Der tapfere Hauptmann. (Nach einer wahren Begebenheit.) Draußen schlich einer die Feldwache an. Da ward ihm der Schädel zertrümmert. And über die zackigen Felsen warf man Die Leiche des Feinds unbekümmert. Ein Brief, der dem Toten entfallen war, Kam nachts in des Hauptmanns Hände, Und aus diesen Zeilen stieg, wunderbar, Das Märchen vom Kriegesende. Des Toten treues, liebendes Weib Schrieb hin in zitternden Zügen: „Ich trage dein sechstes Kindlein im Leib — Bald kommst du, bald wirst du es wiegen!" „And tot liegt er unten am Felsenhang," Hat leise der Hauptmann gesprochen. „Feind i st F e i n d!" — Wie schrill das klang Bom Leutnant, der nähergekrochen. Der Hauptmann ging und im Morgengrau'n Kam er von der Feldwache wieder. ... Durch Stunden dem Tode ins Auge schau'n. Erschöpft sank der Hauptmann nieder: „Ich wurde beleuchtet, beschossen, erstickt . . . War nahe schon am Berzagen, Doch war's mir, am Seile hängend, geglückt, Die Leiche zur Höhe zu kragen. Schaut nur, wie edel sein Antlitz ist! — Dort unken im Dorf wird fein Grab . . . And wenn sie am Kreuz seinen Namen liest. Wieviel ich der Aermsten gab! Mensch: st Mensch! — Herr Leutnant, wie gut, Wenn alle so dächten wie ich. Es handelt sich nicht ums verspritzte Blut: Das — Andere ist fürchterlich!" (Riva, Westfront 1916.) Karl Mayer-Freinberg Landsturmhauptmann. 113