Begründung, gesetzliche Grundlage und Auf-
gabenkreis der ^reisprüfungsstellen
mit Ausführungen über die Begriffe „täglicher Bedarf" und
„notwendiger Lebensbedarf".
Vom Kais. Geh. Regierungsrat Dr. Hans Stadthagen, z. Zt. Rat km
Kriegsernährungsamt.
1. Vorgeschichte.
Der gewaltige Krieg, dessen Ausdehnung und Dauer niemand
vorhergesehen hat, mußte die ganzen Wirtschaftsverhältnisse er
schüttern und alle selbsttätige Regelung des Handels nach Angebot
und Nachfrage über den Haufen werfen. Schon bevor die Ab
sperrungsmaßregeln Englands und seiner Verbündeten voll wirkten,
mußten bei dem gesteigerten und stürmischen Bedarf, der sich allein
aus der Versorgung der Millionenheere ergab, während anderseits der
zunehmende Mangel an Arbeitskräften, Rohstoffen, Futtermitteln
und Düngerstossen u. a. auch zu einer bei manchen Waren wesent
lichen Verminderung der inländischen Erzeugung führte, die Preise
nach Friedensgrundsätzen gewaltig ansteigen.
In den ersten Monaten des Krieges war es vornehmlich das
sofort einsetzende und aufflackernde Spekulationsfieber, das in Ver
bindung mit Angstkäufen, vorübergehenden Verkehrsstockungen und
militärischen Einkäufen die Preise zu ungerechtfertigter Höhe trieb.
Diese Erscheinung konnte durch entschiedene örtliche Maßnahmen der
kommandierenden Generäle sowie der Polizeibehörden vielfach fast
im Entstehen gedämpft werden. Später jedoch, im Laufe des Jahres
1915, zeigten sich derartige Einzelmaßnahmen nicht mehr als ge
nügend wirksam. Die Preissteigerungen setzten schon im Frühjahr
1915 bei vielen Waren in einem sd hohen Maße wieder ein, daß es
nicht mehr möglich war, ihnen allein durch die Anwendung des Höchst
preisgesetzes vom 4. August 1914 in der Fassung vom 17. Dezember
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