Tatsächlich marschierten am 28. August die Gendarmeriekolonnen in das Burgenland ein. Es wurde sowohl im niederösterreichischen, als auch im steiri¬ schen Grenzabschnitt im allgemeinen die Linie A gewonnen und die Gendar¬ merie wurde teilweise mit aufrichtiger Freude als Befreier begrüßt; vielfach bewies aber die Einwohnerschaft auch Zurückhaltung, da sie schon unter dem Druck kommender Ereignisse stand. Bereits am ersten Abend zeigte es sich deut¬ lich, daß die weitere Ausgabe für den 29. August — die Erreichung der neuen Ostgrenze — nicht mehr ohne Schwierigkeiten vor sich gehen werde, da dagegen die gut organisierte Bandenbewegung der Freischärler schon vorbereitet war.*) Der 29. August brachte überall ernste Ereignisse. Außer Überfällen auf Gendarmerieposten, die blutige Verluste zur Folge hatten, wurden sogar ein¬ zelne Finanzorgane von Banditen in die Gefangenschaft verschleppt. Der bereits bis Jennersdorf unseren Gendarmeriekolonnen als Telephontrupps gefolgten Brig.Verb.Komp. Nr. 5 (Graz) wurde es anheimgestellt, sich im Falle drin¬ gender Notwendigkeit wieder auf die alte steirische Grenze westlich bei Hohenbrugg zurückzuziehen. Die Banditenüberfälle im Südabschnitt auf die bereits bezogenen Gendarmerieposten Inzendors, Heiligenkreuz und Mogers- dorf sowie die Bedrohung des eigenen Landes im Raum Fürstenfeld veranla߬ ten die steiermärkische Landesregierung, vom 5. Brig.-Kmdo. eine Assistenz- truppe zu verlangen. Da auch im Nordabschnitt (Niederösterreich) die für Öden¬ burg bestimmten Gendarmeriekolonnen schon bei Agendors aufgehalten wurven, mußte für dort militärische Assistenz angefordert werden. Die Verhandlungen, die sich nun zwischen der Generalkommission der Entente einerseits und dem Sektionschef Dr. Davy und der österr. Bundesregierung andererseits wegen der Fortsetzung der Landnahme entspannen, zeigten nur Unentschlossenheit, ja die Entente wollte weder mit eigenen Truppen, noch sonstwie helfen. Sie befahl sogar, den begonnenen Vormarsch einzustellen, da das Bundesheer die alte niederösterreichische, bezw. steirische Grenze nicht überschreiten dürfe. Damit war eigentlich die Tätigkeit der Exekutive lahmgelegt, zumal auch im steirischen Abschnitt die Gendarmerie bis hinter die ehemalige alte steirische Grenze zurück¬ genommen werden mußte. Diese Ereignisse waren der eigentliche Anlaß, daß sich der österr. Mimsterrat noch am 30. August entschloß, zum Schutze gegen Bandeneinfälle auf altes Staatsgebiet den „Grenzschutz" aufzubieten. Noch am 31. August nachmittags rollten die bereitgestellten Kräfte der Brigaden 1—4 an die Ostgrenze ab. 1. Im Grenzschutze. Befehlsgemäß marschierte am 31. August 1921 um 22 Uhr der Rgts.-Stab (Obst. Medicus mit engerm Stab) und das kombinierte Alpenjägerbaon 1/9, aus *) Die Freischärler trugen bürgerliche Kleidung, ein Abzeichen ihres wehrhaften Verbandes oder eine Kokarde; die Ausrüstung bestand in Rucksäcken, Schußwaffen ver¬ schiedenster Art und Handgranaten. 263