Millionenhauptstadt, war der Gewinn auch in militärischer Hinsicht vorteilhaft, da die bisherige Staatsgrenze aus der unmittelbaren Nähe Wiens doch etwas weiter nach Osten verschoben wurde. Das Österreich neu zugesprochene Gebiet unter der nunmehrigen Bezeichnung „Burgenland"*) wurde nach allseitiger Ratifizierung erst im Hochsommer 1921 spruchreif. Nach der ganzen Rechtslage wurde an eine friedliche Besitzergreifung gedacht. Obwohl der Aufbau des Bundesheeres noch nicht vollendet war, konnte es doch schon bei der Durch¬ führung dieser Ausgabe als unentbehrlicher Rückhalt dienen. Um ein enges Zusammenwirken zwischen der künftigen obersten Zivil¬ verwaltungsstelle des Burgenlandes und dem Kommando der allenfalls zur Verwendung gelangenden Teile des Bundesheeres herzustellen, wurde der Kommandant der 1. Brigade (der künftigen Burgenlandbrigade), Oberstbriga¬ dier Vidossich, der zur Führung der Truppen ausersehen war, am 11. Juni angewiesen, die Vorarbeiten für die Aufgaben des Heeres bei der Land¬ nahme im Einvernehmen mit dem Landesverwalter Sektionschef Dr. Davy durchzuführen. Demzufolge wurden am 19. August in 4 Brigadebereichen, dar¬ unter auch in Graz, taktische Einheiten für eine auswärtige Verwendung in den Garnisonen bereitgehalten. Obwohl die schon seit längerer Zeit vorliegenden Nachrichten erkennen ließen, daß die österr. Verwaltungsorgane beim Betreten westungarischen Bodens auf einen Widerstand irregulärer Verbände gefaßt sein müßten, sah der Plan der interalliierten Generalkommission, die im Auftrag der Pariser Botschafterkonferenz in Ödenburg die Übergabe zu vermitteln und zu über¬ wachen hatte, von jeder Teilnahme des Bundesheeres an der Landesübernahme ab. Dabei spielte, einem von der Bevölkerung teilweise vorgebrachten Wunsche folgend, auch die Absicht mit, dem österr. Herrschaftsbeginn jeden Schein einer- gewaltsamen Eroberung zu nehmen und dem Staatswechsel die Form eines freiwilligen Anschlusses zu geben. Nach den Anordnungen der Ententekommission sollten am 28. August lediglich Gendarmerie und Zollwache die bisherige Staats¬ grenze überschreiten und in 11 Kolonnen unter Führung von Ententeoffizieren bis zur Linie A (Skizze 59) vorrücken. Diese verlief über Kittsee und Halbturn, überquerte sodann den Neusiedlersee, ging westlich Ödenburg über Oberpullen- dors, Altschlaining, Kohfidisch, St. Michael gegen Heiligenkreuz und schied das Land in annähernd zwei gleiche Teile. Am 29. August sollte die künftige Ost¬ grenze erreicht werden und der Landesverwalter das Gebiet in ödenburg aus den Händen der Ententevertreter in aller Form übernehmen. *) Der Anschlußgedanke war zum erstenmal im Jahre 1917 offen ausgesprochen worden. Nach dem Umstürze wurde von einem Kreise volksbewußter deutscher West¬ ungarn, an besten Spiße Dr. Alfred Walheim trat, für diese Idee in Wort und Schrift öffentlich geworben und diesbezüglich auch mit der Bundesregierung Fühlung genom¬ men, so daß die österreichische Friedensdelegation über die Wünsche der benachbarten Deutschen unterrichtet war. Dr. Walheim ist der Schöpfer des Namens „Burgen land". 262