Der lnn=Salzachgau
Blätter für Heimatgeschichte und Volkskunde
13. Jahrgang 1935 2. Heft
Heft 38 der ganzen Folge
Fünfzehn Jahre heimatkundliche Arbeitsgemeinschaft
„Inn^Salzachgau"
Von Dr. Eduard Kriechbauin
Alt^Laufener Wallfahrten
Von Otto Heichele
Bnzelsberg
Von Studienrat Dr. Dr. Carl Erlacher
Rechtsgeschichte und Heimatforschung
Von Assessor Karl Bourier
700 Jahre Stadt Burghausen
Von Dr Josef Hauser
Bücherbesprecfiungen
Verlag von Josef Weher
Hlrschenfiausen, Post Jetzendorf <Obhy.)
Postscheckkonto München 38168)
ü
Der Inn^Salzachgau
Blätter für Heimatgeschichte und Volkskunde
Neue Folge des »Inn-Isengaues«
Mitteilungsblatt des Vereins der Heimatfreunde des
Rupertiwinkels in Laufen und des Heimatbundes Altötting.
Die Zeitschrift ist amtlich empfohlen vom Ordinariate des Erz»
Bistums München und Freising, von der Regierung von Oh irr»
Bayern, von der früheren Regierung von Niederbayern, von den
Bezirksämtern Altötting, Erding, Mühldorf und Wasserburg.
Die Zeitschrift dient der Heimatbewegung, der Heimat- und Volks*
tumsforschung im südöstlichen Bayern. Sie will weiteren Kreisen auf
wissenschaftlicher Grundlage eine tiefer dringende Kenntnis der Hei-
mat, ihrer geschichtlichen Vergangenheit und ihrer Kulturwerte sowie
Belehrung über Volkskunde vermitteln und so mithelfen, daß unser
Volk seiner Heimat und seinem Volkstum treu bleibt. Darüber hin-
aus erstrebt sie auch in ihrem Arbeitsgebiet die Zusammenfassung
aller heimatgeschichtlich und volkskundlich Tätigen in einer lebendi-
gen Arbeitsgemeinschaft und will namentlich in den Sonderheften
Anleitung über Aufgaben und Wege der Forschung geben und die
Hilfsmittel und Quellen planvoll erschließen.
Jährlich erscheinen zwei Hefte und ein Sonderheft
Herausgeber und Schriftleitung:
Josef Weber
in Verbindung mit Dr. Wagner, Karl Bourier
und Dr. Josef Klemens Stadler
Der Bezugspreis
für den Jahrgang beträgt bei freier Zusendung RM 2.—. Die Hefte
sind einzeln käuflich. Auch frühere Hefte können nachgeliefert werden,
zum Teil mit Preisermäßigung.
Bestellungen
auf die Zeitschrift sind zu richten an den Herausgeber Josef We-
ber, Pfarrer in Hirsdienhausen, Post Jetzendorf <Obb.>, Post-
scheckkonto München 38168.
Eigentum und Verlag: Josef Weber,
Pfarrer in Hirsdienhausen
Verantwortlich für Schriftleitung und Anzeigenannahme:
Josef Weber
Druck: Michael Laßleben, Kallmünz <Obpf.>
Nachdruck — audh auszugsweise — verboten!
DA. 1935: 650
Der Inn-Salzachgau
Blatter für Heimatgeschichte u. Volkskunöe
In Verbinöung mit Dr. Wagner/ Karl Vomier
unü Dr. Josef Klemens Ätaülec
herausgegeben von
Josef Weber
Dreizehnter Jahrgang
Heft Z7 unö ZS öer ganzen Folge
Hirschenhausen/ Post Jetzenöorf (Dbbg.)
Druck von M. Lastleben/ Kallmünz
Nachdruck
17071
Alle Rechte vorbehalten.
— auch auszugsweise — verboten.
Fünfzehn Jahre heimatkunüliche
Arbeitsgememschast Fnn-Äalzachgau.
von 0r. med, u. phil. Lüuarö Kriechbaum, peak». Arzt,
Braunau am Unn.
(Schluß).
Die Heimattagungen standen allzeit über den
politischen Parteien, so daß die Teilnahme an diesen
Veranstaltungen allen möglich und lieb war. In den
Einführungsvorträgen, die meistens der Verfasser dieses
Aufsatzes hielt, wurde immer wieder betont, daß es
oberstes Ziel der Heimatbewegung sei, zwischen den ver-
schiedenen Weltanschauungen, Parteien und Ständen
Brücken zu schlagen, dabei aber jeder dieser Gruppen
ihre Eigenart zu belassen. Ein besonderer Wert wurde
darauf gelegt, gerade in Anwesenheit hoher politischer
Beamter die Grundidee unserer Tagungen zu verkünden,
daß natürliche Stammes- und Volkszusammengehörig-
keit weit, weit über alle politischen Grenzen, die oft reine
Zufallsgebilde sind, hinausgehen.
Des weiteren boten die Heimattagungen allen am
Lande oder in der Kleinstadt lebenden Forschern Gele-
genheit mit angesehenen Hochschulprofessoren in Verbin-
dung zu treten, sich bei ihnen Rat und Aufklärung zu
holen, wie anderseits wiederum der Universitätsprofessor
und Museumsdirektor der Großstadt gar manche wert-
volle Quelle vom Heimatfreunde am Lande aufgedeckt
bekam. Gerade dieses gegenseitige Geben und Nehmen
machte die Tagungen vielen Freunden unserer Bewegung
so wertvoll.
Das Hervorragendste unserer Tagungen erscheint
mir aber doch der Freundschaftsbund, der schließlich
unsere alljährlichen Zusammenkünfte krönte. Wenn dem
Heimatgedanken die Idee zu Grunde liegt, die Menschen
mit dem Boden, mit der Landschaft, mit der Siedlung,
mit ihren Volksgenossen zu verknüpfen, so sollten die
Heimattagungen noch stärkere, noch innigere Bande
zwischen den Menschen knüpfen, die führend in der
Heimatforschung tätig waren, dabei aber doch den ver-
schiedensten Ständen, politischen Parteien und weltan-
schaulichen Richtungen angehörten. Und gerade in diesem
— 38 —
Sinne hat die lange Reihe der Tagungen meine Erwar-
tungen sogar übertroffen. Aus dem regen Briefwechsel,
der mich heute wie in den vergangenen fünfzehn Jahren
mit so vielen Freunden der Heimat „hüben und drüben"
verbindet, glaube ich zu ersehen, daß trotz der politischen
Nöte der Zeit in unserem Hause alles beim Alten ge-
blieben ist, daß wir aller Politisiererei zu Trotz die Liebe
zur Heimat für unser bestes, für unser schönstes unzer-
störbares Gut halten. Wir, die wir seit Jahrzehnten als
Heimatforscher tätig sind, wissen auch, daß alles Gerede
allein keine Heimatbewegung in Fluß bringt und niemals
Heimatliebe erzeugt. Als Apostel des Heimatgedankens
müssen wir in uns das Bestreben haben, unsere schöne
altbaierische Heimat bis in ihre letzten Fältelchen kennen
zu lernen. Nur dann, wenn uns jeder Berg und jeder
Baum, jede Kirche und jedes Bauernhaus — und sogar
jedes Bildstöckl am Wege eine lange Geschichte zu erzählen
hat, können wir das Ganze der Heimatidee erfassen.
Damit soll etwa nicht gesagt sein, daß wir mit dem
Verstände allein an die Heimat herantreten sollen —
aber ohne forschende, ohne kritisch sichtende Verstandes-
tätigkeit zerflattern all' die schönen Worte von der Hei-
mat im Winde.
Zusammenfassend: wir halten unsere Heimattagungen
für einen sehr wichtigen Baustein im Aufbau unserer
völkischen Weltanschauung. Dabei führt uns der natür-
liche Weg von der engeren Heimat über den Stamm
zum Volke. Unser Jnn-Salzachgau versuchte durch fünf-
zehn Jahre eine Zwischenstellung zwischen den engeren
„Heimaten" und der großen baierischen Stammesheimat
zu schaffen. Mit dem Worte „Gau" sollten uralte For-
men zu einem neuen Leben erweckt werden. Inn und
Salzachlinie waren einmal das Rückgrat des baierischen
Stammesherzogtumes, das zwischen Enns und Lech lag
— unsere Bestrebungen liefen immer darauf hinaus,
durch Wort und Schrift hier, wo die Zeit politische
Zufallsgebilde hervorgebracht hatte, die eisernen
Klammern einer natürlichen Zusammen-
gehörigkeit aufzudecken.
Daß die Heimattagungen oft die Gründung von
Heimatvereinen (Schwaz, Obernberg), die Errichtung von
— 39 —
Ortsmuseen, vor allem aber eine starke Belebung des
Heimatgedankens im Tagungsorte und zwar innerhalb
und außerhalb des veranstaltenden Ortsvereines zur
Folge hatten, möge zum Schlüsse noch erwähnt werden.
Vellage t.
Aufruf an alle yeimatkunölich arbeltenöen Vereine
Ües Inn- unö Valzachgaues. Frühling ^9&ot)
Der Ausgang des Krieges hat uns allen in einer Sprache,
wie sie erschütternder noch kein Volk vernahm, gepredigt, wo
die Quellen unserer Kraft und unserer Zukunft liegen. Andere
helfen uns nicht, unser Vertrauen ans die Menschheit hat uns
bitterlich enttäuscht, nur von uns selbst und von unserer
Heimat kann die Erlösung kommen. Beleben und ^verbreiten wir
die fromme und strenge Arbeit, die einfache Sitte und das
treue Zusammenhalten, das unsere Väter stark und froh
machte, es wird auch die Kinder und Enkel behüten und segnen.
Viele Zeichen deuten darauf, daß diese Erkenntniss im
wertvollen Teil unseres Volkes sich überall regt, überall wächst
wieder die Liebe zur deutschen Heimat und zum ^ deutschen
Volkstum. Unser Aufruf wendet sich an Alle, die in der
Heimatfreude einen Grund st ein für den Wieder-
aufbau unseres Volkes sehen, an Alle, die in tat-
kräftiger Arbeit als Einzelne oder in Vereinen die Heimatbe-
wegung pflegen. Die Not der Zeit aber, das Gewicht der Auf-
gabe. das hohe, lautere Ziel verlangen dringend auch auf
diesem Gebiete die Zusammenfassung aller. Kräfte, freilich
innerhalb gewisser Grenzen. Gegenden mit ähnlichem Land-
schaftsgepräge, bewohnt vom gleichen Volksstamm, mit gleicher
Geschichte und Kultur sind da natürliche Einheiten. Das Inn-
viertel, die östlichen Grenzbezirke von Ober- und Niederbayern,
der Salzburgische Flachgau und das Berchtesgadner Land
bilden einen solchen einheitlichen Heimatgau. Was uns von
Kufstein und Salzburg bis Passau die Städte am Inn und
Salzach mit ihren trotzigen Vesten, hochragenden Kirchen, Rat-
häusern und Marktplätzen von alter Geschichte künden, was in
den Siedelungen des angrenzenden Flachlandes das Volk singt
und -sagt, das ist durch jene beiden Flüsse nicht geschieden,
sondern gleiches Volkstum, gleiches erhaltenswertes Volksgut
— seine Pflege unsere heilige Pflicht!
Wir rufen deshalb alle heimatkundlich tätigen Vereine
in diesem Inn- und Salzachgau und alle sonst als Einzelne
arbeitenden Kräfte hiemit zur Zusammenarbeit auf.
Wir wollen aber keinen neuen Verein gründen. Jeder
Verein soll wie bisher in seinem freigewählten Gebiete, in
seiner gewohnten Art, die ja so oft von Persönlichkeiten ab-
hängt, arbeiten. Gerade diese persönlichen Verschiedenheiten
geben der Heimatbewegung ebenso viel Reizvolles, wie Nütz-
— 40 —
liches. Unser tylan ist eine ganz lose Vereinigung, ohne Sa-
tzungen, ohne Mitgliederbeiträge: eine jährliche Zusammen-
kunft an einem passenden Orte innerhalb unseres Gaues mit
dem Zweck, durch gegenseitige Förderung unser gemeinsames
Ziel zu fördern und zu erreichen. Wie viel kann da schon
durch den persönlichen Verkehr der Gleichstrebenden gewonnen
werden! Aber auch durch Vorträge und Besprechungen. Hie-
für liegen genug Aufgaben vor: Innigere Verbindung mit
der Wissenschaft (Vortrag der Geologie, Kultur und Kunst-
geschichte an der Universität — Methoden der Heimat for-
schung — Ortsmuseen (Anlage, Aufstellung, Erhaltung, In-
ventar) — Vereinsbildung und Propaganda — Schule (Lehr-
gang in derselben, Vorbildung von Lehrern und Klerus) —
Heimatpflege irrt Volke (Wanderungen, Dorfabende, Dorf-
büchereien ' usw.) — Jährliche Tagung — Zeitschriftenaus-
tausch — Vorarbeiten für ein Heimatbuch des ganzen Gaues
oder einzelner Bezirke — und Anderes. . .
Dr. M. Heberle, Vorstand des Kunst- und Gesch.-Ver.
Passau; Dr. G. Kriechbaum, Braunauer Heimatverein; Apoth.
Kyrle, Konservator, Schärding; Univ.-Prof. Dr. v. d. Lehen,
München; Hofrat Pillwein, Vorstand der Gesellschaft für Salz-
burger Landeskunde, Salzburg; H. v. Preen, Konservator,
Osternberg bei Braunau; Apoth. Schierghofer, Hist. Verein
Traunstein; Prof. Dr. W. M. Schmid, Konservator am bahr.
Landesamt für Denkmalpflege, München; M. Waltinger,
Heimatbund Simbach am Inn.
Beilage L.
Die Vortrage bei öen großen Jahrestagungen
öer Arbeitsgemeinschaft Jnn-Äalzachgau.
Braunau l?&o.
E. Kriechbaum, Zweck und Ziele der Heimattagung.
F. Berger, Aufgaben heimatgeschichtlicher Arbeit.
O. Oberwalder, Kunstgeschichtsbildung auf heimatlicher Grundlage.
E. Kriechbaum, Landfchastskunde und ihre Stellung in der Hei-
matkunde.
W. Kriechbaum, Anleitung zu volkskundlichen Heimatstudien.
K. Wagner, Salzburgs Stellung im oberdeutschen Geistesleben im
Zeitalter der Aufklärung.
H. Karlinger, Das Stadtbild der Inn-Salzachstädte.
W. M. Schmid, Über Ortsmuseen, ihre Errichtung, Organisation
und Erhaltung.
E. Kriechbaum, Vereinstätigkeit und Organisation der Heimatver-
einigung in Braunau.
K. Adrian, Tätigkeitsbericht des Salzburger Landesvereines für
Heimatschutz.
A. Depiny, Volkskunde und Schule.
F. Holzinger, Heimatkundliche Forschungen durch die Schule.
W. M. Schmid, Heimatkunde und Hochschule.
A. Guby, Barocke Kunst im Innviertel.
passau l§>Ll.
W. M. Schmid und E. Kriechbamn, Erstrebtes und Erreichtes im
Inn-Salzachgau.
R. Einhauser, Arbeiten im Rupertiwinkel.
W. Leidl, Heimatkundliche Arbeitsgemeülschaft der niederbayeri-
schen Lehrer.
F. Berger, Besiedlung des Innviertels.
S. Greiderer, Salzburger Bauernhaus.
E Kriechbaum, Bon Heimatkunde zur Heimatlehre.
W. M. Schmid, Ziele und Wege der Heimatkunde in der Stadt.
H. Karlinger, Altbaierns romanische Bildwerke.
R. Kubitschek, Das Böhmerwälder Volkstum.
K. Zimmeter, Zwölf Jahre Heimatschutz in Tirol.
R. Sieger, Heimatkunde eine Schutzwehr deutschen Volkstums.
I Blau, Heimatkundliche Arbeitsgemeinschaften.
E. Kriechbaum, Lehrersortbildung und Heimatkunde.
K. Salfer, Lehrer und Kartenzeichen.
A. Depiny, Heimatkunde und Volksbildung.
R Guby, Der Donaustil.
W. M. Schmid, Wolfgang Huber, der Maler von Passau.
Laufen
F. Liters, Altbaierische Gebräuche und Sitten im Kreisläufe des
Jahres.
K. Adrian, Laufener Schiffer.
R. Guby, Laufener Hofmaler Rottmayr.
F. Berger, Heimatkundliche Lehrproben.
E. Kriechbaum, Erziehung und Heimat.
F. Liters, Mundartliche Forschungen in Beziehung zum ländlichen
Volksschulunterricht.
Abt, Gesetz!. Regelung des Heimatschutzes.
F. Birkner, Die vorgeschichtlichen Kulturen Südbayerns.
F. Liebl, Flur- und Familiennamenforschung.
Kottmayr, Baugeschichte und Bauanalyse von Stadt und Burg
Tittmoning.
P. I. Straffer, Kunsthistorisches über Laufen.
Innsbruck 1923.
V. Geramb. Heimat, Volk und Welt.
O. Stolz, Bayern und Tirol in ihren geschichtlicheil Beziehungen.
Weingartner, Tiroler Burgen.
Wiesenberg, Heimatschutztätigkeit in Tirol.
Garber, Gotik und Renaissance in Innsbruck.
H. Hammer, Tiroler Architektenfamilie der Gumpp.
Gianoni, Heimatschutz und Fremdenverkehr.
Schatz, Tiroler Mundart.
Wopfner, Tiroler Bauernhaus.
H. Karlinger, Das Bürgerhaus von Tirol bis Wien.
Knöpfler, Familienforschung und Heimatkullde.
F. Berger, Schule, Lehrer und Heimatkunde.
42 —
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K. Stechele, Zur geschichtlichen Entwicklung Burghausens.
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I. Weber, Anfänge des Christentums in Südostbayern.
E. Schweighardt, Ostbaierische Bauweise.
M. Heuwieser, Entstehung der Städte und die Inn-Salzachstädte.
K. Stechele, Meier Helmbrecht.
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Mühlöorf 1924.
F. Martin, Das Hochstist Salzburg.
I. Weber, Das Augustiner-Ehorherrnstist Au a. Inn und sein
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A. Mitterwieser, Wallfahrtszüge der bayer. Regierungsstädte nach
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F. Berger, Heimat und Schule in Österreich.
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Kennerknecht, Das Innwerk in Döging.
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Ammann, Das steinerne Meer, ein Naturdenkmal.
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E. Kriechbaum, Ziele der Heimatbewegung.
R. Egger, Römische Provinzarchaeologie.
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F. Berger, Schule und Heimat.
K. Brandner, Volksgenealogie.
F. Martin, Salzburger Grabendach.
I. Dittrich, Grundlagen zur Mundartforschung.
M. Hartig, Die Kirchen Salzburgs.
F. Martin, Stift Nonnberg.
Wasserburg 1916*
M. Heuwieser, Aufgaben der Heimatforschung.
A. Mitterwieser, Geschichte des Schloßbaues und ältere Geschichte
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R. Guby, Hans Stethaimer, der Baukünstler der Bayern.
K. Brunhuber, Aus dem Reisetagebuch des Komponisten Aiblinger.
E. Kriechbaum, Arbeitsgebiete der Volkskunde.
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Ächaröing 1927.
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D. Frey, Kunstdenkmale des politischen Bezirks Schärding.
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G. Kyrle, Vor- und Frühgeschichte Oberösterreichs.
A. Depiny, Volkskunde Ober-Österreichs.
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A. Aschl, Entwicklungsgeschichte der Stadt Rosenheim.
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S. Pückler-Limpurg, Denkmale der Spätgotik und des Barock
in Rosenheim und Umgebung.
R. Fabry, Der botanische Schulgarten in Rosenheim.
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Schwaz in Tirol 19&9.
E. Kriechbaum, 10 Jahre Heimatschutzarbeit im Inn-Salzachgau.
L. Knapp, Zur geschichtlichen Entwicklung von Schwaz.
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I. Ringler, Die kunsthistorischen Denkmale der Stadt Schwaz.
B. Oberhammer, Volkskundliches aus dem Unterinntal.
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M. Heuwieser, Altötting als Pfalz.
Prälat Konrad, Gnadenkapelle.
I. Kl. Stadler, Altöttings Kunstdenkmale und Wallfahrt.
R. Kriß, Wallfahrtsorte und Volkskunde.
E. Kriechbaum, Praktische Heimatkunde.
Niedermaier, Neuötting.
A. Aßboeck, Burghausen.
Obernberg 19p.
E. Kriechbaum, Heimatarbeit zwischen Salzburg und Passau.
M. Heuwieser, Passau und Obernberg.
Dworschak, Inntal und seine Kulturgeschichte.
G. Kyrle, Unsere Gegend um 600 v. Chr.
G. Weiß, Geschichte v. Reichersberg.
R. Kriß, Kößlern und Langwinkel.
Fink, Asbach und Rottalmünster.
E. Kriechbaum, Sinn und Bedeutung der Heimattagungen.
M. Heuwieser, Passau.
Wasserburg
Thoma, Geschichte von Wasserburg.
Hierl, Wasserburgs Baudenkmale.
Buchheit, Aus der Museumspraxis.
— 44 —
F. Bernauer und E. Kriechbaum, Wo sucht der Gegenwartsmensch
seine Heimat?
B. H. Nötiger, Zur kunstgeschichtlichen Betrachtung alter Bau-
werke.
N. Hoffmann, Nabenden, Baumburg, Seeon.
S. Pückler-Limpurg, Frauenchiemsee, Isen, St. Wolfgang.
I. Weber, Schloß Haag.
Themen bzw. Fachgebiete (insgesamt 140 Vorträge).
Der Tagungsort und seine Umgebung 30
Architektur und Kunstgeschichte 22
Heimatbewegung im Inn-Salzachgau 13
Heimat und Schule 12
Heimatbewegung im allgemeinen 9
Volkskunde und Bauerntum 9
Siedlungskunde und Geschichte 1
Literaturgeschichte 5
Landschastskunde 4
Urgeschichte und Nömerzeit 4
Heimatgeschichte im allgemeinen 4
Kirchengeschichte 3
Familienkunde 3
Heimatschutz und Denkmalpflege 3
Musik- und Tanzgeschichte 3
Volkserziehung 3
Museumskunde 2
Naturschutz 2
Verkehrsgeschichte 2
Technik 1
Vortragenäe mit mehr als r Vorträgen.
E. Kriechbaum 18
M. Heuwieser » 7
N. Guby 6
F. Berger 6
W. M. Schmid 5
M. Hartig 5
A. Depiny 3
H. Karlinger 3
F. Martin 3
K. Stechele 3
I. Weber 3
— 45 —
Alt-LaufenerMallfahrten.
Von lOtto tzelchele.
Aventin hat unser bayerisches Volk gut beobachtet,
wenn er vor 4 Jahrhunderten von ihm schreibt: „läuft
gern kirchfarten" d. h. macht gern Wallfahrten. Es steckt
im bayerischen Blut dieses fröhliche und feste Schreiten
Uber die Scholle, zuerst auf den Straßen der Heimatflur
und dann immer weiter weg von ihr in angrenzende
Pfarreien hinein zum nachbarlichen Besuch, zu einem
weitgerühmten Heiligtum oder zur alten bischöflichen
Mutterkirche der Gegend.
Auch Laufen hatte in vergangenen Zeiten seine statt-
lichen Wallfahrtszüge, die im Laufe des Jahres immer-
hin ein wichtiges Ereignis und Erlebnis waren.
Der weitaus größte Kreuzgang war der nach Salz-
burg-Hallein-Dürrnberg. Aus den Beständen des
Stiftsarchives Laufen konnten die folgenden Angaben
darüber gewonnen werden.
Literatur.
Im Verlag I. Stampfl, Braunau erschienen Sonderhefte:
Heimatlagung Braunau v. F. Berger
Heimattagung Passau v. F. Berger
Heimattagung Laufen v. E. Kriechbaum
Heimattagung Burghausen v. E. Kriechbaum
Heimattagung Mühldorf v. E. Kriechbaum
Heimattagung Salzburg v. E. Kriechbaum
Heimattagung Wasserburg v. E. Kriechbaum
Über einzelne Tagungen berichteten ausführlicher
die Zeitschriften:
Deutsche Heimat, Wien;
Heimatgaue, Linz;
Inn-Isengau, Watzling;
Ostbair. Grenzmarken, Passau;
Tiroler Heimatblätter, Innsbruck;
Südmark, Graz.
— 46 —
Der Salzburger Dom war jahrhundertelang die
Mutterkirche auch für den bayerischen Rupertiwinkel. In
echtem, urchristlichen Gemeinschaftsgeiste zogen die Laufener
alljährlich am Pfingstmontag zu den Heiligtümern der
Landeshauptstadt. Ohne Quellenangabe wird bemerkt,
daß dieser Kreuzgang schon 1376 bestanden habe. Es dürfte
sich dabei wohl um eine Aufzeichnung in den Kustodie-
Rechnungen des Stiftes St. Peter handeln, die von 1354
bis 1490 laufend schon 38 große Pfarreien nennen,
welche alle Jahre zur Mutterkirche kamen.
Die ersten ausführlichen Bemerkungen über diese
Pfingstfahrt bringen die ältesten Zechschreinrechnungen
der Kirche Laufen aus den Jahren 15Ö7 ff. Der Hinweg
wurde, wie ich vermute, zu Fuß gemacht, wohl auf dem
österreichischen Flußufer, in Salzburg wurden die Kirchen
des Domes, der Pfarrei, des Stiftes St. Peter, des Spi-
tales St. Blasius, des Klosters Nonnberg und der Wim-
berg (Jmberg) besucht. Dann zog man am Nachmittag
weiter nach Hallein, hier wurde übernachtet, der nächste
Morgen sah die Laufener in der Wallfahrtskirche Dürrn-
berg und von Hallein aus trat man die Heimfahrt mit
dem Schiff an.
Herkömmlich und pflichtgemäß war das Almosen,
das die Laufener in den verschiedenen Salzburger Kirchen
gaben; in den Dom l fl, in die Pfarr U. L. Frau (heute
Franziskanerkirche) 3 Schilling 24 Pfg., nach St. Peter
4 Schilling, in den Nonnberg 3 Schilling 20 Pfg., in
das Spital 12 Pfg. Der Laufener Gesellpriester, der die
Wallfahrt führte, erhielt dafür 60 Pfg., der begleitende
Kaplan 23 Pfg., zu Salzburg verzehrten sie um 2 fl, 1
Schilling 11 Pfg.. Die 3 Schüler, die die Windlichter
und das Heiltumkreuz trugen, bekamen 24 Pfg. und 2
Pfg. für die Kränze, die um das Kreuz und das Heil-
tum (d. i. Reliquienschrein) gewunden waren. Auf der
fröhlichen Rückfahrt war natürlich sowohl den Schiffern
als auch den andern dienstlich Beteiligten wie Zechpröp-
sten, Mesnern, Sängern und Buben eine kleine Jause
nicht unangenehm, es wurden jedesmal 4 Viertl Wein,
32 Eier, 2 Tauben, ein halbes gebratenes Lamm und
Brot verzehrt.
Als 1621 die Pfarrei Laufen zum Kollegiatstift er-
— 47 —
hoben wurde, fühlte man sich verpflichtet, dies auch in der
reicheren Ausgestaltung der Psingstwallfahrt zum Aus-
druck zu bringen. Vom Klerus nahmen jetzt teil bis
Salzburg 5 Geistliche, bis Hallein 4- Auch der Schul-
meister, Kantor und Organist zog mit, 12 Knaben trugen
Windlichter, kleine weiße Fähnchen und dergl. 1625 nimmt
sogar der hohe Herr Stiftsdekan teil und für ihn wird
eigens ein Reitpferd mitgefühlt.
Auch für das Einläuten in den verschiedenen Kirchen
wurden Abgaben entrichtet (Rechnung 1646) so in Thumb
3 fl, in St. Peter 30 Krz., in Nonnberg 27 Krz. 2 Pfg.,
in Mülln 6 Krz. Der Dommesner erhielt 12 Krz. Trink-
geld, die 4 Ministranten auf dem Nonnberg für das Amt
10 Krz., der Orgelzieher ebensoviel. In Hallein zahlte
man für das Einläuten und das Verwahren der Fahnen,
Kreuze usw. 16 Krz.; denn die schweren Stücke wurden
wohl nicht den steilen Dürrnberg hinaufgeschleppt. In
Dürrnberg selbst gab man 12 Krz. für das Geläut.
Immer reicher wird die Ausstattung der Laufener
Kreuzfahrt. 1658 sind bereits 8 Musikanten und Sänger
beteiligt, die Schiffleute singen von Mülln bis Nonnberg,
also durch die ganze Salzburger Altstadt hindurch deut-
sche Lieder, hinter den prunkenden Kapitelkreuz schreitet
der Dekan und 4 seiner Kanoniker. Als um diese Zeit
sich die Bruderschaften zu einem der blühendsten Zweige
des kirchlichen Lebens entwickelten, nahmen sie auch
entsprechenden Anteil an der Wallfahrt, die Skapulier-
bruderschaft z. B. hatte ihre große Fahne, das Kreuz, 2
Laternen bei sich, die Mitglieder trugen ihre Kutten und
Stäbe.
Der Pfingstmontag war für Salzburg überhaupt der
große Wallfahrertag, vom frühesten Morgen an klangen
durch die Gassen die kräftigen Gebete der Kreuzleute.
Eine Menge von Pfarreien kamen außer Laufen noch
an: Tittmoning, Kay, Fridolfing, Waging, Otting, Oster-
miething, St. Georgen, Erlstätt-Haslach, Vachendorf,
Hallein, Petting, Alm und Abtenau. Zu genau bestimm-
ten Zeiten, um nicht einander zu stören, wurden von den
einzelnen Kreuzen die 4 Hauptkirchen besucht. Laufen
marschierte dann die Salzach aufwärts nach Hallein.
Die Kosten für Nachtquartier und Abendkost betrugen
48 —
hier für alle dienstlich Beschäftigten 6 fl 2 Schilling 48
Krz. (Rechnung 1607). In aller Herrgottsfrüh stieg man
am Dienstag die steile Straße zum Dürrnberg empor.
Von weitem schon grüßte die dortige Marienwallfahrts-
lrirche herunter, die „gläserne Kirche", wie das Volk sie
nannte, weil sie ganz mit glänzendem Marmor außen
verkleidet war, der wie Glas schimmerte, wenn die Sonne
ihn traf. Der Heimweg nach getaner Pflicht wurde sicher-
lich eine fröhliche Fahrt, die zugleich 3 wichtige Punkte
der Salzgewinnung berührte: vom Salzbergwerk auf dem
Dürrnberg über die Salzsiedestadt Hallein zum Laufener
Umschlagsplatz für die kostbare weiße Fracht.
Ein zweiter großer Laufener Kreuzgang fand nach
A l t ö t t i n g statt und zwar alle 3 Jahre im Mai. Die
ältesten Angaben finden sich in der Kirchenrechnung 1621.
Sie enthält folgendes: „für die geistlichen Herren Seba-
stian und Mathiasen das llbernachtgeld bezahlt 1 fl, dem
Schulmeister, Kantor und Organist 2 fl, 6 Windlichter
gekauft ä 20 Krz., für das Tragen des Heiltums 4 Schil-
ling, die Kerze (Opferkerze) auf Otting zu tragen 4
Schilling, den 2 Schulbuben, die fingen helfen je 12 Krz.,
dem Mesner in Otting 24 Pfg. Trinkgeld, in Burghausen
für die 2 Geistlichen das Frühmahl l fl."
1630 beteiligten sich bereits 4 Kanoniker und 16
Musikanten. Damit wuchsen auch die Ausgaben für diese
Fahrt, sie betrugen 1635 für das gesamte Kirchenpersonall 1 fl.
Mit echter bayerischer Brauchtumstreue hielt sich
diese Wallfahrt bis Ende des vorigen Jahrhunderts. Es
fei hier eine Schilderung nach den Erinnerungen alter
Laufener etwa aus der Zeit um 1850 gegeben. Früh 4
Uhr fand in der Stift die Pilgermesse statt. Nach ihr er-
folgte der Auszug und zwar aus der Michaelskapelle
durch eine Türe an der Westseite, die nur für diesen
einen Zweck geöffnet wurde. Priester, Ministranten, Fahnen-
träger und weißgekleidete Jungfrauen mit der großen
Opferkerze schritten zum Salzachstrand. Dort beim Wein-
haus (später Krankenhaus, heute Schlosser Huber) lag
das Pilgerschiff bereit. Schifführer war der Gstöttner vulxo
Hagetatsch. 200 Personen faßte die Plätte. Punkt 5 Uhr
setzte sich das reichgeschmückte Fahrzeug in Bewegung. Die
Pilger sangen das Lied: „Geleite durch die Wellen". So
— 49
glitt in der herrlichen Maimorgenfrische das Schiff zwischen
den Steilufern der Salzach stromabwärts. Gebetet wurde
auch» manchmal sogar eine »»Seepredigt" gehalten. Gefürchtet
war besonders die Stelle am Tittmoninger Brückenjoch,
die immer unter lautem Gebet passiert wurde. In Burg-
hausen stieg man aus» machte Mittag und pilgerte dann
zu Fuß nach Altötting. Im Burgkirchener Gasthaus wurde
eine kleine Rast eingelegt. Gegen 1/24 Uhr zog man in
Altötting ein. Man blieb hier über Nacht, erfüllte die reli-
giösen Wallfahrerpflichten und am nächsten Tag trat man
den Heimweg an. Die meisten machten ihn wieder zu Fuß,
für Ermüdete stand in Altötting oder in Burghausen ein
Stellwagen des Boten Gugg bereit.
Dieser Ottinger Kreuzgang hielt sich länger als der
Salzburger. Die seelenkalte, bürokratische Zeit der Auf-
klärung war jedem Volksbrauch abhold. So rückte man
auch den Wallfahrten zu Leibe. Es hagelte förmlich Ver-
bote. 1785 wurde das Übernachten bei Kreuzgängen unter-
sagt, 1788 das Mitführen der Bruderschaftszeichen und
Fahnen in der Stadt Salzburg. 1807, als der Kampf
gegen den Volksbrauch etwas mehr abebbte, wurde den
Laufenern statt des Pfingstganges nach Salzburg ein
solcher nach Arnsdorf oder Maria Bichel gestattet. Heute
hat im Zeichen des Autobus und der Sonntagskarte das
Wallfahren viel von seinem Reiz und seiner Schollen-
frische verloren.
Lnzelsberg.
Jur Geschichte eines altbagecischen Bauernhofes
unü seiner Besitzer.
von StuSienrat Dr. Dr. £ o 11 Lrlacher, München.
Enzelsberg heißt ein kleiner Berg, eine Anhöhe
östlich der Staatsstraße Tittmoning-Burghausen gelegen,
etwa V2 Stunde von Tittmoning entfernt. Die Lage
des Berges ist unstreitig eine der schönsten, die man sich
an der Salzach denken kann; die Höhe des Hügels
gewährt einen herrlichen Rundblick: gegen Osten das
steilabfallende Salzachufer, gegen Süden das Alpenpa-
norama von den Salzburger über die Chiemseer Berge
— 50 —
hinaus, gegen Westen den romantischen Leitgeringer
See, gegen Norden der Blick auf das uralte Kirchlein
zu Asten, dazwischen eingestreut Bauernhöfe, Kapellen
und Kirchen, Wälder, Wiesen und Felder.
Enzelsberg erscheint in der ältesten urkundlichen
Form als Enzilesperg von Enzilo, einer Koseform
für Heinrich. Hein entstand aus hegin = einhegen,
einfriedigen. Enzelsberg ist demnach der Berg des Enzilo
oder Hegers'.
Zwei stattliche Bauernhöfe krönen die höchste Stelle
des Hügels, das Bauern - und das D anzlanwesen,
wie die Hofnamen heißen. Nur der erstere Hof soll hier
geschichtlich betrachtet werden. Die Vergangenheit des
Danzlhofes (Tänzl) ist geschichtlich wohl die gleiche und
erst mit den Besitzern im 17. Jahrhundert trennen sich
die Wege in der Betrachtung Enzelsbergs. Beide Höfe
bildeten in der Urzeit wohl einen einzigen ganzen Hof,
der dann später in zwei halbe Höfe oder Huben auf-
geteilt wurde. Die heutige Größe entspricht der in dorti-
ger Gegend üblichen Größe der mittleren Bauernhöfe:
jeder Hof umfaßt etwa 120 Tagwerk einschl. Holz-und
Augrund.
Wie die meisten Bauernhöfe in früherer Zeit waren
auch die beiden Enzelsberger Anwesen einer Grundherr-
schaft untertan und somit dienstpflichtig und zwar dem
Kloster Nonnberg zu Salzburg, das in der Gegend
überhaupt reiche Besitzungen hatte. In den Grundzins-
büchern des Klosters werden die Höfe schon im Jahre
1212 genannt. Jedes Gut hatte abzuführen:
„1 mutt habern
2 swein
6 schot har
20 dn
soll fueren 9 mutt
schefrecht 15 dn
von der hofstat 20 dn."
Der Grundzins ändert sich fortwährend, Zeitläufte,
Mißernten, Besttzänderungen in den Personen waren
1) Brixner, 100 Ortsnamen des Distriktes Tittmoning,
in: Heimatfreund im Salzachgau (Beilage zum Tittmoninger An-
zeiger) 2. Iahrg. (1922), Nr. 12 und 13.
— 51 —
die Ursachen. Etwa vom 16. Jahrhundert an wird nur
mehr eine Geldsteuer erhoben, die Naturalabgaben wer-
den in Geld umgerechnet. Vorübergehend erfährt das
Danzlanwesen eine Teilung. Im Jahre 1453 tritt ein
drittes Gut zu Enzelsberg auf: die Söldn. Ihre Besitzer
heißen wie die des Danzlhofes: Winkler (vorher auf
dem Danzlgut Kalch).
Die ersten Inhaber des Bauernanwesens werden im Jahre
1412 genannt: Ulreich und Friedl. Ob und in welchem verwandt-
schaftlichen Verhältnis die späteren Bescher zu ihnen standen, ist
nicht festzustellen. Wahrscheinlich handelt es sich um Nachkommen
bei Steffan, Lienhart frater und Margret. Letztere scheint das An-
wesen übernommen zu haben, weil ihr Mann Andreas als ihr
Hauswirt (zu Enzelsberg) bezeichnet ist. Im Jahre 1509 heiratet
sie ein zweites Mal. Ihr Mann hieß Hans. Hier wäre demnach
scholl ein Wechsel im Familiennamen der Enzelsberger eingetreten,
wenn nicht der einheiratende Hans sofort den Hausnamen Paur
angenommen hätte, wie sich aus folgenden Gründen ergibt.
Als Inhaber des Hofes werden im Jahre 1550 Cristan, Els-
peth lmd Sebastian erwähnt, 1579 zum ersten Mal ein Hans mit
dem Namen Paur. Letzterem wurde — zusammen mit seiner
Hausfrau Anna — vom Kloster Nonnberg die Erbgerechtigkeit auf
dem Hofe verliehen, der vorher freististsweise dieser Grundyerrschaft
wltertan war. Als Nachfolger des Hans und der Anna Paur
wird wieder ein Sebastian Paur (1602) genannt. Seine Frau hieß
Ottilie. Es wäre nun ohne Annahme eines verwandtschaftlichen
Bandes und geradliniger Abstammung doch recht merkwürdig,
wenn rein zufällig auf einen Hans ein Sebastian, auf diesen wieder
ein Hans ulld schließlich auf jenen wieder ein Sebastian folgte.
Sebastian Paur wird auch mit dem Ortsnamen bezeichnet als
Sebastian Enzelsberger (Wastl Enzelsperger etc.). Sein Nachbar
(Täilzl, Danzl etc.) wird wohl auch in den Grundbüchern als
Bauer zu Enzlsperg aufgeführt, erhält jedoch nie den Beinamen
Enzelsberger. Beide Enzelsberger Bauern hatten beim Vogtgericht
M ü l h a m , dem sie mit den Höfen zugeteilt waren, 4 Metzen
Haber und 2 Hühner abzuliefernd
Im Jahre 1608 dürste die erste Frau Sebastians gestorben
sein, da 1609 seine zweite Frau, Barbara Geißreutterin,
erwähnt wird. Diese heiratet nach dem Tode Sebastians (sicher vor
1609) den Balthasar Prummayr, allem Anschein nach von Leit-
gering. Aus dieser Ehe entstammt Gertraut Prummayrin, die im
Jahre 1640 den Gerhart Erlach er von Erlach am Waldt,
Neuöttinger Landgericht, ehelichte, wohl in Ermangelung eines
1) Im Jahre 1592/93 wurde für Hans Paur von Enzlsperg
die Erbgerechtigkeit der Hube (— halber Hof) auf 150 Gulden
angeschlagen, der Wert seiner Mobilien auf 76 Gulden. (Bayer.
Hauptstaatsarchiv München, Gerichtsliteralien Mühldorf, Salzbur-
ger Herkommens Nr. 498, S. 187 bzw. Nr. 364, S. 23 und 27.)
— 52 —
männlichen Hoferben. Die Schwester Gertrauts, namens Magda-
lena, hatte sich schon vorher (am 15. Juni 1636) mit Michael
Oellerperger zu Oellperg verheiratet, dessen Familienname Resch
auf seine Abstammung vom gleichnamigen Bauerngut zu Leitgering
hinweist.
Gerhard (auch Erhard) Erlacher entstammt ebenfalls einem
altbayerifchen Urhof, der bereits in einem Grundzinsbuch des Jahres
1224 auftritt und genau wie die Enzelsberger Höfe heute noch exi-
stiert. Nach dem Tode Gerhards am 27. Juni 1680 übernahm fein
einziger Sohn Balthasar den Hof und heiratete Barbara Bi-
sch offin von Meggenthal. Der Ehe entsproß u. a. auch Peter,
der nach dem Tode seines Vaters den Hof erhält. Er ehelicht Maria
D a n n e r i n, Bauerstochter von Haigermoos. Der Umstand, daß
die Eheleute an zwei aufeinanderfolgenden Tagen beerdigt werden,
läßt den Schluß zu, daß die beiden einem Unglücksfall zum öpser
fielen. Der älteste lebende Sohn Josef wird Bauer und heiratete
zunächst Salome Irlmayrin von Nilling am Mayrgut. Die Ehe
war nur von kurzer Dauer und überdies kinderlos. In zweiter Ehe
(am 6. Juli 1745) war Josef mit Eva Hinterkirchnerin ver-
heiratet. Auch diese Ehe war nur von kurzer Dauer. Am 13. Febr.
1753 sehen wir Josef wieder vor dem Traualtar, diesmal mit der
Witwe Katharina Paulin. Auch diese Ehe war kurz und kinder-
los. Die vierte Ehe ging Josef am 18. Juni 1759 mit Maria
Wallnerin, Schmiedtochter von Inzing, ein. Aus seiner zweiten
Ehe stammt sein Nachfolger Michael, der Rosina Wimmerin von
Walch heiratete (1772). Der Ehe entsproß u. a. auch der Begründer
der Erlacher Linie zu Dunstig (bei Asten) beim Schneiderbauern,
Jakob, welcher 1813 die Tochter des damaligen Schneiderbauern
Anna Lechner zur Ehe nahm. Nachfolger auf dem väterlichen
Gute zu Enzelsberg wurde der jüngere Bruder des Jakob, namens
(Johann) Georg, welcher 1808 mit Maria Freidl von Katzwalchen
den Bund fürs Leben schloß. Beider Sohn Georg (der Urgroßvater
des Verfassers dieser Zeilen) folgte im Jahre 1841 dem Vater im
Besitze des Anwesens und ehelicht Maria Kastenknecht von Burg-
kirchen an der Alz. Der älteste Sohn des Georg namens Josef
(Großvater des Verfassers) erlernte das Zimmererhandwerk und war
in Tittmoning ansässig. Weit im Umkreis war er bekannt wegen
seiner Größe und Kraft. Der zweite Sohn des Georg, namens Se-
bastian, wurde anläßlich einer Rauferei bei einer Hochzeit im öster-
reichischen gestochen und starb, nur 21 Jahre alt, an Hirnblutung
am 30 Dez. 1863. Seine Schwester Walburga erhielt das Anwesen.
Durch ihre Ehe mit dem Bauerssohn Haunberger und mit dem
Tode des alten Bauern von Enzelsberg erlischt die Erlacher-Linie
zu Enzelsberg im Jahre 1903. Walburga, die letzte geborene Er-
lacher von Enzelsberg, starb 1921. Somit war der Name Erlacher
fast 300 Jahre auf dem Bauernhöfe zu Enzelsberg Da auch Wal-
burga keinen erbberechtigten männlichen Nachkommen hatte, ver-
schwindet mit der Heirat ihrer Tochter Rosa, die das Anwesen
2) Oberbayer. Kreisarchiv München, Briefsprotokolle Nr. 813
vom Jahre 1640.
— 53
übernahm, auch der Name Haunberger von Enzelsberg und machte
dem Namen Waritschlager Platz Der Bauer Waritschlager fiel
auf dem Felde der Ehre. In zweiter Ehe nahm sich Rosa einen
Stallerbauerssohn von Dorsen (bei Asten) Russinger zum Mann,
der heute in vorbildlicher Weise das Anwesen bewirtschaftet.
Rechtsgeschichte unö Heimatforschung.
von Assessor Karl vourier / München-ßürstenftlübruck.
(Aus einem Vortrag, gehalten aus dem vom Institut für Deutsche
Rechtsgeschichte an der Universität München veranstalteten Heimat-
abend „Recht und Volkstum" in Rimsting.)
Blut und Boden hat das neue Reich wieder erkannt
als reichste Kraftquellen der Nation. Der Historiker kann
an dieser Erkenntnis nicht achtlos vorübergehen; am aller-
wenigsten kann die Heimatgeschichte sich ihr verschließen.
Was bedeutet dies für unsere Arbeit? Übersetzen wir
einmal diese beiden Begriffe, die in Wirklichkeit ja eins
sind, in die Sprache unserer Heimat und Volkstumsfor-
schung, so begegnen uns die wohlvertrauten Werte von
Volkstum und Heimat: zwei Güter also, auf deren
Pflege die Heimatbewegung schon bisher bedacht war.
Was geht nun aber Volkstums- und Heimatfor-
schung uns Juristen an? Darauf antworten wir: Viele
von uns waren niemals eins mit den Rechtspositivisten
einer materialistischen Zeit — nie eins mit den wurzel-
losen Vertretern eines „reinen Rechts", das nicht tief
verwurzelt ist im lebendigen Volkstum.
Erinnern wir uns dabei immer, daß es einmal eine
Zeit gab, da das menschliche und völkische Leben nicht
in Einzelerscheinungen aufgelöst war, wie es liberalistische
Zeiten immer mit sich brachten, eine Zeit, in der vielmehr
der mächtige Strom unserer Kultur dahinfloß in einer
großen, geschlossenen Einheit: Religion und Sitte» Kunst
und Recht waren eng verwoben, weil alle sie zusammen
tief verankert waren in Gott und Volk. Und somit war
auch das Recht dem Volke nicht etwas von außen an
den Volksgenossen Herantretendes, ihn etwa tyrannisch
Beherrschendes, das neben ihm steht oder über ihm schwebt,
das vom Volke nicht verstanden zu werden braucht, weil
sein Verständnis einer auserwählten Zunft vorbehalten
54 —
ist, — sondern es kam aus dem Volke, ging mit dem
Volke und durchflutete das gesamte Leben des Volkes.
So folgt, daß auch rückwärtsschauend alle historische
Forschung sich nicht in einzelne, getrennte Wege verlieren
darf, sondern daß sie alle Erscheinungen unserer Kultur
in einer Einheit umfassen muß. Und so sehen wir, daß
eingedenk der früheren lebensvollen Verbundenheit von
Recht und Volkstum auch bei Erforschung der Geschichte
— und hier gerade wieder in der Kleinwelt der Heimat-
geschichte — die Rechtsgeschichte nicht vergessen werden
darf, um ein lückenloses Gesamtbild zu entwerfen.
Was bedeuten da beide Fächer einander? Die Be-
deutung der lokalen Quellenforschung als Baustein zur
Rechtsgeschichte soll hier nicht gewürdigt werden; hier in
diesem ländlichen Kreise interessiert vielmehr die Frage,
was die Rechtsgeschichte unserer Heimat- und Volkstums-
forfchung bieten kann.
Die praktische Verwertbarkeit eingehender Kenntnisse
aus dem Gebiete alten Rechts vermag vor allem der
Ortsgeschichtsforschung wertvolle Hilfsdienste zu
leisten. Josef Weber* hat dies einmal angedeutet: In Er-
kenntnis der Wendung, die die Geschichtswissenschaft im
letzten Drittel des vergangenen Jahrhunderts zur Kultur-
geschichte im weitesten Sinne genommen hat, fordert er,
daß eine Ortsgeschichte sich nicht darin erschöpfen darf,
die urkundlichen Nachrichten chronologisch aneinanderzu-
reihen, die Pfarrer und Lehrer und ihre Leistungen auf-
zuzählen. „Es handelt sich auch nicht darum, möglichst
viele außerordentliche Ereignisse — Kriegsnöte, Teuerungen,
Brände — zusammenzustellen, sondern darum, ein Bild
der früher herrschenden Zustände und ihrer allmählichen
Wandlung, ein Bild von dem, was man im allgemeinen
Sinne unter Kulturgeschichte begreift, zu entwerfen." Daraus
ergibt sich, daß hierzu der Ortsgeschichtsforscher nicht bloß
mit der Landesgeschichte vertraut sein muß, sondern „auch
1) Josef Weber, Richtlinien und Hilfsmittel für die Orts-
und Pfarrgefchichtsforfchung, in: „Der Inn-Isengau" 6 (1928), S.
100 ff. Hier ist auch die gleiche Stellungnahme des Bayerischen
Hauptstaatsarchivs zu nennen: „Ratschläge für bayerische Ortsge-
schichtsforscher", in: Sonderheft 121 der „Deutschen Gaue", Hrsg,
vom Bayer. Hauptstaatsarchiv (1932), S. 3,
55 —
hinreichende Kenntnisse der allgemeinen Kulturgeschichte,
der Verfassungsgeschichte, sowohl der staatlichen und kirch-
lichen, der Rechts- und Wirtschaftsgeschichte sich aneignen"
muß.
Schon zu Beginn jeder Ortsgeschichtsforschung hat
man sich mit rechtlichen Fragen auseinanderzusetzen. Da
tritt besonders das wichtige Problem der Grundherrschaft
auf; dann folgen die mit Vogtei und Vogteireichnissen,
Markt, Münze und Zoll zusammenhängenden Fragen.
Im weiteren Verlaufe der Untersuchung kommt dann
meist die Frage nach der rechtlichen Entwicklung des Ge-
meinwesens, wobei man sich mit den Begriffen Grafschaft,
Ministerialität auseinanderzusetzen hat, weiterhin mit der
Frage, ob es sich um eine Stadls einen Marktb, e{ne
Hofmark^ oder ein einfaches Dorf handelt. Gerade der
Stadt- und Marktgeschichtsforscher kann nur immer zu-
gleich Stadtrechts- und Marktrechtsforscher sein. Kennt er
nicht die ganze bunte Verzweigtheit mittelalterlichen
„Gemeinderechts", so bleibt ihm der reichste Urkunden-
schatz eine tote Masse, die für ihn nicht ihre eindrucks-
volle Sprache reden kann. Gerade die reiche Fülle der
Stadt- und Marktrechte erschließt sich nicht nur dem Rechts-
historiker: auch der Heimatforscher vermag aus ihnen
reichen Gewinn zu ziehen für seine Forschung. Aus ihnen
erhalten wir doch oft den einzigen Aufschluß über die
älteren wirtschaftlichen und kulturellen Verhältnisse einer
Stadt: über den Markt mit seinem bewegten Treiben, ja
über die Stadtbewohner in ihren verschiedenen Lebens-
verhältnissen und — immer noch zu wenig berücksichtigt
2) Neuere Beispiele: Werner Schultheiß, Die Entwicklung
der Grafschaft und Stadt Burghausen, in: „Burghauser Geschichts-
blätter" (1931). Ders., Die Entwicklung Wafferburgs im Mittel-
alter. Ein Beitrag zur Verfassungsgeschichte der bayerischen Städte,
in: „Der Inn-Isengau" 10 (1932), S. 1 ff. I. Kl. Stadler, Bei-
träge zur Rechtsgeschichte der Stadt Salzburg im Mittelalter, in:
„Südostbayerische Heimatstudien" 9. Bd. (1934).
3) Beispiel: Hans Dachs, Das Marktrecht von Hohenburg
auf dem Nordgau, in: „Verhandlungen des Hist. Vereins von Ober-
pfalz und Regensburg" 84. Bd. (1934).
4) Zur Rechtsgeschichte der Hofmarken vgl. Karl Bourier,
Die Hofmark Guttenburg am Inn. Ein Beitrag zur Geschichte der
altbayerischen Agrarverfassung, in: „Der Inn-Isengau" 9 (1931 ff.)
— 56 —
— in ihrer völkischen Zusammensetzung» dann besonders
über die breite Schicht der Gewerbetreibenden in ihren
Zünften und Zunstgassen. Aus Nebenbemerkungen bekom-
men wir dann oftmals reizvolle Bilder der übrigen kul-
turellen Zustände. Wenn wir endlich den Grundriß der
Stadt überblicken, so wird heute noch die ganze Gerichts-
und Verwaltungsorganisation lebendig, wenn wir in
rechtsgeschichtlicher Betrachtung die Burg als Sitz des
Stadtherrn, den Marktplatz mit seinem dominierenden
Rathaus als Sitz der bürgerlichen Stadtgewalt und das
Gericht beobachten. Und aus der kirchlichen Rechtsge-
schichte treten deutlich in der Stadtsilhouette, Pfarrkirche,
Ordenskirche und Spitalkirche unterschiedlich in Erscheinung.
So erkennen wir auch im heimatlichen Städtebild recht-
liche Einflüsse auf die Formgebung der Stadtanlage.
Nicht zuletzt aus der Unkenntnis rechtlicher Fragen
erklären sich oft die Ungereimtheiten, die leider für den
allergrößten Teil der Ortsgeschichten des 19. Jahrhunderts
typisch sind.
Anderseits fließen aus den Kasten und Laden eines
Archivs für den Kenner der rechtlichen Zusammenhänge
lebendige Ströme der Geschichte. Wir wollen ganz schwei-
gen von der feierlichen Form der Rechtsurkunden, wie
Privilegien, Gerichtsbriefe und Taidigungen, Kauf-, Tausch-
und Schenkungsbriefe; der erfahrene Rechtshistoriker
kann aber an scheinbar unbedeutenden Kleinigkeiten oft
wichtige Entwicklungslinien anknüpfen, die sonst mangels
anderweitiger Quellen undurchsichtig wären: Weiß man
rechtsgeschichtliche Dinge richtig zu deuten, so bricht einem
aus einer anscheinend ganz nebensächlichen Notiz, etwa
einer Zeugenreihe oder einer Rechtsformel, blitzartig neues
Licht für die älteste Vergangenheit, die ohne Deutung der
rechtlichen Umstände immer dunkel geblieben wäre.
Noch nicht so alt ist die Erkenntnis, daß auch die
Namenforschung außerordentlich wichtige Beiträge zur
Rechtsgeschichte wie auch wieder umgekehrt vermitteln
kann. In einem grundlegenden Aufsatz über „Flurna-
men und Rechtsgerichtet hat Eberhard Frhr. von
5) Zeitschrift der Savigny-Stistung für Rechtsgeschichte, Germ.
Abt. 51, S. 93 ff.
— 57
Künßberg dargetan, daß man nicht vorbeigehen darf an
den Flurnamen, zu deren Deutung und Auswertung für
die geschichtliche Erkenntnis die Rechtsgeschichte oft wesent-
lich, ja in vereinzelten Fällen allein, beitragen kann: „Flur-
namen und Rechtsgeschichte haben ihr gemeinsames Arbeits-
feld, wo von dem verbundenen Paar Ort und Wort eins
von beiden oder auch jedes mit dem Rechte zu tun hat,
rechtlich von Bedeutung ist. Oder anders ausgedrückt:
Die Namen der Rechtsorte und die Rechtswörter als
Namen interessieren die Rechtsgeschichte; doppelt natürlich,
wenn ein Rechtsort einen Namen trägt, der ein Rechts-
wort ist, wenn sich also die Kreise Rechtsort und Rechts-
wort überschneiden." Einige Beispiele: Bei Rechtsorten
wird gedacht an Orte, die eine rechtliche Bestimmung
hatten, vor allem Dingstätten und Orte des regelmäßigen
Strafvollzugs; Orte, wo gewisse Rechtshandlungen vor
sich gingen, z. B. Maut- und Zollstätten; endlich Orte,
bis zu denen Rechte reichen, also Grenzen und Grenz-
punkte. Was ist nun der vornehmlichste Gewinn aus
solchen Untersuchungen für die Heimatgeschichte? „Das
Leben der Gemeinde tritt uns in seiner ganzen Mannig-
faltigkeit entgegen. Alle Abschattierungen genossenschaft-
licher Beziehungen in Besitz und Nutzung von Feld und
Wald, Ackerbau und Viehzucht haben ihre Spuren aus
früherer Zeit in den Flurnamen zurückgelassen. Wie die
Flur eingeteilt ist, wie sie begrenzt ist, das lesen wir aus
den Namen" (Künßberg).
Eine notwendige Ergänzung zu diesem Gebiet wäre
noch das Thema Ortsnamen und Rechtsgeschichte.
Bei den Ortsnamen spielen besonders die Amtsnamen
eine große Rolle. So Kaiser und Könige Herzog, dann
die Fürsten als die nach 1180 Fürstenrecht und Landes-
hoheit erlangenden Herren (in Bayern Wittelsbacher und
geistliche Herren), die Grafen und endlich der Hundert-
schaftsrichter. Beispiele: Königswiese (bei Passau, inmitten
königlichen Gutes), Fürstenseld und Fürstenzell (wittels-
bachische Klostergründungen), Grafing (Zinspflichtige eines
Grafen) usw., Hundsdorf, Hundham, Hinding in Nähe
von anderen rechtsgeschichtlich bedeutsamen Orten (wie
Schergendorf, Richterstätt). Dann sei, wie schon oben bei
den Flurnamen auf alte Dingstätten als Ortsnamen —
58 —
allerdings seltener — hingewiesen, wie Malching (malaeihhi),
Schergenham, Würglingo usw. An Rechtsbeziehungen
sei auf die Abhängigkeitsverhältnisse hingewiesen, wo vor
allem die Frage der „ing"-Orte einen wichtigen Raum
einnimmt. Hier sei nur auf den bedeutungsvollen Aufsatz
von Hans Dachs: „Die bairischen -ing-Orte und die
Frage: Sippensiedlung oder Grundherrschaft?"? verwiesen,
der dem Problem einen neuen Weg der Lösung weist.
Für die Volkstumsforschung ist in diesem Zusam-
menhang endlich von größter Bedeutung die Erkenntnis,
daß auch zwischen Rechts geschichte und Familien-
namen ein inniger Zusammenhang besteht. Dies hat
erstmals Ludwig Leiß in seiner Arbeit „Bayerische Fa-
miliennamen und Rechtsgeschichte"b an Hand von etwa
tausend Familiennamen überzeugend darzustellen vermocht.
Ganz kurze Andeutungen mögen hier genügen: So rollt
besonders der Name Maier in seinen verschiedenen Formen
einen ganzen Fragenkomplex auf. Wichtig sind auch jene
Familiennamen, die sich auf die mittelalterliche Grund-
besitzverteilung beziehen, so etwa Hofer, Hofbauer, Huber,
Lehner, Söldner usw.
Nur gestreift sei der Zusammenhang von Pfarrge-
schichte und Rechtsgeschichte. In dieser Erkenntnis hat
erst jüngst der Landesverband für nationale Volkser-
ziehung Fachgruppen für Rechts- und Pfarrgesthichte
eingerichtet, deren Mitarbeiter in enger Zusammenarbeit
stehen. Die von Josef Weber für den Forschungsring des
Landesverbandes ausgezeichnet bearbeitete „Anleitung
zur Abfassung einer Pfarrgeschichte"^ eröffnet den Blick
für die Fülle rechtlicher Fragen, die es bei der Ausar-
beitung einer Pfarrgeschichte zu klären gilt.
Unendlich viel wäre noch zu sagen über den Einfluß,
den das so sinnenfällige mittelalterliche Recht auf das
Brauchtum unserer Vorfahren und im Zusammenhang
6) Hans Dachs, Zur Ortsnamenkunde des Bezirkes Erding.
Ein Beitrag zur altbairischen Siedelungsgeschichte, in: „Der Inn-
Isengau" 11 (1933), S. 33.
7) „Heimat und Wandern" (Regensburg 1930), Nr. 1.
8) „Südostbayerische Heimatstudien" 10. Bd. (1934).
9) „Südostbayerische Heimatstudien" 12. Bd. 1935. (Erweiter-
ter Sonderdruck aus „Volk und Heimat" Ihrg. 1935, Nr. 3.)
— 59 -
damit auf die Volkskunst gewonnen hat. Hier sei im
allgemeinen auf Hans Fehrs „Das Recht im Bilde"
(1923) verwiesen und auf das neueste Schrifttum, in dem
als Einzeluntersuchung Eugen Wohlhaupters „Wallfahrt
und Recht"'" Beachtung verdient. Wie fruchtbar rechts-
geschichtliche Untersuchungen für die Erforschung der
Kultur- und Sittengeschichte des Volkes sein können,
zeigt auch neuerdings Fr. von Daumillers Untersuchung
über „Die strafrechtliche Lehre von Ehebruch und Biga-
mie nach ihrer geschichtlichen Entwicklung in Altbayern"".
Wenn wir immer wieder fordern, daß auch der
Historiker in erster Linie nicht für einige wenige Fach-
kenner, sondern für das Volk schaffen muß, so tritt auch
die Heimatgeschichtsschreibung, wenn sie das rechtliche
und soziale Leben gemeinverständlich behandelt, an das
Volk heran. Es ist eine richtige Beobachtung Josef Webers
(a.a.O.): „Stets wird man namentlich im Landvolk Ver-
ständnis für die Frage finden, wie die Vorfahren gelebt
und gewirtschaftet haben, welche Besitzrechte ihnen zu-
kamen, welche Lasten sie zu tragen hatten."
Wenden wir damit unseren Blick zurück in die Ver-
gangenheit; wie schon zur Karolingerzeit die drei Dinge
zugleich die großen Waffenversammlungen des Volkes
waren, so bildeten das ganze Mittelalter hindurch die
heute noch im Volksleben und Volksbewußtsein fortle-
benden Ehafteidinge'^ in den Hofmarken und kleineren
Gerichtsbezirken das große Treffen aller Volksgenossen.
Jeder wurde am Vorabend, wie es in den Weistümern
so schön heißt, bei „scheinender Sonn" vom Amtmann zum
allgemeinen Gerichtstag aufgeboten. Und so erschienen
denn auch alle, um mit ganzem Herzen Zeugen zu sein,
wie Recht gesprochen und die Verwaltung geregelt wurde.
Damals konnte man noch wahrhaft von innerster Ver-
10) In: „Wallfahrt und Volkstum in Geschichte und Gegen-
wart", Hrsg. v. G. Schreiber (Forschungen zur Volkskunde H.
16/17, 1934).
11) „Südostbayerische Heimatstudien" 6. Bd. (1933).
12) Dies zeigte in einem reizenden Beispiel der Volksbrauch
der „Ohlstädter Iahrgmoa" auf dem Heimatabend des Instituts
für Rechtsgeschichte in Ohlstadt (1934). Vgl. auch I. Kl. Stad -
l er, Das Altöttinger Hofmarksrecht, in: „Unsere Heimat" 3 (Alt-
ötting 1934), Nr. 6.
— 60 —
bundenheit jedes Volksgenossen mit Recht und Rechts-
brauch sprechen. Wenn es auch natürlich heutzutage nicht
mehr möglich ist, an dieser patriarchalischen Form festzu-
halten, so soll doch jeder im Rechte nichts Fremdes sehen,
sondern Geist- und Blutmäßiges, aus dem edelsten Erlebnis
des Volkstums. Dieses Erlebnis aber möge aus dem
Verständnis der Geschichte quellen I Damit erwächst auch
für uns alle» die wir in der Stadt begeisterte Volkstums-
und Heimatarbeit leisten, eine echte und zwingende Pflicht:
das Volk bekannt zu machen mit dem unzerstörbaren echt
deutschen Gehalt des alten Rechts, auf das auch ein den
modernen Verhältnissen genügendes Recht in seinem We-
sensgehalt zurückführen wird.
700 Jahre Ätaöt Hurghaufen'.
Line Suchbesprechung von Dr. Josef tzauser.
Wohl keine Stadt Altbayerns hat eine so reich bewegte
Geschichte hinter sich als die alte Herzogs- und Regierungs-
stadt am .Salzachstrand, keine auch dürfte sich rühmen kön-
nen, schon in so frühen Zeiten mit den städtischen Rechten
beliehen worden zu sein. (Ls ist daher verständlich, wenn die
700 jährige Feier der Stadterhebung in besonderer Weise be-
gangen und auch in einer Festschrift die Bedeutung dieses Er-
eignisses gebührend unterstrichen wird. Natürlich kann und
will die Iubiläumsschrift mit ihren verschiedenen Aufsätzen
keine zusammenfassende Geschichte des Burghauser Gemein-
wesens sein — diese findet der Geschichtsfreund in der auch
heute noch nicht übertroffenen „Geschichte der Stadt Burg-
hausen" von Dr. I. G. Bonifaz Huber 1862 — sie will viel-
mehr nur einzelne Ausschnitte aus dem wechselvollen Geschehen
der Stadt von ihren ersten Anfängen bis in die Gegenwart
bieten.
Nach einem Geleitwort des Stadtoberhauptes, rechtskund.
Bürgermeister August Fischer, entwirft zunächst der Heraus-
geber, Stud.-Prof. Dr. Anton Asboeck, in markanten Strichen
in einer „Chronik von B u r g h a u s e n" ein Gesamtbild
der Stadtgeschichte, in der Zeiten des Glückes und Glanzes mit
Tagen der Not und des Leides in reichem Wechsel sich ab-
lösen. Wir schauen zurück in die Frühzeit der Burg und Stadt,
1) 700 Jahre Staöt Surghausen. Festschrift zur 700-Iahr-
feier der Stadlerhebung 1235—1935. Mit 6 Bildern. Im
Auftrag des Stadtrates besorgt von Dr. Anton Asboeck. Burg-
huusen 1935. Verlag: Stadtmuseums- und Altertumsverein
Burghausen. 117 S., kart. Mk. 1.20.
— 61
erleben den Aufstieg der Herzogstadt 1253—1505, erfahren von
den Schicksalen der Haupt- und Negierungsstadt (Rentamt)
1505—1802 und begleiten die stille Kleinstadt im 19. Jahrhundert
bis herauf in unsere Lage. Als Ergänzung und Vertiefung
fügen sich die Ausführungen „Zur ältesten Entwick-
lung B u r g h a u s e n s" von Dr. Josef Kl. Stadler-Mün-
chen in den Rahmen des Gesamtbildes ein. Am Fuße der in
den Zeiten der Angarneinfälle als „Fliehburg" und später
als karolingischer Wirtschaftshof dienenden Burg mochte schon
im 9. Jahrhundert die Siedlung Burghausen (= bet den
Häusern an der Burg) entstanden sein. Line Zeit lang im
Besitze des zur weitverzweigten Aribonenfamilie gehörigen
Grafengeschlechtes der Sigharde kommt um 1164 Burg und
Grafschaft (zunächst ohne Stadt) an Herzog Heinrich den
Löwen und nach diesem an die Wittelsbacher — nach dem
Aussterben der Lebenauer 1229 auch die Stadt. Wenn auch mit
Vorliebe 1235 oder 1236 als Jahr der Stadterhebung durch
Otto II. genannt wird, so dürfte doch „erst die zweite Hälfte
des 13. Jahrhunderts die eigentliche Formung und Aus-
gestaltung der inneren Stadtverfassung" gebracht haben. Den
Schlußpunkt in dieser Entwicklung bildet die Verleihung des
Stadtrechtes (21. März 1307). — Der Beitrag „Die M ä r k t e
von B u r g h a u s e n" von Staatsarchivdirektor Dr. A. Mit-
terwieser-München berichtet von der im Wirtschaftsleben der
mittelalterlichen Städte einschneidenden Regelung des Markt-
wesens, von der Verleihung des Marktrechtes (um 1230)
und den verschiedenen Arten der Märkte (Jahrmärkte, Vieh-
märkte, Wochenmärkte, Getreide- und Weinmärkte). — Auf
ein anderes Gebiet führt uns der Aufsatz „Die Bezie-
hungen zwischen Raiten Haslach und Burg ha n -
sen bis zum Ausgang des Mittelalters" von
Edgar Krausen-München. Bei der starken Verbundenheit der
mittelalterlichen Klöster mit dem Volksleben konnte es nicht
ausbleiben, daß zwischen Raitenhaslach und dem nahen Burg-
hausen mancherlei Beziehungen sich herausbildeten. Wie ander-
wärts neugegründete Klöster durch Vergabungen und Schen-
kungen aller Art seitens des begüterten Adels der näheren
Amgebung in ihrer Existenz gesichert wurden, so durfte sich
auch das 1146 begründete Zisterzienserstift Raitenhaslach ver-
schiedener Vergünstigungen und Freiheiten (Zollfreiheit) durch
die Aribonen und Wittelsbacher erfreuen. Auch Burghauser
Bürger überließen den Mönchen als „Seelgerät" die Ein-
künfte aus diesem und jenem Besitztum innerhalb der Mauern
der Stadt. So mancher aus den alten Patrizier familien der
Chalb, Möringer, Mautner u. a. fand in Raitenhaslach seine
letzte Ruhestätte, wie auch verschiedene Mitglieder des Herr-
scherhauses dort zur ewigen Ruhe gebettet wurden, so neben
den herzoglichen Prinzen Johann, Albert und Friedrich sowie
den Prinzessinnen Margaretha und Magdalena der Ingol-
städter Herzog Ludwig der Gebartete (f 1447) und die unglück-
liche Hedwig, die schöne polnische Königstochter (f 1502). Ein-
zelne Bürgerssöhne traten schon bei Lebzeiten in das Kloster
62 —
ein und nahmen das weiße Gewand des hl. Bernhard,
von denen zwei es zur äbtlichen Würde brachten (Gebhard
Ehalb und Johann HI. Zipfler). Ein anderes Gebiet, auf dem
die Bewohner der Stadt mit dem Kloster zusammengeführt
wurden, war das der Kunst. Wie im Mittelalter vornehmlich
Burghauser Meister der Grabmalskunst im Dienste der Raiten-
haslacher Prälaten standen (Frz. Sikkinger — Sigm. Rueder),
so wurden im 18. Jahrh, der Bildhauer I. G. Lindt und die
Maler della Eroce von den kunstsinnigen Klostervorständen
mit Aufträgen bedacht. — Wer die Pflege des geistigen Lebens
durch Burghauser gibt uns interessante Aufschlüsse der mit
viel Liebe und Sorgfalt geschriebene Aufsatz „H o ch s ch u l -
studenten aus Burg Hausen bis zum Ausgang
des Mittelalters (1550)", von Oswald Deuerling-Mün-
chen, in dem auf Grund der Ausweise vorhandener Anioersi-
tätsmatrikeln und sonst erreichbaren gedruckten Ouellenma-
terials festgestellt wird, daß im genannten Zeitraum 152 aus
Burghausen und Raitenhaslach stammende Studierende Hoch-
schulen in und außerhalb Deutschlands besucht haben. —
Daß die Stadt mit ihrer reichen geschichtlichen Vergangenheit,
mit ihrer gewaltigen Burganlage und ihrer reizvollen Amge-
bung so manche dichterische Feder in Bewegung setzte, zeigt die
Abhandlung „Burg hausen in der schönen Litera-
tur" von Dr. Robert Renner, in der alles gesammelt ist,
was aus alter und neuer Zeit in Dichtung, Erzählung und
Reisebericht einen Niederschlag gefunden hat. And es ist wahr-
lich ein recht buntfarbiger Blütenstrauß, geflochten von be-
kannten und unbekannten Künstlern, angefangen vom „Meier
Helmbrecht" aus dem 13. Jahrhundert und den verschiedenen
historischen Erzählungen (Plinganser — Eura) und Volks-
stücken bis herauf zu den neueren topographischen Beschreibun-
gen und Reiseberichten (Stifter, Lichtwark, Rainer Maria
Rilke, Hofmiller, Kriechbaum) und persönlichen Erinnerungen
ehemaliger Burghauser (Ludwig Thoma, Michael Kohlhaas,
Erwin Rosen, Seb. Wieser u. a.). — Im Anhang wird über
die für Burghausens Wirtschaftsleben so bedeutungsvollen
„Werkanlagen der Dr. Alexander Wacker-Gesellschaft für elek-
trochemische Industrie" berichtet. —
Rur andeutungsweise konnte der Inhalt der Festschrift
skizziert werden; doch schon das wenige Gebotene dürfte jedem
zeigen, daß die ehemals vielgepriesene, heute fast vergessene
Grenzstadt an der Salzach mit Stolz zurückschauen kann auf
ihr 1000 jähriges Bestehen und daß ihre Bewohner die 700-
Iahrfeier der Stadterhebung in dankbar-freudiger Erinnerung
an eine große, glanzvolle Vergangenheit zu begehen berechtigt
sind.
Dücherbesprechungen.
kleine süüöeutsche Kirchenführer. Herausgegeben von Dr. Hugo
schnell. München 42, Dreifaltigkeitsverlag, von der Pfordtenftr. 15.
Erscheinen seit 1. Januar 1934. Im Monatsabonnement zu RM.
1.10 vom Verlag zu beziehen. Einzelhefte RM. —.20.
Das Unternehmen, in knapper Form das kirchliche Kunstgut
Süddeutschlands in kleinen Kirchenführern aufzuzeichnen, ist wärm-
stens zu begrüßen. Dem Wanderer sind sie verlässige Begleiter und
Erinnerung, dem Kunstfreund ein Sammelwerk, das unsere heimat-
lichen Kunstgüter auf kirchlichem Gebiete zusammenfaßt, und dem
Seelsorger und Lehrer sind sie ein willkommenes Hilfsmittel für
den Unterricht in der religiösen Heinratkunde. Darüber hinaus
werden sie aber auch die Heimatforschung und namentlich die
Pfarrgeschichtsforschung fördern. Eine Fülle von heimatlichen Kunst-
denkmalen wird in diesem Sammelwerk erfaßt. Neben schon be-
kannten Standardwerken der kirchlichen Kunst treffen wir sehr viel
bisher Unbekanntes, nie recht Gewürdigtes; wir nennen z. B. die
Kirchen Hofolding-Faistenhaar, Albaching, Feichten. Die Bearbeitung
erfolgt nach einem festgelegten einheitlichen Schema, wodurch die
Führer anschaulich und übersichtlich werden und Einzelfragen rasch
aufgefunden und zu wissenschaftlichen Vergleichen herangezogen
werden können. Zuerst werden die wichtigsten Nachrichten Uber
Bauzeit und Baugeschichte, Baumeister und Künstler gebracht,
dann wird der Raum, die Innenausstattung und das Äußere be-
schrieben, die Stilentwicklung gekennzeichnet, Restaurationen ange-
führt und schließlich der Gesamteindruck und die Bedeutung des
Baues gewürdigt. Der Text steht namentlich in der gegenständlichen
Beschreibung und Würdigung ganz auf der Höhe. Daß auch alle
geschichtlichen Einzelheiten in allen Heften völlig einwandfrei sind,
kann man bei der Fülle des Stoffes und bei der raschen Aufein-
anderfolge der einzelnen Führer nicht erwarten. Die meisten Hefte
beruhen aber auf selbständigen, mitunter sogar weitgehenden archi-
valischen Forschungen. Manche Führer bringen auch Literaturan-
gaben, was wir bei allen wünschen würden, soweit beachtenswertes
Schrifttum vorhanden ist. Dem Herausgeber, der das Werk seit
Jahren vorbereitet hat und viele Kirchen selbst behandelt, stehen
tüchtige Mitarbeiter zur Seite wie Prälat Dr. Michael H artig,
Msgr. Prof. Dr. Richard Hoffmann, Geistl. Rat Georg Rückert,
Dr. Simon Geiger, Dr. Karl Zahn, Dr. Karl Busch, Dr. Nor-
bert Lieb, Dr. Jos. Klemens Stadler. Auch einzelne Pfarrer
wirken bei der Bearbeitung mit.
An südostbayerischen Kirchen sind bis jetzt bearbeitet: Albaching,
Altötting (Gnadenkapelle, Stiftskirche, Basilika), Attel, Baumburg,
Birkenstem, Dorfen, Feichten, Grassau, Hofolding-Faistenhaar, Isen,
Laufen, Maria Eck, Marienberg b. Burghausen, Niederaschau,
Prien, Raitenhaslach, Rosenheim, Rott am Inn, Ruhpolding,
Seeolt, Siegsdorf, Teisendorf, Tuntenhausen.
I. Weber.
— 64
kißlinger Joh. Rep./ Die Wallfahrt hl. Vlut ln Eröing. Druck:
Vereinigte Kunstanstalten A.G. Kaufbeuren (1934). Zu haben in
Hl. Blut in Erding. 87 S. u. 19 Abb. Preis: NM. 1.—.
Der als gründlicher Historiker und speziell auch als Wallfahrts-
forfcher schon längst rühmlich bekannte Verfasser hat uns mit diesem
Büchlein eine wahrhaft vorbildliche Wallfahrtsgeschichte geschenkt.
Der „Inn-Isengau", der wiederholt von ihm kleine Beiträge zur
Geschichte von Wallfahrten seines Gebietes brachte (vgl. II, 5. H.,
12^—16. VI, 125—131. XI, 47 f.) hat damit aus neuester Zeit die
dritte, den Anforderungen kritischer Quellenforschung entsprechende
größere wallfahrtsgeschichtliche Arbeit dankbar zu verzeichnen (Vgl.
IX, 60—62: Tuntenhausen, Altötting). Kißlinger hat Bibliothek und
Archiv gewissenhaft durchforscht und gibt ebenso gewissenhaft diese
gedruckten und ungedruckten Quellen an (S. 5—9 Verzeichnis,
am Schlüsse S. 81 f. vor dem Personen-, Sach- u. Ortsverzeichnis
die Anmerkungen). So folgt man gerne seinen gesicherten, interes-
santen Ausführungen über I. Lage, Entstehung und Legende, II. Die
Wallfahrtskirche, III. Das Gnadenbild St. Salvator, I V. Die Wall-
fahrt Hl. Blut. Hl. Blut in Erding ist ein typisches Beispiel für
das Aufblühen der Verehrung der hl. Eucharistie im 14. Jahrhun-
dert. Schade, daß Browe, P. 8.1., Die Verehrung der Eucharistie
im Mittelalter, München 1933 (Verlag Max Hueber) nicht heran-
gezogen worden ist. Unsere Erzdiözese München u. Freising hat ca.
1 Dutzend Hl. Blut- bezw. Hostienwallfahrtsstätten. Kißlinger hat
die beste Geschichte einer Wallfahrt dieser Art nicht bloß für unser
Diözesangebiet geschrieben. Möchte er noch andere folgen lassen
können, möchte seine Mühe durch zahlreiche Bestellung gelohnt
werden! Die prächtige Ausstattung harmoniert bestens mit dem
gediegenen Inhalt. A. Bauer.
kriß Ruöolf, Religiöse Volkskunde Altbagerns/ dargestellt an den
Wallfahrtsbräuchen. Baden b. Wien 1933, N. M. Bohrer. 190 S.
M. 10.-.
Kriß hat vor wenigen Jahren in mühsamster Kleinarbeit sämtliche
Wallfahrtsorte Altbayerns bereist und dort volkskundliche Studien
gemacht. In seinem Werk „Volkskundliches aus altbayr. Wallfahrts-
stätten" (Augsburg 1930) hat er diese Einzelergebnisse niedergelegt.
Das jetzige Werk ist die planmäßige, systematische Verarbeitung.
Vorweg sei bemerkt, daß das Buch streng wissenschaftlich gehalten
ist, also nicht leichte Unterhaltung bietet, sondern ernstes Mitdenken
fordert. Aus dem Wallfahrtsbrauchtum will der V. das ganze
religiöse Volksbrauchtum herausentwickeln oder wenigstens daran
anschließen. Manchmal scheint dabei der Nahmen etwas zu eng zu
werden, aber tatsächlich behandelt d. V. nahezu das gesamte Brauch-
tum. Wir finden die so oft wiederkehrenden Legenden vom Wandern
der Gnadenbilder, die Gespannwunder und Hostienlegenden. Einen
breiten Teil nimmt die Abhandlung über Opferart und Opfergabe
ein, wobei jedoch m. E. über die Erklärung der Votivhämmer und
Kopfurnen sicherlich noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. Der
3. Teil beschäftigt sich mit dem so interessanten kultischen Leben an
Wallfahrtsorten z. B. Nacktwallfahrten, Begleitung weißgekleideter
Jungfrauen, Bußverschärfungen u. ä., wobei d. V. wie überhaupt
— 65 —
im ganzen Werk mit Recht immer aus die vergleichende Volkskunde
zurückgreift. Freilich — ganz in seine letzten Motive u. Gedanken-
gänge werden wir das religiöse Brauchtum im Volk nie wissen-
schaftlich zerlegen u erklären können, es spielen da viele Impon-
derabilien, ebenso wie Überschneidungen, Mischungen der Motive
mit, die auch dem scharfsinnigsten Forscher harte Rätsel aufgeben.
Die wissenschaftliche Gründlichkeit der Arbeit beweist schon der
Renner mit nahezu 700 Stichwörtern, die sich auf beide Bände
beziehen. Jeder Besitzer des 1. Bd („Volkskundl. aus altb. Walls.")
wird sich den 7. abschließenden Band zulegen müssen. — Zu be-
grüßen wäre es auch, ganz uebeitbei bemerkt, wenn im Schrifttum
anstelle des sprachlich unrichtigen Ausdruckes „die Gebräuche" das
Wort „die Bräuche" allgemein Eingang fände. £>. Heichele.
Spanier Adolf, Oie deutsche Volkskunde. 1 Bd. Text 637 S.
Leipzig 1934, Bibliographisches Institut. 7. Bd. Bilderatlas 595
S. Leipzig 1935, Preis beider Bde. zusammen M. 35.— .
Neue Zeiten geben auch dem Menschen neue Blickwendungen.
Die Gegenwart lehrt das Volk in sich hineinhorchen. Diese Volks-
kunde hat sich früher mehr mit Einzelgebieten des Bolkswesens
befaßt und diese zusammensetzende Sammelarbeit war notwendig,
ehe man aus diesen Einzelstimmen den Grundton des Volkes heraus-
hören konnte. Jetzt legt die Forschung mehr das Gewicht aus das
alles tragende Volksartliche. Das große Sammelwerk Spaniers
„Die deutsche Volkskunde" dient dieser Ausweitung des Blickes
auf das Volksganze, der alles umfassenden Volkspsychologie. In
31 Einzelaufsätzen spüren die Verfasser dieser Stimme des Volkes
nach. Neben grundsätzlichen, aus deutsch-völkischer Schau gesehenen
Abhandlungen über Ziel und Wesen der Volkskunde, über Volks-
charakter und Volksglauben finden wir auch Einzelforschungen in
den Gebieten: Sprache, Lied, Spiel, Tracht, Kunst und Technik
des Volkes. Der Leser des Inn-Salzachgaues karrn Verfasser tref-
fen, die als Kenner unserer heimatlichen Volkskunde längst einen
guten Namen haben, wie Marzell, Moser, Ritz u. a. Freilich darf
man bei der Breite dieses Sammelwerkes keine ausführliche
Einzelarbeit erwarten, so reizvoll sie auch wäre; das Werk will
nur zeigen, wie breitästig der Baum des Volksdenkens ist. Diese
gedrängte Form mußte auch straffste wissenschaftliche Ausdrucks-
form bedingen, sodaß es hier nicht gemütlich blättern, sondern sorg-
sam studieren heißt. — Der 2. Bd. bringt über 700 Bilder mit
kurzem Text, nicht als süße Nachspeise, sondern „als Herzstück
alles volkskundlichen Mahles". Soweit es die Abhandlungen des
Textbandes erlauben, sind die Stoffgebiete auch im Bild vertreten.
Obwohl es nur knappe Proben sind, tut sich doch ein überreiches
Fruchtfeld deutschen Denkens und Gestaltens auf. Neben manchen
in alter Art „gestellten" Photos finden wir auch treffliche Schnapp-
schüsse. S. 151 ist eine Verwechslung der Örtlichkeiten unterlaufen,
Bild 1 bezieht sich auf Nußdorf bei Traunstein, Bild 3 auf den
Georgiritt Traunstein.
Sehr wertvoll ist auch die Sammlung volkskundlichen Schrift-
tums in 7400 Nummern. Etwas zu knapp scheint mir die Behänd-
— 66 —
lung des alpenländischen Brauchtums, die Werke von Jos. Schlicht,
dem Vater bäuerlicher Volkskenntnis, sowie die von Schierghofer
und Hindringer, den besten Kennern bayerischen Umrittbrauches,
hätten genannt werden sollen. O. Heichele.
Huber Sebastian/ Geschichte öer Pfarrei Neuhausen bei Lanöshut.
Ein niederbayerisches Heimatbuch. IX, 467 S. 37 Abb. 1 Karte.
1933. Im Selbstverlag des Verfassers, Pfarrer S. Huber, Weih-
michl bei Landshut.
Dieses reichhaltige Buch enthält neben dem pfarrgeschichtlichen
Stoff auch eine ausgezeichnete Schilderung der Volksbräuche in der
Landshuter Gegend und bietet außerdem sehr beachtenswerte rechts-
und wirtschaftsgeschichtliche Angaben namentlich in den Abschnitten:
Güteraufschreibung von 1031, Salbuch von St. Emmeram von
1336, Auflösung der Villikationsverfassung. Ein altes Bucht von
1459: Neuhausen den Thumbmair und Stiftsleute daselbst betreffend,
Einsetzung und Entsetzung der Baurechtler, Ehehaft. Neuhausen war
alter Besitz des Klosters St. Emmeram in Regensburg und so lag
wertvolles und weit zurückreichendes Quellenmaterial vor, das sich
für andere Orte nur selten findet. Der fleißige Verfasser hat dieses
sowie die sonstigen einschlägigen Quellen sorgfältig benützt und auch
Fachleute und neuere Literatur zu Rate gezogen. Leider ist er in den
Quellen- und Literaturnachweisen etwas sparsam und ungenau. In
einigen Abschnitten hätte der Quellenstoff noch besser verarbeitet werden
sollen und die umfangreichen bedeutsamen Quellentexte, deren Ver-
öffentlichung sehr zu begrüßen ist, wären wohl besser nicht mitten
in der Darstellung, sondern im Anhang gebracht worden. Aber im
ganzen ist es eine gute aufschlußreiche Arbeit, aus der jeder alt-
bayerische Ortshistoriker viel lernen kann, zumal die einzelnen
Stoffgebiete einer Ortsgeschichte sehr ausführlich behandelt sind.
Der Verfasser hat für die schöne Ausstattung mit einer Karte und
Bildern über die alte Bauerntracht und alte Bauernhäuser, Votio-
tafeln etc. hohe finanzielle Opfer gebracht, sodaß ihm ein guter
Absatz zu wünschen ist. I. Weber.
Dr. Josef Klemens Staöler: beitrage zur Rechtsgeschichte öer Staöt
Salzburg im Mittelalter/ in: Südostbayerische Heimatstudien, Band
9, tzirschenhausen (Post Jetzendorf) 1934, XV, 122 Seiten.
Es gehört zu den Merkmalen der baierischen Stadt-
rechtsgeschichte, daß in ihr — mit der einzigen Ausnahme
Regensburgs — die Entwicklung zur freien Reichsstadt fehlt.
Da diese in den großen weltlichen Territorien aus begreif-
lichen Gründen nicht in Frage kommen konnte, so sind die
Erkennungsunterschiede für diese immerhin auffallende Tat-
sache in erster Linie bei der Genesis der Bifchofsstädte zu
suchen. In ihrer Betrachtung enthüllen sich wertvolle Kri-
terien der stadtrechtlichen Entwicklungsgesetze überhaupt. Wir
besitzen bereits für Regensburg und namentlich für Passau
ausgezeichnete Spezialuntersuchungen von Heuwieser, Maid-
hof u. a. zur staatsrechtlichen Entwicklung selbst, für Salzburg
eine Reihe von gründlichen Voruntersuchungen einzelner
rechtsgeschichtlicher Probleme. Um so freudiger begrüßt man
— 67
daher ba$ Thema, welches sich I. K. Stadler zum Gegenstand
seiner Doktorschrift wählte und das viel mehr enthält als
sein Titel verspricht. Denn die Arbeit bringt eine entwicklungs-
geschichtlich sehr klar und sorgfältig durchgebildete Untersuchung
über die Entstehung der Stadt Salzburg von ihren spätrömi-
schen Grundlagen bis zur Entfaltung der gemeindlichen Selbst-
verwaltung im 14. Jahrhundert. Stadler konnte sich zwar
auf die Vorarbeiten von Martin, Zillner, Widmann und
Starflinger stützen, hat aber durch die zusammenfassende Be-
trachtung gerade die Frühzeit der städtischen Entwicklung
sehr plastisch herausgearbeitet. Seine Untersuchung nimmt
ihren gegebenen Ausgang von der baugeschichtlichen antiken
Überlieferung, die gerade für die Wahl des Bischofssitzes
entscheidend gewesen zu sein scheint, und behandelt sodann die
ältesten grundherrlichen Verhältnisse der Stadt und die frü-
hesten Spuren der mittelalterlichen Kaufmannssiedlung, wo-
bei namentlich die durch die enge Verbindung zwischen Ur-
abtei und Bischofssitz, bedingte Einheit der Grundherrschaft
in bischöflichen Händen als besonderes Merkmal für Salz-
burg hervorzuheben ist. Neben den siedlungsgeschichtlichen
Bedingungen bilden die hoheitsrechtlichen den zweiten Faktor,
welcher zur Bildung einer Stadt im Rechtssinne beiträgt.
Eine eingehende Untersuchung über die Entwicklung der bi-
schöflichen Gerichts- und Fiskalhoheit zeigt, wie der Bischof
schon 945 in den Besitz der vollen Gerichts gemalt gelangt
und damit den mit den Grafschaftsrechten verbundenen Anteil
am Marktzoll (gräfliches Drittel) als Grundlage seiner Fi-
nanzhoheit erwirbt. Eingehend wird auch die Frage der Vogtei
behandelt.
Unter dieser bischöflichen Stadtherrschaft entfaltet sich
nun, als dritte und eigentliche Voraussetzung stadtrechtlicher
Selbständigkeit deren soziologische Bedingung, nämlich ein
eigenständiges, nach Geltung ringendes Bürgertum. Stadler
untersucht nach einer kurzen Quellenforschung über die ersten
Spuren einer bürgerlichen Gesellschaft jenes interessante In-
stitut der salzburger Bürgerzeche in der Mitte des 13. Jahr-
hunderts als Ausdruck einer beginnenden Selbstorganisation
der Bürgerschaft. Bemerkenswert ist auch der Vergleich der noch
erhaltenen Salzburger Bruderschaftsstatuten mit denen ähn-
licher Laienorganisationen anderer Städte, wie sie z. B. tmrd)
Konrad Beyerle für Köln erschlossen sind. Wenn Stadler auch
keine Verbindungslinie von hier zu den ersten in Salzburg
beglaubigten Gerichtshelfern den sog. „Genannten" (nominati)
herzustellen vermag, so leiten doch diese ersten bürgerlichen
Organisationsformen über zu der Gemeindevertretung in Salz-
burg, die, 1249 bereits im Besitze eines Siegels, im Stadt-
frieden von 1287 näher in Erscheinung tritt.
Der zweite Teil der Arbeit Stadlers ist einer eingehen-
den Untersuchung der Rechtsdenkmäler des Salzburger Stadt-
rechts aus dem 13. und 14. Jahrhundert gewidmet. Hier er-
schließt eine rechtsvergleichende Betrachtung mit den zeitge-
nössischen Quellen der Nachbargebiete eine Fülle neuer Ge-
sichtspunkte und ermöglicht die entwicklungsgeschichtliche Ein-
ordnung der einzelnen Rechtsmaterien, auf die einzugehen an
dieser Stelle zu weit führen würde. Enge Verwandtschaft mit
den baierischen Landfriedensgesetzen zeigt schon der Sühnebrief
von 1287, der, zugleich ein Ausdruck des aufstrebenden städti-
schen Bürgerregimentes, als erstes Landfriedensgesetz der Bi-
schöfe von Salzburg betrachtet werden kann. Die auf dem
Sühnebrief fußende Landesordnung von 1328 bedeutet für
die stadtrechtliche Selbständigkeit insoferne noch keinen Fort-
schritt, als sie die alte rechtliche Gleichstellung von Stadt und
Land beibehält. Die Abhängigkeit von den baierischen Rechts-
quellen verrät sich auch hier, namentlich in den typischen
Landfriedenssätzen. Die enge Verquickung geistlichen und welt-
lichen Rechts liegt im Charakter des bischöflichen Territoriums
begründet. Einen Abschluß erreicht die stadtrechtliche Kodi-
fikation endlich im Stadtrecht vom Jahre 1368, zu dessen im
Anhang beigefügter Ausgabe der Verfasser eine eingehende
quellenkritische Untersuchung bringt. Sie kommt u. a. zu dem
Ergebnis, im salzburger Stadtrecht ein Mischrecht des baieri-
schen und vor allem des österreichischen Rechtskreises zu er-
kennen, wobei besonders der Einfluß des Wiener Stadtrechts
überrascht. Das Stadtrecht von 1368 ist eine Magna charta
der persönlichen Freiheit und des bürgerlichen Verfässungs-
lebens; die Einrichtung eines Rates und die Bestimmung
seiner Befugnisse sind in ihm breit ausgeführt. Im übrigen
enthält die Urkunde vorwiegend privat-, straf- und prozeß-
rechtliche Normen. Von dieser erreichten Position aus er-
rang dann die Bürgerschaft im Laufe des 15. Jahrhunderts
jene Machtstellung, die schon der einer freien Reichsstadt nahe-
kommt, um freilich hierauf im 16. Jahrhundert jenen Zu-
sammenbruch zu erleben, der das Schicksal so vieler ständischen
Bewegungen angesichts des modernen absoluten Staates ist.
So bietet die Arbeit Stadlers, ganz abgesehen von ihrem
Wert als Veranschaulichung frühmittelalterlicher Städtekul-
tur, einen aufschlußreichen, gediegen und sachkundig erarbei-
teten Beitrag zu dem historischen Kampf zwischen tzerrscher-
und Untertanenrecht, den das abendländische Staatenleben
kennzeichnete.
Staatsarchivrat Fritz Zimmermann (München).
Inhalt öes 15. Jahrgangs iptf.
i.Abhanölungen.
Sette
BourierK., Rechtsgeschichte und Heimatforschung . 53
D e u e r l i n g Dr. £)., Beiträge zum Burghauser
Buchverlagswcsen bis zum Jahre 1815 . . . . 21
Erl a ch er Dr. Dr. C., Enzelsberg. Zur Geschichte
eines altbayerischen Bauernhofes..................49
HeicheleO., Kircheneinweihungen in Südost-
bayern 1511—1534..................................13
HeicheleO., Alt-Laufener Wallfahrten .... 45
K a r li ng e r Dr. H., Die Stiftskirche in Laufen . . 8
K r i e ch b a u m Dr. E., Fünfzehn Jahre heimat-
kundliche Arbeitsgemeinschaft „Inn-Salzachgau" . 3,37
L. Kleine Beiträge.
H a u s e r Dr. I., 700 Jahre Stadt Burghausen. . 60
StadlerDr. I. Kl., Ein bedeutsamer bajuwarischer
Fund.......................................................32
5. Bücherbesprechungen.
AuerA., Bayerische Klöster als Grundherren im Etschland . 36
Huber S., Geschichte der Pfarrei Neuhausen bei Landshut . 66
Kißlinger Ioh. Nep., Die Wallfahrt Hl. Blut in Erding . 64
K ri e ch b a u m vr. E., Hüben und Drüben ....... 34
KrißR., Religiöse Volkskunde Altbayerns....................64
Puchnervr.K., Patrozinienforschung und Eigenkirchenwesen . 35
S p a m e r A., Die deutsche Volkskunde..............65
Stadler vr. I. Kl., Beiträge zur Rechtsgeschichte der Stadt
Salzburg im Mittelalter.................................66
Schnellvr. H, Kleine süddeutsche Kirchenführer.......63
Südostbayerische
Heimatstudien
In Verbindung mit Karl Bourier und Josef Kl. Stadler
herausgegeben von Josef Weber
AIs Band 12 ist erschienen:
Anleitung zur Abfassung
einer Pfarr ge schichte
Von Josef Weber
M. —.90
Die ersten Urteile:
Deutsdhe Gaue, Jhrg. 1935, 3. Lief.
Die freudigst zu begrüßende Schrift bietet in ihrer Einleitung einen
Einblick in die Geschichte der Pfarrgeschichtsschreibung, gibt sodann
Leitsätze und praktische Winke, ferner eine sehr brauchbare Gliede-
rung des Stoffes und schließt mit der Aufzeigung von 75 Quellen*
werken und geschieh th'ch-topogr.-Statist. Beschreibungen, wobei be-
sonders das Gebiet der Erzdiözese München^Freising berücksichtigt
ist. Der Ausgabe eines 2. Teiles darf man mit Spannung entgegen-
sehen. Das Beispiel des erzbischöflichen Ordinariats hlünchen-Freising,
welches für seine sämtlichen Pfarreien das Werk bestellte, möge auch
in anderen Diözesen Nachahmung finden.
Literarische Beilage der Postzeitung, Jahrg. 1935, Nr. 29.
. . . Daß Pfarreigeschichten eine Notwendigkeit in mehr als einer
Hinsicht sind, darüber ist man sich schon seit mehr als anderthalb
Jahrhunderten klar. Handelt sich nur darum, daß die Pfarreigeschichten,
zu deren Bearbeitung niemand mehr berufen ist als der Pfarrer, auch
brauchbar, zuverlässig, allen billigen Anforderungen entsprechend ab-
gefaßt werden. Und dazu die erste Anleitung zu geben, ist Zweck
dieses Heftchens. In knappen Leitsätzen unterrichtet J. Weber, selbst
Pfarrer und vielerprobter Heimatforscher, über die methodischen
Voraussetzungen einer Pfarreigeschichtsschreibung, über die Stoffquellen,
ihre Sammlung und Ausschöpfung, über Stoffeinteilung, über beson-
dere Gesichtspunkte bei der Ausarbeitung, über behelfsmäßiges
Schrifttum, besonders über das Schrifttum zur Bistumsgeschichte von
München«Freising. Hohe Anforderungen stellt Weber an eine Pfar-
reigeschichte. . , Das Schema, das“ in dem Heftchen für Antage einer
Pfarrgeschichte gegeben wird,, will übrigens vom Verfasser nicht als
kanonisch angesehen werden. Jede Pfarrei hat ihre Eigenart, und
auch jeder Bearbeiter, Aber jede Pfarreigeschichte wird sich sehen
lassen können, die im Geiste dieser Grundsätze gearbeitet ist. Bleibt
nur zu wünschen, daß das brauchbare und leicht verständliche Heft-
chen raschen Absatz findet, damit uns der rührige Verfasser noch den
in Aussicht genommenen zweiten Teil bescheren kann. . .
Dillingen a, d. D, P r o f, D r, F. Z o e p f 1.
Volk und Heimat, 11. Jahrg, (1935), Nr. 11*
... Man kann nicht anders sagen, die Richtpunkte, die hier ge«
geben werden, zeugen von umfassender Stoffbeherrschung. Man kann
nur wünschen, daß ihnen überall die nötige Beachtung geschenkt
wird. D. Dr. Karl Sdiornbaum.
Bayer. Blätter f. d, Gymnasialscfmlwesen, Bd> 71, Heft 4.
Der Verfasser, Fachleiter für Pfarrgeschichte beim Forschungsring
des Landesverbandes für nationale Volkserziehung, ist durch seine
langjährige Tätigkeit auf dem Gebiete der Heimatforschung und als
Herausgeber der Zeitschrift „Inn«Salzachgau" (Neue Folge des „Inn«
Isengaues") und der „Südostbayerischen Heimatstudien'' wie kein an-
derer berufen, über Pfarrgeschichte als besonderen Zweig der ortsge«
schichtlichen Forschung ein fachmännisches Urteil abzugeben. . . Wir
gehen nicht fehl in der Annahme, daß die aus reicher persönlicher
Erfahrung geschöpften Anregungen Webers auf guten Boden fallen
und manchen, der bisher wegen der entgegenstehenden Schwierig-
keiten passiv beiseite stand, bestimmen werden, sich freudig in den
Kreis der aktiven Förderer der Heimatgeschichte einzureihen.
Burghausen. Dr. Josef Hauser.
Berliner Tagblatt 1935, Nr. 34L
Ein wissenschaftlich einwandfreier und durch große Umsicht empfeh-
lenswerter Leitfaden für die Materialbearbeitung und kritische Dar-
stellung.
Bei Sammelbestellungen wird Sonderrabatt gewährt.
Bestellungen und Zahlungen sind zu richten an den Herausgeber
Pfarrer Josef Weber, Hirsdienhausen, Post Jetzendorf <Obby.)
Postscheckkonto München 38 1 68.