31 lieh zerklüfteten Gestaltung im Untergründe des ganzen Werkes spürbar ... Frühlingshafte Töne brechen in den stillen Teilen durch, ähnlich wie in der hinterlassenen D moll-Symphonie. Ausdruck sanfter Madonnenhymnik wie die schwerste Mystik des Heilands-Erlebnisses dringen aus der umspannen den Ruhe des allgöttlichen Erlösungsgefühles. Auch Bruckners Demut und furchtvolle Frömmigkeit, seine Gloria-Ekstasen, sein Lichtgeist wie sein zerfurchter Grüblergeist, seine erhabene Erregung wie seine weltüberhobene Stille liegen in der wundervollen, unantastbar reinen Musik.“ Beglückt strömt nach letztem, hoch sich türmendem Orgelklang die an dachtsvolle Menge ins Freie, indes der ernste Zug der Brucknerfreunde hin- absteigt zur schwarzen, kalten Gruft des Meisters, über die eben erst wie der der Purpurmantel des Kardinals hinweggeschwebt ist. Draußen auf blumengeschmückten Gräbern fröhlich sich wiegende Falter. 'Welch wunder sames Wechselspiel im Wandelraum der Zeiten! * Im lichtdurchfluteten, mit barocken Riesenfresken ausgezierten Marmor saale des Stiftpalastes hebt am Nachmittag vor tausend Lauschern die nachgelassene Symphonie D moll die Schwingen und reißt empor zu freu diger Begeisterung. Allzu lange als ganz ungereiftes Tonstück betrachtet, hat das jugendfrische Werk erst vor wenig Jahren seine Auferstehung feiern dürfen. Die Erinne rung an jenen denkwürdigen 17. Mai 1924 lebt auf, an welchem Romain Rolland Zeuge der Uraufführung in Klosterneuburg war und nach dem Scherzo — in der Generalprobe — auf dem Orchesterpodium erschien, um den Künstlern warmen Dank zu sagen und sie um Wiederholung des ihn lebhaft interessierenden Satzes zu bitten. So rauschte denn das stürmisch- kecke Stück zum zweitenmal durch den Saal. Das „Wagnis“ mit der „aus gegrabenen Nullten“ ward zum unvergeßlichen Erlebnis. Die Symphonie in St. Florian ist zu Ende, Bruckner hat sich, wie der Prälat des Stiftes in seiner sich anschließenden Ansprache an dip Mitwir kenden treffend bemerkt, „ausgetobt“. Das Te Deum hebt an, mit Donnergewalt und dramatischer Wucht, die erbeben macht. Der ungeheuren Kontraste, die aus dem gigantischen Werk sprechen, sind sich die Äusführenden, erprobte Brucknersänger und Instrumentalisten, voll bewußt, und so ^ ersteht denn dieser gewaltige Hymnus in all seiner Größe. Erschüttert verläßt die Zuhörerschaft den Festsaal, der heute auch seine große akustische Feuerprobe glänzend bestanden hat. Florianitag, Brucknertagt Mögen sie beide* auch in Zukunft innig, gott- und kunstgesegnet mit einander verbunden bleiben, Zauber spendend allen Herzen, die in Liebe glühen für Anton Bruckner. Franz Moißl. Besprechungen Anton Bruckner: Quintett F dur für 2 Violinen, 2 Violen und Violoncell. Für Pianoforte bearbeitet von August Stradal. — Ausgabe der Inter nationalen Bruckner-Gesellschaft. Im Verlag Dr. Benno Filser, Augsburg. Die mit Spannung erwartete erste praktische Ausgabe der Internationalen Bruckner-Gesellschaft ist erschienen, und zwar in Gestalt der ersten Bear beitung des Quintetts für Klavier zu zwei Händen, von dem bisher nur das Adagio vorlag. Die Erwartungen der Bruckner-Freunde sind in Erfüllung gegangen: vornehme Ausstattung und sehr klarer Druck und die ganz ausge zeichnete Bearbeitung von August Stradal, der in vorbildlicher Weise in der Übertragung dieses Kammermusikwerkes alles rein Klavieristische von diesem so überaus empfindlichen Werke ferngehalten hat. Diese Darstellung war natürlich keineswegs leicht, aber die klare Herausarbeitung aller Motive schien erreichbar, und jedes erneute Spielen läßt immer wieder neue Feinheiten der Bearbeitung erkennen. Es ist nunmehr zu hoffen, daß dank dieser vortrefflichen Bearbeitung das Quintett als Ganzes erfühlt werden wird, unbeschwert von aller Kritik.