387 außerhalb der Vernunft und irgendwo jenseits der Erscheinung. Von dieser Vorstellung lebte der vulgäre Kantianismus. Fichtes Beurtheilung des „Aencsidcmus", Maimons „neue Theorie des Denkens" zeigten den Ausweg und ließen erkennen, wie sehr das Bedürfniß nach einer vollkommenen Auflösung des gesammten Pro blems schon die Geister ergriffen. Dieser Aufgabe fand sich Schelling gegenüber, als ihn der Drang des Philosophirens unwiderstehlich erfaßt hatte. Sein Ausgangspunkt war genau der fichtesche*). Seine erste Schrift will die Aufgabe nicht lösen, sondern bestimmen. Philosophie im Sinn der Wissenschaft ist nur mög lich als ein geschlossenes System, als ein Ganzes, dessen Form in einer nothwendigen und durchgängigen Einheit besteht. Ohne ein solches Einheitsprincip keine Wissenschaft, keine Philosophie; dieses die Möglichkeit eines Systems in sich tragende, das Ganze desselben aus sich gestaltende Princip ist „die Urform alles Wis sens", jene Einheit des Grundsatzes, welche der kantischen Lehre fehlt. Es handelt sich um den einen Grundsatz, in dem alles Wissen wurzelt, um die Auffindung desselben, in dieser Auffindung besteht die Theorie des Wissens, „die Urwissenschast". Offen bar muß der oberste Grundsatz einen unbedingten Inhalt (oder das Unbedingte zum Inhalt) haben, das Unbedingte ist durch nichts bedingt als durch sich selbst; was sich selbst bedingt oder sich selbst setzt, hat absolute Causalität, diese hat nur das Ich, nur das Ich ist unbedingt, alles andere ist bedingt durch das Ich, alles Bedingte ist Nicht-Ich. Der erste Grundsatz heißt demnach: „das Unbedingte—Ich", daraus folgt unmittelbar der zweite: „alles Bedingte —Nicht-Jch", und da alles Nicht-Jch nur durch das Ich gesetzt ist, dieses aber sich selbst nicht aufhebt, indem es das Nicht-Jch setzt, so ist die *) Ebendaselbst S. 87—89. 25 b *