aus, daß die Berge erzitterten. Das Riesengeschoß schlug am Matteogipsel in
einem lravernierten Munitionsdepot ein, dessen Explosion ein ganzes Baon ver¬
nichtete. Die K.Sch. nahmen hierauf den Mte. Matteo im Sturme.
In den oberen Kmdostellen fanden einige Verschiebungen statt. Der Divi¬
sionär, General Müller, hatte von Sr. k. u. k. Hoheit Erzherzog Peter Fer¬
dinand das Korpskmdo. zu übernehmen, General Merten das Kmdo. der
22. Sch.Dion. und General Diveky das 43. Brig.-Kmdo.
Uber die Zustände im Hinterland erfuhren wir weder aus den Zeitungen,
noch aus den zensurierten Feldpostbriefen etwas. Vom 15. Oktober an blieb
die Post ganz aus, auch rückten keine Urlauber mehr zum Rgt. ein. Die Front
war somit von der Heimat abgeschlossen. Am 20. Oktober langte von der Dion,
ein vom A.O.K. gefertigtes Phonogramm ein, das die Offiziere aufforderte, vor
fremdsprachigen Mannschaftspersonen auf der Hut zu sein. Die Nachricht machte
uns stutzig. Noch rätselhafter schien uns ein am 26. Oktober eingetrofsener, von
Kaiser Karl gezeichneter Armeebefehl, der eine vollzogene Verfassungsänderung
Österreich-Ungarns in gesonderte Nationalstaaten als wesentliche Bestandteile
der Monarchie unter dem Szepter Habsburgs ankündigte. Gleichzeitig wurden
alle Nationen aufgefordert, ihrem Eide getreu bis zur hoffentlich baldigen, sieg¬
reichen Beendigung des Krieges auszuharren.
Zwei Tage später rückte Obst. S a g a i, Kmdt. des Sch.R. 23, vom Urlaub
wieder zur Front ein. Er erzählte, daß man ihn von der Einrückung zurückzu¬
halten suchte und es im Hinterlande trostlos aussehe. An Stelle des Parlamentes
habe ein in Wien neugebildeter Staatsrat beschlossen, für Österreich einstweilen
die republikanische Staatssorm anzunehmen, da man dann leichter wieder zur
monarchischen zurückkehren könne. Ähnlich wie in Österreich, hätten sich in den
Nationalstaaten eigene Regierungen gebildet, die insgesamt Kaiser Karl unter¬
stehen. Es sei aber nicht ausgeschlossen, daß Änderungen eintreten. Ungeachtet
dieser Vorgänge waren wir bestrebt, unsere Stellungen bestens auszubauen.
Das tägliche Infanteriegeplänkel und die Art.-Duelle fanden immerwährend
statt. Eine starke Grippewelle erfaßte auch das Rgt. und verminderte die
Kampfstände beträchtlich. Doch der Geist des Rgts. konnte durch nichts beein¬
trächtigt werden. Auch bei den an der Brenta und Piave kämpfenden Truppen
scheiterten alle fdl. Angriffsversuche.
Am 29. Oktober um 14 Uhr 30 teilte Obst. Naab der Art.-Gruppe der
43. Sch.Brig. mit, ein vom A.O.K. bei der 22. Sch.D. eingelangtes Telegramm
stelle den Abschluß des Waffenstillstandes in 3 bis 4 Tagen in Aussicht, wozu
bereits alle Vorsorgen getroffen seien. Diese Nachricht erregte in uns freudigen
Widerhall. Wir waren der Meinung, daß ein Ausgleichsfriede Zustandekommen
werde, demzufolge die Fronten, durch eine Demarkationslinie getrennt, bis zum
endgültigen Friedensschluß bestehen bleiben. O, wie bitter sollten wir ent¬
täuscht werden!
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