4 Rüstung fcum großen Waffengang Einkreisung zuvorzukommen; doch setzte solchen Plänen die unbedingte Friedensliebe des Kaisers Franz Joseph I., des Erzherzog-Thronfolgers Franz Ferdinand und der verantwortlichen Staatsmänner stets ein un¬ überwindliches Hindernis entgegen. So schwere Gewitterwolken über dem politischen Horizont der Donau¬ monarchie hingen, so konnte der österreichisch-ungarische Generalstab doch nicht daran denken, seine technischen Vorbereitungen gegen einen gleichzeitigen Angriff aus drei Richtungen, von Rußland, vom Balkan und von Italien her, zu treffen. Hier mußte die Diplomatie helfen, mochte Conrad auch sonst dem Erfolge ihres Wirkens einiges Mißtrauen ent¬ gegenbringen. Immerhin aber hatten die Krisen von 1908/9 und 1912/13 klar geoffenbart, daß, ob von den großen Mächten nun Rußland oder Italien gegen Österreich-Ungarn auf den Plan trat, sich Serbien gewiß den Feinden des Habsburgerreiches zugesellen werde. Daraus ergab sich die Forderung, die Vorbereitungen für die Kriegsfälle R und I — so lautete die im k. u. k. Generalstab übliche Abkürzung — stets auch durch Vorsorgen gegen den Balkan, für einen Kriegsfall B, begleiten zu lassen. Seit dem Frieden von Bukarest (1913) wurde überdies für jeden der beiden Fälle auch der Anschluß Rumäniens an Rußland oder die beiden serbischen Königreiche in Rechnung gestellt1). Im Rahmen der vorlie¬ genden Darstellung sind nur die Maßnahmen für die Kriegsfälle R und B einer näheren Betrachtung zu unterziehen, da nur sie in die Tat um¬ gesetzt wurden. Der Aufmarsch unserer Streitkräfte gegen Italien voll¬ zog sich im Jahre 1915 in wesentlich geänderter, in Friedenszeit nicht vorgesehener Lage. Auch gegenüber Rumänien konnten sich die Kriegs¬ vorbereitungen nur auf eine Sicherheitsbesatzung in Siebenbürgen be¬ schränken, wie sie für dieses Grenzland im Kriegsfall R unter allen Umständen vorgesehen war. Gdl. Conrad stimmte seit dem Jahre 1909 mit dem deutschen Chef des Generalstabes GO. v. Moltke darin überein, daß bei einem Zwei¬ frontenkrieg Deutschland zuerst die Masse seines Heeres gegen den Feind im Westen zu führen habe. Moltke hoffte, diesen in möglichst kurzer Zeit, etwa binnen sechs Wochen vom Operationsbeginn an, besiegen zu können2). Dann sollten starke Teile des deutschen Heeres nach Osten geworfen werden. Bis dahin mußte Österreich-Ungarn — gegebenenfalls zusammen mit Rumänien — die Hauptlast des erwarteten russischen !) Die große Politik der europäischen Kabinette 1871—1914, XXXV (Berlin 1926), 317 ff. 2) Conrad, I, 383, 387.