— 61 — Aus dem Tagebuch des Mesners und Lehrers Jakob Weyerer in Oberbergkirchen (1743). Von F. X. Rambold. Wie einer oft zur Schriftstellerei kommt? Da gibt's wohl tausend Wege; aber am wunderlichsten ist wohl der Mann da zugekommen, von dessen Tagebuch hier die Rede ist. (Im österreichischen Erbsolgekrieg war's, in dem der Bezirk Mühl dorf am Inn, wozu auch Oberbergkirchen gehört, viel zu leiden hatte) Lassen wir den Schreiber des Tagesbuches selber er zählen: „Also so war die Sache: Heut vor acht Tagen haben wir die Susanne Kröllin von Leupfing eingegraben und es war ein schöner Zug gewesen von Befreunden und Gevattern, von Verwandten und Bekannten, von Göden und Goden und wie wir beim Schwab-Binder hereingehen, fangen die Glocken zu läuten an und der Herr Dekan Michael Sedlmayer und ich wollen gerade das Miserere anheben, — da hören wir aus dem Jager-Häusl einen Schrei, der uns allen durch und durch ge gangen ist —, und noch mal e nen. Ich kann mich nimmer halten, ich muß weg vom Zug und hinein; da seh ich wie die Jager-Gundl mit einem kaiserlichen Rester hundsgemein ist und sich fast nimmer verwehren kann. Was der Reiter will, ist leicht zum derraten, und er ist ein wilder und starker Mensch . . . also pack ich ihn und würg ihn und schlepp ihn vor's Haus. Gut! Aber da kommen noch drei oder vier seines gleichen und bis ich mich gegen diese richte, stößt mir einer mit den Kolben vor den Bauch, daß ich hinterwärts fall — grad über einen eichernen Hackitock. Dann ist mir's schwarz worden vor den Augen und sie haben mich wohl heimgetragen — und ich hab erst drei Tag geschlafen und dann drei Tag gekotzt und jetzt — jetzt wär's mir lieber, ich wär nimmer aufgewacht. — O GOTT! Ich hab mir das Kreuz brachen und meine Füß tragen mich nimmer und ich w>?rd nimmer gehen können — nie mehr, und wann auch der Bader anders sagt und der Dekan und die Nachbarn und die Leut." In dieser verzwei felten Lage folgt er dcm Rat des geistlichen Herrn, allerhand aufzuschreiben, um eine Beschäftigung zu haben und auf andere Gedanken zu kommen. Und nun schreibt er auf seinem Schmerzenslager vom 15. April bls 4. Juli 1743, was alles in seinem Dörfl vor sich geht. Manchmal vergehen Tage, wo er vor Schmerzen nicht schreiben kann. Was' er schreibt, ist viel Not und Elend und wenn etwas Schönes kommt, ist's eine Erinnerung an vergan- gangene glückliche Zeiten. Von Einquartierung, Kriegsnot und Kontribution, von Kirchenschändung und Hostiensrevel, Spießrutenlaufen, Bittgängen, Krankheiten und Seucken, von Feldscherern und Badern, Aberglauben und Hexen, Kometen