— 128 — sich uns gegenüber auf die Feindlichkeit der öffentlichen Meinung berufen zu können und im Inlande unsere Zustände herabzusetzen, um den Mut zu wecken und im Bedarfsfalle Angriffsstimmungen hervorzurufen. Das Spiel der Regierung mit der Presse scheint mir aber — und das ist der große Unterschied zwischen dem vorigen Herbste und jetzt — doppelt gefährlich in einem Momente, wo die Bereit¬ stellung der Armee ihrer Vollendung entgegengeht. Jedenfalls spielt die Regierung ein äußerst riskantes Spiel; ob dessen Urheberschaft mehr Herrn Salandra oder Baron Sonnino zuzuschreiben ist, lasse ich unentschieden. Der selige Macchiavelli kann auf seine gelehrigen Schüler stolz sein. Die Frage aber, wer nach dieser Episode Italiens Freund¬ schaft suchen wird, scheinen die Herren sich nie vorgelegt zu haben. 141. Baron Burián an Freiherrn von Macchio. Telegramm. Wien, am 11. April 1915. Herzog Avarna hat mich gestern aufgesucht. Nach einer Ein¬ leitung, in der viel von historischen, ethnographischen und mili¬ tärischen Gesichtspunkten, sowie von einer angeblichen Inferiorität Italiens im Adriatischen Meere die Rede war, hat mir der Bot¬ schafter ein Memorandum in elf Artikeln vorgelesen, worin, um dem von mir ausgesprochenen Wunsche Genüge zu tun, die Be¬ dingungen und Abmachungen aufgezählt sind, welche die italienische Regierung zur Herstellung eines Übereinkommens und eines dauern¬ den guten Einvernehmens zwischen den beiden Mächten als un¬ entbehrlich ansieht. Das Memorandum, das Herzog Avarna mir sodann übergab, hat folgenden Wortlaut: „Article 1. L'Autriche-Hongrie cède à l'Italie le Trentino avec les fron¬ tières attribuées au Regno Italico en 1811, c'est-à-dire après le Traité de Paris du 28 février 1810. La nouvelle frontière se détache de la frontière actuelle à Monte Cevedale, suit pour un trait le contrefort entre 3a Valle Venosta et la Valle del Noce, descend ensuite à l'Adige, à Garga- zone, entre Meran et Bolzano, remonte sur le haut plateau de la rive gauche, coupe la Val Sorentina à moitié, celle de l'Eisack à Klausen et par le territoire dolomitique. de la rive droite de la rivière Avisio, en excluant les vallées Garden et Badia et en incluant la région d'Ampezzo (Ampezzano), rejoint la frontière actuelle.