88 Endlich nach monatelangen Kämpfen und Strapazen kamen die beiden Regi¬ menter, sehr gelichtet in den Reihen, wieder in ihre Heimat zurück. Ehrenvoll und tapfer hatten die Söhne Oberösterreichs und Salzburgs für Kaiser und Vaterland gekämpft und gestritten. Ehre und Dank den wackeren Streitern. * * * Durch die furchtbaren Erfindungen neuer Mordwerkzeuge, die der Menschengeist ersinnt, werden die Kriege doch menschlicher geführt, als dies in früheren Zeiten der Fall war. Allerdings hat sich dies beim Balkankriege nicht vollkommen bewahrheitet. Ein Wiener Kriegsberichterstatter, welcher die Kampfe der M-ntenegrinee der Klmtari mtb Taralrosch mitgemacht und gesehen hat, schildert die'Greuel des Krieges in folgender Weise: I. Wenn man sich an den Militärkommandanten von Skutari, General Becir gewendet hätte, hätte man nicht nur keine Erlaubnis erhalten, die äußeren Positi- tionen zu besichtigen, sondern er hätte den gegebenen Befehl, auf jeden, der es ver¬ suchen sollte, dort einzudringen, zu schießen, in energischer Weife den Wachdetache¬ ment und Posten ins Gedächtnis gerufen. Und Becir ist ein Mann, der mit sich nicht spassen läßt. So beschloß ich, ohne viel Fragen und Aufsehen den „Berg des Todes", wie die Bevölkerung den vielgenannten Bardanjolt bezeichnet, zu besuchen. Die Sonne brannte heiß hernieder, als ich, die Stadt verlassend, der Brücke über den Kirisluß zustrebte, die Hassan Riza gebaut hatte, um die Äardanjolt-Grnppe bei Hochwasser nicht von der Stadt abschneiden zu lassen. An der Brücke standen drei Cernogorccn die mißtrauisch mein Hcrannahen beobachteten. „Stoj!" rief mir der eine zu und streckte gegen mich die Spitze des langen Stichbajonettes aus. „Vor allem, meine lieben Helden, einen guten Tag und dann geh Du mit Deinem Messer da zur Seite, sonst kann mir Dein Freund kein Feuer geben." Im Montenegrinerdialekte sprach ich lächelnd diesen Satz aus, der mir den Weg zum „Manne mit dem Feuer" und über die Brücke öffnen sollte. „Wir glaubten, Du seiest ein Latin (Oesterreicher)," entschuldigte sich der mit dem Bajo¬ nette und bald rauchten wir alle vier österreichische Zigaretten, gegen welche meine Oesterreichfeinde nichts einzuwenden hatten und von denen ich ihnen mehrere zum Andenken zurückließ. Die Brücke weist auf mehreren Stellen große Löcher auf, durch die man in die klaren Waffer hinabblicken kann; hier sind Granaten durchgegangen. Eine Feldbahn, die stellenweise zerstört ist, führt über die Brücke und windet sich hinauf zu den Geschützstellungen längs der Hügelkette Kodraerenzit und dann ge¬ deckt weiter zu den Positionen am sogenannten „kleinen Bardanjolt". Die Lawris sind umgestürzt und in ihren Schatten sitzen Montenegriner. Die Brücke und die Feldbahn waren für die Verteidigung von außerordentlichem SBerte, da sie Hassan Riza und später Essad Pascha die Möglichkeit rascher Kräfteverschiebungen und des regelmäßigen Munitions- und Verpslegsnachschubes für diesen Verteidigungssektor über den Fluß Kiri und seine Ufersümpfe bot. Durch diese Verbindung konnte der Verteidiger nach Bedarf in kurzer Zeit die bedrohten Punkte verstärken. Dem Ge¬ leise folgend, umging ich die versumpften Wiesen und schlug dann, Wassergräben überspringend und durch nasse Stellen stapfend, geradeaus die Richtung auf die erste sichtbare Position ein. Je weiter ich über die in saftigstem Grün prangenden und mit herrlichen bunten Blumeuteppicheu belegten Wiesen der Hügelkette zuging, umso schärfer wurde der Kadavergestank. Rechts, links, vorne, überall bleichten Pferdegerippe, noch zum Teil Leder- und Eisenzeug tragend. Zerbrochene Protzen und Räder, in die weiche Erde eingerammte Deichseln zeugten von den Schwierig-