— 28 — 24. Graf Berelitold an Herrn von Mérey. Telegramm. Wien, am 2. August 1914. Ich ersehe aus Euer Exzellenz gestrigem Telegramme, daß die italienische Regierung gesonnen ist, eventuell zu einem späteren Zeitpunkte im Verlaufe des zu gewärtigenden europäischen Krieges aktiv einzugreifen. Ich habe mich angesichts dieses Umstandes heute Herzog Avarna gegenüber im nachstehenden Sinne geäußert : Um jedem Mißverständnisse vorzubeugen, lege ich Wert darauf zu konstatieren, daß die am 1.1. M. Herzog Avarna gemachten Eröffnungen über die Auslegung des Artikels VII unseres Bundes¬ vertrages auf Grund unserer festen Überzeugung gemacht wurden, Italien würde von Anfang an seinen Pflichten als Verbündeter im Sinne des Artikels III1) des Bundesvertrages nachkommen. Ich habe beigefügt, daß die Tatsache der unmotivierten Mobi¬ lisierung Rußlands gegen uns und gegen Deutschland, wie ins¬ besondere die nunmehr gemeldete Grenzüberschreitung russischer Patrouillen an mehreren Punkten der deutsch-russischen Grenze eine genügende Begründung für den Eintritt des casus foederis darstelle. Euer Exzellenz wollen sich im vorstehenden Sinne dem ita¬ lienischen Minister des Äußern gegenüber vernehmen lassen. Zu Euer Exzellenz persönlicher Orientierung füge ich bei, daß mir Herzog Avarna in warmen Worten seine Überzeugung ausgesprochen, daß Italien, selbst wenn nach striktem Wortlaute des Dreibundvertrages der casus foederis nicht gegeben wäre, die moralische Verpflichtung hätte, sich auf die Seite seiner Verbün¬ deten zu stellen. Er habe eindringlich in diesem Sinne nach Hause berichtet, wisse aber nicht, ob seiner Stimme maßgebendes Gewicht beigelegt werde. 25. Herr yon Mérey an Grafen Berchtold. Telegramm. Rom, am 2. August 1914. Ich habe den mir mit gestrigem Telegramme erteilten Auftrag bei Marchese di San Giuliano ausgeführt. Bis 5 Uhr nachmittags besaß Minister des Äußern noch immer kein Telegramm des Herzogs Avarna mit dem vereinbarten Texte, sondern im Gegenteile eine von gestern abends datierte Meldung, wonach Euer Exzellenz die italienische Interpretation nicht akzeptieren. Marchese di San Giuliano wollte daher vor Kenntnis des Textes absolut in keine Diskussion darüber eintreten, ob Italien *) Vide Anhang Nr. 14.