Das Bahnnetz Österreich-Ungarns 5 Stoßes auf sich nehmen1). Das zu Anbeginn an ihre Seite tretende deutsche Ostheer war zunächst auf 12 bis 14 Divisionen angesetzt, denen man als erste Verstärkung 5 Infanteriedivisionen zweiter Linie zudachte. Diese Vereinbarungen zwischen den Verbündeten bedingten, daß im Kriegsfalle R die Hauptmasse des österreichisch-ungarischen Heeres, das heißt eigentlich jeder sonstwo entbehrliche Mann, gegen Rußland ange¬ setzt werde. Nun war es aber — bei aller durch die Erfahrungen aus den Krisen 1908/9 und 1912/13 bedingten Unwahrscheinlichkeit — doch nicht ausgeschlossen, daß Rußland bei einem Kriege Österreich-Ungarns gegen Serbien wenigstens für eine Zeitlang abseits blieb oder bleiben mußte und so dem Habsburgerreich Gelegenheit zur Entfaltung größerer Kräfte gegen den südöstlichen Bedränger bot. Inwieweit es möglich war, solche Lagen auszunützen, hing in hervorragendem Maße von der Ge¬ staltung und der Leistungsfähigkeit des Bahnnetzes ab. Schon in den Feldzügen 1859, 1864 und 1866 hatten die österreichi¬ schen Eisenbahnen der Kriegführung wertvolle Dienste geleistet. Seit 1865 gab es ein Eisenbahnbureau des Generalstabes2). Bevor das Kriegs¬ leistungsgesetz (1912) in Geltung trat, waren die gesetzlichen Grund¬ lagen für ein Zusammenarbeiten des Generalstabes mit den sehr mannig¬ faltigen Bahnbehörden sowohl für die Friedens- wie für die Kriegszeit noch recht wankend. Zudem war es selbstverständlich gewesen, daß sich der Ausbau des Bahnnetzes nicht nach den Kriegsbedürfnissen, sondern nach den Forderungen des friedlichen Personen- und Lastverkehres rich¬ tete und daß sich die Vertretungskörper nur äußerst selten bereit fanden, große Beträge für rein strategische Bahnen aufzuwenden. Nicht zum geringsten spielte hier — man denke an die Verbindung Dalmatiens mit dem Reich und an den vielgenannten Annaberger Anschluß zwischen Preußisch-Schlesien und Ungarn — die politische und wirtschaftliche Ri¬ valität der beiden Staatsgebiete hinein. So kam es, daß im Jahre 1914 nach Deutschland und der Schweiz 54 Schienenstränge, nach Italien 5, nach Rußland und Rumänien nur je 4, nach Serbien gar nur 1 Schienenstrang 1) Schriftliche Vereinbarungen zwischen Gdl. Conrad und dem Chef des rumä¬ nischen Generalstabes, General Alexander Averescu, 30. November 1912 (Conrad, II, 363 ff). Diesen zufolge hatte im Kriegsfall R die rumänische Armee mit 4 Korps im Räume Bîrlat-Eocçani-Tecuciu, mit 1 Korps bei Roman, mit 3 bis 4 Reservedivisionen bei Buzeu und mit 1 Reservedivision in der Dobrudscha aufzumarschieren. 2) S a u r a u und Meister-Keutnersheim, Unsere Eisenbahnen im Welt¬ kriege (Wien 1924), 8f; auch Meister, Geschichte des Eisenbahnbureaus (Mittei¬ lungen aus dem Eisenbahn- und Schiffahrtswesen im Weltkriege, Wien 1918, Septem¬ ber- und Oktoberheft).