— 40 — hätten uns in diesem Bestreben unterstützt. Von deutscher Seite sei uns allerdings die Versicherung gegeben worden, daß, falls Rußland eingreifen sollte, Deutschland uns zur Seite stehen werde. Unsere Aktion gegen Serbien sei aber nicht darauf angelegt ge¬ wesen, Rußland zu provozieren. Herzog Avarna konstatierte mit Befriedigung, daß sich hier eine freundschaftlichere Auffassung gegenüber der Stellungnahme Italiens manifestiere, als es zur Zeit seiner Abreise nach Rom der Fall gewesen. Indem ich dies unter nochmaligem Hinweise auf die Über¬ zeugung, Italien habe nur unter dem Drucke besonders schwieriger Verhältnisse seiner Bundespflicht nicht voll entsprochen, bestätigte, brachte ich dem Botschafter den Inhalt unserer Rückäußerung auf den Brief Marchese di San Giulianos an Herrn von Mérey vom 2. August 1. J. zur Kenntnis, wobei ich insbesondere darauf ver¬ wies, daß es nicht in unserer Absicht gelegen sei, das gegenwärtige Gleichgewicht auf dem Balkan oder in der Adria irgendwie zu stören, daß aber, wenn irgendeine Aktion unsererseits in dieser Richtung ins Auge gefaßt werden sollte, wir sicher zuerst das Be¬ nehmen mit dem italienischen Bundesgenossen diesfalls pflegen würden. 38. Graf Berchtold an Freiherrn yon Macchio. Telegramm. Wien, am 16. August 1914. Der italienische Botschafter hat gestern hier auftraggemäß mit¬ geteilt, daß das italienische Kriegsministerium im Tale von Lagna und von Cornazzo in der Nähe von Tarcento, Provinz Udine, Truppen zusammenziehe, um dortselbst schon seit langer Zeit im voraus bestimmte Übungen vornehmen zu lassen. 39. Graf Berchtold an Freiherrn von Macchio. Telegramm. Wien, am 20. August 1914. Herzog Avarna hat mir heute ein langes Telegramm seiner Regierung verlesen. Marchese di San Giuliano stellt darin zunächst fest, daß der deutsche Militârattaché in Rom die militärischen Vorbereitungen, die Italien an allen Grenzen getroffen hat, sehr stark übertrieben habe. Drei Gründe hätten die Regierung zu diesen Maßnahmen ge¬ zwungen: die Sorge, die öffentliche Meinung zu beruhigen, die Not¬ wendigkeit, die innere Ordnung aufrechtzuerhalten, endlich die Unmöglichkeit, auf andere Weise die infolge des Kriegszustandes