redenden Haupte des treuen Pferdes Falada, das, am Tor des Schlosses angenagelt, die betrogene Prin— zessin in liebevoller Zwiesprache tröstet und das an ihr begangenes Unrecht sühnen hilft. Später ist dann das uralte Weiheroß dem Spott verfallen. Nun kommen im Spott der Leute die Sa— gen vom „verhungerten“ und dann „umgehen— den“ Schimmel auf. Der Spottvers vom verhun— gerten Schimmel geht überall in der bayrischen Landschaft um: „Wia da Schimmel nu am Lebn is gwen, Habn s' eahm nix z' fressen gehn. Wia er aber tot is gwen, —— Habn s' eahm an Schüwl Heu neigehßß Nöt, daß d' Leut sagn, zwegnda Not War der Schimmeltot ...“ Mag sein, daß mit diesen Spottversen in dem ver— hungerten Schimmel der seiner Daseinsbedingungen beraubte heidnische Roßkult getroffen ist.. Das verpönte und verachtete Pferdefleisch Den altheidnischen Brauch des „Weiherosses“ löst die fromme christliche Sitte der ,Rosseweihe“ ab: war früher der Schimmel Segensspender, so war er nun nach christlicher Anschauung des Segens bedürf— tig. Wurde er früher im heiligen Hain gehegt, so steht er jetzt mit den übrigen Haustieren im Stall. Durfte er früher durch keine Arbeit „entweiht“ werden, so zieht er jetzt Wagen und Pflug — nichts mehr ist ihm von der alten Herrlichkeit geblieben. Wie einst Bonifazius die als heilig verehrte Donareiche fällte so nahm der Halberstädter Bischof Burchard den heid— nischen Lutizern ein als göttlich verehrtes Pferd, setzte sich darauf und ritt heim nach Sachsen ... Die Ver— ehrung der Pferde ward zum Aberglauben, der scharf bekämpft wurde. Die Darbringung von Tieropfern wird streng verpönt und hier liegt wohl auch ein Grund, warum nun die christlichen Speisegesetze den Genuß von Pferdefleisch strenge untersagten; er galt als Teilnahme am alten heidnischen Götteropfermahl. Papst Gregor III. ermahnt den heiligen Bonifazius: „Du meldest, daß einige Leute Pferde essen. Das lasse fürderhin um keinen Preis mehr zu, sondern be— kämpfe es mit Christi Beistand auf alle Weise und lege solchen Menschen die verdiente Strafe auf; denn es ist unrein und verabscheuenswert. ..“ Das „Ro— landslied“ singt von den Heiden: * „Sie essent diu ros, sie lebent mit grimme; Der tuvil (Teufel) wont darinne.“““ Auch den Hexen wird das Essen von Pferdefleisch zur Last gelegt. Die Nichtbeteiligung am Pferdeopfer und ⸗genuß galt nun als offene Absage an das Heiden— tum — als König Hakon Adelstan das Christentum in Norwegen einführen wollte, verlangten die Bauern, daß er Pferdefleisch esse und so seine Treue zur väterlichen Religion bezeuge. Hätte er nicht ein paar Bissen gegessen, so wäre er erschlagen worden ... Die bekehrten Normannen schimpfen die noch altgläu— bigen Schweden „Hroßäturnar“, das heißt „Roß— fresser“ und das Geschäft des „Wasenmeisters, der „gemeiniglich außer den Städten auf dem Wasen wohnt“, galt wohl auch deswegen als so verächtlich, weil es das christliche Mittelalter in Beziehung mit den alten heidnischen Opferschlachtungen brachte. Das Verbot des Pferdefleisches aber ist im Lauf der Jahr— zunderte dem Volke augenscheinlich derart „in Fleisch und Blut“ übergegangen, daß sich gegen das Pferde— leisch direkt eine geschmackliche Abneigung bildete — warum sollte sonst das Fleisch unseres reinlichsten und saubersten Haustieres als gemein und ekelhaft gelten? Übrigens hat sich der altheidnische Brauch der beim Frühlingsopfer genossenen Speisen, unter denen sich auch Pferdefleisch befand, bis heute erhalten in der hristlichen Form der Speisenweihe zu Ostern. Die Be— ziehung der Speisenweihe zu Ostern in den altheidni— schen Opfermählern ist freilich nicht unmittelbar, dieser Brauch ist vielmehr aus dem Wunsche des gläubigen Volkes entstanden, nach der strengen Fastenzeit die zuerst wieder genossenen Fleischspeisen unter den be— sonderen Segen der Kirche zu stellen. Aber gewiß dürften sich die Neugeweihten über das Verbot des Pferdefleischessens leichter beruhigt haben, da sie Lammfleisch und Schinken, der schon im 10. Jahr—⸗ hundert als geweihte Osterspeise bei einem Ostermahl des hl. Ulrich erwähnt wird, zur Weihe in die Kirche tragen durften. Ein ganz ähnliches, altes Tieropfer, das christlicher Brauch wurde, ist ja auch die Martins— zans. Umgekehrt dürfte der alte Bauernbrauch, am Stephanstag zu fasten, um sich den Nahrungssegen ür die Tiere zu sichern, vielleicht auf eine frühere be— wußte Verweigerung des Fleischgenusses an diesem Tage zurückgehen, mit der die altbayrischen Bauern gegen das Verbot des Pferdefleisches demonstrieren wollten .. Die „Umritte“ So lebt noch viel heidnische Überlieferung um un— er Pferd, die wir heute kaum mehr als solche er— kennen. Die Kirche, die ja vielfach altüberlieferte Ge— zräuche nicht ganz ausgerottet, sondern mit christ— ichem Geiste erfüllt hat, ist auch beim Roß ähnliche Wege gegangen: das Pferdeopfer wurde ausgerottet — aber war es nicht etwas Ähnliches, daß nun die Pferde wohl nicht den Göttern geopfert oder ge— schlachtet, sondern den Heiligen dargebracht und vor— zeführt wurden, damit sie sie segneten? Es geschah dies in der Form der Umsritte. Zuerst wurden die Pferde in die Kirche hinein und um den Altar geführt, später der Einfachheit halber im Freien rund uim die Kirche. Später schlossen sich solche Ritte, die übrigen früher mit stürmender Hast, als eine Art Vorläufer unserer Wettrennen, daher auch ganz tref— send „Kirchenrennen“ genannt, geritten wurden, vor allem an den Tagen der heiligen Viehpatrone. Als solche Zeilige, um die sich die alte heidnische Form des Roß— eultes nun in der christlichen Gestalt der Tierweihe chlang, galten von altersher St. Martin, der von einem Schimmel herab seinen Mantel mit dem Bett—⸗ ler teilte, und St. Georg, der kühne Drachentöter, St. Stephan, der besondere Pferdeheilige, dem sein gerade in die Zeit der Julfeier fallender Namenstag zu diesem Ruhm verhalf, St. Leonhard, St. Üügidius, der spanische Pferde- und Viehpatron, St. Laurenz, St. Silvester, St. Nikolaus, St. Bartholomäus, Sankt Hippolyt, St. Castulus, St. Hubertus und die allge— meinen bäuerlichen Schutzheiligen St. Antonius, Sankt Isidor, St. Willibald, St. Wendelin, in letzter Zeit St. Christophorus.