Seite 122. OBEROSTERREICHISCHE BAUZE1TLJJNG. Nr. 16. dem k. k. Handelsministerium der genannten Statthaltern in Angelegenheit der beim Bauunternehmerwesen hervor¬ getretenen Misstände Folgendes zur eigenen Darnach- achtung und entsprechenden Belehrung der Unterbehörden eröffnet : Das Bauunternehmergewerbe ist als ein freies Ge¬ werbe anzusehen und lässt sich in zwei Betriebsarten eintheilen. Die Bauunternehmer der ersten Art beschäftigen sich damit, als Bauherren Bauten auf eigenem Grunde und auf eigene Rechnung ausführen zu lassen und die¬ selben sodann weiter zu veräussern. Dieser der Privat- capitalsanlage nahestehende Vorgang muss, abgesehen von dem Falle der freiwillig erfolgten Gewerbsanmeldung, auch dann als gewerbsmässiger Betrieb der Bauunter¬ nehmung angesehen werden, wenn derselbe sich fort¬ gesetzt wiederholt und der betreffende Unternehmer in der Differenz zwischen den Grundankaufs- und Bau- führungskost-en und dem Erlöse für die weiterverkauften Bauobjecte seinen fortlaufenden Gewinn sucht. Die Bau¬ unternehmer der zweiten Art beschäftigen sich damit, bei öffentlichen Offert Verhandlungen oder im Wege einer sonstigen Vereinbarung Bau Vergebungen zu erstehen oder zu übernehmen und sodann die auf fremdem Grunde er¬ folgende Bauaufführung zu veranlassen. Diese Unternehmer finden ihren Gewinn in der Differenz zwischen dem Erstehungspreise und den aus der Bauausführung er¬ wachsenen Kosten. Um nun den im Bauunternehmerwesen vorkommenden Misständen begegnen zu können, muss vor allem der Berechtigungsumfang. eines befugten Bauunternehmers festgesetzt werden. Hiebei wird natürlich ein Bauunter¬ nehmer ins Auge gefasst, welcher nur den Gewerbeschein zum Betriebe des freien Bauunternehmergewerbes besitzt und eine andere Befugnis zur Ausführung von Bau- oder sonstigen Arbeiten nicht nachweisen kann. Ein solcher Bauunternehmer, mag derselbe der ersten oder zweiten Art angehören, ist hinsichtlich der beabsichtigten Bau¬ führung in der Regel nur als Bauherr anzusehen und erscheint zur Ausführung der in den Berechtigungs¬ umfang der durch das Gesetz vom 26. December 1893 geregelten concessionierten Baugewerbe oder der hand- werksmässigen Hilfsgewerbe (Tischler, Schlosser u. s. w.) fallenden Arbeiten keineswegs berechtigt, muss sich viel¬ mehr zur Ausführung der erwähnten Arbeiten aus¬ schliesslich der betreffenden befugten Gewerbsinhaber bedienen und kann zu den Hilfsarbeitern dieser Gewerbs¬ inhaber in keinem wie immer gearteten Arbeitsverhältnisse stehen. Die Aufnahme und Entlassung dieser Hilfsarbeiter, die Anmeldung derselben zur Kranken- und Unfall¬ versicherung, kurz, alle dem Arbeitgeber gesetzlich zu¬ kommenden Rechte und Verpflichtungen können nur durch die vom Bauunternehmer für die jeweilige Bau¬ führung gewählten selbständigen befugten Gewerbe¬ treibenden oder behördlich autorisierten Privattechniker ausgeübt werden. Es kommt nun oft vor, dass Bauunternehmer, ins¬ besondere der zweiten Art, ein eigenes technisch ge¬ bildetes Personal beschäftigen und dasselbe einerseits zur Verfassung der erforderlichen Kostenvoranschläge für die zu erstehenden oder auszuführenden Bauarbeiten und anderseits auch zur Leitung der eigentlichen Bau¬ führung verwenden. Kann es nun den Bauunternehmern zwar nicht verwehrt werden, zur Klarstellung der tech¬ nischen Seite ihrer finanziellen Unternehmung fach¬ technisch geschulte Personen in ihre Dienste zu nehmen, so muss andererseits der Verwendung dieser Personen zur Leitung von Bauführungen, insoweit sie in den Berechtigungsumfang eines concessionierten Baugewerbes oder eines handwerksmässigen Gewerbes eingreifen, um so entschiedener entgegengetreten werden, als denselben, ganz abgesehen von der Frage der Befähigung, jedenfalls ebenso wie den Bauunternehmern selbst die Berechtigung zur Ausführung derartiger Arbeiten abgeht. In jenen Fällen endlich, in welchen es sich um die unbefugte Ausführung von Bauarbeiten unter gleichzeitiger „Deckung" durch einen selbständigen Baugewerbe¬ treibenden handelt, wird es ein Leichtes sein, durch ge¬ eignete Erhebungen, Einsichtnahme in die Arbeiter¬ verzeichnisse des betreffenden „Deckung" gewährenden Baugewerbetreibenden etc., eventuell Umgehungen des Gesetzes zu constatieren, und werden die Gewerbe¬ behörden die Untersuchungen in solchen Uebertretungs- fällen mit aller Umsicht durchzuführen und gegebenen¬ falls sofort mit angemessenen Strafen vorzugehen haben. „W.C.-B." Die Berufung des Wiener Architekten Josef M. Olbrich nach Darmstadt.*) Mit der vor einigen Tagen gemeldeten Berufung dieses jungen bewunderten Collegen haben die Be¬ strebungen für moderne Architektur in Deutschland eine Anerkennung erhalten, die weitere schaffen wird. Olbrich ist der Erbauer des bekannten Hauses der Wiener Secession. Viele finden es nicht hübsch ; über den Ge¬ schmack lässt sich ja nicht streiten, aber alle diese werden dem Urtheile unseres geschätzten Mitarbeiters H. v. Poellnitz zustimmen, der von diesem Gebäude sagt: „Sicher ist, dass das Gebäude den Zauber einer* ausserordentlichen Ursprünglichkeit und.. Eigenart hat, dass es trotz seiner denkbar ungünstigsten Umgebung heiter und freundlich und doch ruhig und ernst wirkt, dass es bis ins Kleinste liebevoll und sinnvoll durch¬ geführt ist." Olbrich gieng aus der Wagnerschule hervor und die Wege, die er in stolzer freier Eigenart beschreitet, werden wir nun in Deutschland oft mit Vergnügen kennen lernen. An die Berufung des jungen Meisters knüpft Ludwig Hevesi im „Wiener Fremdenblatt" die folgenden Ausführungen, die wir unseren Lesern gern mittheilen : Der Grossherzog Ernst Ludwig von Hessen ist ein erleuchteter Freund der modernen Kunst und sieht, wie ringsum deutsche Mittelstädte und kleine Residenzen alle Anstrengungen machen, um sich zu Mittelpunkten der Kunst oder des Kunstgewerbes zu entwickeln. Was ist nur aus Karlsruhe in wenigen Jahren geworden! Welche Industrie hat sich in Krefeld durch die Schöpfung des Kaiser Wilhelms-Museurns entwickelt! Wie rührig ist jetzt Stuttgart hinterdrein, sein Kunstwesen zu refor¬ mieren, und hat den Karlsruhern gleich drei Hauptkräfte (Carlos Grethe, den Grafen Kalckreuth und den Wiener Pötzlberger) wegengagiert. Ueberall sieht man ein, dass die bildende Kunst, und gar das Kunstgewerbe, endlich in den Vordergrund des allgemeinen Interesses getreten ist und nachgerade die grösste volkswirtschaftliche Be¬ deutung gewonnen hat. Wo sich ein schöpferischer Kopf zeigt, bringt man ihm von allen Seiten Kränze und Kronen entgegen. Jeder Künstler von Ursprünglichkeit *) Diesen interessanten Aufsatz entnehmen wir der Zeitschrift „Deutsche Bauhütte* in Hannover.