60 Rüstung zum großen Waffengang offizier zugeteilte neue Thronfolger, Obst. Erzherzog Karl Franz Joseph, von Fall zu Fall in Schönbrunn zur Berichterstattung erschienen. Nichts¬ destoweniger wurde auch weiterhin, zumal in Wochen des Mißgeschickes., der Wissensdurst der Allerhöchsten Stelle nicht selten nur sehr unvoll¬ ständig befriedigt. Noch zugeknöpfter verhielt sich das AOK. gegenüber dem Mini¬ sterium des Äußern, den beiden Staatsregierungen und selbst gegenüber dem Kriegsministerium1). Der Generalstabschef war hiebei vor allem von der Sorge geleitet, daß die Geheimhaltung operativer Maßnahmen leiden könnte; aber nicht minder glaubte er, sich durch solche Zurück¬ haltung unerbetene Ratschläge und Einwirkungen am besten vom Leibe zu halten. Daß dies trotzdem nicht immer gelang, wird sich bei der Schilderung des serbischen Feldzuges und der Karpathenkämpfe erweisen. Übrigens haben auch die politischen Stellen das AOK. nicht durch allzu große Mitteilsamkeit verwöhnt. Die Zusammenarbeit der Heeresleitung mit den Heimatbehörden ließ ebenso zu wünschen übrig wie die der beiden Regierungen untereinander. Für das Zusammenwirken der Bundesgenossen hatte es im Frieden keinerlei andere Vorsorge gegeben als die gegenseitige Zuteilung von Militärbevollmächtigten. Die Vertretung der deutschen Heeresleitung beim k. u. k. AOK. fiel bei Kriegsausbruch dem vielgenannten Kriegshistoriker und Militärschriftsteller GLt. Freih. v. Freytag-Loringhoven zu, der im Jänner 1915 durch den GM. v. Cramon abgelöst wurde2). Zum Dele¬ gierten des öst.-ung. AOK. im deutschen Großen Hauptquartier wurde der FML. Graf Stürgkh bestellt3), an dessen Stelle im Frühjahr 1915 der GM. Ritt. v. Klepsch-Kloth trat. Der Verkehr der beiden General¬ stabschefs wickelte sich in den ersten Kriegsmonaten teils durch mehr oder minder regen Schriftenwechsel, teils mittels des Drahtes direkt zwischen 1) Conrad, IV, 645 ff; Ti s za, Briefe 1914—1918, I, (Berlin [1928]), 153 ff. G i e s 1, Zwei Jahrzehnte im nahen Orient (Berlin 1927), 257 ff. — GdK. Wladimir Freih. v. Giesl, vor Kriegsausbruch öst.-ung. Gesandter in Belgrad, wirkte bis Jänner 1915 als Delegierter des Außenministeriums beim AOK., mußte aber dann wegen Dif¬ ferenzen mit dem Chef des Generalstabes seinen Posten dem Botschafter Grafen Thum und Valsassina überlassen. Als zweiter Delegierter war der spätere Gesandte Friedrich Ritt. v. Wiesner eingeteilt. 2) Freytag-Loringhoven, Menschen und Dinge, wie ich sie im Leben sah.(Berlin 1923), 193 ff; Cramon, Unser österreichisch-ungarischer Bundesgenosse im Weltkriege (2. Aufl., Berlin 1922), 3 ff. 3) Stürgkh, Im deutschen Großen Hauptquartier (Leipzig 1921), 6 ff; des Verfassers Bruder war der österreichische Ministerpräsident Karl Graf Stürgkh.