Die PasubiO'liämpie
1916-1919
^«ttttalmaíov Qíftiot
Die österreichische Pasubio-Platte,
gesehen aus der Stellung der Italiener am Westhange der italienischen Platte.
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(916 « 1918
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4opyrí0l)f 1937 by 3. 51, "^eutfcfj, ^tigenj.
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Am 29. Oktober 1922 erklärte ein italienisches Gesetz die Zonen
des Mte. San Michele, des Sabotino; des Mte. Grappa und Pasubio als
,,Zona Monumentale" und stellte sie damit unter besonderen Schutz, „weil
diese Kampfstätten hervorragend geeignet sind, das wahre Gesicht des
Krieges und die Heldentaten und Leiden der Kämpfer zu vergegen-
wärtigen", Über den Pasubio sagt ein Bericht hiezu, daß er den Schlüssel-
punkt der Tridentinerfront vom Adamello bis zur Brenta war. Der Gipfel
des Pasubio wurde unverrückbar festgehalten, denn ein Verlust dieser
Position hätte den Zusammenbruch des ganzen Verteidigungssystems nach
sich gezogen.
Damit ist von italienischer Seite die besondere Wichtigkeit dieses
Berges betont. Er bildete aber auch für das im Jahre 1916 auf ihn vor-
geschobene österreichisch-ungarische Verteidigungssystem einen äußerst
wichtigen Stützpfeiler, dem ein sehr großer Wert beigelegt wurde.
Die Absicht der k. u. k. Heeresleitung, während der Frühjahrs-
offensive 1916 die ganze Pasubiohochfläche in Besitz zu bekommen, und
das Streben der Italiener, die Verteidigung aktiv zu führen und ihre Linie
mindestens bis auf den Colsanto vorzuverlegen, um so ihrer Verteidigung
einen stärkeren Halt zu geben, führte zu den hartnäckigsten Kämpfen, die
im Herbst 1916 ihren Höhepunkt erreichten und Angreifern wie Ver-
teidigern die schwersten Blutopfer auferlegten. Die Jahre 1917 und 1918
brachten zwar keine Großangriffe mehr, doch zehrten das nie aufhörende
Artillerie- und Minenwerferfeuer, der Hochgebirgswinter und schließlich
der Minenkampf in hohem Maße an den Nerven der Kämpfer.
So lagen sich die beiden Gegner in stetem wechselvollen, äußerst
verlustreichen Kampf durch 2% Jahre gegenüber, maßen ihre Kräfte in
Angriff und Abwehr und ertrugen die Schrecknisse der schweren Be-
schießungen. Und wenn der Hochgebirgswinter mit furchtbarer Gewalt
hereinbrach, dann wurde der Pasubio für beide Teile zur Hölle. Der
,,weiße Tod" forderte hüben und drüben oft mehr Opfer als eine heftige
Kampfhandlung.
Kaiserjäger waren es, die ihn durch fast 2% Jahre lang verteidigten
und ihn durch ihr Blutopfer, so wie den Col di Lana, zu einem Kaiser-
jägerberg machten.
Er war kein Berg, der nur als Grenzwacht diente. Er wurde zum
Schauplatz von Kämpfen, die in ihrer Wucht und Hartnäckigkeit auf ver-
hältnismäßig kleinem Raum für den einzelnen Kämpfer die gleiche Tapfer-
keit und Zähigkeit verlangten und die gleichen Schrecknisse, Qualen und
Leiden boten wie eine große Schlacht.
Zwar stehen dort heute keine Gedenksteine, die die Erinnerung an
die Heldentaten der k. u. k. Truppen wachrufen, doch werden in der
Geschichte des österreichisch-ungarischen Heeres und insbesondere in
der der Tiroler Landesverteidigung die schweren, aufopferungsvollen
Kämpfe der Kaiserjäger und aller Truppen, die um den Pasubio rangen,
einen Ehrenplatz einnehmen und auf diese Weise ein immerwährendes
Denkmal jener heldenhaften Zeit darstellen.
I. Sit 3c(t por unû nati òcc ^ticgaetflacung «Utalicno
bis gut gruljtoljreoffcnliöc 19nò.
Im Gebiet von Trient ist der Raum östlich der Etsch von den Lessi-
nischen Alpen ausgefüllt und durch die Vallarsa, das Terragnolo- und
das Asticotai in das Colsanto-Pasubiomassiv1) und in die Hochflächen von
Folgaria, Lavarone und Sette Communi geteilt.
Das Colsanto-Pasubiomassiv wieder ist vom Tal des Leno di Terra-
gnolo, von der Vallarsa, vom Val Leogra und Val Posina umgrenzt und trug
auf dem Kamm seiner nach Süden und Südosten steil abfallenden Fels-
abstürze und auf seiner höchsten Erhebung, dem Mte. Pasubio (2236 m),
die politische Grenze zwischen der österreichisch-ungarischen Monarchie
und Italien.
Für erstere bestand die militärische Wichtigkeit dieses Hochgebirgs-
stockes in der Hauptsache darin, daß das Gelände der Grenzlinie im Ver-
eine mit den benachbarten Gebirgszügen eine von Natur aus sehr starke
Abwehrstellung bildete und daß im Falle einer Offensive kein Gebirge vor
ihm den Abstieg in die italienische Tiefebene verwehren oder verzögern
konnte.
Bis vor dem Weltkriege meldete die Geschichte keine kriegerischen
Ereignisse auf der Hochfläche des Colsanto und Pasubio. Nur die begren-
zenden Täler, das Terragnolotal und die Vallarsa, hörten des öfteren den
Waffenlärm durchziehender Marschkolonnen.
Als Prinz Eugen während1 des österreichischen Erbfolgekrieges im
Jahre 1701 aus dem Sammelraum Rovereto in drei Kolonnen nach Italien
aufbrach, benützte eine derselben (600 Mann, 1400 Reiter, schwere Artil-
lerie und Troß) das Terragnolotal und den Borcolapaß2), eine zweite
(2500 Reiter und 6 Geschütze) die Vallarsa und den Campo grosso und
vereinigten sich in Legnano. Die dritte marschierte mit 18.000 Mann,
7400 Reitern und 20 Geschützen durch das Val Lagarina nach Ala und
Verona.
^ Über die Abstammung des Wortes Pasubio ist man sich nicht im klaren. Eine
Auslegung besagt, das Wort käme von pax ubi (dortt wo Friede herrscht). Nach der
alten Schreibweise Passubio glaubt man aber, das Wort besser von passuculum (piccolo
passo) — „kleiner Paß" oder von pasculum (pascolo) — ,,Weide" abzuleiten.
Colsanto ~ Heiliger Berg. Eine Sage behauptet, daß dort ein frommer Eremit
gehaust habe. Der Colsanto ist 2114 m, der Pasubio 2236 m hoch«
2) Borcolapaß 1216 m. Piano della Fugazza 1166 m hoch.
— 8 —
Auch Napoleon zog während seines Feldzuges 1796/97 nach Italien
mit Nebenkolonnen über den Borcolapaß und den Piano della Fugazza2)
in die italienische Tiefebene, während die Hauptkolonne Richtung übei
die Valsugana nahm,
Übersichtskarte des Pasubio-Gebietes.
Die letzten kriegerischen Ereignisse sah das Jahr 1866 beim Einfall
der Garibaldiner über die beiden genannten Pässe nach Tirol. Von da
ab gingen 51 Jahre des Friedens vorüber. Nur ungefährliche Übungen
der Kaiserjäger und Landesschützen störten im letzten Jahrzehnt vor d'em
Kriege in diesem Gebiete die heilige Ruhe der Berge und ließen erkennen,
— 9 —
daß dem Grenzraum eine besondere militärische Bedeutung beigemessen
werde. Als dann das Jahr 1915 die Südfront der Monarchie in das
Völkerringen miteinbezog, fiel auch das Colsanto-Pasubiomassiv in die
Kampfzone,
Niemals aber konnte man vorher ahnen, daß in einem kommenden
Kriege Tausende von Kämpfern durch Jahre hindurch in schwerstem
Ringen nicht nur gegen den Feind, sondern auch gegen die Naturgewalten
des Hochgebirgs sich gegenüberliegen, daß Tausende dort ihr Leben lassen
und daß jahrtausendealte Felsen unter der Wucht der explodierenden Gra-
naten und der gewaltigsten Sprengung des Weltkrieges ihr Antlitz ver-
ändern würden.
Topographisch hat der Gebirgsstock Colsanto-Pasubio dolomitischen
Charakter. Sein Oberteil ist zum Teil mit Almen bedeckt, zum Teil stark
verkarstet. Der Quellenmangel bildete schon bei Friedensübungen eine
stete Sorge. Die Hänge gegen die Täler fallen steil und felsig ab und sind
nur in ihrem unteren Teil mit Nieder- oder Hochwald bestanden.
Vor dem Kriege führten außer dem auch für Gebirgstruppen gang-
baren Weg von Rovereto über Moscheri—Bocaldo—Mga. Cheserle—
Colsanto-Schutzhaus—Sette Croci nur noch einzelne sehr schlechte, steile
Saumwege aus der Vallarsa durch das Val dei Foxi, Val di Piazza und
Val di Prigione und aus dem Terragnolotal auf das Plateau. An Unter-
künften gab es nur das Colsanto-Schutzhaus, die Landesschützenkaserne
(am Roiterücken) und das Finanzwachhaus (Wellblechbaracke) in der
Cosmagonmulde.
Der Colsanto-Pasubiostock trug keine Befestigung. Erst als im Jahre
1913 mit einer großzügigen Ausgestaltung der Südfront Tirols begonnen
wurde und im Anschlüsse an die Etschtalsperre (Altissimo—Serravalle—
Coni Zugna) die Arsasperre (bei Mattassone und Valmorbia) am Pasubio
einen Flügelanschluß erhalten sollte, wollte man auch ihn in die Befesti-
gungslinie miteinbeziehen.
Mit Beginn des Krieges im Jahre 1914 lag der Bau der genannten
Befestigungslinie in den allerersten Anfangsstadien (Herstellung von
Straßen und Unterkünften etc.), am Pasubio jedoch war naturgemäß noch
keine Arbeit in Angriff genommen.
Trotzdem glaubte man, als es im Laufe des ersten Kriegsjahres
immer klarer wurde, daß Italien nicht auf der Seite des Bundesgenossen
im Dreibunde bleiben würde, die Verteidigungslinie von Riva über den
Nordhang des Altissimo — Vignola — Coni Zugna — Cima Posta — Campo
grosso—Piano della Fugazza—Pasubio—Borcolapaß und weiter auf die
Hochflächen halten zu können.
Als aber in der Folge der Krieg gegen Rußland und Serbien die
Kräfte der Monarchie in ungeahntem Maße in Anspruch genommen hatte
und ein verläßliches Halten der genannten Linie kaum möglich erschien,
entschloß sich die k. u. k. Heeresleitung, die Verteidigungsfront zu kürzen
und auf folgende Linie zurückzuverlegen: Festung Riva, Nordhang des
Loppiotales, Mte. Nagia, Mte. Fae, Fojaniche, Etschsperre, Südrand von
— 10 —
Sacco und Rovereto, Mte. Ghello, längs des Nordrandes des Terragnolo-
tales, Finocchio, Ort Serrada, Dosso del Sommo mit Werk Serrada und in
der Fortsetzung über die Hochfläche von Folgaria.
Diese Linie fiel in den Bereich des Rayons III (Südtirol) FML. von
Können-Horak.*)
Ihm standen nach der Kriegserklärung Italiens Teile der 1. italie-
nischen Armee, die vom Stilfserjoch bis einschließlich Cismonetal reichte,
gegenüber« Auf österreichisch-ungarischer Seite hatten nur wenig ausge-
bildete und erst zusammengestellte Infanteriebataillone und Stand-
schützenformationen mit geringer Artillerie die Stellung besetzt.
Der gut eingerichtete Kundschaftsdienst der Italiener ließ annehmen,
daß sie über das ungünstige Kräfteverhältnis wohl unterrichtet waren.
Man konnte daher mit Berechtigung besorgt sein, daß die italienische
Übermacht sofort zu einem wuchtigen Schlage ausholen werde,
Doch wider Erwarten verliefen die ersten beiden Tage nach der
Kriegserklärung (am 23. Mai) ruhig.
Erst am 24. Mai wurde das Vorfühlen kleiner Abteilungen gemeldet.
An diesem Tage hatten 100 Mann der 108. Kompagnie des Alpinibataillons
Vicenza und ein Zug Sappeure den Pasubio besetzt. Am nächsten Tag
verstärkte das Alpinibataillon Val Leogra und die 93. Kompagnie des
Alpinibataillons Vicenza die Besatzung, die nun ihre Erkundungsabteilun-
gen bis auf den Colsanto vortrieb. Drei Tage später kamen noch zwei
andere Alpinikompagnien und eine Gebirgsbatterie hinzu, während ein
Bataillon JR. 80 den Piano d'ella Fugazza in Besitz nahm.
Erst nach einer Woche (am 3. Juni) wurde ein neuer Schritt vor-
wärts gemacht. Zwei Kompagnien des Alpinibataillons Val Leogra und
die 57. Gebirgsbatterie schoben sich auf den Colsanto vor, links davon
im Anschluß setzten zwei Kompagnien des Alpinibataillons Vicenza sich
in Besitz des Mte. Testo und Spil.
Die Italiener hatten nun die Linie Colsanto—Testo—Spil als die
Linie des ersten Abschnittes ihrer Vorrückung erreicht, Sie wurde end-
gültig besetzt und verstärkt. Alle diese Aktionen fanden keinen Wider-
stand und wurden kampflos durchgeführt.
Die Besatzung des Pasubio erhielt aber noch weitere Verstärkungen.
Als am 9. Juni k. u. k. Truppen den Mte. Maggio3) in Besitz nehmen
wollten, glaubten die Italiener an den Beginn einer offensiven Tätigkeit
und verstärkten vorsichtshalber die Besatzung am Colsanto um eine Bat-
terie G 149 mm und eine Gebirgsbatterie.
Einige Tage später nahmen die Geschütze des Werkes Serrada1) und
die Stellungsgeschütze vom Finocchio1) den Raum Pasubio unter Feuer.
*) Siehe bei Seite 16 die Übersichtskarte des Kriegsschauplatzes in Tirol.
•"') Nach Spezialkarte (1:75.000), siehe Seite 139,
Mte. Maggio (1857): 6 km östlich des Colsanto, am. östlichen Begleitrücken des
Terragnolotales.
Wk. Serrada: Ort Serrada 6.5 km nördlich des Colsanto, Wk. Serrada ca. 1.5 km
südöstlich des Ortes. — Finocchio (1603): 8 km nordnordwestlich des Colsanto.
— 11 —
Die Italiener, in der Meinung, daß der vermutete Angriff gegen den Col-
santo einsetzen werde, ließen am 16- Juni. Verstärkungen dorthin abgehen,
„um dem Verteidigungssystem des Pasubiogebietes einen stärkeren Halt
zu geben". Zwei Kompagnien des ffi/794) kamen auf den Pasubio, zwei auf
den Piano della Fugazza. In weiterer Folge wurde die vorgeschobene
Stellung am Colsanto ständig vom III/79 und mit Artillerie besetzt ge-
halten.
Später schoben sie allerdings ihre Linie noch weiter, bis an den Süd-
hang des Finocchio, vor.
4) JR. 79 gehörte zur Brigade Roma.
Seine k. u. k. Hoheit Feldmarschall Erzherzog Eugen,
von Dezember 1914 bis Mai 1915 Kommandant der Balkan-
streitkräfte, von Mai 1915 bis März 1916 Kommandant der
Südwestfront, von März 1916 bis März 1917 Kommandant
der Heeresgruppe Erzherzog Eugen in Tirol, von März
1917 bis Jänner 1918 Kommandant der Südwestfront.
(Bild aus „Tiroler Kaiserjäger im Weltkrieg" von Guido Jakoncig.
Verlag Wagner, Innsbruck.)
II. Bit ^efißnotimß tica dolíanlo »nlircnO 60t
J$(6.
Als Mitte Dezember 1915 der Balkanfeldzug ein gutes Ende erhoffen
ließ, beabsichtigte die k. u. k. Heeresleitung gemeinsam mit dem deut-
schen Bundesgenossen, eine Offensive gegen Italien zu führen. Da aber
nach längeren Verhandlungen ein gemeinsames Vorgehen nicht zu erzielen
war und bekannt wurde, daß der Chef der deutschen Heeresleitung,
Gen, von Falkenhain, seinen Plan eines entscheidenden Schlages gegen
Frankreich in kurzer Zeit in die Tat umsetzen würde, entschloß sich
GO. Conrad, den überraschenden Vorstoß aus Südtirol, der als Rücken-
angriff auf das italienische Heer große Wirkung versprach und die Isonzo-
front stark entlasten konnte, ohne fremde Hilfe durchzuführen.
Die Absicht war, mit der 11. Armee im Operationsraum zwischen
der Etsch und Brenta, den Lessinischen Alpen, mit gut zusammengehal-
tener Hauptkraft von Lavarone und Folgaria auf Thiene und Bassano vor-
zustoßen, während die 3. Armee je nach Lage, wenn möglich zur Aus-
nützung des Erfolges beim Austritt aus dem Gebirge, verwendet werden
sollte.
Den Oberbefehl führte GO. Erzherzog Eugen als Heeresgruppen-
kommandant, Generalstabschef war FML. Alfred Kraus.
Die angreifende 11. Armee, GO. Dankl, bestand aus dem VIII. Korps,
FML. v. Scheuchenstuel, mit der 57. und 59. JD. (20 Infanteriebataillone),
XX. Korps, FML. Erzherzog-Thronfolger Karl, mit der 3. und 8. JD.
(32 Infanteriebataillone), III. Korps, GdJ. Krautwald, mit der 6. und 28. JD.
und der 22. SchD. (39 Infanteriebataillone), XVII. Korps. GdJ. Kritek, mit
der 18. und 48. JD. und der 181. Jbrig. (26 Infanteriebataillone).
Es hatten anzugreifen:
VIII. Korps zwischen Etsch und Lenotal (Terragnolo), Richtung
Piano della Fugazza,
XX. Korps nördlich des VIII. bis einschließlich Asticotai, Richtung
Thiene,
III. Korps zwischen Asticotai und Nordabfall der Sette Communi,
XVII. Korps im Suganatal.
An Artillerie standen zur Verfügung: 892 Geschütze, hievon 182
schwere und 62 schwerste.
Generaloberst Viktor Graf Dankl,
Sieger von Krasnik, 1914/15 Kommandant der k. u, k. 1. Armee in Galizien
und Rußland, ab Mai 1915 Landesverteidigungskommandant von Tirol, dann
ab Mai 1916 Kommandant der k. u. k. 11. Armee bei der Frühjahrsoffensive
aus Südtirol.
(Bild aus dem Gedenkwerk „Kaiserschützen, Tiroler-Vorarlberger Landsturm und Standschützen".)
— 15 —
Das Gelände des Colsanto-Pasubiomassivs lag im Angriffsraum der
zum VIII. Korps gehörenden 59, JD. (Gm. Kroupa).
Der nördliche Teil des Massivs wird von der Colsanto-Hochfläche
gebildet, die bei Rovereto mit der steilen Moscheri-Platte beginnt, dann
stufenartig in immer mehr sich verbreitenden Platten gegen ihre höchste
Erhebung, den Colsanto (2114 m), ansteigt. Das Massiv erreicht dann
weiter im Pasubio (2236 m)1) seinen höchsten Punkt.
Es war klar, daß dieses Gelände dem Angriff große Schwierigkeiten
bieten und der Widerstand des Gegners ein abschnittsweises Vorgehen
notwendig machen werde.
Auf italienischer Seite fiel der Colsanto in die unter Kommando des
Gen. Oro stehende Sperrzone Agno—Posina, die, in zwei Sektoren geteilt,
von der Vallarsa bis zum Mte. Maronia1) reichte und zum italienischen
V. Korps (Gen. C. Zoppi) gehörte. Im Sektor Vallarsa war die Brigade
Roma (Gen. Ricciardi) eingesetzt, im Sektor Terragnolo standen zwei
Bataillone JR. 79 und die Alpinibataillone Val Leogra und Mte. Berico
unter Obstl. A. Porta. Die wichtigsten Pfeiler des Verteidigungssystems
aber, der Colsanto und der Borcolapaß, waren in Händen des 44. Terri-
torialmilizregimentes.
Mit dem Angriff auf das Colsanto-Pasubioplateau fiel der 59. JD.")
eine sehr schwere Aufgabe zu. Sie hatte vorerst den Feind von der Berg-
stufe Piazza—Noriglio zu vertreiben und später den Colsanto zu erobern.
Der erste Teil der Aufgabe war angesichts des Umstandes, daß die An-
griffstruppen, in breiter Front kämpfend, zuerst ins Terragnolo hinunter-
steigen mußten, um dann im steilen Aufstieg sich die Höhen des Colsanto
zu erkämpfen, ein besonders schwieriger.
Zum Angriff war die 18. Gebirgsbrigade westlich, die 10. östlich ein -
gesetzt.
Der anfangs mit 11. April festgesetzte Beginn der Offensive mußte
wegen starkem Schneefall, der auf den Hochflächen mehrfach 2 Meter
überschritt und jede Bewegung bei "Mensch und Tier ausschloß, ver-
schoben werden. Erst Ende April begann wärmeres Wetter und man
konnte den Beginn mit Mitte Mai festsetzen. Durch das Verschieben des
Angriffstermines aber war auch den Italienern Gelegenheit gegeben, sich
über die Angriffsabsichten auf der Gegenseite zu unterrichten und Vor-
kehrungen zu treffen. Das Überraschungsmoment ging verloren.
x) Auf italienischen Karten auch mit ,,Paloni" bezeichnet.
2) Mte. Maronia (1705) 3.4 km nördlich Mie. Maggio (Spez.-Karte).
:1) Zusammensetzung der 59. JD. (Kindt. Gm. Kroupa).
10. Gbbrig. (Obst. v. Hranilovic). 18. Gbbrig. (Gm. Skvor),
1/48 Mjr. Harbacher, III/31 Obstl., Berti,
1/62 Mjr. Czikely, 11/60 Obstl. Christian,
1/90 Mjr. Band, Fjb. 3 Obstl. Klempa,
11/92 Mjr. Schulhof, Fjb. 15 Mjr. Reinprecht,
II/bhL Hptm. Stromer, Fjb. 26 Mjr. Stumpf,
Stdschbataillon Schwaz (Mjr. Benz), 5 Baone — 12 MGA. — 2 Gbknbt,
(> Baone — 10 MGA. — 1 Gbknbt. — 1 Gbhbbt.
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Schematische Darstellung der in den Tagen vom 15. bis 20. Mai 1916
auf dem Colsanto—Pasubioplateau von den angreifenden k. u. k. Gebirgsbrigaden
erreichten Linien.
sM
— 17 —
Um 6 Uhr früh des 15. Mai begann auf der ganzen Linie die mächtige
Artillerie des Angreifers mit der Einleitung des Kampfes.4)
Nach 2 Stunden ging die 59. JD. zum Angriff über.5) Die 18. Gbbrig.
konnte nach heftigen Kämpfen den starken Widerstand bei Senter und
Ponte San Columbano (2 km südöstlich Rovereto),
benannt nach dem Kirchlein in der Felswand.
Pinteri überwinden und sich an den Lenobach heranschieben. Die 10.
nahm wohl Pergheri und Zengheri ein, traf aber bei Potrich und Piazza
4) Auch die schweren Fernkampfbatterien im Etschtal nahmen an der Vorberei-
tung der Angriffe teil. Am 15. Mai gab die 38 cm M 16 Haubitze „Gudrun" 4 Schuß
auf Moscheri und 6 auf Toldi ab.
Alle in der Folge angeführten Angaben über die Mitwirkung der Fernkampf-
batterien sind dem Aufsatz des Gm. d. R. Ing. Padiaur, Militärwissenschaftliche und tech-
nische Mitteilungen, 1923, Heft 7/8, entnommen.
5) Die jedesmal am Abend der einzelnen Kampftage von den k u. k. Truppen
erreichten Räume sind der vorstehenden Skizze zu entnehmen.
Schemfil, ,.Die Pasubio-Ivämpfe"
2
— 18 —
auf kräftigsten Widerstand des III/79 der Brigade Roma und der Alpini
der Bataillone Val Leogra und Mte, Berico,
Am nächsten Tage (16. Mai) konnten die Bataillone der 18. Gebirgs-
brigade, denen die Brücke bei San Columbano6) unversehrt in die Hände
gefallen war, den Lenobach überschreiten und je ein Bataillon des italie-
nischen JR, 79 und 807) zurückwerfen. Erst am Plateau von Pozza—Vanza,
wo der Kommandant der Sperrzone Agno—Posina, Gen. Oro, durch sein
persönliches Eingreifen den Widerstand versteift hatte, wurde ihnen Halt
geboten. Indessen hatte die 10. Gebirgsbrigade trotz des Sturmreif-
schießens der Orte Piazza, Potrich und Valduga einen außerordentlich
Piazza im Terragnolotal.
heftigen Kampf auszufechten. In Handgranatenkämpfen von Haus zu Haus
und Mann gegen Mann wurde erbittert gerungen. Die dort in Verteidigung
gestandenen italienischen Truppen hatten sich heldenhaft gehalten. Nach
Potrich fiel in der Nacht auf den 17. Valduga und in den Morgenstunden
Piazza. Hier war jeder Widerstand und jede Aufopferung nutzlos, da die
benachbarte 8. JD. (rechter Flügel des XX. Korps) bereits weit über den
Mte. Maronia hinausgedrungen war und Piazza im Rücken bedrohte.
Trotz der hartnäckigen Kämpfe waren die Verluste der 59. Division
in diesen beiden Kampftagen nicht übermäßig groß. Die 18. Gebirgsbrigade
hatte 110 Tote und Verwundete, die 10. 100 Tote und 346 Verwundete,
6) Die Brücke von San Columbano wurde von einer Kompagnie (Oblt. i. d. Res.
Benedek) des Feldjägerbataillons 26 genommen.
7) Brigade Roma (Gm. Ricciardi).
— 19 —
Verschiedene Anzeichen ließen erkennen, daß der Widerstand des
Gegners sich weiter verstärken werde. Daher setzte das VIII. Korps-
kommando noch am 16. abends die 9. Gebirgsbrigade (Gm, Hrozny) mit
dem Auftrage ein, am rechten Flügel der 18. Gebirgsbrigade über Vanzo
gegen Pozzacchio und den Mte, Spil vorzugehen.
Auf der Moscheri-Platte8) lagen sich inzwischen Angreifer und Ver-
teidiger in der Linie Bocaldo—Kote 856 und Piache gegenüber, In den
Morgenstunden des 17. Mai stand die 18. Gbbrig. zum Angriff gegen Bo-
caldo bereit und wartete nur das Eintreffen der 9. Gbbrig. ab, die sich in
den Nachmittagsstunden bei Spino zum Angriff gegen Bocaldo gruppiert
hatte.9)
Bevor aber der Angriff begann, setzten die Italiener trotz des mäch-
tigen auf ihnen liegenden Artilleriefeuers ihrerseits zum Angriff an, der
sich in der Hauptsache gegen die 18. Gbbrig. richtete, von ihr aber ab-
gewehrt wurde. Nach Einbruch der Dunkelheit wiederholten die Italiener
ihre Anstürme, drangen aber nirgends durch. Der Kampf kostete auf bei-
den Seiten beträchtliche Verluste.10)
Der in den Vormittagsstunden des 18. Mai wieder beginnende An-
griff der beiden Gebirgsbrigaden erreichte um die Mittagszeit seinen
Höhepunkt.11) Der italienische Stützpunkt Höhe 856, Bocaldo und Giacerà
wurden genommen. Weiter östlich konnte das Feldjägerbataillon 15 den
bei Piache hartnäckig Widerstand leistenden und an Zahl weit über-
legenen Gegner gefangennehmen. Die Truppen der Brigade Roma (II und
III/80) hatten sich tapfer geschlagen, ihr Widerstand ließ aber gegen Nach-
mittag merklich nach und brach schließlich ganz zusammen. Diese Er-
scheinung dürfte mit den Fortschritten der 10. Gebirgsbrigade im Terra-
gnolo bei Piazza im Zusammenhang gestanden sein. Nach Einnahme dieses
heißumkämpften Ortes in den Morgenstunden des 17. Mai war das 1/48
im Laufe der sofort aufgenommenen Verfolgung gegen die Costabella auf-
gestiegen, hatte dort eine feindliche Nachhut vertrieben, die bei Mga.
Sarta neuerdings Widerstand leistende italienische Abteilung am 18. an-
gegriffen und etwa 400 Gefangene der Territorialmiliz gemacht. Andere
Bataillone der 10. Gebirgsbrigade erreichten die Kote 1527 und Mga.
Pezzi. Diese Fortschritte der k. u. k. Truppen in der Flanke der Brigade
8) Die 38 cm Batterie Nr. 2 (Gudrun) hatte 4 Schuß gegen Moscheri, die 42 cm
Belagerungshaubitze L/15, Batterie Nr. 3, 4 Schuß gegen Pozzacchio, 17 gegen vor-
gehende Reserven bei Giacerà—Pozza und 3 auf feuernde Batterien bei Vanza ab-
gegeben.
Am 19. Mai fand man im Räume zwischen Giacerà und Vanza die Leichen von
fünf italienischen Offizieren und 360 Soldaten, die wahrscheinlich dieser schweren
Beschießung zum Opfer gefallen waren.
9) Am 17. Mai beschoß die 38 cm Batterie Nr, 2 (Gudrun) mit 5 Schuß eine italie-
nische 149 mm Batterie hinter dem Hang des Pascolo Stè, mit 10 Schuß den Raum hinter
Bocaldo, ferners die 42 cm Batterie Nr. 3 mit 4 Schuß eine Batterie bei Vanza, mit
3 die Geschütze bei Giacerà, mit 3 die Panzerbatterie bei Vanza, mit 6 den Raum
Piache und mit 3 Schuß den Raum bei Vanza.
10) Die 18. Brigade hatte 51 Tote und 230 Verwundete.
n) Am 18. Mai gab die 42 cm Batterie Nr. 3 drei Schüsse gegen Mga, Cheserle ab.
. 2*
— 20 —
Roma mochten wohl die Ursache gewesen sein, daß nach anfänglich kräf-
tigem Widerstande deren Truppen am Nachmittage des 18. vor der
18. Gebirgsbrigade zurückwichen.
Die Verfolgungsabteilungen der letzteren kamen am gleichen Tage
noch bis auf den Mte. Pazul, die der 9. erreichten die Kote 1364 nordöst-
lich Pozzacchio und besetzten den gleichnamigen Ort.
Der rasche Raumgewinn der 10. Gebirgsbrigade gegen den Coston-
cino und die Costabella hatte tatsächlich den italienischen General Oro
veranlaßt, den Rückzugsbefehl für die der 9. und 18. Gebirgsbrigade
Die 42-cm-Belagerungshaubitze L/15.
(Lichtbild zur Verfügung gestellt von Oblt. Haberfellner.)
gegenüberstehenden Truppen der Brigade Roma am 18. abends zu geben
und die Besetzung der 2. Verteidigungslinie Mattassone—Pozzacchio—
Mte. Spil—Colsanto anzuordnen. Bevor sie sie aber erreichten, waren —
wie bereits erwähnt — einige Punkte dieser Stellung schon in Händen
der k. u. k, Truppen. Die Möglichkeit einer Einkreisung der am Colsanto
haltenden italienischen Kräfte war dadurch sehr nahe gerückt. Das
VIII. Korpskommando trug dieser Lage dadurch Rechnung, daß es die bèi
Volano als Reserve stehende 12. Gebirgsbrigade (Gm. Prinz zu Schwarzen-
berg) der 59. Division unterstellte und1 sie beauftragte, den Borcolapaß zu
nehmen, gegen den Pasubio vorzustoßen und so den am Colsanto befind-
lichen Italienern den Rückzug abzuschneiden.
— 21 —
Bevor jedoch dieser Befehl zur Durchführung gelangen konnte, fiel
— früher als erwartet — der Colsanto in die Hände der 57. Division.12) Für
die ohnehin bereits wankende Front der Italiener war dies ein sehr harter
Schlag, da damit der Hauptpfeiler ihrer 2. Verteidigungslinie zwischen
der Vallarsa und dem Terragnolo eingestürzt war.
Seit Jänner 1916 war er von zwei Bataillonen des 44. Territorial-
regimentes besetzt, ,,die nicht den Kampfwert der Truppen erster Linie
Colsanto mit Pozzamulde (Standpunkt Mte. Testo 2005 m),
a Schutzhaus Colsanto;
b Colsanto 2114;
c Pozzamulde;
d Kote 1996;
e ansteigend zum Domberg 2125.
repräsentierten".13) Durch drei Tage hindurch konnten sie alle Phasen des
Angriffes der Österreicher verfolgen und mußten, als am 18. Mai die
Bataillone der Brigade Roma in der Vallarsa und vor der 18. und
9. Gebirgsbrigade den Rückzug aus der Linie Stützpunkt 856 — Bocaldo
— Giacerà antraten, begreiflicherweise das Gefühl des Umfaßtwerdens
bekommen.
12) Die 18. Gebirgsbrigade wurde am 18. Mai nachmittags der westlich angrenzen-
den 57. JD. (FML. Heinrich Goiginger) unterstellt und trat am 20. Mai wieder in den
Befehlsbereich der 59. JD. zurück. Anschlußlinie am 18. Mai nachmittags war Col-
santo—Roite—Pasubio, wobei die genannten Geländeteile zur 59. JD. gehörten.
13) Schiarini, ,,L'Armata del Trentino 1915—1919", Seite 103,
Daher ergriff schon beim Erscheinen der ersten Patrullen der
k. u. k. Truppen die italienischen Artilleristen bei Pascóle1 Stè und bei der
Mga. Coronna eine Panik, die sich rasch auch bei den beiden Bataillonen
des 44. Territorialmilizregimentes ausbreitete und die Ursache der schon
am 18, Mai mittags erfolgenden Räumung des Colsanto wurde.
General Oro, der die durch den Fall des so wichtigen Stützpfeilers
der italienischen Verteidigungsstellung geschaffene äußerst bedrohliche
Lage erkannte, ließ sofort 2 Kompagnien des JR. 202 zur Besetzung des
Colsanto abgehen und forderte weiters von seinem vorgesetzten Kom-
mando ein Bataillon zur Besetzung des Pasubio, mit der Absicht, mit
frischen Kräften wieder anzugreifen. Ferners sandte er einen General-
stabsoffizier, Mjr. Scherani, auf den Colsanto, der auch gegen 16 Uhr mit
der Seilbahn dort eintraf und mit den aus Versprengten und Zurückgehen-
den gebildeten Abteilungen noch in der Nacht auf den 19. eine zusammen-
hängende Linie bilden konnte. In dieser war es im Vereine mit aus der
Vallarsa eintreffenden Kräften möglich geworden, bis in die ersten Nach-
mittagsstunden des 19. Mai dem Vordringen der Österreicher auf den
Mte. Spil, die von dort aus schon in der Früh von einem Bataillon der
Territorialmiliz und einer Kompagnie JR. 202 in einem Gegenangriff zu-
rückgeschlagen wurden, sich entgegenzustellen und auch die Besetzung
des Colsanto noch zu verhindern. Um 13 Uhr war er jedoch unwiderruf-
lich für die Italiener verloren.14)
Schon um 11.50 Uhr hatte ihn ein Zug des Il/bh. 1 als erste Abteilung
der vordringenden Kompagnien der 10. Gebirgsbrigade besetzt. Andere
ihrer Gefechtsgruppen erreichten um 13.15 Uhr die südöstlich vorliegende
Höhe 2215,
Von der 18. Gebirgsbrigade gingen am Vormittag Vortruppen gegen
den Mte. Testo vor, während zwei Bataillone der 9. Gebirgsbrigade den
Gegner am Mte. Spil überfielen und zurückwarfen. Sie setzten ihren An-
griff auf den Mte. Testo fort und zwangen auch die dort befindlichen zwei
Bataillone der Brigade Volturno, die kurz vorher ihn besetzt hatten, zur
Räumung ihrer Stellungen.15) Mit dem Rückzug dieser feindlichen Abtei-
lungen wurde der Weg aus der Vallarsa durch das Val dei Foxí auf den
Colsanto freigegeben.
Die schwierigste Aufgabe des VIII. Korps bzw. der angreifenden
59. und 57. Division, die Eroberung des Colsanto, gelang somit verhältnis-
mäßig leicht.16)
14) Schiarirli, „L'Armata del Trentino 1915—1919", Seite 103, 104.
15j Am 19. Mai wirkte die 38 cm Batterie Nr. 2 (Gudrun) mit 7 Schuß gegen
Ziele auf dem Mte. Testo und bei der Mga. Cheserle.
16) Um 13 Uhr des 19. Mai hatten die angreifenden Brigaden folgende Linie er-
reicht: 9. Gbbrig. Mga. Cheserle, 18. Mga, Zocchi (sö. Mte. Spil), 10. Mga. Pozza und
Bisorte und die 12. Mte. Sarta.
Beim Angriff der Gruppe Mjr. Polaczek (% Il/bh. 1 und % 1/90) der 10. Gbbrig.
wurden 8 Offiziere und 314 Mann der Territorialmiliz gefangengenommen.
III. Ägcblittic 23erfuct)c Einet €toteiing Cica
ïofuUio.
a) ^lngtiffe in kt weiten ^Hot
Nach der Besetzung des Colsanto trachteten die Abteilungen der
9., 18. und 10. Gebirgsbrigade, so rasch als möglich den Pasubio zu er-
reichen, und kamen am 20. Mai bis in die Linie Mga. Cosmagon—Mga.
Buse.1) Die Gruppe Mjr. Polaczek (V2 Il/bh. 1 und % 1/90) stand mit dem
rechten Flügel auf Kote 2206 (österreichische Pasubioplatte) Front nach
Osten. Am Cosmagon hatte sich die Gruppe Obstl. Méttelèt (IV/74 und
HI/87) der 9. Gebirgsbrigade festgesetzt. Auch der Borcolapaß wurde am
20. von den Abteilungen der 12. Gebirgsbrigade in Besitz genommen.
Es hatte den Anschein, als ob auch der Pasubio bald in die Hände
der k. u. k. Truppen fallen würde.
Die Italiener aber waren in der Zwischenzeit nicht müßig gewesen.
Als ihr 1. Armeekommando am 18. abends vom Fall des Colsanto Kunde
erhielt, ließ es noch am gleichen Abend die kurz vorher nach Primolano
verlegte Brigade Volturno mit Kraftwagen auf den Piano della Fugazza
zurückführen. Das am 19. auf dem Paß eintreffende III/218 wurde auf Ini-
tiative eines Generalstabsoffiziers (Mjr. Pariani) sofort auf den Pasubio ab-
gezweigt, begann also am gleichen Tag, an dem die k. u. k. Truppen in die
Linie Mga. Cosmagon—Mga. Buse einrückten, den Aufstieg und erreichte
noch am Abende des 19. die Höhe des Pasubio2). Dort trafen in derselben
Nacht (vom 19. auf den 20.) noch das Kommando der Brigade Volturno
und der Anfang des JR. 217 ein. Die Verteidigung wurde jetzt derart ein
gerichtet, daß am Abend des 20. das III/218 die Linie vom Cogolo Alto
(Soglio Incudine) bis zum Gipfel des Pasubio (2236) und 11/217 anschlie-
ßend bis zum Corno di Pasubio besetzt hielten. Auch eine Gebirgsbatterie
x) Bei Buse di Bisorte wurden 10 Offiziere und 549 Mann der Italiener gefangen-
genommen und 6 MG. erbeutet,
2) Die am 17. Mai in den Raum Bassano—Cismon verlegte Brigade Volturno
(JR. 217 und 218), Gen. Cittadini, wurde bereits am nächsten Tage (18. Mai) dem
V. Korpskommando unterstellt und mit Lastkraftwagentransport in die Vallarsa ver-
schoben, wo zwei Bataillone JR. 218 am 19. nachmittags bereits mit Teilen der
9, Gebirgsbrigade am Mte. Testo ins Gefecht kamen. Das III/218 trat, wie bereits er-
wähnt, am Pasubio in Verwendung.
*.*- ;
volle Linie = österr. Stellung
a = österr. Cosmagonstellung
bis 9. 10. 1916, von da ab
b = österr. Roitestellung,
punktierte Linie — österr. Feld-
wachenlinie,
unterbrochene Linie — ital. Stellung
Angriffsgelände auf dem Pasubio, nach einer Fliegeraufnahme März 1917.
(Lichtbild zur Verfügung gestellt von Mjr. von Peithner,)
— 25 —
war in Stellung gegangen. Das später heranrückende III/217 bildete die
Reserve.
So war es den Italienern gelungen, den Pasubio zu besetzen, bevor
noch die k. u. k. Truppen ihn erreicht hatten. Daß dieser wichtige Pfeiler
österreichischerseits nicht zeitgerecht besetzt werden konnte, hatte seine
Ursache in einer unglücklichen Verwicklung in der Befehlsgebung.
Gerade zur Zeit, als am 20. Mai die 10. und 18. Gebirgsbrigade und
zwei Bataillone der 9. gegen den Pasubio vorstoßen sollten, mußte die
18. Gebirgsbrigade herausgezogen werden, um die 12., die nach der Be-
sitznahme des Borcolapasses zu ihrer 44. Division hätte einrücken sollen,
abzulösen. Das Herausziehen und Sammeln der Bataillone der 18. Ge-
birgsbrigade störte das in Entwicklung begriffene Unternehmen gegen den
Pasubio in verhängnisvoller Weise') und verhinderte seine zeitgerechte
Besetzung.
Von diesem Tage an war er für die Italiener gerettet. Sie verstärk-
ten die Stellungen und eintreffende Unterstützungen kräftigten die
Abwehr.4)
Wohl wurde am 23. Mai der Angriff auf den Pasubio nach einer
kräftigen Artillerievorbereitung erneuert, doch der durch den einsetzen-
den Regen aufgeweichte Schnee setzte den angreifenden Truppen ein un-
überwindliches Hindernis entgegen. Ein zwei Tage später beabsichtigter
Angriff mußte wegen der immer noch höchst ungünstigen Witterung ver-
schoben werden.
Inzwischen hatte auch die 18. Gebirgsbrigade über den Borcolapaß
und das östlich angrenzende Felsgelände versucht, in Flanke und Rücken
des Pasubio vorzustoßen. Die ungeheuren Geländeschwierigkeiten in
diesem Felsgebiet brachten auch dieses Unternehmen zum Scheitern
Am 25. Mai übernahm der Kommandant der 9. Gebirgsbrigade,
Gm. von Hrozny, das Kommando über alle am Pasubio befindlichen Trup-
pen, mit dem Auftrag, den Angriff erst, sobald die Schneeverhältnisse es
zuließen, zu wiederholen.
Während so die Truppen am Plateau zur Untätigkeit verurteilt
waren, versuchte man nochmals, dem Pasubio auf anderem Wege beizu-
kommen. Die 18. Gebirgsbrigade wurde bei Lissa und Betta zum Angriffe
auf die Höhen Colle di Xomo und 1131 angesetzt und hatte zu trachten,
den am Pasubio stehenden feindlichen Kräften den Rückzug abzuschnei-
den oder doch wenigstens deren Verbindungen zu bedrohen.
Zwar wurden am 28. Mai nach hartem Kampf die Höhen 1131
und 935 erobert und gegen zahlreiche hartnäckig geführte Gegenangriffe
verteidigt, doch blieb ein weiterer Raumgewinn versagt.
An den übrigen Frontteilen hatte inzwischen die österreichisch-
ungarische Frühjahrsoffensive sehr gute Fortschritte gemacht und man
war eben daran, den letzten Gebirgszug, der den Austritt in die italie-
3) Österreich-Ungarns letzter Krieg, IV. Band, Seite 293.
4) Die italienische Sperrzone Agno—Posina wurde aufgelöst. Die Zone Pasubio
trat unter Befehl der 44. Division (Gen. Bertotti, später Gm. Graziani).
— 26 —
nische Tiefebene versperrte, zu durchstoßen, als die Russen mit der von
den Italienern dringend erbetenen Entlastungsoffensive begannen.
Zu diesem Zeitpunkte faßte auch das italienische Oberkommando
den Plan, mit der in der Ebene in Sammlung begriffenen neuen 5. Armee
eine Gegenoffensive zu führen, deren Grundgedanke darin bestand, auf
die Flügel der weit nach vorwärts ausladenden österreichisch-ungarischen
Linie, dem Costone del Portule und dem Colsanto, zu drücken und sie so
in die Zange zu nehmen.
Diese italienische Gegenoffensive5) war seit Mitte Juni im Gange,
ließ aber bei der k. u. k. Heeresleitung nicht den Eindruck einer einheit-
lich geführten Offensive aufkommen. Sie zerfiel in mehrere getrennt ge-
führte Teilangriffe und erzielte nirgends einen ausschlaggebenden Erfolg.
Währenddessen hatte aber der immer mehr ausreifende Durch-
bruch der Russen bei Okna am nördlichen Kriegsschauplatz eine sehr
gefährliche Lage geschaffen, die die k. u. k. Heeresleitung zwang, die
Offensive auf dem italienischen Kriegsschauplatz einzustellen. Da aber die
dort erreichte Linie für eine Abwehr nicht überall geeignet war, entschloß
sie sich, die Verteidigung in die Linie Mattassone—Valmorbia—Pasubio—
Borcolapaß—Mte. Cimone — Castelletto — Roana — Mte. Interrotto —
C. Dieci — Civaron — Salubio — Setole zurückzuverlegen.
Bis hiezu alle Vorbereitungen getroffen, die eigenen und erbeuteten
Vorräte an Munition, Verpflegung und Sanitätsmaterial in Sicherheit
gebracht waren, verfloß eine Anzahl von Tagen. Dann wurde der Beginn
der Loslösung vom Gegner auf den 24. Juni festgesetzt. Ein tragisches
Schicksal wollte es, daß er mit der Fünfzigjahrfeier der siegreichen
Schlacht von Custozza im Jahre 1866 zusammenfiel.
Unter Zurücklassung von Nachhuten begann in der Nacht vom 24.
auf den 25. Juni die Rückverlegung der Verteidigungslinie. Der durch
diese Loslösung vom Gegner entstehende Leerraum zwischen den Stellun-
gen zwang die Italiener zu mehrfachen Änderungen der bisherigen Dispo-
sitionen ihrer Gegenoffensive, die sie in Form von Verfolgungsbefehlen
noch am 25. abends ausgaben.
Nur dort, wo entweder keine Rückverlegung der österreichisch-
ungarischen Verteidigungslinie stattfand, wie z. B. am Pasubio, oder wo
nur eine kurze Absetzung der Truppen notwendig war, wie in der Val-
larsa, nahm die italienische Offensive ihren Fortgang.
Hier verfolgten die Italiener mit größter Hartnäckigkeit die Absicht,
den Colsanto wiederzugewinnen, um in den Rücken des Mte. Maggio und
Toraro zu kommen, und entfesselten außerordentlich heftige, aber erfolg-
lose Kämpfe im Gebiete der Vallarsa und des Pasubio.
Nach dem schon vor der Rückverlegung der österreichisch-
ungarischen Linie gefaßten Plan sollte eine starke Kräftegruppe, bestehend
aus d'en Brigaden Puglie und Ancona und den Alpinibataillonen Monte
5) Die Italiener bezeichnen den Zeitraum vom 8. bis 25. Juni als die erste und den
vom 26. Juni bis 8. Juli als die zweite Phase ihrer Gegenoffensive.
— 27 —
Berico, Val Leogra und Vicenza, zur Räumung der Vallarsa vorstoßen.
Die Brigade Volturno hatte die Cosmagonfront anzugreifen und das JR. 85
und 1/86 der Brigade Verona über Sette Croci und Sogli Bianchi auf den
Borcola vorzugehen.
Während am 26. Juni6) die italienische Vallarsagruppe unter Kämpfen
mit den Nachhuten der zurückgehenden k. u. k. Truppen bis in die Linie
Mattassone—Zocchi—Mte. Trappola gelangte, wurde am Pasubio der An-
griff des JR. 218 der Brigade Volturno unter großen Verlusten der Ita-
liener abgewiesen. Er machte sich nur gegen die von der Gruppe
Obstl. Méttelèt besetzte Cosmagonstellung, und zwar nur gegen den von
der 15. Kompagnie JR. 87 gehaltenen Teil derselben, fühlbar, wo in den
Morgenstunden des 28. Juni Teile des 11/218 ohne Artillerievorbereitung
überraschend angriffen. Durch das vorzüglich wirkende Maschinen-
gewehrfeuer von der durch eine Kompagnie des 1/62 besetzten österrei-
chischen Platte und im Sperrfeuer der Verteidigungsartillerie wurde der
Angriff restlos abgeschlagen.7) Hierüber sagt eine italienische Schilderung:
,,Das angreifende Bataillon wurde von dichtem Artilleriefeuer erfaßt, in
Verwirrung gebracht und gezwungen, sich unter Verlusten zurückzu-
ziehen. 1 Hauptmann, 4 Leutnante und 88 Mann des 11/218 wurden ge-
fangengenommen."
Mit der Abwehr dieses Angriffes war jedoch das Ende der Kämpfe
am Pasubio noch nicht gekommen. Beobachtermeldungen über neue An-
sammlungen feindlicher Kräfte und über neue Batteriestellungen ließen
auf eine weitere Angriffstätigkeit schließen. Doch war nicht zu erkennen,
ob es sich nur um eine Demonstration oder um einen größeren Angriff
handelte.
Schon am 30. Juni begann ein neuer Vorstoß, der sich diesmal gegen
die Platte und die östlich anschließenden Stellungen richtete.
Das italienische JR. 85 ging gegen das 1/62 auf der Platte und den
östlich anschließenden Stellungsteil vor, sechs Kompagnien des JR. 219
(Brigade Sele) griffen in drei Kolonnen das dem 1/62 benachbarte 1/90 an.
Während1 der Angriff gegen das 1/62 leicht abgewiesen werden
konnte, stießen die Kompagnien des JR. 219 auf die der Stellung des 1/90
vorgelegte Feldwachenlinie. Obstbrig. Korzer schreibt hierüber:8)
6) Beginn der zweiten Phase der italienischen Gegenoffensive.
7) Am Pasubio lag immer noch die 10. Gebirgsbrigade, deren Kommando am
15. Juni Oberst im Generalstab Korzer übernommen hatte, in Stellung. Von der Platte
nach Osten standen die Bataillone 1/48, 1/90 und 1/62. Zwei Skikompagnien waren
Brigadereserve. An der Abwehr des italienischen Angriffes auf die 15/87 nahmen die
Maschinengewehre der Skigruppen hervorragenden Anteil,
Zwei zur Brigade gehörende Bataillone (je eines des JR. 92 und bh. JR. 3) waren
abkommandiert. An ihrer Stelle wurden die beiden Bataillone IV/87 und III/74 der
9 Gebirgsbrigade, die als Gruppe Méttelèt die Cosmagonstellung besetzt hielten, am
20. Juni der Brigade unterstellt. Oberstbrigadier Korzer übernahm am 25. Juni das Kom-
mando über die gesamte Pasubiostellung.
Die 57. Division (FML. Heinrich Goiginger), in deren Befehlsbereich die Brigade
gehörte, unterstand dem XXI. Korps.
8) Korzer, „Ein Angriff im Hochgebirge", Militärwissenschaftliche Mitteilungen,
Jahrgang 1930, Heft März-April.
Oberst im Generalstabskorps Karl Korzer,
Kommandant der k. u, k, 10. Gebirgsbrigade.
„Der Feind ging in kleinen Gruppen, unterstützt von leichter und
schwerer Artillerie, dann von Maschinengewehr- und Infanterieetagen-
feuer, aus seiner Hauptstellung vor. Unsere Feldwachen mußten, nach-
dem sie zwei Angriffe abgeschlagen hatten, beim dritten in die Haupt-
stellung zurückgehen. Die eigene Artillerie unterstützte die Abwehr
durch ununterbrochenes Feuer während der ganzen Nacht."
Eine der drei Angriffskolonnen des JR. 219 hatte sich in der Dunkel-
heit verirrt und kam, als es hell wurde, in das Abwehrfeuer der Besatzung
und in das Sperrfeuer der Artillerie. Sie konnte weder vor noch zurück
und mußte 5 Offiziere und 150 Mann unverwundet in der Hand der Ver-
teidiger lassen.
Die Kämpfe am Pasubio vom 26. bis 30. Juni kosteten den Italienern
sehr schwere Verluste. Offiziere: 2 tot, 12 verwundet, 6 vermißt, Mann-
schaft: 210 tot, 800 verwundet, 300 vermißt.
[raj
— 20 —
b) Set 2lnjtlff 6ct t. unò f. 10. ®cbícgo[>tíga6c
am 2. fulí J916.'1)
Das 11. Armeekommando hielt nach wie vor an der Absicht fest,
den restlichen, noch im feindlichen Besitz befindlichen Teil des Pasubio-
plateaus mit seiner höchsten Erhebung von 2236 Meter in die Hand zu
nehmen.
Einigemal bereits war der Angriff anbefohlen, aus Gründen der mili-
tärischen Lage aber wieder verschoben worden. Auch die Rückverlegung
der Verteidigungslinie nach Einstellung der Frühjahrsoffensive hatte an
diesem Vorhaben nichts geändert. Dies drückt die Angriffsdisposition des
Divisionskommandos (op. Nr. 1009/12 vom 27. Juni 1916) deutlich aus:
,,Für die künftige Aufgabe der 11. Armee ist die endgültige Vertrei-
bung des Feindes und die Gewinnung des Ost- und Südrandes des Pasubio-
plateaus von größter Wichtigkeit."
Mit der ,»künftigen Aufgabe" ist die defensive nach Rückverlegung
der Verteidigungslinie gemeint.
Der nach mehrmaliger Verschiebung für den 30. Juni festgesetzte
Angriff wurde mit der erwähnten Disposition endgültig auf den 2. Juli
verlegt. Seine Oberleitung hatte das 11. Armeekommando dem Komman-
danten der 57. Division, FML. Heinrich Goiginger, die Durchführung dem
Kommandanten der 10. Gebirgsbrigade, Oberstbrigadier Karl Korzer,
übertragen.
,,Die besondere Bedeutung," schreibt letzterer10), ,,die dem höch-
sten Teil des Pasubio (dem sogenannten Pasubiokopf 2236 m) für die
Behauptung der neuen Widerstandslinie in den Lessinischen Alpen gezollt
wurde, veranlaßte das Armeekommando, die Eroberung der fortsartig
ausgebauten Felsplatte zu versuchen. Diese Unternehmung sollte die
10. Gebirgsbrigade durchführen, die zu diesem Zwecke durch ein Tiroler
Kaiser jäger-Regiment (TJR.) verstärkt wurde. Wie aus den Schilderungen
der Ereignisse in den letzten Junitagen hervorgeht, befand sich die
Brigade seit einer Woche jede Nacht im Kampf.11) Um die ermüdeten
Bataillone etwas zu entlasten, war die Brigadereserve (zwei Skikompag-
nien) bereits eingesetzt worden. Das 1. TJR. (Obst, von Kriegshaber)
traf mit drei Bataillonen in der Nacht auf den 1. Juli hinter der Stellung
der Brigade ein. Es war bestimmt, die Stellungen der Brigade zu über-
9) Als Unterlagen für die Schilderung dieses Angriffes dienten:
a) Die Kriegsakten der k. u. k. 57. Division, des k. u. k. 1. TJR. (Tiroler Kaiserjäger-
Regiment) und die Bearbeitung der Regimentsgeschichte des 1. TJR, von Oblt.
i. d. Res. Blaas.
b) Der Aufsatz „Ein Angriff im Felsgebirge" von FML. Korzer, Militärwissenschaft-
liche Mitteilungen, 1930, Heft März-April.
c) Aus der italienischen Kriegsliteratur: Schiarini, „L'Armata del Trentino 1915 —
1919" und Mjr. Amedeo Tosti „Monte Pasubio".
10) Aus dem oben zitierten Aufsatz des FML. Korzer.
11) Kämpfe der zweiten Phase der italienischen Gegenoffensive.
nehmen. Man wollte nun die Gelegenheit benützen, um den Schlag gegen
die italienische Stellung am Pasubio zu führen/'12)
Trotzdem die Italiener bei ihrem Angriffe am 30, Juni außerordent-
lich schwere Verluste zu verzeichnen hatten — der Raum bei der
Kote 2100 war mit ihren Gefallenen bedeckt — schienen sie ihre Anstren-
gungen nicht aufgeben zu wollen. Darauf ließen die Beobachtungen über
das Heranziehen von Verstärkungen und das Instellunggehen von neuen
Batterien schließen.
Die Stellungen der 10, Gebirgsbrigade waren noch die gleichen, die
sie Ende Mai innehatte. Ihr Ausbau aber hatte in der Kürze der Zeit und
wegen der andauernden feindlichen Beschießung keine großen Fort-
schritte machen können. Die Widerstandslinie bestand nur aus einer Reihe
von Stützpunkten mit notdürftigen Unterkünften.
Die italienischen Stellungen dagegen waren größtenteils Schützen-
gräben mit Steinriegel oder Sandsackaufbau, hatten viele Flankierungs-
anlagen, meist aber nur ein schwaches Hindernis. Sie waren besetzt von
Kompagnien der JR. 85 und 86, 218 und 219. Kommandant des Sektors
Pasubio war der Kommandant der Brigade Roma, Gen. RoVersi.
Über die Würdigung des Angriffsgeländes, über die Vorbereitungen
und Befehle zum Angriff schreibt Obstbrig. Korzer in dem bereits ge-
nannten Aufsatz:
,,Die Zeit, welche zur Zurücklegung des Weges aus der Ausgangs-
in die Sturmstellung ohne wesentliche Störung durch den Feind notwendig
schien, wurde mit drei Stunden angenommen (Direktiven des Divisions-
kommandos). Die Zeit, die notwendig war, um aus der Sturmstellung in
die feindliche Stellung einzubrechen, ließ sich kaum voraussehen, da die
Vorrückungsverhältnisse für jeden einzelnen Schwärm sehr verschieden
waren. Dazu kam noch der Widerstand des Feindes im Vorgelände. Eine
„Feuerdisposition" der Artillerie, die mit der Einhaltung bestimmter
Zeiten für Vorrückung und Einbruch rechnet, mußte daher versagen.
Das Divisionskommando hatte die Disposition für den Angriff auf
den Pasubio auf Grund vorausgegangener Rekognoszierungen durch Ge-
neralstabsoffiziere und1 unter Voraussetzungen getroffen, die, wie wir
gesehen haben, am 2. Juli infolge vorhergegangener Kämpfe nicht mehr
zutrafen. Nach dem Divisionsbefehl hatte Obst. Korzer mit seinen fünf
Bataillonen, dem 1. TJR. und sechs Gebirgsgeschützen den Angriff durch-
zuführen. Die Infanterie sollte aus der Stellung um 8 Uhr vormittags vor-
brechen und sich derart an den Gegner heranarbeiten, daß der Einbruch
in die feindliche Stellung mit starker Kraft um 11 Uhr vormittags erfolgen
konnte. Es war ferners gesagt, daß diese Zeit im Interesse des Zusammen-
wirkens von Infanterie und Artillerie verläßlich eingehalten werden sollte.
12) Der italienische Militärschriftsteller Amedeo Tosti schreibt hierüber in dem
oben erwähnten Buch auf Seite 35: „Wahrscheinlich in der Voraussicht dieses Angriffes
war am 28. Juni das 1. Kaiserjägerregiment in die Pasubiozone verlegt worden. Es war
eines der vier Kaiserjägerregimenter, mit denen das gegnerische Kommando immer bei
sehr schwierigen Unternehmen rechnete."
Als Haupteinbruchsraum war die Stellung zwischen dem Pasubiokopf und
der Höhe 2144 bezeichnet. Auf dem rechten Flügel (Obstl. Méttelèt mit
zwei Bataillonen) war zu trachten, von der Cosmagonplatte in die feind-
liche Front Pasubio—Cogolo Alto einzudringen. Nach Besitznahme der
Hauptstellung sollte der Angriff noch zwei Kilometer weiter bis an den
Südostrand des Plateaus vorgetragen werden. Ferner war für den An-
schluß nach links an die 9. Gebirgsbrigade und nach rechts an die Landes-
schützendivision zu sorgen."
Auf Grund dieser Direktiven wurde vom 10. Gebirgsbrigadekom-
mando folgende Gruppierung anbefohlen:
a) Angriffsstaffel: Mjr. Harbacher mit den Bataillonen 62, 90 und 48
beginnt die Vorrückung um 8 Uhr vormittags. Direktion innere Flügel
der Bataillone 90 und 48 auf den Ostrand des Sattels 2081. Bataillon 62
vorerst nahe hinter Bataillon 90 mit dem Angriffsziel Pasubioplatte,
Kote 2236.
b) Feuerstaffel: In der Ausgangsstellung einige besonders formierte
Abteilungen und die Skikompagnien mit Mg., Minen- und Granatwerfer
und die Gebirgsgeschütze,
c) Flankengruppe: Obstl. Méttelèt mit den Bataillonen 74 und 87
sollte sich mit allen verfügbaren Abteilungen der Angriffsbewegung in
der Direktion 2236 und Cogolo Alto anschließen.
d) Vordere Reservestaffel: Obst, von Kriegshaber mit zwei Batail-
lonen seines Regimentes steht bei Tagesanbruch nahe den Reservestellun-
gen der Bataillone 62 und' 90 bereit und folgt ohne weiteren Befehl der
Angriffsstaffel.
e) Hintere Reservestaffel: ein Bataillon 1. TJR. bei Mga. Buse."
Zur Vorbereitung und Unterstützung des Angriffes standen unter
Kommando des Artillerieobersten von Portenschlag bereit:
44 Gebirgskanonen, 18 Gebirgshaubitzen, 22 — 15 cm Haubitzen,
12 — 10 cm Feldhaubitzen, 2 — 10.4 cm M 15 Kanonen, 4 — 24 cm Mörser,
7 — 30.5 cm Mörser, 2 — 280 mm Haubitzen (ital.),13) 2 — 149 mm A Ka-
nonen (ital.),14) 2— 75 mm A Kanonen (ital.),15), 1 — BHL 17,i6) zusammen
116 Geschütze.
Die Wegnahme der Feldwachenstellung vor dem 1/90 durch die
Italiener beim Angriff am 30. Juni und überhaupt deren Festsetzung im
Vorgelände hatte, wie erwähnt, den Angriffsplan über den Haufen ge-
worfen. Oberst Korzer meldete die geänderte Lage dem Divisionskom-
mando und man versuchte noch vor dem Angriff in der Nacht vom 1, auf
den 2. Juli, den Feind aus dem zerrissenen und zerklüfteten Gelände her-
auszuschießen, ein Beginnen, dem^— obzwar mit großem Munitionsauf-
wand durchgeführt — der Erfolg versagt blieb.
ls) Küstengeschütz, Reichweite 10.000 m.
14j Stahlrohr-Rücklaufgeschütz, Fernkampfgeschütz, Reichweite 12.000 m.
1B) Stahlrohr-Schnellfeuergeschütz, Reichweite 8500 m.
16) 38 cm M 16 Haubitze, Reichweite 15 km.
Gelände des österreichischen Angriffes (Sette Croci) am 2, Juli 1916
vom Pasubio (Palom) 2236 aus gesehen.
a Kote 2100
b Capraratal
c Sattelkote 2081
d Zenevri oder Corno di Pasubio 2144
volle Linie = Stellung der k. u. k. Truppen,
Punkte (links oben) = ehemalige Feldwachenstellung der 90er,
seit 30. Juni in italienischem Besitz,
unterbrochene Linie ^ Hauptstellung der Italiener.
Der Verlauf des Angriffes.
Die Sicht war in den Morgenstunden des Angriffstages ziemlich klar,
Erst in den späten Nachmittagsstunden zog Nebel aus dem Capraratal
herauf, der teilweise den Ausblick auf das Angriffsgelände nahm.
Nach dem Wirkungsschießen der Artillerie begannen um 8 Uhr früh
die Bataillone 48 und 90 unter dem immer mächtiger werdenden Unter-
stützungsfeuer der Artillerie mit dem „Einzeln-Vorwärtssammeln". Beide
Bataillone beabsichtigten nach Überwindung der Geländeschwierigkeiten
und des Widerstandes bei den nunmehr feindlichen FeldWachen, sich in
dem etwa 600 Schritte breiten Raum bei der Kote 2100 (Sette Croci) mit
je zwei Kompagnien in erster und je zwei in zweiter Linie zu gruppieren.
— 33 —
Da die Kompagnien aber bald nach Verlassen der Stellung mit dem
überall eingenisteten Gegner zusammenstießen, gelang der Plan vorerst
nicht. Die Artillerie mußte gleich zu Beginn ihr festgelegtes Programm
umwerfen und neue Ziele bekämpfen, wozu neuerliches Einschießen not-
wendig war. Daß dabei da und dort ein Schuß zu kurz ging, war erklär-
lich. Oft wurden aber auch Schüsse der italienischen Artillerie hinter die
Linie der Angreifer für Kurzschüsse der eigenen Batterien gehalten, So
kam es, daß sich die Truppe fortwährend über Rückenfeuer beklagte und
auch dadurch im Angriffsschwung gehemmt wurde.
Die vorderen Kompagnien des 1/90 erreichten erst um 8.15 Uhr den
Raum vor den Stellungen der Feldwachen, die sie am 30. Juni dem Feinde
überlassen mußten. Weiter kamen weder sie noch die des Bataillons 48,
weil die italienischen Batterien bei 2236 und 2144 flankierend jedes Vor-
gehen verhinderten. Die Angriffsartillerie nahm sie zwar heftig unter
Feuer, das die feindlichen Stellungen am Pasubio in kurzer Zeit in Rauch
und Feuer hüllte, doch konnte trotz dieser kräftigen Unterstützung das
1/90 keine Fortschritte machen und stand um 9.30 Uhr immer noch im
Handgranatenkampf mit dem Gegner in der Feldwachenstellung.
Das linke Nachbarbataillon 1/48 mußte sich unter dem Drucke des
heftigen Flankenfeuers aus östlicher Richtung mit einer Kompagnie hinter
den linken Flügel des Bataillons 90 verschieben.
So stockte allenthalben der Angriff auf der ganzen Linie. Man hatte
nach dem Gefechtsplan, der auf den Erfahrungen im russischen Manövrier-
gelände fußte, mit einem ,»fließenden" Vorwärtskommen gerechnet. Die
Schwierigkeit des Geländes17) und der zwischen beiden Hauptstellungen
eingenistete Gegner hemmten jedoch das Vorrücken unerwartet stark.
Es mußte in der Folge zu einem langsamen, mühseligen Vorarbeiten
kommen.
Hierüber schreibt Obstbrig. Korzer:
„Um 11 Uhr vormittags sollte der Einbruch in die feindliche Haupt-
stellung erfolgen; man war aber erst so weit, um mit dem Einbruch in die
Vorstellung bei den Feldwachen zu rechnen. Flankierendes Artillerie-
feuer machte sich aus Osten (Posinatal) und zunehmend immer unan-
genehmer aus westlicher Richtung (Coni Zugna) geltend. Es war demnach
Zeit, einen Entschluß zu fassen, um dem Angriff neuen Impuls zu geben
und der durch den andauernden Kampf im Vorfelde geänderten Lage
Rechnung zu tragen. Da die ermüdeten und gelichteten18) Bataillone der
10. Gebirgsbrigade, die sehr fühlbare Offiziersverluste aufwiesen, an-
scheinend allein nicht imstande waren, den Widerstand des Feindes zu
17) Die Schwierigkeiten des stark gegliederten Angriffsgeländes kommen in den
Bildern auf Seite 32 und 35 deutlich zum Ausdruck.
18) Die Bataillone hatten in den vorherigen Kämpfen große Offiziersverluste. Das
Eataillon 62 verlor zwei Wochen vorher durch einen Granateinschlag 6 Offiziere tot
und 2 verwundet. Mjr. Harbacher meldet in seinem Gefechtsbericht als besonders er-
schwerend den Mangel an kriegs- und gebirgserfahrenen Offizieren.
Schemfil. ..Die Pasnbio-Kämpfe
Einsatz und Angriff der Kaiserjäger um die Mittagszeit des 2. Juli 1916.
1. Hauptstellung der Truppen der 10, Gebirgsbrigade.
2. Stellung der Italiener vor dem Angriff, Die linke Hälfte derselben ist die ehemalige
Feldwachenstellung der 90er, die am 30. Juni verlorenging.
3. Die nach dem Einsatz der Kaiserjäger um 14.45 Uhr von den Truppen der 10. Gebirgs-
brigade erreichte Linie, Sie verlief in ihrer Mitte auf der Hügelreihe (späterer Neu-
traler-Sturm-Totenhügel), auf der Sommer 1917 eine Feldwachenstellung errichtet
wurde.
4. Neue Abwehrlinie der Italiener nach dem Einsatz der Kaiserjäger
5. Hauptstellung der Italiener, dahinter Reserven.
(Die Zahlen 1—5 sind in der Skizze am rechten Rand in kleinen Kreisen ersichtlich
gemacht.)
Die Darstellung der Verteilung der italienischen Truppen hat auf volle Richtig
keit keinen Anspruch, da die zur Verfügung stehende italienische Kriegsliteratur
keine genaueren Anhaltspunkte gibt.
Um die Darstellung deutlicher zu machen, ist der Stellungsverlauf durchlaufend
gezeichnet. JR. 85, 86 gehörten zur Brigade Verona, JR. 218 zur Brigade Volturno,
JR. 219 zur Brigade Sele.
Angriffsgelände der 10. Gebirgsbrigade westlich der Platte.
Die Nummern 1 bis 5 beziehen sich auf die Anmerkung der vorstehenden Skizze.
brechen, wurde gegen 11 Uhr vormittags auch das 1. TJR. eingesetzt.
Hiezu erhielt Oberst von Kriegshaber den Befehl, mit dem L und IL Ba-
taillon seines Regimentes und den Bataillonen 90 und 62 den Angriff in
der Direktion 2081 durchzuführen. Das Bataillon 48 sollte die linke Flanke
decken, die Gruppe Méttelèt sich dem Angriff anschließen. In Wirklich-
keit stand diese Gruppe den ganzen Gefechtstag festgenagelt in der Stel-
lung und konnte sich nicht rühren/'
Die Kaiserjägerbataillone waren schon zu Beginn der Vorrückung
den Angriffsbataillonen gefolgt.
Das II/l. TJR. (Mjr. Högn) hatte sich mit der 8. Kompagnie (Hptm.
Minarelli) und der 6. (Oblt. i. d. Res. R. Miksch) hinter dem rechten und
mit der 7. (Lt. i. d. Res. Heindl) und der halben Maschinengewehrabteilung II
hinter dem linken Flügel des 1/90 gruppiert. Die 5. Kompagnie und die
andere halbe Maschinengewehrabteilung II waren Bataillonsreserve.
Das 1/1. TJR. (Hptm. von Gratzy) lag mit der 3. und der halben
4. Kompagnie am rechten Flügel des Bataillons 1/62, wobei die Halbkom-
pagnie die Stellung auf der österreichischen Platte als Rückhaltsstellung
zu besetzen hatte. Drei Züge der 2. Kompagnie befanden sich in der
Mulde am linken Flügel dieses Bataillons, die 1. Kompagnie und der rest-
liche Zug der 2. dahinter als Reserve. Die andere halbe 4. Kompagnie war
3*
fowuatxgHù» I \ '
— 36 —
auf den rechten Flügel des 1/48 befohlen, um ihn vorzureißen. Das
IV/1. TJR. (Obstl. von Fößl) bildete die Reserve hinter dem 1/1. TJR,
Mit dem Einsatz des 1. Kaiserjägerregimentes war in die Mitte der
Angriffsfront unverkennbar ein neuer Schwung gekommen.
Die Kompagnien des IL Bataillons griffen schneidig an, rissen die
90er mit und durchbrachen um 12.45 Uhr die vorderste, bei den ehema-
ligen Feldwachen gelegene italienische Linie,
Die 6. und 8. Kompagnie erstürmten den Teil der ehemaligen Feld-
wachenlinie vor der Kote 2100 und nahmen 1 Offizier und 63 Mann des
JR. 219 gefangen.19)
Über die Tätigkeit der 7. Kompagnie lassen wir den Gefechtsbericht
eines Zugskommandanten derselben, des Fhr. i. d. Res. Anton Amann
folgen:
,,Der Angriff der vorne liegenden Bataillone hatte vollständig auf-
gehört. So / schwanden die Stunden dahin. Zu Mittag hieß es: ,,Die Kaiser-
jäger greifen an! Um 13.30 Uhr muß der Pasubio in unseren Händen sein!"
Vor uns lag eine einige hundert Schritte breite Mulde20), die der
Gegner unter Sperrfeuer hielt. Im Laufschritt durcheilten wir diese Zone
und erreichten den Standort der zum Stehen gekommenen 90er. Vor uns
lag eine dichtbesetzte Linie der Italiener. Eben zog dichter Nebel durch
das Capraratal herauf und umhüllte Freund und Feind. Unser Kompagnie-
führer Lt. i. d. Res. Heindl, ein alter Haudegen, der seit dem Winter
1914/15 alle Gefechte d'es Regimentes mitgemacht hatte, rief uns zu sich.
Rund um eine am Boden liegende Karte wurde Kriegrat gehalten. Schließ-
lich rief Heindl: ,,Ach was! mit der Karte ist im Nebel ohnehin nichts an-
zufangen. Wir stürmen!" Und ohne sich weiter umzusehen, ging er voran
in den Nebel hinein. Ihm folgte im Laufschritt und mit Hurragebrüll die
ganze Kompagnie. Da es im dichten Nebel sehr schwer war, die Verbin-
dung aufrechtzuerhalten, war eigentlich jeder auf sich selbst angewiesen.
Der Sturm gelang und um 13.30 Uhr waren 13 Offiziere und über 300 Mann
des italienischen Infanterieregimentes 219 gefangengenommen und meh-
rere Maschinengewehre erbeutet.
Die nicht zu beschreibende Freude jedes Soldaten, der in einer
erstürmten Stellung steht, und die nur derjenige mitfühlen kann, der sich
in der gleichen Lage befunden hat, sollte aber nicht lange währen. Wir
waren wie ein Keil zu weit vorgeprellt und hingen mit beiden Flügeln in
der Luft. Von allen Seiten bestrich uns italienisches Maschinengewehr-
feuer und auch das Artilleriefeuer blieb nicht aus. Die wenigen Steine
boten mehr moralische als wirkliche Deckung und manchen tapferen
Kämpen traf ein tückisches Geschoß. Unter anderen fiel hier Lt. i. d. Res.
Neuwinger. Um die Situation besser überblicken zu können, richtete er
lö) Hiebei zeichnete sich besonders Oberjäger Eichler der 6. aus, der mit seinem
Zug als erster in die feindliche Stellung eindrang und 23 Mann gefangennahm. Er selbst
wurde schwer verwundet.
20) Damit ist die Mulde zwischen Feldwachen- und Hauptstellung gemeint, die
später „Feldwachenmulde" genannt wurde.
— 37 —
sich trotz des rasanten Feuers mehrmals auf, bis er, mitten ins Herz ge-
troffen, zusammensank. Mit ihm verlor die Kompagnie einen überaus be-
liebten Kameraden und das Regiment einen der tapfersten Offiziere."
Auch die 6. und 8. Kompagnie hatten unterdessen den Angriff fort-
gesetzt und um 14.45 Uhr die Kote 2100 erstürmt.
Auf die durch den gelungenen Angriff ziemlich weit vorgedrungenen
Kompagnien richtete sich heftiges Maschinengewehr- und Geschützfeuer
der Italiener, das beträchtliche Verluste verursachte.21) Unter den Ge-
fallenen war auch der Sanitätsfähnrich Hirschfeld, der furchtlos und auf-
opfernd seinen Dienst während der heftigsten Beschießung versehen
hatte.22)
! ........ ...................................".......""
Kriegerfriedhof bei Mga. Buse.
Grabkreuz in der Mitte mit Kranz — Grab des Lt. i. d. Res. Neuwinger,
Grab links in der 1. Reihe = Grab des San.-Fähnrich Hirschfeld.
(Lichtbild zur Verfügung gestellt von Obst. v. Fößl.)
Nach italienischen Angaben war an diesem Frontteil ,,die 4. Kom-
pagnie des JR. 85 zum Weichen gezwungen worden. Die angreifenden
Kompagnien der Österreicher drangen in die Lücke ein, kamen in den
Rücken des I. und 11/219 und nahmen dann auch die Kote 2100 in Besitz."
Der Erfolg des II/l. TJR. konnte jedoch nicht weiter ausgewertet
werden, da die Italiener durch rasches Einsetzen des III/219 und zweier
Kompagnien des IV/86 und1 durch das Abbiegen des linken Flügels (1/85)
eine neue Abwehrfront hergestellt hatten.
21) Sonstige Verluste: Kad.-Aspirant Prospal und 19 Jäger tot, 96 verwundet.
22) Die Schilderung des Angricfes ist der Bearbeitung der Kriegsgeschichte des
1. TJR. von Oblt, i. d. Res, Blaas entnommen.
— 38 —
Während so die Mitte der Angriffsfront der 10, Gebirgsbrigade einen
Raumgewinn zu verzeichnen hatte, war dem rechten Flügel ein solcher
versagt. Dort war um 14.30 Uhr das bisher als Reserve verwendete
IV/1, TJR, in der Stellung des 1/62 eingetroffen. Obstl. von Fößl über-
nahm das Kommando über d'en ganzen rechten Flügel mit dem Auftrag,
den Pasubio zu nehmen. Die Mitte und den linken Flügel befehligte
Obst, von Kriegshaber.
Obstl. von Fößl verstärkte mit der 13, Kompagnie, der Maschinen-
gewehrabteilung und zwei Musketen die Feuerlinie der 62er auf der
Platte, die 16. Kompagnie blieb im Staffel rechts, die 14. und 15. bildete
die Gruppenreserve.
Anfangs schien alles gut zu gehen. Die Vorrückung gelang bis in
die Mulde östlich der Platte, dort aber blieb sie vor den italienischen
Stellungen im Sperrfeuer von 2144, 2081 und 2236 stecken.
Dieser gegen die italienische Platte und den Osthang derselben
gerichtete Angriff traf auf den dort eingenisteten Gegner. Nach einem
italienischen Bericht23) waren die 15, und 16. Kompagnie des JR. 86 in
vorderster Linie. Dazwischen befanden sich die Stellungen der Maschinen-
gewehrsektion des Bataillons. Das seit d'en Morgenstunden wütende Feuer
der österreichischen Batterien hatte in diesem Abschnitte nicht nur die
Baracke des Kommandos des JR, 86 getroffen, sondern auch die dahinter-
stehende Gebirgsbatterie zum Schweigen gebracht und die Schützen-
gräben vollkommen zerstört. Dort waren nur mehr wenig Überlebende
dieser beiden Kompagnien übrig geblieben. Die Maschinengewehrstellun-
gen waren vernichtet und die Gewehre verschüttet. Die Lage war für die
Italiener äußerst entmutigend, als die Österreicher aus ihren Gräben
herausstiegen. Zwischen 13 und 14 Uhr24) wanderte das Feuer der öster-
reichischen Batterien nach rückwärts und die Angreifer drangen kühn in
geschlossenen Zügen in der Hoffnung vor; nunmehr keinen Widerstand zu
finden. Da war es hauptsächlich das Maschinengewehrfeuer des IV/86, das
nach italienischen Angaben die gefährliche Lage rettete und den Angriff
aufhielt.25)
28) Broschüre „Salvatore Damaggio" von Giambattista Milani.
24j Da damals in der österreichisch-ungarischen Monarchie die „Sommerzeit"
(Verschiebung um eine Stunde; 12 Uhr mittags nach mitteleuropäischer Zeit war 13 Uhr
der Sommerzeit) eingeführt war, wäre hier 14 bis 15 Uhr zu lesen.
25) Die genannte Broschüre gibt weiter an, daß von dieser Maschinengewehr-
sektion nur mehr der Kommandant Lt. Damaggio und 6 Mann übrig geblieben waren.
Als nach 14 Uhr der österreichische Angriff losbrach, wollte Damaggio das zunächst
befindliche Gewehr betätigen, doch war das Gestell derart verschüttet, daß er das
Gewehr von demselben herunternehmen mußte, Er lud es auf die Schultern seines
Offiziersdieners und eröffnete in dieser Stellung das Feuer gegen die Angreifer. In-
zwischen wurde auf seinen Befehl auch das andere Gewehr feuerbereit gemacht, und
bald sah man die Österreicher unter den Maschinengewehrgarben in großer Zahl fallen.
Ein etwa 200 m vor dem Sattel gelegenes Schneefeld war nach einer Stunde ununter-
brochenen Feuers mit Leichen bedeckt. Die Österreicher wurden dezimiert und zum
Halten gezwungen. Sie versuchten einige Stunden hindurch vergeblich wieder vor-
zugehen, bis sie die Nutzlosigkeit dieses Beginnens einsahen und sich, von den luui-
derischen Salven des Lt. Damaggio verfolgt, in kleinen Gruppen zurückzuziehen be-
gannen. Als der Kampf zu Ende war, waren bereits 22.000 Schüsse abgegeben und
— 39 —
Inzwischen konnte die Angriffsgruppe Obst, von Kriegshaber nicht
mehr Raum gewinnen, weil aus der neugebildeten Abwehrlinie der Ita-
liener heftiges Maschinengewehrfeuer ihr entgegenschlug und auch flan-
kierende Batterien26) sie unter Feuer nahmen.
Die Lage der Gruppe ist aus der Skizze Seite 34 zu ersehen.27)
Um nun den Einbruchsraum am Sattel bei der Kote 2081 mürbe zu
machen, ließ Obst. Korzer das Artilleriefeuer dorthin zusammenfassen.
Den weiteren Verlauf der Ereignisse schildert er folgend:28)
,,Alle Kommandanten wurden angewiesen, die Vorrückung zu be-
schleunigen. Zwischen 16 und 18 Uhr schlössen die Kompagnien der An-
griffsstaffel neben- und1 hintereinander auf, ohne aber nach vorwärts
Raum zu gewinnen, da der Feind im Vorfelde immer noch hartnäckigen
Widerstand leistete.
Das Bataillon 90 mußte das schwarmweise Vorgehen gleich wieder
aufgeben und erlitt, auch beim Versuche einzeln vorzugehen, sehr große
Verluste. Ungefähr zwei Drittel der Gesamtverluste entfielen auf dieses
brave Bataillon. Nach 18 Uhr legte sich schweres Sperrfeuer aus öst-
licher Richtung (Priafora) zwischen den Angreifer und die italienische
Stellung. Nochmals erging der Appell an die Truppen, die letzte An-
strengung aufzubieten, um bis zur feindlichen Hauptstellung vorzudringen.
Indessen neigte sich der Tag zu Ende. Das eigene Artilleriefeuer,
auf dessen Wirkung sich das Gelingen der Unternehmung aufbaute, hatte
trotz großem Munitionsaufwand und zwölfstündiger Dauer die erhoffte
Wirkung nicht erzielt, und es war auch nicht gelungen, die besonders
lästigen kleinen Geschütze und Maschinengewehre in den Flanken un-
schädlich zu machen. Der Munitionsverbrauch der Artillerie war bereits
sehr groß, eine weitere zeitliche Ausdehnung des Feuers kaum möglich.29)
Infolge der flankierenden und vollkommen ungeschwächten Wirkung der
feindlichen Artillerie mußte bei der Fortsetzung des Angriffes mit großen
Verlusten gerechnet werden."
Oberst Korzer meldete die Lage dem Leiter des Unternehmens,
FML. Goiginger, und erhielt den Auftrag, sich keinem Rückschlag auszu-
setzen. Schließlich erließ er nach Rücksprache mit den Kommandanten
der Angriffsgruppen um 19.30 Uhr den Befehl zum Einstellen des An-
griffes, um 20 Uhr den zum Abbrechen des Gefechtes und zum Rückzüge
in die alten Stellungen, der, ohne vom Gegner belästigt zu werden, in
größter Ordnung durchgeführt wurde.
vier Gewehrläufe unbrauchbar geworden. Lt, Damaggio wurde für diese Tat mit
der silbernen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet und später als Retter gefeiert. Der
Sattel, in dem diese Maschinengewehrstellung lag, wurde nach ihm MSelletta Damaggio"
genannt, (Sattel zwischen italienischer Platte und Pasubio [Palom].)
26) So wirkte auch eine ital. Artilleriegruppe aus dem Räume zwischen der C. di
Mezzana und Culma Alta über die Vallarsa mit Flankenfeuer.
27) Die Lage des II/1 - TJR, ist einer in den Kriegsakten befindlichen Skizze ent-
nommen.
28) Aus dem bereits zitierten Aufsatze des Obstbrig. Korzer.
29) Einzelne schwere Mörser und Haubitzen waren bereits unbrauchbar.
— 40 —
Die Kaiserjägerbataillone lösten bei dieser Gelegenheit die Batail-
lone der 10. Gebirgsbrigade ab.
Das IV/1. TJR. übernahm die Stellungen des 1/62,30) das II/L TJR.
die des I/90,31) das 1/1. TJR. besetzte die Stellungen des 1/48 bis zur Costa
di Borcola,32)
Der zwölfstündige Kampf hatte auf beiden Seiten, besonders aber
bei den Italienern, schwere Verluste gebracht.
10. Gebirgsbrigade: Offiziere: 3 tot, 10 verwundet. Mannschaft:
99 tot, 348 verwundet, 13 vermißt.
Italiener: 630 tot, 1725 verwundet, 400 vermißt. Von italienischen
Offizieren waren 24 gefallen und 23 verwundet.83) Gefangengenommen
wurden: 4 Hauptleute, 3 Oberleutnante, 5 Leutnante, 2 Offiziersaspiranten,
1 Arzt, 395 Mann der italienischen JR. 219 und 85.
Die Beute der Truppen der 10. Gebirgsbrigade betrug am Abend d'es
2. Juli: über 100 Gewehre, 2 Maschinengewehre mit vielen Munitions-
und Handgranatenverschlägen und Sprengröhren.
In den folgenden Tagen wurde von Kaiserjägerpatrullen das Vor-
gelände nach Verwundeten und Toten und nach Kriegsmaterial abge-
sucht. Nach drei Tagen konnten noch 10 Verwundete des Gegners ge-
borgen werden. An Waffen etc. wurden bis 14. Juli noch eingeholt:
366 Gewehre, eine große Zahl von Spaten, Beilpicken, Bajonetten, Leib-
riemen und Decken. Die Gesamtzahl der eingebrachten Gewehre betrug
mit der Beute vom 2, Juli 466.
Der Angriff der 10. Gebirgsbrigade war in die schon weit gediehenen
Angriffsvorbereitungen der Italiener hineingestoßen. ,»Unsererseits war am
2. Juli gerade ein neuer Angriff vorbereitet, als eine wahrhaft furchtbare
Beschießung aus allen Kalibern — einschließlich 38 cm — wie ein Ge-
witter gegen 5 Uhr früh losbrach . . schreibt Gen. Schiarini.
Die Italiener hatten sich während der Kämpfe der letzten Junitage
knapp vor der Hauptstellung der Truppen der 10. Gebirgsbrigade festge-
setzt und sie gezwungen, sich erst durch das Vorgelände durchzukämpfen,
bevor sie den eigentlichen Angriff gegen die Hauptstellung führen konn-
ten. Dazu kam noch, daß die Angriffsartillerie sich nach der Feuerdispo-
sition anfangs mit der Niederkämpfung der Hauptstellung beschäftigte und
erst, als der Angriff vor dem ungebrochenen Feind im Vorfelde stecken
geblieben war, die Ziele wechselte und den vor d'er eigenen Stellung be-
findlichen Feind unter Feuer nahm.
Aus den Gefechtsberichten der Truppen der 10. Gebirgsbrigade
wie auch aus italienischen Berichten ist zu entnehmen, daß das Artillerie-
3o) Spätere Sektion 7, 8 und Riegelstellung.
81) Spätere Sektion 9, 10 und 11.
32j Spätere Sektion 12, 13 und 14.
33) Nach Schiarini, Seite 182, verteilten sich die Verluste folgend:
JR 85 (Obst, di Benedetto) 200 Tote, 200 Verwundete; JR. 86 (Obstl, F. Castaidi
verw.) 100 Tote, 160 Verwundete; JR. 218 (Obstl. B. Castaldi verw.) 200 Tote, 446 Ver-
wundete; JR. 219 (Obst. Lombardi) 130 Tote, 919 Verwundete. Außerdem 400 Gefangene.
— 41 —
feuer auf beiden Seiten sehr lähmend empfunden wurde und in seiner
Wirkung besonders auf italienischer Seite verheerend war. Italienische
Batterien waren es hauptsächlich, die den Angriff der Truppen der
10. Gebirgsbrigade durch frontales und flankierendes Feuer niederhielten.
Die k. u. k. Batterien wieder zerstörten gründlichst die italienischen Stel-
lungen und Unterkünfte, die rückwärtigen Verbindungen und Verkehrs-
wege.
Pasubio 2236 m (italienisch „Palom"), vom rückwärtigen Hang der itaL Platte aus
gesehen. Der Sattel links ist ,,Stiletta Palom" (auch „Selletta Damaggio" genannt).
Italienische Berichte besagen, daß u. a. die Kommandobaracke des
JR. 8634) einen Volltreffer erhielt, der die darin befindlichen Offiziere
des Regimentskommandos teils tötete, teils verwundete. Auch eine ge-
mauerte Unterkunft eines Bataillons des JR. 218 wurde durch eine Gra-
nate getroffen, der alle Insassen zum Opfer fielen. Die Unterbrechung der
Verbindungen und Verkehrswege durch die k. u. k. Batterien war so
gründlich, daß die ersten Meldungen über den Angriff erst um 9 Uhr früh
S4) Die Unterkunft des Kommandos des JR. 86 lag zunächst des Sattels zwischen
•der. italienischen Platte 2220 und dem Pasubio 2236 (Palom). Dem Volltreffer fielen zum
Opfer: Mjr. Lauria, Hptm. Scapella und Lt. Marognia; verwundet wurden: der Regiments-
kommandant Obstl. Castaldi, der Arzt und der Feldkurat.
— 42 —
zum Divisionskommando kamen. Aber auch in die italienische Infanterie
riß das Artilleriefeuer gewaltige Lücken. Zu deren Ausfüllung sammelte
Oberstbrigadier Taranto, als auch die Infanteriereserven erschöpft waren,
bei den „Porte di Pasubio"35) alles, was sich in der Nähe befand, und
schickte die auf diese Art zusammengestellten Abteilungen sowie auch
die Bedienung der 7. und 37. Gebirgsbatterie, die am Passo di Fieno in
Stellung waren, auf d'en Palom (Pasubio 2236).
Außerdem zog das italienische Divisionskommando zwei Batail-
lone 217, ein Bataillon 71 und das Alpinibataillon Monte Berico aus der
Vallarsafront mit dem Auftrage, über den Piano della Fugazza auf den
Pasubio zu Hilfe zu eilen. Gleichzeitig ordnete es eine kräftige Artillerie-
aktion in der Vallarsa an, die einen Angriff gegen die Linie Mte. Spil—
Testo vortäuschen sollte. Auch das italienische V. Korpskommando sandte
raschestens ein Bataillon 80 und zwei Bataillone 220 zur Unterstützung ab.
Alle diese Verstärkungen konnten jedoch nicht vor Mitternacht auf
den 3. Juli den Aufstieg auf den Pasubio beginnen.
Wenngleich der Angriff der 10, Gebirgsbrigade die ihm gesteckten
Ziele nicht erreichte, so hatte er doch wenigstens die Angriffsabsichten
der Italiener vereitelt und ihnen die Lust zu weiteren Angriffen genom-
men. Das Ringen um den Pasubio war von diesem Tage an für beide Teile
eine Zeitlang zum Abschlüsse gekommen,
Trotz äußerst ungünstiger Angriff sverhältnisse und vielfacher
Hindernisse haben die Truppen der 10. Gebirgsbrigade ihr möglichstes
geleistet und sich — wie immer — mutig und tapfer geschlagen. Die Be-
lobung, die der Brigadier nach dem Angriff an seine Truppen hinausgab,
ist das beste Zeugnis für ihre hervorragende Haltung.
Sie lautet auszugsweise:
K. u. k. 10. Gebirgsbrigadekommando.
Op. Nr. 185/19
Brigadekommandobefehl
vom 3. Juli 1916.
Die am 2. Juli unter meinem Kommando gestandenen Truppen haben
ihren glänzenden Ruf auch an diesem Tage bewährt. Eine selten schwie-
rige Aufgabe war zu lösen, wie sie bisher selbst einer Gebirgsbrigade
nicht gestellt war, ,,in den Felsregionen des Hochgebirges einen seit
Wochen in fast unzugänglichen Stellungen stehenden Feind in breiter,
geschlossener Front anzugreifen".
Während eine starke Artillerie sich um die Zerstörung der Felsburg
des Pasubio bemühte, gingen die braven Bataillone unter Überwindung
unendlicher Schwierigkeiten des Geländes, in Flanke und Rücken von
feindlicher Artillerie beschossen, zum Angriff vor. Die Felsennester des
85) Nach österreichischen Karten ist die Kote 1934 zwischen Cogolo alto (2125)
und Mte. Forni Alti (2026) mit „Porta di Pasubio'" — Pforte des Pasubio bezeichnet.
Pasubio mit der italienischen und der österreichischen Platte, gesehen von Zenevri
(Corno di Pasubio) aus.
a Pasubio (Palom) 2236.
b Selletta Palom oder Selletta Damaggio.
c ital. Platte (Dente Italiano) 2220.
d vermutlicher Eingang zum Stollen Zero,
e Eselsrücken.
f österr. Platte (Dente Austriaco) 2206.
— 44 —
Feindes in seiner Vorstellung wurden ausgehoben, 14 Offiziere und
450 Mann zu Gefangenen gemacht, zahlreiche Gewehre erbeutet und dem
Feinde ungeheure Verluste beigebracht.
Nachdem das Gelände bis an die Felswände des Pasubio vom Feinde
gesäubert war, wurde der Angriff über meinen Befehl eingestellt. Der
eingeschüchterte Feind rührte sich nicht mehr.
Ich danke den tapferen Bataillonen 1/90, 1/62, 1/48, IV/87. III/74 und
dem 1. Regimente der Tiroler Kaiserjäger, der Skikompagnie I und 11/10,
der italienischen Maschinengewehrabteilung"6) für die vollbrachten Lei-
stungen, die eine spätere Geschichtsschreibung voll würdigen wird.
Korzer m. p.
Auch die Italiener maßen der gelungenen Abwehr des Angriffes, die
einen der wichtigsten Pfeiler ihres Verteidigungssystems in den Lessini-
schen Alpen vor dem Einstürze bewahrt hatte, eine ganz besondere Be-
deutung zu.37}
Der Kommandant der italienischen 44. Division, Gen. Gràziani, be-
lobte die Verteidiger des Pasubio mit folgendem Tagesbefehl:
Am 6. Juli 1916.
An die Truppen des Monte Pasubio!
Ich möchte euch küssen, Mann für Mann, euch alle, Offiziere, Trup-
penchargen, Soldaten, tapferste Verteidiger des Monte Pasubio, damit
ihr alle die Anerkennung der Italiener für den großen Erfolg erfahrt,
welchen euer Opfer vom 1. und 2. Juli für die Rettung des Vaterlandes
gebracht hat.
Der Feind war nur mehr einen Schritt von den ,.Pforten" entfernt;
er glaubte, sich dieselben durch ein furchtbares Bombardement geöffnet
zu haben, das er auf euch durch so viele Stunden hindurch niedergehen
ließ. Aber er hat nicht bedacht, daß zwischen ihm und den „Pforten'4 die
Söhne Italiens standen, in einigen Abschnitten nur wenige Überlebende;
aber alle entschlossen, auf dem Posten eher zu sterben, als den Feind
passieren zu lassen.
Aber euer heldenhafter Widerstand hat den Kameraden, die sieg-
reich in den Tälern kämpften, Zeit gegeben, euch zu Hilfe zu eilen, bevor
auch nur ein Meter der Verteidigungslinie in die Hände des verhaßten
Feindes gefallen wäre,
36) Eine k. u. k. Maschinengewehrabteilung, die mit erbeuteten italienischen
Maschinengewehren bewaffnet war.
37) Zur Erinnerung an diesen denkwürdigen Tag und zur Ehrung der Gefallenen
veranstalten die Italiener am 2. Juli jedes Jahres einen mit einer religiösen Feier ver-
bundenen Pilgerzug nach dem hinter dem Sattel 2081 gelegenen Kriegerfriedhof auf
Sette Croci und zu dem auf dem Colle di bella Vista errichteten Ossarium.
— 45 —
Mit Soldaten wie ihr wird der Sieg uns immer begleiten und ich bin
sicher, unsere Fahne auf jene Berge des Trentino zu tragen, wo die ent-
ferntesten Italiener wohnen, dort, wo jene Gewässer entspringen, die
herabfließen in unsere Meere.
Der Generalmajor : gez. Graziani.
Für die Kaiserjäger aber ist der 2. Juli deshalb von großer Bedeu-
tung, weil sie zum erstenmal im Weltkriege am Pasubio in Tätigkeit
traten und ihn von da an allein bis zum Waffenstillstände gegen alle noch
so zäh und tapfer geführten Anstürme behaupteten.
So wie der Col di Lana wurde auch der Pasubio zu einem
,,K aiserjägerber g".
Ausgesuchte italienische Truppen stürmten vergeblich mit größtem
Kräfteaufwand gegen ihn an und versuchten, ihn den Verteidigern unter
schwersten Blutopfern zu entreißen. Kaiserjäger deckten ihn mit ihren
Leibern und tränkten seine Felsen mit Strömen ihres Blutes.
Ungebrochen verließen sie ihn erst beim Waffenstillstand.
Panorama — südöstL Hang der Vallarsa.
IV. Sfegefenlieifeii in Oct Seit oon 5Infang 3ul(
bis Anfang ^ptem&K 191 ó.
I. Sßt Ädtfei ki ^riflaòen im ^üfubiogcbißt
Die starken Truppenabgaben auf den nördlichen Kriegsschauplatz
machten auch am Pasubioplateau eine Kräfteverschiebung und eine neue
Abschnittseinteilung notwendig. Die 57. Division wurde aus der Front ge-
zogen und übergab ihren Bereich an die 8. Division (FML. v. Fabini).1) Im
Verlaufe der Truppenablösung hatte die 180- Infanteriebrigade (FML. von
Verdroß) den Abschnitt der 9. und die 58. Gebirgsbrigad'e (Obst. v. Mer-
ten) den der 10. Gebirgsbrigade zu übernehmen.
Die Stellung der 58. Gebirgsbrigade wurde in zwei Unterabschnitte
geteilt. Unterabschnitt I (Pasubio) besetzt vom 1. TJR. (Obst. v. Kriegs-
haber) und Unterabschnitt II, besetzt vom 3. TJR. (Obst, Fischer v. See).2)
Die Ablösung der drei Bataillone 1/62, 1/90 und 1/48 der 10. Gebirgs-
brigade durch das 1. TJR. im Pasubio-Unterabschnitt fand1 bereits in der
Nacht auf den 3. Juli statt, die der Gruppe Obstl. Méttelèt (IV/87 und
III/74) durch das 3. TJR. im Cosmagon-Unterabschnitt am 11. Juli.
a) 2tJuc6í0tmg 6er 33ertáóí0un0$oerf)0Jfníffc im «ïoomûflonûbfdinitf.
Das 3. TJR. war vom 4. bis 8. Juli als Divisonsreserve im Räume
Sellugio in Verwendung gestanden und hatte am 9. Juli den Marsch in das
Pasubiogebiet angetreten. Am 11. besetzten fünf Züge des I. Bataillons
die Stützpunktlinie am Steilabfall des Cosmagonrückens von Kote 1894
(östlich Mte. Testo) bis Kote 2043,3) d. s, die Sektionen 1 und 2. Die öst-
lich anschließende Stellung (Sektion 3 bis 6) von der Kote 2043 bis zum
Westabfall der österreichischen Pasubioplatte wurde den Kompagnien des
IV. Bataillons zugewiesen.
Ai Die 8- Division unterstand dem XX, Korps (FML, Fürst Schönburg-Hartenstein),
dieses der 11. Armee (GO, Rohr),
2) Auf die Dauer seiner Beurlaubung führte Obst, Putzker das Regimentskom-
mando. I. Bataillon (Mjr. Kurovsky), II. (Hptm, Pfrogner), III. (Hptm. Eymuth), das Ba-
taillon stand damals in den Dolomiten im Valparola, IV. Bataillon (Hptm. von Zalay).
8) Von den Italienern ,,Lora" genannt, eine Bezeichnung, die sich in öster-
reichischen Karten nicht findet.
— 48 —
Die Stellung des Regimentes war eine an sich recht ungünstige, da
nicht nur sie, sondern auch das ganze Gelände dahinter vom überhöhten
italienischen Pasubio eingesehen war. Die Unterbringung und die Ver-
sorgung der Besatzung und der Reserven begegnete außerordentlichen
Hqcl. Poiia.
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Unterabschnitt II Cosmagon mit Sperrfeuerräumen.
(Richtigstellung in der Skizze: Unterabschnitt I ist II, Unterabschnitt II ist I.)
Schwierigkeiten. Ein Zuschieben von Unterstützungen bei Tag oder wäh-
rend einer feindlichen Beschießung war ohne schwerste Verluste kaum
möglich.
Zur Zeit der Übernahme bestand die Verteidigungsstellung nur aus
Stützpunkten. Die Gräben waren bis zur Hälfte in den felsigen Boden
eingegraben, der Aufbau aus Sandsäcken und Steinen ausgeführt. Weit-
hin sichtbar und wenig widerstandsfähig, waren sie nach jeder Beschießung
stark zerstört oder zum Teil ganz hinweggefegt.
— 49
Die feindliche Stellung verlief in einer Entfernung von 11 bis 500
Meter und bestand gleichfalls aus Sandsack- oder Steinriegelbau,
Besonders gefährlich war eine Kampfanlage des Gegners vor der
Sektion 3, Dort hatten die Italiener sich schon vor der Übernahme der
Stellung durch die Kompagnien des Regimentes bis auf 11 m herange-
arbeitet, Es war klar, daß unter dieser bedrohlichen Nähe die Kaiser-
jägerbesatzung in der Sektion 3 arg litt, da jede Bewegung oder lautes
Sprechen sogleich ein heftiges Infanteriegewehr- oder Minenwerferfeuer
auslöste,
Aber auch die gegnerische Besatzung war nicht zu beneiden. Sie
hatte sich zwar meisterhaft durch Sappen und Sandsackaufbau den
steilen, felsigen Hang hinaufgearbeitet und klammerte sich mit großer
Mühe an seinen Rand an, doch mußte sie stets gewärtig sein, durch einen
Vorstoß der Kaiserjäger über die Felsen hinabgeworfen zu werden. Die
geringe Entfernung der beiderseitigen Stellungen brachte naturgemäß
große Verluste.
Besonders lästig empfanden die Italiener die Scharfschützen der
Kaiserjäger, die sie „Cecchini"4) nannten und zu deren Bekämpfung sie
ebenfalls besonders gute Schützen aufstellten.
Anfangs Juli machte sich bei den Italienern größere Unruhe geltend.
Neue Minenwerfer gingen in Stellung und beschossen die Gräben und das
Gelände hinter denselben in verstärktem Maße.
Diese rege Tätigkeit war nach italienischen Angaben notwendig ge-
worden, um gerade an dieser gefährlichen Stellung den Geist der Be-
satzung zu heben.
Besonders in den Nächten des 11, und 12, Juli waren die italie-
nischen Patrullen der 5/157 sehr tätig und fügten der Kaiserjäger-
besatzung beträchtliche Verluste zu. Sie hatte 13 Tote (darunter den
Kadettaspiranten Bock) und 30 Verwundete zu beklagen. Aber auch von
den italienischen Patrullen waren viele Tote im Vorfelde liegen geblieben.
b) €tfte îlntetndjmimg g eg im 6íc ííoHenífctie ^anòfacflMIung
m 17. fulí í9íó.
Um die andauernde Beunruhigung und die stete Gefahr eines feind-
lichen Überfalles auf die Stellung der Sektion 3 zu beseitigen, ordnete das
58, Gebirgsbrigadekommando die Vertreibung der vor ihr eingenisteten
Italiener durch einen überfallsartigen Angriff an.
Eine kurze Feuervorbereitung durch ein auf der Platte eingebautes
Gebirgsgeschütz, das überraschend in die Flanke der feindlichen Sand1-
sackstellung wirken konnte, sollte die Stellung sturmreif machen, Außer-
4) Im Kriege waren Scharfschützen oder Schützen mit Fernrohrgewehren, die
auf eine vom Gegner oft begangene Stelle oder aus einer guten überhöhten Position
den Feind beschossen, sehr lästig und gefürchtet. Die Italiener bezeichneten solche öster-
reichische Scharfschützen „Cecchino" oder „Gigetto". Ersteres ist ein Diminutiv von
Francesco (Francescino), letzteres ein solches von Luigi (Luigino).
Schemfil, ;,Die Pasubio-Kämpfe". 4
— 50 —
dem hatten ein in der Stellung befindlicher Minenwerfer (40 cm), die
Maschinengewehre der MGA II, der Skikompagnie und die Musketen-
patrulle mitzuwirken.
Nach gelungenem Einbruch war die Stellung zu halten und durch
eine halbe Sappeurkompagnie 7/6 (Lt. Klaß) auszubauen. Die Niederhal-
tung der italienischen Geschütze auf der Kammlinie von Kote 2236 (Pa-
subio) bis Cogolo Alto war den Batterien der Gruppe Hptm. Bleier an-
vertraut.
Cosmagonstellung.
Strichlierte Linie ~ österreichische Stellung, Linie mit weißen Kreisen = italienische
Stellung (Sandsackstellung), S = Sektion.
(Lichtbild zur Verfügung gestellt von Hptm. Konasch.)
Als Angriffsgruppe bestimmte der .Regimentskommandant Oberst
Putzker die 2. Kompagnie (Oblt. i. d. Res. Dr. Roth) und einen Zug der
MGA. I, ferners die Handgranatenzüge des I. und II. Bataillons. Zwei rote
Leuchtraketen sollten das Einstellen des Feuers des Gebirgsgeschützes
auf der Platte und den Beginn des Angriffes bezeichnen.
Oblt. Roth rückte bereits in der Nacht vor dem Angriff mit seiner
Kompagnie in die Sektion 3 ein, um dort die notwendigen Vorbereitungen
zu treffen. Auch die kleineren Minen- und Granatwerfer gingen in
Stellung.
— 51-
Urn 21.15 Uhr des 17, Juli eröffneten die für die Niederhaltung der
Pasubiogeschütze bestimmten Batterien des Hptm. Bleier mit vorzüg-
licher Wirkung das Feuer. Nur das Geschütz auf der österreichischen
Platte, die ganze Hoffnung der Unternehmung, schwieg zu Anfang aus
unbekannten Gründen. Während der ohnehin kurzbefristeten Zeit der
Artillerievorbereitung, bei welchem von diesem Geschütz die heftigste
flankierende Wirkung erwartet wurde, gab es nur 5 Schüsse ab. Dem-
nach war auch nicht die geringste Wirkung in den feindlichen Gräben er-
zielt worden, auch die Hindernisse waren unversehrt geblieben. Das
Überraschungsmoment war verlorengegangen. Die italienische Besatzung
war alarmiert und konnte ihre Gräben voll besetzen.
Zu all dem hatte die Angriffsgruppe noch verschiedene Hindernisse
zu überwinden. Zuerst verursachte das rasch einsetzende feindliche
Sperrfeuer in der bereitgestellten Kompagnie, bevor sie noch zum Angriff
ansetzte, beträchtliche Verluste. Ferners hätten die Hindernisse bereits
in der Nacht vorher zur Schaffung von Durchgängen geöffnet werden
sollen. Da dies aber wegen des feindlichen Abwehrfeuers nur teilweise
gelungen war, mußten die Angreifer über dieselben hinwegklettern und
erlitten dabei erhebliche Verluste.
Trotzdem ging anfangs der Angriff mit drei Zügen in erster Linie
recht gut vorwärts, Der rechte Flügel drang in die feindliche Sandsack-
stellung ein, die Mitte und der linke Flügel kamen aber nur bis auf etwa
Lage am 17. Juli mit Angriffsrichtungen.
4*
— sa-
io Meter an den italienischen Graben heran und lagen hier bald im Hand-
granatenkampf fest,
Wohl versuchte Oblt. Roth seine Kompagnie durch einen Verstär-
kungszug vorzureißen, der Angriff aber kam wegen des heftigsten Feuers
aus den feindlichen vollbesetzten Gräben nicht mehr vorwärts.
Um 23.50 Uhr mußte der Bataillonskommandant Hptm, von Zalay
das Unternehmen als mißglückt einstellen und die Angriffskompagnie
zurücknehmen lassen.
Aus einer italienischen Schilderung5) der Abwehr des Angriffes der
Kaiserjäger läßt sich einigermaßen genau sein Verlauf ersehen.
Die der Sektion 3 gegenüberliegende Stellung der Italiener war vom
IL Bataillon des JR. 1576) unter Kommando des< Mjr. Bussi besetzt. Gegen-
über der österreichischen Sandsackstellung lag die 5/157, links (nördlich)
die 8/157 und rechts der 5/157 die 7/157 am Passo del Omo.7)
Das um 21.15 Uhr einsetzende Feuer der österreichischen Batterien
ließ die Italiener eine ,»kriegerische Absicht" voraussehen. Nach ihrer
Meinung wurde der darauffolgende Angriff von drei Kaiserjägerkompag-
nien durchgeführt.
An ihren beiden Flügeln (7. und 8. Kompagnie) konnten sie den
Ansturm vor den Gräben zum Stehen bringen. In der Mitte aber, wo die
Stellungen nur 11 Meter voneinander entfernt waren, war er so heftig, daß
die Kaiserjäger überraschend in den Schützengraben der 5/157 einfielen.
Dort entspann sich in der Dunkelheit ein furchtbares Handgemenge.
Die drei Offiziere der italienischen 5/157 waren bereits kampfunfähig,
das Maschinengewehr, um das sich ein heftiger Kampf entsponnen hatte,
war umzingelt. Man kämpfte mit Gewehrkolben und Steinwürfen, da zum
Gebrauch der Feuerwaffe der Raum fehlte. Die zur Hilfe herbeieilenden,
aus neueingerückten Soldaten bestehenden Reserven begannen zu schwan-
ken und drängten über die zum Bataillonskommando führende Stiege8) wie-
der hinab, andere wollten von unten herauf, so daß dort ein gefährliches
Gedränge entstand.
Der italienische Bataillonskommandant Mjr, Bussi stellte sich ¿n
dieser kritischen Lage mit zwei Hauptleuten, den Revolver in der Faust,
den Zurückeilenden entgegen und trieb sie wieder nach vorne. Ein
Sappeurzug unter Kommando des Lt. Frattolitto machte als erster den
Gegenstoß, ihm folgten zwei Züge der 6. Kompagnie und drängten im
Handgemenge die Kaiserjäger wieder aus dem Graben Um ihnen den
Rückzug abzuschneiden, legten die Geschütze der Batterien von Mga.
Fieno und Soglio Incudine Sperrfeuer auf das Gelände vor ihnen. Das ver-
5) Die Schilderung des Kampfverlaufes auf italienischer Seite ist dem Buche
„Due anni di guerra con la Brigita Liguria" von Capitano Valentino Co,aa entnommen,
®) Die Regimenter 157 und . 158 gehörten zur Brigade Liguria. A
7) So genannt nach einem hochaufragenden Felsen, der die Gestalt eines Men-
schen hatte.
®) Die Stiege soll mit 200 Stufen vom Bataillonskommando zur Stellung auf der
Lora (ital. Sandsackstellung) geführt haben.
— 53 —
lorengegangene Maschinengewehr wurde wieder erobert und gegen den
zurückgehenden Feind gerichtet.
Während des österreichischen Angriffes hatte die 8/157 ihre Stellung
nicht verloren, weil dort der Kern der Besatzung aus alten Soldaten
bestand. Sie hatte aber sehr schwere Verluste erlitten, so daß nur mehr
wenige übriggeblieben waren. Mit diesen machten die Oberleutnante
Bertola und Garbagnati einen Gegenangriff in die linke Flanke der Kaiser-
jäger und schlugen sie zurück.
Diese italienische Gefechtsschilderung läßt entnehmen, daß der
rechte Flügel der Angriffsgruppe der Kaiserjäger die Mitte der italieni-
schen Stellung (der am nächsten liegende Teil ihrer Sandsackstellung)
traf. Der linke Flügel und die Mitte kamen vor dem rechten Flügel des
Feindes zum Stehen. Der linke feindliche Flügel (7/157 am Passo del
Omo) wurde überhaupt nicht angegriffen, da er unterhalb des steil abfal-
lenden Felsens der Lora lag und von der österreichischen Stellung aus
nicht gesehen werden konnte.
Die Verluste der Kaiserjäger waren verhältnismäßig gering, die der
Italiener dagegen schwer. Sie geben etwa 100 Tote an. Die Verluste der
Kaiserjäger betrugen: Grabenbesatzung: 2 Tote, 3 Verwundete; Angriffs-
kompagnie: 2 Tote, 36 Verwundete, 4 Vermißte, die wahrscheinlich gefal-
len oder verwundet auf dem Kampfplatz liegengeblieben waren und nicht
geborgen werden konnten. Von den Offizieren waren zwei verwundet; sie
blieben jedoch bei ihren Kompagnien. Die bei der Unternehmung ge-
machten Gefangenen gehörten der 5/157 an.
c) llnternelimung gegen bk ífolícntfdic ^onûfatfftdUing
om 9* ^lugujï 1916.
Mit dem Mißlingen der Unternehmung am 17. Juli war die Absicht,
diese gefährliche Stellung dem Gegner zu entreißen, nicht aufgegeben.
Schon anfangs August erließ das Brigadekommando neuerlich den Befehl,
Vorbereitung für eine Wiederholung des Unternehmens zu treffen.
Aus Freiwilligen der Bataillone des 3. TJR. wurde eine 150 Mann
starke Angriffskompagnie zusammengestellt und als Kommandant wieder
Oblt. Dr. Roth bestimmt. Der Angriff wurde an einem geeigneten Platz
hinter d'en Stellungen öfters geübt und eine solche Übung auch am
4. August von Oberstbrigadier von Merten besichtigt.
Der Regimentskommandant Oberst Putzker bestimmte den 9. August
als den Tag des Angriffes. Da die Unternehmung überfallartig und
bei Dunkelheit durchzuführen war, sollte die Artillerievorbereitung ent-
fallen. Die Batterien hatten nur im Falle des Einsetzens von Sperrfeuer
die feindlichen Batterien niederzuhalten.
Oblt. Dr. Roth bezog mit der zusammengestellten Kompagnie schon
* am 7. August die Stellung der halben 4. und der 3. Sektion, um die
Angriffszüge mit der Örtlichkeit vertraut zu machen. Die alten Besatzun-
— 54
gen, die 13. (Obit. Hanel) und die 16. Kompagnie (Lt. i. d. Res. Wuschkan),
wurden hinter die Stellung zurückgezogen. Die als Reserve für die Unter-
nehmung bestimmte 3. Kompagnie (Lt. i. d. Res. Seyß-Inquart) lag in einer
Mulde hinter der Sektion 3 bereit.
Um 3.15 Uhr früh des 9. August begann die Kompagnie Roth mit
zwei aus je zwei Zügen bestehenden Gruppen den Angriff. Die rechte
unter Fhr. i. d. Res. Pelouschek und Kadett Kotrbazek hatte die Richtung
auf die in der Skizze mit ,,A" bezeichneten und die linke unter Lt. Heß
und Fhr. i. d. Res. Vallazza auf die mit ,,B" und ,,C" bezeichneten italie-
nischen Grabenteile.9) Beiden Gruppen waren je zwei Pionierpatrullen
zu je 2 Unteroffizieren und 12 Pionieren zugeteilt.
Der Zug Pelouschek hatte die meiste Aussicht auf Erfolg, weil der
feindliche Graben von seiner Ausgangsstellung nur 11 Meter entfernt war.
Freilich war hier auch das dichteste Hindernis zu überwinden. Der linke
Zug Lt. Heß hatte den weitesten Weg und war daher dem Abwehrfeuer
am meisten ausgesetzt, was sich auch im Laufe des Angriffes sehr hem-
mend auswirkte.
°) Die italienische Besatzung bestand diesmal aus Kompagnien des 11/158,
Durchführung des Angriffes.
Lage am 9. August mit Angriffsrichtungen.
S 2, 3 - Sektion 2, 3,
FW Feldwache.
— 55 —
Als um 3,15 Uhr die beiden Gruppen gleichzeitig und überraschend
vorbrachen, gaben die italienischen Grabenposten rasch Alarmschüsse ab.
Die Folge war, daß in kürzester Zeit Gewehrfeuer und am linken Flügel
auch Maschinengewehrfeuer in die Reihen der Stürmenden schlug. Die
dadurch hervorgerufene Stockung bei der rechten Angriffsgruppe wurde
durch das persönliche Eingreifen des Oblt. Roth und seiner Zugskomman-
danten rasch behoben, so daß der Zug Pelouschek nach einigen Hand-
granatensalven, die in der dichtgedrängten italienischen Besatzung
schwere Verluste verursachten, in den Graben I eindringen konnte. Hier
war die Lage für die Italiener nicht mehr zu retten. Der Graben bildete
den einzigen Zugang zur Stellung und wurde sofort von den Kaiserjägern
abgeriegelt, um das Zuströmen weiterer Unterstützungen zu unterbinden.
Mit dem noch im Graben befindlichen Gegner entspann sich ein heftiges
Handgemenge. Vergeblich suchte er sich mit dem Bajonett Luft zu
machen, doch ,,die Toten versperrten," wie es in einer italienischen Schil-
derung heißt, ,,d'en Weg, die Lebenden stolperten über die Gefallenen".10)
Als von den dort befindlichen italienischen Offizieren einer gefallen und
zwei verwundet waren, brach der Widerstand entgültig zusammen. Der
Graben wurde von den Kaiserjägern gänzlich gesäubert.
Nicht so glatt ging es bei der linken Angriffsgruppe. Dort hatte das
sofort einsetzende Abwehrfeuer eine längerandauernde Stockung hervor-
gerufen. Dazu kam, daß von den Offizieren Lt. Heß außer Gefecht gesetzt,
Fhr. i. d. Res. Vallazza gefallen und Kadett Scheibel verwundet worden
war. Die so eine Zeitlang führerlosen Züge konnten erst, als Kadett-
aspirant Hinterholzer der 16. Kompagnie das Kommando übernahm, vor-
geführt werden und den feindlichen Graben in Besitz nehmen.
Der Angriff selbst und die bald darauf einsetzenden feindlichen
Gegenstöße hatten der Kompagnie Roth erhebliche Verluste gebracht, die
bei der rechten Angriffsgruppe durch einen Zug der 16. (Kadett Honig)
und der 13. (Fhr. i. d. Res. Ellinger), bei der linken Gruppe durch einen
Zug der 13. (Kadettaspirant Ehrmann) und einem Zug unter Kommando
eines Zugsführers ersetzt wurden.
Die rechte Gruppe war nach Säuberung des Grabens I noch fast bis
an den Rand des zweiten Felsabsturzes vorgedrungen, hatte mehrere
Gegenstöße abgewehrt, mußte aber dann, als der Feind sich immer mehr
verstärkte, an den Rand des ersten Felsabsturzes zurückgenommen wer-
den, wo ein Zug der 13. als Feldwache den feindlichen Graben absperrte.
Die Pionierkompagnie 4/9, die während des Angriffes sehr geschickt
und schneidig mitgewirkt hatte, hatte inzwischen einen Verbindungs-
graben zwischen der Feldwache und dem Graben III hergestellt.
Am linken Flügel suchten die Italiener ihren verlorengegangenen
Graben durch einen kräftigen, mit Geschütz- und Minenwerferfeuer unter-
stützten Gegenstoß wiederzugewinnen. Der aber hatte nach ihren An-
gaben die Richtung verfehlt und wurde von den Kaiserjägern abgeschlagen.
lü) Aus „Due anni di guerra con la Brigata Liguria" von Capit. Coda.
Um 7 Uhr früh war die ganze feindliche Sandsackstellung in der
Hand der Kaiserjäger. Die Kompagnie Roth wurde, wie es vorher schon
bestimmt war, aus den gänzlich vermischten Verbänden herausgezogen.
Als neue Besatzung verblieben 70 Mann der 16, Kompagnie unter
Fhr. Ellinger und Kadettaspiranten Honig im Graben I und III, ferners
20 Mann der 13. als Besatzung der Feldwache unter Kadett Ebner.
Die Kompagnie Roth hatte an Verlusten 20 Tote und Vermißte und
80 Verwundete zu verzeichnen und außerdem 31 Gefangene eingebracht,
die dem italienischen JR. 158 angehörten. Von den Italienern lag ein
großer Teil der Besatzung tot oder verwundet auf dem Platz.
Inzwischen hatten Pioniere und Jäger unter Leitung des Pionier-
leutnant Kodidek die Stellung umgebaut, so daß sie um 8.30 Uhr früh
schon verteidigungsfähig war. Allerdings wurde durch das später ein-
setzende feindliche Artillerie- und Minenwerferfeuer ihre mühevolle
Arbeit wieder zunichte gemacht.
Als bald darauf Nebel einfiel, konnten die Verbände geordnet und die
Besetzung der neuen Stellung geregelt werden. Ein und einhalb Züge der
16. Kompagnie unter Fhr. i. d. Res. Stockinger bildeten die Stellungs-
besatzung, Kadett Ebner blieb mit 20 Mann als Feldwache im Graben I.
In den ersten Nachmittagsstunden herrschte verhältnismäßig Ruhe.
Man konnte die Telefonverbindung zum Regimentskommando, die bisher
unterbrochen war, wiederherstellen und eine schon längere Zeit zur Ab-
sendung vorbereitete Lagemeldung abgeben. Sie lautete:
,,Die eroberte feindliche Stellung besetzt und über diese noch eine
Feldwache vorgeschoben. Ausbau wird nachts fortgesetzt. Stellung zeit-
weise unter heftigem Artilleriefeuer. Eigene Verluste, soweit bisher be-
kannt, 4 Offiziersaspiranten gefallen, etwa 80 Mann verwundet. Anzahl
der gefallenen Mannschaft noch nicht festgestellt. Feindliche Verluste
schwer. Ein italienisches Maschinengewehr wurde im Kampfe über die
Felsen hinuntergeworfen. Sonstige Beute noch nicht gezählt. Bisher 37
unverwundete und 6 verwundete Gefangene. Physischer und moralischer
Zustand der Mannschaft gut,
Schwabik, Mjr."
Gegenangriff der Italiener.
Schon in den Vormittagsstunden lag auf den Sektionen 3 bis 6 star-
kes feindliches Artilleriefeuer, das hauptsächlich auf die eroberte feind-
liche Sandsackstellung zusammengefaßt war und sich gegen 16 Uhr zu
einem mächtigen Vorbereitungsfeuer steigerte, Bald darauf setzte der
Gegenangriff der Italiener ein, Sie hatten alles Verfügbare zusammen
gerafft und stürmten mit Abteilungen des 11/157, verstärkt durch solche
des JR, 71, gegen die durch Verluste stark zusammengeschmolzene, kleine
Schar der Kaiserjäger in der eroberten Sandsackstellung an. Ein italie-
nischer Bericht sagt über den Angriff: ,,Ein Hauptmann von 71, der an
der Spitze der Seinen stürmte, fiel wie vom Blitz getroffen. Die Verwun-
— 57 —
deten häuften sich. Der Angriff stockte . . . Erst als die 2. Kompagnie
JR. 158 vom Palom her zu Hilfe kam, wurden die Kaiserjäger überrannt/'
Der italienische Gegenangriff wurde aufgehalten und artete in ein
stehendes Feuergefecht aus. Dabei hatte am schwersten die Feldwache
des Kadetten Ebner gelitten. Sie hatte alle bis auf drei Mann verloren
und wurde zurückgeworfen. Mit diesen meldete sich Kadett Ebner bei
seinem Kompagniekommandanten und bekam den Auftrag, mit einer
zugewiesenen Verstärkung die Feldwache wieder zu nehmen. Am Wege
dorthin wurde er tödlich verwundet, von der Mannschaft kam niemand
mehr zurück.
Die einundeinhalb Züge starke Besatzung des linken Teiles der Stel-
lung konnte länger standhalten, doch auch sie erlitt immer größere Ver-
luste. Um 20 Uhr waren nur mehr einige Jäger vorhanden, der Komman-
dant Fhr. Stockinger verschüttet und verwundet.
So hatte die Ausd'auer und die Tapferkeit der verhältnismäßig gerin-
gen Besatzung den Gegenangriff der Italiener fast bis zur Vernichtung auf-
gehalten, konnte aber die Wiedereroberung der italienischen Sandsack-
stellung nicht hindern.
Während dieser Ereignisse war das Regimentskommando wegen
Unterbrechung der Telefonleitung von der Gefechtslage nicht unterrichtet.
Erst durch eine um 20.30 Uhr vom Artilleriehauptmann Pokorny verfaßte
und abgegebene Lagemeldung erfuhr es von der Wiedereroberung der
Stellung durch die Italiener. Die Meldung lautete:
,,Seit 20 Uhr abends vorgeschobene italienische Stellung vom Feinde
wiederbesetzt. Artilleriegruppe will meine Meldung nicht glauben. Ich
stelle sie als positiv hin. Die Kaiserjäger haben sich in diesem entsetz-
lichen Trommelfeuer brav bis zum letzten Mann gehalten und getan, was
sie konnten."
Im Auftrage des Brigadiers befahl der Regimentskommandant die
Wiederholung des Angriffes, wozu ein halbes 1/1. TJR. zur Verfügung ge-
stellt werden sollte.
Unterdessen wurde aus der Sektion 3 ein neuer italienischer Angriff
abgeschlagen. Darüber meldete der Bataillonskommandant:
„Die drei Züge der Pionierkompagnie 4/9 und die Regimentsponier-
abteilung, welche hinter die Sektionen 3 und 4 verschoben worden waren,
kamen eben zu rechter Zeit, einen italienischen Stui*m abzuschlagen.
Hiebei wurden einige Gefangene gemacht. Die feindliche Stellung ist
sehr stark besetzt. Derzeit ist noch nicht der Zeitpunkt für eine Wieder-
holung des Angriffes gekommen. Skikompagnie II und1 MGA. soeben ein-
getroffen, letztere bereits eingesetzt."
Im Gesamtbericht über die Ereignisse des Tages meldete der
Bataillonskommandant Mjr. Schwabik, daß er es zwar für möglich halte,
mit einer frischen Kompagnie die Sandsackstellung wieder zu erobern,
doch würde dies nach seiner und der Kompagniekommandanten Ansicht
sehr schwere Opfer kosten, weil einerseits die feindliche Stellung jetzt
viel stärker besetzt sei und weil andererseits eine schwere feindliche
— 58 —
Beschießung nach gelungenem Einbruch ein Halten der Stellung wieder
unmöglich mache.
Auf Grund dieser Meldung sah das Brigadekommando von einer
Wiederholung der Unternehmung ab.
Ein nochmaliger Angriff der Italiener am nächsten Tag um 4.30 Uhr
früh gegen die Sektionen 3 und 4 wurde abgewiesen.
Die Gesamtverluste der Unternehmung betrugen: Offiziere: tot: Fhr.
Vallazza, Kadetten Ellinger, Hönig und Ebner; verwundet: Kadett Streif,
Scheibe!, Hinterlechner und Stocker, letzterer auch vermißt. Mann-
schaft: tot 38, verwundet 126, vermißt 25; Gesamtverluste: 197
Die gutvorbereitete Unternehmung war wieder gescheitert, weil es
nicht möglich gewesen war, sich in der neueroberten Stellung vor dem
alles vernichtenden Artilleriefeuer des Gegners, das sich wegen der Min-
derzahl der eigenen Artillerie voll entfalten konnte, zu halten.
Die große Zahl der freiwillig sich meldenden Teilnehmer und die an
sich sehr bedauerlichen schweren Opfer sind1 das beste Zeugnis für die
Tapferkeit und die Ausdauer der Offiziere und Mannschaften.
Das IV. Bataillon, das durch die Verluste stark geschwächt war,
wurde am 12. August durch das II. Bataillon (Mjr. Wisinger) abgelöst.
Die Gefechtsverluste der letzten Zeit waren so stark,; daß 47 Offiziere
und 1379 Mann des XXI. und XXII. Marschbataillons eingesetzt werden
mußten, um die Kompagnien auf eine Stärke von je 160 Mann zu bringen.
Am 23. August übernahm wieder Obst. Fischer von See nach seiner
Genesung das Regimentskommando von Obst. Putzker.
d) laße im llntecabfctinítt lafubio.
In dem vom 1. TJR. besetzten Unterabschnitt I (Pasubio) fanden in
den Monaten Juli und August keine größeren Kampfhandlungen statt.
Neben einer beiderseitigen eifrigen Patrullentätigkeit, die der Stellungs-
erkundung diente, sind nur einige kleinere feindliche Vorstöße zu ver-
zeichnen, die sich gegen die Feldwachenlinie östlich der Platte richteten.
Am 14. Juli griff eine stärkere feindliche Abteilung während dichten
Nebels die vom Fhr, i. d. Res. Hieger kommandierte Feldwache vor der
Sektion 10 (7. Kompagnie) an. Von der wachsamen Besatzung abgewiesen,
wiederholte sie den Angriff um 12 Uhr nochmals und wurde wieder
zurückgeschlagen. Die Feldwache hatte 6 Verwundete, die Italiener
ließen 15 Tote oder Verwundete am Platz.
Am Abend des gleichen Tages bemerkten die Vorposten der Sek-
tion 13 (4. Kompagnie) das Vorgehen einer feindlichen Abteilung aus dem
Capraratal, die sich während der Nacht, begünstigt durch das Gelände,
bis fast an die Hindernisse herangeschlichen hatte. In den Morgenstunden
erfolgte ein zwar mit anerkennenswerter Schneid geführter, aber erfolg-
loser Angriff, der den Italienern 14 Tote und 8 Gefangene des JR. 219
kostete. Die Besatzung verlor 1 Toten und 4 Verwundete.
FML. Ignaz Verdroß Edler von Droßberg.
Am 16. Juli wurde ein anderer Teil der Stellung angegriffen. Dies-
mal traf es die vor der 2. und 5. Kompagnie befindlichen Feldwachen. Auf
ihnen lag schon seit einigen Tagen, mit dem Morgengrauen beginnend, ein
heftiges Geschützfeuer. Am Abend des 16. endlich kam es zum Angriff.
Eine etwa 30 Mann starke feindliche Abteilung schlich bis an die Hinder-
nisse der Feldwache heran, um sie mit Sprengröhren zu öffnen. Ihre
Absicht wurde durch die Wachsamkeit der Horchposten vereitelt. Eine
große Zahl von Sprengröhren blieben im Vorfeld liegen und wurde später
hereingebracht.
Nach diesen kleineren mißglückten Vorstößen trat durch etwa
14 Tage Ruhe ein.
Erst am 30. Juli erfolgte wieder ein Angriff einer stärkeren Abtei-
lung. Tagelang lag auf den Sektionen östlich der Platte schweres Artil-
leriefeuer, das erst am Abend des 30. zur Ruhe kam. Man glaubte, daß
für diesen Tag die Beschießung zu Ende sei und begann mit Arbeitspartien
die Schäden der Beschießungen auszubessern. Plötzlich begann Schlag
20 Uhr ein heftiges Granat- und Minenwerferfeuer gegen die Feld-
wachen der 8. Kompagnie und in die Mulde zwischen der Hauptstellung
und den Feldwachen. Während der Dauer der Beschießung war man über
die Vorgänge bei den Feldwachen nicht unterrichtet. Um 20.20 Uhr
brachte endlich eine Gefechtsordonnanz die Meldung, daß die Italiener
überraschend die Feldwache 3 angegriffen und die Stellung besetzt hätten.
Die Besatzung der Feldwache hätte sich auf die etwa 40 Meter entfernte
Nachbarfeldwache zurückgezogen und verhindere dort im Vereine mit
dieser ein weiteres Vorgehen des Gegners. Der Kompagniekommandant
schickte den Lt. i. d. Res. Wittemann mit seinem Zug zur bedrohten
— 60 —
Stellung hinaus, dem es in kurzer Zeit in schneidigem Handgranatenangriff
gelang, die verlorengegangene Feldwachenstellung zurückzugewinnen.
Während er nur einen Leichtverwundeten hatte, mußten die Italiener
4 Tote (des JR. 219) zurücklassen.
In der Nacht vom 3. auf den 4. August versuchte nochmals eine
kleine feindliche Abteilung an die Sektion 12 heranzukommen. Sie wurde
leicht abgewiesen.
Das Unterbleiben jeder größeren Kampfhandlung zeigte, daß die
Italiener nun auch im Pasubiogebiet ihre Gegenoffensive eingestellt hatten
und in die Verteidigung übergegangen waren. Die kleineren Vorstöße
schienen nur d'en Ausbau ihrer Stellungen zu decken.
Die erste Hälfte August brachte einen Wechsel im Kommando der
8. Division. Der bisherige Kommandant FML. von Fabini wurde mit der
Führung des VI. Korps betraut und nahm von seinen Truppen, die er fast
2 Jahre hindurch geführt hatte, mit folgendem Divisionskommandobefehl
Abschied:
. ,,Die Division hat sich in dieser Zeit ebenso auf den Gefilden Gali-
ziens und Rußlands wie am Isonzo und in den heimatlichen Bergen, zu-
meist dort, wo die schwersten Aufgaben zu lösen waren, mit unübertrof-
fenen Ehren bedeckt. Die Regimenter haben ihrer Geschichte unverwelk-
lichen Lorbeer hinzugefügt. Ich danke allen Höheren und Truppen-
kommandanten für die glänzende Führung, den Offizieren, Unteroffi-
zieren und Mannschaften für den in allen Kämpfen so unvergleichlichen
Heldenmut, die nie versiegende Opferwilligkeit, Standhaftigkeit und den
herrlichen militärischen Geist.
Lebt wohl, Kaiserjäger!
Glück auf zu neuem Ruhm und zu neuen herrlichen Siegen!"
Das Divisionskommando übernahm FML. Ignaz von Verdroß, der
bisherige Kommandant der 180. Infanteriebrigade.
FML. von Verdroß hatte seine ganze militärische Dienstzeit bei
Kaiserjägern zugebracht, war lange Zeit Kommandant des 3. Regiments
der Tiroler Kaiserjäger und wurde von allen Kaiserjägerregimentern aufs
wärmste als ihr Divisionär begrüßt.
V. Ser itoteneStofltíff am io.-September 19íó.
Dem Pasubio, als der Hauptstütze der Verteidigung in den Lessini-
schen Alpen, ließ die italienische Führung auch weiterhin ihre besondere
Aufmerksamkeit angedeihen.
General Cadorna sagte über seine Wichtigkeit und über die Gründe
der im Herbst 1916 gegen ihn geführten Angriffe:
„Der Pasubio war ein Hauptpfeiler unserer Verteidigung, Die ihr
dort noch fehlende Festigkeit und Tiefe zwang uns, unsere Besetzung
möglichst auf das ganze Colsantoplateau oder wenigstens auf die zwischen
dem Roite und den Sogli Bianchi liegenden Höhen zu erweitern. Wir
hatten zwar während der Gegenoffensive im Juni versucht, den Colsanto
wiederzugewinnen, erreichten aber nur eine geringe Erweiterung unserer
Besetzung. Nichtsdestoweniger nahmen wir den ursprünglichen Plan
wieder auf, übertrugen die Oberleitung der Operationen dem V. Korps-
kommando und stellten die hiezu nötigen Mittel zur Verfügung."*)
Auch das k. u. k. Heeresgruppenkommando in Tirol maß der eigenen
Pasubiostellung, als einem der wichtigsten Abschnitte der Verteidigung
der Südfront Tirols, eine große Wichtigkeit bei. Ein italienischer Erfolg
in diesem Räume hätte leicht die Zurücknahme der k. u. k. Truppen in
die vor der Frühjahrsoffensive innegehabten Stellungen erzwingen können.
Als dann Mitte September die italienische Führung ihre Absicht zu
verwirklichen schien, durch die Besitznahme des Colsanto ihr Verteidi-
gungssystem am Pasubio zu erweitern und zUf verbessern, blickte man mit
Sorge dem zu erwartenden italienischen Angriff entgegen, zumal schon die
im August und anfangs September an der Fleimstalfront entbrannten und
auf einen Durchbruch nach Bozen hinzielenden Angriffe die wenigen Re-
serven der Heeresgruppe GO. Erzherzog Eugen fast gänzlich aufgebraucht
hatten. Außerdem verfolgte der Vorstoß am Pasubio auch den Zweck,
die k. u. k. Heeresleitung an der Verschiebung von Kräften für die Mitte
September beginnende Isonzoschlacht zu hindern.
Die Vorbereitungen der Italiener für den Angriff im Pasubiogebiet
waren auf österreichischer Seite nicht unbemerkt geblieben. Schon an-
fangs des Monats hatte das 8. Divisionskommando auf vermutliche Kräfte-
verschiebungen der Italiener aufmerksam gemacht. Aktive Aufklärungs-
arbeit mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln wurde angeordnet und
*) Cadorna, La guerra alla front© italiana. Band 2, Seite 21—22,
— 62 —
die Aufmerksamkeit namentlich auf etwaige Verstärkungen der feind-
lichen Artillerie gelenkt. Jedem Truppenkommandanten wurde aufgetra-
gen, durch Gefangene, erbeutete Ausrüstungsgegenstände usw. die Trup-
penzugehörigkeit der feindlichen Besatzung festzustellen. In der Folge
verdichteten sich die Nachrichten über Angriffsabsichten der Italiener
immer mehr. Neue Batterien und planmäßige Beschießungen vonStellungs-
AN
/1:15.00 0*
Roite
^2150
-$-4170
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3.TJT?.
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Te ita. Focht \
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\ Obst • S vo yi-yoi.
Li<ju.Y\>a.
M-
Lage am 10. September 1916 früh.
teilen deuteten auf Angriffsvorbereitungen hin. Gefangene, die bei einem
Unternehmen gegen den Mte. Spil gemacht wurden, gaben an, daß ein
Angriff für den 25. August geplant gewesen, dann auf den 1. September
verschoben und schließlich für den 10. September festgesetzt sei.
Der Plan der italienischen Führung war, mit einer Kraftgruppe1) in
der Vallarsa vorzustoßen und mit der Hauptkraft die Cosmagon-Pasubio-
stellung anzugreifen.
1) III/72 verstärkt durch das 7. Bersaglieribataillon zu Rad.
Obstl. v. Fößl des 1. TJR,
(Bild aus „Tiroler Kaiserjäger im Weltkrieg" von Guido Jakoncig.
Verlag Wagner, Innsbruck,)
Die italienische Angriffsgruppierung und die Besetzung der öster-
reichischen Stellung ist der vorstehenden Skizze zu entnehmen.
Um die verschiedenen Kampfphasen leichter verfolgen zu können,
soll im nachfolgenden zuerst der Angriff auf die Cosmagonstellung, dann
der auf die Pasubioplatte und die östlich anschließenden Sektionen ge-
schildert werden.
Der Angriff auf die Cosmagonstellung.
Die Verteidigungsstellung des Cosmagonabschnittes (Sektion 1
bis 6) bildete mit den Sektionen 3 bis 6 einen Bogen, dessen östliches
Ende sich an die österreichische Platte anlehnte, dessen südliches am
Felsabsturz der Sektion 3 (Lora) endete.
Von den Steilabhängen der Platte verlief die Stellung, sich allmäh-
lich gegen die Cosmagonmulde senkend, über drei Hügel, von denen der
höchste von d'en Italienern ,,Panettone Alto", der mittlere ,.Panettone
Medio" und der unterste ,,Panettone Basso" genannt wurden.
Die Panettoni Alto und Medio dürften mit dem Verlaufe der Sek-
tion 6, der Panettone Basso mit dem linken Flügel der Sektion 5 zusammen-
fallen. Die im Laufe der nachstehenden Schilderung erwähnte und in
österreichischen Karten nicht eingezeichnete 1985 ist eine kleine Erhöhung
in der Sohle der Cosmagonmulde, auf dem wahrscheinlich der rechte
Flügel der Sektion 5 verlief.
Als Besatzung stand um diese Zeit das IV. Bataillon des 3. TJR.
(Mjr. Schwabik) am Cosmagon in Stellung, in Sektion 3 die 14., in Sek-
tion 4 die 16., in Sektion 5 die 13. und Sektion 6 die 15. Kompagnie. Die
Maschinengewehre der MGA. IV waren in allen Sektionen aufgeteilt.
Am 9. September herrschte entgegen der sonstigen Gepflogenheit der
italienischen Artillerie eine auffallende Ruhe. Die Besatzung erwartete
demnächst den Beginn des Angriffes und täuschte sich auch nicht.
Kote 2043 — Lora,
Kote 1770 ^ Sogi.
Schon am nächsten Tag (10. Sept.) um 6 Uhr früh setzte das italie-
nische Vorbereitungsfeuer ein, steigerte sich gegen Mittag zu großer
Heftigkeit und hüllte die Stellung der Brigade in dichte Rauch- und Staub-
wolken. Es setzte kurze Zeit aus, um mit umso größerer Heftigkeit er-
neut zu beginnen. Nach sechsstündiger Dauer brachen endlich die
Wellen einer aus den Alpinibataillonen Aosta, Vicenza, Exilies und des
III/71 zusammengesetzten Gruppe in dichten Massen zum Angriffe vor.
Das Alpinibataillon Vicenza hatte die Gräben auf der Lora und auf
1985 (Sektion 3, 4 und' halb 5) zum Angriffsziel und sollte die Stellungen
am Felsrand des Cosmagonrückens (Sektion 2 und 1) zu Fall bringen. Das
Bataillon Aosta war gegen die Panettoni angesetzt und hatte außerdem
den Angriff der VI. Alpinigruppe auf die Platte zu unterstützen.
Nach Einstellen des feindlichen Artilleriefeuers war die Besatzung
der Sektionen überall sofort in die Kampfgräben geeilt und hatte mit
Infanterie-, Maschinengewehr- und Minenwerferfeuer den Angriff der
Selletta Aosta
SÇSP
C rûjâ'. -.
'"Sk*
"i'
neutraler-später ^36
Kossuth-hügel (Trapezio)
(Prato) Brenta|
Osterr. 'Platte
(Dente Austriaco)
2206
Sogli Bianchi
j Ferro di Cavallo
I Conca Ferro
Rundblick über dielPasubio-Hochfläche, gesehen vom Pasubio (2236).
Von der Mitte aus geht der Blick nach Norden über die italienische und die österreichische Platte; links an sie schließt sich das Kampfgelände des
Cosmagon und Roite, rechts das von Sette Croci (Siebenkreuz) an. Am äußersten linken Bildrand (Westen) sieht man den Beginn des Abfalles der Hochfläche
in die Vallarsa, rechts (Osten) denke man sich den Verlauf des Terragnolotales und des Borcolapasses.
— 65 —
Alpini auf der ganzen Front zum Stehen gebracht. Nur an einigen Stel-
len waren sie bis fast an die Hindernisse herangekommen, an einer Stelle
der Sektion 5 sogar in den Kampfgraben eingedrungen. Der sofort von
der Sektionsreserve geführte Gegenstoß säuberte in kürzester Zeit den
Graben, bevor noch die vom Bataillonskommando in Marsch gesetzte
Reserve, die Pionierkompagnie 1/10, eingreifen konnte. Dieser örtliche
Einbruch war von den Alpini des Bataillons Aosta mit großer Schneid
durchgeführt. Er wird nachstehend noch genauer beschrieben werden.
Der Angriff auf die Cosmagonstellung hatte fast zwei Stunden ge-
dauert und war nach dieser Zeit überall abgewiesen. Die Italiener hatten
sich zurückgezogen und in einer Entfernung von etwa 400 Meter ein-
gegraben. Ihre Verluste waren sehr schwer. Ueber 100 Gefallene lagen
vor den Stellungsgräben, 68 unverwundete und 5 verwundete Alpini wur-
den gefangengenommen, 2 Musketen erbeutet.
Die Verluste der Kaiserjäger dagegen waren mit Rücksicht auf die
stundenlange schwere Beschießung verhältnismäßig gering.
Fhr. i. d. Res. von Schleinitz tot, Lt. i. d. Res. Kraft und Fhr. i. d.
Res. Schams schwer, Lt. i, d. Res. Pohl und Kadettaspirant Hölzl leicht
verwundet. Von der Mannschaft waren 14 tot und 85 verwundet.
Über den Angriff gegen die Sektion 5 und 6 (Tre Panettoni) enthält
die Geschichte des Alpinibataillons Aosta eine genauere Beschreibung,
die im folgenden wiedergegeben sei.
In einer tiefen Mulde zwischen dem Westabfall des Pasubio und den
Steilabfällen der Lora (Imbutto genannt) sammelten sich vor dem Angriff
das Bataillon Aosta auf der rechten, das Bataillon Vicenza auf der linken
Seite. Ersteres gliederte sich dort in eine erste Welle: aus dem Erkun-
dungszug des Lt. Franco Cioja und der 41. Kompagnie (Hptm. Beltrico),
drei Maschinengewehrsektionen und einer Sektion Torpedominenwerfer,
in eine zweite Welle, die aus der 43. Kompagnie (Hptm. Bellocchio), und
in eine dritte Welle, die aus der 42. Kompagnie bestand.
Das um 6 Uhr früh beginnende Artilleriefeuer war von solcher Hef-
tigkeit, daß die Alpini das Gefühl des sicheren Gelinges des Angriffes
bekamen. Leider aber war auch die österreichische Artillerie nicht un-
tätig geblieben. Sie suchte die Räume, in denen die Truppen dicht massiert
waren, und deckte die schutzlos am Boden liegenden Soldaten mit Gra-
naten zu. Die Bekämpfung der österreichischen Batterien durch die italie-
nischen war von keinem Erfolg begleitet, weil der Nebel die Beobachtung
stark hinderte. Sobald er sich aber hob, nahmen italienische Geschütze
in verstärktem Maße mit direktem Schuß die österreichischen Hindernisse
unter Feuer.
Als nach 6 Stunden die mörderische Beschießung unterbrochen
wurde, vermuteten die Österreicher den Angriffsbeginn und eröffneten ein
heftiges Maschinengewehrfeuer. Man hatte unsererseits jedoch nur Pa-
trullen zur Erkundung der Artilleriewirkung vorgeschickt, die leider als
noch gänzlich unzulänglich erkannt wurde. Um diese Zeit hatte das
Schemfil. ..Die Pasubio-Kämpfe''. 5
— 66 —
Bataillon Aosta bereits große Verluste (30 Tote und über 100 Verwundete)
erlitten. Die Beschießung ging weiter und wurde, als um 14.30 Uhr der
Nebel sich hob, nach rückwärts verlegt. Der Angriff begann auf der gan-
zen Linie.
Als erster ging der Erkundungszug des Lt. Cioja gegen den Panettone
Basso (Sektion 5) vor. Hptm. Beltricco wollte jedoch nicht, daß „diese
Handvoll Mutiger es allein mit der Besatzung, den schrecklichen Kaiser-
jägern vom 3. Regiment, aufnehme" und1 riß seine Kompagnie nach einigen
ermutigenden Worten vor. Man sah ihre dichten Massen über das Ge-
lände springen und hörte ,,Savoia''-Rufe. Dann hielten sie plötzlich an,
stockten und liefen im andauernden Maschinengewehrfeuer des Gegners
hin und her. Indessen sammelten sich die Kaiserjäger auf den Brust-
wehren ihrer Gräben und feuerten auf die im Gelände versteckte 41. Kom-
pagnie, die hier auf die unversehrten Hindernisse gestoßen und nicht
durchgekommen war. Lt. Cioja lag bereits inmitten seiner Leute tot
vor der Hindernisreihe. Die dezimierte Kompagnie aber war festgenagelt
im Kreuzfeuer der Maschinengewehre, Gewehre und Handgranaten. In-
dessen suchte der Kompagniekommandant Hptm. Beltricco mit einigen
Tapferen seiner Kompagnie das Hindernis zu durchdringen. Trotz aller
Tapferkeit mußte er seine Leute wieder zurücknehmen.
Jetzt war auch die zweite Welle, die 43. Kompagnie, eingetroffen.
Hptm. Beltricco machte mit den Resten seiner Kompagnie nochmals den
Versuch, den Angriff vorwärts zu bringen, der aber wieder im Feuer der
Kaiserjäger zusammenbrach. Beltricco sprang zum drittenmal mit einigen
Leuten vor, um sich doch einen Durchgang durch das Hindernis zu er
zwingen. Diesmal gelang es. Mit einigen Mutigen der 42. und 43. Kom-
pagnie kam er trotz des wütenden Abwehrfeuers doch in den Rücken der
Österreicher, sprang auf die Brustwehr der Stellung und sank in die Brust
und Stirne getroffen als Held zu Boden. Hinter ihm ereilte auch seine
Getreuen, darunter den Sergente Gaudenzi, der Tod.
Die Alpini des Bataillons Aosta versuchten noch zwei- und dreimal
anzugreifen, doch alles war vergebens. Das Ende des Kampfes war ge-
kommen. Das österreichische Feuer legte sich auf die Zurückgehenden
und auf die Maschinengewehre, die vergebens versuchten, durch Ab-
kämmen der Gräben die Köpfe der Kaiserjäger unter die Brustwehr zu
zwingen.
Hptm. Bellocchio, der vom verwundeten Bataillonskommandanten
Mjr, Testa Fochi das Kommando übernommen hatte, sah die Nutzlosigkeit
der Fortführung des Angriffes ein und befahl den Rückzug. Unter dem
Schutze des Feuers der Maschinengewehre lösten sich die Alpini vom
Gegner los und nahmen ihre Verwundeten mit.
Die Verluste des Bataillons Aosta waren sehr schwer. Am meisten
hatte die 41. Kompagnie gelitten, von deren Stand 300 nur mehr 28 vor-
handen waren.
— 67 —
Die Leiche des tapferen Hptm. Beltricco konnte leider nicht gebor-
gen werden. Die Kaiserjäger hatten ihm aber ein ehrenvolles Begräbnis
gegeben und ihm auch einen Grabstein mit anerkennenden Worten er-
richtet. Das Grab wurde nach dem Oktoberangriff gefunden.
Die Gesamtverluste des Bataillons Aosta am 10. September betru
gen 5 Offiziere und 74 Mann tot, 6 Offiziere und 328 Mann verwundet.
Über den Angriff der linken Angriffskolonne, Bataillon Vicenza, sind
keine näheren Angaben vorhanden. Er scheiterte ebenfalls unter dem
Abwehrfeuer der Kaiserjäger vor den Sektionen 3 und 4. Eine nachts im
Vorfeld erkundende Kaiserjägerpatrulle brachte einen Gefangenen dieses
Bataillons ein, der bei den Toten gelegen war und weder vor- noch rück -
wärts zu gehen gewagt hatte.
Nach einer italienischen Angabe soll noch am Abend des 10. ein
österreichischer Angriff auf die italienische Sandsackstellung vor Sek-
tion 3 erfolgt sein, der im italienischen Artillerie- und Minenwerferfeuer
scheiterte.
Hierüber ist in den Kriegsakten nichts zu finden. Möglicherweise ist
damit die dort angeführte Episode gemeint, wonach ein Grabenbeobachter
der Sektion 3 am Maschinengewehrfelsen unterhalb des MG.-Standes,
wahrscheinlich am Passo del Omo, eine starke italienische Abteilung
lagern sah, die durch einen Feuerüberfall aus Minenwerfern und Ma-
schinengewehren zersprengt wurde. Kurz darauf begann italienischerseits
ein heftiges1 Vergeltungsfeuer aus Geschützen aller Kaliber und aus Minen-
werfern.
Der Angriff auf die Platte und die östlich an-
schließenden Sektionen.
Da sich bei diesem feindlichen Angriff zum erstenmal der Kampf
auf der Platte selbst abspielte und sie auch in den Oktobertagen der
Schauplatz schwersten Ringens wurde, scheint es zweckmäßig, diesen
heißumstrittenen Felsen und seine Kampf anlagen näher zu beschreiben.
Die sogenannte ,,österreichische Platte" war der oberste Teil eines
mächtigen Felsstockes, der — mehr lang als breit — sich in seiner Längs-
richtung von Süd nach Nord erstreckte. Nach Nordwesten ging er in den
Roiterücken über, nach Nordosten in den Rücken, auf denen die Stellun-
gen über die Koten 2059 und 2042 führten und der seine Fortsetzung in
der Costa di Borcola fand. Gegen Süden war dieser Felsstock durch einen
seichten Sattel (Eselsrücken genannt) mit der italienischen Platte, die eine
ähnliche Form aufwies, verbunden. Nach dem abgeflachten Oberteil wurde
der Felsen „österreichische Platte" oder kurzweg ,,Platte", im Gegensatz
zum italienischen Stellungsteil, der „italienischen Platte", bezeichnet. Die
Italiener nannten den österreichischen Teil ,,Dente austriaco" (öster-
reichischer Zahn) und' den ihrigen ,,Dente italiano" (italienischer Zahn).
Rotte
2150
2136
Colsanto
2114
Pozza- Österr. Pialle
Mulde 2206
Österreichische Platte,
a—b Kammlinie, gibt auch den Verlauf des Hauptgrabens (Hauptstellung) an,
c Vorstellung-
Standpunkt: italienische Platte.
m
— 69 —
Die Kampfanlage auf der österreichischen Platte war in ihrer Bau-
art und Ausführung im September noch sehr einfach und zerfiel in eine
Vor- und eine Hauptstellung, Die letztere verlief von dem am Westrand
gelegenen höchsten Punkt der Platte (2206)2) leicht abfallend quer über die
Platte bis zum Ostrand, Dadurch wurde sie in zwei ungleiche Teile zer-
legt, deren südlicher etwa ein Drittel, deren nördlicher etwa zwei Drittel
der ganzen Plattenfläche ausmachte. Die südliche neigte sich leicht feind-
wärts, die nördliche gegen Norden. Auf der dadurch sich ergebenden
Kammlinie verlief die Hauptstellung.
Die d'reieckförmige südliche Fläche hatte an dem mit ihrer Spitze dem
Feinde zugewendeten Teil einen kurzen Kampfgraben, „Vorstellung" ge-
nannt, mit einer angefangenen Kaverne, in dem sich als Besatzung eine
Feldwache aufhielt. Von ihr aus führte sowohl längs des Ost- wie des
Westrandes der Platte je ein Laufgraben zur Hauptstellung, Der ganze
Raum von der Vorstellung bis zur Hauptstellung aber war, da er sich
leicht feindwärts senkte und von der italienischen Platte (2220 m) um
etwa 16 m überhöht war, von ihr vollkommen eingesehen und mit allen
Feuerwaffen wirksam bestrichen. Die Feldwache an der Spitze bildete
nur eine vorgeschobene Wache, die wohl beobachten, aber nie dauern-
den Widerstand leisten konnte. Gelangte * der Gegner in ihren Besitz,
so war er aber erst am Rande der Platte und mußte entweder in den bei-
den Laufgräben oder über das Gelände zwischen denselben die Haupt-
stellung angreifen.
Der Hinweis auf die Einteilung in eine Vor- und Hauptstellung er-
scheint wichtig, weil in der italienischen Kriegsliteratur vielfach schon
das Überschreiten der Vorstellung (Graben an der Spitze) als Besitznahme
der Platte ausgelegt wird. Von einer Eroberung derselben könnte jedoch
erst dann gesprochen werden, wenn der Angriff über die Hauptstellung
bis an den Nordrand der Platte vorgetragen worden wäre. Dies war nie
der Fall,
Der Angriff auf die Platt e.3)
Zur Zeit des Angriffes waren die Sektionen 7 (Platte) bis 14 von
Bataillonen des 1. TJR. besetzt.
Sektion 7 bis V2ÌO: IV/1. TJR. (Obstl. v. Fößl),
Sektion V210 bis 14: II/l. TJR. (Mjr. Högn),
Unterabschnittsreserve: l/l. TJR. (Hptm. Gamber).
2) In manchen Karten auch mit 2200 kotiert. — Auf nebenstehendem Bild der
österreichischen Platte ist die Lage der dortigen Stellungen klar ersichtlich gemacht.
3) Als Grundlagen für die Schilderung des Angriffes dienten die Kriegsakten des
1. TJR. und die Bearbeitung der Kriegsgeschichte dieses Regimentes von Oblt. i. d. Res.
Blaas-
— 70 -w
lri der Sektion 7: 15. Kompagnie (Obit. i. d. Res. Wrany),
,, ,, ,, 8: 14. Kompagnie (Lt. i. d. Res. Kopf),
„ ,, ,, 9 und V2IO: 16. Kompagnie (Lt. i. d. Res. Mader),
Reserve: 13. Kompagnie (Obit. i. d. Res. Nagy-Palastky),
MGA. IV: Oblt. von Metz.4)
Die Absicht der italienischen Führung war, die österreichische
Pasubioplatte und die östlich und westlich anschließenden Stellungsteile
mit drei Alpinibataillonen (Mte. Berico, Suello und Cervino) anzugreifen.
Während das italienische Artilleriefeuer am 10. gegen den Cosmagon-
abschnitt schon seit den Frühstunden tobte, wurd'e der Pasubioabschnitt
bis 9 Uhr vormittags nur mäßig beschossen. Dann aber verstärkte sich
das Feuer immer mehr und wurde schließlich zu einem mächtigen Vor-
bereitungsfeuer für den italienischen Hauptstoß gegen die Platte. Dort
zählte man in der Minute oft 50 bis 60 Einschläge von Geschossen schwe-
ren und mittleren Kalibers, Trotz des dichten Nebels war das Feuer von
großer Präzision und Wirkung, weil die italienischen Batterien sich schon
Tage vorher sorgfältig eingeschossen hatten. Alle Schützen- und Lauf-
gräben waren verschüttet, die Hindernisse zerstört und die Drahtverbin-
dungen unterbrochen.
Mit Ausnahme der Grabenposten, die sehr oft gewechselt werden
mußten, war die Besatzung zur Vermeidung unnötiger Verluste in die
Kavernen zurückgezogen.
Um die Mittagszeit trat — wie im Cosmagonabschnitt — eine Feuer-
pause ein, die den Eindruck erweckte, als ob dadurch die Besatzung aus
den Kavernen gelockt werden sollte. Die Italiener schickten aber nur
Patrullen zur Erkundung der Wirkung ihres Artilleriefeuers vor. Nach
einer halbstündigen Pause begann das Feuer mit unverminderter Heftigkeit
wieder und dauerte bis 15 Uhr an. Schon während dieser Beschießung
bemerkten die Posten der Feldwache in der Vorstellung um 14 Uhr die
Vorrückung feindlicher Abteilungen, die sich am Eselsrücken eine Sand-
sackstellung errichteten.
Nach Einstellung des Vorbereitungsfeuers begann um 15 Uhr die
3 08. Kompagnie des Alpinibataillons Mte.Berico den Angriff auf die Platte.
Die Alpini erstiegen zuerst in losen Haufen aus ihrer neuen Sandsack-
stellung am Eselsrücken den Südhang der Platte. Das sofort einsetzende
Sperrfeuer hinderte sie wenig, da sein Bereich von der Sandsackstellung
weg bald' durchlaufen war. Rasch überwanden sie die kleine Feldwache an
4) Besetzung der Kommandostellen bei den übrigen Bataillonen:
1/1. TJR. (Hptm. Gamber, Adjt. Lt. Stanilovic),
1, Kompagnie Oblt. i, d. Res. Novak, 2. Oblt. i. d. Res. Bohner,
3. Lt. i. d. Res. Erhart, 4. Lt. i. d. Res. Oberguggenberger.
MGA. I Oblt. Jakob Norbert.
II/1, TJR. (Mjr. Högn, Adjt. Lt. i. d. Res. Erben),
5. Kompagnie Lt. i. d. Res. Redtenbacher, 6, Oblt. i, d. Res. Miksch,
7. Oblt. i. d. Res. Nack, 8, Lt, i. d. Res. Sebera,
MGA. II Oblt. Adolph.
— 71 —
der Plattenspitze und drangen gegen die Hauptstellung vor. Dort hatte das
italienische Vorbereitungsfeuer arge Verwüstungen angerichtet. Die
hinter dem rechten Flügel befindliche Kaverne 3, in der sich ein ganzer
Zug der 15. Kompagnie aufgehalten hatte, war durch einen Granattreffer
zerstört. Mit Ausnahme des schwerverwundeten Oberjäger Ofer hatten
alle Insassen den Tod gefunden. Auch ein Maschinengewehrstand der
MGA. IV am linken Flügel wurde verschüttet, dessen eingeschlossene
Bedienung erst während des später einsetzenden Gegenstoßes befreit
werden konnte.
So war es den Alpini möglich gewesen, den Angriff über die Haupt-
stellung vorzutragen. Sie kamen jedoch nicht weit, da es dem Sektions-
konimandanten Oblt. Wrany mit einer kleinen Reserve gelang, sie zum
Stehen zu bringen.
Unterdessen hatte er Leichtverwundete mit Lagemeldungen zum
Bataillonskommandanten Obstl. v. Fößl geschickt, der die Reserve, die
13. Kompagnie (Oblt. Nagy-Palastky), zum Gegenstoß in Marsch setzte.
Mit dem Zugskommandanten an der Spitze strebte sie eilends der Platte
zu und traf zuerst auf jene Teile der 15. Kompagnie, die die Alpini, trotz-
dem sie sich verstärkt und eine Revolverkanone in Stellung gebracht
halten, immer noch aufhielten. Von da aus wurde der Gegenstoß ange-
setzt.
Längs des Westrandes der Platte drang Lt. i. d. Res. Dietrich gegen
den rechten Flügel der Hauptstellung vor. Er stieß bald auf den Gegner,
erhielt im Kampfe einen Kopfschuß und wurde von seinem bei der glei-
chen Kompagnie eingeteilten Bruder aus dem Gefecht getragen. Kadett-
aspirant Wille übernahm statt ihm das Zugskommando und säuberte im
Sturm den ganzen Westrand bis gegen die Spitze der Vorstellung. In der
Mitte warf Oblt. Wrany und Kadettaspirant Sappl mit den Resten der
15. Kompagnie den Feind zurück. Ebenso entschlossen griffen links am,
Ostrand Lt. i. d< Res. Graf und Stabsoberjäger Raschenberger mit ihren
Zügen an. Im erbitterten Kampf, manchmal Mann gegen Mann, wurde
die ganze Platte samt der Vorstellung zurückerobert. Die Alpini waren
nun zwar über die Platte gänzlich hinuntergeworfen, doch hielten sie sich
immer noch in den Felsen am Südabfall und in der Sandsackstellung am
Eselsrücken. Sie hatten sich tapfer gewehrt und hartnäckig gekämpft.
110 Gefallene und nur 6 unverwundete Gefangene blieben am Kampfplatz
zurück. Ein Maschinengewehr, eine Revolverkanone und zahlreiche
Handfeuerwaffen mit Munition wurden erbeutet.
Aber auch den Kaiserjägern hatte der Kampf große Verluste ge-
bracht. Besonders empfindlich war das Feuer während des Gegenstoßes
von der feindlichen Platte her, Ihm fiel auch Lt. i. d. Res. Graf zum Opfer.
Zugleich mit dem Sturm auf die Platte griffen die Italiener auch
östlich und westlich derselben an. Östlich kam eine Kompagnie des Batail-
lons Suello bis nahe zur Sektion 8, wo sie unter schwersten Ver-
lusten niedergehalten wurde. Westlich der Platte war die 143. Kom-
pagnie des Bataillons Mt. Berico längs des Westabfalles gegen die zwi-
— 72 —
sehen der Platte und der Sektion 6 der Cosmagonstellung aufgestellte
Feldwache vorgegangen, hatte die bereits vorher geräumte Stellung in
der Richtung auf die Defensivkaverne überschritten und wurde durch
die weiter rückwärts in Stellung befindliche Besatzung der Feldwache
unter Lt. i. d. Res. Ratzka aufgehalten. Die Alpini gruben sich ein, brach-
ten zwei Maschinengewehre in Stellung und beschossen, als der Nebel
sich hob, flankierend die Gräben der Sektion 6.
Zur selben Zeit waren auch die Feldwachen vor den Sektionen
9—11 nach starkem Vorbereitungsfeuer einem Angriff von Abteilungen
des italienischen III/157 ausgesetzt, der aber rasch zum Stehen gebracht
werden konnte.
So war zwar der erste feindliche Ansturm auf der ganzen Linie abge-
schlagen, doch machten sich bald Anzeichen einer Wiederholung des
Angriffes bemerkbar. Das in den späten Nachmittagsstunden immer
heftiger werdende Artilleriefeuer war der Auftakt hiezu.
Nach Einstellung der Beschießung griffen Teile einer Kompagnie
des Bataillons Mte. Berico und Cervino nochmals die Vorstellung an und
drangen trotz tapferer Gegenwehr der Besatzung in den Kampfgraben
ein. Ihres Bleibens sollte jedoch dort nicht lange sein. Patrullen der
13. und 15. Kompagnie trieben die Alpini nach hartem Kampfe zurück
und besetzten wieder den Graben.
Als aber Kadett Sappl um Mitternacht mit seinen Leuten zur Ab-
lösung kam, fand er neuerlich Alpini im Graben der Vorstellung. Er griff
rasch entschlossen an und besetzte nach kurzem Bajonettkampf die Stel-
lung wieder.5) Nachher wollte er mit dem Kadettaspirant Wille und seinen
Leuten noch weiter gegen den Gegner in der Sandsackstellung am Esels-
rücken vorstoßen, doch scheiterte das kühne Unternehmen auf halbem
Wege an dem heftigen Abwehrfeuer von der feindlichen Platte her. Beide
Kadettaspiranten wurden für ihre selbständige und tapfere Tat zu Fähn-
richen ernannt und mit der Silbernen Tapferkeitsmedaille 1. Klasse aus-
gezeichnet.
Östlich der Platte waren es Teile des italienischen HI/158, die er-
folglos angriffen.
So war überall auch der zweite Angriff restlos abgeschlagen.
Die italienische Führung ließ nun, da sie erkannt hatte, daß auch
der frische Einsatz von Kräften keinen Erfolg gebracht hatte, den Befehl,
die derzeitigen Stellungen zu verstärken und zu halten. Die für den
nächsten Tag beabsichtigte Wiederholung des Angriffes gab sie ,,wegen
des in den Höhen herrschenden Nebels" auf. Nur in der Vallarsa wurde
eine Zeitlang noch weitergekämpft.
Am nächsten Tag zogen sich die Italiener wieder in ihre Haupt-
stellung zurück. Nur eine Abteilung der 143. Kompagnie des Bataillons
Mte. Berico, die noch immer vor der Verbindungsfeldwache zwischen der
5) In diesem Kampfe fielen die Einjährig-Freiwilligen Recheis und Gstöttner der
13. Kompagnie, die sich schon während des ersten nachmittägigen Kampfes besonders
ausgezeichnet hatten.
— 73 —
Platte und der Sektion 6 der Cosmagonstellung lag, war nicht zurück-
gegangen und stand noch vereinsamt auf ihrem Platz. Als am 11. der
Nebel sich hob, wurde sie von der Riegelstellung aus unter Feuer genom-
men und gezwungen, sich zurückzuziehen.
Auch am Fuß der österreichischen Platte schien sich eine kleine
Abteilung der Alpini eingenistet zu haben. Sie machte sich aber in keiner
Weise fühlbar und wurde daher von der Besatzung der Vorstellung nicht
bemerkt. Erst aus der dort nach dem Kriege eingemauerten Felsplatte
erfährt man, daß sie sich an dieser Stelle eine Zeitlang aufgehalten hatte.
Der Text der Tafel lautet:
Gedenktafel des Alpinibataiiions Monte Berico
am Fuße der österreichischen Platte, links oberhalb derselben eine
Öffnung eines österr. Maschinengewehrstollens.
(Lichtbild zur Verfügung gestellt von Hptm. Stolz.)
„Das Alpinibataillon Mte. Berico eroberte mit größter Tapferkeit
und unübertroffener Zähigkeit ohne Rücksicht auf die schwersten Ver-
luste den vom Feinde mit verzweifelter Energie verteidigten Zahn (Dente)
des Pasubio, eine sehr wichtige Position.
10. 9. 1916 — 9. 10. 1916."
Aus der vorhergehenden Schilderung des Kampfverlaufes geht
hervor, daß die Alpini am 10. zwar vorübergehend in die Stellung der
Platte eingebrochen waren, sie aber nach kaum einer Stunde wieder
räumen mußten. Der Inhalt der Felstafel dürfte sich daher wahrschein-
lich nur auf diesen kurzen Aufenthalt auf der Platte beziehen,
Am 15, machten die Alpini nochmals einen kurzen Versuch, die Feld-
wache in der Vorstellung zu überfallen. Die Aufmerksamkeit der Wach-
posten vereitelte aber ihr Beginnen.
— 74 —
Der großangelegte italienische Septemberangriff hatte sein Ziel, die
Besitznahme des Colsantogebietes, nicht erreicht. Als Ursachen gibt
man auf Seite der Italiener eine Vergeudung der Kräfte und Mittel an,
indem gleichzeitig mit dem Hauptangriff gegen den Pasubio ein solcher
mit gleichen Kräften dotierter Nebenangriff in der Vallarsa geführt wurde.
Die Verluste der Italiener bei dieser gegen den Pasubio und die
Stellungen in der Vallarsa gerichteten Offensive waren sehr schwer und
betrugen:
34 Offiziere und 493 Mann tot,
96 ,, ,,2195 ,, verwundet,
3 ,, ,, 548 ,, vermißt. Gesamtverluste: 3369.
Das 1. TJR. verlor am 10. September:
2 Offiziere und 29 Mann tot,
2 ,, ,, 75 ,, verwundet.
Nach dem Septemberangriff begann die Besatzung der Platte sofort
mit der mühevollen Arbeit der Wiederherstellung der Kampfanlagen, zu
deren Beschleunigung auch die Sappeurkompagnie 8/IV und ein Bohrzug
herangezogen wurden.
Unerwarteterweise trat am 20. September ein starker Schneefall
ein, der in kurzer Zeit eine Schneedecke von 50 Zentimeter brachte. Die
Temperatur sank unter Null. Dieser Wettersturz war der Anstoß zur
baldigen Annahme der Wintergruppierung im Brigadebereich, deren früh-
zeitige Durchführung nicht ohne Einfluß auf die Abwehr der kommenden
Oktoberkämpfe bleiben sollte.
VI. ìtnlìenifctien Eingriffe im ®ftobcr 191Ó.
L Bit 2lnnal)tm kt Äniecgruppimmo im 6er
58. (Micgokifloòt
Ende September trat ein arger Wettersturz mit Schneefall ein, der
einen im Hochgebirge oft sehr rasch einsetzenden Winter anzukündigen
schien. Angesichts dieser Möglichkeit wurde von den höheren Kom-
manden1) die Annahme einer Wintergruppierung eifrig betrieben.
Die Erfahrungen des Winters 1915/1916 hatten gezeigt, daß im Hoch-
gebirge eine hohe Schneelage die Möglichkeit eines feindlichen Angriffes
sehr stark vermindere,, ihn sogar oft ganz ausschloß. Man konnte daher
die Besatzung der vorderen Stellungen vermindern, mußte aber den Aus-
fall an Feuerkraft durch Einsatz von Maschinengewehren und Minen-
werfern ersetzen. Die Herabsetzung der Besatzungsstärke war aber auch
deshalb geboten, weil die Versorgung mit Lebensmitteln, Brennholz und
sonstigem Lebensbedarf bei geringerer Besatzung leichter zu bewerk-
stelligen war, zumal Schneefall, Schneesturm und Lawinenstürze den Zu-
schub oft tagelang lahmlegten. Auch die für den Winter notwendige Fül-
lung der Lebensmitteldepots in und hinter der Stellung, die Räumung
lawinengefährlicher Gebiete und sonstige Vorsorgen für die Überwinte-
rung bedurften einer genauen Organisierung, deren Durchführung nicht
von einem auf den anderen Tag zu bewerkstelligen war.
Vor Annahme der Wintergruppierung wurde vom Divisions- und
Korpskommando eingehend die Frage erwogen, ob im Cosmagongebiet
zum Zwecke der Kräfteersparnis und, weil die Cosmagonstellung ohnehin
schwer zu halten und im Winter nur mit den größten Schwierigkeiten zu
versorgen war, eine Zurücknahme der ersten Linie in eine rückwärtige
vorteilhaft wäre.
1) Das Kommando der 58, Gebirgsbrigade hatte am 2. Oktober 1916 Oberst des
Geniestabes Ing. Otto Ritter von Ellison-Nidleff übernommen. Die Brigade unterstand
noch der 8. JTD. (FML. Edler von Verdroß), diese dem XX. Korps (GdK, Fürst Schön-
burg-Hartenstein). An den Westflügel der 58. Brigade schloß die Landesschützendivision
(GM. Englert) an, die zum XXI. Korps FML. Freih. v. Lütgendorf gehörte. Der Bereich
der Landesschützendivision erstreckte sich vom Mte. Testo quer über die Vallarsa bis
zum Westhang der Zugna Torta.
Generaloberst Fürst Alois Schönburg-Hartenstein,
vom 4. Juli 1916 bis 23. August 1917 Kommandant des Edelweißkorps.
(Bild aus „Tiroler Kaiserjäger im Weltkrieg" von Guido Jakoncig.
Verlag Wagner, Innsbruck.)
Man kam schließlich zum Entschlüsse, in der jetzigen Kampfstellung
zu verbleiben, weil die zweiten Linien Roite—Buse di Bisorte oder Monte
Testo—Colsanto—Buse di Bisorte ebensolang waren und gleichviel
schwache Stellen aufwiesen.
Ein Aufgeben der dermaligen Stellungen war daher nur unter Druck
eines übermächtigen feindlichen Angriffes in Betracht zu ziehen, und auch
dann sollte dem Gegner so wenig als möglich Boden überlassen und in
der ersten vorhandenen günstigen Stellung erneut Widerstand geleistet
werden. Die schwächsten Stellen der ganzen Pasubiofront waren die
Cosmagonstellung und1 die Platte. Wenn sie trotz aller energischen Wie-
dergewinnungsversuche geräumt werden müßten, war dauernder Wider-
stand in der Linie Roite—Buse di Bisorte (2088) zu leisten.
Man begann daher schon in den ersten Tagen des Oktober mit der
Herabsetzung der Besatzungsstärke in den vordersten Stellungen und der
Gruppierung der Reserven in die Tiefe nach rückwärts,
Generalmajor Otto Ellison Freiherr von Nidlef, erfolgreicher Verteidiger des Plateaus
von Lavarone, Kommandant der 1. Kaiserjäger-Brigade am Monte Pasubio während der
schweren Kämpfe im Herbst 1916, organisierte die Verteidigung und den Minenkrieg
im Pasubioabschnitte, führte die Brigade im ersten Teile der Offensive auf den Sieben
Gemeinden bis 14. November 1917, Vom 1. Jänner bis 1. August 1918 Kommandant des
Rayons II (Mte. Vioz-Tonale-Presena). Vom 1. September 1918 bis zum Zusammenbruch
Chef des Luftfahrwesens und Kommandant der Luftstreitkräfte.
(Bild aus „Tiroler Kaiserjäger im Weltkrieg" von Guido Jakoncig.
Verlag Wagner, Innsbruck.)
In Durchführung dieser Maßnahmen war im Bereiche der 58. Gebirgs-
brigade folgende Kräfteeinteilung eingetreten:
1. im Cosmagonabschnitt (Sektion 1—6); vier Kompagnien des
1/3. TJR. mit 13 Mg., Kmdt. Mjr. Kurovsky;
2. im Pasubioabschnitt (Sektion 7—14): in Sektion 7—VálO: drei
Kompagnien des 1/1. TJR. mit MGA. I und zwei italienischen Gebirgs-
geschützen, Kmdt. Hptm. Gamber, in Sektion %10—14: drei Kompagnien
des II/l. TJR. mit MGA. II, Kmdt. Mjr. Högn; Regimentsreserve:
y2 IV/1. TJR;
3. Brigadereserve: II/3. TJR. (Hptm. Pfrogner) und V2 IV/l. TJR.;
4. Divisionsreserve: IV/3. TJR. (Mjr. Schwabik).
Stand des Artilleriegruppenkommandos Pasubio am 9. Okt. 1916:
4—GbKnbt. 5/6 2— 15 cm MsBt./6B
4—GbKnBt. 5/10 2—149 mm ital. AKn.
2—GbHbBt. 2/5 1— 9 cm FKn. M 75
6—FHbBt. 4/8 2— 65 mm ital. Kn.
4—HbBt. 1/8 1— 57 mm ital. SfKn.
— 78 —
Westliche Flankierungsgruppen:
Art.-Gruppe Hptm, Hodny (Mte. Testo)
,, ,, Zatlaukal (Mte. Spili -
Östliche Flankierungsgruppe :
Art.-Gruppe Mjr. Erzherzog Albrecht, u. zw.:
2—10.4 cm Kn. (Milegna)
2—10 cm Hb. (Malingo).
Schwerste Geschütze aus dem Terragnolotal: 1—30.5 cm Mörser,
4—24 cm Mörser.
2. Bti Mtonò 6er Stellung«!*
Die Herrichtung der seit dem italienischen Septemberangriff zer-
störten Verteidigungsstellungen des Brigadebereiches war noch nicht weit
gediehen. Infolge Fehlens einer leistungsfähigen Verbindung vom Tal auf
das Colsanto-Pasubioplateau war der Zuschub von technischem Material
sehr beschränkt. Die zur Verfügung stehenden Tragtierstaffeln mußten
zur Gänze für den Munitions- und Verpflegszuschub verwendet werden.
Erst als am 1. September die Straße Geroli—Bisorte eröffnet wurde,
besserten sich die Verhältnisse zusehends. Der tägliche Zuschub stieg
von da an auf das Dreifache, Jetzt erst wurde es auch möglich, an die
Errichtung von Winterunterkünften zu schreiten.
Das vom 15. September bis 6. Oktober andauernde italienische
Übei wachungsfeuer aus Geschützen aller Kaliber und aus Minenwerfern,
besonders aber der Mangel an Arbeitskräften verzögerten die Arbeiten
in den vordersten Stellungen sehr stark, so daß deren Instandsetzung
nicht den wünschenswerten Fortschritt machte. Dazu kam noch, daß
das 11. Armeekommando drängte, eine zweite Stellung im Bereiche der
8. Division auszubauen, die bei der 58. Gebirgsbrigade vom Roite über
Buse di Bisorte, Kote 2088, auf der Costa di Borcola und anschließend bei
der benachbarten 180. Infanteriebrigade über den Borcolapaß, die Borco-
letta, Mte. Maggio und den Mte. Gusella verlaufen sollte. Den Befehl
zum Beginne des Ausbaues gab das Armeekommando am 6. Oktober,
wies als Arbeitskräfte Marschformationen zu und erwartete, daß ,,die
Linie bis 20. Oktober vollkommen verteidigungsfähig sei". Die bereits
am 9. Oktober beginnenden italienischen Angriffe ließen jedoch nicht
einmal den Beginn dieses Projektes zu.
— 79 —
Die vordersten Stellungen der Brigade waren zu diesem Zeitpunkt
zwar verteidigungsfähig, doch war deren vollständiger Ausbau noch lange
nicht beendet. Die vorhandenen Unterkunftskavernen genügten zur Not,
granat- und bombensichere Beobachtungsstände fehlten aber gänzlich.
Im Verlaufe der beginnenden schweren Kämpfe wurde im Bereich
der Verteidigungsstellung der Brigade die Platte zum Brennpunkt des
heißesten Ringens. Es ist daher zur Würdigung der Leistungen ihrer Ver-
teidiger angezeigt, den Zustand der Kampfanlagen auf ihr kennenzulernen.
Dies scheint auch deshalb notwendig, weil man in der italienischen Kriegs-
literatur über die Kämpfe jener Zeit vielfach „von dem zu einer Festung
ausgebauten ,Dente austriaco4 (Platte)" lesen kann, der mit einer großen
Zahl kavernierter Maschinengewehre und Geschütze, mit betonierten
Schützengräben und Stollen ausgestattet gewesen sei.
Zur Zeit der Oktoberkämpfe jedoch war die Anlage der Kampf-
stellungen recht einfach. Erst diese Kampfperiode und der darauf-
folgende Winter mit seinen furchtbaren Schneestürmen und opfervollen
Lawinenstürzen lehrten einerseits, daß nur tief in den Felsen eingesprengte
Schützengräben und betonierte Maschinengewehr- und Beobachtungs-
stände einer zusammengefaßten Artilleriebeschießung standhalten,
andererseits in dieser Höhenlage nur eine Unterbringung der Besatzung
unter der Erde vor den Unbilden des Hochgebirgswinters schützen
konnten. Diese Erfahrungen erforderten gebieterisch die Ausgestaltung
der Platte,
Mit den umfangreichen Arbeiten wurde aber erst nach den Oktober-
kämpfen begonnen und auf diese Art im Laufe der Jahre 1917 und 1918
die Pasubioplatte zu einer kleinen Festung ausgebaut. Die Italiener führ-
ten übrigens auf ihrem Pasubio die gleichen Arbeiten aus.
Auf der Platte selbst war der Zustand der Stellungen im Oktober
wohl etwas besser als zur Zeit des italienischen Angriffes im September,
ließ aber immer noch sehr zu wünschen übrig.
Die bereits bekannte sehr exponierte Vorstellung, Stellung der
Feldwache auf der vordersten Spitze der Platte, bestand noch aus einem
kurzen Schützengraben ohne Drahthindernis. Zum Schutze ihrer Besatzung
ließ Lt. Oberguggenberger den Bau der dort begonnenen Kaverne be-
schleunigen. Ihre Fertigstellung ging aber, da immer nur zwei Mann der
Wache mit Spitzeisen und Hammer arbeiten konnten, sehr langsam vor-
wärts. Die zur Vorstellung führenden Laufgräben waren gerade so tief
in den Felsboden eingesprengt, daß man gebückt den Schützengraben
erreichen und auch am Tage die Ablösung durchführen konnte.
Der Graben der Hauptstellung war zum Teil in den Bod'en ein-
gesprengt und die Brustwehr aus Sandsäcken und Steinen aufgebaut. Ein
Drahthindernis aus Spanischen Reitern sicherte feindwärts.
Die Länge des Hauptgrabens, der über die ganze Breite der Platte
führte, betrug etwas über 80 Meter, die des linken Laufgrabens zur Vor-
stellung etwa 90 Meter, die des rechten annähernd 50 Meter. So bekam
das Vorfeld der Hauptstellung die Gestalt eines ungleichseitigen Drei-
— 80 —
eckes, dessen eine Seite die Hauptstellung war und dessen beiden anderen
Seiten die Laufgräben bildeten. An der Spitze des Dreieckes lag die
Vorstellung, deren Besatzung aus einem Unteroffizier und 4 Mann bestand
und alle 12 Stunden abgelöst wurde.
Von der Hauptstellung aus konnte man zwar das ganze Vor-
feld übersehen, der Eselsrücken aber lag für die Wirkung der Schuß-
waffen und für die Beobachtung in einem toten Raum. Dies war auch
der Grund, warum man an den Rand der Platte eine Feldwache vor-
geschoben hatte.
Die Länge der Platte von der Vorstellung bis zu ihrem nördlichen
Teil, den sogenannten ,,Hals", betrug annähernd 200 Meter und die Breite
Blick von Mte, Buse (2088) auf den rückwärtigen Teil
der österreichischen Platte.
dort, wo die Hauptstellung verlief, wie bereits erwähnt, etwas über
80 Meter»
Die Kavernen gewährten zwar Schutz gegen eine Beschießung, doch
hatte die Anlage der Eingänge den Nachteil, daß die Besatzung nicht
genügend rasch aus ihnen herauskommen konnte. Man war beim Bau
gezwungen gewesen, vorerst in die Tiefe zu graben, um einerseits auf festes
Gestein zu kommen, andererseits die Höhen der Kavernen und die nötige
Dicke der deckenden Gesteinschichte zu erreichen, dann erst konnte
man an die Aushöhlung schreiten. Auf diese Weise bekamen sie die
Gestalt eines großen Fuchsloches, dessen schlauchartiger Ausgang nur das
Passieren der Insassen hintereinander zuließ. Bei der Nähe des angrei-
fenden Gegners konnte aus diesem Grunde die Stellung oft nicht recht-
zeitig besetzt werden, ein Übelstand, der sich hauptsächlich bei der
Italienische Karte des Pasubio-Gebietes.
Unter Beifügung von Ergänzungen gezeichnet nach einer Karte im Buche „Monte Pasubio" des Maggiore Amedeo
Tosti, in der „Collana di Monografie storiche", herausgegeben in Rom 1933 vom italienischen Kriegsministerium.
— 81 —
Kaverne 3 hinter dem rechten Flügel der Hauptstellung fühlbar machte,
deren Ausgang während der Oktoberkämpfe zweimal verschüttet wurde.
Es stellte sich auch ferners heraus, daß die Zahl der Unterkunfts-
kavernen zu gering war. Die Menge der Verwundeten, die wegen der
Unmöglichkeit, sie während des Kampfes abzuschieben, in den Kavernen
untergebracht werden mußten, war über Erwarten so groß, daß für die
Reserven nur wenig Platz übrig blieb.
Bezüglich der kavernierten Kampfmittel sei erwähnt, daß entgegen
der italienischen Annahme keine kavernierten Maschinengewehre vor-
handen waren. Die Gewehre waren allerdings während der Beschießung
mit ihrer Bedienung in Kavernen untergebracht, mußten aber, um in
Tätigkeit treten zu können, stets in die außerhalb befindlichen Feuer-
stellungen gebracht werden,
An der Westseite der Platte war eine Geschützkaverne für zwei
italienische Gebirgskanonen mit der Schußrichtung vor die Cosmagon-
stellung im Bau. Ihre Fertigstellung konnte aber bis zum Beginn der
Kämpfe nicht erreicht werden. Es hätte sonst die flankierende Wirkung
dieser beiden Geschütze den Italienern den Angriff auf die Cosmagon-
stellung beträchtlich erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht.
Die Geschütze mußten zur Zeit der Oktoberkämpfe offen aufgestellt
werden und wurden schon am ersten Tag der Beschießung, am 9. Oktober,
unbrauchbar.
im
$. ifaltenifdjen ^Ingtlffooocbßtciiungcn.
Trotz des im September mißlungenen Versuches, das Colsanto-
Pasubioplateau in die Hand zu bekommen, begann die italienische Füh-
rung bald1 darauf, neue Vorbereitungen zur Wiederaufnahme des Kampfes
mit stärkeren Kräften zu treffen. Alle Verbesserungsarbeiten in ihren
vordersten Linien und im rückwärtigen Gelände wurden eifrigst betrie-
ben, neue Ausgangsstellungen für den Angriff geschaffen, Kavernen und
Unterkünfte erbaut.
Im Gegensatz zu den Vorbereitungen für den Septemberangriff ver-
standen die Italiener es diesmal, sie erfolgreich zu verschleiern, sonst
hätte man nicht an die Verringerung der Besatzung anläßlich der Winter-
gruppierung schreiten können. Der Gefechtsbericht des 58. Gebirgs-
brigadekommandos sagt hierüber:
,,Alles in allem muß der Angriff als vorzüglich vorbereitet und in
jeder Beziehung überraschend bezeichnet werden."
Schexnfii, ,sDie Pasubio-Kämpfe'". 6
— 82 —
Der Plan der italienischen Führung2) bestand in einem Frontal-
angriff auf die Linie Kote 2043 (Lora) und Kote 2059 (nö, Sette Croci) mit
dem Ziele, am Dente austriaco (österreichische Platte) durchzubrechen
und auf die rückwärtige Linie Roite—Buse di Bisorte vorzustoßen. Diesen
Hauptangriff sollten an den Flügeln je ein Nebenangriff begleiten, der
5 Ô. Seb.briqcLcle.
/J:25.000
*Roit<
"¿•1150
3.TJR.
Obst. R
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\ S 2 \ £;S-U
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\.....!•
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\ Kat.a.BT-t^oae
lílPU/fla.
d
7'Bcrs.^ot J
itti.
Lage am 9, Oktober 1916 früh-
eine in der Richtung auf die Lora (2043), der andere gegen die Kote 2059.
Demonstrative Aktionen von Truppen der 44. Division in der Vallarsa und
von solchen der 32. Division im Val Posina hatten den Angriff am Pasubio
zu unterstützen.
Die vermutliche Angriffsgruppierung ist aus obiger Skizze zu
ersehen.
2) Die Angaben für diesen Angriff sind dem Buche: „L'Armata del Trentino
1915—1919" des Gen. Schiaríni entnommen. (Seite 215—216.)
— 83 —
Neben der Stellungsartillerie wurden zur Unterstützung des An-
griffes noch im Halbkreis in Stellung gebracht: 6 Feld- und Gebirgs-
batterien für die Angriffsgruppe Gen. Papa von Punta di Ometta über
Alberghetti, Corno di Pasubio, Fontana d'Oro und Sogli rossi, 3 Feld-
und 3 Gebirgsbatterien für die Angriffsgruppe Obst. Riccieri vom Passo
di Fieno bis zum Palom (Pasubio Kote 2236).
Der Gesamtstand der italienischen Angriffstruppen betrug: 5000
Infanteristen, 4000 Alpini und 1500 Artilleristen.
Der Beginn dieses vom Kommandanten der 44. Division, Gen. Gra*
ziani, geleiteten Angriffes war auf den 9. Oktober, dem Vortage des
Beginnes der 8. Isonzoschlacht, festgesetzt, um die k. u. k. Heeresleitung
am Verschieben von Reserven aus der Tiroler- an die Isonzofront zu
hindern.
looo|
4. %íí kt ífalteníftljen
mm g. bis 12. 1916.
A) Btt 9.
a) Italienischer Angriff auf die Cosmagonstellung
um 16 Uhr.
Im Abschnitte des 3. Kaiserjägerregimentes (Unterabschnitt I) war
am 6, Oktober die Wintergruppierung, soweit sie die Besatzungsvermin-
derung in den Sektionen und die Gliederung der Reserven in die Tiefe
betraf, vollendet.
Es standen:
1/3. TJR. mit MGA. I und II in den Sektionen 1 bis 6 unter Kom-
mando des Mjr. Kurovsky,
II/3. TJR. (Hptm. Pfrogner) als Brigadereserve im Roitelager,
IV/3. TJR. (Mjr. Schwabik) als Divisionsreserve mit dem Batail-
lonskommando, der MGA. IV und einer Kompagnie in Piazza und mit
3 Kompagnien in Serrada.
Aufteilung des 1/3. TJR. und der Nahkampfmittel:
Sektion 1 und 2: 4. Komp. und ein Zug der 7. Komp. — Komman-
dant Oblt. Albrecht,
Sektion 3 und V24: 2. Komp. (Oblt, Stolz),
6*
— 84 —
Sektion L/24 und 5: 1. Komp. und ein Zug der 3. Komp. — Kom-
mandant Oblt. Kaiser,
Sektion 6: % 3. Komp. Oblt. i. d. Res. Hofbauer.
Ansichtsskizze der Cosmagonstellung S 3—6, gesehen vom Mte. Testo
1. Roite (2150 m).
2. Österreichische pia++
3. Italienische aUe'
4. Vorgeschobene Feldwache der Sektion 6.
5. Linker Stellungsteil der Sektion 6 (ital. Panettone Alto).
6. Pasubio (Kote 2236 — ital. Palom genannt).
7. Italienische Stellung.
8. Rechter" Stellungsteil der Sektion 6 (ital. Panettone Medio).
9. Italienische Stellung.
10. Stellung der Sektion 5 (ital. Panettone Basso).
11. Italienische Stellung.
12. Cogolo Alto 2122 m.
13. Wellblechbaracke (österr. Finanzwachhaus).
14. Cosmagon-Friedhof.
15. Quelle.
16. Sektion 4.
17. Italienische Sandsackstellung,
18. Rechter Flügel der Sektion 3.
19. Kote 2043 (ital. Lora genannt).
Italienische Stellung = Linie 3, 7, 9, 11 und 17.
österreichische Sektion 3 bis 6 = Linie 4, 5, 8, 10, 16 und 18.
Die Maschinengewehrabteilungen I (Oblt. i. d'. Res. Friedrich von
Attlmayr) und II (Oblt. i. d. Res. Augenfeld) hatten ihre Maschinen-
gewehre in den Stellungen aufgeteilt.
Der Plänklerstand des 1/3- TJR. betrug 652, der Feuergewehrstand
749 Mann. Ausdehnung der Stellung (Sektion 1 bis 6): 4800 Meter.
— 85 —
An Kampfmittel waren vorhanden: 10 Maschinengewehre, 2 Mus-
keten, 1 Infanteriegeschütz, 2—9 cm, 2—12 cm und 2—22 cm Minen-
werfer, 3—40 cm und 2—30 cm Scheinwerfer und ein Flammenwerfer.
Nach einer ruhig verlaufenen Nacht begann am 9. Oktober um
6.30 Uhr früh auf die Stellungen der Sektionen 3 bis 6 und insbesondere
auf die höhergelegenen Sektionen 3 und 6 ein derart vehementes Artil-
lerie- und Minenwerferfeuer, daß um 7.45 Uhr der ganze Stellungsteil in
eine dichte Rauchwolke der explodierenden Minen und Artilleriegeschosse
gehüllt war. Auch der rückwärts liegende Roiterücken stand bereits um
diese Zeit unter dem Feuer leichter und schwerer Geschütze.
Die Beschießung wurde bald als Vorbereitungsfeuer erkannt. Der
Regimentskommandant Obst. Fischer von See ordnete telefonisch die
Bereithaltung der Regimentspionierabteilung (Kmdt. Oblt. Wanke) und
der Pionierkompagnie 1/10 (Oblt. Sinkiewic) als taktische Reserve an,
welche beide ihren Standort hinter der Sektion 2 beim Pionierlager süd-
westlich Mga. Zocchi hatten und bisher nur zum Stellungsbau verwendet
worden waren.
Auch das 58. Gebirgsbrigadekommando stellte von der Brigade-
reserve, II/3. TJR. (Hptm, Pfrogner), ein Halbbataillon (7. und 8. Komp.)
als Regimentsreserve zur Verfügung. Die MGA. II dieses Bataillons
war bereits in der Stellung eingesetzt.
Um 9 Uhr vormittags war jede Verbindung vom Regimentskom-
mando zu den Sektionen unterbrochen, der Telefondraht durchschossen,
die Sicht durch Rauchschwaden gehindert. Meldemänner konnten nur
in den seltensten Fällen durch die Feuerwand hindurchkommen und
benötigten Stunden, um an ihr Ziel zu gelangen.
Das Gelände der Sektionen 5 und 6 war wohl von einem Beobach-
tungsoffizier des Regimentes, der auf der Pasubioplatte seinen Standort
hatte, zu überblicken, die Vorgänge aber vor den übrigen Sektionen konn-
ten nicht beobachtet werden. Über sie blieb daher das Regiments-
kommando bis in die späten Nachmittagsstunden in Unkenntnis.
Die erste Bewegung beim Gegner wurde vom Beobachter nach
9 Uhr vormittags vor den Sektionen 5 und 6 bemerkt und Sperrfeuer
dorthin gelenkt.
Als eine Stunde später das Feuer auf der ganzen Frontlinie des
Pasubio eine Zeitlang aussetzte und beim Regimentsbeobachtungsstand
Infanteriefeuer aus der Richtung der Stellungen hörbat wurde, forderte
Obst. Fischer von See im Glauben, daß nun der italienische Angriff be-
ginne, Sperrfeuer an und befahl der Regimentsreserve (halbes 11/3. TJR.),
sich bereitzuhalten, über Befehl mit der 8. Kompagnie zur Verstärkung
der Besatzung in die Cosmagonmulde abzumarschieren, mit der 7. Kom-
pagnie den Roiterücken als Rückhaltstellung zu besetzen.
Der Infanterieangriff begann jedoch nicht, dagegen wurde das Vor-
bereitungsfeuer mit erhöhter Heftigkeit fortgesetzt. Erst um 16 Uhr konnte
— 86 —
man beobachten, daß es in die rückwärtigen Räume verlegt wurde, ein
Zeichen, daß der Infanterieangriff begann.
Sein Verlauf gestaltete sich in den einzelnen Sektionen sehr abwechs-
lungsreich. Über den Kampf in der Sektion 3 lassen wir den Komman-
danten derselben, Oblt. Stolz, selbst sprechen:
„Das Kleinkalibergeschütz- und das Minenwerferfeuer begann
bereits um 6.30 Uhr früh. Die telefonische Verbindung mit dem Regi-
mentskommand'o war, trotzdem sie in mehreren Linien gelegt war, in
kurzer Zeit abgeschossen und konnte nicht mehr wiederhergestellt wer-
Sektion 3 auf dem Cosmagon.
den. Vom Kaverneneingang konnte ich so recht die Lage des italieni-
schen Feuers beobachten. Auf die Gräben schössen hauptsächlich Tschin-
bum3) mit ihrem Punktfeuer und ackerten das Gelände ringsumher auf.
Hinter die Gräben fielen die schrecklichen Minenbomben ein. Man sah
sie über dem italienischen Hang herauftorkeln, den Höhepunkt der Flug-
bahn erreichen und konnte dann auch ungefähr ausrechnen, wann und wo
sie niederfielen. Räng-räng-räng, diese Minen mit den nervenzerreißen-
den Detonationen tobten in einem fort, krepierten mit ungeheurem Luft-
druck und warfen ganze Steinfontänen auf. Keiner, der ein solches
Minenfeuer mitgemacht hat, wird jemals wieder das furchtbare Krachen
8) „Tschin-bum" war die Bezeichnung, die die österreichischen Soldaten den
kleinkalibrigen, sehr präzise schießenden Grabengeschützen der Italiener gegeben hatten-
— 87 —
aus dem Gehör bekommen. Es hieß da, alle Kraft zusammennehmen, um
Herr über sich selbst und über die Lage zu bleiben.
Gegen 10 Uhr vormittags bemerkte ich, daß das Tschinbumfeuer auf
die Gräben aussetzte und die Minen weiter nach rückwärts flogen. Jetzt
werden die Italiener wahrscheinlich zum Sturm ansetzen. ,,Alarm! Alles
heraus!4'
Die kampffähige Besatzung raste in die Gräben. Es ging dabei über
Stock und Stein. Gänzlich verschüttete Laufgräben mußten erst über-
klettert werden, denn dort hatte die Beschießung verheerend gewirkt.
Doch kaum waren die Gräben besetzt, fiel wieder schlagartig die Be-
schießung ein.
Jetzt hieß es wieder ,,Zurück in die Kavernen!" Doch von denen,
die hinausgestürmt waren, kamen nicht mehr alle zurück.
Das Aussetzen des feindlichen Feuers, das darauffolgende Besetzen
der Stellung durch die Besatzung, der neue Feuerbeginn und das Zurück
in die Kavernen wiederholte sich einige Male. Jedesmal aber blieben
5 oder 6 Mann dabei tot oder verwundet liegen.
So hörte auch um die Mittagszeit die Beschießung wieder auf.
Gleichzeitig vernahm man d'en italienischen Sturmruf ,»Avanti Savoia".
Wieder stürmte die Besatzung, allen voran der begeisterte Leutnant
i. d. Res. Schottola, aus den Kavernen in die Gräben. Die Italiener
schienen diesmal wirklich ernstliche Sturmabsichten gehabt zu haben.
Aber nur ein italienischer Leutnant war in das Rondell4) gesprungen und
wurde sogleich niedergeschossen. Die übrigen kamen nicht aus ihrer
Stellung heraus. Dann setzte die Beschießung wieder ein, die Kompagnie
mußte in die Kavernen zurück und das Trommelfeuer tobte weiter.
Wenn schon die ersten sechs Stunden des Vormittag für uns nicht
enden wollten, die Nachmittagsstunden zogen sich noch mehr in die
Länge. Ich blickte vom Kaverneneingang hinauf auf die Pasubioplatte
und sah deutlich die Alpini voreilen und die Platte erklimmen. Wann
werden sie bei uns den Angriff beginnen! Von den 150 Mann, mit denen
ich in die Stellung ging, waren kaum mehr 25 vorhanden. Alle übrigen
waren tot oder verwundet, alle Kavernen mit Verwundeten überfüllt.
Um 15.30 Uhr suchte ich mit dem Regimentskommando in Verbin-
dung zu treten. Doch das Telefon war immer noch abgeschossen. Von
den Meldemännern kam keiner durch das Feuer hindurch. Eine optische
Verbindung verhinderte die über der Sektion schwebende Rauch- und
Staubwolke. So konnte an eine Unterstützung wohl kaum mehr gedacht
werden. Ungefähr 2000 Schritte hinter uns lag zwar die Regiments-
pionierabteilung, aber der Weg von dort zur Stellung war vom feindlichen
Feuer vollkommen überdeckt.
Seit nahezu 9Vi Stunden währte bereits das höllische Feuer. Die
Grabenposten waren alle meist gefallen oder verwundet
4) Siehe Skizze auf Seite 86, Pkt. 4 der Legende.
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Gegen 16 Uhr wanderte das Feuer wieder einmal nach rückwärts.
Was noch kampffähig war, stürmte sofort aus den Kavernen heraus . . .
Da ertönte ,,Savoia"-Geschrei von rechts. Es gab keinen Zweifel, die Ita
liener waren am rechten Flügel eingebrochen. Vom Rondell hörte man
nichts. Ich sicherte mich in dieser Richtung und gegen den Rücken und
führte mit Lt. Franz Runge das kleine Häuflein zum Gegenstoß gegen die
Einbruchsstelle. Unter Hurrah-Geschrei stürmten wir außerhalb des Lauf-
grabens vor, kamen aber durch eine kräftige Handgranatensalve der
Italiener zum Stehen. Mit unseren Kolbenhandgranaten setzten wir uns
zur Wehr und wollten nochmals zum Sturme ansetzen, doch wir waren
der Übermacht gegenüber viel zu schwach und mußten uns darauf be-
schränken, sie wenigstens aus dem vorderen Graben nicht weiter vor-
rücken zu lassen. Wir besetzten einen weiter rückwärts gelegenen Gra-
ben, wo sich ein erbitterter Handgranatenkampf entspann. Bevor uns die
Munition ausging, gelang es noch zwei braven Unteroffizieren, aus einer
Munitionskaverne zwei Verschläge mit Handgranaten herbeizuschaffen.
Wären die Italiener damals aus dem Rondell auch mit nur einigen
Leuten vorgebrochen, so wäre das Schicksal der Sektionen 3 und 4 ent-
schieden gewesen. Doch sie wagten nicht, dort vorzustoßen. Wenige
Schritte nur lagen wir uns im Handgranatenkampf gegenüber. Da sah ich
plötzlich eine italienische Eierhandgranate auf mich zufliegen. Es gelang
mir anfangs auszuweichen, doch beim Auffallen auf das Gestein sprang
sie wieder hoch und traf mich in der Gegend der Patronentaschen."5)
Mit welcher Übermacht die Italiener auftraten, entnehmen wir den
Aufzeichnungen des Lt. Franz Runge:
„Um 16 Uhr erfolgte der Hauptangriff, Diesmal aber so über-
raschend und in so dichten Massen, daß die Italiener in kurzer Zeit nicht
nur im Kampfgraben, sondern auch in den Laufgräben standen. Das
Rondell war mit ihren flachen Stahlhelmen ausgefüllt. Das Eindringen in
unsere Stellung war ihnen nicht schwergefallen, da ja kein lebender
Jäger mehr im Graben war. Einzelne vorspringende Jäger, die in den
Laufgräben standen, verhinderten durch Schießen ein weiteres Vordrin-
gen, während alles, was nur gehen und stehen konnte, aus der Kaverne
eilte und sich dieser Menschenwand entgegenstellte. Inzwischen hatten
die Italiener rechts ober uns ein Maschinengewehr in Stellung gebracht,
das uns heftig unter Feuer nahm. Ihre vorderen Reihen wagten immer
noch nicht, uns zu überrennen, sie wurden nur nach und nach von den
rückwärtigen vorgeschoben ..."
Während der mehrfach verwundete Oblt. Stolz zum Hilfsplatz ab-
gehen mußte, nahm der Kampf seinen Fortgang.
Zuerst warf sich die Handgranatenabteilung entschlossen gegen den
eingedrungenen Feind und es gelang ihr auch, einen kleinen Teil des
verlorenen Grabens wiederzugewinnen. Hiebei erlitt ihr Kommandant,
5) Durch diese Handgranatenexplosion erlitt Oblt- Stolz eine sechsfache Ver-
wundung, die ihn außer Gefecht setzte.
— 89
Kadettaspirant Bereuther, der allen vorangestürmt war, den Heldentod,
sein Stellvertreter wurde schwer verwundet.
Längere Zeit lag das kleine Häuflein der Besatzung der großen Über-
macht der Italiener gegenüber, die sich vorerst nicht vorwagten. Als sie
später zu einem energischen Angriff ansetzen wollten, um die letzten Ver-
teidiger zu überrennen und in den Rücken der Sektion 2 vorzustoßen, kam
die Regimentspionierabteilung unter Oblt. Wanke und ein Teil der Pionier-
kompagnie 1/10 unter Oblt. Sinkiewic gerade rechtzeitig an, um den An-
griff im Gegenstoß aufzufangen. Dabei wurde Oblt. Wanke tödlich und
Regimentskommandant (3. TJR.) Obst. Nürnberger
legt am Grabe des Oblt. Wanke am Kriegerfriedhof
in Trient einen Kranz nieder.
Oblt, Sinkiewic schwer verwundet. Die Italiener aber wurden im harten,
verlustreichen Kampf wieder in den Graben der Sektion 3 zurück-
geworfen.
Die Gegenstoßgruppe nistete sich in einer Stellung, die vom Stütz-
punkte D-18 der Sektion 2 bis zur halben Sektion 4 reichte, ein.
Es war bereits 18 Uhr, als das Gefecht hier zum Stehen gekommen
war. Der Kampfgraben der Sektion 3 und die dahinterliegenden drei
Kavernen mit zusammen 52 Verwundeten mußten dem Feinde überlassen
werden. In einer dieser Kavernen befand sich auch der schwerverwundete
90 —
Lt. Schottola, der sich im Kampfe durch besondere Tapferkeit aus-
gezeichnet hatte.
Der in der Wellblechbaracke, ehemaliges Finanzwachhaus, befind-
liche Hilfsplatz des Bataillons, wo Oberarzt Dr, Keil aufopferungsvoll
tätig war, konnte um 18 Uhr zum größten Teil geräumt werden.
Auf italienischer Seite waren für diesen Angriff auf die Lora, den
Oberstbrigadier Riccieri zu leiten hatte, eingesetzt:6)
Malga Cosmagon (Wellblechbaracke), Abschnitt des 3. Regiments westlich der
Pasubioplatte (Sommer 1916).
(Bild aus „Tiroler Kaiserjäger im Weltkrieg" von Guido Jakoncig.
Verlag Wagner, Innsbruck.)
Das Alpinibataillon Val Toce, das I. Bersaglieribataillon zu Rad,
1 und % Bataillone JR. 71, eine Maschinengewehrabteilung und eine Sek-
tion österreichischer Maschinengewehre,
An Artillerie waren dieser Angriffsgruppe, wie bereits erwähnt,
drei Feld- und drei Gebirgsbatterien zugewiesen.
Die Gruppe Obst. Riccieri scheint gegen jene österreichische Stel-
lung angesetzt gewesen zu sein, die sich von der Lora (Kote 2043) bis zur
Sohle der Cosmagonmulde erstreckte, also etwa mit dem Verlauf der
Sektionen 3 und 4 zusammenfiel.
Die an sich überaus starke Gruppe des Obst. Riccieri (3%. Bataillone
und 6 Batterien), die somit die von einer Kompagnie besetzte Stellung des
Oblt. Stolz angriff, hatte zwar wegen Raummangel keine Entwicklungs-
6) Schiarini, L'Armata del Trentino 1915—1919, Seite 216.
möglichkeit, doch konnte sie mit größter Übermacht auftreten und den
Angriff unausgesetzt mit frischen Kräften nähren.
In erster Linie dürften Teile des Alpinibataillons Val Toce und des
I. Bersaglieribataillons zu Rad gestanden sein, da auch nach italienischen
Angaben ,,das Alpinibataillon Val Toce und das L Bersaglieribataillon sich
im ersten Anstürme in den Besitz der Gräben der überhöhenden Stellung
(Kote 2043) auf der Alpe Cosmagon setzten,"7)
Der Angriff gegen die Sektionen 5 und 6, der jedenfalls im Rahmen
des Angriffes gegen die Platte zur Durchführung kam, begann ebenfalls
um 16 Uhr, Gegen die Sektion 6 nahm er folgenden Verlauf.
Lage am 9. Oktober um 6 Uhr früh in der Sektion 6.
Die Stellung bestand aus zwei getrennten Teilen, von denen der
westliche, tieferliegende eine Besatzung von etwa 60 Mann, der östliche,
höhergelegene auf der Kote 2116 eine solche von nur 15 Mann hatte. Diesem
war aber eine Feldwache in der Stärke von 12 Mann vorgeschoben. Die
Besatzung stellte die 3. Kompagnie (Oblt, i, d. Res. Hofbauer) mit drei
Zügen, der vierte unterstand der Sektion 5.
Auch hier hatte das zeitweise Einstellen und Wiederbeginnen der
Beschießung im Vereine mit der jedesmaligen Besetzung der Gräben
starke Verluste unter der Besatzung und auch große Schäden in den Stel-
lungen verursacht. Die dort befindliche Munition und die Handgranaten
wurden verschüttet. Zwei Offiziere waren schon zu Beginn verwundet
und so ihre Züge der Kommandanten beraubt.
Während des Vorbereitungsfeuers hatte sich die feindliche Infanterie
so nahe als möglich herangearbeitet und ging, als das Feuer nach rück-
7) Schiarini, L'Armata del Trentino 1915—1919, Seite 216, 217.
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wärts verlegt wurde, in dichten Massen zum Angriffe vor. Die im west-
lichen Stellungsteil nach vorne eilende Besatzung wurde am Wege zu den
Gräben von Schützen- und Maschinengewehrfeuer vom feindlichen Pasu-
bio her erfaßt und erlitt starke Verluste. Ein Teil erreichte trotzdem den
Kampfgraben, wurde aber dort von der Übermacht überwunden. Der
Rest eilte in die Kaverne zurück und leistete bis zum Abend Widerstand.
Das in der Sektion befindliche Infanteriegeschütz feuerte bis nach erfolg-
tem Einbruch der Italiener und wurde dann unbrauchbar gemacht. Der
Kommandant desselben, Lt< i. d. Res. Huyer, erlitt den Heldentod.
Der linke Teil der Sektion auf der Kote 2116 war zur Zeit des An-
griffes auf 8 Mann und später auf 4 zusammengeschmolzen. Mit diesen
wirkte Stabsoberjäger Kartnaller, dessen Maschinengewehr bereits um
14 Uhr durch einen Granatvolltreffer unbrauchbar geworden war, durch
Feuerabgabe gegen den italienischen Angriff auf den rechten Stellungs-
teil und hielt mit anerkennenswerter Tapferkeit bis zum Abende stand.
Die vorgeschobene 12 Mann starke Feldwache, die ebenfalls durch
die Beschießung starke Verluste erlitten hatte, harrte bis zum Einbruch
der Dunkelheit aus und wurde dann überwunden. Nur zwei Jäger kehrten
zur Kompagnie zurück.
Von der gesamten etwa 90 Mann starken Besatzung der Sektion 6
waren am Abend nur mehr 25 Unverwundete und 17 Leichtverwundete
vorhanden, mit denen Oblt. Hofbauer sich eine Zeitlang noch hielt.
Da er aber in vollkommener Unkenntnis über die Gefechtslage in
seiner Umgebung und von jeder Verbindung abgeschnitten war und die
Platte in feindlicher Hand wähnte, trat er, um nicht in der Nacht um-
zingelt und gefangengenommen zu werden, um 18 Uhr den Rückzug in der
Richtung zum Regimentskommando an.
Auf Seite der Italiener dürften Teile des Alpinibataillons Exilies
angegriffen haben, da nach ihren Angaben ,,die Alpini des Bataillons
Exilies die ersten Gräben unter dem Dente auf der dem Cosmagon zuge-
wendeten Seite in Besitz nahmen".8)
Der mittlere Teil der angegriffenen Cosmagonstellung, die Sektionen
V24 und 5, Kommandant Oblt. Kaiser, war von der 1. Kompagnie und
einem Zug der 3. (Kommandant Stabsoberjäger Tiefenbacher) besetzt.
Auch dieser Stellungsteil hatte durch die Beschießung sehr stark zu leiden
gehabt, einem Infanterieangriff aber war er, weil im tiefsten Teil der sack-
förmigen Cosmagonstellung gelegen, weniger ausgesetzt als die beiden
Flügelsektionen 3 und 6.
Der linke, mit dem Zug des Stabsoberjäger Tiefenbacher besetzte
Flügel der Sektion 5 wurde von den Italienern rasch besetzt, weil es der
Besatzung nicht gelungen war, rechtzeitig aus den Kavernen zu kommen.
Sie wurde eingeschlossen. Nachdem Oblt. Kaiser vergeblich versucht
hatte, sie durch einen Gegenstoß zu befreien, mußte er seinen linken
Flügel abbiegen, um ein Aufrollen der Sektionsstellung zu verhindern.
s) Schiarini, L'Armata del Trentino 1915—1919, Seite 217.
— 93 —
Um 18 Uhr war die Lage für ihn bereits recht kritisch geworden.
Sowohl die links benachbarte wie auch die rechts anschließende Sektion
war in Feindeshand. Er hielt trotzdem tapfer aus und meldete noch um
diese Zeit dem Regimentskommando, „daß er sich — obgleich aus beiden
Flanken beschossen — noch halte"-
Eine halbe Stunde später aber mußte auch er sich zurückziehen,
um nicht im Dunkel der Nacht umzingelt und gefangen zu werden. Hier-
über schickte er dem Regimentskommando die Meldung: „Ziehe mich
gegen den Roitesattel zurück und werde — wenn das II. Bataillon vor-
geht — mich ihm mit meiner Kompagnie anschließen/'
Um die gleiche Zeit wichen auch die Reste der Regimentspionier-
abteilung und der Pionierkompagnie 1/10 nach rückwärts aus, weil die
Gefahr bestand, daß sie links (nördlich) umgangen und gegen den Cos-
magonabsturz gedrängt werden.
Dem Räume der Sektion 5 gegenüber standen als Angreifer das
durch eine Kompagnie des Alpinibataillons Suello verstärkte Alpinibatail-
lon Adamello9). ,,Die Wellen derselben," sagt ein italienischer Bericht über
diesen Angriff, „gingen gegen die Linien westlich des Palom vor. Auf
eine Eroberung mußte jedoch wegen des Flankenfeuers der feindlichen
Maschinengewehre verzichtet werden."
Die Italiener schienen diesmal die schlechten Erfahrungen, die sie
sich am 10. September holten, als sie in diesem von der Besatzung sehr
gut bestrichenen und von der Artillerie vorzüglich beherrschten Raum
vor der Sektion 5 angriffen, beherzigt zu haben.10)
Zu Beginn des italienischen Angriffes um 16 Uhr hatte man vom
Regimentsbeobachtungsstand das Vorgehen der Italiener gegen die Sek-
tion 6 bemerken können. Auch in der Sektion 3 ließ sich das Hin- und
Herwogen des Kampfes beim Eingreifen des Handgranatenzuges und beim
Gegenstoß der beiden technischen Abteilungen gut beobachten. Um
17 Uhr mußte Obst. Fischer von See annehmen, daß die beiden Flügel-
sektionen 3 und 6 in Feindeshand seien. Eine Bestätigung dieser Ver-
mutung bekam er allerdings erst viel später.
Gegenmaßnahmen konnte er aber, da ihm keine Reserven zur Ver-
fügung standen, nicht treffen. Erst als ihm um 17.50 Uhr vom Brigade-
kommando das ganze IL Bataillon zur Verfügung gestellt wurde, entschloß
er sich, mit dieser Kraft die verlorengegangenen Sektionen 3 und 6
wiederzugewinnen und gab dem Bataillonskommandanten Hptm. Pfrogner
den Angriffsbefehl:
„Der Feind ist in Sektion 3 eingedrungen und hat sich dort ein-
gegraben. Aus Sektion 5 und 6 keine Nachricht. Gegenangriff! Hptm.
Pfrogner mit zwei Kompagnien längs des Cosmagonrückens gegen Sek-
9) Vom Alpinibataillon Monte Suello war die 140. Kompagnie dem Alpinibataillon
Adamello als Verstärkung unterstellt, die 139. und 91. Kompagnie waren Reserve.
Schiarini, L'Armata del Trentino 1915—1919, Seite 217.
10) An Gefangenen mußte das Bataillon Suello und das I. Bersaglieribataillon
zusammen 30 Mann dem Verteidiger überlassen.
— 94 —
tion 3. 6. Kompagnie um den Roiterücken herum gegen Sektion 6. Auf-
trag diese in Besitz zu nehmen. Meldungen durch Relais alle Stunden,"
Damit war das IL Bataillonskommando mit der 5. und 8. Kompagnie
zum Gegenstoß gegen Sektion 3, die 6. gegen Sektion 6 angesetzt, die 7.
stand schon seit den Vormittagsstunden als Rückhaltsbesatzung am Roite-
rücken. Der Regimentskommandant war wieder ohne Reserve.
Die Lage an der Front bei den Sektionen 3 bis 6 hatte sich zur Zeit,
als das Halbbataillon Pfrogner vom Roiterücken abmarschierte, folgend
gestaltet: die Reste der Sektionsbesatzungen, der Regimentspionierabtei-
Hauptmann Anton Pfrogner des 3. Regiments (schwarze Armbinde)
übernimmt das Kommando des II. Baons, Piazza, Sommer 1916.
in der vorderen Reihe von links: Hauptmann Kirpal, Major Wisinger, Haupt-
mann Pfrogner, Sanitätsfähnrich Zelenka.
Zwischen Major Wisinger und Hauptmann Pfrogner Leutnant Wenzel.
(Bild aus „Tiroler Kaiserjäger im Weltkrieg" von Guido Jakoncig.
Verlag Wagner, Innsbruck.)
lung und der Pionierkompagnie 1/10 hatten die Stellungen geräumt und
waren im langsamen Rückzüge durch die Cosmagonmulde gegen das
Regimentskommando. Es klaffte also von Sektion 3 bis 6, von der Kote
2043 (Lora) bis zur Pasubioplatte, eine etwa 1.5 Kilometer breite Lücke,
in der und hinter der die Bataillone der Gruppe Obst. Riccieri und Gioppi,
insgesamt 6V2 Bataillone, standen. Am ganzen langen Roiterücken lag
nur die 7. Kompagnie.
Diese äußerst bedrohliche Lage wurde glücklicherweise von den
Italienern nicht ausgenützt. Sie begnügten sich mit dem Anfangserfolg
der Besitznahme der Gräben und hielten ansonsten bis Mitternacht voll-
kommene Ruhe, die auch durch Patrullen nicht gestört wurde.
— 95 —
Inzwischen stieg das Halbbataillon Hptm. Pfrogner auf dem Wege zur
Cosmagonmulde vom Roiterücken ab und stieß auf die zurückgehenden
Reste der Sektionsbesatzungen. Erst aus den Erzählungen der Offiziere
erfuhr Hptm. Pfrogner die richtige Lage, wonach nicht nur die gesamten
Stellungen der Sektionen 3 bis 6, sondern auch ein Teil der Sektion 2 in
Feindeshand waren. Angesichts dieser Lage entschloß er sich zur Ände-
rung seines Angriffsplanes. Er ließ die Reste der Sektionsbesatzungen in
eine Kompagnie unter Kommando des Oblt. Kaiser zusammenstellen und
gruppierte die ihm nun zur Verfügung stehenden Kräfte folgend1:
Höhengruppe unter seinem Kommando bestehend aus der 5. und
8. Kompagnie. 5. Kompagnie (Hptm. Kirpal) mit dem rechten Flügel längs
des Steilabfalles des Cosmagon, 8. Kompagnie (Lt. i. d. Res. Urbanek) im
Staffel links, ein aus Serbokroaten zusammengesetzter Zug einer Land-
sturmkompagnie als Flankendeckung.
Talgruppe: Kombinierte Kompagnie Oblt. Kaiser in der Cosmagon-
mulde in Richtung auf Sektion 5 und Lt. i. d. Res. Wenzel auf dem längs
des Roitehanges führenden Weges Richtung ebenfalls Sektion 5.
Maschinengewehre standen nicht zur Verfügung, da die MGA. II in
der Stellung eingesetzt gewesen war. Der Beginn des Angriffes war für
12 Uhr Mitternacht festgesetzt.
Beim Kommando der Sektion 2 (Oblt. Albrecht, 4. Komp.) ange-
kommen, erhielt Pfrogner die Nachricht, daß ein Teil der Stützpunkte,
und zwar D-18, 19 und 20 in Feindeshand seien. Er entschloß sich daher,
vorerst aufzuklären und sie durch die 5. Kompagnie wieder in Besitz zu
nehmen und dann den Vorstoß gegen die Sektionen 3 und 4 zu machen.
Nachdem die vorgeschickten Patrullen bestätigt hatten, daß ein Teil
der Stützpunkte der Sektion 2 tatsächlich in Händen der Italiener sich
befindet, begann der Angriff, dessen Verlauf später geschildert werden
wird.
b) Italienischer Angriff auf die Platte um 16 Uhr.
Inzwischen hatte auch der Angriff auf die Platte stattgefunden.
Die Ruhe des Morgens wurde um 6.30 Uhr früh durch einige dumpfe
Schläge in der Ferne unterbrochen. Bald darauf explodierten auch bereits
die ersten Granaten auf der Platte, die das zehntägige Ringen auf diesem
kleinen Raum einleiteten.11)
Das Feuer verstärkte sich zusehends. Geschosse aus allen Kalibern
vollführten einen Feuerwirbel und hüllten die ganze Platte in dichten
Rauch. Auch der Raum dahinter bis Buse di Bisorte stand unter dem
grandiosen Vorbereitungsfeuer der zahlreichen italienischen Batterien.
Der Sektionskommandant, Kommandant der 4. Kompagnie Lt. i d.
Res. Viktor Oberguggenberger, verfügte zur Vermeidung von Verlusten
1A) Den Schilderungen der Kämpfe auf der Platte ist hauptsächlich der Bericht
des Sektionskommandanten Lt. Oberguggenberger zugrunde gelegt.
— 96 —
die Zurückziehung der Besatzung aus dem Hauptgraben in die Kavernen.
Nur je zwei Beobachtungsposten verblieben an den Flügeln desselben.
Auch die Feldwache in der Vorstellung wurde eingezogen.
Die freiliegenden Drahtverbindungen zum Bataillonskommando
waren in kurzer Zeit unterbrochen und konnten während der Beschießung
überhaupt nicht und während' der Feuerpausen nur auf kurze Zeit wieder-
hergestellt werden. Zum Meldedienst mußten ausschließlich Meldegänger
verwendet werden, die diesen wichtigen und gefährlichen Dienst muster-
haft versahen und schwere Opfer brachten.
Um aber so rasch als möglich von den Vorgängen auf der Platte
unterrichtet zu sein, wurde außerdem ein Offiziersbeobachtungsdienst aus
jenen Sektionen eingerichtet, die von seitwärts eine gute Beobachtung
gegen die Platte gestatteten.
Das Feuer tobte indessen unausgesetzt weiter, Dichte Staub- und
Rauchwolken umhüllten den ganzen Felsklotz der österreichischen Platte,
aus denen blitzartig der Feuerschein der Explosionen aufleuchtete.
Schon zu Anfang der Beschießung hatte man erkannt, daß ein
Angriff folgen werde. Der Bataillonskommandant Hptm, Gamber ließ da-
her die 1. Kompagnie (Lt. i. d. Res. Jakoncig) zur Verstärkung der Be-
satzung auf die Platte abgehen. Im dichten Granathagel hatte sie einen
schweren und opfervollen Weg, Der 1. Zug mit dem Kompagniekomman-
danten traf mit einem Verluste von 2 Toten und 5 Verwundeten beim
Sektionskommando ein. Für die übrigen Züge war dort kein Platz, sie
mußten in der Kaverne 7 der Sektion 8 untergebracht werden.
Nach einer kurzen Feuerpause um 8.40 Uhr setzte die Beschießung
mit unverminderter Heftigkeit wieder ein, Oft wurden bis zu 60 Ein-
schläge in der Minute gezählt. Die dünne Felsdecke der Kavernen er-
zitterte unter der Gewalt der Granatexplosionen bedenklich, Steine lösten
sich von ihr los und fielen auf die dichtgedrängten Insassen. Das Atmen
wurde immer schwerer, weil die Luft in den ventilationslosen Kavernen
bald verbraucht war und Rauch, Staub und die Explosionsgase sich in
den tieferliegenden Unterkunftskavernen sammelten.
Feindliche Flieger kreisten über dem Plateau und warfen Bomben
und Flugzettel in die Pozzamulde ab.
Um 11.30 Uhr setzte das feindliche Geschütz- und Minenwerfer-
feuer wieder auf die Dauer einer halben Stunde aus. Scheinbar wollte
der Gegner die Wirkung seines Feuers durch Patrullen erkunden lassen.
Von der italienischen Infanterie aber, die — wie die Grabenposten
gemeldet hatten —, rudelweise von ihrer Platte herabsteigend, sich in dem
uneingesehenen Raum unterhalb der Vorstellung am Eselsrücken sammel-
ten, war noch nichts zu sehen,
Inzwischen hatte die schwere Beschießung schon großen Schaden
an den Kampfanlagen verursacht. Die Hindernisse waren weggefegt, die
Schützen- und Laufgräben eingeebnet. Außerdem waren die beiden hinter
dem rechten Flügel der Hauptstellung aufgestellten und zur Flankierung
der Cosmagonstellung bestimmten italienischen Gebirgsgeschütze (65 mm)
— 91 —
demoliert und unbrauchbar. Lt. Oberguggenberger ließ, um die Kaverne
für die Jägerbesatzung ausnützen zu können, die Bedienung zum Batail-
lonskommando abrücken. Dank d^r Unterbringung der Besatzung in den
Kavernen waren die Verluste an sich nicht groß. Nur die Grabenposten
fielen der Beschießung zum Opfer und mußten einige Male ersetzt werden.
Bis 15.10 Uhr gab es erst 4 Tote und 8 Verwundete, eine Zahl, die in
Anbetracht des ungeheuren Munitionsaufwandes des Gegners eine sehr
geringe war.
Auf das rasende Feuer der italienischen Batterien blieb auch die
österreichische Artillerie die Antwort nicht schuldig. Über ihre Gegen-
wirkung schrieb ein italienischer Mitkämpfer:12)
„Um 7 Uhr früh begann unsere Artillerie mit einem alles nieder-
schmetternden Geschoßhagel die Vernichtung der österreichischen Stel-
lungen. Die ganze Linie vom Roite über die Platte bis zum Borcolapaß
war in eine dichte Rauchwolke gehüllt. Man sah nur die höllischen Explo-
sionen der Granateinschläge und Felsen, Balken und Erdklumpen in der
Luft herumschwirren. Bis 10 Uhr gab der Feind kein Lebenszeichen, dann
aber erkannte er unsere Absicht und überschüttete auch unsere Stellun-
gen mit Geschoßen aller Kaliber. Zum Schutze gegen den Steinregen
drückten wir uns dicht an die Felsen. Bei jedem Einschlag krampfte sich
das Herz zusammen. Der Tag wollte nicht enden, mir dünkte er der
längste in meinem Leben. Immer wieder blickte ich auf die Uhr, deren
Zeiger unbeweglich schienen. Die erstarrten Gesichter begannen zu
schmerzen, doch niemand wagte sich zu rühren.
Ein Volltreffer einer österreichischen Haubitze schlug in einen Zug
des Infanterieregimentes 158. Es war ein schrecklicher Anblick!
Am Nachmittag begann die Arbeit unserer Minenwerfer, die in
Salven zu hundert Schuß die österreichischen Hindernisse vollständig
wegräumten. Ihre Einschläge ließen die Erde erbeben und machten die
feindliche Platte zu einem einzigen Feuerherd. Die umliegenden Berge
vervielfachten das Echo der Explosionen. Die ganze feindliche Linie
lohte auf wie in einem Flammenmeer und in kurzer Zeit war alles in eine
dichte Rauchwolke gehüllt.
Merkwürdig war, daß beim jedesmaligen Aussetzen unserer Beschie-
ßung sofort ein österreichischer Gewehrschuß mit seinem markanten
Ta-pum fiel. Dieses Lebenszeichen aus den Ruinen erregte unseren Zorn.
Man konnte nicht fassen, daß in diesem feuerspeienden Vulkan noch
lebende Wachposten ihren Dienst versahen. Die Erklärung hierüber
gaben uns nachher die Gefangenen. Die österreichischen Wachposten
hatten den Befehl, bei jeder Feuerpause der feindlichen Artillerie einen
Gewehrschuß abzugeben, um dadurch dem Kommando wissen zu lassen,
daß sie noch am Leben seien und wachten.
12) „Un anno sul Pasubio" (Ein Jahr auf dem Pasubio) von Oblt. Campana des
JR. 157.
Schemfil, „Die Pasubio-Kílmpíe". ?
Österreichische Platte, von der italienischen aus gesehen,
a Kote 2136 (Roiteck);
b Österr. Platte 2206;
c Eselsrücken;
d Mte. Maggio;
e Trichter der ital. Sprengung
vom 2. 10. 1917;
f Costa di Borcola.
Zwischen 14 und 16 Uhr nahm unser Artilleriefeuer unerhörte Stärke
an. Statt des Schwirrens der einzelnen Geschosse hörte man nur mehr
ein einziges Rauschen. Nun wurde das Feuer auf die österreichische Platte
konzentriert. Viele hundert Kanonen und1 Minenwerfer spien Tausende
von Tonnen Metall auf sie und ackerten ihre Gräben vollständig um.
Dann begann um 16 Uhr der Infanterieangriff/'
Während dieser äußerst heftigen Beschießung hatten die Alpini der
143. Kompagnie des Bataillons Mte. Berico die Felsen der Platte bis
zur geräumten Vorstellung erstiegen und stürmten nun, als das Feuer
nach rückwärts verlegt wurde, in und neben den zur Hauptstellung füh-
renden Laufgräben vor. Die Grabenposten hatten zwar die Besatzung
in den Kavernen vom feindlichen Angriff benachrichtigt und alarmiert,
doch kam sie am rechten Flügel nicht mehr rechtzeitig aus der Kaverne 3
heraus, um den Stellungsgraben zu besetzen. Die Alpini waren dort
Lage auf der Platte am 9. Oktober um 17 Uhr.
V = Vorstellung,
H = Hauptstellung,
J ^ von den Italienern erreichte Linie nach Eindrücken des rechten
Flügels der Hauptstellung,
E = Eselsrücken,
G. S. = Mg der Lte. Graff und Schenk,
Volle Pfeile — Richtung des Gegenstoßes des Zuges J = Lt. Jakoncig,
L = Lt. Löscher und M = Lt. Matscher,
Strichlierte Pfeile = Angriffsrichtung der Alpini,
A, B = Mgkavernen,
AK = Artilleriekaverne,
K 1—5 = Mannschaftskaverne 1—5.
bereits eingebrochen und rasch bis fast zur Artilleriekaverne vorgedrun-
gen, wo sie erst zum Halten gebracht werden konnten.
Besser war es der Besatzung des linken Flügels der Hauptstellung
ergangen. Sie konnte den Graben rechtzeitig besetzen und im Vereine
7*
— 100 —
mit den vorzüglich wirkenden Maschinengewehren der Lte. Baron Graff
und Schenk die Angreifer aufhalten.13)
Den Sturm der Alpini und den darauffolgenden Kampf mit den
Kaiserjägern schildert der italienische Oberleutnant Campana in dem
bereits erwähnten Buche folgend:
„Genau um 16 Uhr gingen die Alpini des Bataillons Mte. Berico zum
Angriff auf die Felsen der österreichischen Platte vor- Im Laufschritte
stürzten sie sich zuerst von unserer Platte herab in den Qualm der
Geschoßeinschläge und überquerten, ohne auch nur einen Moment zu
zögern, den kleinen Sattel14), der die beiden Platten voneinander trennte.
Von Stein zu Stein arbeiteten sie sich an den Felsen der feindlichen Platte
empor. Im Grau des Gesteins sah man nur ein dunkles Gewimmel wie
in einem Haufen von Ameisen. Eine Welle von Menschen nützte jeden
Tritt aus und schob sich nach aufwärts.
Am Felsrande machten die Alpini ein wenig halt, um ihre Reihen in
Ordnung zubringen und besetzten die Felskante.1?) Wir konnten die ersten
Helme sehen, wie sie sich im Lichte abhoben.16) Bald schien sich auch die
Masse der Alpini gesammelt zu haben. Wir hörten den Ruf: ,,Savoia,
Savoia!" und sahen, wie die erste Welle stürmisch über den österreichi-
schen Graben schlug. Die Platte, jene furchtbare Bastion, der Eckpfeiler
der österreichischen Verteidigung, war unser. Der Angriff der Alpini
war glänzend und hatte sich so enge an die Feuerwand angeschmiegt, daß
der Gegner ihn fast nicht merkte. Nur eine Vedette alarmierte beim Ein-
dringen in den Graben die Besatzung, indem sie, als sie bereits von den
Alpinis umzingelt war, doch noch einen kräftigen Zug an einer in die
Kaverne führenden Alarmglocke tat.
Nun sah man auf der rückwärtigen Seite der Platte eine lange Reihe
von Verteidigern mit einem Maschinengewehr an der Spitze herauf-
kommen, die mit schußbereitem Gewehr hinter den Steinen Deckung
suchten. Das Maschinengewehr bezog eine Stellung, während die Bedie-
nung bei der Waffe kniend unausgesetzt das Vorrücken der Alpini beob-
achtete. Die ordneten sich neuerdings, wie bei einem Manöver, und stürz-
ten mit dem Rufe „Savoia" wieder nach vorwärts. In diesem Augenblick
aber begann das Maschinengewehr der Österreicher mit einem Schnell-
feuer wie aus einem Feuerschlunde unsere Linien abzustreuen. Auch
ihre Infanteriegewehre spien Feuer. Ein Alpinioffizier, immer allen
voran, erhob plötzlich die Arme und, sie in einem Kreis herumschwen-
kend, sank er zu Boden, Die Alpini aber gingen schön, groß und erhaben
13) Dabei tat sich Oberjäger Calliari besonders hervor, indem er die vorstürmen-
den Alpini trotz des gegen ihn gerichteten Feuers unausgesetzt mit Handgranaten bewarf
und so mithalf, den bedrohten Flügel der Stellung zu retten. Er wurde für seine tapfere
Tat mit der Goldenen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet.
14) Eselsrücken.
15) Platz der verlassenen Feldwache und den rechts und links anschließenden
Felsrand.
16) Im österreichisch-ungarischen Heere waren Stahlhelme damals noch nicht
eingeführt.
Leutnant i. d. Res. Viktor Freiherr von Graff (Innsbruck),
Kommandant der Maschinengewehrabteilung I des 1. Regiments,
hatte besonders am 9. Oktober 1916 entscheidenden Anteil
an der Verteidigung der Platte.
(Bild aus „Tiroler Kaiserjäger im Weltkrieg" von Guido Jakoncig.
Verlag Wagner, Innsbruck.]
wie dämonische Gottheiten mitten durch Rauch und Feuer. Furchtlos und
ohne irgendeine Deckung sprangen sie vor, legten an und gaben gut-
gezieltes Feuer ab/'
Die hier geschilderte Tätigkeit eines österreichischen Maschinen-
gewehres dürfte die eines der Maschinengewehre des Lt. Br. Graff ge-
wesen sein.
c) Der Gegenstoß der Kaiserjäger um 17 Uhr
auf der Platte.
Das Vorbrechen der Alpini hatte den rechten Flügel der Hauptstel-
lung eingedrückt und die ganze Platte in eine äußerst kritische Lage ge-
bracht, so daß der Sektionskommandant Lt, Oberguggenberger zu einem
raschen Entschluß gezwungen war. Er befahl dem Lt. Jakoncig und Mat-
— 102 —
scher mit zwei Zügen der 4. und einem der 1. Kompagnie, sofort einen
Gegenstoß zur Zurückwerfung des Feindes zu machen und schickte
Meldemänner in die Kaverne 7, um die übrigen drei Züge der 1. Kom-
pagnie herbeizuholen.
Lt. Jakoncig übernahm als Kommandant der Angriffsgruppe den
Mittelzug, Lt. Matscher den rechten und Lt. Löscher den linken Zug.
Nach rascher Formierung oberhalb der Kommandokaverne setzte die
Gruppe schneidig zum Gegenstoß an, zog aber sofort das Feuer kleinkali-
briger italienischer Geschütze auf sich, das — wie wir später hören wer-
den — von den Alpini angefordert wurde. In diesem Sperrfeuer kam der
Angriff im deckungslosen Gelände trotz der Schneid1 der Offiziere und
Mannschaften unter großen Verlusten zum Stehen. Bald trat noch Man
gel an Gewehrmunition und Handgranaten dazu, der nicht behoben wer-
den konnte, da die Reservevorräte durch das verheerende Vorbereitungs-
feuer des Gegners teils verschüttet, teils vernichtet waren. Die Lage
wurde noch bedrohlicher, als die Alpini sich immer mehr verstärkten. Es
waren Augenblicke des Hangens und1 Bangens, denn ein energischer Vor-
stoß der Alpini hätte die kleine Schar der Kaiserjäger unrettbar über den
Haufen werfen müssen. Als dann Lt. Steiner mit den drei Zügen der
1. Kompagnie bei der Kaverne des Sektionskommandos erschien, stand
Lt. Oberguggenberger vor dem schwerwiegenden Entschlüsse, diese Re-
serve zurückzuhalten, um längere Zeit standhalten zu können, oder alles
auf eine Karte zu setzen und die letzte Reserve zum Gegenstoß in den
Kampf zu werfen. Er tat entschlossen das letztere.
Die drei Züge verstärkten die Angriffsgruppe und setzten neuerlich
zum Gegenstoß an.
Uber den Verlauf des ersten Teiles desselben, der im feindlichen
Sperrfeuer zum Stehen kam, und des zweiten Teiles nach Verstärkung
der Angriffsgruppe lassen wir ihren Führer, Lt. Jakoncig, aus seinem
Kriegstagebuch selbst sprechen:
„Knapp oberhalb der Kommandokaverne (etwa 30 Schritte vorwärts)
bildete sich unsere Schwarmlinie, geführt von Lt. Matscher, Löscher und
mir als dem Kommandanten des Gegenstoßes. Wir versuchten, bevor
noch die restlichen drei Züge meiner Kompagnie herangekommen waren,
anzugreifen, rückten einige Minuten vor und wollten dann zum Sturme
ansetzen. Doch außer mir und Matscher sprangen von den etwa 80 Mann
nur mehr etwa 10 auf. Im Kampflärm schrie ich die übrigen mit voller
Stimme an und sah nun mit Entsetzen, daß die ganze Schwarmlinie nur
mehr aus Toten und Verwundeten bestand. Infanterie schoß von vorne,
flankierendes Tschinbumfeuer kam von beiden Seiten, außerdem schössen
schwere Geschütze nach rückwärts.
Zu alldem machten die Alpini noch Miene vorzugehen. Da kam etwa
um 17 Uhr, als Hilfe in höchster Not, Lt. Steiner mit dem Rest meiner
Kompagnie. Ich befahl ihn als Verstärkung in unsere Schwarmlinie. Doch
kaum gingen die ersten vor, rollten sie auch schon tot oder verwundet am
Leutnant i. d. Res. Guido Jakoncig des 1. TJR,
(Bild aus „Tiroler Kaiserjäger im Weltkrieg" von Guido Jakoncig.
Verlag Wagner, Innsbruck.)
Boden hin. Einen Verwundeten17) sah ich liegen, dem eine Schrapnell-
hülse im Bein steckte. Zugsführer Goller ging verwundet zurück. Bosch
sah ich fallen und an seiner Seite auch den Einjährig-Freiwilligen Mau-
racher. Unterjäger Cogol war durch einen Rückenmarkschuß gelähmt.
Auch bei diesem zweiten Gegenstoß führte ich im Zentrum, Steiner
links und Matscher rechts. Wir stürmten mit kräftigem Hurra nach vorne
und waren nach 50 Schritten in den Granattrichtern unmittelbar vor den
17) Der Verwundete war Jäger Wiedner, der sich mit dem Jäger Peter und dem
Offiziersdiener Sappl als Gefechtsordonnanz besonders hervorgetan hatte. Alle drei
wurden mit der Goldenen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet.
— 104 —
Aipini, deren Handgranaten uns starke Verluste zufügten. In den Trichtern
machten wir eine kleine Atempause, dann ließ ich den Befehl von Mann
zu Mann geben: „Nach drei Pfiffen Handgranatensalve, sodann Sturm!"
Die drei Pfiffe gellten, die Handgranaten flogen und explodierten, wir
sprangen auf. Doch gleichzeitig erhoben sich auch die Alpini. Es ent-
spann sich ein fürchterlicher Nahkampf. In meiner Nähe wurde Zugsführer
Puffer, der als erster vorgestürmt war, sofort niedergeschossen.18) Das
Bajonett des neben ihm stürmenden Jägers Wechselberger kam leider zu
spät. Auch ich konnte nicht helfen, da meine Pistole ausgeschossen war.
Einj.-Freiwilliger Oberjäger Mair fiel19), Einj,-Freiwilliger Wassermann der
4. Kompagnie wurde schwer verwundet. Für mich war dies der schwerste
Nahkampf, den ich bisher mitgemacht hatte. Nach langem Ringen mußten
die Alpini endlich weichen.
Matcher und ich kamen fast gleichzeitig mit Steiner in unseren
Hauptgraben und schüttelten uns vor Freude die Hände. Ebenso groß
war die Begeisterung der Jäger, als sie ihren Graben wieder hatten. Alle
Anstrengungen waren vergessen.
Wir trieben die Alpini weiter vor uns her in der Richtung gegen
unsere Vorstellung (Feldwache an der Spitze) an den Maschinengewehren
des Lt. Br. Graff vorbei. Dieser und Lt. Schenk hatten den Löwenanteil
an dem Erfolg. Alle Bedienungsleute ihrer Gewehre waren bereits tot
oder verwundet, sie selbst auch leicht verletzt. Und doch gingen sie
nicht zurück, sondern hielten den linken Flügel der Hauptstellung von
der Rückwärtsverlegung des feindlichen Artilleriefeuers an bis zu unserem
Gegenstoß ganz allein und verhinderten so das Eindringen der Alpini auch
in den linken Flügel der Hauptstellung. Nur durch ihr tapferes Ver-
halten war es möglich, daß wir uns zum Sturme bereitstellen und ihn
durchführen konnten.
Ich werde das Bild nie vergessen, als ich sah, wie ihre Maschinen-
gewehre, auf Leichen und Felsen aufgestellt, von den Offizieren selbst
bedient wurden und unaufhörlich in die zurückweichenden Alpini, die an
den Mündungen der Maschinengewehre vorbei mußten, hineinschossen.20)
18) Dieses Augenblicksbild führt Lt. Jakoncig an einer anderen Stelle seines Tage-
buches näher aus: „Zgsfr. Puffer, ein gebürtiger Steirer, der schon in meinem Zuge am
Isonzo äußerst tapfen gekämpft hatte u. dabei schwer verwundet worden war, war einer
der ersten, die beim Befehl zum Sturme aufgesprungen waren. Ihm gegenüber erhob sich
ein italienischer Offizier, der auf Puffer seine Pistole abschoß, ohne ihn jedoch zu treffen.
Puffer war mit einem Sprunge bei ihm, schlug ihm mit dem Gewehre die Pistole aus der
Hand und jagte ihm das Bajonett in die Brust. Sofort sprang auch ein italienischer
Unteroffizier zur Hilfe herbei, legte sein Gewehr dicht an Puffers Brust und schoß ihn
nieder. Der arme Puffer war noch nicht ganz zu Boden gesunken, als Jäger Wechsel-
berger, ein kleiner, gelenkiger Bursche, herbeieilte und dem Unteroffizier ebenfalls sein
Bajonett in den Leib rannte. Einige Minuten darauf fiel auch der brave Wechselberger."
19) Einj.-Freiw. Oberjäger Mair wurde — wie sich nachträgich herausstellte —
schwer verwundet und starb in der Gefangenschaft.
20) Das Zurückfluten der Alpini unter dem Druck des Gegenstoßes des Lt. Jakon-
cig wurde von den seitlichen Beobachtern wahrgenommen, Das II. Bataillon meldete
um 18.25 Uhr hierüber schriftlich: „Italiener gehen fluchtartig von der Platte zurück, —
Högn, Mjr."
— 105 —
Wir lagen nun in der verschütteten Vor- und Hauptstellung, die mit
Toten und Verwundeten erfüllt war.
Es dauerte aber nicht lange, da begannen die italienischen Tschinbum
und ihre Minenwerfer uns wieder aufs Korn zu nehmen. Unaufhörlich
flogen Steine, Sprengstücke und Körperfetzen der nochmals getroffenen
Gefallenen und Verwundeten umher. Wir mußten schließlich, da unsere
Zahl immer mehr zusammenschmolz, in die Hauptstellung zurück, wo
Lt. Steiner durch eine Granate verwundet wurde. Auch Lt. Matscher
und ich wurden verschüttet, konnten uns aber Wieder herausarbeiten.
Noch immer wollte die italienische Artillerie nicht aufhören. Erst
gegen 22 Uhr ließ ihr Feuer etwas nach. Feindliche Patrullen tasteten
vorsichtig vor, wurden aber immer wieder abgewiesen. Lt. Matscher und
ich lösten uns im Grabendienste ab.
Die Kommandokaverne. war voll von Verwundeten, deren Stöhnen
schrecklich anzuhören war-
Matscher hatte sich glänzend benommen, Schenk und Graff waren
über alles Lob erhaben. Über Oberguggenberger konnte ich nur staunen.
Mit bewunderungswürdiger Ruhe, die sich auch auf uns übertrug, war er
der Situation vollkommen gewachsen. Ohne ihn hätten wir den Sturm
niemals durchführen können. In d'en schwierigsten Lagen behielt er den
Kopf oben/'
Nach dieser lebendigen Schilderung des Führers des Gegenstoßes,
Lt. Jakoncig, sei auch einer italienischen Erzählung über den Hergang
des Kampfes Raum gegeben:21)
,,Drei Alpini sprangen hinter einen unter dem österreichischen
Maschinengewehr befindlichen Felsen. Zwei davon entzündeten Hand-
granaten, einer richtete sich immer auf und warf sie. Eine Feuerstockung
ausnützend, stürzten sich dann diese drei auf das Maschinengewehr. Wir
konnten genau beobachten, wie die Alpini mit den Kaiserjägern, die
Mäntel trugen, ins Handgemenge gerieten. Das eroberte Maschinengewehr
wurde sofort nach der Rückseite der Platte gedreht, wo immer mehr Ver-
teidiger heraufkamen. Wir ließen eine Leuchtrakete um Artillerieunter-
stützung aufsteigen.22) Bald konzentrierten zwei Minenwerfer ihr Feuer
auf den Zugangsweg, wo fast eine ganze Kolonne vernichtet wurde. Dann
aber legte sich eine Feuerbarriere vor uns, die uns zwang, in der Mitte
der Platte in aller Eile einen Stützpunkt zu errichten.23)
Die von ihren Beobachtern alarmierte österreichische Artillerie
richtete nun ihr Schrapnellfeuer auf den von uns besetzten Teil der
Platte, so daß der Himmel voll rotweißer Wölkchen war. Zudem suchten
schwere österreichische Geschütze unsere Minenwerfer. Inzwischen war
es einem anderen feindlichen Maschinengewehr gelungen, unser Sperr-
21) Aus ,,Un anno sul Pasubio" von Oblt. Campana.
22) Wahrscheinlich wurde damit das Sperrfeuer angefordert, das den ersten
Gegenstoß der Kaiserjäger aufhielt.
2S) Damit dürfte die Sandsackmauer gemeint sein, die die Italiener im Vorfelde
zwischen der Haupt- und der Vorstellung errichteten und von der in den österreichi-
schen Gefechtsberichten mehrfach die Rede ist.
— 106 —
feuer zu durchdringen und mit einem Schnellfeuer gegen uns Angreifer
zu wirken. Zweimal versuchten die Alpini, dieses Gewehr24) zu erstürmen.
Sie sprangen vorwärts, warfen Handgranaten auf die Kaiserjäger, wurden
aber zweimal wieder zurückgeschlagen. Dann nahmen unsere Batterien
das Maschinengewehr unter Feuer, so daß Dutzende von Granaten rings
um dasselbe explodierten. Trotzdem repetierte der österreichische Kom-
mandant, wie wir sehen konnten, und streute unsere Linien ab. Einmal
bedeckte ihn der Qualm einer Explosion und wir dachten schon, er sei
in die Luft geflogen. Doch als der Rauch sich verzogen hatte, saß der
österreichische Maschinengewehrschütze noch ruhiger auf seinem Platze
wie zuvor. Später hatte man auch einmal den Eindruck, als ob eine
Handgranate auf sein Haupt fiel. Lt. Picinini rief: ,,Jetzt hat es ihn!"
Als sich aber die Rauchwolke verzogen hatte, war er immer noch bei
seinem Gewehr.
Dem Mut und der Ausdauer des Gegners mußte man tatsächlich
Anerkennung zollen. Ein österreichischer Offizier, den Revolver in der
Faust, schlich sich an die Sandsackmauer der Alpini, erhob sich jede
Minute und tötete einen von uns. Lange aber dauerte dieses Spiel nicht.
In hellem Zorn stürzten sich einige Alpini auf ihn, ergriffen ihn und warfen
ihn über die Felsen hinunter.
Von der Grausamkeit dieses Nahkampfes kann sich niemand eine
Vorstellung machen."
Auch aus dieser Erzählung ist zu entnehmen, daß die Maschinen-
gewehre des Lt. Graff blutige Arbeit gemacht hatten. Nur ihnen ist es
zu verdanken, daß die bereits am rechten Flügel der Hauptstellung ein-
gedrungenen Alpini ihren Erfolg nicht auswerten konnten. Lt. Ober-
guggenberger hebt in seinem Bericht die Tapferkeit des Lt. Graff und
Schenk besonders hervor, die die Gewehre selbst bedienten, als ihre
Bedienungsmannschaft gefallen war.
In den späten Nachmittagsstunden versuchten die Alpini, sich wie-
der unterhalb der Platte zu sammeln, wurden aber durch einige gut-
sitzende 10.4 cm Granaten der Milegnabatterie auseinandergetrieben.
Um 17.30 Uhr legte sich schweres Minenwerferfeuer auf die Platte,
unter dessen Schutz die Alpini entschlossen angriffen, sich in der Vor-
stellung wieder einnisteten und dort ein sehr unangenehm wirkendes
Maschinengewehr in Stellung brachten. Jetzt begann die Lage sich wieder
bedrohlich zu gestalten, da die Zahl der kampffähigen Verteidiger immer
mehr zusammenschmolz. Mit einem kräftigen Stoß hätten die Alpini die
Hauptstellung überrennen und die Platte in Besitz nehmen können.
Glücklicherweise nützten sie die günstige Gelegenheit nicht aus.
Erst als die ersten Teile der 16. Kompagnie eintrafen, Handgranaten
und Munition mitbrachten und auch die Kunde vom Anmärsche der
24) Dies dürfte eines der Maschinengewehre des Lt. Br. Graff gewesen sein.
Gelände hinter der österreichischen Platte,
a italienische Pasubioplatte (Kote 2236),
b österreichische Pasubioplatte (Kote 2206),
c Platten-Bataillonskommando,
d Roiterücken.
(Lichtbild zur Verfügung gestellt von Obstl. Langthaler.)
13. und 14. Kompagnie kam, war die Krise überwunden und der Kampf-
geist wieder gehoben.
So war der erste Kampftag für die Platte glücklich verlaufen. Bis
auf einen kleinen Teil, die Vorstellung, war kein Geländeverlust zu ver-
zeichnen.
Dafür hatte der heiße Kampf schwerste Opfer bei den Verteidigern
gekostet. Von der 1. und 4. Kompagnie, die allein an diesem Tage die
Last des Ringens zu tragen hatten, waren kaum mehr als je 20 Mann
übriggeblieben. Sie saßen todmüde und stumm als Reserve in der Ka-
verne und konnten sich des Sieges nicht freuen. Hatte doch der Tod
überreiche Ernte unter ihren Kameraden gehalten. Erst als Zugsführer
Maier ein altes Soldatenlied anstimmte, da hob sich langsam die Stim-
mung und schließlich sang alles begeistert mit.
Während1 der Nacht traf auch der Feldkurat Klotz des Regimentes
auf der Platte ein, segnete die zahllosen Toten und spendete den Ver-
wundeten geistlichen Trost. Der Abtransport der letzteren zum Hilfs-
platz konnte zum größten Teile noch in der Nacht durchgeführt werden.
— 108 —
Die Zahl aber war so groß, daß die vorhandenen Tragbahren nicht aus-
reichten und zahlreiche Improvisationen geschaffen werden mußten.
Der beim Bataillonshilfsplatz diensttuende Chefarzt des 1/1, TJR.,
Assistenzarzt Dr. Ernst Ritter von Mauthner, leistete damals und auch
während der folgenden Kampftage in seiner primitiven und unter Feuer
stehenden Sanitätshütte in der Behandlung, der Versorgung und beim
Abschub der zahllosen Verwundeten in unermüdlicher und angestreng-
ter Tätigkeit Übermenschliches.
d) Italienischer Angriff auf die Feldwachen-
linie vor den Sektionen 8 bis 12.
Das um 6.30 Uhr früh beginnende italienische Vorbereitungsfeuer
für d'en Hauptangriff auf die Pasubioplatte erstreckte sich auch auf die
nordöstlich an die Platte anschließenden Sektionen 8 bis 12. Unter seinem
Schutze schob sich die italienische Infanterie bis an die diesen Sektionen
vorgelegte Feldwachenlinie*) heran, die auf einem vor der Hauptstellung
verlaufenden Rücken, dem sogenannten „Feldwachenhügel", verlief.
Zwischen diesem und der Hauptstellung lag eine tiefe Mulde, die „Feld-
wachenmulde".
Das Vorbereitungsfeuer auf die Sektionen und die Feldwachen
schwoll im Laufe des Vormittags immer mehr an und wurde, wie auch
auf den übrigen Frontteilen, um 12 Uhr mittags eingestellt. Patrullen
fühlten zur Erkundung der Wirkung des Feuers vor. Nach halbstündiger
Pause begann die Beschießung mit erneuter Heftigkeit. Zu ihr gesellten
sich auch ab 15.15 Uhr Minenwerfer hinzu, so daß die ganze Stellung bald
in dichten Rauch und Staub gehüllt war.
Gegen 16 Uhr wanderte das Feuer nach rückwärts und es begann
der bereits erwähnte italienische Nebenangriff auf den Raum westlich
der Kote 2059, der den Hauptangriff gegen die Platte begleiten sollte.
Er wurde hauptsächlich durch das Flankenfeuer der Geschütze aus dem
Räume Milegna—Malingo25) unterdrückt und gewann nur gegen die Feld-
wache 3 etwas Raum, wo die Beschießung die Stellungen vollkommen
zerstört und die Besatzung außer Kampf gesetzt hatte.
Aus der Geschichte des dort angreifenden Alpinibataillons Aosta
erfahren wir hierüber folgende Einzelheiten.
Drei Züge der 42. Kompagnie dieses Bataillons führten unter Kom-
mando des Oblt. Urli, eines als besonders tapfer bekannten Offiziers, den
Angriff durch. Der Angriffsgruppe waren noch zugeteilt zwei Maschinen-
gewehrsektionen, eine Sektion Torpedominenwerfer und eine Gebirgs-
batterie. Sie hatte den Auftrag, über den Cocuzolo dei Morti26) auf die
Kote 2059 vorzustoßen, dort die Gebirgskanonen in Stellung zu bringen
*) Diese Feldwachenlinie war schon beim Angriff am 2. Juli hart umkämpft.
2f>) Artilleriegruppe Mjr. Erzherzog Karl Albrecht.
20) Cocuzoli dei Morti —* Totenhügel
Italienischer Angriff auf die Feldwachenlinie der Sektionen 8—12
am 9. Oktober.
und mit ihnen in den hinter der Hauptstellung liegenden Raum zu wirken.
Trotz der großen Schwierigkeiten des felsigen Geländes war die Angriffs-
gruppe über Hügel und Vertiefungen, ungedeckt und im Feuer der öster-
reichischen Maschinengewehre und Geschütze in raschem Sprunge in die
Stellung eingedrungen, besetzte sie, nachdem sie die Verteidiger er-
schossen hatte, und hielt sie. Die Kanonen, die Torpedominenwerfer und
die Maschinengewehre gingen in Stellung. Die Österreicher versuchten
zwar einen Gegenangriff, wurden jedoch rasch abgewiesen.
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2236 f **
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7?oi te Hopf
Ostabfall des Pasubioplateaus (gegen Terragnolotal), gesehen vom Mte. Maggio
in der Schußrichtung der Milegna-Malingobatterien, die durch flankierendes Feuer in
die Kämpfe auf der Platte und östlich davon hervorragend eingriffen.
In den folgenden Stunden lag die Angriffsgruppe unter andauerndem
Feuer der österreichischen Artillerie. Jeder Schuß wirkte sich durch
die Steinsplitter vervielfacht aus und vermehrte die Zahl der Verwun-
deten und' Toten. Immer wieder munterte Oblt. Urli seine Leute in Er-
wartung der angeforderten Verstärkung zum Ausharren auf. Als aber
die Unterstützung nicht herankam, befahl das Bataillonskommando ange-
sichts der unhaltbaren Lage den Rückzug an, den Oblt. Urli mit nur wenig
Überlebenden durchführte.
Dieser in der Geschichte des Alpinibataillons Aosta geschilderte
Kampfverlauf stimmt jedoch mit den Ereignissen auf österreichischer Seite
nicht ganz überein. Es scheint vor allem eine Verwechslung des Stand-
punktes der FeldWache 3 mit der Kote 2059 vorzuliegen. Die Italiener
drangen allerdings in diese Feldwache ein, erreichten aber nie die
Kote 2059. Nach den österreichischen Gefechtsberichten spielten sich
die Ereignisse in folgender Weise ab:
Bei Beginn des italienischen Angriffes war die Stellung der Feld-
wache 3 bereits vollständig zusammengeschossen. Der Feldwachkomman-
dant Kadettaspirant Rupert Bernhard .und ein Jäger waren gefallen,
sieben andere Jäger verwundet. So war es für die Alpini leicht, in die
zertrümmerte Stellung einzudringen. Weiter aber konnten sie den Angriff
— Ill —
nicht vortragen, weil die benachbarten Feldwachen 2 und 4 und die
Maschinengewehre der Maschinengewehrabteilung II durch Feuer den
eingedrungenen Feind niederhielten. Ein sofortiger Gegenstoß zur
Wiedergewinnung der FeldSvache war nicht möglich, weil immer noch
sehr starkes Geschützfeuer auf der Hauptstellung lag. Erst als dieses
um 18.30 Uhr abflaute, vertrieb der Reservezug der Sektionsbesatzung
(5. Kompagnie) nach einem kurzen Vorbereitungsfeuer mit Minenwerfern
im schneidigen Gegenstoß die Alpini aus der Stellung, die einen Toten
und sieben Verwundete der 42. Kompagnie des Bataillons Aosta zurück-
lassen mußten. Um 19 Uhr war in diesem Räume die Lage wieder voll-
ständig hergestellt.
Diese Zeit tobte auch auf der Platte der Entscheidungskampf, so daß
der Kommandant der Brigade Liguria, Gen. Papa, einen für 18 Uhr geplan-
ten Angriff gegen den Stellungsteil der Sektionen 8 und 9, von den Ita-
lienern „Groviglio"27) genannt, auf 23 Uhr verschob.
Dieser nächtliche Angriff ist in dem italienischen Buche ,,Du.e anni
di guerra con la Brigata Liguria""8) geschildert. Wir entnehmen daraus,
daß die gegen den Groviglio angesetzte Angriffsgruppe aus Teilen des
Alpinibataillons Cervino und aus der 6. und 7. Kompagnie des Infanterie-,
regimentes 157 bestand. Sie ging in zwei Wellen vorsichtig kriechend bis
an einen vor der österreichischen Stellung liegenden Hügel29) vor. Dort
herrschte anfangs vollkommene Ruhe, als ob die Stellung verlassen wäre.
Sei es, daß die Österreicher den Augenblick für einen Feuerüberfall ab-
warten wollten, sei es, daß das Aufleuchten der Waffen der Angreifer
ihre Anwesenheit verriet, man hörte plötzlich auf österreichischer Seite
den Befehl, die Bajonette aufzunehmen und dann tobte ein mörderisches
Gewehr- und Maschinengewehrfeuer auch vom Dente und von der Seite
der Sogli Bianchi her auf die Angriffsgruppe. Als auch Geschütze sich
in die Abwehr mischten, warfen sich die Angreifer auf den Boden und
im Durcheinander sah man von links und rechts dichtgedrängte Gruppen
der Österreicher heranspringen. Da also die Überraschung mißlungen
war und jetzt umgekehrt ein feindlicher Gegenangriff drohte, gab der
Kommandant der Unternehmung d'as Rückzugszeichen. Sprungweise zogen
sich die Angreifer in voller Ordnung, ohne einen Verwundeten auf dem
Gefechtsfelde zurückzulassen, zurück. In der gleichen Nacht machten
noch zwei Kompagnien des Infanterieregimentes 85 einen zweiten Angriffs-
versuch.
Die österreichischen Gefechtsberichte und Kriegsakten berichten
über diese beiden italienischen Angriffsversuche nur in kurzen Worten.
27) Es kann nicht genau festgestellt werden, welchen Teil der österreichischen
Stellungen der Sektionen 8 bis 12 die Italiener „Groviglio" nannten. Oft wird die Vor-
stellung der Sektion 8 und die Feldwachenlinie so bezeichnet. Man findet aber auch nur
den Raum der Sektion 8 mit „Groviglio", ihr Vorgelände mit „Antigroviglio" und den
Raum hinter der Sektion mit „Retrogroviglio" benannt.
2S) Von Capitano Coda, Seite 173.
29j Möglicherweise ist einer der Hügel vor den Feldwachen 1 und 2 gemeint
(Neutraler Hügel oder 2100.)
Roite und Cosmagonríicken, dazwischen die Cosmagonmulde.
Die Cosmagonmulde war der Raum des Gegenstoßes des Hptm. Pfrogner.
Siehe auch Skizze Seite 114.
— 113 —
Das I. Bataillonskommando meldete über die Vorgänge in diesem
Zeitraum vor seiner Front in einem Gefechtsbericht wörtlich:
„Vor Sektion 8 (Oblt. Dr. Stichelberger) und der Sektion 9 und
V2IO (2. Kompagnie Oblt. Bohner) wiederholt feindliche Ansammlungen
durch Infanterie- und Maschinengewehrfeuer gestört und überdies einen
Angriffsversuch abgeschlagen."
Am Abend des 9. Oktober, des ersten Kampftages im Pasubiogebiete,
war also die ganze Stellung der Sektionen 8 bis 13 und die davorliegende
Feldwachenlinie fest in der Hand der Kaiserjäger.
B) Btt 10. 0fiobet
a) Gegenstoß der Gruppe Hptm. Pfrogner zur Wieder-
gewinnung der Cosmagonstellung um Mitternacht
vom 9. auf den 10. und italienischer Angriff
um 11 Uhr vormittags.
Die Gruppe Pfrogner hatte um Mitternacht mit der Fortsetzung des
Angriffes begonnen. Die Kompagnie Kirpal nahm einen Stützpunkt der
Sektion 2 nach dem anderen wieder in Besitz und drang auch nach
hartem Kampfe in einen Teil der Sektion 3 ein. Der der italienischen
Sandsackstellung gegenüberliegende Teil der Sektion wurde zwar zwei-
mal gestürmt, konnte aber nicht genommen werden, da die Angriffe im
flankierenden Maschinengewehrfeuer stets zusammenbrachen. Schließ-
lich kam es etwa 100 Schritte vor der Sandsackstellung zum stehenden
Feuergefecht. An die Kompagnie Kirpal schloß sich links die Kompagnie
Urbanek an, der es gelungen war, mit dem rechten Flügel in die Sektion 4
einzudringen. Zweimal versuchten die Italiener, die verlorengegangenen
Stellungsteile in kurzen Gegenstößen wiederzugewinnen, wurden aber
jedesmal abgewiesen.
Auch die Abteilungen des Oblt. Kaiser und Lt. Wenzel hatten
Erfolg gehabt. Sie waren zuerst in den mittleren und dann in den rechten
Teil der Stellung der Sektion 5 eingedrungen und hielten ihn. Eine Ver-
bindung mit der Gruppe Pfrogner herzustellen, war wegen der herrschen-
den Dunkelheit nicht möglich.
Um 1.45 Uhr nachts war somit ein Teil der alten Cosmagonstellung
wieder zurückerobert. Die Sektion 2 war ganz, die Sektion 3 und 5
zum Teil wiedergewonnen, die Sektion 4 in Besitz genommen. Der Kampf
hatte den Höhepunkt erreicht und war in diesem Stadium zum Stehen
gekommen. Er hatte aber d*urch das Streufeuer der kleinkalibrigen
Geschütze der Italiener beträchtliche Verluste gekostet.
Auf Grund eines Lageberichtes des Hptm. Pfrogner schickte Oberst
Fischer von See um 2.20 Uhr früh die 1. Kompagnie des ungarischen
Ldstb. V/2 (Oblt. Georgievic) zur Verstärkung mit Führer in die Cosmagon-
mulde ab. Sie traf aber erst in den Morgenstunden bei Pfrogner ein und
Schemfil, ..Die Pasubio-Kämpfe". 8
Gegenstoß der Gruppe iri^, , Pfrogner.
am 9, Oktober, mitteruacht.
wurde mit einer Halbkompagnie als Ersatz für die Verluste bei der 5. und
8. Kompagnie mit der anderen als Reserve hinter dem rechten Flügel
eingesetzt. Die Nacht verlief dann ohne besondere Ereignisse.
Um 7 Uhr früh begann anhaltendes Artillerie- und Minenwerfer-
feuer, das sich gegen 10.30 Uhr zur größten Heftigkeit steigerte. Nach
41/2stündiger Vorbereitung setzten die Italiener um 11.30 Uhr zu einem
mit starken Kräften geführten Angriffe an. Begünstigt durch d'as
dichte Zwergkiefergehölz, gelang es ihnen anfänglich zwischen der Sek-
tion 4 und 5 den linken Flügel der 8. Kompagnie zu umfassen und gegen
den Rücken desselben zu drücken.
— 115 —
Aber auch aus der Richtung der italienischen Sandsackstellung vor
der Sektion 3 machte sich ein starker Vorstoß gegen den rechten Flügel
der 5. Kompagnie fühlbar. Diesem Drucke auf beiden Flügeln warf Hptm.
Pfrogner von der früher als Reserve bestimmten Halbkompagnie des Oblt.
Georgievic vergeblich je einen Zug entgegen. Nach einem heftigen Feuer-
kampf, in den italienische Schnellfeuergeschütze und Maschinengewehre
besonders wirksam gegen den linken Flügel der 8. Kompagnie eingriffen
und bei welchem der dort eingesetzte Landsturmzug in kurzer Zeit fast
vernichtet wurde, zeigte sich gegen Mittag, daß tatsächlich beide Flügel
umfaßt waren. Hptm. Pfrogner versuchte noch eine Zeitlang standzu-
halten, mußte sich aber dann, von der Unhaltbarkeit der Lage überzeugt,
zur Zurücknahme der Gruppe entschließen.
Aus der zur Verfügung stehenden italienischen Kriegsliteratur ist
nicht genau zu entnehmen, welche italienischen Truppen den Angriff am
Vormittag des 10. Oktober führten. Jedenfalls werden Teile der am Vor-
tage (9/10) angreifenden Alpinibataillone (Val Toce, Adamello und Suello)
und des 7. Bersaglieribataillons beteiligt gewesen sein.80)
Die Geschichte des Alpinibataillons Aosta berichtet, daß drei Kom-
pagnien des Bataillons den Angriff mitmachten.
Die 41. Kompagnie überwand um 11 Uhr vormittags die Mulde zwi-
schen der Kote 1895 und dem Panettone Basso, brach in die Gräben des
letzteren ein und räumte sie mit dem Bajonette aus. Die Alpini dran-
gen auch in die Kavernen ein, forderten die Insassen zur Übergabe auf und
töteten mit Bajonettstichen jene, die sich zur Wehr setzten. Der Kom-
pagnie fielen 85 Gefangene, darunter 2 Offiziere in die Hände.
Links von der 41. stieß die 43. Kompagnie vor, überschritt die Grä-
ben der Lora (Kote 2043) in der Richtung gegen Sogi und machte
50 Gefangene.
Rechts der 41. Kompagnie rückte die 42. von den Gräben des Panet-
tone Medio31) aus vor in der Richtung der Kote 1896.32) Sie nahm 62
Österreicher gefangen.
,,Der Tag ging strahlend zu Ende," heißt es in der Geschichte des
Bataillons Aosta weiter. ,,Die Toten des 10. September — vor einem
Monat — waren gerächt."
Nach diesen italienischen* Angaben scheint die 41. Kompagnie des
Alpinibataillons Aosta zwischen der kombinierten Kompagnie Kaiser und
dem linken Flügel der Kompagnie Urbanek durchgebrochen zu sein, wäh-
rend Teile eines Bersaglieribataillons und eine Kompagnie Aosta die
5. Kompagnie Hptm. Kirpal angriffen und zurückdrängten.33)
30} Nach Schiarini, L'Armata del Trentino 1915—1919 „gingen die Bersaglieri des
I. und 7. Bataillons zu Rad und eine Kompagnie des Bataillons Aosta von der Kote 2043
im raschen Vorrücken bis Sogi vor".
31) „Panettone Medio" dürfte sich mit dem rechten Flügel der Sektion 6 decken.
32) Eine in italienischen Karten aufscheinende Kotierung knapp sö. der Mga. Cos-
inagon,
33) Die Italiener nannten von da ab den Geländeteil, der etwa dem Verlauf der
Sektion 4 entsprach, „Selletta Aosta".
8*
116 —
Da also die Lage der Gruppe Pfrogner wegen Umfassung der beiden
Flügel unhaltbar geworden war, ordnete er den Rückzug an und befahl
gleichzeitig, in der Gegend des Pionierlagers am Nordrande der soge-
nannten Edelweißwiese und im weiteren Verlaufe durch die Cosmagon-
mulde bis zum Roitehang eine Rückhaltstellung zu beziehen und dort er-
neut Widerstand zu leisten/) Die Italiener drängten anfangs heftig nach,
wobei das mit großer Stärke einsetzende feindliche Verfolgungsfeuer den
am Hange in den Latschen zurückgehenden Teilen der Gruppe sehr
schwere Verluste zufügte, Die vorzügliche Wirkung der Kanonen-
batterie 5/10, der schweren Baubitzbatterie 1/8 und besonders der Bat-
terien aus dem Nachbarabschnitt vom Mte. Testo (Artilleriegruppe Hptm.
Hodny) brachten die nachdrängenden Italiener um 12.30 Uhr mittags zum
Stehen.
Bevor noch Hptm. Pfrogner seine Kompagnien zurückgenommen
hatte, hatte er die Gefechtslage und die Notwendigkeit der Zurücknahme
der Linie dem Regimentskommandanten Oberst Fischer von See gemel-
det, der wegen Mangels an frischen Reserven an ein nochmaliges Vor-
tragen des Gegenstoßes nicht denken konnte und um 14.30 Uhr an-
ordnete:
„Geordneten Rückzug fortsetzen! Regiment besetzt Roite, u. zw.:
Teile des I. Bataillons (Kompagnie Oblt. Albrecht) von D-3 bis unterhalb
Standpunkt des Regimentskommandos, von dort bis zur Spitze des Roite-
rückens halbes IL Bataillon, welches Anschluß an die andere Hälfte zu
suchen hat. Landsturmkompagnie als Reserve ins Roitelager. Je ein
Maschinengewehrzug der MGA. IV kommt in jeden Unterabschnitt. Roite-
nicken muß unter allen Umständen gehalten werden. Gratuliere zum
schönen Erfolg."
Fischer von See, Obst."
Die befohlene Fortsetzung des Rückzuges konnte jedoch Hauptmann
Pfrogner, solange es Tag war, nicht durchführen. Er holte daher eine Ent-
scheidung beim Regimentskommando mit folgender Lagemeldung ein:
,,5. Kompagnie aufgerieben, von der 8. fast niemand vorhanden.
4. Kompagnie, ferners zwei Landsturmzüge existieren nicht mehr. Rück-
zug kann erst bei Dunkelheit angetreten werden. Bitte hiefür Geneh-
migung. Wenn die Bewilligung nicht erteilt wird, bitte um rotes Leucht-
signal vom Regimentskommandostandpunkt. Italienische Artillerie be-
schießt konstant und sehr stark die Wege.
Pfrogner, Hptm."
Der Antrag wurde genehmigt und der Rückzug erst nach Eintritt der
Dunkelheit unter steter feindlicher Einwirkung fortgesetzt. Um 20.45 Uhr
trafen die letzten Abteilungen hinter dem Roiterücken ein.
Wie bereits erwähnt, waren für den Gegenangriff anfänglich nur die
beiden Kompagnien der Gruppe Pfrogner als westliche und die 6,/3. TJR
*) Siehe Skizze Seite 114.
- 117 —
als östliche Gruppe bestimmt. Beide Gruppen erhielten jedoch noch vor
Angriffsbeginn Verstärkungen, die Gruppe Pf rogner durch die aus den
Resten der Besatzung zusammengestellte Kompagnie Oblt. Kaiser, die
östliche durch Zuweisungen vom Brigadekommando. Zuerst erhielt letztere
die %. 7. Kompagnie 3. TJR., dann eine Kompagnie der Skigruppe 48 mit
der MGA. und schließlich noch die zweite Kompagnie dieser Gruppe. Alle
diese Abteilungen waren um 2 Uhr früh des 10. vereinigt und sollten unter
Kommando des Oblt. Vetter der Skigruppe 48 als östliche Gruppe in der
Richtung gegen die Sektion 6 den Angriff führen.
Pasubio-Kaserne (auch Landesschützen- oder Defensiv-Kaserne genannt).
Aufgenommen im Sommer 1916.
(Lichtbild zur Verfügung gestellt von Mjr. Hartl.)
Die 6/3. TJR. voran begann um 2 Uhr die äußerst beschwerliche
Vorrückung über die Schutthalden südlich der Pasubiokaserne.34) Die
anfängliche Absicht, die Sektion 6 von Osten her zu umfassen, mußte bald
aufgegeben werden, da die Geländeverhältnisse ein Verschieben der
Kräfte in der Nacht nicht zuließen und weil eine Verbindung mit der
Gruppe Pfrogner nicht herzustellen war.
Es war bereits Tag geworden, als die 6. Kompagnie bis auf etwa
150 Meter an die Sektion 6 herangekommen und mit dem Gegner in Füh-
lung getreten war. Sie wurde jedoch vom Abwehrfeuer aus der vom
Gegner sehr stark besetzten Sektion und auch vom Pasubio her nieder-
34) Die Pasubiokaserne war eine bereits vor dem Kriege erbaute Defensions-
kaserne. Sie wurde auch Landesschützenkaserjje genannt. Siefre Skizze Seite 114,
— 118 —
gehalten, kam keinen Schritt mehr weiter und erlitt beträchtliche
Verluste.
Über die Ereignisse bei der übrigen Gruppe, Oblt. Vetter, ist nichts
Näheres bekannt. Ihr Angriff gegen d'en überlegenen und überhöhenden
Gegner versprach keinen Erfolg. Sie zog sich daher, als auch die Gruppe
Pfrogner den Rückzug antrat, um die Mittagszeit des 10. langsam gegen
den Roitehang zurück, bezog eine Nachhutstellung und hielt sich dort
bis zum Einbruch der Dunkelheit. Um 21 Uhr traf sie wieder hinter dem
Roiterücken ein.
Die Verhältnisse, unter denen der Versuch zur Wiedergewinnung
der Cosmagonstellung durchgeführt wurde, waren höchst ungünstig. Die
Vorrückung bei Nacht, abgekämpfte, an Zahl zu schwache Truppen, das
Fehlen von Maschinengewehren, der Mangel an einer einheitlichen Lei-
tung beider Angriffsgruppen usw. gehörten zu den Ursachen des Miß-
lingens.
Die Tapferkeit und der Schwung aber, mit der der Angriff vor-
getragen wurde, verdient besondere Anerkennung. Dies umsomehr, als
die enorme Überlegenheit des Feindes an Infanterie und Artillerie jetzt
bekannt geworden ist. Das II. Bataillon allein hatte einen Verlust von
10 Offizieren und 304 Mann zu beklagen.
Der vormittägige Angriff der Italiener hatte den Roiteabschnitt in
eine recht bedrohliche Lage gebracht. Der zurückgehenden Gruppe
Pfrogners strömten dichte Massen in der Cosmagonmulde nach und drück-
ten auch gegen den Hang des Roiterückens.
In dieser kritischen Situation war es hauptsächlich die Gruppe
Pfrogner, die sich durch das Beziehen der Nachhutstellung größte Ver-
dienste erwarb.35) Während sie so den Westteil des Rückens deckte,
sicherte auch die Gruppe Oblt. Vetter durch ihre Nachhutstellung am
Hange den Ostteil. Nur der mittlere Teil, Raum Kote 2150 und südöstlich
davon, war ohne infanteristische Deckung. Vor ihn legte sich aber eine
mächtige Feuermauer der Brigadeartillerie und der flankierenden Nach-
barbatterien der Gruppe Mte. Spil und Mte. Testo.
Inzwischen konnte die Führung die notwendigen, in aller Eile zu-
sammengerafften Kräfte zur Besetzung und Festhaltung der neuen Linie
Roiterücken bereitstellen und einsetzen.
Schon am 9. vormittags wurden drei Züge der 7/3. TJR. zur Be-
setzung dieses Rückens befohlen und am Abend durch die 3. ungarische
Landsturmkompagnie V/2 unter Oblt, Standejsky mit einem Stande von
3 Offizieren, einem Kadettaspiranten und 144 Mann abgelöst. Um Mitter-
85) Hptm. Pfrogner erhielt für seine besonderen Verdienste anläßlich der Führung
dieses Gegenstoßes den Leopoldorden mit Kriegsdekoration und Schwertern. Außer-
dem wurde ihm nachträglich vom Militär-Maria-Theresien-Ordenskapitel für seinen er-
folgreichen Gegenangriff zur Wiedergewinnung der verlorengegangenen Cosmagon-
stellung und dem standhaften Ausharren in einer nichtbefohlenen Stellung zur Siche-
rung der Verteidigungsinstandsetzung einer rückwärtigen Stellung der Haupttruppe die
,,Goldene Tapferkeitsmedaille für Offiziere" zuerkannt. (OK. Nr. 131 vom 8. Juli 1921.)
Hauptmann Anton Pf rogner des 3. TJR.
Das Bild, gemalt von Hptm. R. v. Bouvard, befindet sich im Berg-Isel-Museum.
(Bild aus „Tiroler Kaiserjäger im Weltkrieg" von Guido Jakoncig.
Verlag Wagner, Innsbruck.)
nacht besetzte ein halbes XXIII. Marschbataillon des 1. TJR- (Hptm. Graf
Romer) die neue Stellung von der Spitze des Roite westwärts bis zum
Stützpunkt D-3.
Als am 10. vormittags durch die Zurücknahme der Gruppe Pfrogner
wieder eine gefährliche Lücke von der Riegelstellung der Platte bis zum
Roitespitz entstand, wurde auch diese durch das bereits genannte und von
einer ungarischen Landsturmkompagnie ersetzte Marschhalbbataillon des
1. TJR. Hptm. Graf Romer und durch Teile der Skigruppe unter Kom-
mando des Mjr. v. Kurowsky geschlossen.
— 120 —
Nach dem Eintreffen der letzten Abteilungen der Gruppe Pfrogner
konnten noch in den ersten Nachtstunden des 10. die Verbände möglichst
geordnet werden. Mjr. v. Kurovsky bildete aus den Resten des L und
II. Bataillons ein neues Bataillon (320 Feuergewehre) mit einer MGA., das»
sogleich auf der Roitestellung eingesetzt wurde. Dort standen vom rechten
zum linken Flügel: von D 1—3 ein Zug der 7/3. TJR., eine bosnisch-
herzegowinische Marschkompagnie, das kombinierte Bataillon Mjr. v.
Kurovsky, eine ungarische Landsturmkompagnie, der Rest der Pionier-
kompagnie 1/10 und die Skigruppe 48.
Aus diesem Gemisch von Kompagnieresten, Spezialtruppen und
Marschformationen mögen die Schwierigkeiten ersehen werden, mit denen
die Führung zu kämpfen hatte, als es galt, die neue Widerstandslinie zu
besetzen.
Der zweitägige Kampf hatte dem 3. TJR. schwere Wunden geschla-
gen. Es verlor 14 Offiziere und 887 Mann.
Man kann sich eine Vorstellung von der Wirkung des feindlichen
Artilleriefeuers und von dem hartnäckigen Verteidigungswillen der
Besatzung machen, wenn man in einem italienischen Werke* liest, daß
,,die Verluste des Feindes sehr schwer gewesen seien. In den Schützen-
und Laufgräben der Alpe Cosmagon allein habe man mehr als 400 Lei-
chen gefunden".
An Kampfmittel waren verlorengegangen; 7 Maschinengewehre,
2 Musketen, 1 Infanteriegeschütz, ein Granat- und 1 Minenwerfer.
b) Italienischer Angriffsversuch auf der Platte
am Vormittag des 10. Oktober.
Für den 10. Oktober war von den Italienern ein Angriff gegen den
Dente austriaco (Platte) und den nordöstlich anschließenden Groviglio
(Sektionen 8 bis 11) geplant, der von einer unter Kommando des
Obst. Perrol stehenden Angriffsgruppe geführt werden sollte. Gegen die
Platte hatten wieder die Alpini des Bataillons Mte. Berico, die durch eine
Kompagnie des Alpinibataillons Exilies verstärkt waren, und gegen den
Groviglio Kompagnien des Alpinibataillons Cervino und1 des II. Bataillons
des Infanterieregimentes 157 anzugreifen.
Die Nacht auf den 10. war auf der Platte ziemlich ruhig verlaufen;
denn auch die Alpini des Bataillons Mte. Berico waren müde und abge-
kämpft. Kleinere Patrullen suchten zwar nachts an die Hauptstellung
heranzukommen, wurden jedoch stets von der wachsamen Besatzung mit
Handgranaten vertrieben. Rechts (westlich) hörte man den Kampflärm
des Gegenstoßes der Kaiserjäger vom 3. Regiment, die die verloren-
gegangene Cosmagonstellung wieder zurückerobern wollten.
Die Hauptstellung auf der Platte war von der 16. Kompagnie (Lt. i.
d. Res. Suchezky) besetzt. Von den alten Kämpfern versahen nur noch
die Lte. Jakoncig und Matscher freiwillig den Grabendienst, da sie mit
— 121 —
den Angriffs- und Verteidigungsverhältnissen auf der Platte besonders gut
vertraut waren. Die Züge der 14. Kompagnie bildeten die Reserve der
Hauptstellung, während die geringen Reste der 1. und 4. Kompagnie als
letzte Reserve von Lt. Obergugenberger in der Kommandokaverne ver-
einigt wurden.
Um 6.30 Uhr früh begann kleinkalibriges Geschützfeuer auf die
Platte und auch auf die Sektionen 8 bis 13 zu wirken, das — da es gegen
die erstere mit großem Munitionsaufwand abgegeben wurde — dort recht
empfindliche Verluste verursachte, obgleich die Besetzung des Kampf-
grabens zur Vermeidung von Verlusten sehr dünn gehalten wurde. Unter
dem Schutze dieses Feuers arbeiteten sich die Italiener, geschickt Granat
trichter und Geländefalten ausnützend, aus der Vorstellung an die Haupt-
stellung heran.
Inzwischen aber steigerte das immer mehr anwachsende Feuer die
Verluste derart, daß nach völligem Einsätze der 16. Kompagnie, zuerst
die Reserve der Hauptstellung, die 14. Kompagnie, und dann die letzte
Reserve, die Reste der 1. und 4. Kompagnie, zur Ausfüllung der Lücken
herangezogen werden mußten. Als schließlich auch noch Handgranaten-
mangel fühlbar wurde, gestaltete die Lage sich immer bedrohlicher. Glück-
licherweise ließ aber die Heftigkeit der Beschießung etwas nach. Man
erwartete aber vergeblich den Angriff, der allein den erregten Nerven
eine Entspannung bringen konnte. Dagegen beobachtete die Besatzung
einen Vorstoß stärkerer italienischer Kräfte™) gegen die benachbarte Sek-
tion 8. Ein sofort zur Unterstützung der Abwehr am linken Flügel ein-
gesetztes Maschinengewehr kam gerade noch zurecht, den zurück-
weichenden Feind in der Flanke zu fassen.
Während einer bald darauf eintretenden Feuerpause meldete Leut-
nant Oberguggenberger seinem Bataillonskommandanten Hptm. Gamber
die Lage und erbat dringend den Handgranatenzug des IV. Bataillons und
die Bereitstellung der 13. Kompagnie in der Kaverne 7 der Sektion 8.
Bald darauf begannen die italienischen Geschütze und Minenwerfer
wieder ihr furchtbares Zerstörungswerk. In großer Anzahl lagen die
Gefallenen in der Hauptstellung, die Kavernen waren mit Verwundeten
überfüllt.
Mit Bestürzung machte man außerdem die Wahrnehmung, daß die
Italiener sich immer mehr dem rechten Flügel der Hauptstellung näherten,
so daß die Gefahr eines Einbruches an der gleichen Stelle wie am Vor-
tage immer näherrückte. Die letzte Reserve war bereits um 9.45 Uhr
eingesetzt worden und in der Hauptstellung nur mehr etwa 40 kampf-
fähige Verteidiger vorhanden. Verstärkungen und Nachschub von Muni-
tion wurden zwar von Lt. Oberguggenberger des öftern während des Vor-
mittags erbeten, trafen aber nicht ein, so daß angenommen werden muß,
daß die Meldemänner im rückwärts liegenden Sperrfeuer umgekommen
sind.
36) Wahrscheinlich Teile des Alpimbataillons Cervino.
— 122 —
Die Lage spitzte sich immer mehr zu. Dem Lt. Oberguggenberger
blieben daher, wenn nicht bald eine Unterstützung eintraf, nur zwei Wege
offen: entweder bis zum letzten Mann durchzuhalten, dann wäre allerdings
dem Feinde nach Überwindung des äußersten Widerstandes der Weg zum
Durchbruch frei geworden, oder die Platte zu räumen und weiter rück-
wärts an ihrem Nordrande bis zum Eintreffen einer Reserve den
Kampf hinhaltend zu führen. In diesem Sinne meldete auch Lt. Ober-
guggenberger die Lage dem Bataillonskommando und erbat eine Ent-
scheidung.
Der Bataillonskommandant Hptm. Gamber war nun zwar über die
äußerst gefahrvolle Lage unterrichtet, konnte aber nicht helfen, da auch
ihm keine Reserven mehr zur Verfügung standen. Er meldete um
12.45 Uhr dem Regimentskommando: ,,Wenn keine Unterstützungen kom-
men, bricht Feind durch!"
Aus den Tagebüchern und Gefechtsberichten der verschiedenen
Zwischenstellen bis zum Brigadekommando geht auch hervor, daß gerade
zu dieser Zeit ein bedrohlicher Mangel an Reserven herrschte. Die durch
d'en Fall der Cosmagonstellung am Vortage und durch den darauffolgenden
mißlungenen Gegenstoß notwendig gewordene Besetzung des Roite-
rückens hatte alle verfügbaren Reserven verschlungen. Dazu kam, daß
die weit zurückreichende Wintergruppierung der Reserven den Nachteil
brachte, daß die sofort in Marsch gesetzten Abteilungen erst nach Über-
windung der im Hochgebirge beschwerlichen und zeitraubenden Märsche
nach und nach eintreffen konnten.
Auf die Meldung des Hptm. Gamber gab das Regimentskommand'o
um 13 Uhr von seiner letzten Reserve (15. Kompagnie) die Hälfte ab, mit
der anderen Hälfte ließ es eine Aufnahmsstellung beim Kommando bezie-
hen. Die Lage schien so gefahrvoll, daß es auch Anstalten traf, gegebenen-
falls den Standort zu verlegen. Eine Viertelstunde später traf ein Auf-
trag des Brigadekommandos ein, daß die Platte unter allen Umständen
bis zum Eintreffen der anrollenden Reserven zu halten sei. Damit waren
die mit Bahn bzw. mit Lastkraftwagen aus dem rückwärtigen Korps- und
Armeebereich herangeführten Unterstützungen gemeint.
Mit diesen war aber höherenorts auch ein Gegenangriff zur Wieder-
gewinnung der Cosmagonstellung geplant. Dies ging aus der telefonischen
Aufforderung des Brigadekommandos, bis zum Abend durchzuhalten, weil
dann mit 10 Kompagnien eine Gegenaktion geplant sei, hervor.
Glücklicherweise nützten die Italiener die äußerst kritische Lage
auf der Platte nicht zu einem Angriffe aus, sondern fühlten nur mit klei-
neren Patrullen vor.
— 123 —
c) Einsatz von Verstärkungen der Kaiserjäger auf
der Platte und Rückzug der Italiener in die
Sandsackstellung.
Als endlich nach Stunden verzweifelten Wartens um 14 Uhr die
Handgranatenabteilung des IV. Bataillons und die ersten Teile der
13. Kompagnie als Unterstützung eintrafen, war die Gefahr gebannt und
Lt. Oberguggenberger konnte etwas aufatmen. Nebst Munition und Hand-
granaten brachten die Reserven auch die Entscheidung auf die Anfrage
des Sektionskommandanten mit, die lautete:
„Die Platte ist bis auf den letzten Mann zu halten. Ausreichende
Reserven im Anmarsch. Cosmagon endgültig verloren. Feind greift
Roiterücken an. Neue Aufnahmsstellung Roiterücken—Pasubiokaserne,
Riegelstellung."
Die Platte mußte also unter allen Umständen gehalten werden.
Lt. Oberguggenberger warf sofort die Handgranatenabteilung und die
herangekommenen Teile der 13. Kompagnie in die Hauptstellung, Aus
dieser ansehnlichen Verstärkung der Feuerkraft schlössen die Italiener
auf einen beginnenden Angriff der Kaiserjäger und zogen sich in die Sand-
sackstellung zurück, wo sie sich verschanzten und ein recht unangenehm
wirkendes Maschinengewehr in Stellung brachten. Auch die italienische
Artillerie glaubte einen zu erwartenden Angriff niederhalten zu müssen
und legte heftiges Feuer auf die Platte.
d) Angriff der Kaiserjäger um 18 Uhr und gänzliche
Säuberung der Platte.
Sobald die Beschießung nachließ, befahl Lt. Oberguggenberger, den
Feind gänzlich von der Platte zu werfen. Die unermüdlich tätigen Leut-
nante Jakoncig und Matscher setzten mit frischen Kräften und unterstützt
vom einzigen noch brauchbaren Maschinengewehr des Lt. Br. Graff zum
Angriffe an und warfen im Handgranatenkampf die Italiener um 18.30 Uhr
gänzlich von der Platte herunter. Die Feldwache der Vorstellung wurde
von Zgsf. Hampl mit einem Schwärm besetzt, der mit den in den Felsen
noch standhaltenden Italienern einen heftigen Handgranatenkampf führte,
bis sie sich schließlich zurückzogen. Einige wurden gefangengenommen.
So war am Abend des 10. die Platte wieder vollständig in der Hand der
Kaiserjäger.
Über die Kampftätigkeit auf der Platte an diesem Tage schreibt
General Schiarini37): ,,Das heftige Feuer des Feindes hinderte das Alpini -
bataillon Mte. Berico, das durch eine Kompagnie des Bataillons Exilies
verstärkt worden war, an einem weiteren Vorgehen am Dente."
37) Schiarirli, L'Armata del Trentino 1915—1919, S. 214,
— 124 —
Nachdem in den Abendstunden die Platte gänzlich vom Feinde ge-
säubert war, konnte man an die Ordnung der Verbände schreiten. Es
waren zu dieser Zeit Offiziere und Mannschaften von acht Kompagnien
durcheinandergemengt.
Die Besetzung wurde folgend geregelt:
Vorstellung: eine Feldwache der 13. Komp. (1 Untoff. und 6 Jäger),
Hauptstellung: 3 Züge der 13. Kompagnie,
Reserve in der Kommandokaverne: etwa 20 Mann der 1. u. 4. Komp,,
in der Kaverne A und Nr. 1: die Reste der 14. und 16, Kompagnie,
von der MGA. IV (Oblt. Metz) 2 MG. gegen die Vorstellung gerichtet,
1 MG. flankierend gegen Cosmagon, 1 MG. flankierend gegen die Sek-
tion 8. Die bisher im Kampfe gestandene MGA. I (Lt. Br. Graff), die
fast aufgerieben war, wurde zurückgezogen.
Nun konnten auch die außerordentlich schweren Verluste besser
übersehen werden. Von der 14. und 16. Kompagnie waren nur mehr geringe
Reste vorhanden, die 1. und 4. zählte zusammen kaum 20 Mann, die
MGA. I hatte außer den sonstigen schweren Gefechtsverlusten durch
einen Volltreffer in die Kaverne auf einmal 7 Tote zu beklagen.
Die Verbände waren nun zwar geordnet, die Kompagnien aber durch
das fast den ganzen Tag anhaltende Geschütz- und Minenwerferfeuer und
durch die furchtbaren Eindrücke des Kampfes abgespannt und müde. Sie
konnten aber mangels frischer Truppen noch nicht abgelöst werden.
e) Italienischer Angriff gegen die Feldwachen
vor den Sektionen 8 und 9.
So wie der Angriff der Teile der italienischen Gruppe Obst. Perrol
auf der Platte nicht zur Ausführung kam, hatte sich auch der Angriff der
übrigen Teile dieser Gruppe gegen den Groviglio (Sektionen 8 bis 9)
nicht als ein einheitlich geführter bemerkbar gemacht.
Ein Angriffsversuch gegen die Sektion 8, wahrscheinlich von Teilen
des Alpinibataillons Cervino geführt, wurde um S Uhr früh dürch das
Abwehrfeuer der Besatzung und durch flankierendes Maschinengewehr-
feuer von der Platte her vereitelt.
Lt. Oberguggenberger meldete hierüber: „Um 8 Uhr früh beobach-
teten wir, daß die Italiener mit stärkeren Kräften gegen die Sektion 8
vorstießen. Sofort wurde ein Maschinengewehr am linken Flügel bei dei
sogenannten ,,Kopftraverse" in Stellung gebracht und kam gerade noch
zurecht, den zurückeilenden Feind in der Flanke zu fassen."
Über die Einzelheiten des Angriffes der übrigen Teile der Kolonne
Obst. Perrol ist aus der italienischen Militärliteratur nichts bekannt. Nur
aus dem Buche des Capitario Valentino Coda ,,Due anni di guerra con la
Brigata Liguria" entnehmen wir die Ereignisse bei einem zeitlich gleich-
laufenden Angriff der 5/157.
— 125 —
Die für den Angriff bestimmten Teile der Kolonne, heißt es dort in
der Gefechtsschilderung, mußten mehrere Stunden unter dem Feuer der
Geschütze der Österreicher ausharren, die die Ausgangsstellungen der
italienischen Truppen nunmehr genau kannten Die 5./1.57 griff in zwei
Osi.
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¿ * Sturm hxjuj ti fCocujolo Cara.i>ir7 let^z),
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â- Cadorna - Osi
Italienischer Angriff auf die Feldwachenstellung
vor den S 8—9 am 10. Oktober.
Wellen an. Die erste führte Oblt. Bertola und Lt. Lavorata, die zweite
Oblt. Nori und Sergente Candeo.
Bei voller Sonnenbeleuchtung sprangen die Züge, von einer Wolke
von Geschossen umschwirrt, den Hang des Groviglio hinan. Viele fielen
sofort. Oblt. Nori wurde von einem Granatsplitter am Arm verwundet.
Die Verluste waren sehr groß. Man nannte von diesem Tage an diesen
— 126 —
Hügel ,,Cocuzolo dei Morti".38) Kaum war die Masse der 5, Kompagnie
auf dem Kamme des Hügels angelangt, setzten die österreichischen Ma-
schinengewehre voll ein und lichteten die Reihen der Angreifer.
Als erster fiel Oblt. Bertola, der Sergente Candeo wand sich in seiner
Verwundung. Als die Österreicher unsere starken Verluste sahen, mach-
ten sie auf die wenig Überlebenden der 5. Kompagnie, die der einzige
Offizier Lt. Lavorata zum Ausharren aufmunterte, einen Angriff, Unser
Widerstand aber zwang sie, von einem Frontalangriff abzusehen. Sie
versuchten den Hügel zu umgehen, wurden aber von Oblt. Tricario der
6, Kompagnie von einem überhöhenden Hügel von Sette croci aus mit
Feuer niedergehalten, so daß unsere 5. Kompagnie sich zurückziehen
konnte.
Das eben geschilderte Gefecht wurde von den Sektionsbesatzungen
nicht als ein starker Angriff empfunden. Das Vorgehen der italienischen
5/157 mag das jener kompagniestarken Abteilung gewesen sein, von der
der Kommandant des II/l. TJR., Mjr. Högn, in seiner Meldung folgendes
um 10.45 Uhr berichtete: ,,Gegner sammelt sich vor der Feldwachen-
linie. Beunruhigungsfeuer dorthin erbeten", und um 11 Uhr: „Zirka eine
kompagniestarke italienische Abteilung im Vorrücken von Kote 2100
gegen die Feldwachenstellungen der Sektion 8 bis 10 beobachtet. Eigenes
Artilleriefeuer wirkt gut. Gleichzeitig eröffnete auch das Maschinen-
gewehr der Sektion 13 auf die im Anstiege gegen die Feldwache 3 befind-
liche italienische Abteilung das Feuer mit sehr gutem Erfolg, zerstreute
sie und1 zwang sie zu einem eiligen Rückzüge."
Die italienische Angriffsbewegung kam also bereits vor der Feld-
wachenlinie durch wirksames Abwehrfeuer der Besatzung und durch das
rasche und treffsichere Flankenfeuer der Batterien von Milegna und
Malingo zum Stehen, so daß Mjr. Högn schon um 15.30 Uhr melden konnte:
,,Alle Feldwachen stehen wie bisher auf ihren Plätzen."
Von einer gegen eine italienische Kompagnie gezielten Umgehungs-
bewegung seitens der Stellungsbesatzung ist in den Kriegsakten des
1. TJR. nichts enthalten.
Die bisherigen hervorragenden Leistungen der Verteidiger der
Sektionen 7 bis 13, von denen die Sektion 7 (Platte) den Löwenanteil
hatte, wurden auch von den vorgesetzten Kommanden voll gewürdigt und
in einer nachts eintreffenden telefonischen Anerkennung zum Ausdruck
gebracht:
,,Alle Kommanden, hinauf bis zum Armeekommando, sind von dem
beispielgebenden und1 tapferen Verhalten des 1. TJR. begeistert und sen-
den dem Regimente den Ausdruck ihrer Bewunderung, ihres Dankes,
sowie herzliche Grüße jedem einzelnen.
Partyka, Obst."
38) Mit diesem „Totenhügel" dürfte wieder die Feldwache 3 (ab Mitte 1917 als
Stützpunkt IV bezeichnet) gemeint sein, Siehe auch Lagemeldung des Mjr, Högn um
11 Uhr vormittags und Schilderung des Angriffes auf diese Feldwache am 9, Oktober,
— 127 —
C) Btt n♦ ^ffobet
Beginn des Ausbaues d e r V e r t e i d i g u n g s s t e 11 u n g
am Roiterücken.
Durch den Einsatz des kombinierten Bataillons Mjr. v. Kurovsky
westwärts der Roitespitze (2150) und des IV. Bataillons ostwärts derselben
war um Mitternacht auf 11. Oktober die neue Widerstandslinie am Roite
vom Stützpunkt D — 1 bis zum Anschluß an den UA. Pasubio, Sektion 6
(Riegelstellung), lückenlos besetzt, hatte aber weder Kampfgräben noch
Unterkünfte oder Kavernen. Die Besatzung war d'er Beschießung und der
Witterung schutzlos preisgegeben.
Die Ausgestaltung der neuen Linie stieß auf große Schwierigkeiten.
Abgesehen vom Mangel an Material für den Stellungsbau ließ das un-
unterbrochene feindliche Artilleriefeuer untertags eine Bautätigkeit nicht
zu. So waren am Abende erst ganz einfach hergestellte Postenstände mit
einem vorgelegten Schnellhindernis fertig. Erst nachts konnte die Be-
satzung darangehen, einen durchlaufenden tieferen Kampfgraben anzu-
legen und dabei auf die Anlage von Traversen gegen das flankierende
Geschützfeuer vom Basso Buole, von Aste und vom Pasubio her Bedacht
nehmen.
Gerade an diesem Tage lagen die im Entstehen begriffenen Stellun-
gen unter sehr heftigem und andauerndem Feuer der italienischen Bat-
terien, das ab 15.30 Uhr sich immer mehr steigerte. Im Laufe dieser Be-
schießung wurde um 16.30 Uhr der Regimentsbeobachtungsstand,39) der
durch die Rückverlegung der Widerstandslinie auf den Roite in die
vorderste Linie gerückt war, von einer Granate getroffen. Der Re-
gimentskommandant Obst. Fischer von See war sofort tot, die beiden
Regimentsadjutanten Hptm, Harant und Oblt. Rudolf v. Gelmini wurden
leicht verwundet.
Über den tragischen Tod des Kommandanten des 3. TJR., Oberst
August Fischer von See, schreibt der 2. Regimentsadjutant Oblt. Rudolf
von Gelmini:
„Vor dem Regimentskommando war ein halb in den Felsen einge-
sprengter, kleiner, aus Brettern und Sandsäcken erbauter Beobachtungs-
stand', in dem sich Oberst von Fischer und der 1. Regimentsadjutant
Hptm. Harant aufhielten. Nach dem einfachen Mittagessen am 11. Ok-
tober erhielt ich von Obst, von Fischer den Auftrag, die neue Roitestellung
abzugehen und von der Verteidigungsanlage eine Skizze zu zeichnen. Um
ungefähr 16 Uhr hatte ich den Befehl durchgeführt und kehrte zum Be-
obachtungsstand zurück. Indessen hatte Obst, von Fischer unsere Offi-
ziersdiener ins Bisortetal geschickt, um dort ein Nachtlager herzurichten.
Es war bereits eine halbe Stunde seit meiner Rückkehr vergangen.
Obst, von Fischer schrieb eben eine Karte an seine Frau, ich zeichnete
39) Nächst K. 2042 im Nordwestteil d. Roiterückens, spät. „Fischerhügel" genannt.
Oberst Regimentskommandant August Fischer von See.
an der anbefohlenen Skizze, Hptm. Harant war aus der Hütte gegangen,
da Meldungen von den Kompagnien eingetroffen waren. Da! ein kurzes,
helles Pfeifen, eine furchtbare Detonation . . . ich wurde umgerissen.
Steine, Sandsäcke, Bretter und Schutt stürzten auf uns herab. Ich war
wie geblendet; dann schwanden mir auf kurze Zeit die Sinne. Als ich zu
mir kam, versuchte ich mich zu bewegen und bemerkte, daß ich auf den
Knien des Obersten lag. Mit Mühe konnte ich die auf mir liegenden
Steine und Sandsäcke von mir werfen und mich aus dem Schutt heraus-
graben. Es waren Minuten ganz unbewußten Handelns, Minuten größter
Nervenanspannung. Während die Sanitätsleute mich verbanden, kam auch
Hptm. Harant, der gleichfalls leicht verwundet war, hinzu, Man bemühte
sich um Obst, von Fischer, doch die Sanitätsleute mußten leider melden,
daß er tot sei.
Wie knapp bin ich dem Tode entgangen! Obst, von Fischer und ich
saßen doch so enge aneinander, fast aneinandergepreßt. Ein Sprengstück
der ganz in der Nähe explodierenden Granate dtang'ihm mitten durch
die Stirne und tötete ihn sofort. So ist einer der besten Regimentskom-
mandanten gefallen. Selbst war er äußerst streng, verlangte viel, machte
aber auch bei sich keine Ausnahme. Und doch war er immer ein guter
Vorgesetzter, der für das Wohl seiner Untergebenen sehr besorgt war."
Der Tod dieses hervorragenden Führers und hochgeschätzten Ka-
meraden wurde nicht nur bei den höheren Kommandostellen, sondern
besonders auch im Offizierskorps und bei der Mannschaft schwer emp-
funden und war von niederdrückender Wirkung auf die Stimmung im
Regimente. Mjr. v. Kurovsky übernahm in Stellvertretung das Regiments
kommando, Oblt. Herzig die Adjutantur. Das kombinierte Bataillon des
— 129 —
Mjr, v. Kurovsky führte Hptm. Kirpal, die Bataillonsadjutantur übernahm
Lt. i. dl Res. Fritz Pechmann-
So wie an den Vortagen war auch am 11. um 16 Uhr ein Flugzeug-
geschwader mit 6 Flugzeugen erschienen, das den Kampfraum der Brigade
mit Bomben und Maschinengewehren angriff.
In den Abendstunden begann auch im westlich benachbarten Unter-
abschnitt Florio nach kräftiger Artilleriewirkung auf den Monte Corno
und Spil ein Angriff, der jedoch unschwer abgewiesen werden konnte.
Das Brigadekommando hatte mit Rücksicht auf die Änderung der
Lage durch den Fall der Cosmagonstellung seinen Bereich in drei Unter-
abschnitte gegliedert:
Unterabschnitt Roite-West: Kommandant des 3. TJR. vom D—1
bis Roitekopf (2150),
Unterabschnitt Roite-Ost: Kommandant Hptm. Pfrogner, von 2150
bis Sektion 7 (Platte) ausschließlich,
Unterabschnitt Pasubio: Kommandant Obst. v. Partyka (1. TJR.).
D) HS» ^fiobet.
a) Italienischer Angriff auf die Roitestellung
um 10.30 Uhr vormittags.
Die infanteristische Untätigkeit der Italiener während des 11. Ok-
tobers war jedenfalls auf die Vorbereitungen für den in der Nacht vom
11. auf den 12. Oktober beabsichtigten Angriff zurückzuführen.
Wieder sollte die ganze Pasubiofront von der neuen Roitestellung
bis zur Kote 2059 angegriffen werden, wobei das Schwergewicht des An-
griffes gegen die Roitefront gerichtet zu sein schien.
Es waren angesetzt:
gegen den Raum nordöstlich der Platte bis Kote 2059 das III/158 und
das 11/157,
gegen den Dente austriaco (österreichische Platte) das 1/158,
gegen die Roitestellung die 6. Alpinigruppe und das 11/158, später
dürften auch die Bataillone I und 11/71 hinzugekommen sein.
Gegen die letztere Stellung schien der Angriff aber erst in den Vor-
mittagsstunden geplant gewesen zu sein, da in der Nacht nur einzelne
Patrullen vorfühlten, die leicht abgewiesen werden konnten.
Um 10 Uhr vormittags setzte dort eine sehr heftige Beschießung ein.
Kurz darauf meldeten Beobachter vom Mte. Testo, daß sich der Feind
in der Stärke mehrerer Bataillone40) in d'er Cosmagonmulde sammle und
oberhalb und unterhalb des Felsbandes am Roitehang sich zum Angriff
gruppiere. Die Batterien der Artilleriegruppen Hptm. Hodny vom Monte
Testo und des Hptm. Zatloukal vom Mte. Spil nahmen sie aber unter ver-
40) Nach den eingebrachten Gefangenen wahrscheinl. auch die Bataillone I u. 11/71.
Schemfil, „Die Pasubio-Kämpfe". 9
— 130 —
nichtend'es Flankenfeuer, so daß der Angriff unter schwersten Verlusten
im Keime erstickt wurde.
Um die Mittagszeit konnte man zwar noch Abteilungen in Kom-
pagniestärke im Zwergkiefergehölz ober- und unterhalb des Felsbandes
beobachten, die planlos herumirrten, als ob sie nicht wüßten, wohin sie
sich wenden sollten; doch ein neuer Feuerüberfall der Testobatterien zer-
streute sie endgültig. Von da ab konnte man überall Rückzugsbewe-
gungen beim Gegner wahrnehmen. Er hatte den Angriff aufgegeben.
Wie immer nach einem mißglückten Angriffsversuch deckten die
italienischen Batterien die neue Widerstandslinie am Roite mit schwerem
Feuer zu, das besonders den Kompagnien des IV/ 3. TJR. am Roitekopf
sehr empfindliche Verluste zufügte. Das Bataillon verlor an diesem Tage
etwa 30 Prozent seines Gefechtsstandes.
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< c* Tasiilio
b) Nächtlicher Angriffsversuch der Italiener gegen
die Riegelstellung (Sektion 6) um 1.30 Uhr früh.
An diesem Angriff, der im Rahmen des Angriffes gegen die Platte
geführt wurde, nahm das Bataillon Aosta, das zur 6. Alpinigruppe gehörte,
teil.
Um die Platte zu Fall zu bringen, sollten die 2. und 4./157 frontal
angreifen, während die 42. Kompagnie des Alpinibataillons Aosta die an
die Platte westlich anschließende Stellung (Riegelstellung im Sattel zwi-
schen dieser und der Pasubiokaserne) zu durchbrechen und so die Platte
durch Umfassung abzuschnüren hatte. Diese Stellung war schon längere
Zeit vor Beginn der Kämpfe am 9. Oktober ausgehoben worden und wai
als eine Sicherung zur Umgehung der Sektion 7 (Platte) gedacht, falls
es dem Gegner einmal gelingen sollte, bei der vor ihr gelegenen Sektion 6
131
der Cosmagonstellung durchzubrechen. Bei Beginn der Kämpfe wurde sie
am 9. Oktober um 7 Uhr früh durch einen Halbzug der 1. Kompagnie unter
Oblt. Nowak und Lt, Kolb besetzt. Als dann am gleichen Tag die Cos-
magonstellung und mit ihr die Sektion 6 in Feindeshand fielen, wurde die
Besatzung noch am 10. in der Nacht durch einen Zug der 3./4. TJR. und
zwei Infanteriegeschütze unter Lt. Peteriongo verstärkt. Den Namen
Riegelstellung erhielt sie, weil ihr die Aufgabe einer Abriegelung der
westlichen Flanke der Platte gegen einen feindlichen Angriff zufiel. Nach
dem Fall der Cosmagonstellung und der Besetzung der neuen Wider-
standslinie am Roiterücken wurde sie als Sektion 6 in den Zug der Ver-
teidigungslinie miteinbezogen und weiter noch mit Riegelstellung be-
zeichnet.*)
Von links nach rechts: Hptm. i. Glstb. Hartl, Mjr. i. Glstb. Kurt v. Schmedes,
Oberst Fischer von See, FML. von Verdroß.
(Bild aus „Tiroler Kaiserjäger im Weltkrieg" von Guido Jakoncig.
Verlag Wagner, Innsbruck.)
Sie gehörte in den Unterabschnitt Pfrogner, der mit dem Halb-
bataillon Hptm. Endl (3. und 10-/4- TJR.) besetzt war.
In der Nacht vom 11. auf den 12. nach 1 Uhr früh bemerkte die
Besatzung derselben das Vorgehen starker feindlicher Patrullen, die aber
leicht durch Gewehr- und Musketenfeuer niedergehalten werden konnten.
Um 3 Uhr morgens rückten sie neuerlich vor, kamen in das Flanken-
feuer von der Platte und mußten eiligst den Rückzug antreten.
Die Abwehr gelang überall nur durch Feuer, zu einem Einbruch des
Gegners in die Riegelstellung, wie ihn die Geschichte des Alpinibataillons
Aosta beschreibt, kam es nirgends.
Über das Eingreifen der Besatzung der Platte mit Flankenfeuer sind
zwei Berichte vorhanden.
*) Siehe in Skizze auf Seite 162 den Stellungsteil S 6.
9*
— 132 —
Lt. Oberguggenberger schreibt hierüber:
„Um 3 Uhr morgens des 12. wurde die Riegelstellung von stärkeren
Patrullen angegriffen. Begünstigt durch die Mondhelle konnten zwei
Gewehre der MGA. IV, sowie Mannschaft der 1. und 14. Kompagnie unter
Führung von Lt. Jakoncig flankierend eingreifen und auf diese Weise
rasch zur Abwehr des Angriffes beitragen."
Lt. Jakoncig berichtet hierüber in seinem Kriegstagebuch:
„Gegen 3 Uhr war starkes Gewehrfeuer aus der Richtung Roite ver-
nehmbar. Die mondhelle Nacht gestattete eine tadellose Sicht. Wir
sahen, wie italienische Schwarmlinien vorrückten und schon knapp unter
der Kammlinie waren. Alles, was wir an Mannschaft rasch zusammen-
raffen konnten, sammelten wir, auch zwei Maschinengewehre, und
schössen, was nur möglich war, in die Flanke und in den Rücken der
der Italiener. Bald konnte man sie zurückweichen sehen, verfolgt von
unserem stärksten Feuer.41)
Der Kommandant des L Bataillons, Hptm. Gamber, meldete um
3.30 Uhr früh: ,,Gegner hat die begonnene Vorrückung eingestellt. Ab-
schnitt Riegelstellung—Pasubiokaserne und Roiterücken verläßlich
besetzt."
Gegenüber diesem tatsächlichen Verlauf des Gefechtes stellt die
Geschichte des Alpinibataillons Aosta den Angriff als einen gelungenen
Einbruch dar. Es heißt dort, daß um 1.30 Uhr des 12. Oktober die
42. Kompagnie einen überraschenden Angriff gegen den Sattel zwischen
der Defensivkaserne und dem österreichischen Dente machte, den Sattel
eroberte und den Erfolg gegen den Nasenfelsen42) erweiterte, wo ein
kleiner österreichischer Posten überfallen und gefangengenommen wurde.
Der Feind war im Dunkel der Nacht überrascht worden und ging dann
mit starken Kräften zum Gegenangriff über. Er stieß vom Roite der 42.
in die linke, von der Platte in die rechte Flanke und feuerte auch in den
Rücken. Es kam zu einem schrecklichen Handgemenge, in dem beide
Teile ihre Kräfte maßen. Da aber die Nacht die Verbindungen erschwerte
und die Artillerie nicht eingreifen konnte, konnte die in viele Gruppen
geteilte und durch Verluste geschwächte 42. Kompagnie nicht mehr stand-
halten und zog sich — um nicht in Gefangenschaft zu fallen — zurück.
Zugleich mit diesem italienischen Angriff auf die Riegelstellung
hatten auch die 2. und 4./158 auf der Platte anzugreifen. Nach einer italie-
nischen Schilderung wäre der Angriff bis zu dem österreichischen Graben
gediehen. Als aber das Signal zum Sturm hätte gegeben werden sollen,
sei als Folge des Mißlingens der Absicht des Alpinibaons Aosta, den Dente
41) Nach Aussagen der Gefangenen hätte das österreichische Maschinengewehr-
feuer vernichtend gewirkt, der 1. und 2. Zug der 42. Kompagnie seien fast ganz aufge-
rieben worden.
42) Österreichischerseits Roiteck genannt. — Das Vorfeld der Sek. 6 (Riegel-
stellung) nannten die Italiener „Valletta Naso".
— 133 —
zu umfassen, ein Befehl zum Rückzüge in die Ausgangsstellung ein-
getroffen.43)
Die Gefechtsberichte und der Bericht des Sektionskommandanten
Lt. Oberguggenberger enthalten keine Angaben über einen feindlichen
Angriff in den Morgenstunden des 12. Oktober auf der Platte.
Der ganze 12. Oktober verlief für die Platte ohne Angriffstätigkeit
der feindlichen Infanterie. Dagegen verrichteten die gegnerische Artillerie
und die Minenwerfer unentwegt ihr Vernichtungswerk. Von den Stel-
lungs- oder Laufgräben war fast nichts mehr zu sehen. Alle oberirdischen
Unterstände waren hinweggefegt; nur ein einziger kleiner Unterstand
entging merkwürdigerweise der Zerstörung. Über ihn erzählt Lt. Jakoncig
in seinem Kriegstagebuch eine interessante Episode:
„Als am 12. etwas Ruhe eingetreten war, forderte mich ein Jäger
auf, mit ihm zu gehen, er habe etwas gefunden. Er zeigte mir in der Nähe
der Kompagniekommandokaverne einen ganz kleinen, nicht einmal manns-
hohen Unterstand, der wie durch ein Wunder dem Trommelfeuer entgan-
gen war. Beim Eintreten gewahrte ich im Dunkeln einen kleinen Tisch,
rundherum an den Wänden einfache Holzbänke. Um diesen kleinen Tisch
saßen oder kauerten in den verschiedensten Stellungen 4 od'er 5 Jäger.
Als ich ganz nahe getreten war, sah ich, daß die Tafelrunde aus Toten
bestand. Mein armer Zugsführer Koller, der am 9. verwundet an mir
vorübergelaufen war, saß dort. Er hatte einen Schuß von der Seite durch
den ganzen Brustkorb. Das Geschoß steckte im Notizbuch. Die anderen
Toten aber, die in grotesken und verzerrten Stellungen herumsaßen,
hatten scheinbar keine tödlichen Wunden. Ihre Gesichter waren auf-
gedunsen, die Augen hervorgequollen und es machte den Eindruck, als
ob sie sich verwundet in den Unterstand gerettet hätten und durch Gas
zugrundegegangen wären.
Der Eindruck, den diese Tafelrunde der Toten, die alle liebe und
tapfere Kampfgenossen gewesen waren (Zugsführer Koller war das Muster
eines Kaiserjägerzugsführers), auf mich machte, war erschütternd und
einer der schrecklichsten während der ganzen Kämpfe."
c) Nächtlicher Angriffsversuch der Italiener gegen
die Sektionen 8 bis 12.
Gegen den östlich an die Platte anschließenden Stellungsteil der
Pasubiofront hatte die Gruppe des Obst. Saracco (III/158 und 11/157) vor-
zugehen. Den Verlauf eines Teiles dieses Angriffes entnehmen wir dem
bereits zitierten Buche des Capitano Coda:44)
„Um Mitternacht ließ der Kommandant des 11/157, Mjr. Bussi, drei
Züge der 7. und1 8. Kompagnie verstärkt durch eine Sektion Torpedo-
minenwerfer gegen einen kleinen Hügel vorgehen, der sich nordöstlich
43) „Due anni di guerra con la Brigata Liguria" von Capit. Coda.
44j Coda, „Due anni di guerra con la Brigata Liguria", Seite 171, 172.
— 134 —
vom ,»Ferro di Cavallo"45) befand und ,,Cappello di Carabinieri"46) genannt
wurde. Dort waren immer kleine österreichische Posten eingenistet, die
jetzt beim Vorbrechen unserer Abteilungen abzogen und das Alarmsignal
gaben. Eine unserer Erkundungspatrullen konnte auch alsbald das Vor-
gehen einer stärkeren österreichischen Abteilung von Sogli Bianchi her
melden, die jedoch durch eine Lage Torpedominen und Gewehrsalven von
uns zurückgetrieben wurden.
Dafür legte sich heftiges Geschützfeuer auf den Cappello di Cara-
binieri und bildete vor unserer Stellung eine undurchdringliche Wand.
Indessen ging nach den Befehlen des Kommandanten des III/158, Hptm.
Ferraro, die 11. Kompagnie vom sogenannten „Disco"47) mit vier Zügen
gegen den ,,Cocuzolo dei Morti" (Totenhügel)48) vor, vertrieb dort eine
kleine österreichische Wache und setzte sich fest. Die 10. Kompagnie
folgte unmittelbar links der 11., um ihre Flanke zu schützen. Sie konnte
nur unter den schwersten Verlusten, unter dem Feuer der österreichischen
Batterien ihre Aufgabe durchführen. Rechts besorgte die 9. Kompagnie
den Flankenschutz. In der Mitte der 10. und 11. Kompagnie ging eine
Sektion Maschinengewehre in Stellung. Dann stürmte die 11. den Hang
des Hügels hinauf, eröffnete die Hindernisse und besetzte einen öster-
reichischen Graben. Dabei fiel auch ein Maschinengewehr in ihre Hände.
Da aber auch dem weiter vorwärts gelegenen Graben ein Hindernis vor-
gelegt war und sonst auch überall und nach allen Richtungen Hindernisse
errichtet waren, beschränkte sich die 11. darauf, den genommenen Grabers
zu befestigen. Mit der 9. links und der 10. rechts bildete sie nun eine
Linie. Die Maschinengewehre gingen im Vorgelände in Stellung und
zwangen die Österreicher, sich in ihren Unterkünften zu verkriechen.
Von 2 Uhr bis 5 Uhr blieb das III/158 festgeklammert an den Hän-
gen des furchtbaren Groviglio. Leider waren keine Reserven zur Unter-
stützung vorhanden. Die Österreicher machten wiederholte Gegenstöße,
wurden aber immer wieder zurückgeschlagen.
Inzwischen war das 11/157 dem Feuer der österreichischen Batterien
preisgegeben und' mußte sich zurückziehen. Nur das III/158 verblieb noch
in seiner Stellung, immer von einer Umzingelung bedroht. Die 12. Kom-
pagnie ging auch noch in der Richtung gegen den Dente vor, von dessen
nördlichen Hängen her unser Rücken bedroht war. Um 5 Uhr früh kam
dann der Befehl, sich in die Ausgangsstellung zurückzuziehen. Hunderte
auf diesem furchtbaren Felsen der Kote 2059 liegende Gefallene waren
45) Ferro di Cavallo — ab 1917 ein italienischer Stützpunkt, von den Österreichern
„Cadornastützpunkt" genannt.
46) Cappello di Carabinieri, ab 1917 ein italienischer Stützpunkt, von den Öster-
reichern ,,Cadorna-Ost" bezeichnet. Der westlich des Cappello di Carabinieri gelegene
Hügel wurde von den Italienern „Cocuzolo Carabinieri" benannt und war mit dem Hü-
gel Kote 2100, dem österreichischen „Sturmhügel", gleichbedeutend.
47) Disco, österreichischerseits „Neutraler Hügel" genannt.
48) Cocuzolo dei Morti, Standpunkt der österreichischen Feldwache 3, wurde
Mitte 1917 als Stützpunkt IV ausgebaut. Gegen ihn richteten sich auch die Angriffe am
9. und 10. Oktober.
— 135 —
der Tribut, den das Bataillon in dieser Nacht für die Sache Italiens ge-
zahlt hatte."
Über diesen mitternächtlichen Angriff meldete das II/l. TJR. (Mjr.
Högn) am 12. um 0.45 Uhr:
„Die Italiener sammeln sich im Capraratal und in der Mulde vor der
Kote 2144 (Corno di Pasubio) und gehen gegen die Feldwachen der Sek-
tionen 9, 10 und 11 vor. Artilleriefeuer dorthin erbeten."
Die nach 20 Minuten eintreffende neue Lagemeldung besagte: ,»Italie-
nische Abteilungen vor den Feldwachen der Sektionen 9, 10 und 11 an-
gelangt, wurden durch Gewehr- und Handgranatenfeuer wieder zurück-
getrieben."
Bereits um 1.35 Uhr meldet Mjr. Högn:
„Die Italiener haben scheinbar nur kleinere Abteilungen vorgetrie-
ben, Artilleriefeuer kann eingestellt werden, da völlige Ruhe eingetreten
ist."
Da weder die am Rücken 2059 verlaufende Hauptstellung, noch die
ihr vorgelagerte Feldwachenlinie während des Kampfes an diesem Tage
durchbrochen wurde, dürfte allem Anscheine nach der nächtliche Angriff
des III/158 schon auf der unbesetzten vor den Feldwachen gelegenen
Hügelreihe (Neutraler Hügel — Sturmhügel [Kote 2100]) — im Sperrfeuer
zum Stehen gekommen sein, wobei ein alter leerer Graben auf Kote 2100
von der 11/158 besetzt wurde. Gegenstöße oder Umgehungsbewegungen
der Besatzung der Feldwachenlinie oder Hauptstellung fanden nirgends
statt, noch weniger ging ein Maschinengewehr verloren.
Das vorzüglich liegende Sperrfeuer der Artillerie und das Abwehr-
feuer der Feldwachenlinie und der Maschinengewehre hatten d'en Angriff,
bevor er an die Stellungen herankam, niedergeschlagen.
looo|
5. 3k Mntecbcttfiunfl 6cc ítnlícnífcficn ®ffen|ìoe
nom 15. Ms J 6. €>ffobet 1916.
a) Die Ursachen dieser Kampfpause. —
Die Verluste.
Während nach dem nächtlichen Angriff gegen das 1. TJR. im Unter-
abschnitt Pasubio und nach dem vormittägigen beim 3. TJR. an der Roite-
front das Geplänkel den ganzen Vormittag anhielt, wurde es am Nach-
mittag immer ruhiger. Es schien eine Kampfpause einzutreten.
— 136 —
Tatsächlich ließen nach italienischen Angaben49) die Ermüdung der
Truppen und die Notwendigkeit, sie zu versorgen und die neue Stellung
auszubauen, dem Kommandanten der 44. Division, Gen. Graziani, rat-
sam erscheinen, die Offensive vorübergehend einzustellen. Als Erfolg
des ersten Teiles derselben sei die Eroberung d'er Lora (2043) bis Sogi
und der Cosmagonmulde bis zu den Füßen des Roite zu buchen gewesen.
Die Besitznahme dieser überhöhenden und die Vallarsa bedrohenden
Stellungen hätte die Gefahr für die von den Österreichern so sehnlichst
begehrte Straße zum Piano della Fugazza beseitigt.
Die italienischen Verluste in dieser Kampfperiode waren sehr schwer.
Offiziere: 16 tot, 93 verwundet; Mannschaft: 209 tot, 2182 verwundet,
417 vermißt. Gesamtverlust: 2917.
Unter den Gefallenen war auch der Kommandant der 6. Alpini-
gruppe, Obst. Gì oppi, der am 12. Oktober am Palom (Pasubio 2336) einer
österreichischen Granate zum Opfer fiel.
Die österreichischen Verluste können nicht mehr genau festgestellt
werden,
Auf der Platte betrugen die Gesamtverluste in der Zeit vom 9. bis
14. Oktober über 500, an der Cosmagonfront über 850.
Verluste beim 3. TJR. vom 9. bis 12. Oktober 1916:
Offiziere :
9. Oktober:
gefallen: Lt. Erich Huyer, Kadettasp- Martin Bereuther;
verwundet: Oblt. Friedrich Stolz, Lt. Hermann Stainer, Koloman Schot-
tola, Fhr. Josef Havranek.
vermißt: Fhr. Josef Manhal.
10. Oktober:
gefallen: Lt. Josef Schachner, Lt. Meißner, Fhr. Erich Kaupa;
verwundet: Lt. Fritz Naskau, Moser, Fhr. Rudolf Friedrich, Kadasp. Ro-
bert Urbanke, Schiller, Lt. Paul Pelouschek, Anton Düras;
vermißt: Lt. Oskar Ressel.
11. Oktober:
gefallen: Obst. August Fischer von See;
verwundet: Hptm. Emanuel Harant, Lt. Rudolf von Gelmini und Urbanek;
vermißt. Lt. Raßmann, Fhr. Bronner.
12. Oktober:
gefallen: Lt. Adolf Schremmer.
49) Schiarirli, „L'Armata del Trentino 1915—1919", Seite 218, 219.
— 137 —
Mannschaft:
9. Oktober: 22 tot, 132 verwundet, 108 vermißt, 131 gefangen.
10. „ 8 „ 126 „ 50 „ 15 „
11. „ 15 „ 119 „ 74 „ —
12. ,, 9 ,, 43 ,, ,, ,,
54 tot, 420 verwundet, 232 vermißt, 146 gefangen.
Gesamtverlust: 852 Mann.
Wie viele von den Vermißten, die als Verwundete auf dem Gefechts-
feld liegengeblieben waren, die Gefangenenzahl erhöhten, oder wie viele
von den Vermißten als Tote zu den Gefallenen zu zählen sind, konnte nicht
festgestellt werden.
b) Lage der 58. Gebirgsbrigade. — Aufgabe der Ab-
sicht einer Wiedereroberung der Cosmagonstellung,
Nach Abschluß des ersten Teiles der italienischen Offensive war die
Stellung der 58. Gebirgsbrigade mit Ausnahme der Cosmagonstellung fest
in der Hand der sie verteidigenden Truppen.
Auf der Platte, dem Eckpfeiler der Pasubiofront, hatte der Kampf
am heftigsten getobt. Wohl war dort die äußerste Spitze, die Vorstellung,
meist vom Gegner besetzt, doch bedeutete dies noch lange nicht den
Besitz der Platte selbst. Diese vorderste Feldwachstellung konnte wäh-
rend der ganzen Kämpfe weder von den Verteidigern noch von den
Angreifern dauernd festgehalten werden und wechselte fortwährend den
Besitzer.
Die Leistungen der Kompagnien des 1. TJR. waren über alles Lob
erhaben und wurden auch von den vorgesetzten Kommand'en voll gewür-
digt. Eine Belobung des 11. Armeekommandos lautete:
,,Das 1. TJR. hat am 9. und 10. Oktober in schwersten Kämpfen seine
Stellungen vielfach in erbittertem Handgemenge trotz schwerster Ver-
luste behauptet und den am Pasubiokopf eingedrungenen Gegner mit
todesmutiger Tapferkeit wieder geworfen. Ich neige mich vor den gefal-
lenen Helden dieses stets bewährten Regimentes und zolle Bewunderung
allen Braven, an deren ehernem Widerstand alle feindliche Angriffslust
zerschellt.
Rohr, GO."
Die westlich an die Platte anschließende Cosmagonfront war am
9. Oktober wegen ihrer überaus ungünstigen Lage gefallen. Der mit zu
geringen Kräften und überhastete, aber von den Kaiserjägern tapfer vor-
getragene Gegenstoß hatte keinen Erfolg. Man beabsichtigte nun durch
einen mit stärkeren Kräften angesetzten Gegenangriff (10 Kompagnien)
die Stellung wieder zurückzugewinnen, und zwar mit dem vom Mte. Rover
über Folgaria—Geroli mit Lastkraftwagen im Anmärsche befindlichen
— 138 —
V/bh. l50), dem IV/3. TJR. und dem Alpinen Detachement der Division
mit Unterstützung der Artilleriegruppen Pasubio, Borcola, Milegna-
Malingo und Testo unter Leitung des ObstL Vidale (Kommandant des
V/bh. 1).
Angesichts der ungeklärten Lage aber und weil auch die Festhaltung
der neuen Roitefront starke Kräfte beanspruchte, erließ das XX. Korps-
kommando am 11. Oktober um 18.30 Uhr den Befehl:
„Angriff hat bis auf weiteres zu unterbleiben. Festhalten der Stel-
lung Hauptaufgabe."51)
Damit war aber die Cosmagonstellung noch nicht aufgegeben, son-
dern die Absicht der Wiedereroberung nur aufgeschoben.
Die Vor- und Nachteile der Cosmagonstellung wurden in den näch-
sten Tagen eingehend1 erwogen. Erst dann kam man zum endgültigen Ent-
schluß, sie aufzugeben. Diese Ansicht hat besonders der Divisionär
FML. v. Verdroß vertreten, indem er behauptete, daß die Wiedererobe-
rung der Stellung einen Einsatz von 3 bis 4 vollständig frischen und
angriffsgewohnten Bataillonen fordere. Die zur Zeit am Colsanto-Pasubio
stehenden kämen — weil abgekämpft — hiezu nicht in Betracht. Den
wiedergewonnenen Cosmagon könnte auch eine stärkere Besatzung als
bisher gegenüber den übermächtigen Kräften des Feindes an Infanterie»
Artillerie und Minenwerfer nicht behaupten. Die Versorgung des Ab-
schnittes wäre im Sommer schon schwierig gewesen und wäre im Winter
kaum durchzuführen.
Allerdings hätte die Überlassung des Cosmagonabschnittes an den
Gegner einen großen Nachteil. Der Besitz des Höhenrandes Kote 2043
(Lora) bis Kote 1770 ermöglicht es dem Feinde nunmehr, von drei Stellen
das Artillerie- und Minenwerferfeuer auf die Platte zu beobachten und zu
lenken.
Demgegenüber sei die neue Roitestellung für die dauernde Fest-
haltung weitaus günstiger als die Cosmagonstellung, weil sie vom Feinde
nicht so eingesehen wäre und1 eine gedeckte Verschiebung und gesicherte
Bereitstellung der Reserven ermögliche. Ein feindlicher Angriff gestalte
sich ungleich schwieriger, zur Abwehr sei die Flankierung vom Mte. Spil—
Testo und von der Platte sehr günstig.
Die Absicht, die Cosmagonstellung zurückzuerobern, wurde daher
fallengelassen und der Roiterücken als neue Verteidigungslinie bestimmt.
Inzwischen wurden die Stände des 1. und 3. TJR. aufgefüllt.
Außerdem wurde der Stellungsabschnitt der Brigade, nachdem sich
die Roitefront bereits gefestigt hatte, neu eingeteilt und bezeichnet:
Unterabschnitt Roite-West, früher UA. Mjr. Kurovsky,
,, Roitekopf, früher UA. Mjr. Schwabik, bzw. Obstl.
Vidale,
,, Roite-Ost, früher UA. Hptm. Pfrogner,
,, Pasubio, früher UA. Obst. v. Partyka.
50) V. Bataillon des bosnisch-herzegowinischen Infanterieregimentes Nr. I.
51) 8. Division, op. Nr. 3260/15.
Ausschnitt aus der Spezialkarte (1:75.000) Rovereto und Riva.
Schwarze Linien = österreichische Stellung,
weiße Linien = italienische Stellung,
durch kleine Kreise unterbrochene schwarze Linien = Seilbahnen.
— 140 —
Die Erfahrungen aus den Kämpfen der letzten Tage hatten auch
gezeigt, daß zur besseren Leitung des Artilleriekampfes die Teilung der
Artilleriegruppe Pasubio in zwei Batteriegruppen vorteilhafter war. Es
wurde demgemäß am 13. folgende Einteilung getroffen:
Frontgruppe (Pozzamulde), Kommandant Hptm. Haas (auf Kote
2088): Gbknbt. 5/6 — % Gbhbbt. 2/5 — Fhbbt. 4/8 — 15 cm Mörserzug 6 B.
Flankengruppe (Mte. Testo), Kommandant Hptm. May (auf dem Mte.
Testo): Gbknbt. 5/10 — Gbhbbt. 1/7 — schw. Hbbt. 1/8 — ital. Aknbt. 1.
c) Lage auf dem Roite rücken.
Die mehrtägige Gefechtspause wurde eifrigst zur Erhöhung der
Verteidigungsfähigkeit der neuen Roitestellung benützt. Die Stellungs-
kompagnien leisteten unverdrossen härteste Arbeit, wozu sie nicht nur
die Möglichkeit eines neuen Angriffes, sondern auch der Umstand, daß der
Hochgebirgswinter mit seinen Schneefällen vor der Türe stand, ansporn-
ten. Soweit die Kräfte und das Einlangen des Stellungsmaterials es zu-
ließen, schritt der Ausbau der Kampfstellung und1 der Unterkünfte rüstig
vorwärts.
Der Korpskommandant GdK. Fürst Schönburg und der Divisionär
FML. von Verdroß besichtigten die neue Kampflinie und überzeugten sich
von der rastlosen Tätigkeit der Verteidiger.
Das feindliche Artilleriefeuer war in diesen Tagen nur mäßig, doch
störte es immerhin die Bautätigkeit und verursachte erhebliche Verluste,
da noch wenig Deckungsmöglichkeiten vorhanden waren. Am meisten litt
darunter wieder das im Räume Roitekopf (2150) und anschließend daran
in Stellung befindliche IV/ 3. TJR. (Mjr. Schwabik). Es hatte trotz des
nicht sonderlich heftigen Artilleriefeuers am 13. Oktober 14 Tote und
58 Verwundete.
An diesem Tage schoß die italienische Artillerie auch mit Gas-
granaten in den Raum hinter den Roite (2 Gastote und 10 Gasverwundete).
Das Abflauen der Gefechtstätigkeit ließ auch die Ablösung der
Besatzung leichter zu. So wurde am 14. Oktober um 2 Uhr früh das
IV. Bataillon (Mjr. Schwabik), dessen Stand durch Gefechts- und Kranken-
verluste sehr geschwächt und durch den mehrtägigen Aufenthalt am Roite
sehr mitgenommen war, durch das bosnisch-herzegowinische Bataillon
V/bh. 1 (Obstl. Vidale) abgelöst.
Das Brigadekommando würdigte die Leistungen dieses Bataillons
durch folgende Anerkennung:
,,Das IV/3. Kaiserjägerbataillon unter seinem heldenmütigen Kom-
mandanten Mjr. Schwabik steht seit 10. Oktober im schwersten Kampfe,
hatte die größten Verluste und hat sich bei jeder Gelegenheit tapfer
und heldenmütig bewährt. Es hat auch den Hauptanteil an der Behaup-
tung des Roiterückens. Meine Bewunderung und Anerkennung diesem
tapferen Bataillon und seinem Kommandanten.
Ellison, Obst.4'
— 141 —
Die feindliche Infanterietätigkeit ruhte in der Zeit bis zum 17. Okto-
ber vollkommen. Nur in der Nacht des 16. Oktober versuchte eine
schwache Abteilung gegen den Roitekopf vorzugehen, wurde aber unter
Zurücklassung einer großen Menge von Gewehren und Ausrüstungsgegen
ständen abgewiesen.
Die Patrullentätigkeit aus der Stellung war sehr rege, wobei die
Patrullen des Lt. i. d. Res. Gerstorfer, Fhr. i. d. Res. Pellouschek und des
Offizierstellvertreter Kampl besonders gute Erfolge hatten.
d) Lage auf der Platte.
Auch während der Kampfpause dauerte das feindliche Artillerie-
feuer auf diesen Stellungsteil unentwegt an und behinderte sehr stark die
notwendige Ausbesserung der Schäden an den Kampfanlagen.
Während dort nach den Kämpfen die Reste der 13., 14. und 16. Kom-
pagnie als Besatzung verblieben waren, wurden die Überbleibsel der
4. Kompagnie (Lt. Oberguggenberger) und der 1. (Lt. Jakoncig) heraus-
gezogen und beim Regimentskommando aus dem Marschbataillon XXIII.
aufgefüllt und die Ausrüstungen ergänzt. Um die Ordnung der Ver-
bände weiter fortzusetzen, wurde in der Nacht auf den 16. Oktober
Lt. Oberguggenberger mit seiner 4. Kompagnie wieder zur Ablösung der
Besatzung auf die Platte befohlen. Dieser Kompagniekommandant hatte
sich während der Kämpfe der vergangenen Tage auf der Platte so bewährt,
d'aß man seine dort gewonnenen Erfahrungen und Kenntnisse nicht missen
wollte.
Obgleich während der dreitägigen Abwesenheit der 4. Kompagnie
auf der Platte eifrigst gearbeitet worden war, war es nicht möglich ge-
wesen, die so arg verwüstete Stellung wieder voll verteidigungsfähig zu
machen. Es gab noch immer verschüttete und unpassierbare Gräben.
Nicht einmal die Toten konnten zur Gänze weggeschafft werden. Das
stets auf der Platte liegende feindliche Feuer hatte alle Arbeiten ver-
zögert. Mit Unterstützung des Bataillonspionierzuges und eines Zuges
der 1. Kompagnie arbeitete die 4. Kompagnie fieberhaft d'aran, den Ver-
teidigungszustand der Kampfanlagen so weit als möglich zu heben.
Die in die Vorstellung vorgeschobene Feldwache mußte wegen des
andauernden und sehr präzisen Feuers von der feindlichen Platte her
zurückgenommen werden.
Die Italiener hatten sich kurz darauf wieder in der von ihnen zwi-
schen der Hauptstellung und der Vorstellung errichteten Sandsackstellung
eingenistet. Zum Schutze gegen einen Überfall aus der nun so nahen feind-
lichen Stellung wurde eine kleine Patrulle an sie herangeschoben.
Der Regimentskommandant Obst. v. Partika wollte die Kampf-
pause benützen und das abgekämpfte I. Bataillon auswechseln. Dieser
Austausch fand seine Einleitung in dem Wechsel der Kommandostellen
der Bataillone. Am Abende des 16. übernahm Mjr. Högn das Kampf-
— 142 —
gruppenkommando der Sektionen 7 bis YzlO und Hptm. Gamber das der
Sektionen 10 bis 14, das bisher Mjr. Hogn innehatte.
Auch der Gegner auf der Platte hatte seine Truppen gewechselt.
Die dort befindlichen Teile des Alpinibataillons Mte. Berico wurden durch
die 2/158 in der Nacht vom 10, auf den 11. abgelöst und letztere am näch-
sten Tag durch einen Zug der 4/158 verstärkt. Neue Kampfmittel zur Be-
schießung der österreichischen Platte machten sich bemerkbar. So wurde
in einer Mulde südöstlich der italienischen Platte ein feindlicher Minen-
werfer größeren Kalibers festgestellt, dessen Abschuß vom Standpunkte
des II. Bataillons sehr gut beobachtet werden konnte. Er wurde erfolgreich
von der Verteidigungsartillerie unter Feuer genommen. Besonders unan-
genehm sollte in den kommenden Kämpfen die Wirkung der neu aufge-
stellten Maschinengewehre und kleinkalibrigen Geschütze auf der italie-
nischen Platte gegen die Sektion 7 und ihre Nachbarstellungen werden.
Obzwar unter äußerster Kraftanstrengung die Kampfanlagen auf der
Platte zur Not wiederhergestellt waren, blieb trotzdem die in d'en letzten
Kämpfen zutage getretene völlige Unzulänglichkeit der technischen Aus-
gestaltung dieses exponierten und heftig umkämpften Stellungsteiles be-
stehen. Doch war in der Kürze der Zeit diesem Übelstande nicht abzu-
helfen. Soweit Zeit und Mittel es gestatteten, waren alle Vorsorgen ge-
troffen worden, um dem zu erwartenden italienischen Angriff zu begegnen.
Obstbrig. v. Ellison beabsichtigte, sofort nach Beendigung der Kämpfe
mit einem umfangreichen Ausbau der Platte zu beginnen.
Damals tauchte zum ersten Male der Gedanke eines Stollenbaues
auf. Das Divisionskommando genehmigte den Antrag des Oberstbrigadiers,
sofort nach Fertigstellung der dringendsten Kavernen- und Schutzbauten
auf der Platte den Bau eines Stollens vom Bataillonskommando unter die
eigene Platte zu beginnen. Von ihm aus sollten während des Winters
Minengänge vorgearbeitet werden, um den Gegner bei einer beabsichtig-
ten Sprengung der Platte zu bekämpfen. Der Plan wurde später mit
einigen Abänderungen in die Tat umgesetzt. Der frühe Beginn dieser
Abwehrarbeiten sollte, wie wir später hören werden, reiche Früchte
tragen.
e) Kräftegruppierung der Italiener für die Fort-
setzung der Offensive.
Während der mehrtätigen Kampfpause trafen die Italiener Vorsorgen
für die Wiederaufnahme der Offensive, der die Absicht zugrunde lag, die
österreichischen Kräfte am Pasubio von jenen am Mte. Spil zu trennen
und durch den Angriff in den Rücken die beiden Linien Dente austriaco—
Kote 2059 und Roite—Cima di Bisorte zu Fall zu bringen. Diesmal also
war das Ziel der Durchstoß der Roitelinie.
— 143 —
An der neuen Aktion nahmen teil:
a) am Pasubio: die Brigade Liguria (JR. 157 und 158) mit dem 11/85
und den Alpinibataillonen Aosta und Cervino;
b) am Cosmagon: 1. und 7. Bersaglieribataillon zu Rad, die Alpini-
bataillone Adamello, Exilies, Val Adige und Val Maira, das II., III. und
IV. /79 und zwei Bataillone 71;
c) in der Vallarsa: die Truppen rechts des Leno JR. 69 und 70 mit
einer demonstrativen Aktion auf der ganzen Front und jene im Tal durch
einen Angriff in den Rücken von Pozzacchio;
d) Generalreserve: die Alpinibataillone Mte. Berico, Suello und Val
Toce und das 1/80 in zwei Gruppen geteilt.52]
=OD=
6. Ssvcitec %(I 6» ííalícnífction ®ffcn|ioc
oom 17. bis 20. «©ffokt 1916.
A) 17. <2>ffobßt.
a) Die Lage im Roiteabschnitt.
Untertags lag über den Stellungen nur leichtes Artilleriefeuer, das
sich gegen Abend etwas verstärkte. Die feindliche Infanterietätigkeit
beschränkte sich auf das Vorfühlen von Patrullen.
Von der Besatzung war das I. und II./3. TJR. durch das XXIII, Marsch-
bataillon, durch zwei Marschkompagnien des JR. 17 und eine des bos-
nisch-herzegowinischen JR. 2 aufgefüllt worden.
Das 1/3. TJR. bildete die Reserve für den Unterabschnitt des Obstl.
Vidale im Skilager, das II/3. TJR. wurde in den Unterabschnitt Pasubio
verschoben.
b) Italienischer Angriff auf der Platte um 17 Uhr.
Am Vortage des Angriffes ging ein heftiger Schneesturm über die
Stellungen hinweg und1 ließ die Unbilden des bald beginnenden Hoch-
gebirgswinters ahnen.
Die Nacht auf den 17. verlief im allgemeinen ruhig. Das Wetter
schien sich zu bessern, doch war es in den Morgenstunden trüb und kalt.
Gegen 7 Uhr früh setzte ein langsames Geschützfeuer ein, das sich beson-
52) Schiarini, „L'Armata del Trentino 1915—1919", S. 219—220.
— 144 —
ders gegen die noch nicht vollständig geschlossene Hindernisreihe vor
der Hauptstellung richtete und die mühsame Arbeit der letzten Tage rasch
zerstörte.
Gegen die Mittagszeit hellte sich das Wetter überraschend auf und
brachte einen herrlichen, klaren Herbsttag, der mit einer gewaltigen
Steigerung der feindlichen Artillerietätigkeit die zweite, noch heftigere
Kampfperiode der Italiener einleitete.
Als Besatzung standen am 17. auf der Platte: die 4. Kompagnie
(Lt. Oberguggenberger) mit 148 Feuergewehren, die Maschinengewehr-
abteilung IV mit 4 Gewehren, zwei 9 cm Minen- und zwei Granatwerfer
und ein 30 cm Scheinwerfer, ferners ein Flammenwerfer, der jedoch bei
Beginn der feindlichen Beschießung unbrauchbar wurde. Als Reserve stan-
den in den Kavernen der Sektion 8 drei Züge der 1. Kompagnie (Lt. Jakon-
cig), ferners die 15. und 16. Kompagnie im Lager des II. Bataillons.
Das seit den Frühstunden unentwegt andauernde Feuer steigerte
sich um 14 Uhr zum richtigen Vorbereitungsfeuer, an dem auch Minen-
werfer in großer Zahl mitwirkten. Es lag meist auf der Platte, auf der
neuen Riegelstellung (Sektion 6) und auch am Roiterücken. Unter dem
Schutze dieser Beschießung sammelte sich die italienische Infanterie in
den bereits bekannten Sammelräumen (Eselsrücken, Mulde bei Kote
2100 und in der ehemaligen Sektion 6 der Cosmagonstellung).
— 145 —
So wie am 9. Oktober trat auch diesmal um 15 Uhr eine Feuerpause
ein. Lt. Oberguggenberger alarmierte die Besatzung, schickte einen
Meldemann, der die Züge der 1. Kompagnie aus der Sektion 8 herbei-
holen und gleichzeitig auch eine Lagemeldung an das Gruppenkommando,
Mjr. Högn, bringen sollte. Da aber weder die 1. Kompagnie den Befehl
noch das Gruppenkommando die Lagemeldung erhielten, mußte angenom-
men werden, daß der Meldemann in dem nach rückwärts gelegten feind-
lichen Sperrfeuer umgekommen war.
Nach kurzer Pause setzte die italienische Artillerie die Beschießung
mit unverminderter Heftigkeit fort. Die Besatzung war, um unnötige Ver-
luste zu vermeiden, bis auf die notwendigsten Grabenposten in die Ka-
vernen zurückgezogen.
Inzwischen hatte das zum Angriff bestimmte Alpinibataillon Aosta
sich am Fuße der österreichischen Platte gesammelt. Eine aus 50 aus-
gesuchten Alpini zusammengestellte Sturmabteilung war unter das Kom-
mando des schon erwähnten Oblt. Urli bereitgestellt und sollte als erste
Abteilung die Platte stürmen. Ihr hatte die 41. Kompagnie zu folgen. Die
Sturmabteilung wurde mit Rücksicht auf ihre gefährliche Aufgabe ,,Drap*
pello di M.orte" (Todesabteilung) genannt.
Im heftigsten Sperrfeuer der österreichischen Geschütze und der in
die Flanke wirkenden Maschinengewehre erklomm diese Abteilung um
17 Uhr die Felsen zur Platte. Doch nur Oblt. Urli mit sieben Alpini er-
reichten den Rand derselben. Die anderen blieben tot oder verwundet
am Fuße der Felsen oder in denselben liegen. Hinter ihm drängte die
4L Kompagnie nach, an deren Spitze der Kommandant Oblt. Fantozzi fiel.
Urli und seine sieben warfen sich gegen die Österreicher, die noch
den Graben auf dem Kamme53) besetzt hielten, und im Vereine mit der
nachfolgenden 41. Kompagnie eroberten sie „die Gräben der Platte bisi zur
Mitte der Stellung und eine Kaverne", Der harte Kampf dauerte eine
ganze Stunde.
So berichtet die Geschichte des Alpinibataillons Aosta.
Tatsächlich drangen um 17 Uhr die Alpini hinter ihrer Feuerwelle
bis über den rechten Flügel der Hauptstellung hinaus. Neben dem aner-
kennenswerten Schwung im Angriffe verdankten sie den Erfolg auch
einem für sie glücklichen Zufall.
Die Besatzung des rechten Flügels der Hauptstellung bestand aus
dem 4. Zug der 4. Kompagnie unter Fähnrich Benesch, außerdem waren
noch Fähnrich Nyrschy und Einjährig-Freiwilliger Oberjäger Gemböck ein-
geteilt. Während des Vorbereitungsfeuers hatte sich diese Besatzung
befehlsgemäß mit Ausnahme der notwendigen Grabenposten in der Ka-
verne 3 gedeckt, wurde in der Zeit von 14 bis 17 Uhr verschüttet und
konnte sich selbst nicht befreien. Durch einen Volltreffer auf den
schmalen, schlauchartigen Eingang rollten die Felsstücke wie in einem
Trichter nach unten zusammen und verlegten den Insassen den Ausgang.
53) Wahrscheinlich der Graben der Hauptstellung.
Schemtil, „Die Pasubio-Kämpfe".
10
Lage auf der Platte am 17. Oktober um 17 Uhr.
E = Eselsrücken,
S = italienische Sandsackstellung,
J — italienische Stellung nach dem Einbruch,
vollgezeichnete Pfeile = Richtung des Gegenstoßes der Kaiserjäger,
strichlierte Pfeile = Richtung des Rückzuges der Italiener in die
Sandsackstellung.
Die angreifenden Alpini fanden im leeren Graben keine Abwehr,
stürmten weiter und konnten erst vor der Artilleriekaverne aufgehalten
werden.
Am linken Flügel jedoch hatten die Kaiserjäger rechtzeitig den
Graben besetzen und gleichzeitig mit den Maschinengewehren das Ab-
wehrfeuer eröffnen können.
So war die gleiche Lage wie am 9. Oktober entstanden, nur mit dem
Unterschiede, daß diesmal ein Viertel der Besatzung schon zu Beginn in
Ausfall gekommen war.
— 147 —
c) Gegenstoß der Kaiserjäger um 18 Uhr.
Wie damals setzte der Sektionskommandant Lt. Oberguggenberger
sofort die in der Kommandokaverne befindliche Reserve zum Gegenstoße
an, der es in hartem Kampfe und unter sehr schweren Verlusten ge-
lang, die sich tapfer wehrenden Alpini wieder bis über die Hauptstellung
hinaus zurückzudrängen. Weiter aber langte die Stoßkraft der bereits
durch Verluste sehr geschwächten Verteidiger nicht. Es entwickelte sich
ein vierstündiges stehendes Feuergefecht, weil beide Teile die Kraft zur
Fortsetzung des Angriffes nicht mehr aufbrachten.
Trotz dieses örtlichen Erfolges war die Lage für die Kaiserjäger
eine recht kritische geworden. Die Besatzung war durch Verluste sehr
geschwächt, alle Reserven waren aufgebraucht. Die zu Beginn des italie-
nischen Angriffes von Lt. Oberguggenberger herbeibefohlenen Züge der
1. Kompagnie waren nicht erschienen, weil, wie sich später herausstellte,
der Meldemann gefallen war. Erst als nacheinander Teile der von
Mjr, Högn zugeschobenen 15. und 16. Kompagnie eintrafen, war die größte
Gefahr beseitigt.
Über diesen Gegenstoß der Kaiserjäger schreibt die Geschichte des
Bataillons Aosta:
,,Die Österreicher gaben aber das Gelände auch um den Preis ihres
Blutes nicht her. Die Nacht kam und mit ihr ein Gegenangriff, den
Oblt, Urli und die 41. Kompagnie abwiesen und 35 Gefangene, darunter
3 Offiziere, machten."
Das Zurückdrängen über die Hauptstellung ist im Berichte nicht
angeführt. Die Gefangenen waren die Insassen der verschütteten Ka-
verne 3.
Zum zweiten Male während der Oktoberkämpfe war es also den
Italienern gelungen, den rechten Flügel der Hauptstellung vollständig
einzudrücken, und wieder wurden sie, obgleich in großer Übermacht, zu-
rückgeworfen. Den Alpini aber hätte diesmal ein entschlossenes Fort-
führen des Angriffes d'en Besitz der Platte bringen können. Ein großer
Teil der Besatzung wäre in Gefangenschaft geraten. Der schneidige
Gegenstoß der Reserve hatte die Lage wieder gerettet.
Die nach dem Gegenstoß eingetroffene, zusammen allerdings nur
aus 70 Mann bestehende Verstärkung der 15. und1 16. Kompagnie wurde
sogleich in die Hauptstellung eingesetzt und dadurch ihre Verteidigungs-
kraft beträchtlich gefestigt.
Außerdem hatte Mjr. Högn über Bitte des Lt. Oberguggenberger
die Sappeurkompagnie 5/V, die Pionierabteilungen des I. und IV. Batail-
lons sowie eine Halbkompagnie der Gruppenreserve zum Abschub der
Toten und Verwundeten und zur Instandsetzung der zerstörten Stellungen
zur Verfügung gestellt, wodurch die Besatzung entlastet wurde und die
Verbände geordnet werden konnten. Dies war schon aus dem Grunde
notwendig, weil Obstbrig. v. Ellison um 23.30 Uhr die gänzliche Säuberung
der Platte durch eine Unternehmung noch in derselben Nacht anbefohlen
hatte.
10*
— 148 —
Mjr. Högn übertrug die Durchführung des Befehles dem Lt. Ober-
guggenberger und bestimmte hiezu mit Rüchsicht auf die geringe Ent-
wicklungsmöglichkeit auf der Platte die Reste der drei dort befindlichen
Kompagnien (4., 15. und 16. Kompagnie).
Auch die nordöstlich an die Platte anschließenden Sektionen lagen
tagsüber unter schwerem Artillerie- und Minenwerferfeuer, doch war
keine Angriffstätigkeit zu spüren. Eine um 17 Uhr gleichzeitig mit dem
Angriff auf die Platte aus dem Räume Kote 2100 vorgehende stärkere
feindliche Gruppe wurde durch Artillerie- und Maschinengewehrfeuer
zum Rückzüge gezwungen.
B) 18. <2Mfot>ec.
a) Lage im Roiteabschnitt.
Obgleich seit dem 12. Oktober die Roitestellung keinem Angriff
ausgesetzt war, herrschte doch größte Wachsamkeit und Kampfbereit-
schaft. Zahlreiche Patrullen lagen im Vorgelände, um die Absichten der
Italiener rechtzeitig zu erkunden. Sie brachten im ganzen 27 Gefangene
ein, die dem Alpinibataillon Val Adige, dem 7. Bersaglieribataillon zu
Rad und dem JR. 85 angehörten.
b) Angriff der Kaiserjäger auf der Platte
u m 2.30 Uhr früh.
Die für den Angriff notwendigen Vorbereitungen waren bereits um
2 Uhr des 18. Oktober beendet. Je ein Zug der 4. unter Lt. Matscher und
einer der 16. unter Lt. Mader waren zum Gegenstoß angetreten. Chargen
und Jäger waren genauestens über den Angriffsplan unterrichtet, Muni-
tion, Handgranaten und Leuchtpatronen in genügender Zahl verteilt.
Um 2-30 Uhr begann der Angriff. Mit großem Schwung rissen die
beiden Offiziere ihre Züge vor, gelangten im ersten Ansturm bis zu der
vor der Hauptstellung von den Alpini errichteten Sandsackstellung und
trieben die Alpini in die Vorstellung zurück. Trotz aller Anstrengungen
gelang es den beiden Sturmzügen aber nicht, die Italiener ganz über die
Platte hinunterzuwerfen. Die hatten sich dort bereits zu gut eingebaut
und außerdem ein sehr verlustreich wirkendes Maschinengewehr einge-
baut. Auch das Feuer von der feindlichen Platte her ließ ein weiteres
Vorgehen nicht zu. Dazu kam, daß aus dem Räume des Eselrückens eine
Verstärkung eingetroffen zu sein schien54), so daß die beiden Offiziere mit
ihren Zügen schließlich unter Zurücklassung von kleinen Deckungs-
54) Tatsächlich kam auch die italienische 3/158 zu Hilfe.
— 149 —
patrullen in die Hauptstellung zurückgingen. Der Erfolg bestand immer-
hin in einem Zurückdrängen der Alpini gegen die Plattenspitze. Außer-
dem blieben 1 Offizier und 16 Gefangene des Bataillons Aosta in ihrer
Hand. Die Geschichte dieses Bataillons bringt ebenfalls die Schilderung
dieses Gegenstoßes, wobei allerdings ein Irrtum insoferne unterlaufen
sein dürfte, daß der Angriff der Kaiserjäger auf 5 Uhr und 6.30 Uhr ver-
legt wird. Tatsächlich fand nur der eine Angriff um 2.30 Uhr früh statt.
Die Geschichte des Bataillons Aosta berichtet:
,,Eine andere Gruppe der Österreicher wurde um 5 Uhr früh zurück-
geschlagen. Um 6.30 Uhr kehrten die Kaiserjäger vom 1. Regiment jedoch
nochmals, aber mit stärkeren Kräften zurück. Das Bataillon mußte ihnen
Spanne um Spanne des bereits eroberten Bodens überlassen und sich
etwa 100 Meter zurückziehen. Ein kleines, aber bitteres Opfer, weil jeder
Meter zurück einen Toten kostete. Viele tapfere Offiziere und Alpini
waren tot oder schwer verwundet. Capitano Baucherio erhielt eine sehr
schwere, Oblt, Mario Cucco eine schwere Verwundung. Lt. Guido Orio
wurde, wie so viele andere, von Granaten in die Luft geschleudert."
c) Angriff derltaliener aiuf der Platte um 11 Uhr
vormittags und darauffolgender Gegenstoß der
Kaiserjäger.
Nach diesem Kampfe trat eine nur kurz andauernde Ruhe ein, dann
begann neuerdings eine heftige Beschießung, die einen italienischen An-
griff vorbereitete, der nur mit schwerer Mühe und mit dem Einsätze
stärkerer Kräfte abgewiesen werden konnte.
Wir lassen darüber Lt. Oberguggenberger berichten:
,,Schon um 7 Uhr morgens setzte neuerdings ein Artillerie- und
Minenwerferfeuer ein, das bald eine noch nicht dagewesene Intensität
erreichte. Es schien, als ob die feindlichen Batterien einen Geschwindig-
keitsrekord im Schießen aufstellen wollten, so hagelte es von allen Seiten
auf die Platte, auf die Vorstellung der Sektion 8 und auf die Mulde hinter
dem Gruppenkommando und auf den Anmarschweg der Reserven nieder.
Während dieses rasenden Feuers wurde die Kaverne 1 und die Maschinen-
gewehrkaverne hinter dem linken Flügel der Hauptstellung verschüttet.
Zwei Maschinengewehre wurden dabei unbrauchbar gemacht, so daß die
MGA. IV nur mehr über ein brauchbares verfügte
Von außenstehender Beobachtung mag es den Eindruck gemacht
haben, daß auf der Platte keine Maus mehr am Leben sein konnte, denn
der ganze Raum der Sektion 7 war zum feuerspeienden Berg geworden,
über dem eine mächtige, flammendurchzuckte Rauchwolke lagerte.55) Als
55) Mjr. Högn meldete um 9.50 Uhr vormittags: „Das seit den frühen Morgenstun-
den wieder einsetzende feindliche Artillerie- und Minenwerferfeuer nimmt, vornehmlich
gegen die eigene Platte, an Heftigkeit immer mehr zu. Die Platte ist konstant in Rauch
und Flammen gehüllt, während alle Anmarschwege und Sammelräume unter heftigstem
Sperrfeuer liegen."
— 150 —
aber um 11 Uhr vormittags das Feuer aussetzte, kletterten doch aus allen
Kavernen und Löchern die Kaiserjäger heraus, um ihre Stellungen bis
zum letzten Mann zu verteidigen. Wieder gelang es den Italienern, im
ersten Anstürme den rechten Flügel der Hauptstellung bis fast zur Ar-
tilleriekaverne einzudrücken, dort aber mußten sie trotz vielfacher Über-
macht haltmachen. Zum drittenmal seit Beginn der Kämpfe war die
gleiche Lage eingetreten und wieder sollte es dem Feinde nicht vergönnt
sein, seinen Erfolg weiter auszubauen. Alle verfügbare Mannschaft und
das einzige noch brauchbare Maschinengewehr setzte ich gegen den ein-
gebrochenen Gegner ein und, obgleich das Maschinengewehr gar nicht
zur Wirkung kam, drängten die braven Jäger ihn zurück und setzten sich
selbst wieder in der Hauptstellung fest.56)
Allerdings waren nun alle Reserven bis auf den letzten Mann ein-
gesetzt. Dazu kam, daß unsere Verluste im feindlichen Feuer von Minute
zu Minute wuchsen.
Die Verbindung zum Gruppenkommando war seit Beginn der Be-
schießung wie immer vollkommen unterbrochen, doch hatte Mjr. Högn
in richtiger Erkenntnis, daß die Platte ohne Zufuhr von Verstärkungen
nicht zu halten sei, bereits um 10.30 Uhr der von den letzten Kämpfen
noch dezimierten Maschinengewehrabteilung I (Lt. Graff) und der
14. Kompagnie befohlen, ungeachtet aller Verluste die Platte zu erreichen.
Lt. Graff kam auch um die Mittagszeit dort an, aber nur mit einem Ge-
wehr, das andere wurde im Sperrfeuer vernichtet. Das brauchbare
Gewehr ging sofort am linken Flügel des Hauptgrabens in Stellung. Auch
die 14. Kompagnie, die nach und nach, aber sehr gelichtet, eintraf, wurde
zur Ausfüllung der Abgänge in die Hauptstellung eingesetzt. Eine wesent-
liche Entlastung trat zwar nicht ein, weil dadurch die Verluste nur halb-
wegs gedeckt waren, doch war immerhin eine Anzahl von Verteidigern
im Graben.
Damals fehlte es zwar an Reserven im allgemeinen nicht mehr, aber
es war außerordentlich schwer, sie durch das mörderische Sperrfeuer auf
die Platte zu bringen. Glücklicherweise waren die italienischen Angriffs-
truppen durch das Mißlingen des Angriffes und die schweren Verluste,
die sie hiebei erlitten hatten, entmutigt und abgespannt."
Über die Wirkung des Sperrfeuers auf den Raum hinter der Sek-
tion 8, wo die Reserven zusammengedrängt lagen, schrieb Lt. Jakoncig,
der selbst sich dort mit seiner Kompagnie als Reserve aufhielt, in seinem
Kriegstagebuch:
,,Das italienische Feuer wird immer stärker, rast wie ein Orkan.
Der Pasubio selbst, alle Mulden und Schluchten sind in Rauch, Staub und
Gas gehüllt. Dort oben gibt es wahrscheinlich furchtbare Verluste. Es hat
den Anschein, als ob die Italiener wieder in die Hauptstellung einge-
brochen wären. Ich wollte Reserven hinaufschicken, konnte aber nur
56) Die seitliche Beobachtung des Kampfgruppenkommandos Hptm. Gamber mel-
dete um 12.10 Uhr; „Auf der Platte erbitterter Handgranatenkampf. Eigene Schwärme
der Reserve bereits im Vorrücken."
— 151 —
einen Zug abfertigen, der Rest mußte als Reserve über Befehl des
Oblt. Stichelberger zurückbleiben. Während' dieses entsetzlichen Feuers
kam die 14. Kompagnie des eigenen IV. Bataillons und die 7. Kompagnie
des 3. Regimentes57). Die Leute stauten sich in den Kavernen und Lauf-
gräben. Gerade um diese Zeit setzte ein Hagel von Granaten und Minen
ein, wie ich ihn noch nicht erlebt hatte. Die Reserven wurden zu-
sammengeschossen, bevor sie noch hinauskamen. Gegen Mittag machte
sich auch unsere Artillerie bemerkbar und schoß, was aus den Rohren
ging. Man glaubte, in einem Hexenkessel zu sein. Lt. Oberguggenberger
schickte die Meldung, daß die Verluste fürchterlich und alle Maschinen-
gewehre verschüttet und unbrauchbar seien. Als wieder eine Bitte um
Verstärkung eintraf, ging ich, ohne Stichelberger zu fragen, mit zwei
Jägern hinaus, um persönlich festzustellen, ob ein Hinaufkommen auf die
Platte in diesem Feuer möglich sei. Als ich eben aus der Kaverne trat,
trug man den Lt. Mad'er blutüberströmt, mit starren Augen, herein. Über
der ganzen Mulde hinter der Platte lagen dichte Rauchschwaden. Von
Trichter zu Trichter suchte ich vorwärts zu kommen. Da — ein furcht-
barer Krach — ich fühlte, wie ich weggeschleudert wurde. Als ich mich
wieder erhob, rann mir das Blut über den Kopf, ich taumelte . . . von
den Jägern aber sah ich nichts, sie müssen zerfetzt worden sein. Ich
schleppte mich in die Kaverne, wo ich d'as Bewußtsein verlor. Am Abend
erwachte ich beim Bataillonskommando, wohin man mich getragen hatte.
Dort hörte ich, daß auch Lt. Graff verwundet sei und daß Lt. Oberguggen-
berger und Lt. Matscher die Platte heldenmütig gehalten hätten."
Über den von Lt. Oberguggenberger geschilderten vormittägigen
Angriff der Alpini erzählt die Geschichte des Bataillons Aosta, daß bei
dem sich entwickelnden verzweifelten Vorstoß die ursprünglichen Stellun-
gen wiedererobert und ungefähr 40 Gefangene gemacht worden seien.
Während des ganzen Tages hätte man dann in den heißumkämpften
Stellungen unter dem unaufhörlichen Feuer der österreichischen Artillerie
ausharren müssen. Es sei auf den kleinen Raum der Platte zusammen-
gefaßt worden, in deren Verlust die Österreicher sich nicht schicken woll-
ten. Man hätte trotz fortwährender Belästigung durch österreichische
Patrullen die Stellung verstärken müssen, da man ohne Deckung gewesen
wäre. Als sich der Abend niedersenkte, sei das Bataillon immer noch in
den vordersten Linien, aber mit nur mehr 120 Gewehren gelegen. Alle
anderen Leute wären tot oder verwundet gewesen. Unter den letzteren
war auch Oblt. Urli,
Um 13 Uhr also war nach erfolgreichem Gegenstoß die Hauptstellung
wieder im Besitze der Kaiserjäger. Die Alpini hatten sich in der Sand-
sackstellung festgesetzt.
Inzwischen hatte das Brigadekommando alle ihm zur Verfügung
stehenden Reserven des 1. TJR. nachgeschoben, von dem nun alle Kom-
r>7) Oblt, i, d. Res. Haberfellner.
— 152 —
pagnien entweder als Besatzung in der Stellung eingesetzt oder als Ver-
stärkung in den Kampf auf der Platte geworfen worden waren.
Das Brigadekommando mußte daher schon am 17. Oktober auf das
IL Bataillon des 3. Kaiserjägerregimentes greifen und begann am 18. Ok-
tober vormittags, dessen Kompagnien zum Kampfgruppenkommando
Högn zu dirigieren.58) Damit begann der Einsatz von Teilen des 3. TJR.,
das nun gemeinsam mit dem Schwesterregiment den letzten Kampf am
Pasubio durchkämpfte.
Als erste Staffel traf um 12.55 Uhr die 7/3. TJR. bei Mjr. Högn ein,
in weiterer Folge die 5., dann die 8. und zuletzt um 18 Uhr die 6. mit dem
Bataillonskommando. Je nach der Heftigkeit des auf den Anmarschwegen
liegenden feindlichen Sperrfeuers erlitten sie mehr oder minder starke
Verluste.
Die Zuweisung eines frischen Bataillons gab dem Gruppenkommando
Mjr. Högn eine Kraft in die Hand1, mit der die Möglichkeit gegeben war,
die Lage auf der Platte zum Bessern zu wenden.
Eine Einflußnahme des Regiments- oder Brigadekommandos auf die
Gefechtsführung war nahezu ausgeschlossen, da sie von der Kampffront
zu weit ab waren. Die in den Momenten wiederhergestellter Drahtverbin-
dungen oder durch Meldemänner überbrachten Befehle waren durch die
Ereignisse meist überholt, oder es lagen ihnen irrige Beobachtungen zu-
grunde. So z. B. traf am Vortage (17. Oktober) um 20 Uhr vom Unter-
abschnitts- (Regiments-)kommando nachstehender Befehl beim Gruppen-
kommando ein:
58) Nach den schweren und verlustreichen Kämpfen am Cosmagon mußten das
I. und II. Bataillon des 3. TJR, durch Marschformationen wieder aufgefüllt werden. Da
aber die hiezu bestimmten Marschformationen des Regimentes nicht ausreichten, wurden
auch Formationen anderer Truppenteile eingereiht.
Zur Aufteilung gelangten: 3 Kompagnien des XXIII. Marschbataillons des 3. TJR.
(500 Feuergewehre), 1 Kompagnie des XXII. Marschbataillons des bosnisch-herzegowini-
schen JR. 2 (190 Feuergewehre), 2 Marschkompagnien des JR. 17 (400 Feuergewehre).
Die Kompagnie des XXII. Marschbataillons bh. 2 wurde mit ihrem Kommandanten,
Oblt. i. d. Res. Dr. Rostacher, als 8. Kompagnie beim II/3. TJR. eingereiht.
Nach der Aufteilung hatte jedes Bataillon einen Feuergewehrstand von etwa
600 Mann und 4 Maschinengewehren. Das I. Bataillon übernahm vertretungsweise Oblt.
i. d. Res. Dr. Roth, das II. Hptm. Fleischner.
Gliederung des II/3. TJR.:
Kommandant: Hptm. Hugo Fleischner,
Bataillonsadjutant: Lt. i. d. Res. Fritz Pechmann,
Kommandant der 5. Kompagnie: Lt. i. d. Res. Franz Karl Löberbauer,
„ if 6. „ Lt. i. d. Res. Hermann Wenzel,
«i h 7. ,, Oblt. i. d. Res. Kaspar Haberfellner
1, „ 8. ,, Oblt, i. d. Res. Dr, Franz Rostacher,
„ „ MGA. II: Oblt. i. d. Res. Augenfeld.
Das Bataillon war schon am 17. Oktober in den Abendstunden aus dem Unter-
abschnitt Roite in den Unterabschnitt Pasubio verlegt worden und mußte, da alle
Unterkünfte belegt waren, in voller Alarmbereitschaft ein Freilager beziehen. Die
Nächtigung im Freien auf über 2000 m Höhe bei der damals herrschenden Kälte gab den
größtenteils aus Ergänzungen der Marschformationen bestehenden Kompagnien des
Bataillons nicht die vor den bevorstehenden schweren Kämpfen nötige Ruhe.
— 153 —
„Gegenstoß gegen den in der Riegelstellung eingebrochenen Feind
mit allen verfügbaren Kräften. Mjr. Högn hat diesen Gegenangriff per-
sönlich zu führen/'
Tatsächlich war die Riegelstellung nicht angegriffen worden. Es
handelte sich sicherlich nur um die irrige Meldung irgendeines seitlichen
Beobachters, der den rechten Flügel der Hauptstellung als Riegelstellung
bezeichnete. Aber auch in dieser war die Lage um 18.30 Uhr bereits
wiederhergestellt.
Insolange Reserven nur in beschränkter Zahl vorhanden waren,
mußte sich das Kampfgruppenkommando auf den Einsatz derselben in
den Kampf auf der Platte während der Feuerpausen, deren Unterbringung
und Verpflegung, den Abtransport der Verwundeten und Gefallenen usw.
beschränken und die Verteidigung der Platte dem taktischen Geschick
und der todesmutigen Tapferkeit der Unterführer vom Schlage des
Lt. i. d. Res. Oberguggenberger überlassen.
Mit dem Eintreffen einer frischen Kraft konnte Mjr. Högn daran-
gehen, den Feind so rasch als möglich von der Platte zu werfen, denn es
stand zu befürchten, daß sich die Italiener in der Sandsackstellung be-
festigen und unter dem feindwärtigen Absturz der Platte gedeckte Unter-
künfte für Reserven schaffen könnte.59) Ebenso mußte Vorsorge ge-
troffen werden, daß den feindlichen Einbrüchen über den rechten Flügel
(Kaverne 3) der Hauptstellung ein Riegel vorgeschoben werde. Endlich
war die Ablösung der seit 17. Oktober in schwerstem Kampfe stehenden
Kompagnien geboten.
Als daher die Nachricht vom staffelweisen Eintreffen des II/3. TJR.
beim Gruppenkommando eintraf, atmete Mjr. Högn erleichtert auf, weil
sich jetzt die Möglichkeit ergab, durch einen Angriff die Platte zu säubern.
Der Angriff wurde für die Nacht auf den 19. festgesetzt und hiezu
zwei Kompagnien und die MGA. des II/3. TJR. bestimmt.
Nach einem zehn Minuten andauernden Vernichtungsfeuer der
Flankierungsgruppe Mte. Testo auf den Eselsrücken und die Plattenspitze,
während welchem die Maschinengewehre in der Stellung die Sandsack-
stellung und den Plattenrand am linken Flügel abzukämmen hatten, hatten
die hinter der Hauptstellung aufgestellten Infanteriewellen unter dem
Feuerschutze des Maschinengewehrfeuers und unter Festhaltung des
Hauptgrabens durch die Grabenbesatzung anzugreifen und den Feind von
der Platte zu werfen.
Das Regiments- und Brigadekommando wurden in diesem Sinne von
dem beabsichtigten Angriff verständigt.
Die staffelweise eintreffenden Kompagnien des II/3. TJR. machten,
wenn auch müde, einen günstigen Eindruck.
Die zuerst ankommende Abteilung war die 7. Komp., Oblt. i. d. Res.
Haberfellner, von der ein Zug zur Verstärkung auf der Platte eingesetzt
wurde, drei Züge blieben als Reserve beim Gruppenkommando Mjr. Högn.
59) Tatsächlich versuchten die Italiener auch, dort eine Blockhütte zu bauen, die
aber bald von den Flankenbatterien zerstört wurde.
— 154 —
Als um 17 Uhr die 8. Kompagnie beim Gruppenkommando eintraf,
erteilte Mjr- Högn dem Kompagniekommandanten ObtL i. d. Res.
Dr. Rostacher den Befehl, sich mit Lt. Oberguggenberger ins Einver-
nehmen zu setzen und den Angriff vorzubereiten.
Eine Stunde später kam als letzte Staffel die 6. Kompagnie mit dem
Bataillonskommandanten Hptm. Fleischner beim Gruppenkommando an.
Gleichzeitig erhielt Mjr. Högn auch vom Regimentskommando folgenden
Befehl:
,,Heute bei Einbruch der Dunkelheit mit allen verfügbaren Reserven
in mehreren Wellen hintereinander rücksichtsloser, kräftiger Gegenan-
griff, der über die ganze Platte hinwegfegt und den Feind von dieser
gänzlich herunterwirft. Es ist darauf hinzuwirken, daß Welle um Welle
vorgehe und kein stehendes Feuergefecht entsteht. Kaiserjäger! Den
Pasubio müssen wir halten!"
Mjr. Högn beauftragte nun den Kommandanten des II/3. TJR.,
Hptm. Fleischner, mit der 6. und 8. Kompagnie und der MGA. seines
Bataillons den Angriff durchzuführen.
Oblt. Dr. Rostacher hatte inzwischen um 18.30 Uhr das Kommando
der Sektion 7 übernommen. Ihm blieb Lt. Oberguggenberger noch weiter
zugeteilt, da seine bisherigen Erfahrungen sehr wertvoll waren und er als
Berater dem neuen Sektionskommandanten zur Seite stehen sollte. Er
blieb auch tatsächlich bis zum Schlüsse der Kämpfe, bis 20. Oktober, auf
der Platte,
Als Hauptmann Fleischner, der inzwischen in der Sektion 7 einge-
troffen war, alle Aufklärungen erhalten hatte, sah er, daß der Entwick-
lungsraum auf der Platte gerade nur für eine Kompagnie ausreichte und
daß eine Anhäufung von stärkeren Kräften durch die bei einem Angriffe
ausgelöste Beschießung sehr große Verluste ergeben würde. Er ließ daher
die 6. Kompagnie zum Gruppenkommando zurückmarschieren und befahl
dem Oblt. Dr. Rostacher, mit seiner Kompagnie und der MGA. II über-
raschend d'en Angriff in drei Wellen mit je 50 Schritten Abstand durch-
zuführen.
Über die Angriffsverhältnisse auf der Platte schreibt Lt. Ober-
guggenberger:
,,Der Befehl, mit zwei Kompagnien und einer MGA. einen ener-
gischen Vorstoß zu machen mit dem Ziele, den Gegner endgültig von der
Platte zu werfen, war sehr schwer durchzuführen. Die Erfahrung der
Vornacht hatte gezeigt, daß selbst Mannschaften, welche die Stellung gut
kannten, bei Nacht gegen die feindlichen Maschinengewehre nicht vorzu-
kommen vermochten. Umso weniger konnte dies einer fremden Angriffs-
truppe gelingen. Das Ansetzen einer so starken Gruppe auf dem kleinen
Raum mußte naturgemäß zu schweren Verlusten führen, die noch dazu
nutzlos gebracht wären, weil — und darauf war das Hauptgewicht zu
legen — ein Besetzen und Halten der Vorstellung im Falle der Fortsetzung
der Kämpfe ausgeschlossen gewesen wäre. War doch der ganze Raum
der Vorstellung von der italienischen Platte vollkommen eingesehen und
— 155 —
unter andauernd heftigem Beschüsse. Stellung war keine vorhanden,
so daß die Besatzung der Vorstellung einer Beschießung restlos zum Opfer
gefallen wäre. In dieser richtigen Erkenntnis hat Hptm. Fleischner nur
eine Kompagnie, die des Oblt. Dr. Rostacher, zum Angriffe befohlen."
d) Angriff der Bosniakenkompagnie
Oblt. Dr. Rostacher um 21.30 Uhr auf der Platte.
Die Verschiebung und Bereitstellung der Kompagnie Rostacher auf
der Platte war erst in den späten Nachtstunden beendet.
Um 21.30 Uhr gingen die Bosniaken mit bekannter Schneid und
Tapferkeit zum Angriffe vor. Doch das in der Dunkelheit schwer zu
überwindende und ihnen gänzlich unbekannte Gelände, das sofort ein-
setzende italienische Abwehrfeuer und besonders die aus der linken Flanke
wirkenden Maschinengewehre brachten die Angriffswellen vor der Sand-
sackstellung zum Stehen. Es kam zu einem Feuergefecht aus nächster
Entfernung.
Um schließlich die Kompagnie, die sehr brav angegriffen hatte, nicht
nutzlos zu opfern, befahl der Kompagniekommandant die Zurücknahme
in die Hauptstellung. Zwei Offiziere und fast zwei Drittel des Gefechts-
standes blieben tot oder verwundet auf dem Kampfplatz liegen.
Über die Wucht dieses in Wellen vorgetragenen Angriffes und über
die Tapferkeit der Bosniaken berichtet die Geschichte des Bataillons
Aosta:
,,Die Österreicher machten im Dunkel der Nacht drei aufeinander-
folgende Angriffe,60) einer heftiger als der andere. Alle drei wurden zu-
rückgeschlagen, weil die Alpini von einer heiligen Begeisterung zum Siege
erfüllt waren. Die Österreicher fielen in Haufen vor unseren Gräben und
unaufhörlich kamen neue hinzu."
Obst, von Partyka, dem vom Mißlingen des Gegenstoßes Meldung
erstattet wurde, drängte dessenungeachtet weiter, die Italiener gänzlich
von der Platte zu vertreiben.
Mjr. Högn erteilte daher dem Hptm. Fleischner schriftlich den Be-
fehl zur Wiederholung des Angriffes beim Morgengrauen mit stärkeren
Kräften und ohne Rücksicht auf die Verluste. Außer den zum Angriffe
befohlenen Kompagnien (6. und 8.) wurde noch die eben eingetroffene
1. Kompagnie (Lt. Morelli) zur Verfügung gestellt.
Zugleich erging der Auftrag, die Reste des I. und IV. Bataillons und
der Maschinengewehrabteilungen des 1. Kaiserjägerregimentes aus der
Stellung auf der Platte zu ziehen.
„Groß war allerdings die Zahl der Jäger nicht, die diesen Befehl er-
lebten," schrieb Lt. Oberguggenberger. ,,Die 4. und 1. Kompagnie mar-
schierten nun zum zweitenmal, stark dezimiert, von der Platte ab, dar-
unter nur wenige Offiziere und Mannschaften, die im September die
ß0) Damit dürfte das Vorgehen der drei Angriffswellen gemeint sein
— 156 —
Stellung bezogen hatten und ein Monat lang nahezu ohne Unterbrechung
in dieser Hölle lagen. Meine 4. Kompagnie hatte am 17. und 18. Oktober
allein 3 Offiziere und 116 Mann an Toten, Verwundeten und Vermißten
verloren. Der Gesamtverlust des I. und IV. Bataillons dürfte an diesen
Tagen mit 300 Mann eher zu niedrig als zu hoch geschätzt sein."
e) Lage bei den Sektionen 8 bis 13.
Während am 18. Oktober der Kampf auf der Platte tobte, drückten
die Italiener auch auf den östlich davon gelegenen Stellungsteil des Unter-
abschnittes.
Vor der Feldwachenlinie der Sektionen 8 bis 12 sammelte sich in
den Nachmittagsstund'en zwischen 16 und 17 Uhr stärkerer Gegner. Das
gut liegende Flankenfeuer der Malingo- und Milegnabatterien ließ ihn
jedoch nicht zum Angriffe kommen. Nach italienischen Angaben rückte
um diese Zeit das Alpinibataillon Cervino entschlossen vor, eroberte den
„Disco"61) und den ,,Cappello di Carabinieri"62) zurück,63) während das
III/157 mit Obstl. Saracco an de? Spitze gegen den ,,Cocuzolo dei Morti"64)
vorging, um die Kote 2059 anzugreifen. Dort aber befand sich ein Wespen-
nest von Maschinengewehren, das alle Wege und Räume bestrich und das
die italienischen Geschütze vergeblich suchten.
Der Gefechtsbericht des I/1. TJR. besagt über diese Episode:
„Meldung des Kompagniekommandanten der 5. Kompagnie, Sek-
tion 11, um 15.55 Uhr: Feind sammelt sich bei der Kote 2100 vor den
eigenen Feldwachstellungen. Reserven strömen, von der Sattelkote 2081
heruntersteigend, unaufhörlich zu."
Meldung um 17 Uhr: ,,Die die Feldwachen vor Sektion 9 und ^IO
angreifenden Italiener abgewiesen."
C) Í9♦ ^ffobet
a) Der Angriff der Kaiserjäger um 3.30 Uhr früh
und die gänzliche Säuberung der Platte.
Zur Durchführung des vom Regimentskommando anbefohlenen An-
griffes in den Morgenstunden zog Hptm. Fleischner die 1., 5., 6., 8. Kom-
pagnie65) und MGA. II heran und befahl, denselben in vier Wellen vorzu-
tragen, von denen jede die ganze Breite der Platte mit einem Abstände
von je 50 Schritten hintereinander auszufüllen hatte.
61) Disco — späterer Neutraler Hügel.
62) Cappello di Carabinieri = Cadorna Ost.
63) Diese Geländeteile waren von den Kaiserjägern nicht besetzt.
64) Totenhügel — eigene Feldwache 3.
65) Die 7. Kompagnie war bereits auf der Platte eingesetzt, von der 5. standen
ein Zug in der Sektion 9, zwei in der Sektion 8 und einer war Sektionsreserve gewesen.
Er machte mit der ersten Welle den Angriff auf die Platte mit.
fcf-
— 157 —
Die erste Welle bestand aus dem Rest der 8. Kompagnie (Bosniakeo)
und 1 Zug der 5. Kompganie unter Kommando des Oblt. Dr. Rostacher,
die zweite aus einer Halbkompagnie der 6. unter Lt. Wenzel,
Lage auf der Platte am 19, Oktober um 3.30 Uhr früh.
Kj = Linie der Angriffswellen der Kaiserjäger (II/3. TJR.)
S = italienische Sandsackstellung,
R = Eingreifen des Zuges Stobjgr. Rigger,
K z= Eingreifen der Mg des Stobjr, Kartnaller,
Strichlierte Pfeile = Rückzugsrichtung der Italiener,
Volle Pfeile = Angriffsrichtung der Wellen des II/3. TJR.
die dritte aus der anderen Hälfte der 6. unter Fhr. i. d. Res. Hasel-
steiner und
die vierte aus einer halben 1. Kompagnie und aus Teilen der 7. unter
Lt. Morelli.
Die zweite Hälfte der 1. Kompagnie verstärkte die Besatzung der
Sektion 8.
m
— 158 —
Die Bereitstellung zum Angriffe war um 3 Uhr früh beendet. Sie
hatte große Schwierigkeiten zu überwinden, weil bei der herrschenden
Finsternis sich die Kompagnien in dem unbekannten, mit Verwundeten
und Toten und Trümmern aller Art besäten Felsgelände nur schwer zu-
rechtfinden und aufstellen konnten.
Eine halbe Stunde später brach die erste Welle vor. Sie kam sofort
in das heftige Abwehrfeuer des wachsamen Gegners aus der Sandsack-
stellung und mußte vor derselben den Kampf mit Gewehr und Handgrana-
ten aufnehmen. Auch die zweite und die ihr folgenden Wellen vermoch-
ten im rasenden feindlichen Feuer den Angriff nicht vorzureißen. Alles
staute sich vor dem Gegner und es schien, als ob der Angriff sowie der
der Bosniaken gänzlich zum Stehen gekommen sei. In diesem Augen-
blicke retteten zwei tüchtige, tapfere Unteroffiziere die verzweifelte Lage.
Stabsoberjäger Karl Kartnaller nahm mit seinen zwei Maschinen-
gewehren die Mitte und den rechten Flügel der Italiener unter wirkungs-
volles Feuer, das den dort befindlichen Gegner zum Wanken brachte. Zu
gleicher Zeit stürmte Reserve-Stabsoberjäger Rigger mit seinem Zuge der
7. Kompagnie gegen den linken Flügel der feindlichen Stellung und um-
faßte ihn. Dieses geschickte, aus eigenem Antriebe hervorgehende und
für den Kampf entscheidende Eingreifen der beiden Unteroffiziere brachte
die Italiener zum Weichen und gab d'en in der Front anfangs festgehal-
tenen Angriffswellen die Möglichkeit, im Sturme in die Sandsackstellung
einzudringen und die Italiener schließlich auch über die Vorstellung hin-
unterzuwerfen. Beide Stabsoberjäger wurden für diese ausschlaggebende
Tat mit der Goldenen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet. Auch Fähnrich
Moser (aus Uzenaich in Oberösterreich) tat sich im Kampfe besonders
hervor. Mit der ersten Welle angreifend, war er bis ganz nahe an die
Sandsackstellung gekommen und versuchte mit seinem Zuge zweimal zum
Sturme anzusetzen, wurde aber jedesmal durch das Feuer eines nahen
Maschinengewehres niedergehalten. Er schlich sich so nahe als möglich
an dasselbe heran, setzte mit Handgranaten die Bedienung außer Gefecht
und machte so den Weg zum Sturme frei. Auch er erhielt für sein tapferes
Verhalten die Goldene Tapferkeitsmedaille.
Um 5 Uhr früh war die ganze vom Herzblut vieler braver Männer
getränkte und mit toten und verwundeten Helden besäte Platte wieder
in der Hand der Kaiserjäger. Beim Sturme über die Sandsackstellung
wurde eine große Zahl von Gefangenen gemacht, und zwar: 1 Haupt-
mann (Interimskommandant des Alpinibataillons Aosta), 3 Oberleutnante
und 6 Leutnante, ferners 59 Alpini des genannten Bataillons, außerdem
92 Mann der Infanterieregimenter 157 und 158. Die Verwundeten, die
später geborgen wurden, sind in den Zahlen nicht mitgezählt. 4 Ma-
schinengewehre wurden erbeutet.
Die große Zahl der auf dem verhältnismäßig sehr kleinen Raum
zwischen der Sandsackstellung und der Plattenspitze (Feldwachstellung)
gemachten Gefangenen von drei Truppenkörpern ließ darauf schließen,
daß die Italiener dort zu einem Angriff bereitgestellt waren, in den der
— 159 —
Angriff der Kaiserjäger hineinstieß. Auch die außerordentliche Heftigkeit
des Abwehrfeuers gegen den Angriff der Bosniaken einige Stunden vor-
her könnte damit in Zusammenhang gebracht werden.
Die Verluste der Angriffsgruppe waren sehr schwer, konnten aber
nicht genau festgestellt werden, da die Kämpfe ihren Fortgang nahmen
und neue Verluste brachten. Von den Zugskommandanten war Fähnrich
Haselsteiner gefallen.
Eine Schilderung des Verlaufes des Angriffes der Kaiserjäger ist
auch in der Geschichte des Alpinibataillons Aosta enthalten und läßt sich
mit den Ereignissen während1 des Kampfes in Übereinstimmung bringen.
„Gegen 3 Uhr, heißt es dort, griffen die Österreicher, von einem
massenhaften Maschinengewehrfeuer unterstützt, mit frischen, starken
Kräften links, in der Mitte und rechts an. Als der Kampf den Höhepunkt
erreichte und sich schon fast zu unseren Gunsten neigte, wich die von
unserer Infanterie66) besetzte Mitte, durch das schreckliche Maschinen-
gewehrfeuer zersprengt, und zog sich auf den Sattel zwischen den beiden
Platten zurück. Nur an den Flügeln versuchten immer noch zwei Gruppen
der Alpini hartnäckigen Widerstand zu leisten. Der linke war jedoch bald
von den Österreichern umzingelt. Dort kam es zu einem furchtbaren
Handgemenge. Der Dente war verloren. Auch wir zogen uns zurück,
konnten aber die Toten und Verwundeten leider nicht mitnehmen. Sie
mußten die ganze Nacht zwischen den Linien liegen bleiben, zuerst laut,
dann immer leiser stöhnend. Am Morgen deckte sie eine leichte Schnee-
decke zu."67}
Nach dem geglückten Angriff war beabsichtigt, die 7/3. TJR. und
die MGA. 1/3. TJR. in der Stellung auf der Platte zu belassen und die
anderen Kompagnien zurückzunehmen. Das sofort einsetzende feindliche
Artilleriefeuer, die starke Vermischung der Verbände und nicht zuletzt
das bald beginnende Morgengrauen ließ die Durchführung dieser Absicht
66) 3/158 und Teile des JR. 157.
67j Von den an den Oktoberkämpfen teilnehmenden Alpinibataillonen hatte das
Bataillon Aosta die größten Verluste aufzuweisen. Es war überall dort eingesetzt wor-
den, wo die heftigsten Kämpfe tobten, und hatte mit großer Tapferkeit und Hartnäckig-
keit gefochten.
Bei der italienischen Septemberoffensive machte es den Angriff auf die Cosmagon-
stellung mit und hatte den Verlust von 11 Offizieren und 412 Mann zu beklagen. Wäh-
rend der Oktoberoffensive sahen wir das Bataillon am 9. im Angriff gegen die Feld-
wachenstellung aus dem Räume Sette croci, am 10. vormittags im Angriff gegen die
Gruppe Hptm. Pfrogner im Räume Cosmagon, am 12. Oktober griff eine Kompagnie
nach Mitternacht die Riegelstellung an. An diesem Tage löste das Bataillon das
Alpinibataillon Adamello in der Stellung der Panettoni (ehemalige Sektion 5 und 6) ab.
Am Abend des 15. wurde es wieder herausgezogen, um hinter dem Palom (Pasubiokote
2236) sich für den nächsten und auch schwersten Kampf vorzubereiten.
Am 17. Oktober machte es den Sturm auf die österreichische Platte und verblieb
dort unter wechselvollen Kämpfen und unter schwersten blutigen Verlusten bis zum
19., wo es im hartnäckigen Kampf gegen die Kompagnien des II/3. Kaiserjägerbataillons
sein Letztes hergab.
Die Geschichte des Bataillons beziffert die Verluste während der Zeit vom 9. bis
19. Oktober mit: 8 toten und vermißten, ferners 11 verwundeten Offizieren, 206 toten
und vermißten und 392 verwundeten Alpini. Gesamtverlust 617.
— 160 —
nicht zu. Schließlich bildete eine Abteilung von 80 Mann, meist der
6. Kompagnie angehörend, die Besatzung der Hauptstellung, zwei
Schwärme standen in d'er Vorstellung. Während der Beschießung abei
wurde der Hauptteil der Besatzung zur Vermeidung unnützer Verluste in
die Kavernen zurückgezogen. Alle übrigen Kompagnien mußten wegen
Raummangel in den Kavernen am Nordrand der Platte untergebracht
werden.
Wie aus der Truppenzugehörigkeit der Gefangenen zu ersehen war,
waren neben Teilen des Bataillons Aosta auch Teile der Infanterie-
regimenter 157 und 158 auf der Platte eingesetzt, und zwar nach der Ge-
schichte d'es Bataillons Aosta in der Mitte der Sandsackstellung.
Eine Beschreibung des Kampfverlaufes bei der 3/158 finden wir in
dem Buche ,,Due anni di guerra con la Brigata Liguria":08)
„Um 5 Uhr versuchte der Feind, der jeden Zoll seines Bodens kannte,
mit frischen, imponierenden Kräften einen Gegenangriff. Die 3. Kompag-
nie wurde überwunden, ging zurück, wich — nein! denn es waren nur
mehr wenige vorhanden, deren Name und Tapferkeit das Dunkel der
Nacht bescheiden deckte, Sie stürzten sich — einer gegen fünf — auf
die Masse der Feinde, dessen Stärke sie für eine Legion hielten. Als dann
um 6 Uhr eine heftige Beschießung einen neuen Schlag einleitete, eilte
die 4/158 zu Hilfe. Ein Schneesturm ließ aber nicht einmal die Hälfte ans
Ziel kommen. An ihrer Spitze waren der Hauptmann und zwei von den
drei Offizieren gefallen.
Eine dritte Überschwemmung mit einer Masse von Feinden zwang
die letzten Verteidiger, den Dente zu räumen. Jedoch nicht ganz, weil
in dem etwas tieferen Schützengraben immer noch die 1/158 mit einer
Maschinengewehrsektion bereitlag, um es mit dem höhergelegenen Feinde
aufzunehmen. Das Divisionskommando befahl aber die gänzliche Räu-
mung des Dente."69)
Der Bericht des Alpinibataillons Aosta zeigt zwar eine Verschie-
denheit in der Stundenangabe, doch dürfte mit dem angeführten drei-
maligen Angriff die verschiedenen Wellen der Kaiserjäger gemeint sein.
Der Verlauf des Kampfes und die Darstellung der Geschichte des Batail-
lons Aosta lassen weiter vermuten, daß der Räumungsbefehl bei den ita-
lienischen Truppen auf der Platte erst dann eintraf, als der Kampf auf
derselben bereits entschieden war und nur mehr jene Teile dafür in Be-
tracht kamen, die am Fuße der Platte oder am Eselsrücken sich hielten.
Auch dürfte der Rückzugsbefehl des italienischen Divisionärs nicht
nur für die auf der Platte Kämpfenden, sondern für die ganze Linie ge-
golten haben und im Zusammenhange mit der Gruppierung frischer Kräfte
für den am gleichen Tage beabsichtigten allgemeinen Angriff gestanden
haben.
68) Von Capit. Coda, Seite 183.
69j Von einem Räumungsbefehl des Divisionskommandanten lesen wir auch in
dem Buche „L'Armata del Trentino 1915—1919" von Gen. Schiarini, Seite 221.
— 161 —
Dieser neue Angriff der Italiener am 19. und 20. dehnte sich auf die
ganze Pasubiofront bis zum Monte Spil aus und veranlaßte schließlich,
als der Angriff am Nachmittage des 19. mißlang, das italienische
5. Korpskommando, eine Unterstützung durch eine Demonstration der
32. Division gegen Borcolapaß und1 der 37. Division im Val Lagarina an-
zuordnen.
b) Der Angriff der Italiener um 17 Uhr
auf die Riegelstellung, die Platte und die Sektion 8,
Erfolgreiche Gegenstöße der Kaiserjäger.
Der Angriff sollte — wie erwähnt — auf der ganzen Pasubiofront
bis zum Monte Spil mit dem Schwergewicht gegen die österreichische
Platte geführt werden. Dort hatten zwei frische Bataillone der Divisions-
reserve, das Alpinibataillon Monte Suello und Val Maira gegen die Platte
und deren beiden Flanken vorzugehen, während östlich davon (Groviglio)
und westlich (Roite) nur demonstriert werden sollte.
Nach einem äußerst heftigen Vorbereitungsfeuer, das sich auch als
Störungsfeuer auf alle Sammelräume und Zugangswege hinter die öster-
reichische Stellung legte, setzte um 17 Uhr ein sehr rasch und tapfer vor-
getragener Angriff ein. Das Alpinibataillon Monte Suello warf sich mit
großem Schwung gegen die Stellungen der Platte und der Sektion 8, das
Alpinibataillon Val Maira griff die Riegelstellung (Sektion 6) an. Überall
zeitigte der rasche Angriff derartige Anfangserfolge, daß das Schicksal
der Platte fast besiegelt schien.
Nach italienischen Angaben70) aber ,»konnten unglücklicherweise
frische Truppen nicht mit der notwendigen Schnelligkeit auf den Kampf-
platz gebracht werden, so daß es dem Feinde möglich wurde, in dichten
Kolonnen vorbrechend, einen Gegenstoß zu machen und den kleinen
Sattel71) und d'en nördlichen Teil des Dente72) zurückzuerobern."
Dieser Angriff der Italiener war zwar nicht der letzte, aber in seiner
Durchführung ein verzweifelter Versuch, mit starken Infanterie- und Ar-
tilleriekräften doch noch einen Erfolg vor Abschluß der Offensive und
vor Beginn des Winters zu erzielen. Die Ereignisse spielten sich sehr
rasch ab und seien in ihren Einzelheiten im nachfolgenden geschildert.
Das italienische Vorbereitungsfeuer wütete bereits seit 13.30 Uhr
durch drei Stunden, als vom Beobachter am Mte, Testo die Bereitstellung
feindlicher Truppen südwestlich der Platte gemeldet wurde. Sie wurde
von der Verteidigungsartillerie sofort unter heftigstes Feuer genommen.
Eine Viertelstunde später meldete bereits Hptm. Gamber, der Komman-
dant des II/l, TJR., der von Osten gute Beobachtungsmöglichkeit hatte,
daß die Italiener gegen die Platte vorrückten und daß die Maschinen-
70) Schiarirli, „L'Armata del Trentino 1915—1919", Seite 221.
71) Mit dem kleinen Sattel ist die Riegelstellung (Sektion 6) gemeint.
72) Der nördlich der Hauptstellung gelegene Teil der Platte, der jedoch nie in
italienischem Besitz war.
Schernii], „Die Pasubio-Kämpfe"
11
gewehre seines Abschnittes und das Gebirgsgeschütz der Mga. Costa das
Feuer gegen sie eröffnet hätten.
Um 17 Uhr legte sich die italienische Beschießung als undurchdring-
liches Sperrfeuer nach rückwärts und rasch brachen die Italiener in der
Riegelstellung, auf der Platte und in der Vorstellung der Sektion 8 ein.
In der Riegelstellung waren die vorgeschobenen Posten bereits ge-
fallen gewesen. Außerdem hatte eine Granate die größte Kaverne ge-
troffen, viele Insassen getötet oder verwundet und den Ausgang durch
Felsstücke vollkommen verlegt. Zwei Maschinengewehre waren un-
brauchbar geworden. Für die Alpini des Bataillons Val Maira war es da-
her nicht schwer, im ersten Ansturm in die fast unbesetzte Stellung ein-
Lage am 19. Oktober um 17 Uhr.
Strichlierte Pfeile = Angriffsrichtungen
und Einbruchsstellen der Italiener.
zubrechen und den Angriff über dieselbe hinaus in der Richtung gegen
das Gruppenkommando Mjr- Högn und auch in den Rücken der Platte vor-
zutragen.
Die Artilleriebeboachter hatten die Lage, die ganz überraschend
eingetreten war, geistesgegenwärtig erkannt und den eingebrochenen
Gegner unter rasendes Feuer genommen.
Mjr. Högn setzte sofort die halbe 8. und die 1/3. TJR. unter Lt. Mo-
relli zum Gegenstoße an, dem es durch rasches und schneidiges Drauf-
gehen gelang, die bereits sehr weit vorgedrungenen Alpini unter Zurück-
lassung von Toten, Verwundeten und Gefangenen gegen die Riegelstellung
zurückzuwerfen. Dort hatten sich inzwischen die in der Kaverne Ver-
schütteten befreit. Zusammen mit einem Zug der 1/1. TJR. unter Ober-
jäger Egg griffen sie in den Kampf ein und warfen den Feind gänzlich aus
Standort des Plattenbataillonskommandos.
der Riegelstellung. Ein Zug der 7/3. TJR. unter Oberjäger Unterkircher
beteiligte sich durch Feuerabgabe an dem Gegenangriff.
Auch auf der Platte hatte sich anfänglich die Lage sehr bedrohlich
gestaltet. Als der Kommandant der 7. Kompagnie Oblt. Haberfellner sah,
daß sich Teile der in der Riegelstellung eingedrungenen Alpini gegen den
Rücken der Hauptstellung wendeten, griff er sie im Gegenstoß an und
warf sie wieder zurück. Ein Teil der Kompagnie vermochte auch durch
Feuerabgabe den Gegenstoß des Lt. Morelli zu unterstützen.
Auf der Platte selbst war indessen ein Angriff der Alpini des Batail-
lons Suello aus der Vorstellung gegen die Hauptstellung im Gange. Auch
hier hatte der Gegenstoß der Besatzung unter Oblt. Dr. Rostacher vollen
Erfolg. So wie bei dem Angriff in den ersten Morgenstunden mähten auch
jetzt die Maschinengewehre des Stabsoberjägers Kartnaller die Reihen
der stürmenden Alpini nieder und Stabsoberjäger Riegger fiel ihnen in
die linke Flanke. Teile der 5. Kompagnie warfen sich gegen die feindliche
Mitte, Teile der 6. gegen den rechten Flügel. Von allen Seiten angefallen,
mußten die Alpini weichen. Eine große Anzahl blieb tot oder verwundet
am Kampfplatz liegen, etwa 100 wurden gefangengenommen.
Auch in der Vorstellung der Sektion 8, wo die Alpini an einer Stelle
eingedrungen waren und eine Kaverne ausräumten, wurde durch einen
sofort einsetzenden Gegenstoß der Besatzung die Lage wiederhergestellt.
60 Alpini der 139. Kompagnie des Alpinibataillons Suello blieben als Ge-
fangene zurück.
11*
— 164 —
Während des Angriffes des Alpinibataillons Suello auf der Platte
machte sich auch Bewegung auf und hinter den Hügeln, die vor der Feld-
wachenlinie der Sektionen 8 bis 12 gelegen, jedoch nicht besetzt waren,
bemerkbar. Nach italienischen Angaben ging dort das III/157 gegen die
Stützpunkte ,»Ferro di Cavallo", ,,Disco" und ,,Cappello di Carabinieri"
vor und nahmen sie in Besitz.
Es schien dies die von den Italienern gleichzeitig mit dem Angrift
auf die Platte vorgesehene Demonstration in diesem Räume gewesen
zu sein.
——-
Um 18.15 Uhr war die Platte mit den ihr benachbarten Stellungen
vollständig in der Hand der Kaiserjäger. Der für die Italiener anfänglich
so verheißungsvolle, durch zahlreich vorhandene und sofort nachgeführte
Reserven gesichert scheinende Erfolg war durch das rasche, entschlossene
und selbsttätige Eingreifen der Reserven zunichte gemacht.
Die durch den teilweisen Einbruch der Italiener hervorgerufene
schwere Krise hatte sich bis zum Regimentskommando ausgewirkt, so
daß sich Obst, von Partyka gezwungen sah, nicht nur für die Brigade-
reserve, sondern auch für den Brigadestab strengste Marschbereitschaft
anzuordnen. Als dann um 17.15 Uhr mit dem Erscheinen der Alpini in
der Nähe des Gruppenkommandos die gefährliche Lage ihren Höhepunkt
erreicht hatte und Mjr. Högn nach Einsatz aller seiner Reserven melden
mußte, daß nur rasche und dringende Hilfe durch neue Reserven die
Situation in der Riegelstellung retten könne, ließ Obst, von Partyka
seine letzte Reserve, die Sappeurkompagnie 5/V, um 18 Uhr zum Gruppen-
kommando Högn abmarschieren. Er selbst begab sich mit dem Regiments-
adjutanten Hptm. von Istler zum Busesattel, um nötigenfalls das als
Unterstützung heranrückende Halbbataillon des JR. 14 zum letzten
entscheidenden Gegenstoß persönlich vorzuführen. Dazu kam es jedoch
nicht, da um diese Zeit die Lage an der Front bereits wiederhergestellt
war.
Ein Tag, ausgefüllt mit schweren Kämpfen und voll von krisenhaften,
oft verzweifelten Lagen ging zu Ende. Mjr. Högn schreibt in seinem Ge-
fechtsbericht: „Dieser Kampftag ist wohl der blutigste in der Zeit vom
9, bis 20. Oktober gewesen. Die blutigen Verluste dürften die Zahl 300
sicher erreicht haben."73)
Nach Einbruch der Dunkelheit wurde die sehr ermüdete und abge-
kämpfte Besatzung der Platte durch die 4/3. TJR. (Lt. i. d. Res. Ecker)
abgelöst. Auch sie blieb nur kurze Zeit und wurde im Laufe der Nacht
73) Die Verluste der Kaiserjäger waren tatsächlich sehr schwer. Für die auf der
Platte kämpfenden Kompagnien des II/3. TJR. ohne MGA. II und die ebenfalls ein-
gesetzte 1./3. TJR. betrugen sie: Offiziere: 1 tot, 5 verwundet. Mannschaft: 21 tot,
251 verwundet, 112 vermißt. Gesamtverlust: 390.
Von den 112 Vermißten ist der größte Teil unter die Toten oder Verwundeten
zu zählen, die am 19. noch zwischen der Hauptstellung und der Vorstellung lagen und
erst einige Tage später geborgen werden konnten. Die Zahl dieser und die der blutigen
Verluste der MGA. II und der 1./3. TJR. miteinbezogen, dürfte die Gesamtsumme 450
am 18. und 19. Oktober sicher erreicht haben.
— 165 —
durch die 2/3. TJR. (Oblt. Dr. Roth) und die MGA. I ersetzt. Das in-
zwischen eingetroffene Halbbataillon IR. 14 bezog als Reserve das ehe-
malige Lager des II/l. TJR.
In der Nacht wurde unter Aufbietung aller Kräfte der Abschub der
Verwundeten, die Versorgung der Besatzung mit Munition und Ver-
pflegung durchgeführt, sowie die notdürftigste Herstellung der vollkom-
men zerschossenen Kampfanlagen begonnen, um einem neuen Angriff
entgegentreten zu können.
D) 20. «JMfobet.
a) Schwache Angriffsversuche der Italiener
gegen die Sektionen 2, 3, 5 und 6 der Roitestellung.
Die bisherigen erfolglosen Angriffe schreckten die Italiener vor
einer nochmaligen allerletzten Kraftanstrengung nicht zurück. Sie schrit-
ten am 20. Oktober neuerlich zu einem zwar mit starken Kräften, aber
mit wenig Schwung vorgetragenen Angriff.
General Schiarini sagt hierüber in seinem Buche ,,L'Armata del
írentino 1915—1919", daß in der Früh des 20. Oktober die tapferen
Truppen der 44. Division einen neuen Angriff gegen den Dente und gegen
die angrenzenden Teile der Roite begannen. Trotz ihrer Kühnheit aber
konnten sie wegen heftigen Gewehrfeuers und wiederholter Gegenangriffe
nur geringe Erfolge erzielen. Als dann ein heftiger Schneesturm die
Schlacht unterbrach, befahl der Divisionär Gen. Graziani, die gegenwär-
tige Linie zu verstärken und zu halten.
Diese letzte Kraftanstrengung der Italiener kam aber nirgends als
ein einheitlich geführter, kraftvoller Angriff zum Ausdruck. Die tage-
langen Kämpfe dürften auch die italienischen Truppen ermüdet und' ihren
Angriffsgeist gelähmt haben.
Es kam nur an einzelnen Stellen der Roitefront und östlich der Platte
zu örtlichen Vorstößen.
Um 6.45 früh meldete der Beobachter vom Mte. Testo, daß sich vor
der Sektion 2 der Roitestellung der Gegner in den Latschen zum Angriff
gruppiere. Um 9 Uhr stießen tatsächlich, begünstigt durch den Nebel und
leichten Schneefall, feindliche Patrullen gegen Sektion 2 und den rech-
ten Flügel der Sektion 3 vor, wurden aber von den vorgeschobenen Pa-
trullen der Besatzung entdeckt. Ihr Abwehrfeuer alarmierte di¿ Artillerie,
in deren sofort beginnenden Feuer alle um 10 Uhr einsetzenden Angriffs-
versuche zusammenbrachen.
Mehrere von den vorstoßenden feindlichen Patrullen wurden abge-
schossen oder gefangengenommen. (1 Unteroffizier und 12 Mann des
Alpinibataillons Val Adige, 2 Mann des JR. 85 und 6 Mann des 7. Bersag-
lieribataillons zu Rad.)
— 166 —
b) Schwache italienische Angriffs-
V er s il che in den Morgenstunden gegen die der Platte
benachbarten Sektionen.
Auf der Oberfläche der Platte kam es zu keiner Kampfhandlung.
Nu i in der Riegelstellung versuchten um 7 Uhr früh stärkere Kräfte ohne
Artillerievorbereitung in dichtem Nebel die Stellung zu überfallen. Sie
wurden leicht abgewiesen.
Im Zusammenhange mit diesem Angriffe versuchte am Westhange
der Platte eine feindliche Abteilung unter dem Schutze des Nebels sich
den Stellungen zu nähern. Das Abrollen von Steinen hatte aber schon
um 7.30 Uhr ihr Vorgehen verraten. Als der Nebel riß, konnte man etwa
40 Alpini in d'en Felsen wahrnehmen, die am Steilabfall längs der Platte
vorkrochen. Ein Maschinengewehr der Riegelstellung nahm sie unter
Feuer. Kein Mann entkam.
Auch östlich der Platte wurden feindliche Ansammlungen in der
Mulde südöstlich und bei der Kote 2100 gemeldet. Sie wurden bald durch
das Feuer der Verteidigungsartillerie zersprengt.
So war auch dieser letzte Angriff rasch und leicht abgewiesen. Er
hatte die Anzeichen der Ermüdung und Erschlaffung in sich und kam
nirgends über einen schwachen Versuch hinaus.
c) Das Ende der Kämpfe.
Um 11 Uhr vormittags begannen Schneeflocken zu fallen und ein
später einsetzender Schneestürm machte den schweren elftägigen
Kämpfen ein jähes Ende.
Die zweite Angriffsperiode vom 17. bis 20. Oktober brachte den
Italienern trotz des Einsatzes einer großen Übermacht an Infanterie und
Artillerie und trotz Tapferkeit und Zähigkeit keinen Erfolg,
Ihr Versuch, den Besitz der Cosmagonstellung auszunützen und die
Roitefront zu dürchstoßen, wurde am ersten Tage bereits aufgegeben.
Sie wandten ihre Anstrengungen wieder der Platte zu und es schien, als
ob sie sich schließlich auch mit dem Besitze der kleinen Felsplatte be-
gnügt hätten, um einigermaßen eine Rechtfertigung für die so zahlreichen
Opfer zu haben.
Denn rückblickend stellt sich die elftägige Offensive eigentlich als
ein Kampf um die österreichische Pasubioplatte dar. Sie sollte der Ein-
bruchspunkt werden, auf sie vereinigten sich alle heroischen Anstren-
gungen der Italiener. Aber jeder Versuch, sie im frontalen Angriff zu
nehmen oder ihre Stellung durch seitliche Einbrüche abzuwürgen, schei-
terte.
Wohl gelang es den Italienern, die ihnen zunächst gelegene Spitze
der Platte, die Vorstellung, im wechselvollen Kampfe zu nehmen, um sie
aber ebensooft wieder zu verlieren. Auch drangen sie dreimal über den
rechten Flügel der Hauptstellung auf der Platte hinaus, überschritten die
seitliche Riegelstellung und stießen auch einmal zum Teil in den Raum
hinter den rechten Flügel der Hauptstellung. Jedesmal aber wurden sie
im heldenhaften Verzweiflungskampf der Kaiserjäger wieder zurückge-
schlagen, Angriff und Gegenstoß wechselten unausgesetzt.
Obstbrig. von Ellison beurteilt die Kämpfe folgend1:
,»Bedenkt man, daß die für den Besitz des Pasubio entscheidenden
Kämpfe sich auf einem kleinen, kaum 80 m breiten Raum abspielten und
daß in diesem Raum in einem zehntägigen, Tag und Nacht währenden
Ringen beiderseits Hunderte von Kämpfern eingesetzt waren und in
Freund und Feind im Tode vereint. Verschneite Leichenhügel auf der Pasubioplatte.
23, Oktober 1916.
(Bild aus „Tiroler Kaiserjäger im Weltkrieg" von Guido Jakoncig.
Verlag Wagner, Innsbruck.)
schwerstem Geschütz- und Minenwerferfeuer bis zur Vernichtung stand-
hielten, dann kann man sich ein Bild des grauenvollen Kampfes, aber auch
des Heldentum machen, das restlose Pflichterfüllung im Dienste des Vater-
landes vom Angreifer und1 Verteidiger in gleichem Maße forderte. Dei
Pasubio bleibt für Kaiserjäger und Alpini das Denkmal unerhörter Qualen
und nie verblassenden Ruhmes."
So war die Platte der Platz des heißesten Ringens geworden. Auf
ihr lagen im wahrsten Sinne des Wortes die Toten übereinander, Freund
und Feind im Tode vereint. Zahllose Granattrichter, zerwühlte Gräben,
zerrissene Drahthindernisse, zerfetzte Ausrüstungsgegenstände gaben der
Walstatt das Gepräge des Todes und der Vernichtung, die nun eine
Schneedecke mitleidig zudeckte. Es dürfte an der Tirolerfront kaum ein
— 168 —
Platz existieren, wo durch so viele Tage hindurch auf einem so kleinen
Raum so hartnäckig ein Kampf Mann gegen Mann ausgefochten wurde.
Das Krachen der Artilleriegeschosse, das Bersten d!er schweren
Minen, das Aufleuchten der Explosionen aus der dichten Staub- und
Rauchwolke boten das Bild eines Inferno. Der Außenstehende konnte
es nicht fassen, daß darinnen Menschen sich aufhalten, geschweige denn
am Leben sein konnten. Und es war erhebend und ergreifend, wenn nach
Rückwärtsverlegung des feindlichen Feuers trotzdem die Kaiserjäger aus
allen Kavernen und Löchern heraussprangen, stehend schoßen, Hand-
granaten warfen und den Kampf im Handgemenge aufnahmen. Dieser
schwere und zermürbende Verteidigungskampf wiederholte sich tagelang
und mehrmals des Tages. Demgemäß waren auch die blutigen Verluste
erschreckend groß, auf Seite des Verteidigers größer als beim Angreifer.
Man könnte hien mit Recht von einer ,,Mühle am Pasubio" sprechen,
wo 17 Kaiserjägerkompagnien, 1 Bosniakenkompagnie und 5 Maschinen-
gewehrabteilungen in den Kampf geworfen und fast zermalmt wurden.
Die italienische Führung hatte nicht ohne Grund den Kaiserjägern
ihre besten Gebirgstruppen, die Alpini, im Angriffe entgegengestellt,
denen man, wenn man das außerordentlich schwierige Angriffsgelände
der Platte, die verheerende Wirkung der Artillerie und der Maschinen-
gewehre der Verteidiger und die enorme Verlustzahl in Betracht zieht,
auch die gebührende Achtung und Anerkennung zollen muß.
Wie hoch der Kampfwert der Kaiserjäger beim Gegner eingeschätzt
wurde, ist einer kurz nach Beendigung der Kämpfe erschienenen Zei-
tungsnotiz74) zu entnehmen:
„Mit Rücksicht auf die Bedeutung des Pasubiogebietes ist es be-
greiflich, wenn die österreichische Elitetruppe, die Kaiserjäger des 1. und
3. Regimentes, uns jeden Fußbreit Boden streitig machten. Die wahrhaft
übermenschliche Widerstandskraft der Tiroler Kaiserjäger, die unerhört
blutigen Opfer, das unausgesetzte Hin- und Herfluten des Kampfes be-
weisen besser als jede Beschreibung die wirklich wunderbare Tapferkeit
unserer Kämpfer."
Bei Beurteilung des Kampfwertes der Kompagnien muß ferners be-
rücksichtigt werden, daß sie nur zum Teil aus kampferprobten Leuten
bestanden. Fast alle dieser Kompagnien wurden noch während der Kämpfe
durch Ergänzungen aus den Marschformationen aufgefüllt, die selbst meist
aus eben ausgebildeten und daher noch nicht an der Front gestandenen
Mannschaften bestanden und die ihre Feuertaufe erst im Hexenkessel
am Pasubio erhielten.
Auch die brave Artillerie darf nicht vergessen werden. Trotz der
mannigfachen Aufgaben, die ihr im Kampfbereiche der Brigade zufielen,
wirkte sie überall mit ausgezeichnetem Erfolge. Ihr rasches, treffsicheres
Eingreifen hatte dem Feinde außerordentlich schwere Verluste zugefügt
und oft auch den Angriff unterdrückt, bevor er zur Entwicklung gekom-
74) „Corriere della Sera" vom 21. Oktober 1916.
Maria-Theresienritter Obit, i. dL Res, Viktor Br. Oberguggenberger
des 1. TJR.
(Gemälde von Thomas Riß.)
men war. Da damals kein Munitionsmangel herrschte, konnte sie ihre
bekannte Schießfertigkeit voll zur Auswirkung bringen.
Große Belobungen und Anerkennungen ernteten die Kaiserjäger
und alle Truppen, die an der Verteidigung des Pasubio teilgenommen
hatten.
Der Befehl des 11. Armeekommandos lautete:
,,Seit 9. Oktober in fast ununterbrochenen schwersten Kämpfen
stehend, haben die heldenmütigen Tiroler Kaiserjägerregimenter 1 und 3,
dann Teile des 4. und andere Truppenteile nicht nur ihre derzeitigen Stel-
lungen in unvergleichlicher Stand'haftigkeit behauptet, sondern auch, von
der braven Artillerie mit vollem Einsatz aller Kräfte aufs wirksamste
unterstützt, in todesmutigen Gegenangriffen den weit überlegenen Feind
nach siebeneinhalbstündigem Ringen heute wieder von der so hart um-
strittenen Pasubioplatte gänzlich geworfen und ihm schwerste Verluste
zugefügt.
Kaiserjäger! Vom größten Stolze erfüllt, entbiete ich Euch und dei
braven Artillerie die besondere Anerkennung des Armeekommandos und
den bewundernden Dank der ganzen Armee, In Ehrfurcht neigen wir uns
vor jenen Tapferen, die ihre Treue mit dem Tode besiegelten; unvergäng-
lich ist ihr Andenken. Im felsenfesten Vertrauen blickt die Armee zu dem
von neuem Kampfe bedrohten Pasubio empor, der nie und nimmer dem
Feinde gehören wird, solange solche Truppen ihn verteidigen.
11. Armeekommando,"
Der Korpskommandant GdK. Fürst Schönburg drahtete:
;,Den tapferen Verteidigern des Pasubio und Roite, sowie ihren Kom-
mandanten und ihrem Brigadier, der trefflich wirkenden und geleiteten
Artillerie sowie auch den technischen Truppen Dank für ihr mannhaftes
Verhalten.
Kaiserjäger! Ihr habt im heißen Ringen einen wichtigen Punkt ge-
halten. Schönburg, GdK."
Es ist eine Eigentümlichkeit des Hochgebirgskrieges, daß "meist nur
die Kompagniekommandanten einen direkten Einfluß auf die Gefechts-
leitung haben. Die nächsthöheren Stellen sind durch die fast immer
unterbrochene Verbindung, durch das Sperrfeuer nach rückwärts usw.
größtenteils von einer Gefechtsleitung ausgeschlossen. So war es auch
während der Pasubiokämpfe in den Brennpunkten des Ringens im Cos-
magongebiet und auf der Platte.
Wenn trotzdem auf der letzteren die Angriffe ohne Geländeverluste
abgewiesen werden konnten, so war dies nur der außerordentlichen
Tapferkeit und Zähigkeit der über alles Lob erhabenen Mannschaft und
der braven, heldenmütigen Zugs- und Kompagniekommandanten zu
danken.
Aber auch den restlosen Bemühungen der übrigen Kommandostellen
vom Bataillon bis zur Brigade und Division, die es verstanden haben,
immer noch rechtzeitig Kompagnien und Batterien zuzuführen und die für
alle übrigen materiellen Bedürfnisse unter den schwierigsten Verhält-
nissen zu sorgen hatten, ist ein Großteil des Erfolges zuzuschreiben.
Während im Laufe der elftägigen Kämpfe eine Kaiserjägerkompag-
nie nach der anderen in der Abwehr und im Angriff verblutete, stand
der Kommandant der Platte, der junge Leutnant i. d. Res. Oberguggen-
berger, stets im Mittelpunkte des Kampfes. Auf ihm lastete vom 9. bis
18. Oktober die schwere Verantwortung, die für die ganze Pasubiofront
so wichtige Platte zu halten. Auch nach der Kommandoübergabe verblieb
er während der schwersten Schlußkämpfe noch bis zum Ende, bis zum
20. Oktober, auf dem Kampfplatze.
Daß die Platte nicht schon in den ersten Tagen in Feindeshand fiel,
ist unstreitbar sein Verdienst und das seiner tapferen Offiziere, wie der
Lte. Jakoncig, Matscher, Löscher, Mader und Steiner, ferners der
Lte. Baron Graff und Schenk.
Major Julius Högn des 1. TJR,
(Bild aus „Tiroler Kaiserjäger im Weltkrieg" von Guido Jakoncig.
Verlag Wagner, Innsbruck.)
Die hervorragenden Verdienste des Lt. Oberguggenberger um die
Verteidigung dieser Stellung wurden durch die Verleihung des Ordens der
Eisernen Krone III. Klasse mit der Kriegsdekoration und d'en Schwertern
belohnt. Als nach dem Kriege die italienische Kriegsliteratur den Ein-
satz der übermächtigen Infanterie- und Artilleriekräfte bekanntgab und
den Kampf um die Platte noch heroischer erscheinen ließ, wurde er mit
dem höchsten militärischen Orden, dem Militär-Maria-Theresienorden,
ausgezeichnet.75)
75) „Als Leutnant im 1. Regiment der Tiroler Kaiserjäger: Zielbewußt, tatkräftig
und verantwortungsfreudig, mit hervorragender persönlicher Tapferkeit und besonderer
Initiative unter schwierigen taktischen Verhältnissen erfolgreich geführte Abwehr-
kämpfe in der Sektion 7 in der Zeit vom 9. bis 20. Oktober 1916, welche Kämpfe von
entscheidender Auswirkung auf den Pasubioabschnitt waren." Nr. 500/O. K. von 1931,
14. Kapitel des M. M. Th. 0.
— 172 —
Aber auch die Bataillonskommand'anten Hptm. Gamber und insbe-
sondere Mjr. Högn,76) der während des größten Teiles der Kämpfe das
Kampfgruppenkommando führte, hatten hervorragenden Anteil an der
erfolgreichen Abwehr der feindlichen Angriffe. Die Schwierigkeit der
Gefechtsleitung durch das Versagen der Verbindungen, die Unmöglich-
keit, oft wegen Mangels an Reserven Unterstützungen auf die bedrohte
Platte zu schicken, die damit verbundene Verantwortung und nicht zu-
letzt die schweren Beschießungen des Kommandostandpunktes stellten
außerordentlich große Anforderungen an die Nerven dieser Unterführer.
Mjr. Hugo Fleischner,
Kommandant des II/3. TJR.
Hervorragend zäh und tapfer hat das 1« Kaiserjägerregiment alle seine
Stellungen am Pasubio und im besonderen den wichtigsten Eckpfeiler der
Front, die Platte, festgehalten. Und als es schließlich am 18. den letzten
Mann eingesetzt hatte und ausgeblutet war, traten Kompagnien des
Schwesterregimentes, des 3. Kaiserjägerregimentes, dem Feinde entgegen,
säuberten und hielten die Platte bis zum Ende des Ringens.
Auch dieses Regiment hatte während der. italienischen Pasubio-
offensive sich hervorragend bewährt. Obstbrig. von Ellison schrieb dar-
über in einem Bericht:77)
76) Hptm. Gamber wurde mit dem Orden der Eisernen Krone III. Klasse, Mjr. Högn
mit dem Leopoldsorden ausgezeichnet. Letzterer erhielt noch nachträglich die Goldene
Tapierkeitsmedaille für Offiziere wegen „hervorragend tapferem Ausharren in schwie-
riger Lage auf der Pasubioplatte gegen wiederholte übermächtige feindliche Angriffe,
wodurch der Besitz des sehr wichtigen Punktes gesichert wurde". Nr. 131/0. K. von 1921.
77) Zu Op. Nr. 282/5 des 58. Gebirgsbrigadekommandos von 1916.
— 173 —
,,Glänzend war der Gegenangriff des IL Bataillons (Hptm. Pfrogner),
herrlich die Haltung des IV. Bataillons (Mjr. Schwabik) und über alles
Lob erhaben die Leistungen des II. Bataillons (Hptm. Fleischner)78) bei
der Wiedereroberung der Platte/'
Die Kompagnien beider Kaiserjägerregimenter deckten, beseelt von
herrlichem Soldatengeiste, die ihnen anvertraute Pasubioplatte mit ihren
Leibern und tränkten den Boden mit Strömen ihres Blnites.
Die italienische Führung schien durch die zwei im September und im
Oktober unternommenen und mißglückten Versuche, das Colsanto-
Pasubioplateau in die Hand zu bekommen, zur Erkenntnis gekommen zu
sein, daß auch weitere Angriffsversuche keinen Gewinn bringen würden.
Denn es fanden auf die Dauer des Krieges keine Angriffe in diesem Ge-
biete mehr statt.
Der zweite Teil der Offensive kostete den Italienern 57 Offiziere und
1396 Mann an Verlusten.
Im nachfolgenden wird eine Zusammenstellung der beiderseitigen
Verluste im Zeitraum vom 9. bis 20. Oktober wiedergegeben. Auf öster-
reichischer Seite werden die Verluste der Truppen im Räume der 58. Ge-
birgsbrigade angeführt, auf italienischer Seite die der 44. Division im
Kampfbereich des Pasubio und der Vallarsa.
78) Hptm. Fleischner als Bataillonskommandant und Oblt. i. d. Res. Dr. Rostacher
als Kompagniekommandant erhielten für ihre hervorragenden Verdienste um die Säu-
berung der Platte den Orden der Eisernen Krone III. Klasse mit der Kriegsdekoration
und den Schwertern.
Alle übrigen zahlreich verliehenen Auszeichnungen für hervorragende Tapferkeit
an Offiziere und Mannschaften können wegen Raummangels nicht angeführt werden.
poo
Jl^eJcten^rieotTjojf dies ¿TJfy txitjf *jWp<z~Buse
7. lufnmmßnfißöuno kt 39ßtlu|fe
òct örtcttcirfuTcticn unò ítalmiífcíjen %uppcn uráíicenó 6« Kampfe oom
9. bis 20. <ü>ííobet 1916 im lúfubíopbúf.
K. u. k. 58. G e b i r g s b r i g a d e
Off.:
1. TJR. 31
3. TJR. 37
4. TJR, 4
JR. 14 —
V/bh. 1 2
Skigruppe 48 2
Makp. JR. 50 2
Ung. Ldstkp. 1/V/II —
Ung. Ldstkp. 3/V/II 2
( 5 t, 20 vw, 6 vm)
( 9 t, 20 vw, 8 vm)
( 3 t, 1 vw, — vm)
(- t,
(— t,
(- t,
2 vw, — vm)
2 vw, — vm)
2 vw, — vm)
( 1 t, 1 vw, — vm)
Pikp. 1/10
2 (— t, 1 vw, 1 vm)
Alp. Det., Ldst. IV/23, Art —
Mann :
1200 (ca. 100 vm)
1400 (ca. 300 vm)
100 (ca. 20 vm)
40 (ca. 20 vm)
220
130
70
120 (meist vm)
30
50 (meist vm)
50
82 (18 t, 49 vw, 15 vm) 3410
Gesamtverlust 3492
— 175 —
Gefangene: 14 ítal Offiziere und über 400 Mann (der ital. JR 71, 79, 85,
157 und 158, Bersaglieribataillon 1 und 7 zu Rad, der Alpinibataillone
Aosta, Mte. Suello, Mte. Berico und Val Adige.)
Die Zusammenstellung ist den im Kriegsarchiv in Wien befindlichen
Akten der 58. Gebirgsbrigade entnommen. Die Zahlen sind nur annähernd
angegeben.
Italienische 44. D i v i s i o n:79)
9.—14. Oktober: tot: 16 Offiziere, 209 Mann,
vw: 93 ,, 2182 ,,
vm: 417 ,,
109 Offiziere, 2808 Mann,
Gesamtverlust: 2917.
15.—20. Oktober: tot: 8 Offiziere, 149 Mann,
vw: 39 „ 926 „
vm: 10 ,, 321 ,,
57 Offiziere, 1396 Mann,
Summe: 166 Offiziere, 4204 Mann,
Gesamtverlust: 1453.
Gesamtverlust vom 9. bis 20. Oktober: 4370.
Gefangene: 20 österr. Offiziere und 676 Mann.
Scöfieöetbtüucl) bei tec 58. <&ebicg$bcigo6e ttifytenft 6ec kämpfe
uom 9. bis 20, 4Dffobec i9ió.
I. Kampfstand der 58. Gbbrig. am 9. Oktober:
1. und 3. TJR. zu drei Bataillonen mit MGA.,
Skigruppe I und 11/48 mit je 2 MG. — 4 stab. MGA. M 7,
Sappeurkompagnie 8/4 und Pionierkompagnie 1/10,
Artilleriegruppenkommando Hptm. v. May — 23 Geschütze.
79) Die Angaben sind dem Buche „L'Armata del Trentino 1915/1919" von Gen.
Schiarini, Seite 219 und 222, entnommen.
Nach Tosti „II Monte Pasubio", Seite 57, kostete der Angriff auf die öster-
reichische Platte den Italienern an Toten und Verwundeten: Offiziere: 8 tot,
39 verwundet, 10 vermißt. Mannschaft: 149 tot, 926 verwundet, 320 vermißt. Gesamt-
verlust: 1552.
— 176 —
II. Während der Kämpfe wurden an Kampftruppen
zugeschoben:
9/10: V2 XXIII, Marschbataillon 1. TJR. (Hptm. Graf Romer),
1, und 3. Komp, ungar. Ldstbaon V/2,
10/10: 3. und 4./4 TJR, (Hptm. Endl) etwa 200 Feuergewehre,
Alp. Detachement der 3. Dion (Lt, Dörflinger) etwa 140 Feuer-
gewehrp
Alpin. Detachement der 8. Dion (Lt. Berger) etwa 220 Feuer-
gewehre,
Ldstbaon IV/23 (Mjr. Burgstaller),
Gbhbbt. 1/7 (für den Raum Testo),
15 cm Hb. M 99 und eine 15 cm Kan. M 80,
Brückenkompagnie l/II (etwa 160 Mann),
Sappeurkompagnie 1/6,
V/bhl. und eine Marschkompagnie JR. 50,
12/10: ital. MGA. (4 Gewehre),
13/10: XXIII. Marschbataillon 3. TJR. (Hptm. Fleischner), 3 Komp. mit
MGA.,
1 Komp. JR. 14,
1 LFAKn der Bt. 4,
14/10: Sappeurkompagnie 5/V (Pi.komp. 1/10 und Sapp.komp. 8/4
gehen ab).
2 Marschkompagnien JR. 17,
Marschkompagnie bh. 2.
17/10: 2. und 3. Marschkompagnie 4. TJR. (Hptm. Zempirek), etwa
300 Feuergewehre,
V2 III/14 (Hptm. Vogel), etwa 200 Feuergewehre.
18/10: V2 XXIII, Marschbataillon 2, TJR, (Hptm, Morawetz), bestehend
aus 1 Jägerkomp, und einer Komp- JR, 95 (360 Feuergew.),
1 Komp, JR. 22,
Der Kräfteeinsatz auf der Platte in der Zeit vom 9, bis 20, Oktober
war bei Berücksichtigung des engen Kampfraumes der Platte (80 X 200 m)
außergewöhnlich groß:
I. Vom 9. bis 16. Oktober:
1. und 4./1. TJR. mit MGA. I,
13,, 14. und 16./1. TJR. mit MGA. IV.
II. Vom 18. bis 20. Oktober:
17/10: 1. und 4./1. TJR. mit MGA. I,
IV/1. TJR. mit MGA. IV.
18/10: II/3. TJR. mit MGA. II,
19/10: 1/3. TIR. (ohne 3. Kompagnie).
Zusammen 17 Kaiserjäger- und 1 Bosniakenkompagnie, 5 MGA.
VII. Bit 3cíf dorn 21. <a>ttoUer 191Ó
6(s SJnfang iloDcmbcr 1918.
JL Btt Minier igiò/17.
Der Schneefall, der den Oktoberkämpfen ein Ende setzte, währte
nicht lange. Er ging bald in einen länger dauernden Regen über,
der alle Schützengräben, Unterstände und Kavernen unter Wasser setzte.
Tagelang kam die Besatzung aus der nassen Bekleidung nicht heraus.
Wegen dieser schlechten Witterungsverhältnisse und auch wegen
der dadurch bedingten geringeren Angriffsmöglichkeit und besonders auch
weil die Versorgung einer so großen Truppenzahl sehr schwierig war, ging
die Führung daran, die überflüssigen Truppen raschestens wieder abzu-
ziehen.
So war bis zum 1. November im Brigadebereich folgende Grup-
pierung angenommen worden:
Unterabschnitt Roite (3. TJR., Obstl. Nürnberger) 4% Bataillone —
18 MG. — 3 technische Kompagnien — 1 Infanteriegeschütz.
Unterabschnitt Pasubio (1. TJR., Obst. v. Partyka) 3 Bataillone —
21 MG. — 1 technische Kompagnie — 1 Infanteriegeschütz.
Der Unterabschnitt Roite war in die Gruppen Roite-West und Roite-
Kopf, der Unterabschnitt Pasubio in Pasubio-West (Sektionen 7 bis 10)
und Pasubio-Ost (11—14) eingeteilt.
Obstl. Friedrich Nürnberger hatte am 31. Oktober das Kommando
über das 3. TJR. übernommen.
Nach der Regenperiode brachte der 10. November einen argen
Witterungsumschlag, der zugleich der Anfang einer Zeit der heftigsten
Schneestürme und unheilvollsten Lawinenkatastrophen wurde. Die
Schneehöhe erreichte in kurzer Zeit 1.50 m. Der Sturm wehte derart, daß
man im Freien sich kaum aufrecht erhalten konnte. Alle Verbindungen
waren unterbrochen und konnten während des Sturmes nicht mehr her-
gestellt werden. Der Verkehr stockte überall. Der Grabendiënst mußte
auf die unumgänglich notwendigen Grabenposten eingeschränkt, deren
Ablösung manchmal alle Viertelstunden durchgeführt werden. Der
Krankenstand der Brigade wies an zwei Tagen über 100 Erfrierungsfälle5
davon zwei tödliche, auf. Das 1. und 3. TJR. und das III/14 hatten im
Monate November an Erfrierungserscheinungen zu verzeichnen: 231 — I.,
194 — II. und 64 — III. Grades.
Schemfil, „Die Pasnbio-Knmpfe''
12
— 178 —
Am 19. November setzte plötzlich Tauwetter ein. Der Schnee ging
in Regen über und ein heftiges Gewitter brach los. Waagrecht trieb der
Sturm den Regen durch die Luft, Blitze durchzuckten die Nacht und
Donner rollte auf Donner, Dieses Tauwetter brachte eine große Anzahl
von Lawinen zum Niedergehen. Beim Kommando des 1. TJR. begrub eine
solche einen Unterstand der 7. Kompagnie, aus dem man nach langen,
anstrengenden Arbeiten 9 Mann tot und 29 zum Teil verletzt bergen
konnte.
Eine auf dem Rückweg vom Regimentskommando 1. TJR. über den
Sattel 2006 ins Bisortelager marschierende Tragtierkolonne mit 30 Trag-
tieren blieb mit ihren Führern im Schnee stecken. Die sofort alarmierte
halbe Sappeurkompagnie 1/6 konnte bis 2 Uhr früh nur mehr einen Toten
und einen Lebenden bergen. 34 Mann mit allen Pferden blieben vermißt
und waren nicht mehr zu finden.
Über die Lage in der Stellung und die Verschüttung einer Hütte
durch eine Lawine gibt ein Kompagnieoffizier in seinem Tagebuch eine
lebendige Schilderung.
,,19. November. Ein starker Schneesturm, wie wir ihtì hier noch
nicht erlebt hatten. Nur scheint es uns ungewöhnlich warm. Der Sturm
bläst, daß man sich kaum auf den Beinen halten kann. Der vor wenigen
Tagen von uns errichtete Schneepegel zeigt schon 2.50 m. Nachmittags
Schneealarm! Alles ohne Unterschied der Charge wird zum Schnee-
schaufeln herangezogen, aber es ist vergebliche Arbeit. Von einem Frei-
halten des Buseweges ist keine Rede. Kaum die Verbindung mit dem doch
keine 10 Minuten entfernten Regimentskommando ist aufrechzuerhalten.
Dazu hat Tauwetter eingesetzt und jetzt gegen Abend fängt es auch noch
zu regnen an. Während der Sturm zum Orkan angewachsen ist, blitzt
und donnert es wie im Hochsommer. Wir sitzen alle in unserer Bude bei-
sammen, doch es will keine Stimmung aufkommen. Das Wetter ist
schauderhaft. Um %9 Uhr abends wird Lt. B. geholt, er soll mit 20 Mann
den Bergführern und Pionieren helfen, am Sattel 2006 eine verschüttete
Tragtierkolonne zu retten. Wir haben uns gar nicht ausgezogen, sondern
sitzen naß und frierend in unseren Mänteln um den erloschenen Ofen
und warten, daß man auch uns zur Hilfeleistung holt. Gerade hat Lt. B.
den Vorschlag gemacht, ob es nicht besser wäre, zu unserer Mannschaft
hinunter in die große Zugsbaracke zu gehen, als draußen plötzlich im
Heulen des Sturmes ein dumpfes Rollen hörbar wurde, ein Rauschen und
Brechen — und gleichzeitig senkte sich unser Hüttendach krachend herab.
Die bergseitige Wand wurde nach einwärts gedrückt und ein von oben
her eindringender Wasserguß verlöschte das Licht. Eine Lawine hatte
uns verschüttet. Einen Augenblick hielt jeder wie gelähmt den
Atem ant ob nicht noch ein Stoß kommen würde. Dann sprang Leutnant
B. auf und wollte die Tür aufstoßen. Umstonst, sie rührte sich nicht.
Ich riß das kleine Fenster auf und stieß mit dem Kopf an eine fest-
gepreßte Wand tropfnassen Schnees. Kein Zweifel, wir waren im
Schnee begraben. Endlich zündete einer ein Zündholz an und wir sahen
Oberst Regimentskommandant Friedrich Nürnberger.
die große Verwüstung, Die rückwärtige Wand1 unseres Unterstandes
war völlig eingedrückt, der Schnee drang durch die Risse hindurch.
Die starken Kanthölzer der Decke waren geknickt und so tief herunter-
gedrückt, daß man kaum stehen konnte. Die Pritschen waren durch-
einandergeworfen und von oben rann unausgesetzt Wasser herein. Zum
Glück entdeckten wir, daß beim zweiten Fenster der Schnee nicht
so hoch angestaut und dort eine Möglichkeit vorhanden war, dem Ge-
fängnis zu entrinnen. Wir erweiterten rasch mit einer Beilpicke die
Fensteröffnung und krochen nacheinander hinaus, um sofort bis zur
Körpermitte in den naßen Schnee zu versinken. Die Finsternis war so
groß, daß man die Hand vor den Augen nicht sah, eine Verständigung
durch Rufen oder Schreien war bei dem Tosen des Sturmes »nicht mög-
lich. Glücklicherweise sahen wir in der Richtung der großen Zugsbaracke
ein Licht auftauchen und versuchten nun, über d'ie angestauten Schnee-
massen in dieser Richtung uns weiterzuarbeiten. Es schien dies ein fast
unmögliches Beginnen. Doch man kam uns mit Fackeln und Schaufeln
entgegen, so daß wir mühsam die noch notwendigen 60 bis 70 m zurück-
legen konnten. Da kam aber auch schon ein Jäger mit dem Alarmruf,
der 3. Zug sei verschüttet. Wir versuchten sofort in der Richtung vor-
zudringen, wo wir den Unterstand wußten. Doch eine fast 10 Meter hohe
festgepreßte, nasse Schneewand gebot uns ein gebieterisches Halt. Hier
war die Hauptlawine niedergegangen. Nach langem Suchen glaubten wir
den Platz gefunden zu haben, wo unter der Schneedecke die Baracke zu
finden sein mußte. Die Rettungsarbeiten setzten sofort ein. 2% Züge
arbeiteten mit größter Anstrengung, schaufelten und gruben trotz der
furchtbaren Gefahr, da jeden Augenblick eine neue Lawine auch sie alle
12*
180 —
begraben konnte. Endlich kam auch vom Regimentskommando, wo nur
eine kleine Schneelawine niedergegangen war, Hilfsmannschaft heran.
Die Pioniere brachten Fackeln, Schaufeln und Seile mit und nach Frei-
legung eines tiefen Schachtes hatten wir das Dach des Unterstandes er-
reicht. Das Bild, das sich nach dem Aufsägen der Decke bot, war schreck-
lich. Die Leute hatten auf den beiden großen übereinanderliegenden Prit-
schen schon geschlafen, als die Lawine niederging, und waren größtenteils
erstickt, während andere noch lebend zwischen den gebrochenen Brettern
Winterstrapazen am Pasubio.
Trägerkolonne auf dem Marsche zum Sattel, Kote 1949.
Die Kampftruppen mußten ungeachtet des anstrengenden Stellungsdienstes
in stundenlangen Märschen Material und Proviant in die vorderste Linie bringen.
(Bild aus „Tiroler Kaiserjäger im Weltkrieg" von Guido Jakoncig.
Verlag Wagner, Innsbruck.)
und geknickten Balken eingeklemmt lagen und mehr oder weniger
schwere Verletzungen erlitten hatten. Es war ein gräßlicher Anblick.
Ein Jäger, dem zwischen zwei Toten merkwürdigerweise nichts geschehen
war, sang, als wir ihn ausgruben, uns ganz unverständliche Lieder. Es war
V2I2 Uhr nachts, als wir endlich alle geborgen hatten, und merkten nun
erst, in welcher Verfassung wir selbst waren. Tropin aß von oben bis
unten saßen wir halberfroren im Schnee und fragten uns, wohin wir unser
müdes Haupt legen sollten. Unsere Hütte oben dürfte wohl bereits ganz
zusammengebrochen sein. Ein wenig später kam auch Lt. B. von seiner
Hilfeleistung zurück. Er war mit seinen Leuten ebenso trostlos bei-
— 181 —
sammen wie wir. Da drunten, in der einzigen noch unversehrten Baracke,
wo die Leute neben den Toten und Verletzten eng aneinandergedrängt
standen, blieb uns nichts übrig, als noch einmal zu unserer halb zusammen-
gedrückten Hütte hinaufzugehen. Schlimm genug sah es drinnen aus, aber
wir krochen in eine halbwegs trockene Ecke zusammen, zündeten eine
Kerze an und suchten uns mit Rauchen und Sprechen die Zeit zu vertrei-
ben. Das ging so bis 3 Uhr morgens, dann brach das Unwetter wieder
los. Als unsere Bude wieder verdächtig zu krachen anfing, wurde es doch
etwas ungemütlich. Kurz entschlossen, wanderten wir nochmals aus.
Nur H. blieb stumpfsinnig in seiner Ecke sitzen und war nicht zu bewegen,
mit uns das ungastliche Dach zu verlassen. Den Rest der Nacht verbrach-
Der Weiße Tod, Lawinenunglück im Bisortetale.
Die aus der Lawine ausgegrabenen Opfer liegen in einer langen Reihe nebeneinander.
Frisch gefallener Schnee hat sie wieder fast ganz zugedeckt. Nur die verhüllten Köpfe
(oberer Teil der Reihe) und die Füße (unterer Teil) sind noch sichtbar.
(Bild aus „Tiroler Kaiserjäger im Weltkrieg" von Guido Jakoncig.
Verlag Wagner, Innsbruck.)
ten wir stehend eingeklemmt zwischen den Jägern in der großen Zugs-
baracke."
Um 22 Uhr des 19. November wurden auch die Unterkünfte einer
bosnisch-herzegowinischen Trägerkompagnie zum Teil verschüttet. Die
zu den Rettungsarbeiten herbeieilende Sappeurkompagnie 7/8 konnte nur
einen Toten und 8 Lebende bergen. Sie selbst verlor durch eine neue
Lawine 1 Toten, 7 Mann wurden vermißt. Von der Trägerkompagnie
waren 34 Mann im Schnee begraben, deren Bergung wegen der andauern-
den Lawinengefahr nicht durchgeführt werden konnte. Erst im Frühjahr,
als der Schnee langsam schmolz, wurden sie aufgefunden.
Angesichts dieser drohenden Gefahren des Hochgebirgswinters ging
man daran, raschestens alle möglichen Vorsichtsmaßregeln zur Verhütung
— 182 —
von Unglücksfällen durchzuführen. Besonders lawinengefährdete Unter-
stände wurden geräumt, lawinengefährliche Hänge durften nur zu be-
stimmten Zeiten begangen werden und stark gefährdete Posten wurden
am Seil aufgeführt. Bei jedem Bataillon wurde eine Rettungsabteilung
aus tüchtigen Alpinisten unter Kommando eines Offiziers zusammen-
gestellt, um im Falle der Not sofort bei der Hand zu sein. Das Brigade-
kommando erhielt als Berater in alpinen Angelegenheiten den Oblt, i. d.
Res. Dr. Prochaska*) zugewiesen.
Bis zum 21. November hatte die Zahl der durch Lawinen Ver-
unglückten bereits eine beträchtliche Höhe erreicht. Der Verlustrapport
des Brigadekommandos meldete an diesem Tage:
1, TJR.......13 Tote
MGA. Bisorte ... — ,,
III/14 ...... 1 „
Sappeurkomp. 8/14 . — ,,
Sappeurkomp. 7/8 . . 1 ,,
bh. Trägerkomp. . . 34 ,,
7 Verletzte
50 Pferde tot
14 vermißt, wahrsch. tot
7
Summe: 139 Tote 13 Verletzte 21 vermißte, 50 Pferde tot
Tiefe und aufrichtige Trauer brachte am 21. November die Kunde,
daß d'er greise und allverehrte Oberste Kriegsherr Kaiser Franz Josef I.
sein Leben abgeschlossen hatte. Er starb im Alter von 86 Jahren, im
68. Jahre seiner Regierung. Am 23. und 24. November leisteten die
Kommanden, Stäbe und Truppen etc. dem neuen Kaiser Karl IV. den Eid.
Die Gefechtstätigkeit war immer mehr abgeflaut. Denn auch die
Italiener hatte der mit ungewöhnlicher Heftigkeit einsetzende Hoch-
gebirgswinter in eine gefährliche und leidensvolle Lage gebracht. Nur hie
und dia hörte man einen Postenschuß. Ansonsten herrschte volle Ruhe. Um-
*) Kommandant der Skikompagnie 11/48.
Die im Laufe der Schilderung der Kämpfe um den Pasubio mehrfach rühmlich
erwähnten Skiabteilungen haben schon im Juliangriff 1916 und später Schulter an
Schulter mit den Kaiserjägern tapfer und ehrenvoll gekämpft. In Skikursen ausgebildet,
wurden sie im März und April 1916 im Verbände der 48. JD. in den Fassaneralpen,
dann als Skigruppe I (Oblt, i, d. Res. Vetter, im Oktober 1916 schwer verwundet) und
Skigruppe II (Oblt. i. d, Res, Dr Josef Prochaska) anläßlich der Frühjahrsoffensive 1916
im Angriffsraum auf dem Pasubio eingesetzt. Die später Skikompagnie I und 11/48 be-
nannten Skigruppen wurden dann infolge großer Standesabgänge wegen starker Ver-
luste in eine Kompagnie unter Oblt. Dr. Prochaska zusammengefaßt. Diese erwarb sich
durch aufopferungsvolle und erfolgreiche Rettungsarbeiten während des unseligen La-
winenwinters 1916/1917 und durch die mit ihrer alpinen Ausbildung zusammenhängende
Verwendung besondere Verdienste. Zu jener Zeit machte sich auch der Kompagnie-
kommandant Oblt. Dr, Prochaska als alpiner Berater bei der 1, Kaiserjägerbrigade in
besonderem Maße verdient. Seine umfassenden alpinen Kenntnisse und Erfahrungen
verhüteten viele durch das Lawinenwetter drohenden Unglücksfälle und retteten da-
durch wertvolles Menschenleben, Am 1, Juli 1917 erhielt die Skikompagnie die Be-
zeichnung Hochgebirgskompagnie 22, ging im Herbst 1917 gleichzeitig mit der 1, Kaiser-
jägerbrigade vom Pasubio ab und zeichnete sich bei den Kämpfen in den Sieben Ge-
meinden unter Führung des Oblt, Dr, Prochaska besonders aus.
m
Ansprache des Obstbrig. von Ellison vor der Beeidigung auf
Kaiser Karl am 23. 11. 1916.
Von links nach rechts: Hptm. Vogel (JR. 14), Obst. Walluschek
(Komdt. des Artillerieabschnittes West), Obstbrig. v. Ellison
(Rückenansicht), Mjr. Altenburger (1. TJR.), Obstl. Nürnberger
(Komdt. des 3. TJR.), Hptm. zugeteilt dem Glstb. Hartl.
(Lichtbild zur Verfügung gestellt von Mjr. Hartl.)
1 ■
Schützengraben in der Roitestellung Winter 1917.
(Lichtbild zur Verfügung gestellt von Mjr. Hartl.)
Corno di
Pasubio 2042
Mte. Zenevri
2144
Osterr.
Ital. Pasubio-
Pasubio Pasubio- Platte
2236 Platte 2206
Baons-
Platten-
Riegel- Kom- Zisternen-
Stellung mando Mulde
Panorama des Pasubioabschnittes (aufgenommen vom Mte. Buse am 6. Juni 1917).
(Bild aus „Tiroler Kaiserjäger im Weltkrieg" von Guido Jakoncig
Verlag Wagner, Innsbruck.)
Von rechts nach links: Roiterücken, Riegelstellung, dahinter Plattenbaonskommando,
Plattenhals, eigene Platte, feindliche Platte, eigene und feindliche Stellung bei Sette
Croci und gegen Costa di Borcola, im Hintergrunde feindliche Stellung bei Kote 2144.
— 186 —
so tragischer war es, als in der Zeit des Ruhens der Gefechtstätigkeit am
2. Dezember Oblt. i. d. Res. Bohner, der Kommandant der 2/1. TJR., als
er durch den Sehschlitz eines Schutzschildes beobachten wollte, durch
einen Schuß ins rechte Auge zu Tode getroffen wurde, gerade am Vor-
tage seines Urlaubsantrittes.
Die allgemeine Ruhe an der Front wurde nur durch einen kleinen
Feuerüberfall der Besatzung unterbrochen. Im Capraratal hatten die
Italiener in großer Sorglosigkeit vor der Sektion 12 einen Unterstand ge-
baut, der vom Totenhügel (Feldwache 3 vor der Sektion 10) sehr gut
eingesehen werden konnte. Kurz vor Einbruch der Dämmerung am
3. Dezember wurde von dort aus auf diesen Unterstand mit einem
Maschinengewehr ein Feuerüberfall gemacht. Schon nach den ersten
Schüssen stoben die Insassen der Hütte heraus und rannten verzweifelt
davon.
Das furchtbare Wetter hielt indessen unentwegt an. Ein Tag ärg-
ster Lawinengefahr, der auch tatsächlich viel Unheil brachte, war der
5. Dezember.
Um 21 Uhr ging eine Lawine über den ganzen rechten Teil des Bri-
gadekommandos nieder und verschüttete das Artilleriekommando-West,
die Küche und zahlreiche kleinere Hütten. Die Skikompagnie 48 wurde
alarmiert und zur Unfallstelle befohlen. Während inzwischen alle verfüg-
baren Offiziere des Brigadekommandos, auch der Brigadier, der Artillerie-
kommandant und die Mannschaft sich an den Bergungsarbeiten beteiligten,
kam eine Unglücksmeldung nach der anderen über Lawinenstürze im
Bisortetal.
Eine besonders mächtige Lawine war oberhalb des Brigadekomman-
dos niedergegangen und hatte die Unterkünfte der Brückenkompagnie 1/2
begraben. Diese Kompagnie hätte am gleichen Tage abmarschieren sollen,
erhielt jedoch über Bitte des Kompagniekommandanten, der besseres
Wetter abwarten wollte, die Erlaubnis zu bleiben. Dies wurde ihr zum
Unglück. Die in der Nähe befindliche Arbeiterabteilung 252/14 begann
sofort mit den Rettungsarbeiten und wurde von der Skikompagnie, die mit
einer Hälfte beim Brigadekommando arbeitete, auf das beste unterstützt.
Trotz des ununterbrochen andauernden Schneesturmes arbeiteten alle
unverdrossen am Rettungswerk. Um 23.30 Uhr waren 1 Oberleutnant und
20 Mann, leider bereits tot, ausgegraben. Die weiteren Grabungen ergaben:
der Kompagniekommandant Obit. Lauritsch, 1 Oblt. und 38 Mann tot,
35 verletzt.
Auch an der Unfallstelle beim Brigadekommnado hatte man um
23 Uhr die Küche freigelegt, so daß die ersten Leute lebend geborgen wer-
den konnten. Mit den übrigen konnte man sich wenigstens verständigen.
Eine halbe Stunde später waren schließlich der Ordonnanzoffizier Leutnant
Dr. Budschedl und die übrigen Verschütteten bis auf einen Mann, der erst
nach Mitternacht tot aufgefunden wurde, gerettet.
— 187 —
Die Unterkünfte des Artillerieabteilungskommando-West waren voll-
kommen zerstört, doch konnten alle Verschütteten lebend geborgen
werden.
Der Verlustrapport des Brigadekommandos gab am 5. Dezember an:
Brückenkompagnie 1/2 . 2 Offiziere tot 38 Mann tot 35 Mann verletzt
Arbeiterabteilung 252/15 . 18 ,, ,,
Radiostation . , . , 4 ,, ,,
Brigadekommando , . . 2 ,, „
Sappeurkompagnie 1 /8 1 ,, ,,
Summe: 2 Offiziere tot 63 Mann tot 35 Mann verletzt
Auch bei der 13/3. TJR. verloren 8 Mann durch eine Lawine ihr
Leben.
Der kommende Tag (6. XII.) brachte keine Besserung des Wetters,
Überall donnerten die Lawinen zu Tal. Beim Kommando des 1. TJR.
begrub eine solche um 9.30 Uhr vormittags einige Unterkünfte. Nach
fieberhafter Arbeit waren 17 Mann tot, 11 Verletzte geborgen, nach 23
war man noch auf der Suche.
Auch in den nächsten Tagen hielt der Sturm unvermindert an. Die
Schneehöhe hatte bereits stellenweise 4 Meter erreicht. Die Verwehun-
gen wurden immer größer, so daß die für den 7. Dezember geplante Ab-
lösung des 1. TJR. durch das 2. TJR. auf den 11. Dezember verschoben
werden mußte.
Am 9. Dezember verlautbarte ein Armeekommandobefehl die Ver-
fügung Kaiser Karls, daß die 8. Infanterietruppendivision von nun ab
„Kaiserjägerdivision" zu benennen sei.
Der Armeekommandobefehl lautete:
K. u. k. Armeekommando.
Res. Nr. 4750
Armeekommandobefehl
Feldpost 511, am 9. Dezember 1916.
Seine Majestät geruhten an den Kommandanten der 8. Infanterie-
truppendivision folgendes Telegramm zu richten:
,,Ich habe verfügt, daß die brave 8. JTD. „Kaiserjägerdivision" zu
benennen ist."
Kaiserjäger!
Vollbewährt ist das Gefühl der Zusammengehörigkeit, das — dem
alten großen, stolzen Kaiserjägerregimente seit jeher eigen — alle Kaiser-
jäger, Offiziere und Mann, auch dann verband, als die Wahrung des alten
Kaiserjägerruhms vier Regimentern anvertraut wurde.
Auch Ihr habt im jetzigen Weltkriege den Ruhm — Schulter an
Schulter — herrlich geehrt und gemehrt mit dem Blute vieler Tausender
— 188 —
von Tiroler Helden, in Not und Tod, in Kampf und Sieg, in Galiziens
Fluren, auf Rußlands Gefilden, am Isonzo und jetzt auf den eisgekrönten
Grenzbergen des Landes Tirol gegen den alten Erbfeind Eurer Vorfahren.
,,In Treue fest" hielten Eure eisernen Reihen Tag um Tag, Jahr um
Jahr, von Feindesmacht umbraust, d'en Tiroler Adler in Ehren hoch.
Als dieser im Mai seine Schwingen zu brausendem Rächerfluge ent-
faltete, da sah Euer junger, erlauchter Korpsführer leuchtenden Blicks den
Feind wanken und weichen vor dem stürmenden Jubel der Kaiserjäger.
Was damals des siegenden Führers Herz fühlte, hat heute unseres
Kaisers und allerhöchsten Kriegsherrn Gnade nicht vergessen!
Zu Euren Herzen, Kaiserjäger, spricht das frische Grün des Lorbeer-
kranzes, mit dem des Kaisers Dank die Fahnen der vier Regimenter nun
aufs neue und für immer umschlingt.
Soldaten der 11, Armee!
Wir grüßen die junge, an alten Ehren reiche „Kaiserjäge-rdivision"!
Sie wird ihren Namen zu ehren wissen.
Dem Kaiser zur Ehr', dem Feinde zur Wehr!
Wir alle aber fühlen in dieser kaiserlichen Gnade in jubelnder
Begeisterung unseres Kaisers und Feldherrn echtes, warmes Soldatenherz!
Rohr, Generaloberst.
Ein besonderes Augenmerk wurde dem Freihalten der Verkehrs-
wege zugewendet, doch war alle Mühe umsonst. An ein Offenhalten der
durch zahlreiche Lawinen verschütteten Straße ins Bisortetal war jetzt
nicht mehr zu denken. Mit dem 1. TJR. war bereits jeder Verkehr völlig
abgerissen und nur mit größter Mühe gelang es einigen Skipatrullen, über
den Sattel 2006 dem Regimente Holz und Holzkohle zuzuschieben, da der
Vorrat nur mehr für einen Tag langte.
Über die Verhältnisse in der Stellung schreibt Oblt. i. d. Res. Blaas
des 1. TJR.:
,,Es ergab sich gewissermaßen von selbst die Notwendigkeit, die
Stellungs- und Laufgräben tunnelartig auszuhöhlen. Nur bei den Posten-
ständen brach man große fensterartige Öffnungen aus. Tag und Nacht
dauerte diese Maulwurfsarbeit und in kurzer Zeit war die Stellung vom
rechten bis zum linken Flügel des Regimentes ein, allerdings mehrfach
unterbrochener Schneetunnel. Die Hindernisse, waren total eingeschneit,
mancherorts nur ragte ein Stückchen Stacheldraht hervor.
Die Fernsicht der Posten war auch bei Tag gleich Null. Um von
den Unterständen zu den einzelnen, oft nur 20 bis 100 Schritte befindlichen
Posten zu gelangen, brauchte man buchstäblich stundenlang. In wenigen
Minuten umhüllte den Posten eine Schneemauer und in kaum einer halben
Stunde war er bis auf die Knochen ausgefroren. Man beschränkte sich
schließlich notgedrungenerweise auf die Aufstellung der Posten vor den
— 189 —
Unterständen, wo gleichzeitig einige Männer mit Schaufeln den Schnee
bekämpften. Eine Ablösung der Feldwachen war kaum möglich. Mit
jedem Schritt versank man bis unter die Achselhöhlen im frisch gefallenen
Schnee. Das wirbelnde Schneetreiben störte die Orientierung selbst auf
kurze Strecken. Eine Sappeurkompagnie, welche die auf der Pasubio-
Schneetunnel am Pasubio.
(Lichtbild zur Verfügung gestellt von Obstl. Langthaler.)
platte befindliche Pionierkompagnie ablösen sollte, verlor sich, vom Bri-
gadekommando kommend, im Schneesturm. Das Brausen des Sturmes
übertönte ihre Hilferufe. Kein einziger Mann kam mit dem Leben davon."
Von der unglücklichen Sappeurabteilung wird auch an einer Stelle
des Tagebuches eines Kompagnieoffiziers Erwähnung getan.
,,11. Dezember. Heute mußten wir mühselig ausgegraben werden,
da wir während der Nacht vollkommen eingeweht wurden. Das
Lawinenschutzbau im Bisortetal und
zugleich Denkmal für die dortselbst
den Lawinen zum Opfer Gefallenen.
Die Mächtigkeit des Baues kann
man sich vorstellen, wenn man be-
denkt, daß der Kopf samt Stahlhelm
die Höhe eines erwachsenen Men-
schen hat.
Inschrift auf der Tafel:
BF.
Als Lawinenschutz erbaut und dem
Andenken jener Braven gewidmet,
die in diesem Hochtale
dem ,,weißen Tod" erlegen sind.
BF = Bergführer.
(Beide Lichtbilder zur Verfügung ge-
stellt von Obstl. Langthaler.)
— m —
Wetter ist noch viel schlechter als gestern. Nachmittags kamen
4 Jäger angeseilt vom 3. Zug herüber mit der Meldung, daß sie den Ein-
gang zum Unterstand nicht mehr freihalten könnten und nicht wüßten, was
sie nun beginnen sollten. Ich ging mit ihnen zurück, um nach dem Rechten
zu sehen. Zu dem kaum einige hundert Schritte langen Weg brauchten
wir fast 2 Stunden. Dort sah es aber auch höchst ungemütlich aus. Die
eine Hälfte der Mannschaft schaufelte unausgesetzt, während die andere
rastete, und trotzdem war es nicht möglich, die Eingangstür, die nach aus-
wärts zu öffnen war, freizuhalten. Es blieb nichts anderes übrig, als sie
auszuhängen und mit Decken das ärgste Hereindrängen des Schnees auf-
zuhalten. Wir befestigten noch eine lange Stange am Hüttendach als Mar-
kierung, da wir am nächsten Tag mit einem Zug die Hütte ausschaufeln
wollten. Dann ging es wieder zurück, wobei mich wieder 4 Mann beglei-
teten. Dies war aber auch mein Glück, denn allein wäre ich lebend nicht
mehr angekommen. Trotzdem wir angeseilt waren, versanken wir da und
dort grundlos im weichen frischgefallenen Schnee bis zu den Achseln.
Dazu kam, daß es nicht möglich war, irgend eine Richtung einzuhalten.
Wir riefen, schrien und pfiffen unausgesetzt, um eine Verbindung mit
jemandem zu bekommen. Doch alles war umsonst. Endlich nach 2% Stun-
den erhielten wir durch Stöße mit dem Kompagniehorn Antwort. Wir
waren ratlos wohl schon eine halbe Stunde kaum 20 Meter am Hang
unterhalb des Kompagniekommandos umhergeirrt.
Der heutige Tag war wohl der ärgste. Spät am Abend hörten wir
aus irgendeiner Richtung am Hang herauf Pfeifensignale. Aber trotz allen
Blasens und' Pfeifens unsererseits als Antwort war es unmöglich, irgend-
einen Menschen zu finden. Später hörten wir nichts mehr.
13. Dezember. Das Wetter hatte sich ein wenig gebessert, es scheint
aber nur vorübergehend zu sein. Gegen Mittag kam eine starke Ski-
patrulle völlig erschöpft an und gab uns bekannt, daß sie einen Sappeur-
zug mit 34 Mann suchte, der gestern mittags von der Kote 2059 zum
Plattenkommando gehen wollte. Doch sei er bisher nirgends angekommen
und man fürchtete, daß er im Schneesturm verunglückt sei. Wir erzählten
ihnen von den Signalen, die wir gehört hatten — es dürften wohl die
Gesuchten gewesen sein und dürften kaum diese Nacht überlebt haben.
Die übrigen Nachrichten, die die Skifahrer brachten, lauteten recht
schlimm. Nach rückwärts war jede Verbindung schon seit Tagen unter-
brochen. So müssen wir nun ganz aus den Höhendepots leben, deren
Stand nurmehr für 4 Tage reichte. Seit einigen Tagen ist mir aufgefallen,
wie niedergeschlagen und gleichgültig bereits alles war. Jede neue
Schreckensbotschaft wird stumm und wortlos hingenommen. Dies schien
mir das Unheimlichste, In dieser verzweifelten Lage dürfen wir aber nicht
mutlos werden.
Die Haltung der Mannschaft ist großartig. Sie arbeitet trotz Kälte
und Hunger unermüdlich."
— 192 —
Nach kurzer Pause setzte am 10. Dezember am Pasubio das Un-
wetter neuerdings ein.
Um 1 Uhr früh zertrümmerte eine Lawine das einstöckige, auf
solidem Steinunterbau aufgeführte Gebäude der neuen Brigade-Sanitäts-
anstalt und um 15 Uhr verschüttete ein Lawinengang im Bisortelager eine
Anzahl von Unterkünften. Lt- Eschik, 15 Mann und1 7 Pferde waren tot,
10 Mann wurden lebend geborgen.
Noch größeres Unheil brachte der nächste Tag.
Um 6 Uhr früh wurde das Brigadekommando wieder teilweise ver-
schüttet, so daß der engere Stab in eine Hütte nördlich des technischen
Depots übersiedeln mußte.
Oberstbrigadier von Ellison schildert die damalige Lage mit folgen-
den Worten:
„Am 10. und 11. Dezember wütete wieder ein schwerer Schnee-
sturm, wir müssen unbedingt unsere Hütte räumen und wenden uns einer
etwa 150 Meter höheren Stelle zu, auf der eine leichte Bretterbude auf
dem Schnee errichtet wurde. Eine für uns vorbereitete neue Unterkunft
wurde an diesem Tage von einer Lawine zerstört. Als charakteristisch
für die damalige Situation möchte ich anführen, daß die Geländeformen
durch die Schneeverwehungen derart verändert waren, daß wir unsere
Bretterbude auf Lawinenschnee gerade über der verschütteten Brücken-
kompagnie aufgestellt hatten. Bei der Schneeschmelze fanden wir unter
und nächst der Hütte 70 Tote dieser unglücklichen Kompagnie.
Am 12. Dezember ist es klar und schön. Dann aber setzte wieder
schwerster Schneesturm ein. Fürst Schönburg will uns besuchen, kommt
aber im Schneesturm nicht weiter. Erst am 17. und 18. konnte er seine
Besichtigung durchführen und geht die ganze Front ab. Überall war außer-
ordentlich brav gearbeitet worden. Das warme Lob unseres Korpskom-
mandanten war redlich verdient."
Um 9.30 Uhr vormittags des 11. ging eine gewaltige, vom Osthang
des Colsanto abrollende Lawine über alle Unterkünfte der 13., die Küche
der 15/3. TJR. und die Baracken der Skikompagnie 48 hinweg. Nur dem
Umstände, daß ein Teil der Mannschaft zu Schneeaufräumungsarbeiten
abgerückt war, war es zu danken, daß nicht noch schwerere Verluste zu
beklagen waren. Von der 13. konnten 12, von der Skikompagnie 6 Mann
nur mehr tot ausgegraben werden, 19 Mann wurden noch lebend gebor-
gen. Insgesamt waren 18 Mann tot, 3 schwer verletzt und 51 mehr oder
minder verletzt oder erschöpft. Sie mußten noch am gleichen Tag
mangels an Unterkünften und wegen ihres erschöpften Zustandes der
Brigade-Sanitätsanstalt 21 in Geroli übergeben werden.
Auch in der Nacht vom 12. auf den 13. tobte ein orkanartiger Sturm.
Ein Ausschaufeln war nutzlos, in kürzester Zeit war alles wieder verweht.
Beim 1. TJR. drohte die Lage katastrophal zu werden, da der Verkehr
gerade mit diesem Abschnitt und damit auch die Versorgung gänz-
lich unterbrochen war. Um 7 Uhr früh versuchten die beiden Sappeur-
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kompagnien 7/8 und 1/6, Verpflegsartikel zum 1. TJR. zu bringen, kamen
aber nicht einmal bis zum Sattel 2006 und mußten umkehren.
Starke Lawinengänge im Bisortetal verschütteten die Unterkünfte
von 3 Arbeiterabteilungen und einen Teil der Karrenstaffel 42/7. Zwei
Stunden später mußte die Telefonzentrale des Brigadekommandos wegen
höchster Lawinengefahr geräumt werden.
Auch d'er Roiteabschnitt (3. TJR.) blieb vom Weißen Tod nicht ver-
schont. Nicht weniger als 4 Lawinen gingen am 13. über das Roitelager
hinweg. Beim ersten Lawinengang war ein Teil der 14. Kompagnie eben
mit Schneeaufräumungsarbeiten beschäftigt, während der übrige Teil sich
in den Unterkünften vor dem Schneesturm schützte, um später die arbei-
tenden Kameraden abzulösen. Sie wurden alle von den Schneemassen in
den Hütten begraben. Da aber sofort die Rettungsmannschaft zur Hand
war und unausgesetzt und angestrengt arbeitete, konnten alle, bis auf den
Zugsführer Stefan, lebend ausgeschaufelt werden.
Oberst Nürnberger befahl hierauf die sofortige Räumung des Lagers.
Während aber die Kompagnien sich sammelten und teils auch noch die
Habseligkeiten aus den Hütten holten, ging die zweite, noch größere
Lawine nieder. Sie begrub alle Hütten neuerdings, Teile der Regiments-
pionierabteilung und der Skikompagnie, die noch mit dem Ausgraben
der Hütten beschäftigt waren. Die aufgetürmten Schneemassen waren
meterhoch. Umsonst versuchte die in den Hütten eingeschlossene Mann-
schaft, sich mit den Bergstöcken oder den Stangen der Sanitätstragbahren
durch die Schornsteine frische Luft zu verschaffen. Doch war alle Mühe
umsonst. Die meterhohe Schneedecke konnte nicht durchstoßen werden.
Die bei Lawinengefahr eingeschärfte Vorsichtsmaßregel, nicht zu rauchen,
die Schwarmöfen und Petroleumlampen auszulöschen, trug wesentlich dazu
Schemfil, „Die Pasnbio-Kämpfe".
Lawinenunglück im Bisortetale, Bergung der Leichen.
(Bild aus „Tiroler Kaiserjäger im Weltkrieg" von Guido Jakoncig.
Verlag Wagner, Innsbruck.)
— 194
bei, daß die Insassen nicht schon erstickten, bevor sie gerettet wurden.
Nur in einer Küche waren alle Köche im Rauch umgekommen. Die Ret-
tungspartie stieß auf der Suche nach dieser Küche in einer Schneetiefe
von 4 Meter auf das Dach derselben. Als man dort ein Loch schlug, quollen
dichte Rauchwolken heraus und zeigten an, daß alle Mühe vergebens sei,
weil das Herdfeuer zur Zeit des Niederganges der Lawinen noch nicht
ausgelöscht worden war.
An der Unglücksstätte konnten nach angestrengter Arbeit 20 Mann
tot, die übrigen zwar zum Teil verletzt, aber lebend ausgegraben werden.
Um 16 Uhr ging die dritte und bald darauf die vierte Lawine nieder, ohne
jedoch Opfer zu fordern.
Der Verlustrapport des Brigadekommandos am 13. Dezember für
den Bereich hinter den Stellungen gab an:
Karrenstaffel 42/7.....6 Tote, 4 Verletzte
Arb.-Abt. 60/V......5 „
Radiostation.......2 ,,
Bohrzug ........4 ,,
Summe: 17 Tote, 4 Verletzte
Am Abend des 13. hörte um 21 Uhr endlich der Schneesturm auf
und am 14. morgens strahlte der herrlichste Sonnenschein über die
Schneelandschaft, der Himmel dunkelte im tiefsten Blau. Wenn auch der
15. wieder einen Schneesturm brachte, so war dies doch nur das letzte
Aufflackern des furchtbaren Unwetters, das unerhörte Qualen und Leiden
der Besatzung des Pasubioplateaus gebracht hatte.1) Am 17. fiel noch
leichter Schnee, um dann schließlich einem besseren Winterwetter Platz zu
machen.
Die Schneemassen hatten den Stellungsverlauf völlig verdeckt und
unkenntlich gemacht. Der Unterkunftsmangel machte sich sehr unan-
genehm bemerkbar, da zur Zeit der Stürme viele Hütten eingedrückt oder
wegen des bedrohlichen Holzmangels verheizt worden waren.
Um die Mittagszeit traf der Korpskommandant GdK. Fürst Schön-
burg-Hartenstein im Brigadebereich ein, um die Stätten des Unglücks und
die Stellungsbesatzungen zu besuchen.
Auch die Italiener wurden von zahlreichen Lawinenunfällen betroffen.
Am 8. Dezember wurden in den Baracken zweier Kompagnien des
III/158 sechs Mann getötet und 24 verletzt; am 13. Dezember gab es am
Menerle (1-/4 km südwestlich Mga. Cosmagon, Spezialkarte) 13 Tote und
30 Verletzte der Genietruppe und 2 Offiziere und 3 Mann vom JR. 157.
Am 14. Dezember wurden Zelte, Küchen und Marodenzimmer von einer
Lawine in der Nähe der Mga. Cosmagon verschüttet. Das Unglück kostete
26 Tote und 56 Verletzte-
1) Im übrigen Bereich der Heeresgruppe Erzherzog Eugen hielt der Weiße Tod
gleichfalls überreiche Ernte. Die Verluste in der Zeit vom 5. bis 14. Dezember betrugen:
795 Tote, 505 Vermißte (zu den Toten zu rechnen) und 652 Verletzte.
Obst. Ludwig Tschan Edler von Wal
übernahm im Frühjahr 1915 das Kommando des 2. Regiments
und führte es bis Kriegsende.
(Bild aus „Tiroler Kaiserjäger im Weltkrieg" von Guido Jakoncig.
Verlag Wagner, Innsbruck.)
Die wegen des Unwetters und der sehr drohenden Lawinengefahr
bereits zweimal verschobene Ablösung des 1. TJR. durch das 2. TJR.
wurde am 18. und 19. Dezember endlich durchgeführt. Das 1. TJR., das
seit 1. Juli ununterbrochen in dem am meisten umkämpften Abschnitt
stand und schließlich auch noch die furchtbaren Unwetterkatastrophen
mit allen ihren Qualen und Leiden miterleben mußte, hatte es dringend
notwendig, zur Erholung und zur Wiederausrüstung aus der Kampffront
gezogen zu werden.
Für das 2. TJR. fiel die Ablösung in eine Witterungsperiode, wie
man sie sich schlechter nicht vorstellen konnte. Die ablösenden Kom-
pagnien fanden nirgends ihre Stellungen, die irgendwo unter dem meter-
hohen Schnee lagen. Der Unterkunftsmangel machte sich sehr stark fühl-
bar, da die neuen Kompagnien mit höheren Ständen in die Stellung ein-
rückten. Ein großer Teil der Besatzung mußte, da zu wenig Holzbaracken
18*
— 196 —
vorhanden waren, in Kavernen ohne Pritschen, auf dem nassen Boden, auf
Rucksäcken oder Decken sitzend oder auf faulem Stroh liegend, schlafen.
Der Brennmaterialzuschub, der während der Schneestürme oft ganz
unterbrochen war, kam nur ganz langsam wieder in Schwung. In den
Zeiten der Not waren für jede Kompagnie 3 Holzscheiter oder 5 Prügel
oder % Sack Holzkohle berechnet, ein Quantum, mit dem das Auslangen
nicht gefunden werden konnte. Die Lage besserte sich erst, als die bis-
herige Nachschublinie der Brigade (Geroli—Bisorte—Pozzamulde) auf die
in den Bereich des westlich benachbarten Gruppenkommandos FML. von
Guseck gehörende Nachschublinie Pozza — Mga. Cheserle — Pozzamulde
verlegt wurde. Bis Pozza erfolgte der Nachschub mit Seilbahn und Last-
kraftwagen, bis Mga. Cheserle mit Pferdefuhrwerk und bis Mga. Pozza mit
Tragtieren.
Nach durchgeführter Ablösung des 1. durch das 2. TJR. war die Stel-
lung der 58. Gebirgsbrigade am 20. Dezember wie folgt besetzt:
Unterabschnitt Roite: Obst. Nürnberger.
Roite West (Sektion 1 und 2): 1/3. TJR. (Mjr. Kurowsky) und halbe
Skikompagnie.
Roite Kopf (Sektion 3 bis 5): II/3. TJR. (Hptm. Fleischner) und halbe
Skikompagnie.
Unterabschnitt Pasubio: Obstl. von Tschan.2)
Pasubio West: III/2. TJR. (Hptm. Tuma) Sekt, 6 — 10. Komp.,
Sekt. 7 — 12. Komp., Sekt. 8 — 9. Komp., Sekt. 9 und %10 — 11. Komp.
Pasubio Ost: IV/2. TJR. (Hptm. Van Aken, ab 2./1. Hptm. Morawetz)
Sekt. V2IO und 11 — 15. Komp., Sekt. 12 und 13 — 14. Komp,
Wenngleich die Unwetterkatastrophen des November und Dezem-
ber sich jetzt nicht mehr wiederholten, hatten die Kompagnien des 2. TJR.
unter den Gefahren und Leiden des Hochgebirgswinters doch arg zu leiden.
Der Stellungsbau beschränkte sich nur auf den Ausbau der Kampfanlagen
unter der Platte und auf den Vortrieb des Ellisonstollens, Für den Ab-
transport des Abraummaterials des letzteren mußten täglich 80 bis 90
Mann beigestellt werden.
Es gab auch kleinere Lawinenstürze, die insgesamt im Bereiche des
II. Bataillons 5 Mann an Opfern kosteten.
Am 16. Jänner jährte sich zum 101. Male der Tag, an dem die Kaiser-
jägertruppe gegründet wurde. Zur Feier dieses Gedenktages erschien
Kaiser Karl in Begleitung des Heeresgruppenkommandanten GO. Erz-
herzog Eugen, des Armeekommandanten GO. Rohr und des Korps-
kommandanten GdK. Fürst Schönburg im Standort des Divisionskomman-
dos in Serrada. Aus Anlaß dieses Ehrentages ordnete Kaiser Karl an,
daß die 58. Gebirgsbrigade 1. Kaiserjägerbrigad'e und die 180. Infanterie-
brigade 2. Kaiserjägerbrigade zu benennen sind. Nachdem schon vorher die
2) Kommandant des 2. TJR. Obstl. von Tschan,
1. Regimentsadjutant Hptm. Huslig,
2. Regimentsadjutant Oblt. Fritz von Fischer-Poturzyn,
— 197 —
8. Division auf Kaiserjägerdivision umbenannt wurde, erhielt auch das
XIV. Korps die Bezeichnung „Edelweißkorps".
Ende Jänner fanden verschiedene Ablösungen im Gebiete der
1. Kaiserjägerbrigade statt. Das V/2. TJR- (Mjr. von Gasteiger), das
Gelegenheit hatte, als Reserve in Serrada die Feier des Kaiserjäger-
Unterkunft des 2. bzw. 4. Regimentskommandos
der Tiroler Kaiserjäger.
(Lichtbild zur Verfügung gestellt von Mjr. v. Peithner.)
gedenktages mitzumachen, löste das im Abschnitt Pasubio West befind-
liche III. Bataillon ab, und zwar besetzten die 20. Kompagnie (Hptm.
Gaßner) die Sektion 6 (Riegelstellung), die 19. Oblt. i. d. Res. Vones die
Sektion 7, die 17. Hptm. i. d. Res. von Puteany die Sektion 8 und die
18. Oblt. i. d. Res. Vagalan die Sektion 9 und VglO,
— 198 —
Um die gleiche Zeit wurde auch das ganze 3, TJR. aus der Roite-
front gezogen und nach Trient zur Erholung verlegt. Die Stellungen über-
nahm das 1. TJR.
Im Unterabschnitt Pasubio wechselten in der Zeit vom 7. bis
12. März die Bataillone in ihren Stellungsabschnitten sich gegenseitig ab.
Das 5. Bataillon, Mjr, v. Gasteiger, das bisher die Sektionen Pasubio
West besetzt hielt, ging zur Erholung nach Folgaria und Serrada ab und
wurde durch das IV. Bataillon (Mjr. Kunze) ersetzt, das bisher im Abschnitt
Pasubio Ost war. An seine Stelle rückte das III. Bataillon (Mjr. Tuma).
Die genauere Gruppierung war folgende:
Kampfabschnitt Pasubio West (Sekt. 6 bis 10%): IV/2. TJR.
Mjr. Kunze.
Sekt. 6: 13. Komp. (Hptm. Conzatti), 1 Zug Reserve.
Sekt. 7: 15. Komp. (Hpt. Szente).
Sekt. 8: 14. Komp. (Oblt. i. d. Res. Müller), 2 Züge Reserve.
Sekt. 9—%10: 16. Komp. (Oblt. v. Appel), 1 Zug Reserve.
6 MG. der MGK. IV (Lt. Lins), 4 MG. der Ski-MGK. 48, 3 stabile
MG. und 2 Musketen- 3—22 cm, 2—14 cm, 2—12 cm Miñenwerfer und
2 mittlere Granatwerfer, 3 Bohrzüge.
Kampfabschnitt Pasubio Ost (Sekt. %10—13): III/2. TJR. Mjr. Tuma.
Sekt. %10 und 11: 12. Komp. (Hptm. Stella), 1 Zug Reserve.
Sekt. 12 und1 13: 9. Komp. (Oblt. Hollescheck).
MGK. III (Oblt v. Hugetz) aufgeteilt.
2—15 cm ital., 2—22 cm Minenwerfer und 2 Granatwerfer.
Rgtsreserve: 10. Komp, (Hptm. Richter).
Brigreserve: 18. Komp. (Lt. i. d. Res. Stieber) und 11. Komp. (Lt. i. d.
Res. Erkert).
Divisionsreserve: V. Bataillon (Mjr. v. Gasteiger, später Hptm.
Sperlich).
Mitte Feber erließ das Divisionskommando den Befehl, ,,zur Hebung
der Unternehmungslust und zur Erhaltung des Gefühles der inneren Über-
legenheit, ferners um den neuformierten Sturmbataillonen Gelegenheit zur
Sammlung von Erfahrungen zu geben" kleinere Unternehmungen durch-
zuführen.
Das Brigadekommando schlug eine solche gegen die feindliche Cos-
magonstellung (ehem. Sektion 6) vor und betraute den damaligen Kom-
mandanten der Brigadereserve Mjr. Högn mit der Durchführung. Die
Leitung desselben behielt sich Oberstbrigadier von Ellison selbst vor.
Die Unternehmung sollte aber nebst dem bereits angeführten Zweck
noch die Klärung der Frage herbeiführen, ob die Italiener die Platte unter-
minierten. Hiezu sollten die voraussichtlichen Ausgangspunkte der
Minierarbeit, der Bohrlochstützpunkt und der Stützpunkt 2116, überfallen,
besetzt, gesichert und genau untersucht werden, um Grundlagen für
Gegenmaßnahmen zu finden. Ferners waren Gefangene zu machen und
Kampfmittel zu erbeuten,
— 199 —
Da der Schnee noch sehr hoch und nicht tragfähig war, war der Bau
eines Schneetunnels längs der Riegelstellung, dann entlang des West-
hanges der Platte vorgesehen. Von diesem aus sollten zwei Abzwei-
gungen gegen die feindlichen, zu erstürmenden Stützpunkte führen. An
den Enden dieser Stollen waren fächerartige Zweigstollen anzulegen, aus
denen die Sturmtruppen vorzubrechen hatten. Nach Gelingen des An-
griffes der beiden Gruppen (Oblt. Adolph und Heinisch) beabsichtigte der
Brigadier, einen Vorstoß mit zwei Sturmtrupps und zwei Sturmpatrullen
ObstL Albert Putzker, Kommandant des 4. TJR.
(Bild aus „Tiroler Kaiserjäger im Weltkrieg" von Guido Jakoncig.
Verlag Wagner, Innsbruck.)
der alpinen Kompagnie der Brigade und einer Sappeurpatrulle 8/14 zwi-
schen dem Stützpunkt 2116 und dem Bohrlochstützpunkt gegen das feind-
liche Lager Cosmagon und den Lagerstützpunkt zu machen. Sie waren
ebenfalls zu überfallen, Gefangene waren einzubringen. Wenn diese Unter-
nehmungen ohne wesentliche Gegenwirkung des Gegners gelängen, beab-
sichtigte der Brigadier, auch die italienische Platte zu überfallen und in
Besitz zu nehmen. Im Falle des Gelingens auch dieser Aktion war die
Linie Kote 2116—Bohrlochstützpunkt—feindliche Platte zu halten und so-
fort zur Verteidigung einzurichten. Die Artillerie bekam für alle diese
Fälle eingehende Weisungen zur Mitwirkung.
Einige Tage vor der beabsichtigten Durchführung der Unternehmung
erfuhr durch den Verzicht auf die Besitznahme der feindlichen Platte das
Angriffsziel eine Einschränkung. Denn das 11. Armeekommando gab am
20. März bekannt, daß der Angriff auf die feindliche Pasubioplatte nur
dann durchzuführen sei, wenn größte Wahrscheinlichkeit auf Erfolg vor-
handen wäre. Eine dauernde Behauptung des etwa erzielten Raum-
gewinnes sei nicht in Aussicht zu nehmen, weil das Armeekommando für
diesen Zweck nicht mehr Kräfte bleibend! auf dem Pasubio festlegen könne,
— 201 —
als jetzt dort seien. Dem Divisionskommando stünden nur 3 Kompagnien,
dem Korpskommando 1 Bataillon und dem Armeekommando 3 Batail-
lone (4. TJR.) als Reserve zur Verfügung.
Die Vorbereitung für das Unternehmen wurden eifrigst getroffen
und als Tag der Durchführung der 23- März bestimmt.
Die Angriffsgruppenkommandanten hatten die zu erstürmenden Stel-
lungen mit allen aus Fliegerbildern und aus Erdlichtbildern entnommenen
Einzelheiten auf einem hiezu geeigneten Gelände hinter der Front nach-
gebildet und an ihnen ihre Gruppen ausgebildet und geübt.
Mannschafts-Kaverne auf der Platte.
(Lichtbild zur Verfügung gestellt von Hptm. Konasch.)
Am Vortag der Aktion fand in Anwesenheit des Brigadiers an diesei
Stelle die letzte, sehr gut gelungene Vorübung statt. Am 23. März, dem
Tage der Durchführung, trat jedoch leider Schneefall und Schneesturm
ein. Trotzdem war am Abend alles zum Beginne des Unternehmens
bereitgestellt. Der Standpunkt der Gefechtsleitung, wo sich auch der
Brigadier, der Artilleriekommand'ant Obst. v. Walluschek und Mjr. Högn
aufhielten, war der Ausgang des Lüftungsstollens für den Hauptstollen am
Westhang der Platte. Das in den Abendstunden noch immer anhaltend
schlechte Wetter ließ aber die Durchführung nicht ratsam erscheinen.
Oberstbrigadier von Ellison gab daher um 21.30 Uhr den Befehl zur Ver-
schiebung des Angriffes.
Nach vierteljährigem Aufenthalt sollte nun auch das 2. TJR. zur
Erholung aus der Front gezogen werden. Das 4. TJR., das es abzulösen
— 202 —
hatte, übernahm damit für die Dauer eines ganzen Jahres die Wacht am
Pasubio.
Anfangs April trafen Obstlt. Szamvald, in Vertretung des beurlaub-
ten Regimentskommandanten Obst. Putzker, mit dem 1. Regimentsadju-
tanten Hptm. Guido Frh. v, Seyffertitz und dem 2. Adjutanten Oblt, v,
Peithner zur Orientierung und Übernahme im Unterabschnitt Pasubio ein.
Am 5. April war die Ablösung durchgeführt und die Besetzung folgend
angenommen:
KA. Pasubio West: III/4. TJR., Sekt. 6 — 9. Komp., Sekt. 7 —
10. Komp., Sekt. 8 — 11. Komp.
KA. Ost: II/4. TJR. Sekt. 9 und V2ÍO — 6. Komp., Sekt. V2ÌO und 11
— 7. Komp., Sekt. 12 und 13 — 5. Komp.
In der Folge wechselten die Bataillone allmonatlich die Stellungen,
so daß immer eines sich als Reserve in Folgaria-Serrada befand.3)
Inzwischen wurden nicht nur der Ausbau der unterirdischen Kampf-
anlage auf der Platte, sondern auch die Arbeiten am Minenstollen eifrigst
betrieben. Dort hatte die Vermehrung der Nahkampfmittel, der tech-
nischen Formationen usw., ferners die notwendige einheitliche Leitung
aller Arbeiten in taktischer und administrativer Beziehung die Schaffung
einer Zwischenstelle notwendig gemacht. So wurde anfangs Mai das
Plattenkommando aufgestellt, das dem jeweiligen Bataillonskommando
bzw. dem Kommando des KA. Pasubio West unterstellt war.4)
|ooo|
2. Bit Unternehmung am 2JL 3Bai 1917 gegen 6ie
ífalíenífííje ^feflung defilici) òer Çûfubioplafie*
Um die schwer ringende Isonzofront zu entlasten, sollten an der
Tirolerfront durch Artillerieaktionen und Infanterieunternehmungen die
Vorbereitungen für Angriffe vorgetäuscht werden.
Zu diesem Zwecke befahl die Kaiserjägerdivision in ihrem Bereich
die Durchführung von Artilleriebeschießungen und des im März bereits
einmal, wegen schlechter Witterung verschobenen Unternehmens gegen
den ,,Bohrloch- und Feldwachenhügel". Die gesamte Unternehmung er-
3) Anfangs Mai wurde die Ldschbrig. Obst. v. Sloninka abgelöst und durch die
141. Jbrig. ersetzt, die von da an den rechten (westlichen) Nachbar der 1. Kaiserjäger-
brigade bildete.
4) Das neue Plattenkommando, dem nun 1 Kaiserjägerkompagnie mit 1 MG-Kom-
pagnie, 1 Sappeur- oder Pionierkompagnie, die Bohr- und Lichtanlagen etc. unterstan-
den, übernahm der Brigadegeneralstabsoffizier Hptm. Hartl vom 11. Mai bis 7. Juni.
Von da an führte es Hptm. Konasch des 4. TJR. durch die ganze Zeit bis zum Abgang
des Regimentes aus der Stellung nach der großen Sprengung Ende März 1918.
— 203 —
hielt den Decknamen „Grenadiermarsch" und bestand in einer Artillerie-
vorbereitung am 17., 18,, 19. und 20. Mai und dem Angriff auf die genannte
Hügelstellung am 21. Mai. Je nach der Lage sollte der Angriff auch auf
die feindliche Pasubioplatte vorgetragen werden. Um die Täuschung
wirksamer zu machen, waren in der Pozzamulde und am Platz, wo im
Winter das Brigadekommando verschüttet worden war, Zeltlager aufzu-
schlagen. Die Vermehrung der Artillerie war durch markierte Batterie-
Stellungen und Geschütze vorzutäuschen.
Die Artillerie hatte die für den am 20. Mai angesetzten Angriff ge-
fährlichen Kavernenbatterien d'es Gegners am Cosmagon, Cogolo Alto, auf
der feindlichen Platte und auf der Punta dell Ometto, ferners die anzu-
greifenden Infanteriestellungen (Maschinengewehr-F eidwachen- und
Bohrlochhügel), überdies die feindlichen Stellungen von der Platte bis
zum Sattel 2081, die Artilleriebeobachter im Räume Cosmagon, Ometto,
endlich die Lager Cosmagon, bei Porte di Pasubio und Sette Croci unter
Feuer zu nehmen.
Feuer disposition für die Artillerie.
A) Es sind zu bekämpfen und bis 20. tunlichst derart unschädlich zu
machen, daß sie am 20. abends voraussichtlich das Feuer nicht er-
öffnen können:
1. die feindlichen Kavernengeschütze am Cosmagonrand von der
Artilleriegruppe Buse mit der halben Gbknbt 6/20 (Plattenzug) und
von der Gbhbbt. 1/7 und 2—15 cm Kn. der Gruppe Cheserle;
2. die feindlichen Kavernengeschütze Cogolo Alto, Trigonometer Pa-
subio von der Gruppe Testo;
3. die feindlichen Kavernengeschütze am Nordrand der feindlichen
Platte durch die Gruppe Testo (sHbbt. 1/8, 24 cm Ms.) und die
57 mm Kn. von d'er Gruppe Buse;
4. die feindlichen Kavernen Punta dell Ometto von der Gruppe Buse;
5. die feindliche Batterie südöstlich Trigonometer Pasubio durch den
30.5 cm Mörser des Abschnittes Borcola.
B) Zerstören und Sturmreifmachen der fdl. Infanterielinien Cosmagon—
fdl. Platte (MG.-Hügel, Feldwachenhügel Kote 2116, Bohrlochhügel,
fdl. Platte) durch die Gruppe Testo und die 15 cm Msbt. ,,P" der
Gruppe Buse. Letztere Batterie hat auch den Feldwachenhügel (Kote
2116) zu bekämpfen.
C) Bekämpfen fdl. Infanterielinien von der fdl. Platte östlich bis zum Sat-
tel Kote 2081 zur Vortäuschung eines nachfolgenden Angriffes durch
die Gruppe Maggio und die Geschütze der Gruppe Buse.
D) Bekämpfung feindlicher Beobachter: im Räume Cosmagon, Cogolo Alto,
Trigonometer Pasubio durch die Gruppe Testo und im Räume der fdl.
Platte, Corno di Pasubio durch die Gruppe Buse.
204 —
E) Bekämpfung feindlicher Lager:
1. Cosmagon (Nord) durch die Gruppe Testo (24 cm Ms. und 2/3 der
Fhbt. 3/8),
2. Porte di Pasubio durch den 30.5 cm Ms. des Abschnittes Borcola.
3. Sette Croci durch die 24 cm Ms. der Abschnitte Borcola und Ghbt.
il28 der Gruppe Buse.
Italienische Unterstände auf Porte di Pasubio.
(Lichtbild zur Verfügung gestellt von Mjr. March. Dr. Fabio Bargagli Petrucci.)
Durchführung.
Am 17., 18. und 19. Mai Bekämpfung der fdl. Kavernengeschütze,
gegen die übrigen Ziele genauestes Einschießen.
Am 20. Mai Wirkungsschießen gegen die anzugreifende Infanterie-
linie Cosmagon bis zur feindlichen Platte, sowie die übrigen Ziele (d. s.
die fdl. Infanterielinien östlich der Platte, dann die Beobachter und die
Lager) mit zunehmender Heftigkeit bis 17 Uhr, dann von 22.45 Uhr bis
23 Uhr.
Um 23 Uhr verlegen die gegen die anzugreifende Linie (Maschinen-
gewehr-Feldwachenhügel und Platte) wirkenden Batterien ihr Feuer auf
den Trigonometer Pasubio bzw. südlich der genannten Linie und Zugangs-
wege Cosmagon; die übrigen Batterien setzen ihr Feuer in die befohlenen
Räume fort. Gruppe Maggio sperrt die Zugänge vom Sattel 2081 gegen
die feindliche Platte.
Angriffsskizze, tibertragen auf ein Fliegerbild.
B = Bohrlochhügel (später Adolph-Hügel), W — Welle,
F = Feldwachenhügel (später Heinisch-Hügel), LS — Lagerstützpunkt,
M — Maschinengewehrhügel, U — Unterstände.
S — Sturmpatrulle,
— 206 —
Munition:
Für die ganze Aktion stehen den Batterien zur Verfügung:
per Gbknbt: 2 Dotationen (960 Schuß)
,, Gbhbbt. M16: 1 Dotation (500 ,, )
,, Gbhbbt. M 10: IV2 Dotationen (800 ,, )
,, Fhbbt. M 14: % Dotationen (600 ,, )
,, Thbbt.: 1% Dotationen (460 „ )
,, sFhbbt. M 14: IV2 Dotationen (500 ,, )
,, 15 cm Msbt. (4 Gesch,) (300 ,, )
Per Geschütz:
ItaL 57 mm Kn.
itaL 65 mm Gbkn.
9 cm M. 75/96 Fkn.
18 cm M. 80 Kn.
24 cm Ms.
200 Schuß
150 „
200 „
80 „
50 „
Zusammen: 4800 Schuß.
Die Artilleriegruppe Mte. Testo bestand aus:
4—7.5 cm M 15 — Gbknbt. 5/20
4—10 cm M 16 — Gbhbbt. 1/20
6—10 cm M 14 — Fhbbt. 3/8
2—10 cm M 9 — Thb. 3/6 B (Turmhaubitzen)
4—15 cm M 14 — sHb. 1/8
1—24 cm M 98 — Msbt. 12/7
2—65 mm — ital. Gbkn.
2—15 cm M 80 — Msbt. 2/II
1—18 cm M 80 — Kn.
Die Artilleriegruppe Buse bestand aus:
4—7.5 cm M 15 — Gbknbt. 4/20
1—10 cm M 10 — Gbhbbt. 2/5
6—10 cm M 14 — Fhbbt. 4/8
4—15 cm M 80 — Ms. P
1— 9 cm M 75/96 Fknbt. 2/1B
1—57 mm ital. Fkn.
Für die Durchführung der Unternehmung verfaßte Mjr. Högn einen
genauen Befehl, der im nachfolgenden wiedergegeben wird.
— 207
Anordnungen für den „Grenadiermarsch",
A) Artillerie: nach der erlassenen Feuerdisposition.
B) Am 20. Mai um 23 Uhr greifen unter meinem Kommando
6 Sturmpatrullen des Armeesturmbataillons,
3 Sturmtrupps der Bataillone I.II.III./l. TJR.,
3 Sprengpatrullen,
den Feldwachen-, Maschinengewehr- und Bohrlochhügel an.
C) Zweck: Gefangene machen, MG. und Kampfmittel erbeuten, gegne-
rische Stellung zerstören. — Bei geringem Widerstand oder bei sehr
weitgehender Zerstörung der gegnerischen Stellung durch das Artil-
leriefeuer wird' der Angriff bis auf die gegnerische Platte vorzutreiben
sein. — Die Entscheidung trifft das Brigadekommando an Ort und
Stelle.5) — Ein dauerndes Festhalten der eroberten Stellungen ist
nicht geplant.
D) Durchführung des Angriffes:
1. Gruppenbildung :
a) Angriffsgruppe Feldwachen und Maschinengewehrhügel:
Kommandant Oblt. Heinisch:
3 Sturmpatrullen des Armeesturmbataillons,
Sturmtrupp des II/l. TJR.,
1 Sappeurpatrulle.
b) Angriffsgruppe Bohrlochhügel: Kommandant Oblt. Adolph:
3 Sturmpatrullen des Armeesturmbataillons,
Sturmtrupps des I. und III/l. TJR.,
1 Sappeur- und 1 Pionierpatrulle. ,
c) Reserve: Sturmtrupps der alpinen Kompagnie Oblt. Dr, Pro-
chaska.
2. Bereitstellung:
Angriffsgruppen um 22.30 Uhr am linken Flügel der Riegelstellung;
Reserve um 23 Uhr in der Nähe der Riegelstellung.
3. Vorrückung und Angriff:
a) Die Gruppe Feldwachen- und Maschinengewehrhügel:
Unter dem Schutze des um 22.45 Uhr einsetzenden Wirkungs-
und Zerstörungsfeuers der Artillerie Vorgehen der Sturm-
patrullen aus der Riegelstellung in die Mulde vor dem fdl. Stütz-
punkt Feldwachenhügel. — Sturmpatrullen 1, 2 und 3 Angriff
auf den Feldwachenhügel, Niederlegen der Hindernisse bzw.
Öffnen von Sturmgassen, Einbruch in die feindliche Stellung,
5) Gefechtsstandpunkt Sektion 7 (Platte).
— 208 —
Ausräumen der Gräben und der Schneetunnels, Sturmpatrulle 1
und 2 gehen über die feindliche Stellung und rollen d'en dahinter
liegenden feindlichen Stützpunkt (Maschinengewehrhügel) auf.
— Sturmpatrulle 3 rollt die Verbindung gegen den feindlichen
Bohrlochhügel auf und stellt Verbindung mit dieser Angriffs-
gruppe her. — Der Sturmtrupp II folgt in zwei Wellen ehestens
den Sturmpatrullen und vervollständigt die Ausräumung der
Gräben, Kavernen und Unterstände. — Die erste Welle folgt so-
dann den Patrullen 1 und 2 auf den Maschinengewehrhügel und
besorgt dort die Sicherung. — Die zweite Welle verbleibt im
Feldwachenstützpunkt als Reserve. Gefangene sind durch vor-
her zu bestimmende Leute zurückzuschaffen.
b) Die Gruppe Bohrlochhügel:
Unter dem Schutze des um 22.45 Uhr einsetzenden Wirkungs-
und Zerstörungsfeuers der Artillerie rasches Vorgehen der
Sturmpatrullen aus der Riegelstellung entlang des Westhanges
der Platte in die Mulde vor dem feindlichen Bohrlpchstützpunkt.
— Sturmpatrulle 1, 2 und 3 Angriff auf den Bohrlochhügel, Nie-
derlegen der Hindernisse bzw. Öffnen der Sturmgasseii, Einbruch
in die feindliche Stellung, Aufräumen der Gräben und der
Schneetunnels. Sturmpatrulle 1 geht über die feindliche Stel-
lung auf die Baracken westlich des Bohrlochhügels los. —
Sturmpatrulle 3 rollt feindliche Stellung gegen die feindliche
Platte auf und sichert die linke Flanke. — Sturmpatrulle 2 folgt
nach Eindringen der Sturmwellen der Sturmpatrulle 3. — Die
Sturmtrupps I und II folgen in je zwei Wellen ehestens den
Sturmpatrullen, vervollständigen die Ausräumung der Gräben,
Kavernen und Unterstände etc. — Die 1. Welle folgt der Sturm-
patrulle 1, die 2. Welle der Sturmpatrulle 3, die 3. und 4. Welle
bleiben in der feindlichen Stellung zur Abwehr feindlicher
Gegenangriffe bereit.
c) Falls der Angriff auf die feindliche Platte befohlen wird, wird die
Reserve (Sturmtrupps der alpinen Kompagnie) zum Bohrloch-
hügel herangezogen und dort eingesetzt. — Mit dem dort frei-
werdenden Sturmtrupp des 1. TJR. (3. und 4. Welle) ist in die-
sem Falle unter Mitwirkung der bereits gegen die feindliche
Platte sichernden Sturmpatrulle 2 und 3 der Angriff auf die
Platte durchzuführen.
E) Rückzug: erfolgt, falls keine weiteren Befehle gegeben werden, auto-
matisch am 21. Mai um 1 Uhr früh, und zwar beginnt den Rückzug
unter steter Sicherung zuerst die Gruppe Bohrlochhügel in der gera-
den Richtung auf Riegelstellung, dann die Gruppe Feldwachen- und
Maschinengewehrhügel in der Richtung gegen den Sattel zwischen der
10. und ll./l. TJR. der Roitestellung' — Falls die Riegelstellung unter
— 209 —
feindlichem Sperrfeuer liegt, kann auch die Gruppe Bohrlochhügel sich
gegen die Roitestellung zurückziehen.
F) Mitwirkung der in der Stellung befindlichen Maschinengewehre: Die
MG. der Sektionen 5 bis 7 haben den Angriff während des Vorgehens
der Sturmpatrullen und der Sturmtrupps durch Feuer auf die feind-
liche Stellung des Feldwachen- und Bohrlochhügels zu unterstützen.
G) Wiederaufnahme des eigenen Artillerie- und Minenwerferfeuers:
Nach erfolgtem Rückzüge sind' über telefonisches Aviso die feindlichen
Stellungen (Feldwachen-, Maschinengewehr- und Bohrlochhügel) unter
Artillerie- und Minenwerferfeuer zu nehmen.
H) Standpunkt: Mein Standpunkt ist ab 20. Mai 22.30 Uhr in der Sektion 7
(Platte). — Die erreichte Linie ist stets durch weißes Licht von
Taschenlampen zu zeigen. — Anordnungen wegen Telefonverbindun-
gen und Hilfsplatz etc.
Feldpost 395, am 18. Mai 1917. Högn, Mjr.
Durchführun g.*)
Infolge des dichten Nebels entfiel am 20. Mai das während der Vor-
mittagsstunden geplante Wirkungsschießen der Artillerie, wurde aber am
Nachmittag trotz Nebel ab 16 Uhr eine Stunde lang und ab 19 und 20 Uhr
bei klarem Wetter je eine halbe Stunde lang durchgeführt. Um 22.45 Uhr
begann das Wirkungsschießen gegen die anzugreifenden Stützpunkte.
Unter dessen Schutz gingen die Sturmpatrullen und Sturmtrupps aus der
Riegelstellung (Sektion 6) in die vor dieser liegenden Mulde vor, grup-
pierten sich und griffen die zugewiesenen Stützpunkte nach Beendigung
des Wirkungsfeuers um 23 Uhr an.
In 7 Minuten waren die Sturmpatrullen bereits in die Stellung des
Feldwachenhügels (2116) und1 in 10 Minuten in die des Bohrlochstütz-
punktes eingedrungen.
Der von etwa zwei feindlichen Kompagnien geleistete Widerstand
wurde rasch im Handgranatenkampf gebrochen, Gräben und Schnee-
tunnels aufgerollt und ausgeräumt und die Maschinengewehre zum
Schweigen gebracht.
Der weitere Angriff erfolgte vollkommen planmäßig, wie er nach
den Anordnungen des Mjr. Högn anbefohlen war.
Die feindlichen Gräben wurden besetzt, die Kavernen und Unter-
stände durch die nachfolgenden Wellen ausgeräumt. Die Sprengpatrullen
zerstörten die Schützengräben, die Maschinengewehranlagen und Unter-
stände. Gefangene, erbeutete Maschinengewehre und sonstiges Kampf-
material wurden zurückgeschafft.
*) Nach dem Gefechtsbericht des Mjr. Högn geschildert.
Schernii!. ,.Die Pasnbio-L\Rmple'
14
ri
if
— àio —
Erst einige Minuten nach Mitternacht hatten die Italiener sich so-
weit gefaßt, daß sie in zwei Gruppen sich zum Gegenangriff anschickten.
Eine kompagniestarke Gruppe stellten sie in dem Verbindungsgraben, der
sich südlich der italienischen Platte zum Cosmagonlager zieht und gegen
Norden zu einem Stellungsgraben ausgebaut war, bereit. Das eigene
Kavernengeschütz der Artilleriekaverne 1 der Platte nahm den Graben
kräftig unter Feuer, während die Sturmwelle die italienische Kompagnie
durch Gewehrfeuer und Handgranaten ferne hielt.
Eine andere Gegenangriffsgruppe in der Stärke einer Halbkompagnie
versuchte am Westabhang des Maschinengewehrhügels anzugreifen. Der
Angriff brach jedoch im Feuer der Sturmwelle des Lt. Arnold zusammen.
Um 0.40 Uhr war es auf der ganzen eroberten Linie zu einem stehen -
den Feuergefecht und zum Handgranatenkampf gekommen.
Um diese Zeit hatte auch die italienische Artillerie die Lage erfaßt
und begann sich bemerkbar zu machen. Um 1 Uhr früh begann befehls-
gemäß die Loslösung vom Gegner und vollzog sich vollkommen unbe-
merkt.
Eine Stunde später (2 Uhr früh) legte sich — nachdem bereits alle
Angriffsgruppen eingerückt waren — durch drei Stunden hindurch ein
außerordentlich heftiges Feuer der italienischen Artillerie und der Minen-
werfer auf die Platte und auf die Riegelstellung.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß die durch den
Oberstbrigadier geleitete und von Mjr. Högn genauestens vorbereitete und
eingeübte Unternehmung als in jeder Beziehung gelungen bezeichnet wer-
den mußte. Die Tätigkeit der Artillerie war dank ihrer Leitung und des
präzisen Schießens in ihrer Wirkung eine vorzügliche. Ebenso hervor-
ragend arbeiteten die Sturmpatrullen, Sturmtrupps und Sprengpatrullen.
Deren mutiges Vorgehen genau nach den vorbereitenden Besprechungen
und Übungen und die Initiative der Sturmzugskommandanten sicherten
den gewünschten Erfolg.
Auch von der Minenwerfergruppe (3—22 cm, 2—14 cm, 2—12 cm
Minenwerfer und 2 mittlere Granatwerfer) wirkte die Gruppe des Lt. i. d.
Res. Kühtreiber gegen die feindliche Linie Feldwachen- und Bohrloch-
hügel und die des Feldwebels Hepler gegen die feindliche Platte mit ganz
besonderem Erfolg. Die Patrulle der Sappeurkompagnie 1/6 zerstörte
einen schweren feindlichen Minenwerfer durch Sprengung.
Zum Gedenken an die so gut gelungene Unternehmung wurden der
Bohrlochhügel „Adolph-" und der Feldwachenhügel „Heinischhügel" be-
nannt.
Die Verluste der Angriffsgruppen waren verhältnismäßig gering.
Sie betrugen: 4 Tote, 22 Verwundete und 2 Vermißte. Unter den Ver-
wundeten befand sich auch der Kommandant der Angriffsgruppe Bohr-
loch, Oblt. Adolph, der durch einen Lungenschuß schwer verwundet
wurde.
— 211 —
An Gefangenen wurden eingebracht: 4 Offiziere und 190 Mann. Sie
entstammten der 1. und 2. Kompagnie und der Pionierabteilung des JR. 65,
der selbständigen MGA. 162, dem Artilleriebeobachtungsposten der
5. Batterie des Feldkanonenregimentes 29 und der Minenwerferbatterie 16.
Von den Gefangenen waren 13 leicht verwundet.
Im Gefechte waren gestanden:
Die Oberleutnante Adolph und Heinisch, die Leutnante Marchesani,
Matscher, Vogl, Arnold, Kröll, Emödi, Suppenmoser und ein Kadett-
aspirant, 6 Sturmpatrullen des Armeesturmbataillons, 3 Sturmtrupps des
I., IL und IIL/1. TJR., je 50 Mann, Patrulle der Sappeurkompagnie 8/14
(Lt. Veit mit 8 Mann), Patrulle der Sappeurkompagnie 1/6 (Oblt. Endrödy
mit 9 Mann), Patrulle der Pionierkompagnie 1/2 (Lt. Honner mit 9 Mann),
Sanitätspatrullen des I., IL und III./l. TJR. Zusammen 263 Mann. Die
Artillerie verschoß 2520 Schuß.
Belobungen:
Korpskommandobefehl Nr. 34 vom 22. Mai 1917:
,,Eine in der Nacht am 21. Mai unter persönlicher Leitung des Obst.-
Brig. Ritter von Ellison und unter Kommando des Mjr. Högn durchgeführte
Unternehmung war von glänzendem Erfolg gekrönt.
Patrullen des Sturmbataillons, durchwegs Kaiserjäger und Sturm-
züge des 1. TJR., griffen, begleitet von Sprengpatrullen der Sappeur-
kompagnie 8/14, 1/6 und Pionierkompagnie 1/2, nach vorzüglicher Artillerie-
und Minenwerfervorbereitung mit hervorragender Schneid die feindliche
Stellung westlich der eigenen Pasubioplatte an, überwältigten nach hef-
tigem Kampfe die feindliche Besatzung und kehrten mit 4 italienischen
Offizieren, 190 Mann Gefangenen und 4 erbeuteten Maschinengewehren
zurück.
Ich spreche dem Obst.-Brig- von Ellison und dem Mjr. Högn für die
so hervorragend geleitete bzw. durchgeführte Unternehmung, allen daran
beteiligten Offizieren und Mannschaften für die hiebei an den Tag gelegte
Unternehmungslust und Tapferkeit sowie der Artillerie, den Minenwerfer-
abteilungen und den technischen Truppen für die vortreffliche Mitwirkung
meinen Dank und die vollste Anerkennung im Namen des Ah.-Dienstes
aus.
Schönburg, GdK."
11. Armeekommando Op. Nr. 1456 vom 22. Mai 1917:
„ Patrullen des Armeesturmbataillons, des 1. TJR., Teile der
Sappeurkompagnie 1/6, 8/14 und der Pionierkompagnie 1/2, dann Telefon-
patrullen und Blessiertenträger des 1. TJR. haben heute nacht, geführt
von Mjr. Högn des 1. TJR. unter persönlicher Leitung des Obst.-Brig,
von Ellison nach vorzüglicher Artillerie- und Minenwerfervorbereitung
starke feindliche Vorstellungen im schwierigen winterlichen Gelände
14*
hervorragend schneidig genommen und bei verhältnismäßig geringen eige-
nen Verlusten dem Feinde bedeutende blutige Verluste zugefügt, 4 Offi-
ziere, 190 Mann als Gefangene und 4 MG, als Beute eingebracht. Ich
spreche allen an dieser im vollsten Maße gelungenen, hervorragend kühn
und tapfer durchgeführten Unternehmung beteiligten Offizieren und Mann-
schaften meine vollste Anerkennung aus.
Scheuchtenstuel, FZM."
Zu Op. Nr. 6600/20 des Kmd'os. der SW.-Front vom 21, Mai 1917:
,Den am heutigen, besonders erfolgreichen Pasubiounternehmen
beteiligten braven Truppen meinen Dank und meine Anerkennung,
Ezh, Eugen, FM."
Italienische Stimmen über diese Unternehmung:
Italienischer Heeresbericht vom 21. Mai 1917 (auszugsweise):
„Am 19, begannen an der trientinischen Front die Artillerieaktionen.
Gestern breiteten sie sich weiter aus, wurden heftiger und erreichten
eine besondere Stärke zwischen Etsch und Terragnolotal,
Spät am Abend wurden starke feindliche Kräfte zum Angriff gegen
unsere Stellungen am Pasubio angesetzt. Es kam zu einem heftigen
Kampf, wobei der Gegner einen blutigen Mißerfolg erlitt und an der gan-
zen Angriffsfront völlig zurückgeschlagen wurde."
L'Agenzia Stefani vom 21, berichtete:
,,Ein sehr mächtiger Angriff wurde in der vergangenen Nacht gegen
die Stellungen des Pasubio geführt. Die Vorbereitung begann am gestri-
gen Nachmittag gegen 17 Uhr mit einem heftigen Feuer aus kleinen und
mittleren Kalibern konzentrisch aus dem ganzen Sektor der feindlichen
Linien. Nach einer Stunde ließ die Beschießung etwas nach, wurde um
19 Uhr wieder aufgenommen und dauerte mit wachsender Heftigkeit
einige Stunden,
Ein wenig nach Mitternacht entwickelte sich ein heftiger und wüten-
der Angriff. Starke Kolonnen der Kaiserjäger, der besten Gebirgstruppe
Österreichs, warfen sich mit großem Ungestüm auf die italienischen
Linien. Aber ein auf die benachbarten Sektoren vereinigtes mörderisches
Sperrfeuer und die wirksame Tätigkeit unserer Infanterie hielten den
Feind auf. Dann wendete sich der lange, sehr harte Kampf in unseren
Gräben und die Österreicher gingen in Unordnung zurück.
Das Ziel des österreichischen Kommandos, einen taktischen Erfolg
am Pasubio zu erreichen und im italienischen Kommando Besorgnis und
Alarm zu erregen und die Freiheit des Handelns, sei es auch nur be-
schränkt, uns zu nehmen, ist auf diese Weise vollkommen mißlungen."
— 213 —
General Giariní schreibt in seinem Buch ,,L'Armata del Trentino
1915—1919", Seite 233:
,,In der Nacht auf den 21. Mai war d'er Pasubio der Schauplatz eines
heftigen Kampfes der Brigade Liguria (Oberstbrigadier Zamboni), die
durch das Infanterieregiment Nr. 65 verstärkt war.
Mit der Absicht einer ernsten Unternehmung wütete der Feind mit
einem heftigen, längeren und sehr wirksamen Artilleriefeuer jeden Kali-
bers und zerstörte unsere Verteidigungsstellungen auf den Panettoni.
Dann setzte er mit frischen Kräften und in starken Kolonnen zu einem
heftigen nächtlichen Angriff gegen die Stellung westlich des Dente an.
Nachdem er unsere Gräben erreicht hatte, mußte er aber unter schweren
Verlusten im Feuer der braven, von Obstl. Bussi kommandierten Infan-
terie von 157 sich zurückziehen.
Die so ersehnten und oft gestürmten Stellungen des Pasubio blie-
ben, zwar zerstört und schwer beschädigt, doch immer noch in unserem
Besitz."
Die Sommermonate 1917 brachten im Bereiche des Pasubio keine
besonderen Begebenheiten. Die allgemeine Ruhe wurde nur durch häu-
fige alarmierende Nachrichten von bevorstehenden italienischen Angriffen,
die sich nie bewahrheiteten, und von Unternehmungen meist artilleristi-
scher Art zur Entlastung der Isonzofront. und durch Vorbereitungen für
einen Angriff größeren Umfanges, die aber bald fallengelassen wurden,
unterbrochen.
|ooo|
3. Bti kommet unò 1917,
Am 22. Mai traf der Korpskommandant GdK. Fürst Schönburg-
Hartenstein im Brigadebereich zur Besichtigung der Stellungen ein. Bei
dieser Gelegenheit beantragte der ihn begleitende Brigadier Oberst von
Ellison einen Angriff auf den feindlichen Pasubio. Dieser Antrag schien
höherenorts Anklang gefunden zu haben, denn eine Woche später ent-
sandte das Armeekommando einen Generalstabsoffizier zum Brigade-
kommando, um mit dem Brigadier, den Kommandanten des 1. und 4. TJR.
und einigen Bataillonskommandanten ein größeres Unternehmen gegen
den Pasubio zu besprechen.
Die Entscheidung fiel, als am 7. Juni der Heeresgruppenkommandant
FM. Conrad mit seinem Generalstabschef am Pasubio zur Besichtigung
des Abschnittes eintraf.
Zehn Tage später erhielt das Brigadekommando Befehle zur Durch-
führung vorbereitender Maßnahmen.
214
Zum Plattenbataillonskommando war eine fahrbare Verbindung
herzustellen, der am 5. Mai eingestellte Vortrieb des Ellisonstollens gegen
die feindliche Platte wieder aufzunehmen und die Seilbahnlinie Bisorte-
sattel 2006 — Busemulde fortzusetzen, um den Pasubioabschnitt mit der
für das Unternehmen notwendigen Menge von Verpflegung, Munition für
Artillerie und Minenwerfer etc. zu versorgen.
Feldmarschall Conrad auf Inspizierung des Abschn. der 1. Kaiserjäger-Brigade
am 7. Juni 1917, Vorne links GM. Ellison, hinter ihm Generalstabsoffizier der
Brigade Hptm. Hartl, in der Mitte Artillerieabteilungskommandant Obst. Wach
mit Adjutanten Oblt. Reifner, rechts Obstlt. von Barth, Kommandant des
1. Regimentes, mit Adjutanten Hauptmann von Istler.
(Bild aus „Tiroler Kaiserjäger im Weltkrieg" von Guido Jakoncig.
Verlag Wagner, Innsbruck.)
Die dem Angriffe zugrunde gelegten taktischen Erwägungen waren:
1. Die Besitznahme der feindlichen Platte ist nicht mit einer Spren-
gung derselben einzuleiten. Der Stollen sollte nur als bombensicherer
Sammelraum für die bereitgestellten Truppen dienen, um von dort
aus durch zwei vom jetzigen Endpunkt des Ellisonstollens steil auf-
wärts führende Aussteigschächte in einen durch feindliches Artil-
lerie- und Minenwerferfeuer weniger bestrichenen Raum ins Freie
zu führen.
2. Das Angriffsziel ist Cogolo Alto—Forni Alti—Punta dell Ometto—
Cosmagon,
'i
— 215 —
3. a) Rechte Angriffsgruppe: 6 Kompagnien 1. TJR, mit 3 Sturmzügen
und 1 Kompagnie des Armeesturmbataillons. Ziel: Feindlicher
Pasubio (Trigonometerhöhe 2236) — Cogolo Alto bei Sicherung
nach rechts gegen den Cosmagon, dort nur Demonstration gegen
den Adolph- und Heinisch-HügeL Die Besitznahme des Cosmagon
war für später festgesetzt,
b) Linke Angriffsgruppe: 6 Kompagnien des 4. TJR. mit 3 Sturm-
zügen und einer Kompagnie des Armeesturmbataillons. Aufgabe,
FM. Conrad am Mte. Buse (7. Juni 1917).
Rechts Oberst Ellison, Kommandant der 1. Kaiserjäger-Brigade.
(Bild aus „Tiroler Kaiserjäger im Weltkrieg" von Guido Jakoncig,
Verlag Wagner, Innsbruck.)
Ziel: Einbruch im Vereine mit der rechten Angriffsgruppe im
engsten Anschlüsse nach der Platte zu, Aufrollen der feindlichen
Stellung Sattel 2081— Corno di Pasubio—Punta dell Ometto.
c) Durchbruchsgruppe: 3 Bataillone mit Sturmzügen, 1 Kompagnie
des Armeesturmbataillons, Minenwerfern und Gebirgsbatterien.
Nach Einbruch Vorstoß in allgemeiner Richtung längs der Straße
Sattel 2081 — Forni Alti — Straße auf Forni Alti 2026.
d) Reserve: Drei Bataillone.
— 216 —
Demgemäß erhielten das 1. und1 4. TJR. den Auftrag, je sechs Kom-
pagnien mit Sturmzügen als Angriffsbataillone auszubilden.
Ferners erteilte das Brigadekommando, um die Sturmstaffeln nähet
an den Gegner heranzubringen, am 26. Juni den Befehl zu folgenden
Stellungsveränderungen :
1. Ausbau des Neutralen Hügels") vor der Sektion 6 als Vorstellung,
2. Ausbau der dermaligen Feldwachenlinie vor den Sektionen 8
bis 11 als Hauptstellung,
3. Vorschieben einer neuen Feldwachenlinie vor diese,
4. Ausbau der Feldwache 6 (Kanzel) vor der Sektion 12.
Die Durchführung der angeordneten Vorbereitungen wurde sofort
begonnen, aber bald über höheren Befehl wieder eingestellt. Man ließ
den Angriffsplan fallen, weil verschiedene Anzeichen darauf schließen
ließen, daß die Italiener einen Angriff noch größeren Stiles auf die Zugna
und den Pasubio beabsichtigten. Italienische Überläufer fanden sich in
beträchtlicher Zahl ein und sprachen von einem Angriffsbeginn am
26. Juni, dann von einem Aufschub auf den 15. und nachher auf den
28. Juli. Wenngleich solche Aussagen sich oft als unrichtig herausstellten,
war doch bei der bekannten Erscheinung des vermehrten Überlaufene
vor einem Angriff die Möglichkeit eines solchen nicht auszuschließen.
Besonders aber wiesen die Vermehrung der gegnerischen Artillerie und
die Kräfteverschiebungen größeren Umfanges hinter der Front auf einen
solchen hin. Das Heeresgruppenkommando sagte daher das Unternehmen
am Pasubio ab.
Ein am 18. Juli ausgegebener Befehl des Edelweißkorpskommandos
gab zwar die eigentlichen Gründe des Einstellens der Vorbereitungen für
den geplanten Angriff nicht bekannt, doch ließ schon der Hinweis auf die
Beschleunigung des Ausbaues der 1. und 2. Linie die Möglichkeit eines
feindlichen Angriffes erkennen. Der Befehl besagte, daß die allgemeine
Lage und die relativ kurze Zeit, welche bis zum Eintritt von Schneefällen
für die Ausgestaltung der Stellung zur Verfügung stehe, den energischen
und intensiven Ausbau der Verteidigungsanlagen und der Unterkünfte im
defensiven Sinne erfordere. Dementsprechend seien auch im Pasubio-
abschnitt alle auf eine Offensive hinzielenden Arbeiten sogleich einzu-
stellen. Nur der Ausbau des Ellisonstollens sei fortzusetzen und ein be-
sonderes Augenmerk der zweiten Stellung zuzuwenden.
Als zweite Linie hatte d'as Korpskommando für seinen Bereich be-
stimmt: Osthang des Cheserleplateaus —- Colsanto — Domberg —
Buse 2088 — Buse di Bísorterücken — Mte. Sarta — Malingo — Maggio—
Gusella — Toraro — Campomolon — Tonezzaspitzen. Für den Brigade-
bereich kam daher die Linie Cheserle—Colsanto—Buse 2088 — Buse di
Bísorte — Mte. Sarta zum Ausbau der zweiten Verteidigungsstellung in
Betracht.
G) Später „Kossuthhügel" genannt.
Feldwachen- und Stützpunktlinie vor Pasubio-Ost und -West im Juli 1917.
Österreichische und italienische Bezeichnungen:
Feldwache 1 — Antigroviglio,
n ,, 2 — Neutraler Hügel — Disco,
,, , 3 — Kote 2100 — Sturmhügei — Cocuzolo Carabinieri,
,, ,, 4 — Cocuzolo 305,
Groviglio,
Cocuzolo Vedetta,
1
2 —
3 —
4 —
5 =
I = Stützpunkt
II
III
IV
V
VI
VII
a z= Cadorna-Ost — Cappello di Carabinieri,
b — Cadornahügel — Ferro di Cavallo,
c — italienische Platte — Dente italiano,
d — Handgranatenhügel,
e — österreichische Platte — Dente austriaco,
f z=z Feldwachenmulde.
I
II
m
IV — Cocuzolo
V
Vi — Cocuzolo
VII
dei Morti (Totenhügel),
Torretta,
Tatsächlich hatte das italienische Oberkommando im Sommer 1917
eine Offensive größeren Umfanges gegen den Pasubio geplant, um das
Colsantoplateau für künftige Operationen gegen Trient zu gewinnen.
Hiezu wurden im Juni und Juli umfangreiche Vorbereitungen getroffen,
bei denen der für ein Unternehmen im Gebirge ungewöhnlich große Ar-
tillerieaufmarsch besonders auffallend war.
— 218 —
Als bereits im großen Bogen um den Pasubio 24 schwerste, 254 mitt-
lere und1 1000 kleine Geschütze und 148 große Minenwerfer in Stellung
waren und auch der Infanterieaufmarsch beendet war, wurde der Angriff
von der italienischen Führung mit der Begründung abgesagt, daß der vor-
aussichtliche Gewinn mit den zu erwartenden Verlusten nicht im Ein-
klang stehen würde. Wahrscheinlich aber dürfte»der Mißerfolg auf der
Ortigara7) und die Aufnahme der Offensive am Isonzo an diesem Ent-
schluß mitbestimmend gewesen sein.
Um diese Zeit hatten die Verteidigungsanlagen der 1. Kaiserjäger-
brigade bereits eine ansehnliche Stärke erreicht. Die Platte glich einem
Befestigungswerk, das jede derartige künstliche Anlage an Widerstands-
kraft übertraf. Kavernierte Maschinengewehre, Geschützstände und Ka-
vernen waren in großer Zahl vorhanden, alle Kampfanlagen und Unter-
künfte durch Stollen verbunden. Auch an der Oberfläche waren die
Stützpunkte und Schützengräben vorzüglich ausgebaut, meist betoniert,
so daß sie auch einer längeren starken Beschießung standhalten konnten.
Durch diese Art des Ausbaues entstand mit der Zeit eine ober-
irdische und eine unterirdische Verteidigungsanlage.
Auch die östlich an die Platte anschließenden Sektionen 8 bis 13
bildeten eine sehr starke Abwehrstellung. Die Feldwachenlinie wurde zu
einer Stützpunktlinie ausgebaut und ihr Feldwachen vorgeschoben. Da-
durch wurde die neue Stützpunktlinie zur ersten und die Linie der Sek-
tionen zur zweiten Verteidigungsstellung.
Der Roiteabschnitt, eine schon von Natur aus vorzügliche Abwehr-
stellung, erhielt gleichfalls sehr starke Verteidigungsanlagen.
Besonderes Augenmerk wurde auf die flankierende Bestreichung
der einzelnen Stellungsteile, hauptsächlich der Platte, durch kavernierte
Maschinengewehre und Geschütze und durch Minenwerfer*) verwendet
und damit der Plan des Oberstbrigadiers von Ellison verwirklicht.
Dergestalt besaß die Pasubiofront schon Mitte 1917 eine solche Ver-
teidigungsstärke, daß jeder feindliche Angriff voraussichtlich an ihr ab-
7) An den Kämpfen auf der Ortigara war auch das II/4. TJR. (Hptm. von Hafner)
beteiligt. Es lag anfangs Juni als Korps- und Divisionsreserve in Folgaria bzw. Ser-
rada und wurde, als die Kämpfe auf der Ortigara entbrannten, auf der Porta delle Pozze
eingesetzt und am 19. Juni zum Teil aufgerieben, zum Teil gefangengenommen. Am
26. Juni neu formiert, wurde es bald darauf der 1. Kaiserjägerbrigade wieder überstellt.
Das Kommando tibernahm Mjr. Sedlacek.
*) Die Nahkampfmittelgruppe des Lt. Ing. Nowak, die zur Verteidigung der Piatte
und des ihil benachbarten Raumes eingesetzt war, bestand aus
6 schweren, 6 mittleren und 13 leichten Minenwerfern,
8 mittleren und 4 kleinen Granatwerfern und
1 großen, 2 mittleren und 1 kleinen Flammenwerfer.
Die während der Oktoberkämpfe 1916 eingesetzten, ebenfalls unter Kommando
des Lt. Ing. Nowak stehenden Nahkampfmittel der Brigade, und zwar 7 schwere, zwei
mittlere und 6 leichte Minenwerfer (9—12—22 und 40 cm), ferners 4 kleine und 2 mitt-
lere Granatwerfer wurden samt und sonders durch Zerstörung, Beschädigung oder Ver-
schüttung außer Gefecht gesetzt.
Die sofort nach den Kämpfen neu aufgestellte Nahkampfmittelgruppe bestand an-
fangs nur aus dem rasch den Depots entnommenen 2 italienischen! Granatwerfern, 4 ita-
— 219 —
prallen mußte. Dies konnte man umso sicherer annehmen, als auch die
italienischen Oktoberangriffe des Jahres 1916 in den damals recht primi-
tiven Stellungen restlos abgeschlagen wurden.
22-cm-Minenwerfer der Nahkampfmittelabteilung der Brigade.
Ganz rechts der Kommandant Lt. Ing. Nowak.
(Bild aus „Tiroler Kaiserjäger im Weltkrieg" von Guido Jakoncig,
Verlag Wagner, Innsbruck.)
So ging der Sommer vorüber, ohne daß weder die österreichischen
noch die italienischen* Angriffsabsichten zur Durchführung kamen.
Im September brachten d'ie Vorbereitungen zur österreichisch-
ungarischen und deutschen Offensive am Isonzo8) dem Pasubioabschnitt
lienischen 8.6 cm Minenwerfern und 1 großen Flammenwerfer. Sie wurde nach und
nach durch neue Waffen ersetzt und erreichte im Jahre 1917 die oben angegebene be-
trächtliche Stärke.
8) Vor Beginn der Offensive am Isonzo hatte man, um einen größeren Angriff aus
Tirol vorzutäuschen, an dessen Ost- und Südfront deutsche Truppen eingesetzt, die an
einigen Stellen im Vereine mit k. u. k. Truppen erfolgreiche Unternehmungen durch-
führten. Im Pasubiogebiet sollte in der ersten Novemberwoche ein Infanterieunter-
— 220 —
eine beträchtliche Schwächung seiner Besatzung, Aus dem Bereiche dei
Kaiser ja gerdivision wurden das 3- TJR. (Obst, Nürnberger) und das
1/4. TJR. (Hptm. Tartier) herausgezogen, um am Durchbruchspunkt bei
Flitsch im Verbände der Edelweißdivision in Verwendung zu treten. Als
dann später — Ende Oktober — die Offensive unerwartet große Erfolge
A
tccLÏ Vasuliopicuiïç
A SA $ &
Blick aus der Stellung auf der österreichischen Platte auf die ital. Platte.
(Richtigstellung der Meereshöhe: 2220 m.)
zeitigte und die österreichisch-ungarische Führung auch zu einem An-
griff von der Hochfläche der Sieben Gemeinden in den Rücken des italie-
nischen Heeres ansetzte, wurde auch noch das 1. Kaiserjägerbrigadekom-
mando mit dem 1, und 2, TJR. zur Teilnahme an dem Angriff aus dem
Divisionsbereich gezogen.
nehmen unter dem Decknamen „Wilhelm" durchgeführt werden, an dem eine Kompag-
nie, des 1. TJR. und die Sturmkompagnie Hptm, Graeve des deutschen Alpenkorps teil-
zunehmen hatten. Angriffsziele waren der Adolph-, Heinisch- und der MG-Hügel. Ein-
tretender Schneefall ließ die geplante Unternehmung nicht zur Durchführung kommen.
Auf italienischer Seite trat in der Nacht vom 4, auf den 5. September 1917 an
der Rückseite der Lora (2043) ein verhängnisvoller Felssturz ein, der viele Opfer
forderte. In den Morgenstunden des 5. Sept. löste sich dort eine 25 m hohe Felspartie
und stürzte, alles mit sich reißend, in das Val delle Prigioni ab. Mehr als 200 Alpini,
Infanteristen und Geniesoldaten, darunter etwa 10 Offiziere mit dem Kommandanten
des Alpinibataillons Aosta Obstl. Testa-Fochi fanden hiebei den Tod, eine große Anzahl
von Baracken und Magazinen wurde vernichtet.
V,
— 221 —
Als Wacht am Pasubio verblieben das Kommando des 4. TJR.
(Obst. Putzker) mit dem II Bataillon (Mjr. Sedlacek) und dem III. (Major
Dereani), ferners ein halbes Landsturmbataillon I, Hochgebirgskompag-
nien etc. Die beiden Bataillone des 4. TJR. besetzten abwechselnd den
Kampfabschnitt Pasubio-West (Sektion 7 bis 9), das Plattenkommando
führte Hptm. Konasch. Das Kommando des Abschnittes Pasubio über-
nahm statt Oberst von Ellison der Artillerieabschnittskommandant
Obst, von Walluschek. Die Lage am Isonzo ließ es jetzt zu, daß im
Pasubioabschnitt statt 27 nur mehr 11 Kompagnien die Besatzung bildeten.
Während in dieser Zeit die 12. Isonzoschlacht geschlagen wurde, die
zu einer katastrophalen Niederlage des italienischen Heeres führte, und
sich auf den Sieben Gemeinden schwere Kämpfe entspannen, begann am
Pasubio der Minenkrieg, der die technischen Truppen und auch die Be-
satzung den ganzen Winter hindurch in Atem hielt.
!
[SI
— 222 —
4. Bu $Hítmtfcfe0 J(9J(6hj(9J(8-9)
a) Beginn des Ausbaues der Verteidigungsanlagen
auf der österreichischen Platte und Beginn der
Anlage eines Abwehrstollens gegen Minenangriffe
von der italienischen Platt e.10)
Sogleich nach Beendigung der schweren Oktoberkämpfe 1916 leitete
Obstbrig. von Ellison alle jene Arbeiten ein, die künftighin die Platte vor
Überraschungen und kritischen Zwischenfällen schützen sollten. Das war
vorerst ihre Sicherung durch flankierende Bestreichung des Eselsrückens
und des Vorfeldes der Riegelstellung und die Wirkung auf die Platte selbst
aus kavernierten Geschützen und Maschinengewehren. Dazu kam der
Ausbau der Stellungen und Kavernen auf der Platte.
Damit wäre sie auch gegen die hartnäckigsten oberirdischen An-
griffe gesichert gewesen und nur mehr ein unterirdischer Angriff hätte
zum Erfolg führen können. Die sehr exponierte Lage der Platte, ihre
kleinen Ausmaße und die Nähe der gegnerischen Stellungen ließen bei
ihrer Wichtigkeit für Verteidiger und Angreifer einen Minenkrieg wahr-
scheinlich erscheinen. Er konnte aus der Richtung der feindlichen Platte
und irgendwo gegen deren rechte Flanke geführt werden. Sie war also
in der Front und in der Flanke zu sichern. Das konnte am einfachsten
dadurch geschehen, daß die ganze Platte mit einem Minenstollen unter-
fahren wurde, der je nach Zeit, Gelegenheit und Arbeitskraft möglichst
weit an die gegnerische Platte vorzutreiben war, um den Minenkampf
weit vor der eigenen Stellung führen zu können. Damit wurde die leichte
9) Bei der nachstehenden Schilderung des Minenkrieges und der Sprengung der
italienischen Platte wird auf Grund der vorhandenen österreichischen Akten und der
Daten aus der italienischen Kriegsliteratur versucht, die beiderseitigen Voraussetzungen,
Erwägungen und das Ineinandergreifen der Ereignisse in zusammenhängender Form
zur Darstellung zu bringen und zu würdigen, wobei jedoch hingenommen werden muß,
daß wegen Mangels genauer Angaben sich vielleicht einige Ungenauigkeiten ergeben.
Dies betrifft hauptsächlich die Vorgänge auf italienischer Seite; die auf österreichischer
sind aktenmäßig belegt. Die Skizzen und Angaben über das österreichische Minen-
system entstammen einem Plan (1:500) des 11. Armeekommandos, Kriegsvermessung
Nr. 11, Res. Nr. 335 vom 3. Oktober 1918. Aus ihm geht die Planmäßigkeit und die Ge-
nauigkeit der Arbeiten hervor. Die Höhenpunkte wurden geodätisch und fotogrammetrisch
bestimmt.
Quellen:
a) Feldakten des k. u. k. 1. Kaiserjägerbrigade- und des k. u. k. 11. Armeekommandos.
b) Aufzeichnungen des Oberstbrigadiers von Ellison.
c) Aufzeichnungen des Leiters der Minenarbeiten am Pasubio, Mjr. Ing. Gjurkowics.
d) Bericht der Kaiserjägerdivision über die Sprengung der feindlichen Pasubioplatte
(op. Nr. 4073/18).
e) Gm. Ing. Brunner „Zwei Beispiele über den Minenkampf im Hochgebirge", Militär-
wissenschaftliche und technische Mitteilungen, 1921, 11. und 12. Heft,
f) General Traniello ,,11 Pasubio e la guerra di Mine", Rivista militare Italiana, Roma,
1928'
g) Amedeo Tosti, ,,La guerra sotterranea 1915—1918", Mondadori, Milano.
Genauere1 technische Daten sind der in dieser Beziehung sehr ausführlichen, oben
unter e) erwähnten Studie des Gm, Ing. Brunner zu entnehmen.
10) Nach Aufzeichnungen des Oberstbrigadier von Ellison.
— 223 —
Überwindung der Höhendifferenz von 35 m zwischen der Platte und dem
Eselsrücken und die Ablagerung des Abraummaterials hinter der Platte
erreicht.
Mit den Minenarbeiten wurde sogleich begonnen und deren Leitung
dem Lt. Ing. Nowak übertragen.
b) Alarmierende Nachrichten über italienische Bohr-
arbeiten Ende Dezember 1916 und Abwehrmaßnahmen.
Einige Tage vor Weihnachten 1916 lief eine Meldung über vermeint-
liche Bohrarbeiten der Italiener vom Kommandanten der Kampfgruppe
Pasubio-Ost,11) Hptm. Tuma, ein, die verschiedene Abwehrmaßnahmen
hervorrief. Obzwar die Beobachtungen sich nicht bewahrheiteten, war
doch der Beginn und die Beschleunigung aller für die Abwehr getroffenen
Vorbereitungen insoferne von Vorteil, als dadurch gegenüber den später
einsetzenden italienischen Minierarbeiten ein großer und für den kommen-
den Minenkrieg ausschlaggebender Vorsprung erreicht wurde.
Die Meldung lautete:
,,Laut Meldung des Kommandanten des Bohrzuges 14, Lt. Ing. Reis,
konstatierte dieser nach dem Schall, daß die Italiener längs des West-
hanges der Pasubioplatte in einer Entfernung von etwa 150 bis 200 m,
also auf gleicher Höhe mit der Vorstellung der Platte, in der Richtung
auf die Artilleriekaverne 1 bohrten."
Diese Geräusche wurden zwar auch von anderen vernommen, doch
war man über Entfernung und Richtung nicht einig.
Die am 24. Dezember an Ort und Stelle vorgenommenen Über-
prüfungen, an denen auch Obstbrig. von Ellison teilnahm, ergaben jedoch
ein negatives Resultat. Man hörte Explosionen, aber keine Bohrgeräusche
und war davon überzeugt, daß die Wahrnehmungen auf irrtümlichen Be-
obachtungen fußten und daß keine Minierarbeiten der Italiener gegen
die Platte stattfänden. Doch war immerhin die Möglichkeit solcher nicht
von der Hand zu weisen. Als warnendes Beispiel lag die Sprengung des
Col di Lana im April des gleichen Jahres vor, deren suggestive Kraft bei
der Besatzung des Pasubioabschnittes, 2. TJR., nachwirkte, von dem
Teile diese Sprengung mitmachten.
So erfloß eine Fülle von Gegenmaßnahmen und Vorsichtsmaßregeln.
Ein einheitlicher Horchdienst wurde eingeleitet, die Zuweisung von
Horchapparaten12) erbeten und die Ausgrabung eines Schneetunnels von
der Sektion 6 (Riegelstellung) aus in der Richtung gegen die Artillerie-
1:L) Der Stellungsabschnitt Sektion 7 (Platte) bis 14 wurde in zwei Gruppen ge-
teilt, und zwar Pasubio-West (Sektion 7 bis ^IO) und Pasubio-Ost (Sektion % 10 bis 14).
12) Über den Horchdienst schreibt ein Minenfachmann:
[ Das Horchen ist das einzige Aufklärungsmittel des Mineurs über die feindliche
unterirdische Tätigkeit. Von den Ergebnissen des Horchdienstes hängt im Minenkrieg
alles ab. Ihn mit allen Mitteln auszubauen, zu verbessern und möglichst vom Menschen
i unabhängig zu machen, muß das erste und große Bestreben des Minenfachmtinnes sein.
Diesem Streben diente und entsprach der Horchapparat. Es ist aber auch selbst-
— 224 —
kaverne längs des Westhanges der Platte angeordnet, denn es schien
nicht ausgeschlossen, daß die Italiener vom Bohrlochhügel (Kote 2116,
ehemalige Sektion 6 der Cosmagonstellung) sich in einem Schneetunnel
vorgearbeitet und den Felsen unter der Artilleriekaverne angebohrt hatten.
Das Korpskommando befahl die Aufnahme von Fliegerbildern, um
den Ort des Abraummaterials festzustellen. Auch der Divisionär FML.
von Verdroß traf am 27. Dezember auf der Platte ein, um sich über die
Lage zu unterrichten.
Der erste bereits am 29. Dezember eingetroffene Horchapparat
brachte keine bedrohlichen Anzeichen. Man glaubte eine zeitweise aus-
setzende Bohrmaschine zu hören, die jedoch auch für den Kavernen- oder
Stellungsbau bestimmt sein konnte. Immerhin wurde der Horchdienst
sorgfältig betrieben und seine Ergebnisse als sogenannte „Maulwurfs-
meldungen" den vorgesetzten Kommanden vorgelegt.
Mitte Jänner liefen neuerlich aufregende Meldungen ein, die von ,star-
kem metallischem Klingen und von hie und da auch hörbaren mensch-
lichen Stimmen" sprachen. Als dann auch noch Truppenverschiebungen
auf italienischer Seite beobachtet wurden, glaubte man, dem Beginn einer
feindlichen Unternehmung nahe zu sein. Als Gegenmaßnahmen wurden
die Heranziehung von Reserven und ein sofortiger Minenangriff aus dem
Hauptstollen und die beschleunigte Fortsetzung des bereits begonnenen
Schneetunnels aus der Riegelstellung befohlen. Die Leitung wurde dem
Sappeuroberleutnant Mlaker übertragen. Li Ing. Nowak, Reis und Hus-
sarek, die Pionierkompagnie 1/10 und 6 Bohrzüge wurden ihm unterstellt.
Die Erregung erreichte den Höhepunkt, als um 0,30 Uhr des 24. Jän-
ner wieder eine alarmierende Meldung eintraf, daß man in der Mitte des
Stollens etwa 10 m östlich und 5 m tiefer Geräusche von rollendem Ma-
terial und auch Stimmen höre. Der Feind schien bereits unter dem eigenen
Stollen zu sein. Eine Gegenmine wäre sofort vorzutreiben, 1000 kg
Sprengstoff wurden erbeten. Bereits um 8 Uhr früh des gleichen Tages
trat eine Kommission zur Überprüfung der Wahrnehmungen zusammen,
die zwar auch Geräusche vernahm, sie aber nach Ort und Richtung nicht
genau festlegen konnte. Als Gegenmaßnahmen wurden der Bau eines
Gegenstollens, das Abquetschen des feindlichen Minenganges und die
Herstellung einer Sehnenstellung auf der Platte angeordnet.
Ein kurz darauf nochmals vorgenommener Horchversuch ergab je-
doch die Unrichtigkeit aller bisherigen Horchresultate. Man hatte fest-
gestellt, daß zu der für die Horcharbeiten bestimmten Zeit in der Ka-
verständlich, daß ohne gründliche Schulung im Horchen unter der Erde, d. h. ohne
Kenntnis, wie die Erde und die Felsarten Geräusche übertragen, und ohne Erfahrung im
Distanzschätzen und Richtungschätzen unter der Erde weder das menschliche Ohr allein
noch das mit dem besten Apparat bewaffnete Ohr noch sonst ein Apparat tauglich sind.
Der Horchapparat, ein in fester Metallhülse eingebautes Mikrophon, gibt durch das
Kabel die Geräusche zur Telefonkassette weiter, die mehrere Apparate anschließt und
durch Stationsbatterien die aufgenommenen Geräusche im Telefon verstärkt. Ein beson-
derer Vorteil dieser Horchapparate ist, daß sie in weit vorneliegenden Bohrlöchern an-
gebracht werden können, während jedes Geräusch weit rückwärts in aller Ruhe von
dem weder physisch noch psychisch beeinflußten Hörer verwertet werden kann.
— 225 —
vernc V aus Versehen die Arbeit nicht eingestellt und beim Abhorchen
für eine feindliche gehalten worden war.
Nichtsdestoweniger blieben die ergangenen Befehle aufrecht. Die
Abwehrmaßnahmen wurden weiter betrieben und besonders auf die
energische Fortführung des Hauptstollens Gewicht gelegt, der Mitte
Jänner bereits eine Länge von 35 m erreicht hatte.13)
c) Verteidigungsmaßnahmen der Italiener.
Auch die Italiener hatten sich entschlossen, die Verteidigungsan-
lagen unter ihre Plattenoberfläche zu verlegen. Die Arbeiten hiezu be-
gannen sie aber erst im Sommer 1917 mit der Sprengung eines Stollens,
der rund um die Platte herumgelegt wurde und Abzweigungen aufwies,
die an ihren Enden mit Maschinengewehren, Geschützen und Flammen-
werfern armiert waren und sowohl dem Angriff wie der Verteidigung
dienen sollten. Der Eingang dieses Stollens befand sich in dem kleinen
Sattel zwischen der Platte und dem eigentlichen Pasubio (Palom). Der
Stollen hatte auch Ausgänge nach vorne, um Angriffstruppen gegen die
österreichische Platte und nach den Seiten zur Versorgung der anschlie-
ßenden Schützengräben werfen zu können, oder um im Falle eines öster-
reichischen Angriffes nach diesen Richtungen Verstärkungen und Kampf-
mittel etc. herauszubringen.
Außerdem waren Aushöhlungen für die Unterbringung der Munition
und der Verpflegung, für Wasser, Verbandsstoffe und für den Aufenthalt
der Kommanden im Stollen vorgesehen. Nach seiner Beschaffenheit war
er aber mehr ein Durchzugs- als ein Aufenthaltsstollen, daher für die
Bereitstellung von Reserven weniger geeignet. Für Unterkunftszwecke
waren hinter den Felswänden des Soglio Incudine und der Porte di
Pasubio Unterstände geschaffen.
Für die Wegschaffung des Abraummaterials diente der Stollen
Forni, dessen Ausgang aber in guter Sicht der Österreicher lag.
Der solcherart unter der Oberfläche der Platte herumgelegte Ring-
stollen, dem man den Namen ,,Hoher Stollen" gab, hatte eine Länge von
110 m und einen Querschnitt von 2.20 m X 2.40 m.
13) Der Bau des Stollens wurde am 6. November 1916 begonnen und mußte an-
fangs von Hand betrieben werden. Demgemäß war auch der Fortschritt sehr gering,
und zwar Beginn am 6. 11. 1916, am 14. 11 — 2.3 m, am 20. 11. — 12 m, am 1. 12. —
15.1 m, am 4. 12. — 15.6 m. Von da ab begann die maschinelle Bohrung. Sie erreichte
am 9. 12. — 19.1 m, am 6. 1. 1917 — 27.7 m, am 10. 1. — 31.7 m, am 17. 1. — 35.7 m,
am 22. 1. — 37.3 m, am 17. 2. — 78.2 m, am 22. 2. — 91.7 m, am 27. 2 — 100.3 m, am
13. 3. — 117 m, am 22. 3. — 122 m und am 31. 3. — 127. m. Von diesem Zeitpunkt an
fehlen über den weiteren Fortschritt des Stollenbaues die Daten. Wenn man die obigen
Zahlen betrachtet, fällt auf, daß der Vortrieb zeitweise nur gering war. Diese Erschei-
nung ist auf Störungen mancher Art zurückzuführen: Aussetzen von Bohrmaschinen
wegen schwer behebbarer Defekte, geringe Leistung der Maschinen und Kompressoren
wegen der Arbeit in großer absoluter Höhe, verdünnter Luft etc. Ein Bohrzug brannte
vollkommen ab. Außerdem wurde einer der fünf Bohrzüge vorübergehend am Mte. Testo
für den Bau von Geschützkavernen verwendet.
Schemfil, „Die Pasnbio-Kämpfe"
15
— 226 —
Auch Vorsorge für die sichere und gedeckte Heranbringung von Re-
serven auf die Platte war getroffen. Bisher war dies nur auf dem offenen,
unter Feuerwirkung der österreichischen Geschütze stehenden Weg übet
den Rücken des Pasubio (Palom) möglich. Man baute daher unter dem
Rücken einen gradlinigen Stollen, der als Aufenthalts-, Ruhe- und An-
sammlungsort diente und den Namen „Papa"14) erhielt- Er war 190 m lang,
2 m hoch und 2 m breit. Infolge Ungenauigkeit bei der Arbeit war jedoch
Italienisches Stollensystem, Seitenriß.
G. = Galleria — Gallerie, Stollen,
Gen, = General,
Sella = Sattel,
Sbocco zzi Mündung des Stollens,
Pozzo forni = Ausgangsschacht.
Aus Traniello — II Pasubio e la guerra di mine.
Rivista Militare Italiana, Feber 1928, Roma.
sein Ausgang tiefer als der des Ringstollens zu liegen gekommen. Man
stellte zwischen beiden eine Verbindung her, von der nach Ost und West
neue Stollengänge abgezweigt wurden, die die Aufgabe hatten, den
gegebenenfalls rechts und links angreifenden österreichischen Truppen
in die Flanke zu fallen. Diese beiden insgesamt 140 m langen Gänge faßte
man in einen zusammen und nannte den neuen Querstollen nach einem
ebenfalls im Pasubiogebiet kommandierenden General „Ferrari".
14) Genannt nach dem General ,,Papa", dem Kommandanten des Sektors Pasubio.
— 227 —
d) Alarmierende Nachrichten über österreichische
Bohrarbeiten und Beginn der Bohrung der
italienischen Abwehrstollen.
Die ersten Anzeichen einer „feindlichen unterirdischen Offensive'4
glaubten die Italiener in den ersten Oktobertagen des Jahres 191615) zu
bemerken, Anfangs waren es nur unsichere Zeichen, die aber doch die
Aufmerksamkeit der italienischen Genieoffiziere erregten. Später gewann
der Glaube an eine unterirdische Tätigkeit der Österreicher durch das
Ausfragen von Gefangenen, durch Lichtbilder usw. immer größere Gewiß-
heit,. Man vermutete, daß die Österreicher nicht nur ihre Stellungen auf
der Platte ausgestalteten, sondern auch bereits mit einem Stollen unter
den Sattel (Eselsrücken) gekommen seien, der bei einer weiteren Ver-
längerung von etwa 80 m den Raúm unter ihrer Platte erreichen mußte.
Man hielt es sogar für möglich, daß der Feind bis unter den Pasubio
(Palom) vordringen könne, wozu allerdings ein 350 m langer Stollen not-
wendig gewesen wäre.16) Auch der Vortrieb eines Stollens bis zu den Stel-
lungen der ,,Panettoni" (ehemalige Stellungen der Sektion 6 und 5 der
Cosmagonstellung) wurde in den Bereich der Möglichkeit gezogen.
Lufterkundungen und Abhorchdienst ergaben jedoch keine gefahr-
drohenden Anzeichen. Nur schwache Minierschüsse waren hörbar, die
aber nicht von Bohrarbeiten größeren Umfanges stammen konnten.
Bald darauf lief wieder ein durch Gefangenenaussagen bestätigtes
Gerücht herum, wonach ein 3 km langer österreichischer Stollen bestünde,
der bis unter den Palom führe und mit 30.000 kg Ekrasit geladen sei. Nun
wurden Genieoffiziere mit dem Studium der Möglichkeit und der Art der
Abwehr beauftragt. Sie hielten aber dafür, daß die Wirkung einer so un-
geheuren Menge Explosivstoffes, ob er jetzt in einer Kammer oder in
mehreren geladen sei, und1 unter Berücksichtigung der Zerstörungskraft
des Ekrasits und der Beschaffenheit des Felsens doch nur teilweise
Schäden hervorrufen könnte.
Immerhin schenkte man von da ab dem Horchdienst die größte Auf-
merksamkeit. Ein ständiger Posten mit einem Horchapparat befand sich
an der Westseite der Platte in einer ungefähr 10 m tiefen Felsenhöhle,
,,ex austriaca"*) genannt, und in einer der Stellungen der Panettoni.17)
Außerdem waren noch mehrere andere Horchposten ohne Horchapparate
im Stellungsbereich verteilt. An bestimmten Tagen stellte man die Ar-
beiten vollkommen ein, um besonders genaue Horchresultate zu be-
kommen. Trotz alledem wurden keine Anzeichen einer unterirdischen
15) Nach Traniello „II Pasubio e la guerra di mine" Rivista militare Italiana,
Roma 1928.
16) Österreichischerseits begann man erst nach den Oktoberkämpfen, am 24. Ok-
tober, mit dem Vortrieb eines Abwehrstollens, des späteren Ellisonstollens.
*) ,,Ex austriaca" war ursprünglich eine etwa 3 m breite, 4 m hohe und 10 m lange
natürliche Höhle, die verbessert und zu einem Unterkunftsraum ausgebaut wurde.
Später bildete sie den Beginn des Stollens Napoli.
17) Bohrloch-, Feldwachen- und Maschinengewehrhügel.
15*
— 228 —
Arbeit bemerkt. (Der Ellisonstollen hatte um diese Zeit (März 1917) bereits
eine Länge von 117 m. D. Verf.)
Als weiteres Untersuchungsmittel gruben die Italiener einen 150 m
langen Schneestollen, der quer über den Eselsrücken verlief, in der Ab-
sicht, auf einen der gefürchteten Schneestollen der Österreicher zu stoßen.
Erst als im Mai der Schnee wegtaute, war ihre Besorgnis vorüber.
Sie trafen jetzt aber auch alle Vorsorgen, die notwendig waren, um
mit der Arbeit sofort einsetzen zu können, wenn sich eine unterirdische
Tätigkeit der Österreicher bemerkbar machen würde.
Ende Juni tauchten wiederum Gerüchte auf und „andere Informa-
tionen" bestätigten, daß eine ungeheure Angriffsmine unter ihrer Stellung
bereitliege. Man hatte auch Nachrichten bekommen, daß ein großer, nach
dem Namen des Genieobersten Ellison genannter Stollen von den Unter-
künften auf der Rückseite der österreichischen Platte ausginge, nach
50 Meter einen Arm mit einer offenen Schießscharte am westlichen Hang
der Platte gegen den Cosmagon abzweige, während der Hauptstollen in
der Länge von 120 Meter unter dem Eselsrücken weiter vorstoße. Man
wollte auch erfahren haben, daß die österreichischen Mineure beim Vor-
treiben des Stollens auf Wasseradern gestoßen seien, die die Pumpen
nicht auszuschöpfen vermochten.18) Die Arbeiten mußten deshalb eine
Zeitlang unterbrochen werden, wurden aber bald darauf mit sechs Bohr-
maschinen wieder aufgenommen.
Diese zeitweilige Einstellung der Arbeiten im Hauptstollen hatte ihre
wirkliche Begründung hauptsächlich darin, daß alle Arbeitskräfte zur
Instandsetzung der durch die Schneeschmelze arg zerstörten Vertei-
digungsanlagen herangezogen, daher auch die Bohrarbeiten eingestellt
werden mußten.
Auch zur österreichischen Besatzung übergelaufene italienische Sol-
daten sprachen von einem bei ihnen herumgehenden Gerücht, das erzähle,
es würde von einer österreichischen Kaverne aus gegen die italienische
Platte ein Stollen gebohrt. Ein italienischer Genieoffizier sei am 20. Juli
ciuf ihrer Platte zu Abhorchzwecken eingetroffen, doch seien seine Bemü-
hungen ergebnislos gewesen. Alle diese Nachrichten schienen den
Italienern zwar in manchem übertrieben, doch gab ihnen ihre wiederholte
Übereinstimmung trotz des negativen Resultates der Horchversuche zu
denken. Sie blieben schließlich bei der Annahme, daß doch ein Stollen
unterhalb des Eselsrückens existiere und daß daher gemäß ihres bereits
gefaßten Abwehrplanes die Arbeiten einsetzen müßten. So war die Ab-
18) „Das Vorhandensein der vertikalen wasserdurchlässigen Klüfte machte eine
künstliche Entwässerung im allgemeinen überflüssig. Nur bei jäher Schneeschmelze (an-
fangs Mai 1917) und bei Wolkenbrüchen (September 1917) stand das Wasser in Teilen
des Stollens und es war sogar die Gefahr des Ersäufens der Maschinen vorhanden. Ein
kurzer, etwas abfallend getriebener Querschlag bis zur nächsten parallel führenden
größeren Kluft war aber genügend, um die Wassergefahr für alle höherliegenden Par-
tien zu beseitigen. Bemerkt sei, daß eventuelle, für die Aufspeicherung von Nutzwasser
angelegte seitliche Schächte gegen das Ausrinnen ausbetoniert werden mußten." (Brun-
ner „Zwei Beispiele über den Minenkampf im Hochgebirge". Militärwissenschaftliche
und technische Mitteilungen, 1921, 11. und 12. Heft.)
— 229 —
sieht entstanden, ebenfalls mit einem Stollen gegen die österreichische
Platte vorzustoßen.
Obgleich also die Lage der beiden Platten eine Minierarbeit sowohl
von der einen wie von der anderen Seite sehr wahrscheinlich erscheinen
ließ und — wie bereits erwähnt — die Italiener schon im Oktober 1916
Minenstollensystem unter der ital. Platte. Grundriß.
Die strichliert gezeichneten Stollen bedeuten eingestürzte
oder verschüttete Stollen,
Aus Traniello — Il Pasubio e la guerra di mine.
Rivista Militare Italiana, Feber 1928, Roma.
Anzeichen einer „feindlichen unterirdischen Offensive" zu bemerken
glaubten, begann ihre auf eine Abwehr hinzielende Tätigkeit erst im Juli
1917. Die Unterlassung defensiver Maßnahmen schon im Oktober 1916
und der späte Arbeitsbeginn, erst im Jahre 1917, können als die Ursachen
betrachtet werden, daß sich die Italiener während der ganzen Dauer des
Minenkrieges stets in der Hinterhand befanden und daß der Schauplatz
— 230 —
des unterirdischen Krieges anfangs vor die österreichische und schließlich
unter die italienische Platte verlegt werden konnte.
Nach den bereits gefaßten Plänen begannen die Italiener von der
schon genannten Höhle „ex austriaca" aus unter dem Westhang ihrer Platte
einen Stollen*) zu bohren, der auf dem kürzesten Weg die Mitte des Esels-
rückens in einer Tiefe von 15 Meter erreichen sollte. Denn nach ihrer
Ansicht mußte der Widerstand der über der Ladekammer liegenden Fels-
decke so gering sein, daß die Explosion der Mine den mittleren Teil des
Sattels zerstören und dadurch entweder eine unbemerkte Unterfahrung
desselben seitens der Österreicher ausschließen oder einen bereits be-
stehenden österreichischen Stollen vernichten müßte.
Für diesen Stollenbau rechneten sie 300 Arbeitstage und eine
Minenladung von 8000 kg Sprengstoff.
Falls man aber auf keine unterirdischen Arbeiten der Österreicher
stoßen sollte, beabsichtigte man, weiter vorwärts und tiefer vorzudringen,
um unter die österreichische Verteidigungsstellung zu gelangen. Für den
Auswurf des Gesteinsmaterials und für die notwendige Luftzufuhr mußte
ein Quergang (Parma) gesprengt werden, zu dessen Fertigstellung fünf
Bohrhämmer herangezogen wurden. Den vorderen (nördlichen) Teil des
Stollens Milano nannte man „Stollen Napoli".19)
So bekam schließlich das italienische Stollensystem einen zwei-
fachen Zweck. Der Stollen Napoli sollte offensiven Charakter haben, in-
dem er dem Sattel zustrebte, um gegebenenfalls auch noch weiter unter
die österreichische Platte vorzudringen. Den Stollen Siena und Reggio
oblag Schutz und Abwehr gegen die österreichischen Angriffsstollen. Die
Italiener glaubten, daß der von Norden vordringende österreichische
Stollen aufgefangen werden mußte, wenn ihr Schutzstollen Siena in einer
Mindesttiefe von 10 m unter ihrer Plattenoberfläche und quer durch den
nördlichen Teil der Platte geführt werde. Denn der österreichische Stollen
müßte nach Passieren des Eselsrückens nach Westen abweichen und
außerdem in beträchtlicher Steigung nach aufwärts geführt werden, um
die entsprechende Tiefe von etwa 25 m unter der Platte zu erreichen.
Linter solchen Verhältnissen müßte auch der Stollen Reggio ihm begegnen.
Eine nähere Begründung, warum der österreichische Stollen eine Tiefe
von 25 Meter unter der Platte erreichen müsse, fehlt jedoch in den italie-
nischen Berichten.
Der Beginn der Arbeiten an dem neuen, von der Höhle „ex austriaca"
ausgehenden Stollen wurde von den österreichischen Beobachtern be-
merkt. Mitte Juli sah man von der Maschinengewehrkaverne an der
Südspitze der österreichischen Platte aus 4 Kabelleitungen und1 eine Rohr-
leitung, die von der italienischen Platte zu ihrem Westfuße in eine ange-
brochene Kaverne führten. Zum Schutz des Kaverneneinganges war eine
Sandsackmauer im Bau, vor die ein Drahthindernis gelegt wurde. Es war
*) In den Skizzen mit „Milano" bezeichnet.
19) Die Stollen wurden mit Städtenamen bezeichnet zur Erinnerung an die Pro-
vinzen, aus denen sich der größte Teil der dort arbeitenden Soldaten ergänzte.
— 231 —
naheliegend, an einen Stolleneinbruch möglichst nahe der österreichischen
Platte zu denken. Außerdem wurden von 19. Juli an mehrfach Bohr-
geräusche und Minierschüsse vernommen.
Gegen diesen vermutlichen feindlichen Stollenvortrieb wurden vom
Kaiserjägerdivisionskommando eine Anzahl von Gegenmaßnahmen an-
geordnet. Vor allem war die italienische Arbeit mit Geschütz- und Minen-
werferfeuer, ferners durch eingespannte Gewehre und durch Fernrohr-
gewehre zu bekämpfen. Die Arbeitsstelle mit ihren Verbindungen nach
rückwärts war des Nachts mit Scheinwerfern abzuleuchten und durch
Feuerüberfälle zu beunruhigen. Sturmtruppunternehmungen zur Vernich-
tung der feindlichen Anlagen (Maschinen) und zur Hereinbringung von
Gefangenen waren vorzubereiten und durchzuführen. Unterirdisch sollte
zur Sicherung der eigenen Platte gegen den feindlichen Stollenvortrieb ein
zweistöckiges Minensystem angelegt werden, wobei der Ellisonstollen im
unteren Stockwerk als Hauptstollen zu gelten hatte.
Er war durch verstärkte Arbeitsleistungen 40 m unter die Sattel-
kote 2178 des Eselsrückens und von da ab tunlichst horizontal vorzu-
treiben. Sollte man auf feindliche Bohrarbeiten stoßen, waren rechts und
links je 15 m lange Minenstollen senkrecht zum Ellisonstollen auszu-
bauen und mit Minenkammern zu versehen. Der Bau des letzteren war
aber unterdessen ohne Unterbrechung fortzusetzen. Als Hauptgrundsatz
hatte zu gelten, daß das Stollensystem des unteren Stockwerkes (Ellison-
stollen) immer dem oberen, das aus Sicherungsstollen bestand, voraus zu
sein hatte. Für die zur Führung des Minenkrieges notwendige Spreng-
munitionsmenge war vorzusorgen und diese in einer außerhalb der Platte
gelegenen Kaverne zu lagern.
Indessen suchten die Italiener ihre Arbeiten tunlichst zu beschleu-
nigen, weil Mitte Juli ein italienischer Offizier verdächtiges Geräusch
von Hackenarbeit in geringer Entfernung gehört haben wollte. Dies ver-
anlaßte sie auch, den schon im April begonnenen Stollen Siena rasch nach
links zu wenden und abwärts zu führen.
Der Fortschritt ihrer Bohrarbeiten erlitt jedoch eine beträchtliche
Unterbrechung durch die österreichische Beschießung am 21. August
1917, die 25 Leitungen für die Bohranlagen zerstörte. Deren Wiederher-
stellung und Auswechslung nahm ziemlich viel Zeit in Anspruch. Die
Leitungen hatten ihren Ausgangspunkt bei der Mga. Busi (am Südfuß der
Forni Alti). Da sie aber gegen Sicht nicht maskiert waren, wurden sie
als solche erkannt. Das Kommando des 4. TJR. meldete hierüber Mitte
August dem Brigadekommando, daß ,,über den Sattel 2081 in der Rich-
tung gegen die Einsattelung zwischen dem Pasubio (2236) und der italie-
nischen Platte mehrere Rohrleitungen verliefen".
Um diese Zeit hatte eben das Kaiserjägerdivisionskommando zur
Entlastung der Isonzofront eine mehrere Tage andauernde Demonstration
durch die Artillerie und durch ein Infanterieunternehmen unter dem
Decknamen ,,Kaiserjägermarsch" angeordnet. Die Unternehmung wurde
abgesagt, die Artilleriebeschießung jedoch durch mehrere Tage hindurch
— 232 —
durchgeführt, wobei u. a. auch die Röhrenleitungen zum Ziel genommen
und teilweise zerstört wurden. Weiters geben italienische Berichte an,
daß in den letzten Augusttagen durch österreichisches Geschützfeuer
zwei Motore unbrauchbar gemacht und die Hauptleitung für die Kom-
pressionsluft an drei Stellen unterbrochen wurde. Tatsächlich war öster-
reichischerseits für den 28. August eine Artilleriebeschießung größeren
Umfanges angeordnet worden, in deren Verlauf jedenfalls d'er erwähnte
Schaden verursacht wurde. An diesem Schießen nahmen auch die 42 cm
Haubitze in Serrada und 2 — 24 cm Mörser teil.
Die Beschädigungen der Motore und der Kabelleitungen waren die
Ursachen einer länger dauernden Unterbrechung der italienischen Bohr-
arbeiten, díe¡ auch der österreichischen Besatzung nicht entging. Der Kom-
mandant auf der Platte, Hptm. Konasch, meldete damals:
,,Feind ist in der letzten Nacht und auch heute in seinem unter-
irdischen System auffallend ruhig. Sollte er die Sprengung einer Mine
vorbereiten?"
e)DieösterreichischeSprengungam 29. September 1917
um 0.30 Uhr-
(Hiezu die Skizzen Seite 229, 238, 249 und 261.)
Die beiden Offensivstollen Napoli und Reggio hatten nach der Be-
rechnung der Italiener Ende September das Gebiet unter dem Fuß d'es
Nordabfalles ihrer Platte erreicht. Ersterer war sogar nur mehr 12 m von
jenem Punkt entfernt, an dem sie nach ihrem Plan jene große Mine unter
dem Sattel zur Explosion bringen wollten, deren Aufgabe es war, den
entgegenkommenden österreichischen Stollen aufzufangen und zu ver-
nichten. Denn bis zum 21. September und schon früher hatten ihre Ap-
parate und das Horchen mit dem bloßen Ohr Detonationen und andere
Geräusche aufgefangen, deren Ausgangspunkt man in geringer Entfer-
nung unter dem Sattel des Eselsrückens vermutete. Aus der Zahl der
Minierschüsse und aus dem den österreichischen Motoren eigentümlichen
Geräusch glaubte man ferner mit Sicherheit annehmen zu können, daß
die Österreicher in zwei oder mehreren Stollen vorgingen, entweder um
die Beschaffenheit des Felsens unter der italienischen Platte zu erkunden
oder einen Stollen abzufangen.
Nach genauerer Feststellung der Entfernung veranlaßte die vermeint-
lich große Nähe d'er österreichischen Arbeitsstellen die Italiener, in einer
Distanz von 5 bis 6 m soviel Explosivstoff aufzustapeln, daß wohl das öster-
reichische Minensystem, nicht aber ihres Schaden leide. Sie wollten auch
dadurch einer österreichischen Sprengung zuvorkommen, daß sie an den
Enden verschiedener Horchgänge würfelförmige Kisten mit 25 kg Spreng-
stoff, Zündmittel und Sandsäcke zur Verdämmung bereitstellten, um sie
gegebenenfalls zur sofortigen Spengung zur Hand zu haben. Indessen
arbeiteten sie aber an dem Vortrieb der beiden Offensivstollen Napoli
— 233 —
und Reggio unverdrossen weiter. Ersterer wurde, um die nötige Tiefe
zu erreichen, außerdem noch in starkem Gefälle abwärts geführt,
Bei Festsetzung der Ladung der beabsichtigten großen Mine unter
dem Sattel erachteten sie unter Berücksichtigung der Beschaffenheit des
Felsens dortselbst, der mit Erdeinlagerungen20) durchsetzt war, und mit
Rücksicht auf die geringe Widerstandslinie (17 m) eine Ladung mit
12.000 kg für ausreichend, zumal auch am Ort der geplanten Sprengung
die linke Seitenwand nach ihren Berechnungen nur 15 m betrug. Die
Ausmaße der Minenkammer wurden mit 2.40 m festgesetzt. Die Zündung
sollte Ende September erfolgen.
Die Italiener glaubten nunmehr den Beginn des Minenkrieges ge-
kommen und hofften, in zwei bis drei Tagen die österreichischen Bohr-
arbeiten zunichte zu machen.
Doch das Schicksal wollte es anders.
Die österreichischen Mineure waren bereits dadurch im Vorteil,
daß sie den Vortrieb ihrer Stollen und damit den Minenkrieg außerhalb
ihres Stellungsbereiches und in die nächste Nähe des feindlichen gebracht
hatten und nun auch das Gesetz des Handelns an sich rissen, indem sie
die erste Sprengung durchführten und1 von nun an immer in der Offensive
blieben.
Auf österreichischer Seite war am 23. September der Ellisonstollen
etwa 30 bis 35 m unter dem Kamm des Eselsrückens bis nahe an die
italienische Platte vorgetrieben. Der zu seiner Sicherung nach rechts ab-
zweigende, aufwärtssteigende und in gleicher Richtung mit dem Ellison-
stollen vordringende Sicherungsstollen hatte die Tiefe von etwa 10 m
unter dem Eselsrücken erreicht. An diesem Tage hörte man deutlich das
Bohren an zwei feindlichen Stollen, von denen der eine so ziemlich in
gleicher Höhe oder etwas höher als der oberste Teil des Sicherungs-
stollens, der zweite in halber Höhe zwischen diesem und dem Ellison-
stollen liegen mußte. Die Entfernung des höheren war mit 15 bis 18 m
vermutet, der tiefere noch etwas weiter entfernt.
Obstbrig. von Ellison erteilte auf Grund der an Ort und Stelle von
ihm überprüften Wahrnehmungen den Befehl, den feindlichen Stollen
unter verläßlicher Sicherung des Hauptstollens in dem bisher erreichten
Raum abzufangen. Hiezu war vorerst eine Ladekammer im Sicherungs-
stollen herzurichten, dann ein zweiter Sicherungsstollen zwischen dem
derzeitigen und dem Haupt- (Ellison-)stollen und ein Schutzstollen links
vom Hauptstollen vorzutreiben. Falls der Gegner den Bereich des eigenen
2ü) „Das Gestein besteht aus Bänken von standfestem mergeligem Dolomit, die
mit stark tonigen Zwischenlagen wechseln. Die Schichten haben wechselnde Dicke
zwischen 2 Metern und wenigen Zentimetern, streichen annähernd von Osten nach
Westen und fallen von der feindlichen Platte gleichmäßig unter etwa 20 Grad gegen
die eigene Platte ein. Der ganze Schichtenkomplex ist von zahlreichen parallelen Ver-
tikalklüften und Lassen in zwei aufeinander annähernd senkrechten Richtungen durch-
setzt, so daß das gesamte Gestein in annähernd parallelepipedische Blöcke zerlegt er-
scheint. Die erwähnten Klüfte stellten sich dem Vortrieb als sogenannte Trümmer- oder
Rütterzone entgegen." (Brunner „Zwei Beispiele über den Minenkampf im Hochgebirge",
Militärwissenschaftliche und technische Mitteilungen, 1921, 11. und 12. Heft.)
— 234 —
Minensystems erreichen sollte, war er mit möglichst kleinen Minen ohne
tagende Wirkung abzuquetschen. Nach gelungener Sprengung beabsich-
tigte man, im feindlichen Minengang soweit als möglich vorzudringen
und ihn dann zu verbauen.
Am 27. September waren alle Vorbereitungen getroffen, die Minen-
kammern im obersten Sicherungsstollen fertig. Währenddessen hatten
die Italiener eifrigst weitergearbeitet und waren am Abend des 27. mit
ihrem obersten Angriffsstollen nur mehr 6 bis 8 m von der fertiggestellten
Minenkammer entfernt. Sie hatten sich durch das Einstellen der Bohr-
arbeiten im oberen Stockwerk täuschen lassen und geradeaus weiter-
gebohrt.
Am 28. früh wurde nochmals abgehorcht und die Entfernung des
italienischen Stollens nur mehr mit 4 m geschätzt. Nun wurde der Befehl
zum Laden der Sprengmunition von 500 kg und zum Verdämmen gegeben.
Die Zündung hätte zuerst am 28. um 20.30 Uhr und dann um 21 Uhr
stattfinden sollen, mußte aber wegen Schwierigkeiten bei der Herstellung
der elektrischen Zündleitungen verschoben werden. Schließlich wurde
sie endgültig auf 0.30 Uhr des 29. September festgesetzt und1 die Ladung
um diese Zeit gezündet.
Starke Stichflammen und dichte Rauchschwaden brachen aus dem
italienischen Stollen Parma hervor und kündeten damit an, daß die Spren-
gung das italienische Stollensystem geöffnet hatte. Das beabsichtigte Ein-
dringen der Sturmpatrullen war jedoch nicht möglich, weil sich knapp
vor der Ladekammer eine Felsplatte gesenkt und den Stollen verschüttet
hatte. Immerhin konnte aber frische Luft durchdringen, so daß die Ent-
lüftung rasch vor sich ging und schon am Abend mit den Aufräumungs-
arbeiten begonnen werden konnte. Eine Sturmpatrulle und Pioniere
standen bereit, nach erfolgter Freimachung des Stollens feindwärts ein-
zudringen. Tag und Nacht wurden die Arbeiten betrieben, mußten aber
schließlich, weil zu gefährlich und schwierig, abgebrochen werden.
Im Hauptstollen war die Arbeit sofort wieder aufgenommen worden,
weil man sich, wie Obstbrig. von Ellison in seinen Aufzeichnungen
schreibt, zum Ziele gesetzt hatte, die Mitte der feindlichen Platte ehestens
zu erreichen, dort alles zur Sprengung vorzubereiten und sie durchzu-
führen, wenn entweder ein Angriff auf oder über die Platte geführt wer-
den oder aber, wenn im Falle eines italienischen Angriffes die Sprengung
erwünscht und notwendig sein sollte. Die Sprengung der italienischen
Platte ohne weitgehende Ausnützung des Sprengerfolges wäre ein nutz-
loses Vergeuden eines äußerst kostbaren Vorteiles über die Italiener ge-
wesen, besonders dann, wenn ihrerseits ein Angriff erfolgte.
Die Wirkung der österreichischen Sprengung war nach den Angaben
der Italiener sehr groß. Ihre Mineure waren am 29. September eben unter
der Leitung der beiden Geniehauptleute Motti und Melchiori im Stollen
Napoli beschäftigt, als eine furchtbare Detonation ertönte. Man wußte
sofort, daß die Österreicher mit einer Sprengung zuvorgekommen waren.
Sie hätte aber nicht die von ihnen erwartete Wirkung gehabt, da sie zu
— 235 —
schwach (unterladen) gewesen sei. Außer einer Verschiebung der Rahmen
sei kein Sachschaden entstanden. Leider aber wären mit großer Gewalt
Explosionsgase in ihr Stollensystem eingedrungen. Die beiden Genie-
hauptleute, 17 Geniesoldaten und 13 Mann des JR. 157 seien getötet wor-
den. Das sofort einsetzende Rettungswerk hätte außerdem noch 5 Offiziere
und 56 Mann an Gasvergifteten gekostet.
14 Stunden dauerte es, bis sich das Gas verflüchtigt hätte und die
Arbeit wieder aufgenommen werden konnte. Die österreichische Spren-
gung hätte bedauerlicherweise zwar viele Menschenopfer gefordert,
konnte aber, da der Sachschaden nur gering war, ihre beabsichtigte
Sprengung unter dem Eselsrücken nicht verhindern, sondern nur um
einige Tage verzögern. Außerdem hätte sie die Absicht der Österreicher
und die Lage ihres Stollens besser kundgetan, als dies bisher der Horch-
dienst festgestellt hatte.
f) Die italienische Sprengung am 2. Oktober 1917
u m 9.20 Uhr v o r m i 11 a g s.
(Hiezu siehe gleichfalls die Skizzen Seite 229, 238, 249 und 261.)
Die Italiener nahmen die Wiederaufnahme der österreichischen
Bohrarbeiten sehr bald wahr und fühlten auch, daß ihr Stollen von den
Österreichern überholt worden war. Sie hielten daher jede Verzögerung
für verhängnisvoll und gefährlich und stapelten, ohne die geplante
Minenkammer unter dem Eselsrücken auszubauen, den bereitgestellten
Explosivstoff in dem nach ihrer Meinung bereits bis auf 10 m an den
Mittelpunkt des Kammes des Eselsrückens herangekommenen Stollen
Napoli auf. Die Ladung betrug 16 Tonnen Sprenggelatine. Zur Zündung
waren neben einer Knallzündschnurleitung auch zwei elektrische Zünd-
leitungen und zur Verdämmung 9000 Sandsäcke vorgesehen. Während
dies alles in fieberhafter Eile vorbereitet wurde, hörten die italienischen
Mineure aus den Bohrgeräuschen und den Minierschüssen, daß im öster-
reichischen Stollen unentwegt weitergearbeitet wurde, glaubten nun den
richtigen Zeitpunkt für gekommen und zündeten ihre Mine schon am
2. Oktober um 9.20 Uhr vormittags.
Die Wirkung war nach ihrer Schilderung eine großartige und zu-
gleich schreckliche. Eine ungeheure Menge von Steinen und Felsstücken
wurde gegen die österreichische Platte geschleudert, die bald in dichte
Staub- und Gaswolken gehüllt war. Am Fuße des Nordabfalles ihrer
Platte hatte sich ein 40 m breiter und 20 m tiefer Krater geöffnet, der
einen parallel mit der Längsrichtung des Eselsrückens laufenden öster-
reichischen Stollen freilegte. Ungeheure schwarze Rauchwolken drangen
auch auf der rechten Seite der österreichischen Platte aus den dort ver-
muteten Gängen heraus.
Nach der in weitem Umkreis um den Sprengtricher sichtbaren Zer-
reißung und Zertrümmerung des Felsens und aus dem Umstände, daß sich
— 236 —
im Trichter Wasser sammelte, glaubten die Italiener nicht nur den öster-
reichischen Stollen zerstört, sondern auch dessen Fortsetzung für die Zu-
kunft verhindert zu haben.
Darin irrten sie aber. Aus dem flachen Trichter und der geringen
Tiefenwirkung war zu erkennen, daß die Lage ihrer Minenkammer zu
seicht und die Ladung zu stark (überladen) war. Daher wurde nur der
Sprengtrichter am 2. 10. 1917, Fliegeraufnahme.
österreichische Sicherungsstollen durch eine innere Verschiebung der
Felsschichte auf 9 m verschüttet, der Ellisonstollen blieb vollkommen un-
versehrt. Nur die Opfer an Menschenleben waren leider recht beträcht-
lich. Die in den beiden genannten Stollen arbeitenden Mineure verspürten
zur Zeit der Explosion der Mine einen starken Stoß und liefen gegen den
Stolleneingang. Von dort aus drangen Pionieroffiziere, Pioniere und' Sturm-
— 237 —
patrullen in den Stollen ein, um einem vielleicht nach der Sprengung vor-
stoßenden Gegner entgegenzutreten, Sie kamen auch, da der Ellison-
stollen vollkommen klare Luft aufwies und ein Eindringen von Spreng-
gasen nicht vermuten ließ, sehr rasch vorwärts, brachen jedoch plötzlich
zusammen. Kohlenoxyd der Sprenggase dürfte durch den oberen Siche-
rungsstollen in das sonst unversehrte Stollensystem eingedrungen sein.
Zahlreiche sofort einsetzende Rettungsversuche gelangen, viele
nicht. Lt- Ing. Nowak konnte den Lt. Ing. Reis, und Kaiserjägerfähnrich
Lerchner einen Kameraden und mehrere Mannschaftspersonen retten.
Oblt, Oberwöger und1 6 Pioniere der Pionierkompagnie 1/2 und Lt. Riz-
zardi mit 9 Jägern des 4. TJR., ferners ein Mann der Horchpatrulle des
Sappeurbataillons 1/6 erlitten den Erstickungstod. Außerdem waren
10 Offiziere und 40 Mann gaskrank oder verletzt.21)
Das Stollensystem war am 3. Oktober um die Mittagszeit noch ver-
gast, am 4. um 18.30 Uhr jedoch bereits soweit entlüftet, daß man vom
,,Dom"*) ausi 74 m weit in den Ellisonstollen vordringen und am 5. Oktober
die Arbeit in vollem Umfange wieder aufnehmen konnte.
Der Minenkrieg am Pasubio zeigte hinsichtlich der Gaswirkung Er-
scheinungen, wie sie an anderen Orten nicht festgestellt worden waren.
Leicht entflammbare und hochexplosive, giftige Gase bahnten sich ihren
Weg durch die Spalten und Klüfte des Gesteins von der Minenkammer
weg bis in die Stollen und Kavernen. Mit der frischen Luft in einem be-
stimmten Verhältnis vermischt, wurden sie durch Stichflammen, glim-
mende Körper oder durch offenes Licht leicht entzündet.
Auch das Anbringen von selbstschließenden Gastüren brachte keine
Sicherung. Das todbringende Giftgas war meist CO (Kohlenoxyd), wo-
von die italienischen Sprengmittel, und zwar Gelatine22) 34 Prozent, Bai-
listit22) sogar 46.67 Prozent enthielten. Dagegen waren die einfachen
Filter, wie Gasmasken, wertlos, nur selbst sauerstofferzeugende Atmungs-
oder Rettungsapparate boten Schutz davor. Solche* von geschulten und
entsprechend ausgerüstetem Personal bediente Apparate waren jedoch
erst ab Jänner 1918 genügend vorhanden.
Über die genaue Lage der italienischen Minenkammer fehlen An-
gaben. Doch läßt sie sich bei Vergleich der österreichischen und italie-
nischen Daten einigermaßen feststellen. Die österreichische Mine der
21) Die Opfer der Sprengung waren:
Lt. Rizzardi der technischen Jägerkompagnie, Utj. Johann Dose, Jäger Karl Ram-
áauer, Franz Wundinger, Josef Freudenthaler, Ferdinand Gattermayer, Franz Huemer,
Johann Neuhauser, Karl Marek, alle der 10. Kompagnie des 4. TJR., Einj.-Freiwilliger
Utj. Otto von Ottenthai, J. der 12/4. TJR., Oblt. Oberwöger, Zgsf. Alois Neumüller,
Adolf Kirchtag, Pionier Josef Bauer, Josef Vanasek, Alois Mader, Stefan Sinkovicz der
Pionierkompagnie 1/2 u. Sappeur Stefan Muzkal der Horchpatrulle Sappeurbattaillon 1/6.
*) Siehe Skizze Seite 274.
22) Die italienische Sprenggelatine (Gelatina explosiva) ist ein gelbbrauner, zäher,
gummiartiger, durchscheinender und gegen Schlag oder Stoß und Reibung ziemlich un-
empfindlicher Sprengstoff. 9 kg dieser Sprenggelatine hatten dieselbe Wirkung wie
10 kg Ekrasit. Ein anderer von den Italienern verwendeter Sprengstoff war das Ballistit,
ein feinkörniges, rauchschwarzes Pulver in würfelförmigen Blechbüchsen zu je 15 kg.
13 kg Ballistit hatten dieselbe Wirkung wie 10 kg Ekrasit.
Skizzen zur österreichischen Sprengung am 29. September 1917 und zur
italienischen Sprengung am 2. Oktober 1917.
Der eingezeichnete Verlauf des italienischen Stollens (Napoli) in beiden Skizzen
ist nur ein mutmaßlichör.
Sprengung am 29. September lag 10 m unter der Kammlinie des Esels-
rückens, während der Stollen Napoli nach Angaben der Italiener eine
Tiefe von 17 m unter dem Rücken erreicht hatte. Somit wäre der letztere
7 m unter dem österreichischen Sicherungsstollen bzw. der Mine ver-
laufen. Vorausgesetzt, daß diese Daten richtig sind, könnte angenommen
- 239 —
werden, d'aß der Stollen Napoli jener gewesen war, aus dem die öster-
reichischen Mineure am 23. September ein Bohrgeräusch zwischen ihrem
Sicherungsstollen und dem Ellisonstollen gehört hatten.
Für die Möglichkeit eines Verlaufes des italienischen Stollens
unter d'em österreichischen Sicherungsstollen dürfte auch der Umstand
sprechen, daß bei der Sprengung am 2. Oktober nach italienischen An-
gaben ,,ein parallel mit der Längsachse des Eselsrückens verlaufender
österreichischer Stollen freigelegt wurde". Möglicherweise ist jener Teil
des österreichischen Sicherungsstollens, der bei der Sprengung am 29. Sep-
tember verschüttet worden war, in Mitleidenschaft gezogen worden, wo
für auch das Eindringen der Sprenggase in großen Massen in das öster-
reichische Stollensystem spricht.
Obzwar die Italiener anfangs glaubten, durch ihre Sprengung die
österreichischen Minierarbeiten gänzlich oder zum Teil zerstört zu haben,
setzten sie doch ihre Arbeit eifrig fort, um die „absolute Sicherheit zu
haben, daß der Feind von seinem beabsichtigten unterirdischen Weg
ablasse."
Sie vermehrten ihre Horchapparate um zwei, so daß sie damals je
einen am Ende der Stollen Napoli und Reggio und drei außerhalb des Stol-
lensystems aufgestellt hatten. Außerdem zweigten sie vom Stollen Reggio
mehrere Erkundungsgänge ab, von denen jeder eine Minenkammer hatte,
um bei einer neuerlichen Aufnahme der Tätigkeit der Österreicher sie
laden und zur Explosion bringen zu können.
Mitte Oktober vermeinten sie, die Arbeit der österreichischen
Mineure wieder zu hören. Doch schien sie ihnen eine andere als die vor
dem 2. Oktober zu sein. Man hörte anfangs nur entfernte Bohrgeräusche
und Minenschüsse, deren schwache Detonationen entweder auf große
Tiefe oder große Entfernungen hinwiesen. Da diese Zeichen immer stärker
hörbar wurden, kamen sie zum Schluß, die Österreicher seien nicht in
die Defensive gefallen, sondern in der Offensive verblieben, und erwei-
terten auf Grund dieser Erkenntnis ihren bisherigen Plan dahin, daß sie
von ihrem Hauptstollen*) einen anderen abzweigten, der in senkrechter
Richtung zu ihrer bisherigen Angriffsrichtung, aber tiefer führen sollte,
so daß er jeden österreichischen Stollen auffangen müßte. Von ihm aus
wurden ferners 7 kleinere Stollen, jedoch in normaler Richtung, abge-
zweigt und mit Minenkammern versehen.
Für diese neuen Stollen benützten sie auch den bereits bestehenden
20 m langen, unter dem Ostrand ihrer Platte beginnenden Unterkunfts-
stollen Zero, indem sie ihn nach links abbogen und ihn in ansehnlicher
Tiefe mit dem Stollen Belluno vereinigten. So sollte das Stollensystem
Zero—Belluno—Milano eine nach drei Seiten wirkende Schutzkette sein,
die sich den Österreichern, gleichviel ob ihre Arbeiten offensiven oder
defensiven Charakter annähmen, entgegenstellten. Die Arbeiten wurden
besonders eilig und genau betrieben.
*) Napoli.
— 240 —
Zu gleicher Zeit, als die Italiener Mitte Oktober Anzeichen öster-
reichischer Bohrarbeiten bemerkten, hörte man auch österreichischer-
seits die Italiener wieder an der Arbeit, Man wähnte sie 25 bis 28 m vom
oberen Sicherungsstollen entfernt,
Obstbrig. von Ellison verfügte nach einer Überprüfung die Weiter-
arbeit, da bis zu einem Zusammenstoß noch mehrere Wochen vergehen
konnten und ein Absprengen des Gegners noch zu früh war.
Während man auf österreichischer Seite am 19. Oktober nachmit-
tags noch schwaches Bohrgeräusch bei den Italienern vernahm, ver-
stummte am 20, Oktober um 15 Uhr jedes Arbeitsgeräusch. Es war dies
die Zeit, wo die Italiener die für die Minensprengung am 22. Oktober
bestimmte Minenkammer im Stollen Treviso luden.
g) Die italienische Sprengung am 22. Oktober 1917
um 16-30 Uhr.
(Hiezu siehe die Skizzen Seite 229, 249 und 261.)
Um diese Zeit glaubten die Italiener auf Grund ihrer Horchver-
suche, daß die Österreicher sich ihrem Stollen Napoli rechts und unter-
halb genähert hätten und so auch in die Nähe des Zweigstollens Treviso*)
angelangt wären, wo schon eine Sprengladung von einer Tonne Spreng-
gelatine für alle Fälle bereitgestellt war. Als schließlich das Geräusch
eines österreichischen Bohrers immer näher kam, sprengten sie diese im
Stollen Treviso vorbereitete Mine. Über das Ergebnis der Sprengung wird
nur angegeben, daß aus der Mündung des durch die Sprengung am 2. Ok-
tober entstandenen Trichters dichte gelbe Rauchwolken emporstiegen.
Die Wirkung war eine tagende, ohne d'aß sie dem österreichischen Minen-
system den geringsten Schaden zufügte, da italienischerseits die Ent-
fernung vom Ellisonstollen um etwa 20 m unterschätzt wurde.
Eine vom Plattenkommando, Hptm. Konasch, kurz nach der Spren-
gung um 17.25 Uhr an das Brigadekommando abgegebene Meldung läßt die
Wirkungslosigkeit der Mine erkennen.
„Um etwa 16.30 Uhr ließ der Gegner in der Höhe seines früheren
Sprengtrichters eine kleine Mine springen. Kleinere Teile seiner Platte
bröckelten hiebei ab. Unsererseits keine Wirkung, nur im Quetschstollen
eine kleine Rahmenverschiebung. Verluste keine, Arbeit geht normal
weiter."
Von da ab gab der Horchdienst den Italienern nur ganz unsichere
Anzeichen über die österreichischen Bohrarbeiten, so daß sie über den
Ort und den Fortschritt derselben immer mehr die Fühlung verloren. In
*) Der Zweigstollen Treviso wurde von den Italienern am 21. September 1917
begonnen mit der Absicht, die Stollen Napoli und Reggio zu verbinden, auf diese Weise
die feindliche (österreichische) Angriffsrichtung zu durchschneiden und von da aus an-
griffsweise vorzustoßen.
Es blieb jedoch nur beim Arbeitsbeginn. Das kurze Stollenstück wurde zu einer
Minenkammer ausgebaut, geladen und die Mine am 22. Oktober entzündet.
— 241 —
der Zeit vom 15. Oktober bis 15. November hörten sie zeitweise ent-
fernte, dann wieder nähere Geräusche, doch keine gefahrdrohenden in
nächster Nähe. Vom 16. November bis 10. Dezember blieb ihr Horch-
dienst ganz ergebnislos, so daß sie schon an eine Einstellung der öster-
reichischen Minierarbeiten glaubten. Erst Mitte Dezember ließen sich
Anzeichen des Wiedererwachens der unterirdischen Tätigkeit der öster-
reichischen Mineure wahrnehmen. Sie fürchteten auf Grund derselben
einen Zusammenstoß ihres Stollens Belluno mit dem österreichischen und
beschlossen, ihren Stollen 3 mit einer Mine zu laden, um den gegnerischen
Stollen zu zerstören, wenn der Horchdienst den Zeitpunkt für günstig
angeben würde.
Diese Art der Abwehr des österreichischen Angriffstollen hielten
sie für umso richtiger, als sie festgestellt zu haben glaubten, daß er sich
teile und mit einem Zweig westlich mit einem östlich ihres zur Ladung
bestimmten Stollens 3 herankomme. Die Ladung wurde mit 1700 kg
Sprenggelatine festgesetzt.
Trotzdem sie aber die Arbeiten mit allen Mitteln beschleunigten,
kamen auch diesmal die Österreicher mit einer Sprengung zuvor.
Es soll auch gleichzeitig erwähnt werden, daß schon seit einiger Zeit
von den österreichischen höheren Kommanden die Frage erwogen wurde,
in welchem Umfange die Sprengung der italienischen Platte durchgeführt
werden sollte. Man kam schließlich zur Erkenntnis, daß mit einer Spren-
gung der ganzen feindlichen Platte nicht mehr gerechnet werden konnte,
weil die italienischen Gegenmaßnahmen bereits so weit vorgeschritten
waren, daß die Gefahr einer Abquetschung des Hauptstollens nähergerückt
war. Man hielt es daher für zweckmäßiger, nur den Nordteil der feind-
lichen Platte abzusprengen und damit aber auch einen Überfall auf die
Besatzung durchzuführen. Von einer dauernden Besetzung der feindlichen
Platte war abzusehen, weil dann die eigene Verteidigungsstellung noch
mehr schnabelartig vorspringen und eine größere Flankierungsmöglichkeit
geben würde. Man hoffte, daß durch die beabsichtigte Sprengung der
italienische Minenangriff auf mindestens drei Monate zum Stillstand1 ge-
bracht werden würde.23)
h) Die österreichische Sprengung am
24. Dezember 1917 um 5 Uhr früh,
(Hiezu siehe die Skizzen Seite 249 und 261.)
Für diese Sprengung war der Umstand maßgebend, daß der Stollen-
vortrieb bereits unterhalb der Nordseite der feindlichen Platte angelangt
war. Man mußte nun planmäßig den Hauptstollen nach Westen abbiegen,
bohrte aber zu Täuschungszwecken einen Nebenstollen geradeaus und
tiefer weiter mit der Absicht, die Italiener durch eine Sprengung in dem-
selben von der Arbeit am Hauptstollen abzulenken.
23) Bericht des 14. Korpskommandos op. Nr. 2794 vom 17. Dezember 1917 an das
11. Armeekommando.
Schemfil, ,.Die Pasubio-Kämpfe"
16
— 242
Gegen Weihnachten war die Minenkammer im Nebenstollen fertig-
gestellt, mit 6400 kg Sprengstoff geladen und am 24. Dezember um 5 Uhr
früh zur Explosion gebracht. Die Sprengung hatte vollen Erfolg. Sie zer-
störte einen italienischen Postenstand und halbierte die anschließenden
Kavernen. Nach italienischen Berichten wurde ein am Ende des Stollens
Cadorna befindlicher Maschinengewehrstand zerstört. An die Sprengung
schlössen sich zwei Artilleriefeuerüberfälle auf die feindliche Platte, die
Stellung Cadorna-West und auf den Heinischhügel an. Sie lösten eine nur
geringe Gegenwirkung der feindlichen Batterien aus. Um 7 Uhr früh
herrschte wieder vollkommene Ruhe.
Die Italiener wurden durch diese Sprengung völlig überrascht. Aus
italienischen Schilderungen über die Wirkung ist folgendes zu entnehmen:
Am Tage vor der Sprengung, am 23. Dezember, um 1 Uhr früh ver-
meinten sie eine Einstellung der österreichischen Minierarbeiten zu be-
merken, legten aber diesem Umstände im Glauben, daß es sich um eine
Sonntagsruhe handle, zu ihrem Schaden keine besondere Bedeutung bei
und arbeiteten eifrigst weiter. Am 24. Dezember um 4 Uhr früh, also ein-
undeinhalb Stunden vor der österreichischen Sprengung, waren die Lade-
arbeiten in der Minenkammer des Stollens 3 beendet und nach einer
weiteren Stunde, um 5 Uhr früh, ihre Verdämmungsarbeiten bis auf
10 Meter Länge gediehen, als um 5.06 Uhr am Nordfuße der Platte über-
raschend zwei österreichische Minen explodierten. Sie verursachten im
Stollen Reggio erhebliche Schäden, blieben aber in den Stollen Napoli,
Belluno, Zero und Siena wirkungslos. Außen waren an der Nordostwand
der Platte beträchtliche Felsabsprengungen sichtbar, aus denen dichte
Schwaden des Explosionsgases entwichen.
Das Beben des Bodens war diesmal bis am Soglio Rosso und bei
den Porte di Pasubio zu verspüren, ein dumpfes Rollen war weithin hör-
bar. Leider waren wieder Menschenopfer zu beklagen. Eine Arbeits-
partie (2 Offiziere und 49 Soldaten), die zum Zeitpunkte der Sprengung
an der Verdämmung arbeiteten, ferners die Gewehrschützen im Ma-
schinengewehrstand am Ende des Stollens Cadorna, der einstürzte, fielen
dem Luftdruck und der Verschüttung zum Opfer. Dagegen war im Stol-
len Zero, wo eine Gruppe Mineure an der Arbeit war, obgleich der Ar-
beitsplatz nicht weit von der Sprengstelle sich befand, keine Wirkung zu
verspüren gewesen und kein Sachschaden angerichtet worden. Die im
Stollen 3 geladene und verdämmte Mine war unversehrt geblieben und
wurde wieder entladen.
Nach Ansicht der Italiener hatte aber diese Sprengung auch dem
österreichischen Minensystem und dessen Umgebung so arge Schäden zu-
gefügt, daß ,,es den Österreichern für eine Zeitlang unmöglich gemacht
war, die Offensive wieder aufzunehmen". Dies war eine irrige Annahme,
denn es waren weder Menschenopfer zu beklagen, noch war ein Sach-
schaden entstanden. Die Arbeiten konnten ohne Unterbrechung fort-
gesetzt werden.
— 243 —
Die Sprengung hatte aber bei den Italienern eine Änderung ihres
Arbeitsplanes ausgelöst. Bisher hatten sie sich bloß auf den Ausbau des
Absperrstollens Belluno—Zero beschränkt. Nunmehr beabsichtigten sie,
den Minenkrieg aus ihrem Bereich heraus feindwärts gegen Norden zu
verlegen. Zu diesem Zweck gingen sie wieder auf die Arbeiten im Stollen
Napoli über und zweigten von ihm im rechten Winkel Nebenstollen für
Gegenminen nach Osten und abwärts ab und bogen auch das Ende des
Stollens Napoli nach rechts.
Ein Abzweigen nach Westen kam nicht in Betracht, da man auf
diese Weise in die von der Sprengung am 2. Oktober in Mitleidenschaft
gezogene Zone gekommen wäre.
Dieses neue Stollensystem Napoli war also als ein offensives Vor-
gehen gegen den Sattel und zugleich als Absperrung gegen ein feindliches
Vordringen vom Westen her gedacht und sollte im ganzen „einen An-
griff skomplex darstellen, der den Feind, wenn nicht zu einem anderen
Angriffsplan, so doch zu immer schwierigeren Gegenminierarbeiten
zwingen mußte".
Inzwischen waren im anderen Stollensystem Belluno—Zero die
schon Ende Oktober 1917 begonnenen, nach Norden vorgetriebenen
kleineren 5 Stollen in den ersten Tagen des Jänner 1918 fertig geworden.
Sie zweigten in einer Breite von etwa 77 m24) vom Hauptstollen nach
Norden ab und drangen in eine annähernd gleiche Tiefe von 4 m. Diesen
5 Stollen fügte man später noch einen 6. hinzu und schob außerdem
zwischen den 1. und 2. noch einen zu diesen parallel laufenden Stollen
1 a25) ein, so daß nunmehr ein ursprünglicher Stollen 1 und einer 1 a be-
stand Im ganzen besaß somit das Abwehrsystem Belluno—Zero 7 feind-
wärts strebende Abwehrstollen.
Über die Lage des Stollens Belluno—Zero wäre nach italienischen
Angaben noch anzuführen; Mittlere Tiefe von der Oberfläche des Zahnes
(Platte) 51 m, Entfernung vom Sattel (Eselsrücken) 65 m, Tiefe, vom
niedrigsten Punkt des Sattels gerechnet, 16 m.
Die Italiener mußten aber ihren neu gefaßten Angriffsplan beim
Stollen Napoli bald wieder aufgeben, da sie bereits zu sehr in die Ver-
teidigung gezwungen waren. Die Gründe hiefür lagen wohl hauptsächlich
darin, daß das italienische Minensystem sich zum größten Teil unter ihren
eigenen Kampfanlagen befand und daher nur kleine Ladungen, die keinen
Erfolg herbeiführten, zur Verwendung gelangen konnten. Jede größere
Ladung hätte ihr Minensystem und ihre Verteidigungsanlagen in Mit-
leidenschaft ziehen müssen.
Ein nicht zu unterschätzender Vorteil war es für die österreichischen
Mineure, daß sie sich in der Tiefe behaupteten und immer unter dem
italienischen Minensytem waren, ein Bestreben, das nach dem Motto;
~4) Der i. war 11.50 m von der Kreuzung der Stollen Napoli-Belluno, der 2.
23.50 m östlich vom 1., der 3,, 4. und 5. 14 m, 23 m und 42 m vom 2. Stollen entfernt.
25) In italienischen Veröffentlichungen mit Nr 1 bis (Nr 1 noch einmal) bezeichnet.
16*
— 244 —
„Wer die Tiefe hat, hat auch die Höhe" von jeher im Minenkampf hoch-
gehalten wurde.
Der nachstehend geschilderte Verlauf der Ereignisse zeigt klar das
Zurückfallen der Italiener in die Verteidigung.
ij Die italienische Sprengung am 21. Jänner 1918 u m
13.15 Uhr. (Hiezu siehe die Skizzen Seite 229, 249 und 261.)
Am 19. Jänner hörten die Italiener in ihrer Abwehrzone das Ge-
räusch der österreichischen Bohrarbeiten so deutlich, daß sie den Feind
schon in nächster Nähe der Stollen 2 und 3 vermuteten, rasch die in diesen
Stollen vorbereiteten Minenkammern mit 6 Zentner Sprenggelatine luden
und die Unterbrechung der österreichischen Arbeiten abwarteten, die
nach ihrer Meinung das Laden der österreichischen Kammern anzeigen
würde. Aber schon nach zwei Tagen hielten sie ein Zuwarten für ver-
hängnisvoll und brachten am 21. Jänner um 13.15 Uhr ihre Minen zur
Explosion.
Nach italienischen Schilderungen war die Erschütterung sehr stark.
Leute, die sich in beträchtlicher Entfernung in anderen Stoller auf-
hielten, spürten einen mächtigen Stoß und wurden von Teilen der Gerüste
oder von Sandsäcken zu Boden geworfen. Eine Flammenwelle durchlief
den Stollen Milano in seiner ganzen Länge, Äußerlich ergaben sich jedoch
keine Zeichen einer Sprengwirkung.
Auch diesmal glaubten die Italiener, die österreichischen Arbeiten
in ausgedehntem Maße zerstört zu haben und erwarteten sogar, daß auf
Seite der Österreicher nun nach irgendeiner Richtung hin eine Entschei-
dung fallen müsse. Entweder würden sie jetzt den Endkampf möglichst
beschleunigen oder den Kampf ganz aufgeben, weil er nach italienischer
Meinung im Plane verfehlt war, weil die Verwendung der Mittel und die
bisherigen Ergebnisse enttäuscht und man der italienischen Gegenwirkung
zu wenig Beachtung geschenkt hätte und weil ferners sich ein ungünstiger
Enderfolg voraussehen ließ. Trotz dieser pessimistischen Auslegung der
Lage der österreichischen Minenarbeiten neigten die Italiener aber doch
mehr der Ansicht zu, daß die Österreicher ihren Plan doch nicht so leicht
aufgeben würden. Darin hatten sie recht, denn nach kurzer Zeit waren die
österreichischen Arbeiten wieder hörbar, ein Zeichen, daß der unter-
irdische Feind unentwegt auf sein Ziel losging.
Die italienische Sprengung am 21. Jänner hatte ausschließlich im
eigenen Bereich Schaden angerichtet, auf österreichischer Seite machte sie
sich in keiner Weise fühlbar- Das Tagebuch des III/4. TJR. berichtet
kurz darüber:
„Gegen 14 Uhr ließ der Feind östlich des eigenen Stollensystems
eine Mine von 2—3000 kg Sprengladung springen, ohne das Stollensystem
zu beschädigen. Von der feindlichen Platte am Westrande sind einige
Felsblöcke abgebrochen. Kein Material-, kein Menschenverlust."
— 245 —
j) Die österreichische Sprengung am 2. Feber 1918
um 3 Uhr früh. (Hiezu siehe Skizzen Seite 249 und 261.)
Über die Gründe dieser Sprengung fehlen die Angaben. Es kann an-
genommen werden, daß sich einer der Zweigstollen des italienischen
Stollens Napoli zu sehr genähert hatte und von den österreichischen Mi-
neuren abgequetscht werden sollte. Die Ladung betrug 3800 kg.
Italienische Berichte geben die Wirkung als sehr stark an. Eine
mächtige österreichische Mine habe in den ersten Tagen des Feber tiefe
Umwälzungen in den Stollen und starkes Eindringen von Giftgasen ver-
Wirkungen der Sprengungen am 2. 10., 24. 12. 1917 und 21. 1. 1918.
C ^ MG-Stand am Ende des Cadornaschachtes.
2. 10. 1917 italienische Sprengung, Ladung 13.000 kg, 24. 12. 1917 österreichische
Sprengung, Ladung 6400 kg, 21. 1. 1918 italienische Sprengung, Ladung 6000 kg.
(Lichtbild zur Verfügung gestellt von Hptm. Konasch.)
ursacht, Die Gerüste seien wie von Riesenfäusten herausgerissen, Men-
schen wie mit einem riesigen Kolben zusammengedrückt worden. Die
Dunkelheit hätte die Lage noch mehr verwirrt. Zuseher hätten ver-
sichert, daß der Berg sich hob und wieder auf seinen Platz zurückfiel. Im
Stollen Belluno—Zero, der größtenteils in Dolomitgestein gebohrt war,
seien alle in den Felsen einbetonierten Stützen für die elektrische Lei-
tung und Ventilationsröhren heruntergerissen worden, Gerolle sei von den
Wänden herabgestürzt und Felsstücke hätten sich gespalten. Die gela-
denen Gegenminen jedoch, die schon verdämmt und zur Zündung bereit
waren, seien wunderbarerweise unversehrt geblieben.
Die Menschenverluste betrugen einige Tote und 10 Verletzte.
— 246 —
k)Die italienische Sprengung am 13, Feber 1918
um 16.45 Uhr.26) (Hiezu siehe die Skizzen Seite 229 und 261.)
Nochmals versuchten die Italiener, die Arbeiten am österreichischen
Hauptstollen zu stören und entzündeten am 13. Feber um 16,45 Uhr die
schon bereitgestellte Mine ihres Abwehrstollens 4. Die Explosion brachte
aber gleichzeitig die 9 m entfernte Mine ihres Stollens 3 zur Entzündung.
Merkwürdig war auch, daß etwa eine Stunde später, während die Ita-
liener eben die Entlüftung der vergasten Stollen wieder in Angriff nahmen,
um 17.45 Uhr neuerlich eine äußerst heftige Erschütterung die italienische
Platte erbeben ließ und eine grelle Stichflamme aus dem Stollen Zero
herausfuhr, die eine Gruppe von Mineuren bei der Arbeit überraschte,
2 tötete und1 8 verletzte.
Die Ursache dieser Explosion konnte nicht festgestellt werden,
Italienischerseits glaubte man, daß ein durch die erste Explosion
entstandener Brand sich in den österreichischen Gängen fortgesetzt und
dort irgend ein Lager mit Explosionsstoffen entzündet oder eine in der
Nähe des italienischen Stollens 5 gelagerte Mine getroffen hätte. Jeden-
falls habe der Brand eine große Ausdehnung genommen, da die öster-
reichische Platte eine geraume Zeit hindurch in dichten Rauch ge-
hüllt war.
Die Sprengung hatte im österreichischen Stollensystem zwar keine
zerstörende Wirkung hervorgerufen, leider aber den Verlust an Men-
schenleben verursacht. Sechs Leute der Bohrmannschaft wurden während
der Arbeit durch die feindliche Minensprengung überrascht und durch die
rasch darauffolgende Gasexplosion getötet.27) Es war dies die zweite feind-
liche Sprengung, die auf österreichischer Seite Menschenopfer forderte.
Die Arbeiten der italienischen Mineure waren in der letzten Zeit
rascher vor sich gegangen. Ihr zunächst liegender Stollen (wahrscheinlich
Napoli) wurde auf 20 bis 25 m Entfernung geschätzt. Auch vermutete
man, daß sie tiefere Schichten wie bisher aufgesucht hätten.
Zu Täuschungszwecken sprengte man am 24. Feber*) eine kleine
Mine, deren Ladung aber so gering war, daß sie ihren Zweck nicht er-
füllte. Sie wird in italienischen Berichten nirgends erwähnt,
26) Nach italienischen Angaben fand die Sprengung am 13, Feber, einem Gedenk-
tag der Geniewaffe, statt. In allen Österreichischen Feldakten ist jedoch als Tag der
Sprengung der 12. Feber angeführt.
27) Die Opfer der Sprengung waren: Zgsf. Georg Demyen, Sappeur Matthias
Simon der Sappeurkompagnie 3/21, Pionier Josef Spitz der Pikp. 2/2, Korp. Johann
Danner, Gefr, Giulio Benuzzi und Sappeur Gabor Maroszan des Gesteinsbohrzuges 57.
*) In dem in der Anmerkung 9, Seite 222, angeführten Plan des 11, Armeekom-
mandos ist sie als IV. österreichische Sprengung knapp hinter der rechten Minen-
kammer der großen Sprengung vom 13. März eingezeichnet. Diese Eintragung dürfte
irrtümlich erfolgt sein, da , alle anderen vorhandenen Pläne und Skizzen eine solche
nicht aufweisen. Zudem berichten weder die österreichischen Feldakten noch die italie-
nische Literatur von einer Sprengung an diesem Tage. Der Leiter der österreichischen
Minenarbeiten gibt an, daß nur die Zündung einer gering geladenen, wirkungslosen
Täuschungsmine erfolgt sei.
— 247 —
1) Der Entschluß zum Endkampf.
(Siehe die Skizzen Seite 229, 249 und 261.)
Am 24. Feber wurde österreichischerseits ein Entschluß gefaßt, der
den ursprünglichen Plan für den Minenkrieg am Pasubio wesentlich be-
einflußte.
Die operative und taktische Lage zwangen dazu, den im Dezember
1917 gefaßten Entschluß, mit der Sprengung der feindlichen Platte ein
Infanterieunternehmen zu verbinden, fallen zu lassen. Es blieb daher nur
mehr das rein minentechnische Unternehmen, die Absprengung des Nord-
teiles der italienischen Platte, übrig. Damit sollte nicht nur die immer-
währende Gefährdung durch die italienischen Minierarbeiten beseitigt,
sondern auch dem eigenen, Zeit und Kraft raubenden Minenkrieg ein Ende
bereitet werden.
Der Ellisonstollen war zu dieser Zeit bis unter die vorderen Vertei-
digungsanlagen auf der italienischen Platte gediehen und hatte somit das
beabsichtigte Ziel erreicht. Ein weiteres Vorgehen hätte bei der bereits
großen Gegenwirkung der Italiener zu einem weitaus größeren Umfang
der Minierarbeiten und zu größerem Aufwand an Arbeitskräften und Be-
darf an Maschinen führen müssen.
Man faßte daher den Entschluß, die Angriffstätigkeit im Stollen-
system abzuschließen und sofort die Vorbereitungen für die große Schluß-
sprengung in Angriff zu nehmen.
Schwierig war vor allem die Aufstellung des Zeitkalküls. Man mußte
bei Festsetzung des Tages der Sprengung berücksichtigen, daß die Ita-
liener in breiter Front mit mehreren Stollen im Vortrieb waren, deren
nächster um diese Zeit 20 bis 25 m entfernt war. Bei der für die Vorbe-
reitung notwendigen Zeit von 14 Tagen konnten sie also die Entfernung
bis zum eigenen Stollenende bzw. d'en Minenkammern zurückgelegt haben
und mit einer Mine die Ladearbeiten oder die bereits geladene Minen-
kammer treffen. Es war daher unbedingt notwendig, die italienischen
Mineure noch vor Beginn der Ladearbeiten zu einer vorzeitigen Spren-
gung zu provozieren. Ferners mußte, um die vermuteten vier feindlichen
Angriffsstollen aufzufangen, der Ellisonstollen geteilt werden, wodurch
sich die Notwendigkeit der Herstellung von zwei Minenkammern ergab.
Bei Berechnung der Lademenge ergab sich, daß bei der Tiefe des
Stollensystems von etwa 47 m unter dem Niveau der italienischen Platte
eine tagende Wirkung nach oben eine Menge von 240.000 kg guten
Sprengstoffes erfordert hätte.28) Eine Verminderung dieser enormen
Menge wäre nur durch bedeutende Höherlegung der Kammern bei län-
gerer schwierigerer Arbeit zu ermöglichen gewesen.
Die ohnehin notwendige Teilung des Stollens und die Betrachtung
des Profils der Platte ließen aber den Schluß zu, daß mit zwei Kammern,
28) Bei Zugrundelegung einer Trichtermine von r (Trichterhalbmesser) — w
(Widerstandslinie), Formel für eine Normalmine.
— 248 —
deren Abstand von den seitlichen Wandungen ein viel geringerer war
als von der Oberfläche, der Zweck des Einsturzes mit einer weit gerin-
geren Munitionsmenge von etwa 50.000 kg erreicht werden konnte. Der
seitlichen Stützen beraubt, mußte der Oberteil der Platte einstürzen.
Als Ladung der Kammern wurde nach den verschiedenen Wider -
standslinien errechnet:
Für die östliche Kammer (21 m !) bei 19 m Widerstandslinie 20.000 kg,
für die westliche Kammer (31.5 m8) bei 25 m Widerstandslinie 30.000 kg,
zusammen 50.000 kg.
Bei diesen. Lademengen war auch auf eine gegen die Mitte der
Platte weit übergreifende Wirkung derselben zu rechnen. Die Entfernung
zwischen den beiden Minenkammern betrug 26 Meter.
Schematischer Querschnitt mit kalkulierter Trichterwirkung.
Aus dem Bericht der Kaiserjägerdivision op. Nr. 4073 v. 1918.
Auch ein anderer Grund war für die erwähnte Ladeanordnung maß-
gebend. Nach Fliegerbildern lag 30 m hinter der zu zerstörenden ersten
Linie eine zweite, deren Freilegung bei Schneefall immer zuerst erfolgte,
was auf eine Verbindung mit den Unterkunftskavernen schließen ließ.
Da die Berechnungen einen unterirdischen Zerstörungs- (Einsturz-)Halb-
messer der östlichen Kammer, die der zweiten Linie näher lag, von 30 m,
der westlichen von über 34 m ergaben, war der Einsturz der Kavernen,
darunter auch zweier Geschützkavernen, mit großer Sicherheit zu er-
warten. Schließlich waren noch auf größere Entfernungen Nebenwirkun-
gen durch Stichflammen und Sprenggase zu erhoffen.
Als Arbeitsdauer wurde errechnet; Aushöhlen und Fertigstellen der
beiden Kammern29) 8 Tage, Auspolstern der Kammern gegen Stichflam-
20) Bei Feststellung des Ausmaßes wurde eine Verringerung des Laderaumes von
40 Prozent berücksichtigt, weil der Sprengstoff ohne Kisten geladen werden sollte.
— 249 —
men und Laden 3 Tage, Verdämmen, Betonieren, Legen der Zündleitun-
gen 3 Tage, zusammen 14 Tage.
Nach diesen Erwägungen begannen sofort die Arbeiten für den End-
kampf. Die beiden zum Auffangen der feindlichen Stollen bestimmten und
Österreichisches Stollensystem unter der ital. Platte.
zu den Kammern führenden Zweiggänge wurden mit je einer Bohr-
maschine vorgetrieben, während eine Bohrmaschine die Täuschungs-
arbeit begann.
— 250 —
In ununterbrochenem Betriebe arbeiteten vier Schichten zu sechs
Stunden, jede Schicht zu 36 Sappeuren, 20 Mineuren und 40 Kaiserjägern,
zusammen also 380 Mann, In den letzten Tagen wurden diese Partien
noch verstärkt, da der Weg vom Arbeitsort bis zum Schuttauswurf 270 m
und der Höhenunterschied 50 m betrugen. Bis einschließlich der Brigade-
reserve mußte die Besatzungsmannschaft turnusweise herangezogen
werden.
Unter außerordentlicher Kraftanstrengung aller arbeitenden Teil-
nehmer waren die Kammern bereits am 3, März fast fertiggestellt. Da
aber auch die Italiener indessen unablässig mit höchster Kraft weiter-
gearbeitet hatten, konnte der Leiter der Minenarbeiten es nicht wagen,
mit dem Laden zu beginnen. Er entschloß sich, noch zuzuwarten, die
Täuschungsarbeiten aber fortzusetzen. Die Arbeiten in den Minenkam-
mern wurden eingestellt und in den den feindlichen Stollen zunächst lie-
genden Kammern30) plötzlich mit zwei Hämmern gebohrt und mit starken
Ladungen abgesprengt. Damit sollte absichtlich eine feindliche Sprengung
ausgelöst werden, um dann den gefährlichsten Teil, das Laden, bei dem
fast das ganze Minensystem mit Menschen, aber auch mit Waggonladun-
gen von Sprengmunition, Sandsäcken, Zement, Betonschotter etc. voll-
gepfropft war, durchzuführen. Alle Gastüren standen offen, die gegen
Schlag und Flammen sehr empfindlichen Zündleitungen lagerten offen in
den Stollen und Kammern, In dieser gefährlichen Lage hätte eine feind-
liche Sprengung die schwersten Verluste gezeitigt; an eine Abwehr eines
möglichen feindlichen Einbruches wäre nicht zu denken gewesen.
m) Die italienische Sprengung am 5. März 1918
um 17.30 Uhr. (Hiezu siehe die Skizzen Seite 229 und 261.)
Glücklicherweise gelang die Täuschung, denn die Italiener ließen
sich am 5. März zur Sprengung einer Mine in ihrem äußersten rechten
Stollen 531) verleiten. Nach ihrer Meinung wurden die österreichischen
Stollen verschüttet und zerstört, auch im Ellisonstollen soll Gas einge-
drungen sein.
Nur die letztere Annahme war richtig. Die dadurch hervorgerufene
Arbeitsunterbrechung dauerte jedoch nicht lange, da zwei rasch verlegte
Druckluftleitungen und zwei Ventilatoren sofort an der Entlüftung arbei-
teten, so daß der Stollen nach sechs Stunden bereits wieder betreten
und die Arbeit schon in der Nacht vom 5. auf den 6. März mit frischer
Kraft aufgenommen werden konnte. Das Stollensystem selbst war voll-
kommen unversehrt geblieben.
Es waren dies die Stollen, in denen die Sprengung am 24. 12. 1917 und
2. 2. 1918 erfolgten (siehe Skizzen Seite 249 und 261).
31) Siehe Skizze Seite 229.
— 251 —
Von da ab gab der Horchdienst den Italienern keine genauen Auf-
schlüsse mehr über die österreichischen Bohrungen- Die fortdauernde
Täuschungsarbeit erfüllte ihren Zweck.
Trotzdem glaubten sie, in ihrer Abwehrzone wieder eine Mine zur
Entzündung bringen zu müssen und luden nochmals den Stollen 332), der
nach ihrer Meinung im Zentrum aller österreichischen Minen gelegen wai
und der außerdem durch die Sprengung am 13. Feber sich nach der Tiefe
vergrößert hatte und dadurch unter die österreichischen zu liegen ge-
kommen war.
Man entfernte die Verdammung, räumte mit großer Vorsicht das
Einsturzmaterial weg, vermauerte zersplitterte Felsen, die herabzustürzen
drohten, und alle sonstigen Öffnungen, lud das Ende des Stollens mit un-
gefähr IV2 Tonnen Sprenggelatine und leitete alles für eine Sprengung
ein, die genau einen Monat nach ihrer letzten Explosion (am 12. Feber)
zur Entzündung gebracht werden sollte.
Inzwischen aber bereiteten die österreichischen Mineure den
Schlußakt des Minenkrieges am Pasubio vor.
n) Das Heranbringen der Sprengmunition und die
Ladung der österreichischen Minenkammern.
Die Munitionstransporte für die Ladung der österreichischen Minen-
kammern hatten indessen schon am 3. März begonnen. Um einerseits das
Laden und Einschlichten in die Kammern tunlichst rasch vorzunehmen,
andererseits das Anhäufen einer so großen Munitionsmenge in der Stel-
lung zu vermeiden, wurde der Transport gegen den Stollen hin gestaffelt
gelagert, und zwar am Sommosattel, bei Folgaria, in Geroli, in den Sieg-
friedkavernen, im Putzkerstollen*) und im Dom. Die Gesamtmenge betrug
50.000 kg.
Trotz der bis ins kleinste vorbereiteten Organisation war der Trans-
port mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten verbunden. Ununterbrochen
wüteten Schneestürme33), Depots und Träger wurden durch Lawinen ver-
schüttet, Seilbahnen unterbrochen. Nicht zuletzt trug zur Verlangsamung
der Transporte der mindere Kräftezustand der Mannschaft bei, die durch
die unzulängliche Verpflegsration für diese Anstrengungen fast unfähig
war. Mannschaften des 4. TJR., der Bergführer- und Hochgebirgskom-
pagnien, des Landsturmbataillons I, der Sappeure, der Mineure, alle Offi-
ziersdiener waren unausgesetzt im Trägerdienst. Sie kamen aus den
durchnäßten Kleidern nicht heraus und rasteten im Tage höchstens vier
F2j W'urde am 13. Feber durch die 23 m entfernte Mine des Stollens 4 zur Ex-
plosion gebracht.
*) „Putzkerstollen", nach dem Regimentskommandanten benannt, war eine teil-
weise im Schnee ausgehöhlte und im Felsen eingesprengte Verbindung zwischen dem
Plattenbataillonskommando und der Platte.
33) Das damals herrschende Unwetter drückte im technischen Lager des 4. TJR.
Baracken ein, wodurch 17 Mann getötet und 54 zum Teil schwer, zum Teil leicht ver-
letzt. wurden.
Stunden, um dann wieder den Weg, den sie mit 40 kg am Rücken teil-
weise auch kriechend zurücklegen mußten, wieder aufzunehmen. Für den
Munitionstransport war zwar im Anschlüsse an die Culva-Seilbahn bis
zum Radiohügel34) ein eigener Aufzug im Bau, doch mußte die Arbeit
wegen Lawinengefahr im wichtigsten Zeitpunkt eingestellt werden.
Diese Erschwernisse schienen anfangs die zeitgerechte Beendigung
des Munitionstransportes auszuschließen, und doch wurde unter Anspan-
nung aller Kräfte das schwierige Werk zur richtigen Zeit, am 10. März,
vollendet. Mit dem Laden der Minenkammern konnte am gleichen Tag
um 10 Uhr vormittags begonnen werden.
Elektrische Kraftzentrale für die Beleuchtung und die Bohrmaschinen auf der Platte.
(Lichtbild zur Verfügung gestellt von Obstl. Langthaler.)
Der Zeitpunkt der Sprengung wurde am 9. März aus folgenden
Gründen endgültig auf den 13. März, 4.30 Uhr früh, festgesetzt. Man
glaubte einerseits, mit der Sprengung um diese Zeit die ganze italienische
Besatzung in den Unterkünften zu treffen, andererseits sollten die letzten
Vorbereitungen, wie das Räumen der Unterkünfte auf der eigenen Platte,
das Besetzen der Flankierungsanlagen, das Bereitstellen der Reserven,
zur Zeit der geringsten Wachsamkeit der Italiener vor sich gehen.
Während der ganzen Zeit der Vorbereitungen herrschte auf der
feindlichen Platte Ruhe. Nur in den letzten Tagen entwickelte sich, her-
vorgerufen durch das Feuer der österreichischen Scharfschützen, eine
•°'4) Siehe Skizze Seite 275.
- 253 —
ziemlich heftige Schießerei. Die italienischen Maschinengewehre und
Geschütze schwiegen aber fast gänzlich, was den Munitionstransport
wesentlich erleichterte.
Das Laden der Minenkammern benötigte 26 Stunden. Die östliche
erhielt als Ladung 20.000 kg, die westliche 30.000 kg, und zwar je 80 Pro-
zent Dynamon und 20 Prozent Chlorat. Die Initialladung war in Paketen
von 3 bis 5 kg konzentrisch um die in der Mitte der Kammer verlegten
Hauptinitialladungen von 50 kg Ekrasit verteilt. Sämtliche Initialladungen
wurden elektrisch und mit Knallzündschnur direkt gezündet, so daß
200 Zündpunkte resultierten. Man wählte diese Art der Zündanlage, um
die ungeheure Munitionsmenge an möglichst vielen Punkten zu erfassen
und die Explosionsgeschwindigkeit und damit die Wirkung zu erhöhen.
Aber auch die Sicherheit der Zündung forderte eine so große Zahl der
Zündpunkte, da nicht alle Munition einwandfrei war und eine Ketten-
zündung leicht in einem Glied versagen konnte.
Die Zündleitungen wurden schließlich zusammengefaßt und in zwei
elektrische Zündschnurleitungen als Hauptzündleitung und 8 Knallzünd-
schnurleitungen als Reservezündleitung vereint und wechselseitig in Kon-
takt gebracht. Die elektrische Zündung erfolgte durch die Drehstrom-
lichtmaschine mit etwa 500 Volt aktivierten Glühzündern. Für die Knall-
zündschnurleitung wurde eine Zündpatrulle (1 Offizier u. 2 Unteroffiziere)
bereitgestellt, die — wenn die elektrische Zündung versagen sollte —
nach der Uhr 15 Minuten nach 4.30 Uhr früh zünden sollte. Der Zündort
für die elektrische Zündung war die Lichtmaschine beim Plattenbataillons-
kommando, der für die Knallzündschnurleitung der Kompressorraum.
Die zusammenlaufenden Zündschnüre und Kabel ergaben Stränge
bis zu 80 cm Durchmesser. Für die Anlage der Zündleitungen war ein
Mineuroffizier bestimmt, der ohne Rast durch 50 Stunden an der Ar-
beit war.
Die Italiener hatten zwei Tage nach ihrer Sprengung am 5. Mär2
ihre Bohrarbeiten wieder aufgenommen. Am 10. wurden sie in etwa 17 m,
am 12. März — am Vortage der Sprengung — in etwa 12 m Entfernung
und 10 m höher als die Gewölbe der Ladekammern festgestellt. Während
Tonne um Tonne Sprengmunition in die Kammern eingefahren wurden,
donnerten die italienischen Bohrmaschinen derart, daß man sich in den
Ladekammern nur durch lautes Schreien ins Ohr verständigen konnte.
Während des Ladens wurden die Täuschungsarbeiten im Stollen der
Sprengung vom 2. Feber unablässig weitergeführt. Daß die Täuschung
ihren Zweck erreichte, zeigte die Tatsache, daß die Italiener die Kam-
mern des Stollens 3 luden und am 13. März zu sprengen beabsichtigten.!")
Am 12. März mittags war das Laden der Kammern und das Auslegen
der Zündleitungen beendet und die etwa 30 m lange Verdämmung durch-
geführt. Zur Abhaltung der Stichflammen von der Ladung bei einer even-
tuellen vorzeitigen feindlichen Sprengung und zur Verdämmung dienten
35) Siehe Skizze Seite 261.
— 254 —
Sandsäcke, die bereits während des Baues der Kammern gefüllt und in
den abgebauten, ihnen zunächst liegenden Stollen bereitgestellt worden
waren.
Die Verdämmung war nach der Skizze ausgeführt, wobei der mitt-
lere Sandsackteil zwischen den beiden Betonmauern als elastischer
Polster zur Erhöhung der Schubwirkung dienen sollte.
Mit dem Beginne der Verdämmung und der Einschaltung der elek-
trischen Zündleitungen ab 11. März mittags wurden sämtliche anderen
Metalleitungen ausgeschaltet. Die weitere Arbeit mußte mit Akkumula-
torenlampen durchgeführt werden. Um die Arbeiten der Italiener auch
noch bei geladener Kammer verfolgen zu können, beließ man in jeder
Kammer einen Horchapparat.
yw Scho-t^ ^«11 Slùch flam men
Verdämmung.
Aus dem Bericht der Kaiserjägerdivision op. Nr. 4073 v. 1918.
Am 12. März um 17 Uhr waren alle Vorarbeiten beendet. Die
Besatzung räumte die Platte. Es blieb nur ein Alarmposten im Graben
an der Spitze. Maschinengewehre und Geschütze wurden in den Stellun-
gen belassen.
Diese Vorsichtsmaßregeln wurden angewendet, um einerseits die
Besatzung vor den Gefahren einer unbeabsichtigten vorzeitigen Spren-
gung, andererseits die Anlagen für die Minensprengung vor Beschädigun-
gen usw. durch Nichtfachleute zu bewahren.
Im Stollensystem blieben nur ein Mineuroffizier und die Arbeits-
partie für die Täuschungsarbeiten, die die Bohrungen ununterbrochen
fortsetzten und noch gegen Mitternacht des 12., also etwa vier Stunden
vor der Sprengung, die letzten Bohrschüsse absprengten.
Als Räumungsgrenze war der Kompagniekommandolaufgraben auf
der Platte bestimmt, in dem die vordersten Patrullen aufzustellen waren.
Der Rest der Besatzung hatte im Putzkerstollen bereit zu sein. Zum Zeit-
punkt der Sprengung mußten sämtliche Kavernen und Schneetunnels ge-
— 255 —
räumt werden. Mit der Besetzung der Stellung nach der Sprengung war
zu warten, bis der Steinschlag und die Gaswirkung vorüber waren.
Der genaue Zeitpunkt der Sprengung wurde den Truppen erst sechs
Stunden vor derselben bekanntgegeben."6)
o) Die große österreichische Sprengung
am 13. März 1918 um 4.30 Uhr früh.
(Hiezu siehe die Skizzen Seite 229, 249 und 261.)
Nachdem um 3 Uhr früh des 13. März alle Zündleitungen nochmals
überprüft, um 4 Uhr sämtliche Vorbereitungen getroffen waren, wurde
Punkt 4,30 Uhr durch Einschaltung der Zündleitung in die Lichtmaschine
die Zündung der Mine aktiviert.
Das sofort spürbare Beben des Bodens und ein dumpfes Rollen zeig-
ten die gelungene Sprengung an. Steinmassen wälzten sich aus den Seiten-
teilen der feindlichen Platte heraus, der Oberteil stürzte ein. Als Laut-
erscheinung war im Zeitpunkt der Sprengung nur ein dumpfer Donner
zu hören, dann folgte das Krachen des zermalmten Gesteines und das
Rollen der nachstürzenden Felsmassen.
Mit dem Zusammenstürzen des Gesteins setzte auch wieder die auf-
fallendste, bei jeder Sprengung auftretende Erscheinung des Minenkrieges
am Pasubio, die Flammenwirkung der Sprenggase, ein. Das ganze Massiv
der italienischen Platte glich einem Flammenmeer, aus dem ununter-
brochen bis zu 30 m lange Stichflammen herausschössen. Diese Flammen-
wirkung pflanzte sich feindwärts durch alle Hohlräume fort.
So schössen an der Ostseite der italienischen Platte bei der Stellung
Cadorna-West und an der Westseite bei dem Stollen Parma durch
20 Minuten wie aus einem Rohr mächtige Stichflammen hervor. Es waren
dies die beiderseitigen Ausgänge des Stollens Belluno—Zero, die wie
Auspuffrohre wirkten.
Auch nachher waren noch bis 11 Uhr vormittags annähernd 30 Gas-
explosionen zu hören. Mit dem Einsturz der Platte setzte auch das Hilfe-
rufen der verschütteten italienischen Besatzung ein, das noch in der fol-
genden Nacht zu hören war.
Die Flammenwirkung der Explosion sprang aber auch durch die
Lassen und unverdämmten Nebenstollen auf die österreichische Platte
über. Bald nach der Sprengung schössen hier gewaltige Stichflammen
aus dem Ausgange der Spitzenkaverne, dem Ellisonstollen und der Ka-
verne IV b heraus. Die halbe Platte war kurze Zeit in Flammen gehüllt.
Bei der letztgenannten Kaverne wurde die zur Besetzung der Spitze
(Vorstellung) voreilende Besatzung (2 Offiziere und 10 Mann) von deh
36) Befehlsverhältnisse am Pasubio zur Zeit der Sprengung: Kommandant des
Abschnittes Pasubio Oberst Förster von Mezzaselva, Kommandant des 4. TJR. Oberst
Putzker, Kommandant des III/4. TJR. und der Platte Hptm. À. Konasch, Kommandant
der Besatzungskompagnie (10/4- TJR.) Oblt. v. Ziller, Kmdt. der MGkp. Oblt. Horner.
Sprengung der feindlichen Pasubioplatte am 13. März 1918 (Nachtaufnahme).
Sprengladung: 50.000 kg Sprengstoff. — Selbst aus weitentfernten Stolleneingängen
schlagen hohe Stichflammen heraus. — Der Schatten im Vordergrunde links ist die
eigene Pasubioplatte; rechts, im Scheine der Flammen schwach sichtbar, feindliche
Stellung auf dem Cosmagon.
(Bild aus „Tiroler Kaiserjäger im Weltkrieg" von Guido Jakoncig.
Verlag Wagner, Innsbruck.)
Feindliche Platte nach der Sprengung am 13. März 1918.
(Bild aus ,,Tiroler Kaiserjäger im Weltkrieg" von Guido Jakoncig.
Verlag Wagner, Innsbruck.)
— 257 —
hervorschießenden Flammen erfaßt, zum Teil getötet, zum Teil erlitt sie
Brandwunden oder Gasvergiftungen-37)
Die Sachbeschädigungen im Bereiche der österreichischen Platte
waren sehr gering. Im Stollen waren die Licht- und sonstigen Kabelleitun-
gen abgebrannt, die Ventilationsrohrleitung und die Druckluftleitung
herabgerissen, die Gastüren zerstört. Die Kavernen und die in der Stel-
lung verbliebenen Maschinengewehre und Geschütze blieben unversehrt.
Noch im Laufe des Vormittag konnte die völlige Entgasung und die teil-
weise Wiederbesetzung der Platte durchgeführt werden. Um 9 Uhr vor-
i
Oberleutnant i. d. Res, Hans Horner des 4. Regimentes, der bei der
Sprengung durch zurückschlagende Flammen schwer verwundet wurde.
(Bild aus „Tiroler Kaiserjäger im Weltkrieg" von Guido Jakoncig.
Verlag Wagner, Innsbruck.)
mittags war sie oberirdisch voll- und um 18 Uhr auch unterirdisch bis zur
Spitze besetzt. Nur der Ellisonstollen, die Kaverne IVb, die Bertakaverne
und die Sanitätskaverne waren um diese Zeit noch vergast.38)
Auffallend, war das Verhalten der Italiener vor und nach der Spren-
gung, Während vor derselben anfangs ein ziemlich lebhaftes gegenseitiges
Postenschießen hörbar war und der letzte Schuß etwa 10 Minuten vor
der Sprengung fiel, herrschte nach ihr vollkommene Ruhe. Kein Schuß
Sperrfeuer fiel, obgleich man erwarten konnte, daß die Sprengung, mit
der schließlich ein Angriff hätte verbunden sein können, ein sofortiges
Sperrfeuer auslösen würde.
37) Diet Opfer der Sprengung waren: Oblt. i. d. Res. Horner der MGK. IH/4 TJR.
und Lt. i. d. Res. Reiter der 9./4. TJR., Brandwunden und gasvergiftet, 3 Mann der
MGK. III tot, 4 Mann schwer verletzt und gasvergiftet, 6 Mann leicht verletzt und gas-
vergiftet.
38) Siehe Skizze Seite 274.
Scliemfil, „Die Pasubio-Kämpi'e
17
Italienische Platte nach der österreichischen Sprengung am 13, März 1918, 4.30 Uhr früh.
Erste Fliegeraufnahme des Pasubiogebietes nach der Sprengung.
(Beobachter: Fliegerleutnant Adolf Franzelin, Innsbruck.)
(Bild aus „Tiroler Kaiserjäger im Weltkrieg" von Guido Jakoncig
Verlag Wagner, Innsbruck.)
— 259 —
Die Ursache dieser Erscheinung dürfte in der durch die Sprengung
entstandenen Panik und in den umfangreichen Verwundetentransporten
und den Bergungsarbeiten, die während des ganzen 13. März beobachtet
werden konnten, gelegen sein.
K.tik. Korpsvermessungsstciie 1/io,
T.ResM42 y, im.
Snixxe
von öerfeijidlicRenSiissußivphUle flucti ôerSprengung vom 13/sJ918>
Maßstab ca T3Î00
--Í-3=-
Über das großartige Schauspiel, das die Sprengung bot, schreibt der
bei der Plattenbesatzung eingeteilte Lt. i. d. Res. Josef Seelos des
4. TJR.:39)
„Wie lebendig steht mir noch jene Pasubionacht vor Augen! Der
sternbesäte Nachthimmel wölbte sich friedlich über das unheimliche
Schlachtfeld. Vereinzelte Postenschüsse unterbrachen das Schweigen der
Nacht; der feindliche Scheinwerfer von Zenevri warf sein grelles Licht
auf unsere Platte, tastete unruhig hin und her, fand nichts Verdächtiges,
Es schien eine Pasubionacht wie jede andere.
39) Seelos, ,,Auf Ruhmespfaden der Tiroler Kaiserjäger", Reichsbund der Öster-
reicher, Wien, jetzt Militärkurat im Bundesheer.
17*
— 260 —
Horchposten hüstelten hüben und drüben beim Feind. Ab und zu
ging ich hinaus zu meinen braven Jägern an den Postenständen und
lauschte auî jedes Geräusch des nahen Gegners.
Immer näher rückte die unheilvolle Stunde. 13. März 4.30 Uhr früh.
In unseren Kavernen wird es lebendig. Befehlsgemäß tritt alles aus den
dumpfen Felshöhlen in die Gräben mit abgedämpften Laternen, die Gas-
masken aa der Brust, fest umkrallt die Faust das Gewehr. Die Horch-
posten ziehen sich lautlos zurück. Tiefste Stille ringsumher. Wir warten
im Ostgraben, schauen nachdenklich vor uns in den Schnee; langsam,
träge verstreichen die Sekunden, die Minuten. Wir halten die Uhr in der
Hand. Noch drei Minuten, noch zwei — noch eine . . . wir halten den
Atem an, zählen die Sekunden — endlich! —
Es beginnt die Erde zu beben, sie atmet schwer wie ein Sterbender
— ein furchtbares unterirdisches Grollen, Poltern, Donnern — ein Krach
— ein zweiter —- ein zornwallendes Zittern und Bersten gröhlt durch die
Luft — die Steine kommen — „Alles hinein in die Kavernen!" Im Nu ist
jeder in der Deckung; prasselnd fällt der Steinhagel nieder. Dann Toten-
stille. Der Postenstand an der rechten Flanke unseres Ostgrabens bot
mir Aussicht, Ein seltsames Schauspiel: die italienische Platte ein —
Feuermeer! Grün, rot, blau züngelten die Flammen, explodierten Gase
aus dem schwarzen Trümmerhaufen. Grelle Wehschreie. In wenigen
Augenblicken zischten schon rote und grüne Leuchtraketen auf Feindes-
seite zum Himmel — das Alarmzeichen für die ganze Gegend."
Über die Wirkung der großen Sprengung am 13. März werden
italienischerseits folgende Angaben gemacht.40)
Die Italiener mußten ihre anfänglich für den 12. März festgesetzte
Sprengung aus personellen und sonstigen Gründen auf den 13. um 8 Uhr
früh verschieben. Inzwischen hörten sie unausgesetzt durch die dünne
Felsschichte das Arbeiten der österreichischen Mineure. (Täuschungs-
arbeiten! D. Veri),
In schrecklicher Ungewißheit verfloß die Nacht und noch war sie
nicht vorüber, als um 5.27 Uhr die gewaltigste aller österreichischen
Minen den ganzen Berg erschütterte. Riesige Flammen schössen empor,
Giftgas drang überall ein, alle Leitungen wurden zerstört, die Hitze war
derart groß, daß Metall zum Schmelzen gebracht wurde.
Der nördliche Teil der Platte, besser gesagt der Sporn, der sich
gegen den Eselsrücken vorschob, stürzte fast symetrisch im Nordosten
und Nordwesten ein. Die am höchsten Teil der Platte etwa 20 m nörd-
lich des Stollens Forni vorgeschobenen Laufgräben blieben jedoch in
guter Verfassung. Im Stollen Siena traten horizontale Risse auf, während
bestehende vertikale unverändert blieben. Die Wände der Stollen Siena
und Belluno senkten sich leicht gegen Norden. Der Stollen Reggio wurde
ungefähr 4 m vom Kreuzungspunkt mit dem Stollen Siena verschüttet.
40) Traniello, Il Pasubio e la guerra di mine, Rivista militare Italiana, Feber 1928,
Roma.
— 261 —
Die im Stollen 1 a, der zwischen 1 und 2 eingeschoben worden war,
befindliche verdämmte Ladung war unversehrt. Auf ihr lag, ohne zu
schaden, eine Felsplatte, die sich von oben gelöst hatte.
Österreichisches und italienisches Minenstollensystem unter der italienischen Platte.
Die Skizze ist ein Versuch, das österreichische und italienische Minenstollen-
system unter der italienischen Platte darzustellen. Da jedoch genauere Daten
über die Lage des italienischen Systems nicht zur Verfügung stehen, kann die
Darstellung auf vollkommene Richtigkeit keinen Anspruch erheben. Immerhin
läßt sich an ihr der Verlauf des Minenkrieges gut verfolgen.
Die österreichischen Stollen sind mit vollen Linien, die italienischen mit unter-
brochenen dargestellt.
Schraffierte Teile sind bei den österreichischen Stollen verdämmte, bei den
italienischen eingestürzte Teile.
Die Stollen 2, 3 und 6 erlitten starke Veränderungen ihrer Profile. Im
Stollen 4 fiel eine große Felsplatte von der Decke. Schließlich waren im
Stollen Napoli und im westlichen Teil des Stollens Belluno viele horizon-
tale Risse entstanden, die ständig an Größe zunahmen. Das äußere Ende
des Stollens Napoli war gänzlich verschüttet.41)
41) Siehe hiezy die Skizzen Seite 229 und 261.
— 262 —
Die Italiener waren der Meinung, daß östlich ihrer Mine 1 eine
große österreichische Mine zur Explosion gebracht worden sei, mit der
Absicht, dadurch auch die dort befindliche italienische zu entzünden.
(Von deren Vorhandensein hatte man jedoch auf österreichischer Seite
nichts gewußt. D. Verf.)
Die italienischen Verluste42) waren beträchtlich. Von der Genie-
truppe 1 Offizier und 4 Soldaten tot und 2 verletzt, von der Infanterie
(Brigade Piceno) 1 Offizier und 485 Soldaten tot und 21 verletzt.
Übertragung des italienischen Minenstollensystems auf eine Fliegeraufnahme
der italienischen Platte,
Zum Gedenken an die bei der Sprengung gefallenen Angehörigen
der Brigade Piceno ist über einem Kaverneneingang auf der italienischen
Platte ein Tabernakel mit einer Muttergottesstatue, genannt La Madon-
nina del Pasubio, eingemauert, das die Inschrift trägt:
,,Ave Maria! Qui mi posero custode i fanti della Brigata Piceno,
235, Infanteria."
,,Ave Maria! Hieher stellten mich zu Schutz und Schirm die Infan-
teristen der Brigade Piceno, 235. Infanterieregiment."
42) Die Verlustziffern sind nach Amedeo Tosti, La guerra sotterranea 1915—1918,
Seite 230, angegeben.
Nach Schiarini, „L'Armata del Trentino 1915—1919", Seite 339, betrugen die Ver-
luste nur 2 Offiziere, 41 Mann der Truppe tot, 33 verwundet.
— 263 —
Gegenüberstellung der Gesamtverluste während des Minenkrieges
und bei der letzten Sprengung:
Auf österreichisch-ungarischer Seite:
21 Tote (2 Off. und 19 M.) — 17 Verletzte — 50 Gaskranke
Auf italienischer Seite:
574 Tote (6 Off. und 568 M.) — 31 Verletzte — 61 Gaskranke.
Stolleneingänge und Gedenktafeln
auf der italienischen Platte.
(Lichtbild zur Verfügung gestellt von Hptm. Stolz.)
Soweit man damals nach der Sprengung von der österreichischen
Platte aus beurteilen konnte, war der Zweck der Sprengung vollkommen
erreicht. Der Nordteil der feindlichen Platte war abgesprengt und in
einen wüsten Trümmerhaufen verwandelt. Die erste Stellung am Rande
der Platte war vernichtet. Auch die Kavernen der zweiten Linie dürften
in Mitleidenschaft gezogen worden sein, da in dieser Linie mehrfach Ein-
stürze festgestellt werden konnten,
— 264 —
Der Aufwand an Kraft, Mitteln und Zeit bestand in: 3 Kompagnien
(1 Sappeur-, 1 Bohr- und 1 Kaiserjägerkompagnie), 5 Bohr-, 2 Licht- und
2 Ventilationsmaschinen,
Die Zeitdauer der Arbeit betrug mit den Unterbrechungen 16 Mo-
nate, wovon 6 auf den eigentlichen Minenkampf entfielen. Der Stollen
hatte eine Länge von 250 m.
Die bei der monatelangen schwierigen Stollenarbeit und bei den
außerordentlich mühsamen Vorbereitungen zur Schlußsprengung aufge-
wendete aufopfernde Tätigkeit aller beteiligten Kommanden und Truppen
wurde von den höheren Stellen in anerkennenden Worten zum Ausdruck
gebracht.
Auch das Kommando des 4. TJR. als Unterabschnittskommando
Pasubio dankte mit folgendem Befehl:
K. u. k. 4. Regiment der Tiroler Kaiserjäger.
Res. E. 1/4 Adjt.
Reservat-Offiziersbefehl Nr. 4.
Feldpost 481, am 14. März 1918.
Angesichts der feindlichen Plattensprengung, welche monatelange
harte und entbehrungsreiche Arbeit gefordert hat, ist es mir eine Genug-
tuung, alle braven Offiziere und Mannschaften, welche daran teilgenom-
men haben, in erster Linie auf das kameradschaftlichste zu beglück-
wünschen und in zweiter Linie ihnen im Namen des Allerhöchsten
Dienstes und im Namen aller im Unterabschnittsbereich befindlichen
Offiziere und Mannschaften meinen herzlichsten Dank auszusprechen.
Folgende Formationen haben sich ganz besonders hei vorgetan .
Sappeurkompagnie 3/31, Bergführerkompagnie 8, 3. Komp. des Tir. Ldst.-
Bataillons I und endlich die jeweils auf der Platte befindlichen Unter-
abteilungen des 4. TJR.
Folgenden Offizieren und Gleichgestellten danke ich ganz beson-
ders; Oblt. End!rödy, Lt. Deri, Lt. Ing. Hussarek, Oblt. Reis, dem Kom-
mandanten der Bergführerkompagnie 8 Oblt. Dr. Hackl, dem Komman-
danten der 3. Kompagnie des Tiroler Landsturmbataillons I Hptm. Zieba,
endlich den beteiligten Offizieren des 4. TJR. und ganz besonders an
deren Spitze dem Hptm. Alfred Konasch sowie dem Oblt. Ziller.
Endlich danke ich auch für die aufopferungsvolle Tätigkeit dem
Rgts,-Gasschutzoffizier Lt. Barbely, dem Bataillons-Gasschutzoffizier
Fhr, Lerchner, sowie dem Bataillons-Chefarzt Dr. Friedrich Hautmann.
Putzker, Obst.
Zwischen den Sprengzeiten der Österreicher und Italiener war nur
ein Unterschied von 3% Stunden, wobei der Zeitpunkt der österreichischen
Sprengung früher angesetzt war. Diesem glücklichen Umstände wird viel-
fach in Geschichte und Legende die Rettung der österreichischen Platte
zugeschrieben. Diese Ansicht ist jedoch, wie ein Blick auf die Skizze zeigt,
— 265 —
nicht richtig. Die österreichische Mine hatte nach Lage und Größe der
Ladung den Zweck, einen großen Teil der feindlichen Platte zu vernich-
ten, während die italienische Mine im wiedergeladenen Stollen 3 nur eine
Quetschmine mit geringer Ladung sein sollte, ganz abgesehen davon, daß
sie weitab der österreichischen und unter der italienischen Platte lag.
Wenngleich die anfangs beabsichtigte taktische Auswertung der
Sprengung durch eine nachher sofort einsetzende Infanterieunternehmung
später fallen gelassen wurde, hatte doch der Minenkampf auf österreichi-
scher Seite vollen Erfolg gehabt, weil der italienischen Minierarbeit und
damit der immerwährenden Gefährdung der eigenen Platte ein rasches
Ende bereitet worden war. Die Unterlassung der Minenarbeiten wäre ein
nicht zu rechtfertigender und folgenschwerer Fehler gewesen. Denn es
steht zweifellos fest, daß das Ziel, die Abwehr des unterirdischen Gegners,
auf eine andere Weise technisch nicht zu erreichen war.
Minentechnisch betrachtet, war die Sprengung, gemessen an dem
gewaltigen Aufwand an Arbeitskraft, Mitteln, Zeit und an dem Erfolg,
die größte Sprengung im Hochgebirge während des Weltkrieges.
Der Geist des Schöpfers der Idee des Minenkrieges, des Oberst-
brigadier Frh. von Ellison, war bei der Durchführung bis zum Ende leitend
gewesen, auch als er — auf ande^fem Posten in Verwendung — nicht
mehr am Pasubio anwesend war, und hat dem Unternehmen zum Siege
verholten.
Für den Mineur war aber der Minenkrieg noch nicht ganz beendet.
Schon am 1. April wurde über Antrag des Leiters der Minenarbeiten aus
der Gegend der Küchen auf der Platte ein Horchstollen in der allgemeinen
Richtung auf den Adolphhügel zur Sicherung der westlichen Flanke ange-
brochen. Das alte Minensystem wurde weiterhin bis zum Kriegsende in
allen seinen noch erhaltenen Teilen mit Ohr und Waffe überwacht-
Rückblickend und zusammenfassend sei aus den Aufzeichnungen
des Sappeurbataillonskommandanten und zugleich Leiters der Minen-
arbeiten am Pasubio die Besprechung des Planes, des Zieles, des Arbeits-
fortganges und Verlaufes des Minenkrieges wiedergegeben.
Auf ö.-u. Seite fällt der Entschluß, die eigene Platte gegen unter-
irdische Angriffe zu sichern, mit jenem des oberirdischen Ausbaues zur
stärksten Dauerstellung zusammen. Er wurde zielgerecht und energisch
durchgeführt. Vorerst ein Hauptstollen in großem Verkehrsprofil mit
mäßigem Gefälle von etwa 25 Prozent, gut belüftet und mit den notwen-
digen Hohlräumen für Material, Werkzeug, Maschinen etc. versehen.
Sobald das Vorfeld erreicht war, wurde der Zugangsstollen in zwei eigent-
liche Minenstollen geteilt, die bei dem der Konfiguration des Gebirges
nach eng begrenzten wahrscheinlichen Minenkampfgelände in jeder Hin-
sicht entsprechen konnten; denn der Eselsrücken war in einer Tiefe von
25 m etwa 100 m breit. Unter Zugrundelegung der Erfahrung, daß im Fels
jedes Geräusch auf etwa 30 m schon annähernd nach Richtung und Di-
stanz mit dem Ohr feststellbar ist, war damit das Gelände nach seiner
Breite und Tiefe noch gegen 50 m unter dem Eselsrücken aufgeklärt.
— 266 —
Die Tatsachen gaben dieser Überlegung Recht. Denn ob der Feind
von Westen (österr. Sprengung vom 29./9. 1917) oder von Osten (Österr.
Sprengung vom 24./12. 1917), also an den beiderseitigen äußersten Be-
grenzungen des angenommenen Minenfeldes, oder in der Mitte (österr.
Sprengung vom 2./2. 1918) vorging, er wurde immer rechtzeitig entdeckt,
angegriffen und zum Halten bzw. zum Aufgeben des Angriffes gezwungen.
Diese beiden Hauptstollen wurden in der allgemeinen Richtung un-
beirrt weitergeführt und, sobald der Gegner irgendwo vermutet oder fest-
gestellt wurde, von den Hauptstollen sofort ein Nebenstollen als Angriffs-
stollen abgezweigt, dann so weit geführt, daß die Angriffsmine auch der
notwendigen Ladungsgröße nach den Hauptstollen nicht mehr gefährden,
geschweige denn zerstören konnte.
Diese zwei großen Stollen waren aber auch das Maximum dessen,
was man sich bei den damals schon sehr beschränkten Mitteln leisten
konnte. Man muß bedenken, daß bei der zunehmenden Länge der Stol-
len die menschlichen und maschinellen Mittel immer mehr vermehrt
werden mußten, doch an Qualität abnahmen. Eine kleine Reserve mußte
außerdem gehalten werden.
Dort wo das Minenfeld der Höhe und Tiefe nach mächtiger wurde,
trat folgerichtig eine weitere Verästelung der beiden Hauptstollen im ver-
tikalen Sinne und später auch eine Teilung im Grundriß ein.
Das Endergebnis aber war nicht mehr von den ursprünglichen
Absichten und Entschlüssen bestimmt und auch nicht von den Ereignissen
des Minenkampfes. Der allgemeine bedrohliche Mangel an Kräften und
Mitteln zur Fortsetzung des Minenkrieges war es, der den höheren Kom-
mandenl den Entschluß aufzwang, ohne taktische Auswertung dem Minen-
krieg ein Ende zu machen, wobei die Möglichkeit, dem Gegner durch
eine größere Sprengung noch Verluste und Schaden zuzufügen, nicht außer
acht gelassen werden sollte.
So kam es zur letzten und zur — auch nach italienischen Angaben —
größten Sprengung auf dem österreichisch-ungarischen und italienischen
Kriegstheater.
s. Sino \ttyt
Ain 14. März übernahm das 1. Kaiserjägerbrigadekommando wieder
den Abschnitt Pasubio,43) nachdem es von Anfang November 1917 an auf
den ,,Sieben Gemeinden" in Verwendung gestanden war. Kommandant
43) Nach dem Abgang des 1. Kaiserjägerbrigadekommandos vom Pasubio in den
ersten Tagen des November 1917 führte Obst, v, Walluschek, dann ab 3- Jänner 1918
Obst. Förster von Mezzaselva das Kommando dieses Abschnittes,
Obstbrig. Dr. Oswald Eccher von Eccho
Edler von Marienberg.
Kommandant der 1. Kaiserjägerbrigade.
war Oberstbrigadier Dr. Oswald Eccher von Eccho Edler von Marienberg.
Generalstabsoffizier Hptm. Langthaler.
Bald darauf trafen auch die beiden zur Brigade gehörenden Kaiser-
jägerregimenter, das 1. und 2. TJR., zur Ablösung der am Pasubio befind-
lichen Besatzungen ein.
Das 1. TJR. (Obst. v. Barth) übernahm den Roiteabschnitt, der den
Winter über von Landsturmbataillonen besetzt war, das 2. TJR. (Obst,
v. Tschan) löste das 4. TJR. im Unterabschnitt Pasubio ab.44)
Noch herrschte überall tiefer Winter. Die Hochfläche lag unter einer
hohen Schneedecke, die erst im Mai langsam wegschmolz und' die
Schützen- und Laufgräben in schlammige Kanäle verwandelte. Die Be-
satzung hatte vollauf zu tun, um die durch die Schneemassen eingedrückten
und zerstörten Kampfanlagen wieder verteidigungsfähig zu machen.
14) Befehlsverhältnisse im Frühjahr 1918: XIV. Edelweißkorps GdJ. Verdroß
Edler von Droßberg, Kaiserjägerdivision GM. Felix Prinz zu Schwarzenoerg, 1. Kaiser-
jägerbrigade Obst. Dr. Eccher von Eccho Edler v. Marienberg, 1. TJR. Obst. Barth von
Barthenau, 2, TJR. Obst. v. Tschan, 2. Kaiserjägerbrigade Obst. v. Lustig-Prean, 3. TJR.
Obstl. Szamvald, 4. TJR. Obst. Putzker.
Die Bataillone waren im Unterabschnitt Roite folgend aufgeteilt: 1/1. TJR.
Hptm. Samen, Roite-Ost; II/l. TJR. Obstl, Högn, Roite-West; III/1, TJR. Obstl. Alten-
burger, Divisionsreserve. — Am 17. Juli 1918 übernahm Obstl. Tassilo Cordier von
Löwenhaupt das Kommando des 1, TJR.
— 268 —
Gleichzeitig erwachte aber auch wieder die Kampftätigkeit, Täg-
liche Feuerüberfälle der reichlich mit Munition ausgestatteten italieni-
schen Geschütze und Minenwerfer machten der Besatzung das Leben
außerhalb der Kavernen sauer und forderten viele Opfer,
Um diese Zeit (Mai 1918) wurde der Raum Mte. Testo und Corno
zum Schauplatz heftigster Angriffstätigkeit und schwerer Beschießungen
der Italiener. Schon am 5. August 1917 wTar durch eine Verschiebung der
taktischen Grenze zwischen der Gruppe Etschtal und der Kaiserjäger-
division der Mte. Testo in den Bereich der 1. Kaiserjägerbrigade getreten,
Linke obere Bildhälfte Roiterücken, rechte Bildhälfte im Schatten Cosmagonrücken;
vor dem Wachtposten beginnt der Abstieg in den Foxigraben.
(Lichtbild zur Verfügung gestellt von Oblt. Haberfellner.)
so daß dieser nun auch die Sperrung der in die Vallarsa abfallenden Foxi-
schlucht oblag. So wie alle Stellungen im Bereiche der Brigade wurde im
Laufe der Zeit auch dieser Stellungsteil stark ausgebaut und konnte den
schwersten Beschießungen im Mai standhalten. Damals befand sich im
Testosattel (Raum der Kote 1894) die 7/1. TJR, mit 3 Zügen und einem
Handmaschinengewehrzug, der 4. Zug lag am Mte. Testo selbst. Am halben
Hang zum Gipfel desselben waren die Unterkünfte des Kommandos des
1. TJR. und der Regimentspionierabteilung errichtet. Weiter links (östlich)
davon stand ein Posten, der den Aufstieg aus der Foxischlucht und einen
großen Teil des Roiterückens beobachten konnte. Ferners war in einer
Sogt 1937
nofdwesti. Ende
des Cosmagonrückens
Altissimo
2070,
Vai dei Foxï
Passo Buoi e
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Mga, •Zocchi
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Bocca di
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Blick vom Roite nach Westen.
(Standpunkt: Westhang des Roite.)
— 270 —
kleinen Felsenhöhle, 200 Schritte südlich und unterhalb des Testosattels,
eine aus 1 Unteroffizier und 4 Jägern bestehende Feldwache aufgestellt.
1000 Schritte tiefer in der Schlucht selbst, unter einem überhängenden
Felsen nächst der Abzweigung des Weges Testosattel—Val dei Foxi nach
Blick von der Roitestellung auf den Mte, Testo,
(Lichtbild zur Verfügung gestellt von Mjr, HartL)
Zocchi—Mga. Cheserle—Bocaldo, befand sich eine Feldwache von 2 Unter-
offizieren und 8 Mann, Die derselben zunächst liegende feindliche Feld-
wachenstellung stand etwa 1000 Schritte entfernt bei der Kote 1007 der
Foxischlucht,
— 271 —
Am Testorücken befanden sich mehrere Batteriestellungen, deren
Hauptzweck die flankierende Wirkung in die Cosmagonmulde und in das
Vorfeld vor der eigenen Platte war. Ein Teil von ihnen hatte schon wäh-
rend der Oktoberkämpfe des Jahres 1916 hervorragend mitgewirkt. Oberst-
brigadier v. Ellison betrieb nachher im Rahmen des Ausbaues seines Ver-
Blick von Menerle auf Val dei Foxi mit Mte. Corno und Mte. Testo,
a Trappola 1407, e 1801,
b Val del Grobe, f Val dei Foxi,
c Mte. Corno 1765, g Mte. Testo 2005.
d Mte. Spil 1706,
teidigungsplanes deren Vermehrung und Kavernierung. Der Gipfel des
Mte, Testo trug einen Artilleriebeobachtungsstand, außerdem waren dort
mehrere Maschinengewehre und ein gegen d'en Mte. Corno gerichtetes
Geschütz in Kavernen eingebaut.
Am 18. Mai 1918 fiel der im westlichen Nachbarabschnitt befindliche
Mte. Corno45) in die Hände der Italiener. Seine Wiedereroberung wurde
sofort versucht und hiezu die Reserve des Roiteabschnittes herangezogen.
45) Der Grund für den Angriff auf den Mte. Corno war nach italienischen An-
gaben der Umstand, daß dieser Berg für die Österreicher einen überaus günstigen Be-
obachtungspunkt in die Vallarsa bildete und ihre Stellungen am Mte. Trappola und das
Val Foxi beherrschte. Sie beabsichtigten anfangs, den Mte. Corno durch eine Sprengung
in die Hand zu bekommen und entschlossen sich schließlich, da sie ein Gegenminieren
der Österreicher für sehr wahrscheinlich hielten, zu einem überraschenden Angriff, der
am 11. Mai in den Morgenstunden stattfand.
— 272 —
Die Gegenangriffsgruppe bestand' aus der 7/1. TJR. und der 2. und
4/2. TJR. unter Kommando des Hptm. Pfeffer, Der Kampf war sehr hart-
näckig und erbittert, führte jedoch nicht zur Wiederbesetzung der Corno-
spitze. Viele Tage lang stand der ganze Kampfraum einschließlich des
Mte. Testo unter dem heftigsten Feuer der italienischen Batterien.
Bei einer dieser Beschießungen am 20. Mai nahmen Geschütze vom
Cogolo Alto und von der Coni Zugna die Unterkünfte des Kommandos des
1. TJR. unter Feuer. Zuerst wurde die Küche der Regimentspioniere,
dann die Offiziersmesse getroffen und dabei der 1. Regimentsadjutant,
Hptm. von Istler, tödlich verwundet,
Offiziersmesse des Regimentskommandos nach dem Volltreffer,
dem der Regimentsadjutant Hptji. Eugen Edler von Istler zum Opfer fiel.
(Bild aus „Tiroler Kaiserjäger im Weltkrieg" von Guido Jakoncig.
Verlag Wagner, Innsbruck.)
Ein weiteres Opfer der Beschießungen des Raumes hinter den Stel-
lungen waren die Unterkünfte des Brigadekommandos, Es waren dies
jene Baracken, die nach den schweren Lawinenunglücksfällen des Win-
ters 1916 im Frühjahr 1917 bezogen worden waren. Durch den Zubau
einer Seilbahnstation, der Baracken des Gebirgswirtschaftsamtes Nr. 58
und der Bergführerkompagnie war später ein ansehnlicher Hüttenkomplex
entstanden, der auch dem Gegner auf seinen Fliegerbildern nicht entgangen
sein dürfte. Die italienische Artillerie versuchte auch längere Zeit hindurch
das Lager mit Feuerüberfällen zu erreichen. Alle Bemühungen aber waren
umsonst, die Geschosse flogen über das Lager hinweg in die gegen die
Malga 17 führende Mulde. Erst als die italienischen Batterien nach der
großen Sprengung am 13. März ihre Anstrengungen verdoppelten und
täglich Serien von 15 bis 20 Schuß abgaben, bekam die Baracke des Artil-
lerieabschnittskommandos einen Treffer, dem mehrere Kanoniere zum
— 273 —
Opfer fielen. Die Beschießungen nahmen ihren Fortgang und führten
schließlich auch zur Zerstörung und Inbrandsetzung der Seilbahnstation.
Wenn auch trotz der außerordentlich großen Munitionsverschwen-
dtmg nicht immer so arger Schaden entstand, so hatten die Beschießungen
doch stets eine empfindliche Unterbrechung der Drahtverbindungen zur
Front und zum Divisionskommando zur Folge, so daß man schon aus
diesem Grunde an eine Verlegung des Standortes des Brigadekommandos
denken mußte. Man errichtete bei der Malga 17 neue, gegen Fliegersicht
Die Unterkunft des 1, Kaiserjägerbrigadekommandos;
sie wurde im Juni 1918 in Brand geschossen.
(Lichtbild zur Verfügung gestellt von Obstl. Langthaler.)
gut gedeckte Unterkünfte, die anfangs Juni vom Brigadekommando be-
zogen wurden. Vierzehn Tage später traf wieder eine Brandgranate das
alte Lager, wo das Artillerieabschnittskommando, das Gebirgswirtschafts-
amt und die Bergführerkompagnie zurückgeblieben waren. Durch den
entstandenen Brand wurde das Lager völlig vernichtet.
Aber nicht nur die Räume hinter den Stellungen standen unter an-
dauerndem Feuer der italienischen Artillerie, auch die Besatzung der vor-
dersten Linien hatte arg zu leiden. Es mag dies vielleicht auch mit dem im
Sommer stattfindenden Einschießen neuer Batterien im Zusammenhang
gestanden sein. Denn die italienische Heeresleitung plante, gleichzeitig
S chemfil, „Die Pasubio-Kämpfe" 18
Verteidigungsanlagen
1—9 Mgstände mit den Beobachtungs-
ständen,
4 b Ausgang des Stollens zur Spitzen-
kaverne,
AB Artiii.-Beobachter,
AK Artiii.-Kaverne,
AO Artiii.-Offiziere,
B Brunnen,
D Dom,
FS Fernsignalstation,
Kp. Kdo. Kompagniekommando,
KR Kompressorraum,
Ing. K. Ingenieurkaverne,
1. G. K. linke Geschützkaverne,
r. G. K. rechte Geschützkaverne,
auf der österr. Platte.
LK Lüftungskamin,
MK Mannschaftskaverne,
MR Maschinenraum,
MgM Maschinengewehrmannschaft,
M WO Minenwerferoffiziere,
o. G. St. offener Geschützstand,
PK Pionierkaverne,
San. Sanitätskaverne,
SchW Scheinwerferstand,
SchR Schaltraum,
Skdo Sektionskommando,
Tel. Z. Telefonzentrale,
VR Ventilationsraum,
WL Wachlokal,
WM Wachmannschaft
mit den Angriffen der Entente an der Westfront auch an ihrer Front zu
Teilangriffen überzugehen. Einer hatte die Wiedereroberung des Colsanto
zum Ziele, der andere sollte gegen die Bocchetta di Portule geführt werden.
Auch bei dieser gegen die Pasubiohochfläche geplanten Offensive
ist, wie bei der im; Sommer 1917 beabsichtigten, der außerordentlich große
Umfang des Artillerieaufmarsches bemerkenswert/6) Der Angriff kam
46) So waren z. B. zur Vorbereitung und zur Unterstützung des Angriffes gegen
den Brigadeabschnitt außer der im Hochgebirge ungewöhnlich großen Versammlung
von Artilleriekräften auch noch eine überaus große Zahl von Minenwerfern aller Kaliber
bereitgestellt, darunter 58 Batterien 40 cm Minenwerfer, Diese Waffe hatte aber, so wie
der damals auf österreichischer Seite in Verwendung gestandene 40 cm Minenwerfer,
eine sehr geringe Treffsicherheit, Sie war 8 m lang und verschoß eine 1.40 m lange
Mine, die mittels Kran von der Mündung aus geladen werden mußte. (Dal Diario di
guerra di un Bombardiere — Mjr. F. Bargagli Petrucci.)
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Lage im August 1918.
— 276 —
jedoch nicht zur Durchfühung, da, obgleich der Infanterie- und Artillerie-
aufmarschl bereits völlig beendet und sogar die Sturmgassen in den Draht-
hindernissen geöffnet waren, das Unternehmen „wegen Änderung der all-
gemeinen Lage" aufgegeben wurde.
Zu dieser Zeit waren die Stellungen des Brigadeabschnittes in vor-
züglichem Verteidigungszustand. Die beiden Skizzen zeigen, was die bra-
ven Pioniere und Sappeure im Vereine mit der Besatzung geleistet
hatten. Man muß dabei auch berücksichtigen, daß mit den Schwierigkeiten
der Verpflegslage schon seit dem Jahre 1917 auch der Kräftezustand der
Truppen stark gesunken war. Der Mangel an genügender Nahrung und
an Kleidung hatte auch vor dem Kämpfer im Schützengraben nicht halt-
gemacht. Die Fleischrationen wurden immer kleiner, das Brot immer un-
genießbarer. Trotzdem aber versahen Offiziere wie Mannschaften ihren
Dienst, wenn auch nicht mit großer Begeisterung — man war doch auch
schon im vierten Kriegsjahr — so doch in einwandfreier Weise. Das eiserne
soldatische Pflichtgefühl hielt alle aufrecht. Darin lag auch der Grund,
daß weder die Propaganda aus dem Hinterland, noch die Feindpropaganda
von vorne, die die Disziplin zersetzen sollten, eine Wirkung ausübten.
Der Geist der Kaiserjäger blieb bis zum letzten Tag ein vorzüglicher.
Auch die Italiener hatten nicht nur ihre Platte, sondern auch die
Verteidigungsanlagen östlich und westlich davon aufs beste ausgebaut.
In ihrem Verteidigungssystem waren zwei Linien zu unterscheiden. Eine
Hauptstellung von Sogi—Lora47)—Palom—Corno di Pasubío (Zene-
vri) und eine vorgeschobene Stellung von Nido delle Roccie—Gemello—
198548)—Panettoni49)—Dente (Piatte)—Lunetta50)—Ferro di cavallo51)—
Cappello di Carabinieri.52)
Als Hauptstütze der ganzen Verteidigung war der Palom (Pasubio)
bestimmt, während die Platte (Dente) als eine zu seinem Schutz vor-
geschobene Stellung gedacht war. Sowohl der Palom, wie auch die Platte
waren mit vielen kavernierten Maschinengewehr- und Geschützständen
versehen und hatten Kavernen in großer Zahl. Eine sehr stark befestigte
Flankierungsanlage bildete der Corno di Pasubío (Zenevrí), Er besaß
12 kaverníerte Maschinengewehrstände mit der Hauptschußrichtung auf
den Eselsrücken, ferners auf das Gelände zwischen der Haupt- und der
vorgeschobenen Stellung und vor den Sattel 2081.
Kaverníerte Geschützstände mit flankierender Wirkung gab es
außerdem auch noch auf Ometto.
Während der Sommer ohne größere Angriffstätigkeit des Gegners
zur Neige ging, nahte der Herbst mit seinen folgenschweren Ereignissen.
47) Sogi—Lora — Cosmagonabsturz in die Vallarsa (Kote 1970—2043, Spez.-Karte).
48) Die österreichischen Stellungsbezeichnungen sind für: Nido delle Roccie —
Felsabsturz westlich Sogi; Gemello — ital. Stellungsteil bei Mga. Zocchi — kavernierter
Fels genannt; 1985 — Kote zwischen 2043 und 2116, etwa; im Räume der Sektion 5 der -
ehemaligen Cosmagonstellung.
49) Panettoni = Adolph- und Heinischhügel.
50) Lunetta — Cadorna-West.
51) Ferro di Cavallo = CadornahtigeL
52) Cappello di Carabinieri — Cadorna-Ost.
Oberst Tassilo Cordier von Löwenhaupt.
(Bild aus „Tiroler Kaiserjäger im Wellkrieg" von Guido Jakonci^-
Verlag Wagner, Innsbruck.)
Schon der Monat September brachte von den übrigen Fronten d2S
Weltkrieges eine Unglücksbotschaft nach der anderen. Zersetzungs-
erscheinungen in der Front, die das Ausscheiden Bulgariens und der Tür-
kei aus den Reihen der Verbündeten zur Folge hatten, machten sich auch
an der österreichisch-ungarischen Front allenthalben bemerkbar. Rasch
aufeinander folgende Befehle über Maßnahmen gegen Desertionen ließen
erkennen, daß hauptsächlich bei Truppenkörpern mit Mannschaft slawi-
scher Nationalität das Überlaufen zum Feinde bedenklich zunahm. Zur
Ehre der Kaiserjägerregimenter jedoch sei festgestellt, daß trotz der durch
Einreihung fremdsprachiger Ergänzungen bedingten nationalen Verschie-
denheiten der Mannschaften Desertionen zum Feinde nur in verschwin-
dend geringer Zahl vorkamen.
Während im Hinterlande sich eine politische Umwälzung vorbe-
reitete, hielt das k. u. k. Heer als solches an der Front noch unveränder-
lich stand.
Um die Kunde von den umstürzlerischen Vorgängen im Innern nicht
an die Front gelangen zu lassen, hatte man verschiedene Maßnahmen ge-
troffen, die jedoch nur teilweisen Erfolg hatten. Eine in der zweiten Hälfte
des Oktober angeordnete Postsperre sollte Zeitungen und Briefe von der
Front fernhalten und eine am 20, Oktober beginnende Urlaubsperre die
— 278 —
Urlaubserteilung in die Heimat zeitweise einstellen und die bereits auf
Urlaub befindlichen, politisch verhetzten Elemente von der Front und
Etappe abhalten. Trotzdem drangen Gerüchte über die Unverläßlichkeit
von Truppen andersnationaler Zusammensetzung, Gerüchte von der bevor-
stehenden Räumung der eroberten und besetzten italienischen Gebiete
durch und erzeugten bei Offizieren und Mannschaften eine gewisse Span-
nung der Gemüter.
Besprechung beim Korpskommando in Serrada (Sommer 1918), Von links nach
rechts: Obst. Fritz v. Fößl, 1. Regiment, ObstL Tesar, 2. Regiment, Obstl. Szam-
wald, 3. Regiment, Obst. v. Tschan, 2. Regiment, Kommandant der Kaiserjäger-
Division, Prinz Schwarzenberg, Kommandant des XIV. Korps, Gdl. Ignaz von
Verdroß, Obst. Putzker, 4. Regiment, Obstl. von Cordier, 1. Regiment.
(Bild aus „Tiroler Kaiserjäger im Weltkrieg" von Guido Jakoncig.
Verlag Wagner, Innsbruck.)
Am 31. Oktober nachmittags traf beim Brigadekommando53) ein
telephonischer Vorbefehl ein, der die Brigadiere für den 1. November zu
einer Besprechung zum Divisionskommando befahl. Bei derselben wurde
die Rückverlegung der Divisionsfront in die Linie des Jahres 1916 in der
Nacht vom 2. auf den 3. November angeordnet. Trotz der vielen schon
vorher auftauchenden Gerüchte und weil beim Feinde in den letzten
Oktobertagen keinerlei Anzeichen einer Änderung seines defensiven Ver-
haltens zu bemerken war, kam die Nachricht sehr überraschend.
53) Die Angaben über den Zeitabschnitt der Rückverlegung der Front ab 31. Ok-
tober sind dem Kriegstagebuch des Generalstabsoffiziers der 1. Kaiserjägerbrigade,
Hptm. d. Gstkps. Langthaler, entnommen.
— 279 —
Das Brigadekommando traf sofort die nötigsten Verfügungen, wie
den Abschub der Kranken und Verwundeten, des notwendigsten Gepäckes
und der Annahme der Marschbereitschaft. Die Regimentskommandanten
wurden zur Entgegennahme weiterer Befehle für 14.30 Uhr zum Brigade-
kommando befohlen. Inzwischen aber traf um 13.40 Uhr vom Divisions-
kommand'o ein abändernder Befehl ein, der die Rückverlegung in die
zweite Linie auf einige Zeit, möglicherweise sogar auf mehrere Tage, ver-
schob, Nur einzelne Batterien waren herauszuziehen und alle vorberei-
tenden Maßnahmen zu treffen. Die beiden Reservebataillone 1/1. TJR.
und III/2. TJR. wurden zur Besetzung der zweiten Linie beiderseits Ser-
rada bestimmt, das Gros der Brigade hatte sich im Räume Serrada—
Guardia zu sammeln. Zur Sicherung des nächtlichen Loslösens vom Geg-
ner hatten Deckungsabteilungen bis zum nächsten Tage in den Stellungen
zu verbleiben- Alle nicht mitnehmbaren Waffen, Lebensmittel und Ge-
brauchsgegenstände usw. waren unbrauchbar zu machen. Um den Feind
auf den Rückzug nicht aufmerksam zu machen, wurde das Entfachen von
Bränden und die Durchführung von Sprengungen verboten. Pferde, Trains
waren heranzuziehen, Sanitätsanstalten zu leeren und alle Hilfstruppen
(Baukompagnien, Träger usw.) sogleich nach rückwärts zu verlegen.
Alle diese die Durchführung des Rückzuges vorbereitenden Befehle
ergingen am 1. November abends an die Truppen, denen aber nicht die
geringste Zeitspanne zur Verfügung stand, sich mit der Ausführung der
Anordnungen zu befassen. Denn schon um 21.15 Uhr erließ das Divisions-
kommando einen telefonischen Befehl, wonach die um 13.40 Uhr verfügte
Verschiebung der Rückverlegung der Front wieder aufgehoben wurde
und der Rückmarsch noch in der gleichen Nacht, also vom 1. auf den
2. November, zu erfolgen hatte. Auf die Zurücklassung starker Deckungs-
abteilungen, besonders am rechten Flügel der Brigade, wurde aufmerk-
sam gemacht. Sie hatten solange als möglich standzuhalten und sich dann
abschnittsweise zurückzuziehen. Für das rechts (westlich) benachbarte
XXI. Korps war die Rückverlegung der Front erst für die Nacht vom 2.
auf den 3. November anbefohlen. Mit der Räumung der Stellungen im
Pasubiogebiet durch die Truppen der 1. Kaiserjägerbrigade war jedoch
sofort zu beginnen.
Die Artillerie zerstörte ihre Richtmittel und warf die Geschütze
teils über die Felsen hinab, teils machte sie sie unbrauchbar. Schweren
Herzens trennten sich die Kaiserjäger von ihren Stellungen, die sie mit so
schweren Mühen und Anstrengungen errichtet und die sie mit so unend-
lich vielen Opfern verteidigt hatten. Sie konnten nicht verstehen, daß
sie ohne Schuß die Stätte verlassen sollten, wo so viele ihrer Kameraden
ihr Blut vergossen hatten und in den Kriegerfriedhöfen den letzten Schlaf
schliefen.
Die Räumung der Stellungen vollzog sich in aller Ruhe und ohne
Reibungen. Obstbrig. von Eccher hatte inzwischen auf telefonischem
Wege eine andere Bestimmung erhalten und war bereits um 23.30 Uhr
von der Brigade abgegangen. Der Brigadestab selbst trat um 0.30 Uhr des
— 280 —
2. November den Marsch in die 2. Stellung an, nachdem alle wichtigen
Feldakten verbrannt worden waren.
Vorher wurde das 1/1. TJR. (Hptm. Samen) über Geroli—Calliano—
Trient nach Innsbruck befohlen, wo es den persönlichen Schutz des
Kaisers Karl übernehmen sollte. Es war das einzige Kaiserjägerbataillon,
das nicht in Gefangenschaft kam.
Je weiter indessen die Kaiserjäger von der Stellung weg nach rück-
wärts kamen, desto mehr wurde ihr Marsch verzögert. Alle Wege
waren wegen des überraschenden und unvorbereiteten Rückmarsches
verstopft. Die dadurch hervorgerufene Verwirrung und Stockung wurde
durch das feindliche Artilleriefeuer, das sich als Störungsfeuer auf alle
diese Wege gelegt hatte, noch mehr verstärkt. Trotzdem konnte das
IÏI/2. TJR. schon um 4.45 Uhr früh des 2. November die Stellungen beider-
seits Serrada beziehen. An Stelle des bereits abmarschierten 1/1. TJR.
(Hptm. Samen) trat die 1. Kompagnie des Kaiserjägersturmbataillons.
Auch die in den Stellungen verbliebenen Deckungsabteilungen waren bis
abends zu ihren Regimentern eingerückt, darunter auch die Kampfgruppe
Mte. Testo unter Kommando des Oblt. i. d. Res. Blaas, die als der äußerste
rechte Flügel der Brigade am längsten standzuhalten hatte.
Die Truppen der gegenüberliegenden italienischen Brigade Piceno
(Gen. Sirombo, JR. 235 und 236) drängten nicht nach. Sie überschritten die
verlassenen Stellungen und' rückten langsam am Plateau vor. Eine Kolonne
stieg durch das Val Culva ins Terragnolotal ab, kam so in den Rücken
der allerdings bereits verlassenen Borcolastellung und marschierte gegen
Piazza. Nur in der Vallarsa, wo die Truppen des eigenen XXI. Korps die
Stellungen befehlsgemäß noch nicht geräumt hatten, traf die vorrückende
italienische Brigade Liguria (Gen. Zamboni) auf Widerstand.
Am Abend des 2. November war die ganze Kaiserjägerdivision in
d'en Stellungen des Jahres 1916 versammelt. Ein weiterer Rückzug war
zu diesem Zeitpunkte noch nicht beabsichtigt und man erwartete eine
ruhige Abwicklung der weiteren Ereignisse.
Es dauerte jedoch nicht lange, da traf die erste Hiobsbotschaft ein.
Um 1.20 Uhr früh des 3. November teilte das Divisionskommando mit,
daß die Etschtalfront bis Ilario (südlich Calliano) von den Italienern
durchbrochen sei. Das 1/2. TJR. (Hptm. Jahl) wurde alarmiert und erhielt
Befehl, das Etschtal bei Galliano zu sperren. Das III/l. TJR. wurde ihm
nachgeschickt.
Von da ab änderte sich die Lage blitzschnell. Eine Telefondepesche
jagte die andere und brachte abändernde Befehle.
Schon eine halbe Stunde nach Eintreffen der Meldung vom Durch-
bruch der Italiener im Etschtal befahl das Divisonskommando den Ab-
marsch der ganzen Division über San Sebastian—Friccastraße in den
Raum Trient. Zehn Minuten später widerrief ein anderer Befehl den Ab-
marsch und brachte die Kunde, daß der Waffenstillstand abgeschlossen
sei. Gleichzeitig wurde angeordnet, daß von allen Truppen und Komman-
den Parlamentäre abzusenden seien, die den gegenüberliegenden feind-
— 281 —
lichen Truppen hie von Mitteilung zu machen hätten. Die Parlamentäre
wurden abgeschickt. Trotzdem sie aber mit einer schriftlichen Legitima-
tion versehen waren, kamen sie nicht mehr zurück und wurden gefangen-
genommen.
Die Truppen verblieben in ihren Stellungen. Nur nach Piazza wurde
zur Vorverlegung der Demarkationslinie eine halbe Kompagnie des
III/2. TJR. vorgeschoben. Um 8.15 Uhr begab sich das Divisionskommando
Kriegerfriedhof auf dem Pasubio (hinter der Platte).
Die Inschrift auf dem Kreuz lautet:
„Kameraden, die Ihr
Die Heimat wiedersehet,
Meldet unseren Lieben,
Daß wir tapfer waren."
(Lichtbild zur Verfügung gestellt von Hptm. Stolz.)
nach Folgaria, das Brigadekommando nach Serrada, von wo aus die Be-
fehle für den Abmarsch der Kaiserjägerdivision ergingen. Um 16 Uhr be-
gannen sich die Regimenter in die Marschkolonne einzureihen, was jedoch
nicht ohne Stockungen und Hindernisse vor sich ging, da das Benzin-
und Munitionsdepot in Folgaria in Brand geraten war.
Schemfil, „Die Pasubio-K'ämpfc".
— 282 —
Die Kaiserjägerdivision war erst kurze Zeit in Marsch gesetzt, als
der Anfang bei Carbonare von einer italienischen Abteilung, die vom
Waffenstillstand nichts wissen wollte, am Weitermarsch gehindert wurde.
Die Freigabe des Weges hätte wohl leicht erzwungen werden können,
doch hatte der Befehl über die Abschließung des Waffenstillstandes das
Eröffnen von Feindseligkeiten strenge verboten, Da die Verhandlungen
mit dem Gegner keinen Erfolg zeitigten, begab sich der Divisionär
GM. Prinz zu Schwarzenberg mit einem Teil seines Stabes und mit italie-
nischen Offizieren im Kraftwagen nach Trient, um dortselbst die Lage zu
klären. Später folgte ihm auch Obst. v. Gschließer, der das 2. Kaiserjäger-
brigadekommando führte.
Die zurückbleibenden Truppen waren vom Eintritt des Waffenstill-
standes fest überzeugt und glaubten, bald den Weitermarsch antreten zu
können. Sie blieben d'aher auch in Marschkolonne auf der Straße, rasteten
und warteten im Vertrauen auf die beiderseitige Einstellung der Feind-
seligkeiten und die Annahme der Waffenstillstandsbedingungen das
Resultat der Verhandlungen ihrer Führer ab. Das Vertrauen wurde bitter
enttäuscht, ihre Führer wurden gefangengenommen.
Die Schilderung der ergebnislosen Verhandlungen mit den italie-
nischen Kommanden und der Gründe, warum der Beginn des Waffenstill-
standes seitens der Italiener erst mit 3. November, 15 Uhr nachmittags,
angenommen wurde, würde zu weit führen. Die Tatsache war, daß die
Kaiserjägerregimenter, die durch mehr als drei Jahre ihre Heimat unter
den schwersten Opfern und Leiden verteidigten, nicht im ritterlichen
Waffengang unterlagen, sondern durch eine einseitige Auslegung des Be-
ginnes des Waffenstillstandes und, ohne Gelegenheit sich zu wehren,
gefangengenommen wurden.
Damit hatten auch die heroischen Kämpfe um den Kaiserjägerberg
Pasubio ein tragisches Ende gefunden.
Im edlen Wettstreit der Waffen wäre der Pasubio den Kaiserjägern
des 1. und 2. Regimentes nicht zu entreißen gewesen. Dies bekräftigte
auch ihr letzter Brigadier, Oberst von Eccher, der über Auftrag der
höheren Führung in den letzten Kriegsmonaten ein rückhaltloses Urteil
über die Stimmung seiner Truppe abzugeben hatte, indem er meldete:
,,W i e das Urgestein ihrer Heimat, so fest
und sicher sind die Kaiserjäger!"
*
äfjon0.
Mm <êtfû\\iht£
òet f. u. f. 58. <Mic{i$? b3». kt \. Süifetjogß(bti0ö6ß.
Ende Feber 1915: Aufstellung des Gruppenkommandos Tolmein, das am
25. Mai 1915 den Namen k. u. k. 58. Gebirgsbrigade erhielt. Die Brigade
stand mit dem X. Marschbataillon JR. 97 und JR. 47 und dem
IX. Lir 27, ferners mit den Marschkompagnien der Feldjäger-
bataillone 7 und 20 und des IR. 27, mit Artillerie etc. bis 30. 5. 1915
im Grenzsicherungsdienst vom Krn bis Canale. Am
30. Mai 1915 trat die Brigade in den Verband der 93. JTD. (GM. v. Brog)
und wurde durch das XI. Marschbataillon JR. 28 verstärkt.
14. Juni bis 12. Juli 1915: Erste Schlacht am Plateau von Doberdo
(Kämpfe bei Doberdo, San Martino und San Michele).
13. bis 19. Juli 1915: Retablierung im Wippachtal bei Canziano.
20. bis 25. Juli 1915: Zweite Schlacht am Plateau von Doberdo (Kämpfe
bei San Martino und San Michele).
Anfangs August 1915: Auflösung der Brigade wegen großer Verluste. Die
Truppen gelangten in den Verband der 185. Jbrig. Das 58. Gebirgs-
brigadekommando trat am
6. August 1915 in den Verband der 8. JTD. in Cernizza u. übernahm am
11. August 1915 das 1. TJR. mit dem I. bis III. und das 2. TJR. mit dem
I. bis IV. Bataillon.
18. August bis 26. September 1915: mit diesen Regimentern im Tolmeiner
Brückenkopf, korpsunmittelbar — XV. Korps.
28. September bis 5. Oktober "1915: wieder im Verbände der 8. JTD.,
Kantonierung bei Heiligenkreuz (Wippachtal).
5. Oktober 1915: Abtransport nach Tirol.
10. Oktober 1915 bis 13. März 1916: Grenzabschnitt 8 e und 8 f im Ver-
bande der 90. JTD. mit dem I., II., III/4. TJR., Standschützenbataillon
Bregenz und Groden und Standschützenkompagnie Campitello, Ar-
tillerie etc.,
von da an im Verbände der 8. JTD, bei der Frühjahrsoffensive 1916, ab
5. Juli 1916 im Abschnitt Pasubio (September-Oktoberkämpfe) im Ver-
bände der 8. JTD.
16, Jänner 1917 Umbenennung in 1. Kaiserjägerbrigade, vom
31. Oktober 1917 bis 10. März 1918 Kämpfe auf Sette Communì,
14. März bis 1. November 1918 wieder im Abschnitt Pasubio im Ver-
bande der Kaiserjägerdivision (8. JTD.).
19*
— 284 —
Brigadiere:
Obst. Wilhelm Stauffer (gefallen) Feber 1915—29. 6. 1915,
Obst. d. Glstkps. Julius Vidale 30. 6, 1915 — 12. 7. 1915,
GM. Walt. Schreitter v. Schwarzenfeld 13. 7. 1915 — 27. 7. 1915,
Obst. d. Glstkps. Alfred Mittlacher 27. 7. 1915— b. 8. 1915,
Obst. d. Glstkps. Livius Borotha
Edler v. Trstenica 12. 8. 1915 — 22. 4. 1916,
Obst. Edgard Edler von Merten 22. 4. 1916— 2. 10. 1916,
Obst. d. Genstb. Otto R. v. Ellison-Nidleff 2. 10. 1916—10. 11. 1917,
Obst. Dr. Oswald Eccher von Eccho
Edler von Marienberg 11. 10, 1917— 2. 11. 1918.
Generalstabsoffiziere :
Mjr. zuget. d. Glstb. Josef Bily Ende Feber 1915 — 23, 6. 1915,
Hptm. zuget. d. Glstb. Hans Hartl 24. 6. 1915— 9. 6. 1917,
Hptm. zuget. d. Glstb. M. De Angelis 9. 6. 1917 — 10. 7. 1917,
Hptm. d. Glstbkps. W. Frh. v. Klobuzar 10. 7. 1917— 3.= 11. 1917,
Hptm. d. Glstbkps. H. Rosman 3. 11. 1917 — 29. 1. 1918,
Hptm. d. Glstbkps. Fritz Langthaler 29. 1. 1918— 2. 11. 1918.
Verwendung der vier Kaiseijägerregimenter
vom Juli 1916 — Oktober 1918.
1916 1917 1918 Anmerkung
*3 August September Oktober November Dezember Jänner I u Q) i> _Q o ¿2 April c3 s Juni *3 August 1 September | Oktober November Dezember U 0) Ö Ö :cö Feber März April 'S S Juni 13 August September Oktober
1. TJR. *) und 5 Kom- pagnien des 3. TJU, ferners 2 des 4. TJR.
Pasubio.1* R. Roite — Mte. Testo. SG. R. so. Roite — Mte. Testo.
I I
2. TJR. 1 1
Laghi, Pasubio. R. e. Laghi-Majo || SG. II r. ||sg|| II Pasubio
1 1
3. TJR. 1 1 *) Reserve. 2) V2I. und y8ii. Baon. (Majo.) 3j III. Baon. 4) Porta di Tora- ro- Absch. à) Reserve.
Cos- magon Roite. R. Borcola. 12. Isonzo- schlacht. R. CD 4) 5) Laghi.
Borcola3) j
4. TJR. 1 1 A) I. Baon Teil- nahme an der 12. Isonzo- schladit.
Borcola. R Pasubio.1) R. Bor- cola Res Borcola
1 1
Anmerkung: Die Verwendung detachierter Bataillone ist in der Tabelle nicht angeführt.
R. = Retablierung (Erholung).
Res. = Reserve.
SG^ = Sieben Gemeinden.
C ;= Mte. Cimone.
3folfenffd)* %uppen/
6ít im lúíubíogcbící oom Atol í9íó bí$ 31ot»cmbtt í9í8
in 2toen&ung Jtotiòen:1)
a) 44. División (Gen. Bertotti, Graziani, Ravazza u. Papa) bis Julí 1917,
55. Division (Gen. Ghersi und Ferrano) bis zum Waffenstillstand.
b) Die Brigaden Volturno (Gen. Cittadini) — Puglie (Obst. Allianí und
Riccieri) — Sele (Gen. Taranto) — Verona (Gen. Roversi) — Valtel-
lina (Obstbrig. Ottolenghi und Gen. Rossi) — Liguria (Gen. Papa
und Obstbrig. Zamboni) — Piceno (Obstbrig. Gagliardo, Amantea
und Gen. Sirombo) — Catania (Gen. Martinengo di Villagana).
c) Alpinibataillone:
Val Leogra, Mte- Berico, Vicenza, Aosta, Val Maira, Val Toce,
Mte. Cervino, Mte. Levanna, Suello, Val Adige, Mte. Baldo, Ada-
mello und die 153. Skikompagnie. I. und II. Bersaglíeribataillon
zu Rad.
d) Artillerie:
III. Feldartilleriebrigade, X. und XX. Gruppe Gebirgsartillerie,
VI. Belagerungsartilleriebrigade, 1/VIII tragbare Batterie.
6., 7., 8., 14., 88., 89., 90. Batterie 105 mm.
35., 38., sowie 423. Minenwerferbatterie.
e) 54., 74., 69., 76., 33. Geniebataillon, die 26. Mineurkompagnie.
<Dueftenan0ûbt
1. Feldakten: der k. u. k. 57. und 59. Infanteriedivision, der k. u. k.
58. Gebirgs- bzw. 1. Kaiserjägerbrigade, des k. u. k. 1., 2., 3. und
4. TJR.
2. Werke, Kriegstagebücher, Berichte etc.
Österreich-Ungarns letzter Krieg 1914—1918, Verlag der Militär-
wissenschaftlichen Mitteilungen, Wien.
FML. d. R. v. Pichler, Der Krieg in Tirol 1915—1916, Verlag Pohl-
schröder, Innsbruck 1924.
*) Aus Schiarirli, L'Armata del Trentino 1915—1919, Seite 336.
— 287 —
FML. d. R, Korzer, Ein Angriff im Hochgebirge, Militärwissenschaft-
liche Mitteilungen, Jahrgang 1930, Heft März-April, Wien.
GM. d. R. Brunner, Zwei Beispiele über den Minenkrieg im Hoch-
gebirge, Militärwissenschaftl. und techn. Mitteilungen 1921, Wien.
GM. d'. R. Ing. O. Frh. v. Ellison-Nidleff, Aufzeichnungen.
GM. d. R. Högn, Aufzeichnungen.
GM. d. R. v. Gasteiger, Aufzeichnungen.
GM. d. R. Ing. Padiaur, Die Schwere Fernkampfartillerie der alten
österr.-ungar. Armee, Militärwissenschaftliche und technische
Mitteilungen, 1923. Wien.
Obstl. im Gist. d. R. Langthaler, Aufzeichnungen.
Obstl. a. D. Pfrogner, Aufzeichnungen.
Mjr. d. R. Fleischner (3. TJR.), Aufzeichnungen.
Mjr. zuget. d. Gist. d. R. Hartl, Aufzeichnungen.
Mjr. d. R, Gjurkovics, Aufzeichnungen.
Hptm. a. D. Konasch (4. TJR.), Aufzeichnungen.
Í Hptm. a. D. von Fischer-Poturzyn (2. TJR.), Tagebuch.
Hptm. a. D. Stolz (3. TJR.), Tagebuch.
Obit. a. D. Frz. Runge (3. TJR.), Tagebuch.
Oblt. i. d. Res. Univ.-Prof. Dr. Viktor Frh. v. Oberguggenberger
* (1. TJR.), Bericht.
Oblt. i. d. Res. Blaas (1. TJR.), Bearbeitung der Geschichte des
1. TJR.
Oblt. i. d. Res. Dr. Jakoncig, Bundesmin. a. D. (1. TJR.), Tagebuch.
Oblt. i. d1. Res. K. Haberfellner (3. TJR.), Aufzeichnungen.
Lt. i. d. Res. Anton Amann (1. TJR.), Tagebuch.
Seelos, Auf Ruhmespfaden der Tiroler Kaiserjäger, Reichsbund der
Österreicher, Kom.-Verlag Tyrolia, Innsbruck.
I 3. Italienische Literatur:
Gen. Schiarini, L'Armata del Trentino 1915—1919, Mondadori,
Milano 1926.
Amedeo Tosti, Guerra sotterranea, Mondadori, Milano 1935,
l Amedeo Tosti, Monte Pasubio, Roma, 1933.
Gen. Traniello, Il Pasubio e la guerra di mine, Rivista Militare Ita-
liana, Feber 1928, Roma.
Coda, Due anni di guerra con la Brigata Liguria, Casa Editrice Son-
zogno, Milano.
Gli Alpini di Fronte al nemico, — Batt. Aosta, Roma,
Campana, Un anno sul Pasubio, Libreria della Vóce — Firenze 1919-
looo|
- 288 —
2ïbfut5wi0en*
GO. — Generaloberst,
GdJ. — General der Infanterie,
GdK. — General der Kavallerie,
FZM. — Feldzeugmeister,
FML, — Feldmarschalleutnant,
GM. — Generalmajor,
Gen. — General,
JD. — Infanterie(truppen)d'ivision,
SchD. — Schützendivision,
Jbrig. — Infanteriebrigade,
Gbbrig. — Gebirgsbrigade,
TJR. — Tiroler Kaiserjäger-Regiment,
JR. — Infanterieregiment,
Lir. — Landwehrinfanterieregiment,
KschR. — Kaiserschützenregiment,
KA. — Kampfabschnitt,
UA. — Unterabschnitt,
Fknbt. — Feldkanonenbatterie,
Hbbt. — Feldhaubitzbatterie,
Gbknbt, — Gebirgskanonenbatterie,
Gbhbbt. — Gebirgshaubitzbatterie,
sFhbbt. — Schwere Feldhaubitzbatterie,
Ms. — Mörser,
Mbt. — Mörserbatterie,
Glstb. — Generalstab,
Genstb. — Geniestab,
Zgsf. — Zugsführer,
Utj. — Unterjäger,
Ptrf. — Patrullführer,
Gfrt. — Gefreiter,
Mte. (Monte) — Berg,
C. oder Cm. (Cima) — Spitze,
Col — Gipfel, Spitze, Kuppe,
Cn. (Corno) — Horn,
Mga. (Malga) — i - Q
Cra. (Casera) - Í Alm' Sennh«ttc,
Pta. (Porta) — Gebirgsübergang (Törl),
Einleitung ...............5
I. Die Zeit vor und nach der Kriegserklärung Italiens
bis zur Frühjahrsoffensive 1916.....7
iL Die Besitznahme des Colsanto während der
Frühjahrsoffensive 1916 .......13
III. Vergebliche Versuche einer Eroberung des Pasubio 23
a) Angriffe in der zweiten Hälfte Mai 1916 . . . .23
b) Der Angriff der k. u. k. 10. Gebirgsbrigade am 2. Juli 1916 29
IV. Begebenheiten in der Zeit von Anfang Juli bis
Anfang September 1916 ............47
1. Der Wechsel der Brigaden im Pasubiogebiet .... 47
2. Unternehmungen im Cosmagonabschnitt .... 47
a) Würdigung der Verteidigungsverhältnisse im Cosmagon-
abschnitt . . . .........47
b) Erste Unternehmung gegen die italienische Sandsackstellung
am 17. Juli 1916.........49
c) Zweite Unternehmung gegen die italienische Sandsackstellung
am 9. August 1916.........53
d) Lage im Unterabschnitt Pasubio......58
V. Der italienische Angriff am 10. September 1916 . 61
VI. Die italienischen Angriffe im Oktober 1916 . . 75
1. Die Annahme der Wintergruppierung im Bereiche der
58. Gebirgsbrigade.........75
2. Der Zustand der Stellungen.......78
3. Die italienischen Angriffsvorbereitungen.....81
4. Erster Teil der italienischen Offensive vom 9. bis 12. Oktober 1916 83
A) Der 9. Oktober...........83
a) Italienischer Angriff auf die Cosmagonstellung um 16 Uhr 83
b) Italienischer Angriff auf die Platte um 16 Uhr ... 95
c) Der Gegenstoß der Kaiserjäger um 17 Uhr auf der Platte . 101
d) Italienischer Angriff auf die Feldwachenlinie vor den
Sektionen 8 bis 12 ........108
— 290 —
B) Der 10. Oktober..........113
a) Gegenstoß der Gruppe Hptm. Pfrogner zur Wiedergewinnung
der Cosmagonstellung um Mitternacht vom 9. auf den
10. und italienischer Angriff um 11 Uhr vormittags . . 113
b) Italienischer Angriffsversuch auf der Platte am Vormittag
des 10. Oktober.........120
c) Einsatz von Verstärkungen der Kaiserjäger auf der Platte
und Rückzug der Italiener in die Sandsackstellung . .123
d) Angriff der Kaiser jäger um 18 Uhr und gänzliche Säuberung
der Platte..........123
e) Italienischer Angriff gegen die Feldwachen vor den
Sektionen 8 und 9 . . ......124
C) Der 11. Oktober. Beginn des Ausbaues der Verteidigungsstellung
am Roiterücken ..........127
D) Der 12. Oktober........ . . 129
a) Italienischer Angriff auf die Roitestellung um 10.30 Uhr vorm. 129
b) Nächtlicher Angriffsversuch der Italiener gegen die Riegel-
stellung (Sektion 6) um 1.30 Uhr früh.....130
c) Nächtlicher Angriffsversuch der Italiener ^egen die
Sektionen 8 bis 12.........133
5. Die Unterbrechung der italienischen Offensive vom 13. bis
16. Oktober 1916.........135
a) Ursachen dieser Kampfpause. — Verluste . . .135
b) Lage der 58. Gebirgsbrigade. — Aufgabe der Absicht einer
Wiedereroberung der Cosmagonstellung . . . .137
c) Lage auf dem Roiterücken.......140
d) Lage auf der Platte ........141
e) Kräftegruppierung der Italiener für die Fortsetzung der
Offensive ..........142
6. Zweiter Teil der italienischen Offensive vom 17. bis 20. Okt. 1916 143
A) Der 17. Oktober . .........143
a) Die Lage im Roiteabschnitt.......143
b) Italienischer Angriff auf der Platte um 17 Uhr . . .143
c) Gegenstoß der Kaiserjäger um 18 Uhr.....147
B) Der 18. Oktober..........148
a) Lage im Roiteabschnitt........148
b) Angriff der Kaiser jäger auf der Platte um 2.30 Uhr früh . 148
c) Angriff der Italiener auf der Platte um 11 Uhr vormittags
und darauffolgender Gegenstoß der Kaiser jäger . .149
d) Angriff der Bosniakenkompagnie Oblt. Dr. Rostacher
um 21.30 Uhr auf der Platte . . ... . .155
e) Lage bei den Sektionen 8 bis 13......156
C) Der 19. Oktober..........156
a) Der Angriff der Kaiserjäger um 3.30 Uhr früh und die gänz-
liche Säuberung der Platte.......156
— 291 —
b) Der Angriff der Italiener um 17 Uhr auf die Riegelstellung,
die Platte und die Sektion 8. — Erfolgreiche Gegenstöße der
Kaiser jäger..........161
D) Der 20. Oktober..........165
a) Schwache Angriffsversuche der Italiener gegen die Sektionen
2, 3, 5 und 6 der Roitestellung......165
b) Schwache italienische Angriffsversuche in den Morgenstunden
gegen die der Platte benachbarten Sektionen . . .166
c) Das Ende der Kämpfe........166
7. Zusammenstellung der Verluste und des Kräfteverbrauches im
Pasubiogebiet während der Kämpfe vom 9. bis 20. Oktober 1916 174
VII. Die Zeit vom 21. Oktober 1916 bis Anfang-
November 1918..........177
1. Der Winter 1916/17.........177
2. Die Unternehmung am 21. Mai 1917 gegen die italienische
Stellung westlich der Pasubioplatte......202
3. Der Sommer^und Herbst 1917.......213
4. Der Minenkrieg 1916—1918.......222
a) Beginn des Ausbaues der Verteidigungsanlagen auf der öster-
reichischen Platte und Beginn der Anlage eines Abwehrstollens
gegen Minenangriffe von der italienischen Platte . . . 222
b) Alarmierende Nachrichten über italienische Bohrarbeiten Ende
Dezember 1916 und Abwehrmaßnahmen .... 223
c) Verteidigungsmaßnahmen der Italiener .... 225
d) Alarmierende Nachrichten über österreichische Bohrarbeiten
und Beginn der Bohrung der italienischen Abwehrstollen . 227
e) Die österreichische Sprengung am 29. September 1917 um
0.30 Uhr...........232
f) Die italienische Sprengung am 2. Oktober 1917 um
9.20 Uhr vormittags........235
g) Die italienische Sprengung am 22. Oktober 1917 um
16.30 Uhr..........240
h) Die österreichische Sprengung am 24. Dezember 1917 um
5 Uhr früh..........241
i) Die italienische Sprengung am 21. Jän. 1918 um 13.15 Uhr 244
j) Die österreichische Sprengung am 2. Februar 1918 um
3 Uhr früh..........245
k) Die italienische Sprengung um 13. Februar 1918 um
16.45 Uhr..........246
1) Der Entschluß zum Endkampf......247
m) Die italienische Sprengung am 5. März 1918 um 17.30 Uhr 250
n) Das Heranbringen der Sprengmunition und die Ladung der
österreichischen Minenkammern......251
o) Die große österreichische Sprengung am 13. März 1918 um
4.30 Uhr früh.............255
5. Das letzte Kriegsjahr.........266
— 292 —
Anhang.............283
Kurze Geschichte der k. u. k. 58. Gebirgs- bzw. der 1. Kaiser-
jägerbrigade ...............283
Tabelle über die Verwendung der vier Kaiserjägerregimenter vom
Juli 1916 bis Oktober 1918 . . ......285
Italienische Truppen, die im Pasubiogebiet vom Mai 1916 bis
November 1918 in Verwendung standen.....286
Quellenangaben...........286
Abkürzungen...........288
Druckíehlerberíchtígung,
Auf Seite 47 ist aus Versehen weggelassen worden in dem Abschnitt IV.
der Titel des Unterkapitels:
Untewwíjmunflen im <!fo$ma0onabftf)niff*
Dieser Untertitel käme zu stehen direkt ober dem Abschnitt ,,a) Würdigung
der Verteidigungsverhältnisse im Cosmagonabschnitt".
Druck und Verlag J. N. Teutsch, Bregenz
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Eine die Jahre 1915 bis 1917 umfassende, auf Grund österrei-
chischer und reichsdeutscher Truppenakten und italienischer
historischer Werke zusammengesetzte, daher authentische Schil-
derung der Kämpfe um den heißestumstrittenen Berg der Dolo-
miten, den Tiroler Standschützen, Landstürmer, bayerische und
preußische Jäger, Kaiserschützen und besonders Kaiserjäger
ruhmvoll gegen die heftigen Angriffe der Regimenter der italie-
nischen Brigaden Calabria, Reggio und Alpi verteidigten.
Verfaßt von
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gebiet im Kriege aufgenommenen Lichtbildern, mit
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Kaiserjäger im Weltkriege 1914 — 1918" (erschienen schon
im Jahre 1926 in unserem Verlag; jetzt vergriffen) im In- und
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teidigung der schier ungeschützten Südtiroler Grenze, dann
all' ihre erbitterten Kämpfe durch die ganzen Jahre bis
Herbst 1918 zur Abwehr des anstürmenden Feindes von
den friedlichen Tälern unserer Bergheimat, und schließlich
das bittere Los der Gefangenschaft nach dem politischen
Zusammenbruch der österreichisch - ungarischen Monarchie.
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Audi dieses weitere Werk der in unserem Verlage erscheinenden Kriegsbücher-
Serie erzählt keine Phantasien, sondern ist streng geschichtlicher, wertvollster
Tatsachenbericht von einem Mitkämpfer über den unerhört harten u. gefahr-
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Die Einser-Kaiserjflser
Im Feldzug gegen Rußland
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Verfaßt von
Hauptmann Karl Raschin Edler von Rasdiinfels
ab Mobilisierung 1914 Regiments-Trainkommandanf, dann ab 21. Dez. 1914
Regimentsadjutanf des k. u. k. 1. Regiments der Tiroler Kaiserjäger.
Mit 99 Kriegslichtbildern (fast durchwegs vom Verfasser
selbst aufgenommen), einer Landkarte über die genaue
Marschlinie des Regimentes in Galizien und Polen,
10 taktischen Detailkarten sowie einer Übersichtskarte
von Mitteleuropa über die wesentlichen Verlegungen
der Weltkriegsfronten in den Jahren 1914 und 1915.
240 Seiten, Großoktav-Format, in Halbleinen gebunden, mit
wirkungsvollem Werbeumschlag.
Preis: Schilling 8.-, RM. 5.-, Frk- 6.50, lire 29.-
Es ist schlechtweg ein^Gebot der Dankbarkeit, die ungeheuren
Blutopfer und Strapazen vor dem Vergessenwerden zu bewahren,
welche die vier Regimenter der Tiroler Kaiserjäger auf sich ge-
nommen haben in der Abwehr der erdrückenden russischen
Übermacht vom österreichischen und deutschen Landen.
Den Anteil des braven Innsbrucker Kaiserjäger-Regi-
mentes an diesen Mühen und Opfern, aber auch an
den Siegen und Erfolgen erzählt uns in seinem Buche
Hauptmann Karl von Raschin in packender Schilderung.