Das Kmdo. der Brigade Steiermark Nr. 5 widmete im Grenzschutzkmdo-
besehl Nr. 56 vom 2. November 1921 den verunglückten Kameraden folgenden
Nachruf: „Ein hartes Geschick hat gestern eine namhafte Zahl treuer Kameraden
unerwartet für immer aus unserer Mitte gerissen. In treuer Erfüllung harter
Soldatenpflicht sind 10 Mann des A.I.R. 9 für unser Volk und die Heimat
gestorben.
Es sind dies: Offzstv. Lorenz Erlinger (6. Komp.), Schws. Karl Kossi
(6. Komp.), die Wmr. Franz L e h n e r t, Karl L ö t s ch (6. Komp.), Anton A cht-
ner (3. Komp.), Heinrich Klecker, Rudolf Ternowetz (4. Komp.), Johann
Kern, Florian Haiden (MG.-Komp. I) und Josef Seng er, der seinen
Verletzungen in Hartberg erlegen ist.
Tief ergriffen wollen wir alle der Toten gedenken und ihnen ein dauerndes
Andenken bewahren_______
Den vielen Verwundeten, die jetzt geduldig leiden, werde eheste Genesung,
damit sie bald in unsere Reihen wiederkehren! Es sind dies die Zgsfhr. Josef
Harnisch und Johann Strauß, Schws. Egger, die Wmr. Hamperl, Hirtl, Kepp,
Pirkheim, Gold, Seinader, Loidl, Lambauer, Kleine, Neuhuber, Glantschnig,
Wolf, Jäger, Rausch, Amort, Kühweider und Köchl."
Auf Grund des dem Brig.-Kmdo. vorgelegten Gefechtsberichtes der 3. Komp.
A.I.R. 9 (Mjr. Weiß) über die Abwehrkämpfe bei Schäfersteg in der Nacht
vom 31. Oktober auf den 1. November wurden mit Grenzschutzbefehl Nr. 66
und 58 Schws. Gottfried Fuchs des Baons III/A.I.R. 9 und die Wehrmänner
seines Sicherungspostens für tapferes Aushalten gegen einen überlegenen Geg-
ner, weiters Zgsfhr. Johann Kurat, Schws. Karl Knöbl und Wehrmann Ignaz
Leopold des Baons III/A.J.R. 9 für tapferes Verhalten belobt.
Ende Oktober und anfangs November wurde als Folge des am 13. Oktober
1921 gefertigten Venediger-Protokolls das Abziehen der Freischaren gemeldet,
was sich nachträglich bestätigte. Am 11. November stellte die Entente-General-
kommission die Räumung des Burgenlandes von Freischaren fest und lud
Österreich zur Besitznahme desselben ein, die durch das Bundesheer erfolgte.
Die bis Anfang November mobil gemachten Truppen des Bundesheeres (an
der Grenze standen hievon 14 Baone und 6 Batterien, in Wien 3 Baone und
6 Batterien, mit einem Gefechtsstande von 7200 Mann, 230 MG. und 48 Ge-
schützen) waren der Zahl nach nicht genügend stark, um das ausgedehnte Gebiet
des Burgenlandes gleichzeitig besetzen zu können. Dies umso weniger, als die
ungarischen Freischaren wohl nach den Meldungen zurückgegangen waren, sich
indesien an der neuen ungarischen Grenze sammelten und einige ihrer Leute
zur Übermittlung von Nachrichten im Lande zurückließen. Es wurde daher eine
abschnittsweise Landnahme vorgesehen, die unter ausschließlich militärischer Lei-
tung erfolgte und im Landteile nördlich des Abstimmungsgebietes von Ödenburg
am 13. November begann. Der Einmarsch erfolgte um 9 Uhr in 2 Gruppen. Die
267
nördliche Gruppe hatte, aus dem Raum um Bruck a. d. L. vorgehend, den See-
winkel, die südliche Gruppe» aus der Linie Wr.-Neustadt—Ebenfurth vorbrechend,
den Raum bis zum Neustedlerfee zu übernehmen. Der Vormarsch wurde in
glänzender Verfassung und strammer Marschdisziplin durchgeführt und war,
trotzdem die örtlichen Verhältnisse, der Zustand der Kommunikationen, beson-
ders aber das Fehlen durchlaufender Eisenbahnlinien hier der Bewegung und
der Versorgung der Truppen Schwierigkeiten entgegensetzten, am 17. Novem-
ber beendet.
Am 25. November konnte mit der Besitznahme des Gebietes südlich der
Abstimmungszone begonnen werden. Befehlsgemäß überschritten drei Gruppen
um 10 Uhr die altösterreichische Grenze. Während die nördlichste Gruppe aus
der Linie Hochwolkersdorf—Kirchschlag gegen Deutsch-Kreuz und Lutzmanns-
burg vorging, hatte die mittlere Gruppe von Hartberg—Friedberg gegen Rech-
nitz, die südliche von Burgau nach Güssing vorzurücken. Wie im Norden vollzog
sich auch hier der Vormarsch in fester Ordnung und tadelloser Haltung.
2. Die verstärkte steirische Brigade im Bormarsch bei der endgültigen
Landnahme des Burgenlandes.
Die südlichste von Burgau nach Güssing vorzurückende Gruppe bestand aus
der verstärkten steirischen 5. Brigade unter Kmdo. des Obst. Plachota (4 Baone,
2 Batterien), die sich in 3 Vormarschgruppen, Obst. Caucig im Raum Fehring,
Mjr. Gerstmann in Fürstenfeld und Obst. Medicus im Raume Burgau—
Neubau—Wörth, bereitstellten. Planmäßig wurde im ganzen Grenzbereich zwi-
schen Hochwolkersdorf und der jugoslawischen Grenze südlich von Fehring am
25. November um 10 Uhr der Vormarsch angetreten.")
Während am 25. November die Gruppen Obst. Caucig und Mjr. Gerstmann
bereits Jennersdors und Eltendors erreichten, gelangte die Gruppe Medicus und
mit ihr das A.I.Baon 1/9 mit dem Gros in den Raum Stegersbach, am 26. No-
vember in den Raum St. Michael—Deutsch-Tfchantendorf, wo sie nun durch
den plötzlich eingetretenen starken Schneesall einige Tage ausgehalten wurde.
Am 29. November erreichte das Gros der Gruppe Medicus und mit ihm das
5. Brigadekmdo. den Raum Güssing, mit Teilen desselben den Raum Strem
und mit diesen Räumen gleichzeitig die Ostgrenze des Burgenlandes. Am 30. No-
vember besetzte die Gruppe Caucig noch Pöppendorf und Weichselbaum, womit
auch die Aufgabe der steir. Brigade beendet war. Oberstbrigadier Viöossich
konnte bereits am 3. Dezember den nördlichen Abschnitt und am 6. Dezember
den südlichen des Burgenlandes an die neue Zivilverwaltung übergeben.
An der neuen Ostgrenze wurde von den eingerückten Truppen gleichwie
an der früheren alten Grenze der Grenzschutz eingerichtet. Das A.I.R. 9 — ver-
stärktes Baon I im Rahmen der 5. Brigade — erhielt die neue Ostgrenze im
Pinkatal ab Cberau einschließlich südwärts über Prostrum—Moschendorf—Ha- *)
*) Gliederung der Gruppen aus Skizze 59 ersichtlich.
268
gersdorf—Deutsch-Bieling—Reinersdorf—Inzenhos in der Richtung Heiligen-
kreuz zugewiesen. Das eigene bisherige Abschnittskmdo. Güffing, wo Obst. Steg-
müller stand, wurde auch der Standort des Rgtskmdos. Der zugewiesene Grenz-
raum wurde in die Unterabschnitte A Güffing (Obst. Stegmüller) und B Strem
(Obstl. Siegel) geteilt. Die Besetzung des Grenzraumes ist aus der Skizze zu
ersehen.
Vom 14. bis 16. Dezember fand in Ödenburg und Umgebung die laut Vene-
diger-Protokolls den Ungarn zugestandene Abstimmung statt, die eine Mehr-
heit von 65.08 Prozent für Ungarn ergab, weshalb ihm mit 1. Jänner 1922
wieder das volle Herrschastsrecht über dieses Gebiet zuerkannt wurde.
Dem Bundesministerium für Heereswesen fiel daher nur mehr die Aufgabe
zu, den zugesprochenen Teil des Burgenlandes (ohne ödenburg) zu schützen,
was wegen der noch nicht festgelegten Grenze anfangs zu kleinen Zusammen-
stößen führte. Bald trat aber sichtliche Beruhigung ein und so konnte ab Mitte
Jänner schon mit der Zurückziehung der eingesetzten Kräfte begonnen werden.
Teile des steirischen Kontingentes mit dem Brigade- und Rgts.-Stab A.I.R. 9
wurden nach Graz zurückverlegt mit dem Vorbehalt, im Bedarfsfälle für den
Grenzschutz in Betracht gezogen zu werden. Das für diesen zurückgebliebene
A.J.Baon 1/9 zog den bisherigen Unterabschnitt B Strem nach Güffing ein und
übernahm von den zurückgegangenen Teilen des A.J.Baon 1/10 auch noch den
Abschnitt Heiligenkreuz—Iennersdorf. Am 4. April wurde das verstärkte Baon
1/9 im bisherigen Grenzabschnitt Güffing—Iennersdorf von dem mittlerweile
in Graz wiederhergestellten A.I.Baon 1/10 abgelöst. Das Baon 1/9 marschierte
nun nach Fürstenfeld zurück, von wo es mit der Bahn nach Graz abging. Von
da an lösten allerdings noch immer Truppenteile des A.I.R. 9 und 10 einander
im Besetzungsdienste bis gegen Ende 1922 ab.
So hatte das Bundesheer die endgültige Angliederung des Burgenlandes
an die Republik Österreich durchgeführt. 31 Tote und 54 Verwundete bezeigten
die Opserwilligkeit unserer Soldaten, die zum Schutze der Heimat und im Dienste
des Staates ihr Letztes und Bestes, Leben und Gesundheit, pflichtgetreu hin-
gegeben hatten.
3. Das Alpenjägerregiment Nr. 9 in seinen Garnisonen Graz und Straß.
Vom Grenzschutzdienst heimgekehrt, erblickte das A.I.R. 9 seine wichtigste
Aufgabe vorerst darin, aller jener Kameraden ehrend zu gedenken, die in
Ausübung des Grenzschutzdienstes ihr Leben lassen mußten. Deshalb wurde
im Heldenfriedhos des Grazer Zentralfriedhoses den in einem Maffengrabe
bestatteten Pinggauer Opfern des 2. November 1921 ein Ehrenmal errichtet.
Als ein weiterer Pietätsakt für diese Opfer folgte die Gedenksteinsetzung
an der Unfallstelle nächst Pinggau.
Die Opfer des Weltkrieges ehrt das A.I.R. 9 alljährlich gemeinsam mit
seinen Traditionstruppenkörpern, den 3er- und 26er-Schützen und dem steir.
269
Landsturm, am Tage der Durchbruchsschlacht bei Flitsch (24. Oktober) in der
ehemaligen Garnisonskirche der 3er-Schützen, der St. Vinzenz-Kirche in Eggen-
berg, wo sich eine vom Bunde der 3er-Schützen (Landsturm 3) gewidmete Gedenk-
tafel befindet, und mit den Angehörigen des ehemaligen k. u. k. Feldjäger-
daons Nr. 9 an dem Gedenktage der Schlacht bei Grodek (8. September). Dieser
Tag und der Sieg der 9er-Iäger im Jahre 1864 bei översee (6. Februar) werden
in der alten Garnisonskirche der Barmherzigen Brüder in Graz gefeiert.
Im Jahre 1925 beging am Grazer Trabrennplatz das A.I.R. 9 mit seinem
Schwesterregiment A.I.R. 10 in Anwesenheit der Traditionsverbände und aller
übrigen im „Eisernen Korps" vereinigten Kameradschaftsverbände in feierlicher
Weise die Weihe der ihnen ausgefolgten Rogimentsfahnen. Hiebei wurden dem
A.I.R. 9 vom Lande Steiermark, vom Bunde der 3er- und 26er-Schützen und
von der Gemeinde Straß prächtige Fahnenbänder gewidmet.
Die Wiederkehr des 10. Jahrestages der Durchbruchsschlacht bei Flitsch —
des Regimentsgedenktages — war ein weiterer Anlaß für das Regiment, diesen
Tag mit sämtlichen Traditionsverbänden des „Eisernen Korps" und der Bevöl-
kerung von Graz durch eine. Garnisonsausrückung festlich zu begehen.
Angehörige des Regimentes hatten es sich zur ehrenvollen Aufgabe gemacht,
die Abfassung der Geschichte des Regimentes und der Baone seiner Traditions-
truppenkörper einschließlich jener des steirischen Landsturmes tatkräftigst zu för-
dern und den Plan der Errichtung eines Regimentsmuseums zu verwirklichen,
das unter anderem auch die Fahnen der Schützenregimenter 3 und 26 und die
während des Krieges von der Landeshauptstadt Graz dem Schützenregimente 3,
dem steir. Landsturminfanteriebaon Nr. 150 und die vom steir. Kriegsfürsorge-
amt dem freiwilligen Steirerschützenregiment gespendeten silbernen Ehrensignal-
hörner in seine Obhut übernahm. Leider konnte man nicht auch in den Besitz
der Ehrensignalhörner des Schützenregimentes 26 und des Feldjägerbaons Nr. 9
kommen, da das des ersteren von jugoslawischen Behörden dem Marburger
Stadtmufeum übergeben wurde und das des letzteren durch einen Einbruch-
diebstahl bei seinem letzten Verwahrer in der Tschechoslowakei verloren ging.
Regimentskommandanten von 1920—1933:
1920—1923 Oberst Wilhelm Medicus
1923—1925 Oberst Jakob Fischer
1925— 1926 Oberst Anton Steg müller
1926— 1927 Oberst Michael Lütgen darf
1927— 1928 Oberst August Polten
1928— 1930 Oberst Johann S a g b u r g
1930—1932 Oberst Emanuel Koller
1932— 1933 Oberst Rudolf P e t r u
1933— Oberst Karl Weiß.
Der Wahlspruch des Regimentes lautet: „Immer wie bei F l i t s d)!“
270
XIII. Der Bund der Dreierschühen.
Als in den Monaten Juni, Juli, August 1919 das Feldregiment (Schützen-
regiment Nr. 3) aus Italien in Graz eintraf, war in der damals so schicksals-
schweren Zeit die Möglichkeit nicht gegeben, den braven Dreierschützen bei ihrem
Eintreffen einen ihnen gebührenden Empfang zu bereiten. Leidvollen Herzens
und still verdrossen trachtete jeder, so rasch als möglich in den Kreis seiner
Angehörigen zu treten, wo liebevolle Herzen ihm entgegenschlugen, wo man
unbekümmert sein Herz ausschütten konnte und mit frischer Kraft für den
ferneren Lebenskampf erfüllt wurde.
Als sich nach den unrühmlichen Umsturztagen die Wogen der erregten Ge-
müter glätteten und im Vaterlande wieder Besonnenheit und Ruhe Platz grif-
fen, da flackerte in so manchem Dreierschützen der Wunsch auf, mit den Kriegs-
kameraden wieder einmal zusammenzukommen, um nach all dem ausgestan-
denen Leid und den Kriegserlebnissen ein Wiedersehen auf heimatlicher Scholle
zu feiern. Diesem vielseitigen Wunsche Rechnung tragend, beschloß eine Gruppe
von Offizieren unter der Leitung des Kameraden Obstl. Strohschneider,
ein Wiedersehensfest für das Schützenregiment Nr. 3 im Parke der Industrie-
halle zu veranstalten. Aus allen Teilen der grünen Mark eilten wackere „Dreier"
herbei, um durch ihre Anwesenheit den Geist treuer Kameradschaft zu bekunden.
Obst. Leonhardt hielt eine zu Herzen gehende Ansprache, die in die Auf-
forderung ausklang, sich zusammenzuschließen, damit die Heldentaten der Dreier-
schützen nicht in Vergessenheit geraten und Schützengrabenkameradschaft auch
fürderhin gepflogen werde. Bei diesem Zusammentreffen wurde der Beschluß
gefaßt, eine Offiziersvereinigung ehemaliger Negimentsangehöriger zu bilden,
deren Gründung anfangs 1920 durchgeführt wurde, über Wunsch der Offiziere
erfolgte no<ch im gleichen Jahre die Einbeziehung der Mannschaftspersonen zur
bestehenden Vereinigung, um damit die Kameradschaft zum Ausdruck zu brin-
gen, die Offiziere und Mann im Felde aufs engste verband.
In der im Herbste 1920 einberufenen Versammlung erhielt diese Gemein-
schaft den Titel „Vereinigung ehemaliger Dreierfchützen". Sie
bezweckte die Förderung und Erhaltung der Kameradschaft, die Beratung und
Unterstützung bedürftiger Mitglieder, die Dienstvermittlung» die Ehrung der
Gefallenen sowie die Pflege der Tradition. Ihr erster Obmann war Obstl.
Strohschneider. Als Regimentsfeiertag wurde der 23. Oktober bestimmt,
an dem der Pertica erstürmt wurde. Zur Erinnerung an diese Heldentat kom-
ponierte Lt. i. d. Res. Hermann Richter, Opernkapellmeister in Graz, den
Marsch „Heil dir, Schützenregiment Nr. 3!" und widmete ihn als Regiments-
marsch dem Bund der Dreierschützen. Er ist für Harmonie- und Streichmusik
instrumentiert und erfreut sich bei allen Militär- und zahlreichen Zivilkapellen
eifrigster Pflege.
271.
Die Werbung von Mitgliedern beschränkte sich nicht nur aus Graz und
Umgebung, sondern erfaßte alle Teile des Landes. Später fanden auch Ange-
hörige des ehemaligen Schützenregimentes Nr. 26, des Lüst. 3 und des Sturm-
baons 22 Aufnahme. In der am 3. Dezember 1922 tagenden Hauptversammlung
einigte man sich auf die Bezeichnung „Bund der 3er- und 26er-Schützen
sLdst. 3 und 26 und Sturmbaon 22)". Zum Obmann wurde Kamerad
Obst. L e o nh a r d t (Sch.R. 3), zu seinem Stellvertreter Obst. H a ck l (Sch.R. 26)
gewählt.
Die im Jahre 1917 dem Sch.R. 3 verliehene Fahne wurde gelegentlich der
Flitschfeier des A.J.R. 9 am 18. November 1923 in der Domkirche geweiht und
vom Bund in feierlicher Weise übernommen. Zu dieser Feier hatten sich gegen
2900 Kameraden aus allen Teilen Österreichs eingefunden. Fahnenpatin war
Frau Anna Rintelen, die Gemahlin des Herrn Landeshauptmannes, Mini-
sters Dr. Rintelen. Das prächtige, von den Frauen Steiermarks gespendete
Fahnenband trägt die Inschrift:
„Den unbesiegten Dreierschützen —
die Frauen von Steiermark."
Das vom Offizierskorps des A.J.R. 9 gewidmete Fahnenband zeigt die Wid-
mung: „O b N o r d, o b S ü d, o b O st o b W e st,
wo ein Dreier steht, da steht er fest."
Eine festliche Zusammenkunft im Parke der Industriehalle beschloß die glänzend
gelungene Feier, deren Leitung in den Händen des Obstl. Strohschneider
lag. An diesem Tage gelangte an notleidende Mitglieder aus der Bundeskasse
ein Betrag von 2,600.000 Kronen zur Verteilung.
Unter der Führung des Obmannes, Hptm. Ferd. Fiala, im Jahre 1924
nahm der Umfang des Bundes bedeutend zu. Außer der werbenden Tätigkeit
in Stadt und Umgebung, ermöglichte die Teilnahme an zahlreichen Denkmal-
enthüllungen und Fahnenweihen die Gründung der Ortsgruppen Fürstenfeld,
Iudenburg und Murau» die neben der vorbildlichen Wiener Ortsgruppe eben-
falls Ersprießliches leisten.
Bei der am 6. April 1925 unter dem Vorsitze des GM. v. Tenn er durch-
geführten Jahreshauptversammlung wurde Kamerad Böhm zum Obmanne
und Obst. Karpellus zum Obmannstellvertreter gewählt. Während der Ära
Böhm wuchs die Zahl der Mitglieder auf 1000 an. In diesem Jahre nahm der
Bund an der Totenfeier am Zentralfriedhose, an der Kriegerdenkmalfeier bei
der Grazer Universität, an der Fahnenweihe der Rgts.-Fahnen des A.I.R. 9
und 10, an der Feier des Rgts.-Tages des A.I.R. 9 und an den Kriegerdenkmal-
enthüllungen in Leoben und Eibiswald teil. Die Kriegerdenkmalenthüllung in
Krakaudorf wurde von der Ortsgruppe Murau unter der Leitung des Kam.
Hauser beschickt. Der Bund beteiligte sich auch an einer Fahnenweihe in
272
Fürstenfeld und an der des Sch.R. 26 und veranstaltete am 16. Dezember in
den Annensälen eine Weihnachtsfeier, bei der Kinder bedürftiger Mitglieder
reichlich beteilt wurden.
Im Herbste 1925, als das A.I.R. 9 über Weisung des BM.fHw. die Pflege
der Tradition der Schützenregimenter Graz 3 und Marburg 26, desgleichen des
Feldjägerbaon 9 übernahm, gingen Obmann Böhm und die Ausschußmitglieder
Hptm. Dir. Pratsche r, Obstl. v. Neupauer und Obstl. Schenek eifrigst
daran, Vorkehrungen für die Schaffung eines Regiments-Museums und der
Regimentsgeschichte zu treffen.
In der Hauptversammlung (1926) wurden GM. v. T e n n e r, Obst. Franz
S e i d l e r, Obst. Oskar Leonhardt und Hptm. Ferdinand F i a l a zu
Ehrenobmännern, Maria-Theresien-Ritter GM. Rudolf Müller und Frau Ge-
werke Mela Bleck m ann zu Ehrenmitgliedern ernannt. Die Wahl des Ob-
mannstellvertreters fiel auf Hptm. Direktor P r a t f ch e r.
Nach der Selbständigmachung der 26er-Schützen führte der Bund fortab den
Namen „Bund der Dreierschützen (L d st. 3 und Sturmbaon 22)".
Anläßlich der Gedächtnisfeier der Durchbruchsschlacht von Flitsch am 23.
und 24. Oktober 1927 wurde der Regimentsgedenktag auf den Tag von Flitsch,
d. i. der 24. Oktober, verlegt. Damals spendete das Traditionsregiment A.I.R. 9
unserer Regiments-Fahne ein Fahnenband mit der Inschrift:
„Den Helden von Flitsch —
das A.I.R. Steiermark Nr. 9."
An dieser erhebenden Feier nahmen gegen 800 Dreierschützen teil.
Am 8. Juni 1928 fand unter zahlreicher Beteiligung die Weihe des Denk-
males am Kriegerfriedhofe in Graz und die Weihe der Rgts.-Gedenktafel in
der ehemaligen Garnisonskirche (Vinzenzkirche) in Eggenberg statt. Um die
Errichtung der Gedenktafel hatten sich außer den vielen Spendern ganz beson-
ders die Kameraden: Kaderkurat Pfarrer Grabner, Hptm. Ing. Gartl-
g r u b e r und Baumeister W ü n s ch e r verdient gemacht. Bei diesem Anlasse
wurden viele Rgts.-Angehörige vom Maria-Theresien-Ritter GM. Müller mit
der Tiroler Gedenkmedaille dekoriert. Das vom Bunde gestiftete „Goldene
Ehrenabzeichen" wurde erstmalig dem Pfarrer Grabner verliehen. In diesem
Jahre erfolgte auch die Saalzuweisung für das Regiments-Museum.
Das Jahr 1929 verpflichtete den Bund zur Teilnahme an der Weihe des
Heldenfriedhofes und der Enthüllung des Kriegerdenkmales in Radkersburg,
an der Denkmalenthüllung der 26er-Schützen und des 26er-Ldst. in Straß und'
der Fahnenweihen in Wies und Eggenberg. Außerdem führte der Bund eine
Dekorierungsfeier in Semriach durch.
In der am 22. Juni 1930 stattgefundenen Hauptversammlung wurden Obst.
K a r p e l l u s zum Obmanne und Kamerad H a s i b a zu dessen Stellvertreter
18
273
gewählt, nachdem die bisherigen Amtswalter, Obmann Böhm und Obmann-
stellvertreter Hptm. Dir. P r a t s ch e r, eine Wiederwahl abgelehnt hatten. Bei
dieser Gelegenheit wurde Kamerad Böhm zum Ehrenobmanne ernannt und
ihm für die erworbenen Verdienste um den Bund das „Goldene Ehrenabzeichen"
verliehen. Unter der Leitung des Obst. Karpellus setzte der Bund seine
arbeitsreiche Tätigkeit fort. Sehr verdient machte sich Obst. Karpellus um die
Verschönerung der Weihnachtsfeiern.
Im Juli 1931 fanden sich die Dreierschützen zu einem Wiedersehensfeste in
Birkseid ein. Der rührigen Tätigkeit des Obstl. Schenek war es zu danken, daß
die Feier einen herzerfreuenden Verlaus nahm. Großzügig wurde im Jahre 1932
die 15-Fahrfeier der Durchbruchsschlacht von Flitsch begangen. Brigadier GM.
v. Sagburg würdigte die unübertreffliche Tapferkeit der steirischen Truppen
und schloß seine begeisternden Worte mit einem „Heil!" aus die Helden von
Flitsch und aus die Helden, die dem Vaterlande auch heute Retter sein wollen.
Zum Zeichen enger Kameradschaft nahm anläßlich der Wiedersehensfeier der
26er-Schützen in Radkersburg der Dreier-Schützenbund mit einer Komp. teil.
Begrüßenswert erscheint der Beschluß, jedem Mitglieds, das bereits fünf
Jahre dem Bunde angehört, ein an den Weltkrieg gemahnendes Gedenkblatt
zu widmen. Um das Gedeihen des Bundes haben sich die jeweiligen Mitglieder
des Ausschusses, darunter in den zwei letzten Fahren namentlich die Kameraden
Obst. Karpellus, Obst. Strohschneider, Obstl. Schenek, Hptm. Di-
rektor Bratscher, Lt.Rfr. Schulrat Haller, Mjr. Kalcher, Obmannstell-
vertreter H a s i b a, Kassier W a p p e r, Schriftführer Posch und der ver-
storbene Rechnungsrat Horst verdient gemacht.
In der Hauptversammlung am 12. März 1933 legte Obst. Karpellus
aus Gesundheitsrücksichten seine Stelle als Obmann zurück, woraus Obst. Her-
mann Strohschneider zum Obmann, Hptm. Ing. Gartlgruber und
Kamerad H a s i b a zu Obmannstellvertretern gewählt wurden. Die Versamm-
lung ernannte Obst. Karpellus zum Ehrenobmann, Maria-Theresien-Ritter
FML. Josef Schön, GM. Otto v. Ellison, FML. Viktor S e i d l e r von San-
wehr, GM. Oskar Jäger und GM. Karl Rottenberger zu Ehrenmit-
gliedern.
Mit der Herausgabe der in zwei Bänden erschienenen Regimentsgeschichte
und der Errichtung des Regimentsmuseums krönte der Bund der Dreierschützen
seine Tätigkeit.
Das Regimentsmuseum ist ein Werk des Obstl. S ch e n e k, wofür ihm nicht
nur die den Weltkrieg überlebenden Angehörigen des Sch.R. 3, Ldst. 3, Sch.R.
26 und Feldjägerbaons 9 besonders danken, sondern überhaupt alle, die sich der
großen Bedeutung einer Traditionspflege bewußt sind. Dankbaren Herzens
werden auch spätere Generationen jenes Mannes gedenken, der mit großer
274
Geduld und in nimmermüder Arbeit das Regimentsmuseum geschaffen und da-
durch wertvolle Gegenstände, die an die Tapferkeit der Steirer im großen Welt-
ringen erinnern, der Nachwelt erhalten hat.
Das Museum ist im ehemaligen Osfiziersmessetrakt der szt. Siebener-
Kaserne, Graz, Laudongasse 8, untergebracht. Es besteht aus einer Ehrenhalle
und sechs weiteren Räumen. Vor dem Museum befindet sich eine Gartenanlage
mit zwei Gedenksteinen. Die Ehren- und Fahnenhalle birgt Gegenstände zur
Erinnerung an die Geschichte steirischer Feldjäger, Schützen und Landstürmer.
Sieben von den an der Saaldecke angebrachten steirischen Wappen erinnern
an den schmerzlichen Verlust deutscher südsteirischer Gebiete; es sind die Wappen
von Marburg, Cilli, Frieüau, Rann, Pettau, Windisch-Feistritz und Windisch-
Graz. Die Wände des Saales sind mit Schlachtengemälden, wovon ein großer
Teil von der Künstlerhand des ehemaligen Kriegsmalers Wilhelm Thöny im
Felde entworfen wurde, ferner mit Bildern und Portraits Gefallener sowie
mit Fahnen geschmückt. Erbeutete Gewehre, Minen, Schutzschilde, Lanzen, Luft-
torpedos find sinnvoll aneinandergereiht. Die Schaukasten bergen viel Inter-
essantes. In der Mitte der linken Seitenwand steht der steirische Landsturm-
mann in Eisen. In den Glasvitrinen sind unter anderem auch silberne Ehren-
hörner untergebracht. Eine Büste des letzten österreichischen Herrschers ziert den
Saal. Ein Relief, hergestellt vom Obstl. K u b i k des A.I.R. Nr. 9, bietet ein
anschauliches Bild des für die steirischen Truppen so denkwürdigen und ruhm-
vollen Durchbruches bei Flitsch. Der Saal II zeigt auch eine Nachbildung der
Telephonzentrale am Mte. Zebio 1917. Den Saal III zieren zum großen Teil
Wandbilder der Dreierschützen, des Landsturmes und der „Freiwilligen steirischen
Schützen". Die Wände des Saales IV schmücken ausschließlich Gemälde der
Dreierschützen im Weltkriege. Der Saal V ist den 26er-Schützen und der Saal VI
den Neunerjägern gewidmet. Der Saal VII kann als Waffensaal bezeichnet
werden.
Das Museum entrollt einen ansehnlichen Teil der Geschichte Österreichs.
Es wurde für die jungen Soldaten des Traditionsregimentes geschaffen, um
sie zur Nacheiferung ihrer Altvorderen zu erziehen. Die Anregung dazu ging
von Obstl. Schenek aus. Der Bund der Dreierschützen sprach in dieser Angelegen-
heit bei den maßgebenden Stellen vor und erreichte beim Bundesminifterium
für Heerwesen die Bewilligung zur Verwirklichung des Planes. In opferfreu-
diger Weife stellte der Bund der Dreierschützen einen Großteil der hiezu not-
wendigen Mittel zur Verfügung. Mit dem Museum haben alle jene, die zur
Schaffung desselben ihr Scherflein beigetragen haben, den jungen Soldaten des
A.I.R. 9 ein Geschenk gemacht, damit in ihnen die Erinnerung an die aus den
blutigen Schlachtfeldern erprobte Tapferkeit und Treue steirischer Truppen nicht
erlösche. Der Bund der Dreierschützen erachtet es als eine Ehrenpflicht, an dieser
Stelle dem Hüter der Traditionspslege in Österreich, Bundesminister für Heer-
275
wesen und General der Ins., Carl V a u g o i n, für die Förderung des Unter-
nehmens den aufrichtigsten und wärmsten Dank auszudrücken.
Möge die bisher geleistete segensvolle Arbeit des Bundes der Dreierschützen
den noch ferne stehenden ehemaligen Regimentsangehörigen ein Ansporn zum
Beitritt in den Bund sein, der zum Wohle des Vaterlandes und zur Erbauung
der Jugend jene Tugenden pflegt, die für den gigantischen Erfolg bei Flitsch
ausschlaggebend waren.
„Immer wie bei Flitsch!"
XIV. Auszeichnungen dev 3er-Schützen.
Die Helden der „Goldenen":
Korp. Rudolf Preis
Zgsf. Friedrich Riegler
Fhr. Leo König
Korp. Paul Hreczuk
Fldw. August Loitzl
Fldw. Franz Assinger
Zgsf. Joses Köppel
Fhr. Otto Nisser
Fhr. Josef Purkowiher
Fhr. Albin Hübler
Zgsf. Leo Andexa
Stbs.Fldw. Joh. Franek
Fhr. Karl Hartnagel
Zgsf. Johann Haas
Zgsf. Josef Hasiba
Korp. Stephan Krenn
Fldw. 3ohann Schrein-
lechner
Jnft. Jakob Moosbacher
Fhr. Ferdinand Wagner
Offzstv. Johann Franek
(zum zweiten Male)
Fhr. Othmar Huber
Fhr. Hermann Katschnig
Offzstv. Peter Kuhn des
Ldst.JR. 26
Offzstv. Rudolf Potpetsch-
nigg
Fhr. Dr. Oskar Wurst
Sch. Karl Anger
Korp. Matthäus Fellegger
Fldw. Friedr. Schwenker
Offzstv. Karl Schehl
Fhr. Rupert Perneg
Stbs.Fldw. Josef Resch
Lt. Reinhold Marinko
Fhr. Max Monschein
Fhr. Karl Kaser
Oblt. Franz Lorenzoni
Korp. Franz Leszyk
Zgsf. Johann Rechling
Fldw. Karl Schweiger
Schütze Johann Rupers-
berger
Obstl. Gustav v. Reu-
pauer
Korp. Valentin Taus des
Sch.R. 3 b. K.Sch.R.II
Die Helden der „Großen Silbernen":
mit einzelnen Ausnahmen, nur soweit sie noch in den Verordnungsblättern
verlautbart wurden, das ist ungefähr bis zur Verleihungszeit Anfang 1918.
Assinger Franz
Adlaßnig Anton
Artner Josef
Andexa Leo
Artner Josef (2. mal)
Aigner Friedrich
Ammer Anton
Albegger Max
Ableitner Ignaz
Adametz Dominik
Aigner Karl
Allmer Alois
Aufreiter Josef
Anseneck Johann
Anderwald Valentin
Binder Anton
Böiger Leo
Bengler Ignaz
Brandstätter Josef
Bogner Johann
Böck Alexander
Bayer Franz
Baumgartner Florian
Buchaus Anton
Baumgartner Florian
(2. mal)
Buben Josef
Brugner Johann
Brunner Gottfried
Brücher Lorenz
Bakun Ivan
Brandner Johann
276
Brandstetter Josef
Baum Josef
Bilinkiewicz Severin
Binder Matthias
Baumegger Georg
Bäcker Matthias
Bauernhofer Paul
Buchaus Anton
Bednarczuk Johann
Brandt Michael
Bartl Johann
Buchegger Johann
Brichac Franz
Brunner Johann
Bereszecki Adolf
Binder Friedrich
Bem Peter
Lserny Matthias
Cresnoverh Franz
Eernovsky Fritz
Dielt Johann
Dornig Johann
Dellacher August
Direder Michael
Ditthard Michael
Deutsch Anton
Denk Rudolf
Dorrer Karl
Dandl Josef
Drucker Jakob
Danystnk Alexander
Ehrenberger Raimund
Ebner Andreas
Ebner Hans
Eberhard Josef
Eberhard Alois
Edlinger Josef
Eigler Karl
Eibel Franz
Eichholzer Leopold
Edlinger Franz
Eherer Franz
Egger Franz
Erlbacher Franz
Flachhuber Max
Feichtenhofer Franz
Flirpatz Franz
Franek Johann
Ferner Adolf
Ftillop Josef
Fotzl Franz
Flucher Hans
Friesenbichler Leonhard
Fuchs Anton
Fitz August
Feldbaumer Johann
Fischelschweiger Otto
Fruhman Franz
Farnleitner Franz
Ferjaneie Josef
Ferstl Roman
Feistel Jakob
Fink Alois
Filipitsch Anton
Fink Anton
Ftirstner Matthias
Fried! Josef
Fuchs Karl
Forstner Matthaus
Fellner Stephan
Fink Karl
Folzer Johann
France Max
Friedmann Johann
Gaar Josef
Gaishofer Franz
Grengg Hermann
Glauzner Rudolf
Grietzl Johann
Galler Kilian
Graf Franz
Grabner Josef
Gottrvald Josef
Gfrerer Johann
Gigler Karl
Golles Franz
Graher Johann
Griebaum Alois
Gunegg Franz
Graf Franz
Gunzberg Rudolf
Gagl Johann
Gruber Anton
Gotschl Josef
Gollmann Franz
Gimpel Alois
Gaiswinkler Ernst
Griendl Heinrich
Ging! Karl
Graggl Franz
Gottlieb Franz
Gödl Franz
Gruber Matthias
Gmeiner Otmar
Ganster Johann
Gruber Johann
Gulka Semko
Gaube Peter
Gagl Johann
Sitz! Andrä
Goldner Rafael
Gordon David
Gohm Friedrich
Greimel Alois
Gasser August
Groll Raimund
Gutmann Anton
Gogger Franz
Gruber Franz
Geisbacher Max
Guttmann Wilhelm
Greiner Johann
Gaar Stefan
Harg Josef
Hannusch Johann
Horma Franz
Hermann Binzenz
Harb Johann
Hubmann Ludwig
Halbedel Johann
Holzinger Franz
Hrdlicka Ferdinand
Hraba Julius
Hauhendorfer Reinhold
Heinrich Josef
Hirzer Johann
Handschuh Alfred
Hogen Ludwig
Horwatitsch Ludwig
Hocke Albert
Hölter Franz
Horky Franz
277
Herbsthofer Johann Jlkow Theodor > Kotz Johann
Hajek Karl Jagoditsch Karl Kleinhansl Gottfried
Hödl Anton Janyszyn Jlko Köldörfer Andreas
Herie Friedrich Jlfinger Adolf Kiempl August
Honigl Johann heikler Josef Keck Josef
Hübler Franz Jocher Franz Körbel Karl
Höller Johann Jannach Stefan Kronhofer Matthias
Haller Thomas st. mal)
Höller Josef Kernbichler Josef Köck Friedrich
Hauser Josef Kolda Franz Kahls Wilhelm
Hyden Johann Kien Johann Kosuta Johann
Harker Ferdinand Kohurek Josef Kienzer Max
Hochthaller Johann Kindig Oskar, Dr. Krafutz Peter
Holzmayer Viktor Katlinger Paul Kopp Konrad
Hammerl Johann Krall Franz Kickmaier Franz
Holzer Karl Krall Erwin Kellerer Hermann
Hebenstreit Karl Köppel 3osef Koll Felix
Hengsberger Alois Kiendler Franz Knollmayr Johann
Hofer Kajetan Kirchweger Josef Klinger Alois st. mal)
Helling Karl Kernstock Franz Komaz Ludwig
Hofer Max Krainbucher Hugo Koineg Michael
Harb Johann Konrad Franz Kohlmaier Johann
Höller Josef Kainz Ludwig Kopeczny Arnold
Härtner Konrad Konrad Johann Kaiser Heinrich st. mal)
Heu Georg Kokol Franz Krems Anton
Hammerl Felix Kormann Karl Kniepeitz Franz
Hopser Franz Kern Karl Köberl Alois
Hofbauer Franz Kollment Franz Koci Vinzenz
Huber Ignaz Karner Michael Kerschbaumer Rupert
Hoppaus Emmerich Krenek Heinrich
Hofer Andreas Kammerhofer Josef Loitzl August
Haimböck Eduard Kainz Josef Lorenzoni Franz
Huber Johann Kainz Josef Lechner Johann
Hauser Josef Krenn Stefan Lorenzer Johann
Hirtner Franz Klar Franz Loidl Friedrich
Huber Otmar Kolda Franz Lasserz Karl
Herbst Karl Kue Michael Lorenz Josef
Hopfer Johann Kaiser Heinrich Labres Viktor
Hutterer Ferdinand Kümmel Josef Licht! Richard
Hofbauer Johann Kluska Eduard Löffler Franz
Hammer! Johann Krenold Vinzenz Luttenberger Alois
st. mal) Kohbeck Franz Leopold Franz
Hofer Max Koszyk Matthias Lang Johann
HudeLek Franz Kronhofer Matthias Lorber Alois
Heschgl Rupert Kanzler Johann Lienhart Anton
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Jagl Heinrich Kurz Sebastian Lux Ernst
Jlja§ Josef Klinger August Lukavsky Rudolf
Jöstl Johann Kojer Alois Langoth Josef
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ReinLhaler Gottfried
Ritz Alois
Ruprecht Konstantin
Rumpler Friedrich
Rumpf Johann
Rohrweck Johann
Resch Josef
Rautner Rudolf
Rechling Johann
Rohrbacher Otmar-
Rudolf Karl
Rindler Lukas
Riesenfellner Matthias
Reicht Franz
Ruhs Josef
Rath Franz
Rieger Franz
Rattin Batista
Rosenkranz Franz
Reiter Matthias
Rojc Josef
Raudner August
Repelnig Johann
Rest Johann
Rainhaber Josef
Reitbauer Rupert
Rücket Adolf
Raffi Friedrich
Roll Josef
Riedl Heinrich
Reishofer Franz
Renner Josef
Rumpler Fritz
Sprenger Bruno
Sprenger Karl
Skarlin August
Siegel Anton
Smolski Thaddäus
Seiche Max
Skala Karl
Spiegler Karl
Spanner Johann
Spiegler Karl (2. mal)
Sekoll Josef
Sprihey Josef
Supanitsch Michael
Sartory Julius
Silec Johann
Surowy Franz
Sackt Robert
Seinix Andreas
Seidl Franz
Seidler Nikolaus
Siegl Johann
Seykiewicz Michael
Spreitzhofer Franz
Salmhofer Michael
Semler Adolf
Solcher Pius
Sollath Rudolf
Schludermann Peter
Schachner Josef
Schlacher Richard
Schöberl Franz
Schehl Karl (2. mal)
Schneeweiß Josef
Schopf Josef
Schellauf Gerhard
Schmiedbauer Peter
Schehl Karl
Scholz Ernst
Schlosser Peter
Scheiber Kilian
Schicker Franz
Schullebauer Franz
Schönherr Josef
Schweiger Engelbert
Schlick Anton
Schöffbeck Michael
Scheck! Ferdinand
Schöggl Viktor
Schenk Alois
Schranz Hermann
Schögler Johann
Schmidt Otto
Schneeberger Jakob
Scheifinger Matthias
Schulter August
Schreiner Friedrich
Schabereiter Johann
Schreiner Florian
Schudar Josef
Schriebt Franz
Schischek Rudolf
Schemer Johann
Schaden Friedrich
Stubenrauch Karl
Strohmayer Karl
Strauß Franz
Steiner Johann
Stelzer Anton
Stab Anton
Stehno Josef
Stepanek Karl
Stirling Julius
Strohmeier Franz
Stefanetz Jakob
Steinbauer Johann
Stadler Johann
Strimitzer Vinzenz
Steinberger Josef
Stumpf Franz
Stecher Josef
Steiner Alois
Stix Alois
Struckly Johann
Streitmeier Konrad
Stadler Johann
Steindl Johann
Stacht Franz
Steinwidder Simon
Strick Max
Stecher Ludwig
ßtuckelschweiger Engelb.
Stojan Josef
Tür Anton
Tittelbach Friedrich
Tacotc Tonino
Traiter Alois
Thalhammer Josef
Thaller Florian
Thaller Valentin
Thaller Franz
Teschl Alois
Tengler Alois
Tippner Eugen
Trieb Johann
Tritscher Ernst
Traußnigg Otto
Tasch Josef
Tasch Josef (2. mal)
Thalmeier Franz
Troppacher Peter
Theiler Johann
280
Thaler Franz Wasitschek Alois Wiener Leonhard
Tuller Ludwig Weghofer Karl Wurzwallner Friedrich
Timmer Franz Möllmann Franz Winkler Matthias
Tatter Gottfried Werl Josef Meberhofer Engelbert
Mieser Franz Wessely Franz
Unterberger August Wolf Thomas Wesjak Johann
Url Franz Weiß August Wohlrab Johann
Urragg Karl Wagner August Wanicek Friedrich
Uccusic Karl Wünscher Franz Wimmler Johann
Ulrich Franz Weiß Johann Wenzel Ferdinand
Unterer David Weiß Ferdinand Wurst Herbert
Bock Kajetan Wöhlkonig Anton
Botruba Josef Winter Johann Zelatin Josef
Biertler Rupert Wrany Rudolf Zeritsch Rudolf
Beit Johann Wucki Alois Zorn Josef
Billizil Franz Waltersdorser Josef Zorn Karl
Bondrovsky Franz Wenisch Stefan Zehetgruber Rudolf
Wapper Anton Zaruba Josef
Watzinger Jakob Wurst Oskar, Dr. jur. Zingl Rupert
Wernhardt Otto Wohlmutter Leopold Zuppan Josef
Widtmann Josef Waidbacher Isidor Zottler Felix
Woschner Jakob Wünscher Rudolf Ziegerhofer Georg
Wippaunik Anton Wuth Anton Zechner Josef
Meinwurm Matthias Winter Johann u. s. w.
In derselben Zeit wurden dem Regiments weit über 2500 „Silberne
2. Klaffe" und unzählige „Bronzene" verliehen. Leider gestattet es der Raum
nicht, alle diese ebenso hochverdienten Kameraden hier anzuführen.
Berichtigungen.
Seite 12 und 21 statt Savageri richtig Oblt. Savagieri.
„ 42 „ 99 „ Kriz—Krisch richtig Oblt. K r i 2.
„ 154 „ 155 „ Prokesch richtig Oblt. ,P r o k i s ch.
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Inhaltsübersicht.
Seite
Vorwort des GM. Rudolf Müller . . 3
Vorwort des GM. Otto v. Ellison-
Ridlef .............................. 4
Vorwort des GM. Merten ................. 6
Vorwort des GM. Heinrich v. Tenner . 7
I. Die Maioffensive in Südtirol 1916 . . 8
1. Vorbereitungen ..................... 8
2. Das Kampfgebiet .................... 9
3. Allgemeine Lage ....................10
4. Gliederung des Regimentes ... 12
5. Das Regiment im Sterzinger Lager
und auf Eima di Vezzena .... 13
6. Vor dem Angriff...................16
7. Die Erstürmung der Levespitze . . 18
8. Die Eroberung des Marcai-Rückens 23
9. 3m Sturm über Manderiolo, Porta
di Manazzo, Mte. Paradiso zum
Kempel .........................31
10. Die Bezwingung des Mte. Kempel 36
11. Die Kämpfe bei Malga Portule,
Mte. Meata unb die Erstürmung
des Mte. Lucco .................42
12. Die Einnahme des Mte. Zoviello,
Roccolo Dubiello und des Mte.
Zebio ..........................48
13. Vor Asiago und Gallio...............53
14. Der Angriff auf Mte. Sisemol und
Stenfle ..............................59
15. Die letzten Tage auf Mte. Sisemol 67
II. Der freiwillige Rückzug auf Mte. In-
terrotto ...............................69
1. Der Rückzug in die Zwischenstellung 69
2. Die Kämpfe auf dem Mte. Interrotto 71
III. Der Stellungskrieg Md die Abwehr-
kämpfe im Verteidigungsabschnitt
südlich des Mte. Zebio...........82
1. Das Beziehen und die Einteilung
der Stellung bis 8. September 1916 82
Seite
2. Eroberung eines feindl. Stützpunk-
tes (Minenauges) vor dem Ab-
schnitt des II. Baons (Sekt. 61) und
Abwehr der heftigen Gegenstöße
(bis 11. Oktob. 1916).............85
3. Die Ueberwinterung auf dem Mte.
Zebio und im anschließenden Ab-
schnitt bis 7. Juni 1917 (vor den
großen Abwehrschlachten) .... 91
4. Gliederung des Regimentes ... 100
5. Die erste große Abwehrschlacht vom
8. bis 10. Juni. Die nachfolgenden
Tage bis 17. Juni 1917.......101
6. Die zweite große Abwehrschlacht
am 18. und 19. Juni. — Der Stel-
lungskrieg bis zur Flitscher Offensive 107
IV. Me Herbstoffensive 1917 gegen Italien 112
1. Allgemeine Lage und Angriffsplan 112
2. Das Kampfgelände des Flitscher
Beckens ..........................116
3. Anmarsch des Rgt. zur 12. Isonzo-
schlacht .........................117
4. Gliederung des Regimentes ... 118
5. Der Durchbruch von Flitsch . . .119
6. Die Erzwingung des Stol.........126
7. Der Siegeszug über Friaul und
Venetien bis an den Tagliamento 128
8. Der weitere Siegeszug bis an die
Piave ............................134
V. Die Kampfe um das Grappa-Massiv 141
1. Die Erstürmung des Mte. Roncone,
Eol di Baio, Mte. Eismon, Mte.
Fredina und Mte. Zaloppa ... 141
2. Der Angriff auf den Mte. Prasso-
lan und Mte. Pertica.............146
3. Die Erstürmung des Mte. Pertica 152
I VI. Unsere letzte Möglichkeit, den Welt-
krieg zu gewinnen..................164
288
Seite
VII. Die Stellungsperiode am Cot bei
Orso ...............................177
1. Die Abwehrkämpfe bis 13. April
1918 177
2. Die Retablierung im Raume
Bozen ..............................183
3. Die (erste) Verschiebung ins To-
nalegebiet .........................184
VIII. Die Kämpfe im Tonaleabschnitt. . 186
IX. Der Zusammenbruch ................194
Unsere Verluste im Weltkriege . . 198
Unsere Rgt.Korndtn. im Weltkriege . 199
Gedanken und Erinnerungen des Rgt.-
Seelsorgers Feldkuraten Dr. 3osef
Steiner .......................199
X. Dreierschützen bei fremden Truppen-
körpern ............................206
1. Das Sturmbataillon ................206
2. Albanien ..........................208
3. Dreierschützen im Verbände des
Sch.Rgt. 2 208
4. Dreierschühen im Verbände des
3.R. 47 209
5. Dreierschühen beim Ldst.3.R. 27 in
Rumänien ...........................210
XI. Der steirische Landsturm............213
1. Die steir. Ldst.3nf.Baone des ehern.
Ldst.Bezkrnds Graz Nr. 3 .... 213
2. Das Ldst.3nf.Baon 10...............214
3. Das Ldst.3nf.Baon 150 ............ 223
Sette
a) An der Kärntnerfront............223
b) 3n der Karpathenfront .... 225
4. Das Ldst.3nf.Baon 151 ........229
a) 3m Stellungskrieg an der Kärnt-
nerfront ...........................229
b) Während der Herbstoffensive
1917 231
c) Stellungskampf in Südtirol . . 233
d) Die letzten Tage des Baons . . 234
5. Das Ldst.-Marschb. 28, später Ldst.-
3nf.Baon 29 236
a) An der Kärntner Front .... 236
b) An der serb.-montenegr. Front 237
c) An der Tiroler Front .... 238
6. Das Ldst.3nf.Baon 156 238
7. Das Ldst.3nf.Baon 157 243
8. Das Ldst.3nf.Baon 30 247
a) 3n der 1. 3sonzoschlacht .... 248
b) Auf Doberdo ....................251
c) Der Kampf um die „Adria-
Werke" ..........................252
9. Das Steir. Freiwill. Schützenbaon 254
XII. Steirisches Alpenjägerrgt. Nr. 9 . . 260
1. 3m Grenzschutze ...................263
2. Die verstärkte steirische Brigade im
Vormarsch bei der endgültigen Land-
nahme des Burgenlandes .... 268
3. Das A.3.R. 9 in seinen Garniso-
nen Graz und Straß..............269
AI I I. Der Bund der Dreierschützen ... 271
XIV. Auszeichnungen der 3er-Schützen 276
284
Reg.-Geschichte Schützen 3
Beilage: A.
Mt. Roncone 1104
am 15. 11. 7 li 30 frjüh vom SchR. 3 u. 11/59
erstürmt. Verteidiger: Alpini-Baon Vai Ra-
gliamento und I Kompagnie des Alpini-Baons
Val Natisone.
Mt. Tomatico 1594
am 15. 11. 8 h früh von 2 Ba-
onen IR. 7 u. 1 Baon Bh. 2 er-
stürmt. Verteidiger: Alpini-
Baon Cismon.
Col di Baio 1204
ZUM HOHENANGRIFF GEGEN DEN MT. GRAPPA.
Mt. Peurna 1381
am 14. 11. vom SchR. 26 er-
obert. Verteidiger: Bersaglieri-
Baon 62 (auf dieser Seite) und
Alpini-Baon Mt. Arvenis (auf
der anderen Seite).
Mt. Fontana Secca 1608
am 21. 11. von 2 Baonen
KSchR. I erstürmt.
Mt. Cismon 1269
Mt. Fredina 1311
Cm a Val Tosella 1390
Col Zaloppa 1398
Nächtigung des SchR. 3
vom 15. auf 16. 11.
Mt. Prassolan 1481
am 16. 11. 9 h vorm, vom
SchR. 3 (mit 2 Gkn.) erstürmt.
Verteidiger: II. Baon des ital.
IR. 149 und 2 Komp. Alp.-Baon
Mt. Matajur.
1484 (2 km vom Col Zaloppa)
am 16. 11. 2 h nachm, vom SchR. 3
erreicht; weitere Vorrückung gegen
den am 16. 11. von den Italienern be-
setzten Mt. Pertica erst nach Ein-
treffen von Artillerie am 20. 11.
Der Angriffsweg des k. k. Schützenregiments Graz Nr. 3 vom Mt. Roncone (1S./11) über den Mt.
Ost. del Forcelletto 1392
Angriff des SchR. 3 auf Mt.
Pertica am 20. 11. blieb man-
gels ausreichender Artillerie-
wirkung am halben Hang lie-
gen; SchR. 3 harrt so 2 Tage
aus. Ein Angriff am 21. 11.
3 h nachm, scheiterte.
am 15. 11. 5 h nachm, nach
tapferem italienischem Widerstand
vom Baon I/TK.J. 4 u. Abt. SchR. 3
erstürmt.
Verteidiger: Bersaglieri-Baon 60
Mt. Pertica 1549 (2 km von
1484) am 22. 11. 9 h vorm. v.
SchR. 3 erstürmt.
SchR. 3 wehrt am 22. u. 23.
11. noch 14 Gegenangriffe ab.
Prassolan (16./11.) bis zum Mt. Pertica (22 /11.)
Col de Prai 1284
Ca Sorde 1069
am 16. 11. vom IR. 59 erreicht.
Cra Magnola
am 17. 11. vom
IR. 69 erstürmt.
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i570
U4nt
Klischees der Militärwissenschaftlichen und Technischen Mitteilungen. LVII. Jahrgang 1926, MauTuni,
Druck: Heinrich Stiasnys Söhne, Graz, Volksgartenstraße 12.
Das Grappagebirge vom Mt. Lambara 0465, Sette Comuni, westlich Enego, westlich der Brenta)
Angriffsgelände des L-J.-R.3 über Leve, Manderiolo gegen Kempel.
Beilage 42
Beilage 43
Beilage 44
Beilage 44
Beilage 45
M aSojiííS
Beilage 47
Das Regiment auf Dnterroffo
20-/VI. biS 15./VIII.1916.
~-:n\ geräumte
Verstellung
® Regiments:
Friedhof.
Verlage 48
Beilage 49
Beilage 50
Beilage 51
Beilage 53
Beilage 54
Beilage 55
Beilage 56
Tonale S*
des Regimentes
vom. 3. VII. 1918 bis Kriegsende.
Legende-
L Haubitz Baff.
i Posifions Bath
4 Normal G.
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V kl.Granatwerfer
sw. Feldwache
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H. Unger.
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Beilage 59
DerQrenz5d)üH2 adie Besitzergreifung
dö5 Burgeniandei 1921
Lage der ¿¿ter. Truppen an der burgantänd, MÄdlina>
Grenz« am 25.5ept.192t. y
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Zu untenstehender Skizze.
Lage das A-TB.I/9 geteilt in Unterabschnitte
A-Qvssing u. 8_5tr«m am w.12.1921
Rats.Kdo. ADR 9 (Obst. MEPICUS rn,1S<ad)
A (Qüssing)'- Ödst.MigmCUeritlfr-Magerl)
2.Hp-(Mfr. Lamminggr)1MCiZg.(Hptm.thall), »veire«
v C5rrem)0bsK.Si<qei, CMjr. ScheneK)
Jn irrem selbst: A. u. V.Kp. CMjr. IVeist o.ßer£abek )
2 MQZ^e (Hptm.Verleib u.Offzsfr. Wogn«r)
*/Z Tilxg.(Hffm:F«U«us)
Pion.Zg. CHprm.Kahlen?
jn£berau: 1. Kp.CMjr.EpP'C») u. Va Te(zg. I/p, hiev.
jn Vrastcum - -f 2g.( Hpfm-ton+icbar).
Nach Abzug wn IftiuJS/i aus Stremtal gelangte a. S.Hp.Mjr.Wetft w. t.MQZug
nochStMicbad, - nn I/io aus Koabtal im Feber V)22 d.2.hp.MJr.Frohlkhnac!)
Jennersderf ü.der ganze Unterabschnitt B nach Güssing.’Brig.- o.ngbXdo.n-Graz.
¿r. Gotffoard
Vorfasst I.Museum-Archiv d.^g.9;gez.A^«Me)er.
** Aisav^
p -S fl
v/m- *&Maahw
Reg.-Geschichte Schützen 3
Beilage: A.
Klischees
der Militarwissenf
Mt. Tomatico 1594
am 15. 11. 8 h früh von 2 Ba-
onen IR. 7 u. 1 Baon Bh. 2 er-
stürmt. Verteidiger: Alpini-
Mt. Roncone 1164 Baon Cismon.
am 15. 11. 7 h 30 früh vom SchR. 3 u. 11/59
erstürmt. Verteidiger: Alpini-Baon Val Ta-
gliamento und 1 Kompagnie des Alpini-Baons
Val Natisone. Col di
Der Angriffsweg des
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