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Wir lagen nun in der verschütteten Vor- und Hauptstellung, die mit
Toten und Verwundeten erfüllt war.
Es dauerte aber nicht lange, da begannen die italienischen Tschinbum
und ihre Minenwerfer uns wieder aufs Korn zu nehmen. Unaufhörlich
flogen Steine, Sprengstücke und Körperfetzen der nochmals getroffenen
Gefallenen und Verwundeten umher. Wir mußten schließlich, da unsere
Zahl immer mehr zusammenschmolz, in die Hauptstellung zurück, wo
Lt. Steiner durch eine Granate verwundet wurde. Auch Lt. Matscher
und ich wurden verschüttet, konnten uns aber Wieder herausarbeiten.
Noch immer wollte die italienische Artillerie nicht aufhören. Erst
gegen 22 Uhr ließ ihr Feuer etwas nach. Feindliche Patrullen tasteten
vorsichtig vor, wurden aber immer wieder abgewiesen. Lt. Matscher und
ich lösten uns im Grabendienste ab.
Die Kommandokaverne. war voll von Verwundeten, deren Stöhnen
schrecklich anzuhören war-
Matscher hatte sich glänzend benommen, Schenk und Graff waren
über alles Lob erhaben. Über Oberguggenberger konnte ich nur staunen.
Mit bewunderungswürdiger Ruhe, die sich auch auf uns übertrug, war er
der Situation vollkommen gewachsen. Ohne ihn hätten wir den Sturm
niemals durchführen können. In d'en schwierigsten Lagen behielt er den
Kopf oben/'
Nach dieser lebendigen Schilderung des Führers des Gegenstoßes,
Lt. Jakoncig, sei auch einer italienischen Erzählung über den Hergang
des Kampfes Raum gegeben:21)
,,Drei Alpini sprangen hinter einen unter dem österreichischen
Maschinengewehr befindlichen Felsen. Zwei davon entzündeten Hand¬
granaten, einer richtete sich immer auf und warf sie. Eine Feuerstockung
ausnützend, stürzten sich dann diese drei auf das Maschinengewehr. Wir
konnten genau beobachten, wie die Alpini mit den Kaiserjägern, die
Mäntel trugen, ins Handgemenge gerieten. Das eroberte Maschinengewehr
wurde sofort nach der Rückseite der Platte gedreht, wo immer mehr Ver¬
teidiger heraufkamen. Wir ließen eine Leuchtrakete um Artillerieunter¬
stützung aufsteigen.22) Bald konzentrierten zwei Minenwerfer ihr Feuer
auf den Zugangsweg, wo fast eine ganze Kolonne vernichtet wurde. Dann
aber legte sich eine Feuerbarriere vor uns, die uns zwang, in der Mitte
der Platte in aller Eile einen Stützpunkt zu errichten.23)
Die von ihren Beobachtern alarmierte österreichische Artillerie
richtete nun ihr Schrapnellfeuer auf den von uns besetzten Teil der
Platte, so daß der Himmel voll rotweißer Wölkchen war. Zudem suchten
schwere österreichische Geschütze unsere Minenwerfer. Inzwischen war
es einem anderen feindlichen Maschinengewehr gelungen, unser Sperr-
21) Aus ,,Un anno sul Pasubio" von Oblt. Campana.
22) Wahrscheinlich wurde damit das Sperrfeuer angefordert, das den ersten
Gegenstoß der Kaiserjäger aufhielt.
2S) Damit dürfte die Sandsackmauer gemeint sein, die die Italiener im Vorfelde
zwischen der Haupt- und der Vorstellung errichteten und von der in den österreichi¬
schen Gefechtsberichten mehrfach die Rede ist.