Herausgegeben von 3ofef Weber
Zur Lchulgeschichle von Kraiburg
Von Schuldekan und Pfarrer H. Held.
Rundschau.
- D
Bncherfchau.
UI. Jahrgang
Selbstverlag des Herausgebers, Watzling, Post Dorfen I
Der 2un-3seugau
Blätter für Heimatgefchichte und Volkskunde
Amtlich empfohlen vom Erzbischöflichen Ordinariate München
und Zreistng- von der Aegierung von Oberbagern- von den
Bezirksämtern Altölling- Mühldorf- Erding und Wasserburg
jährlich erscheinen 6 Hefte mit Abbildungen.
Zu bestellen beim Herausgeber
Lxpofitus (Zofef Weber in Watzling,
Post Dorfen I.
Postscheckkonto München Ar. 3L16S
Der Preis für den Sahrgang beträgt 1.80 Mk., bei freier Zusen-
dung 2,— Mk., Linzelhest 35 Pfg.
Bewährte Mitarbeiter unterstützen in freundlicher und be-
reitwilliger Weise die Bestrebungen der Zeitschrift. Aus der Mit-
arbeiterliste greisen wir heraus dieAamen: Oberarchivrat Dr.Lchrötter,
Erzbischöflicher Archivar Prälat Dr. Hartig, Hauptkonservator
Professor Dr. Hoffmann, Staatsoberarchivar Dr. Mitter-
wies er, Staatsbibliothekar Dr. Stois, Professor Dr. Deuer-
ling, Beneflziat Dr. Weichselgartner, Privatdozent Dr. Troll,
Hauptlehrer Aambold, sämtliche in München; Aegierungsrat Dr.
Martin, Salzburg; Prakt. Arzt Dr. Kriech bäum, Braunau;
Hochschulprofessor Dr. Heuwieser, Aegensburg; Studienrat Dr.
Dachs, Aegensburg; P. Zink- Metten; P. Hosp, Gars; Ober-
medizinalrat Dr. Lisenhofer, Mühldorf; Bezirkstierarzt Dr.
Bo eh me, Mühldorf; Pfarrer Held, Aging; Pfarrer Kihlinger,
Aappoltskirchen; Pfarrer Heilmaier, Zolling; Pfarrer Spirkner-
Gaindorf; Lehrer Strobl, Oberbergkirchen; Lehrer Kiermeger,
Edersberg.
Zur Schulgeschichte von Kraiburg.
Von Schuldekan und Pfarrer Heinrich Held.
Jedem Leser ist der freundliche Markt Kraiburg
bekannt; wenn nicht von Besuchen, so doch sicher aus
den Bildnissen eines Heftes unserer Zeitschrift. —
Heute nun wollen wir einen Blick tun in die frisch-
fröhliche Schulwelt des Innmarktes. Sie bietet
geschichtlich nichts Absonderliches und schreitet den
herkömmlichen Gang. Sie zeigt aber in ihren nüchter-
nen Zahlen und Berichten,l) wie mit dem Zeiger der
Zeit auch diese kleine Kulturwelt den ihr gewiesenen
Weg vorwärtsgeschritten ist.
3m Lahre 1450 errichtete Georg Peckh in Krai-
burg eine sogenannte „Salve-Stiftung". Zum
Absingen des samstägigen Salve-Regina pflegte man
die Chorschüler zu gebrauchen. Es waren also sicher
lateinlernende Chorknaben im Markte, wenn nicht auch
schon damals außerdem eine deutsche Schule dort bestand;
wenigstens ist um 1500 auf dem Marktplatz ein „Schul-
meisterhaus" und die Marktrechnung von 1544 er-
wähnt, daß deni Schulmeister „die 4 Chotemer für
Uhraufziehen und Reparatur" 4 Gulden 4 Schilling
gegeben wurden. In jener Zeit sollte auch der Frllh-
meß-Benefiziat „auf Verlangen des Rats den Knäblein
Unterricht (wohl in Latein) geben, habe aber sich
dessen verweigert".
Die große K i r ch e n v i s i t a t i o n vom Jahre
1 5 5 8 deckte ans, wie die Bürger van Kraiburg jeden
neu ankommenden Hilfspriester — die Kooperatoren
von Lafering hatten die Seelsorge im Markte — mit
Büchern versahen und „nach ihrer Meinung abrich-
teten". Besonders die Buchführer Michael von Lands-
hut und „Pauls mit der schrammen von München"
0 Ein Teil unseres Berichtes ist aus pfarramtlichen
Bearbeitungen geschöpft.
— 34 —
versahen alle mit protestantischen Werken. So kam
es, daß der Kooperator als „der Alten katholischen Kir-
chen anhengig" bezeichnet wurde und trotzdem „die Li-
turgie nach Ottheinrichfi ordnunP) hielt". Auch die
Bauern kauften solche Bücher und ließen sich daraus
vorlesen. Den Schulmeister haben „die vom Rat auf-
genommen" und durch diesen haben sie auch ohne Vor-
wissen des Pfarrers „die Knaben auf den Nurnberge-
rischen Catechismum in der Kirche angeordnet": dem sei
allerdings abgeholfen worden. Doch singe man in
Kraiburg auch kein Ave-Maria, „dann" — sagt der
Schulmeister — „es sei kein gepeth. khindens doch
all seine schueler". Der Lehrer, der damals schon
18 Jahre im Markte wirkte, hieß Georg Schroll, .war
aus Ingolstadt und hatte dort wie in Heidelberg stu-
diert. Cr hatte bei 16 Knaben, die lateinisch lernten:
die übrigen lernten deutsch. Besonders Ingenia?) waren
nicht darunter. Er lehrte sie lesen, deklinieren, den
Donatus, die Grammatik, die Evangelien und den
kleinen Lutherkatechismus; zur Beicht und Kommu-
nion bereitete er sie aus dem Katechismus des Bren-^
tius vor, den die Visitationsberichte der Zeit als einen
sehr „ergifften" bezeichneten. An Gebeten ließ Schroll
das „Vater-Unser", den Glauben und eine Danksagung
verrichten. Besoldung bezog er weder vom Rat, noch vom
Pfarrer, doch gaben ihm die Filialen ein „gnaden-
gellt". Der Rat visitierte die Schule alle Quatember
zweimal; Priester kamen oft in vier oder fünf Wochen
keiner, „dann der Pfarrer sey bey solher großer Pfarr
nur selbander". So durchzieht die Pfarr- und Schul-
geschichte unseres Marktes ein Streifen jener ernsten,
traurigen Wirrnisse, die Bayern so viel Leid ge-
bracht, wenn auch bis zum Ausgang des Jahrhunderts
die Zurückführung in die katholische Kirche vollendet
*) Es ist hier an die zweite Kirchenordnung des Ott-
Heinrich von Pfalz-Neuburg (1554) und die ihr' angehängte
Schulordnung gedacht, die auf Luther und Melanchthon (Visi-
tationsbüchlein 1528) zurückgreifen.
£) Damit sind Knaben gemeint, die hinreichend Talent
zum Studium besitzen.
— 35 —
war. Das Schulhaus war aus Kirchenmitteln erbaut
und hatten die Kirchen damals noch 140 fl. Schulden
darauf. Eigentümlicherweise wurden die hl. Oele für
die Taufe im Schulhaus aufbewahrt und wurde dort
auch die Taufe gespendet. Die Bezüge des Lehrers!
stiegen mit der Zeit; so bekam er 1645 aus der Pfriinde-
hausftiftung jährlich 20 fl., während der Organist 34 fl.
erhielt. Im Jahre 1652 wird ein Lehrer Michael Frö-
lich genannt.
Die Visitation von 1676 weiß zu berich-
ten, daß „die khinder in gueter disciplin Jucht Vnd
Vleiffig erfunden worden". Der Kaplan besucht zu
Winterszeit die Schule in Kraiburg am Freitag und
examiniert die Jugend. Djer Schulmeister Johann
Feichtmaier sei — 27 Jahre alt — vor einem Jahr
vom bürgerlichen Rat und dem Pfarrer aufgenommen
worden. Er bezieht von St. Bartholomäus 32 fl., vom
Bruderhaus 20 fl., „so gar schwerlich eingehen", von
der Kapelle 20 fl. — die Vorfahrer hätten 25 fl. e»
halten —, von Pietenberg 5 fl., von Maxlon 4 fl.,
von Sonnheim 30 kr., Laibsammlung mit etwa 6 Mezen
Ertrag, von einem Schulkind, „deren bei 40 sein inech-
ten" 20 kr.; Kaution hat er gestellt. Im Jahre 1707
erscheint er noch als Schulmeister und ist zugleich
„Vocal Vncl Inotrumental klumcuo". Für diese drei
Dienste hat er neben den oben genannten Einkünften
2 Wiesen, 3 Krautäcker, acce88oria wie Votivmessen,
Taufen, Seelgeraith, Iahrtage. Für die Schule er-
hält er in den beiden Quartalen Herbst und Winter je
24 kr., sonst 20 kr., „haltet schuel Vormitag durch
3 stundt. Nachmitag 4 stund Bndterweiset die khinder
fleissig in principiis fidei christianae". Der Magistrat
sei an die Baufälligkeit des Schulhauses zu erinnern.
Um 1715 wird Johann Kindlthaller, 34 Jahre
alt, hier Schulmeister. Er ist zugleich Gerichts- und
Markts-Prokurator, hat in fixo nichts, auch keine freie
Wohnung, sondern seine eigene Behausung und trägt
„alle Bürgerliche onera ohne ausnamb gleich ainem
andern vnpriuilegirtn Bürger". Vormittag und nach-
mittag sind je drei Stunden Schule, er instruiert die
— 36 —
Kinder im Lesen und Schreiben, auch Freitag usid
Samstag „in Geistlichen Sachen". Er bittet um ein
jährliches Fixum oder Deputat, da die Schul in „ab-
namb verfalle", indem zu Pietenberg und Iettenbach
neue Schulmeister aufgestellt seien, ja sogar in Krai-
burg selbst „am: oder annderer zu praejuäir: ein privat
Schuel anstelle" (1734).
Von 1748 an ist unter ähnlichen Verhältnissen
Matthäus Other Schulmeister. Er beklagt sich (1757),
daß er so wenig Kinder — „deren derwählen ohne
das nur 20 seyen", — in die Schule bekomme und
zur Kirche führen könne. Auch kämen viele Kinder
nur in den ersten Tagen der Woche, am Ende derselben
aber nicht, „aus forcht der Ehristenlehr" oder wegen
des Schulgeldes vou 2 kr. und wollen's die Eltern
nicht leiden, wenn man die Kinder „obwollen Ver-?
dienter Massen etwas schärfferes corri^ieren will". Der
Visitationsbescheid verlangt vom Lehrer, daß er die
Fugend zu und von der Kirche führe und in bey
Kirche entsprechend beaufsichtige, dainit nicht die Buben
in die Beichtstühle Hineinsitzen und aldorten die auf-
gehängten Bilder herabreißen. Klagen gegen die Eltern solle
der Lehrer bei der quatemberlichen Visitation vorbringen.
' „In Rücksicht seiner angerühmten Fähigkeit und
belobt guter Aufführung als vom Magistrat zu Krai-
burg an- und aufgenommener Schullehrer" wird im
Fahre 1780 nach dem Abgänge des Franz Xaver tzin-
termayr durch kurfürstliches Dekret bestätigt Baumann
Joseph Christoph. Er sollte vom Markte 224 fl. 20 kr.
beziehen (darunter 15 fl. jährlichen Hauszins), be-
kommt aber kaum 200 fl., von denen er Hauszins,
Absenzgeld, Holz und Licht für Lehrer Hintermayr zu
bezahlen hat, so daß ihn nur 118 fl. Reineinkommen
treffen. Unter dem „zum unterricht der Fugend wohl-
erfahrenen und dichtigen Mann" hebt sich der Schul-
besuch von 31 auf 60 und 70 Kinder. Die Klassen-
einteilung wird nicht nach Zeitterminen vorgenommen,
sondern gemäß der Befähigung der Kinder. Auch unter
dem Nachfolger (und Sohne?) Baumann Franz (1790
bis 1795) konnte der Pfarrer berichten: „An beiden
— 37 —
Orten (Taufkirchen und Kraiburg) hoffe ich getröstet,
daß auch eine hohe Obrigkeit über Fortgang und Sitte
dürfte zufrieden sein". Als Hemmnisse der Lehrtätigkeit
bezeichnet er die geringe Bezahlung des Lehrers, das
Bestehen einer W i n k e l f ch u l e — unter dem zwar
approbierten, aber lediglich als Instruktor, also als
Privatlehrer anerkannten Kindlthaler Johann (1796),
der ein Nachkomme früherer Schulmeister war, fristete
eine erlaubte Privatschule ihr Dasein — und „daß
nicht alle Eltern ihre Kinder in die ordentliche Schule
schicken wollen". Noch mehr stieg die Schule untev
dem Pfarrer Schmid Georg (1795—1819). Dieser war
ein Freund des großen Pädagogen Sailer. Und da
Sailer in Lafering Besuch machte, kam wohl auch sein
persönlicher Einfluß in Kraiburg zur Geltung; in La-
fering-Taufkirchen wenigstens ist die Reformtätigkeit
des Pfarrers sehr eingreifend und so recht im milden
und zugleich durchdringenden Sinne des edlen Jugend-
freundes Sailer.
Pfarrer Schmid konnte sich auf seine Hilfs-,
priefter stützen. Der Kraiburger Benefiziat Zweckstetter
und der Koadsukr Oberhe'nzinger eröffneten am l.Mai
1803 in dem Markte die Feiertagsschule, deren Füh-
rung dann (21. Mai 1803) dem bisherigen Privat-
lehrer Friedrich Kulbinger unter Leitung der genann-
ten Priester übertragen wurde. Der damals gehegte
Plan zur Errichtung einer weiblichen Industrieschule
gelangt nicht zur Ausführung.
Von 1805—1822 ist der frühere (1789—1805)
Privatlehrer Kelbling Kar! Friedrich wirklicher
M a r k t l e h r e r. Beim Antritt seiner Stellung wurde
das zweite Stockwerk des Rathauses , zu Schul-
zimmern und Lehrerwohnung gerichtet, die große Vor-
halle des Ratszimmers diente als Raum für die feier-
lichen Schulprüfungen. Im Jahre 1826 wird auch
das Ratszimmer zu einem Schulzimmer umgebaut.
Wenn also die Zeitschrift „Nachrichten von dem deut-
schen Schulwesen" uns erzählt, daß am 4. Februar 1806
das „neue Schulhaus" eröffnet wurde, so ist wohl damit
das (1616—1620 und dann) 1805 umgebaute Rathaus
— 38 —
gemeint. Der Tag der feierlichen Eröffnung (4.2.06)
fiel zusammen mit dem vom König anbefohlenen Frie-
dens- und Dankfeste.
Der Schulsprengel wurde 1815 neu organi-
siert und umfaßte im allgemeinen die Gemeinden
Kraiburg und Maximilian. 1822—1856 ist erster Leh-
rer Franz Zkaver Seidlbeck. In einem Schreiben an
die Kirchenverwaltung (1. November 1841) weist die-
ser Lehrer hin auf seine „Vorbereitungsschule für Lehr-
linge". — Erst 1855 wird der Organistendienst nüt der
ersten Schulstelle vereinigt und trägt nach alten Fassio-
nen neben den Stolgefällen 76 fl. In den Jahren 1856
bis 1862 ist Lehrer Textor Franz Seraph. Ihm folgt
1862—1868 Rabufchin Franz Ztaver und dann (1865 ?
bis 1877) Iais. Nachdem 1862 der Chorregenten- und
Mesnerdienst der zweiten Lehrstelle zugeteilt worden
war, veranlaßte wohl Lehrer Iais die Umstellung der-
selben. Der Mesnerlehrer nutzte eins zur Pfarrkirchen-
stiftung gehörige Wiese von 91 Dezimalen.
In das Jahr 1876 fällt die Errichtung einer ge-
werblichen Fortbildungsschule; 1886 baut die
Schulgemeinde um 50 000 Mk. ein Schulhaus.
Der um Kraiburg verdiente Cxpositus und nach-
mals erste Pfarrherr von Kraiburg Joseph Krandauer
errichtete im Jahre 1905 mit einem Aufwands von
32 000 Mk. ein Mädchen fchulhaus, dessen Füh-
rung die armen Schulschwestern übernahmen.
Die tiefschmerzlichen Erlebnisse der letzten Jahre
lassen uns nur als fernab liegende geschichtliche Er-
innerung erscheinen, was vor einem Jahrzehnt noch
fröhlich Leben hatte, den Schulfonds. Sein Grund-
stock ward gelegt in der bei Beginn des 19. Jahr-,
Hunderts üblichen quarta scholarum, dem für die
Schulen (und Armen) abfallenden Viertel bei Iahr-
tagsstiftungen. Dazu kamen Schenkungen, wie 3000 fl.
des Weinwirtes und Schiffmeisters Falk Michael und
1000 fl. der Stadlberger Teres, die vorläufig zu Schul-
preisen und dann zur Errichtung einer Mädchenschule
verwendet werden sollten, aber zum Schulfonds ge-
schlagen wurden. Er hatte 19117 Mk. 76 Pfg. Kapital.
Rundschau.
Die Heimattaglmg des Jnn-Salzach-Gaues in
Mühldorf.
Wunderfein hatte der lachende, blaue Sommerhimmel
das alte Jnnstädtchen zum Empfang seiner Gäste herausgeputzt.
Wehende Fahnen in Farben weißblau und weißrot grüßten
von den grauen, steifen, ausgezackten Giebelfronten. Ja der
alte Stadtturm schickte seinen Willkommen sogar über den Berg
hinauf. Sonnenschein in allen Winkeln und Gäßchen. Sonnen-
schein in allen Herzen und so mußte die Tagung in schönster
Harmonie, Frohsinn und Freude bringen. Bis zum letzten
Plätzchen war der restlich geschmückte Saal am Begrüßungs-
abend voll. Heimatlieder lieb und traut - Gruß und Hand-
schlag stammverwandter Brüder aus österreichischen Gauen —
da schlägt die Freundschaft frohe Bande, Die den besten Auftakt
bilden zu schaffensfroher Arbeit.
Der erste Schaffenstag. Hochschulprofessor Dr. Heu-
w ies er-Regensburg bot eine klare Einsühruna in die Geschichte
Mühldorfs. Besonders wertvoll waren die Wegzeichen, die er-
den Heimatlern zum Studium und Eindringen in die Orts-
geschichte gewiesen. — Der unermüdliche Heimatforscher Eapo-
situs Weber von Watzling gab tiefgründige, scharfumriffene
Auszüge aus der reichen Geschichte des Augustiner-Chorherren-
stlsts Au a. Inn und zeigte an der Wirtschaftsgeschichte des
Klosters die Entwicklung und Verfassung einer kirchlichen
Grundherrschast Altbayerns. — Nach ihm folgte Staatsober-
archivar Dr. Mitterwreser-München. Dankbare Forscher-
arbeit wars gewesen, die Herr Doktor in seinem Referat über
„Wallfahrtszüge in bayrischen Regierungsstädten" geboten hat.
Ein um'angrelcher Stoff, der in knappste Form gefaßt, von
dem Treuglauben und der Opferfreudigkeit unserer Nachbar-
städte Landshut, Straubing, Burghausen und München erzählt.
— Herr Landesschulinspektor Dr. Berger-Linz, ein belesener
und vielerfahrener Schulmann berichtete über „Schule und
Heimat in Oesterreich". Während die Ausführungen des Herrn
Dr. Berger mehr theoretischer Natur waren, führte in lebendigem,
vonLichtbrldern begleitetem Vortrage Hauptlehrer Göttinger-
Au in das praktische Heimatschaffen bayerischer Schulen ein.
Gesunde Heimatlehrer — gesundes Jungvolk — Deutschlands
Wiedergeburt. — Es waren Feierstunden für Eltern und Er-
zieher. — Den Abend füllte ein Lichtbilderoortrag des Herrn
Baudirektor Kennerknecht, der zugleich als Einführung für den
Besuch des großen „Jnnwerks-Kanales" dienen sollte.
— 40 —
Der zweite Schaffenstag. Salzburgs führender Ge-
schichtsforscher Regierungsrat Dr. Martin stellte uns das
Hochstift Salzburg'in seinem Werden und seiner Bedeutung für
die kulturelle Entwicklung Südostbaierns vor Augen. Es war
ein berechtigter Gedanke, dem Hochstift eine Stunde der Tagung
zu schenken, da gerade die Stadt Mühldorf und das Kloster
Au mit dem Fürstentum Salzburg geschichtlich eng verbunden
sind. Eine prächtige, urdeutsche Persönlichkeit, mit güldnem
Oesterreicher Humor und Herzen, stand in Herrn Dr. Kriech-
baum-Braunau vor dem Rednerpult und erzählte uns in
freiem, lustigen Vortrag über „die Psychologie der Bauern im
Jnnviertel". Natur- und Aberglauben, urkräftige Stammesart,
Treu zur Heimat und Scholle, rauhe Schale, doch guter Kern.
Um Bauernleben schildern zu können, müssen Leib und Seele
mitverwachsen, so wie wir es bei Herrn Dr. Kriechbaum gehört,
erlebt und mitempfunden haben. — Herr Bahninspektor Neu-
mey er-Mühldorf gab eine anregende Schilderung über die
„Innschiffahrt von der Urzeit bis zur Einstellung". Eine Arbeit,
die umsomehr an Wert gewann, als sie ein abgeschlossenes
Ganzes darstellte. Trotzdem die Mittagsstunde schon weit
überschritten war, blieben noch die meisten Gäste, um die klar
gegliederten Ausführungen Dr. Böhmes-Mühldorf über
„Altarbaukunst in Südbayern" anzuhören. Der Nachmittag
war mit kleinen Wanderungen in und um Mühldorf ausgefüllt.
„Das Jnnwerk." Man mußte erschrecken über die riesenhaften
Kräfte, die der kleine Mensch allhier auf so kleinem Flecken ge-
sammelt und sich nutzbar gemacht. Der zweite Wandertrupp zog
unter Führung des Pfarrers Lunghammer über Altmühldorf,
„dem goldenen Rand an der silbernen Schüssel", nach Ecksberg,
um Spuren alter und ältester Geschichte nachzugehen. Warme
Naturliebe, welche die Hörer zur Begeisterung mitgerissen,
sprach aus dem Lichtbildervortrag des Herrn Dr. Amman-
Müuchen über „das Naturdenkmal im Steinernen Meer."
Putzige Murmeltierchen, flinke Gemsen, Bilder aus der Pflanzen-
und Vogelwelt, alles in nächster Nähe ausgenommen, flitzten
an der Leinwand vorüber.
Der letzte Schaffenstag war unter allerschönstem Son-
nenschein dem frohen^ Heimatwandern gewidmet. Ueber 200
Personen pilgerten die Straße gegen Schloß Iettenbach, die
Turnierhalle, das Schloß selbst und die alte Kapelle zu schauen.
Das Stauwerk am Jnnkanal zeigt uns nochmal die Fortschritte
modernster Technik. — Ein Hauptziel des Tages war die Be-
sichtigung des Stampflschlößls, der Burg der Grafen von
Megling. Unter dem alten grauen Schloßportal ließ Exposttus
Weber, der wohl am innigsten mit unserer Heimatgeschichte
verwachsen, die Burg aufs Neue erstehen und Geschlechter auf
Geschlechter an der Seele der Lauschenden vorüberziehen. Haupt-
lehrer Göttinger erklärte die Wunderschau, die man von
diesem Höhengipfel genießt, und erläuterte den geologischen
— 41 —
Ausbau der Gegend. — Die Wirtschaft in Kloster Au lud zur
fröhlichen, wohlverdienten Raste ein. — Das Schulmuseum von
Kloster Au ist lebendige Heimatge chichte und zeigt uns den
Bienenfleiß eines bodenständigen, warmblütigen Heimatlehrers.
— Wahre Prachtschilderungen waren die Ausführungen des
Erzbilchöfl. Archivars, Prälaten Dr. Hartig, die in feiner
schlichter Form aneinandergereiht die Baugeschichte der Kloster-
kirchen Au und Gars uns zeichneten und dabei eine so gute
Einführung in die Stilkunde gaben. — Die kurzen Pausen
zwischen den Vorträgen in den vergangenen Tagen wurden
von den Besuchern fleißig genützt, uni das Mühldörser Stadt-
museum und die Ausstellungen im Rathause einzusehen.
„Freundschaft soll an'der Spitze einer jeden Tagung als
Leitspiuch stehen," hat der Führer der Heimatbewegung im
Jnn-Salzach-Gau, Dr. Kriechbaum, am Begrüßungsabend mit
frohem Gruß den Gästen zugerufen. Freunde sind wir alle
geworden und lichte Freundschaftsbande ziehen hierüber ins
stammverwandte Oesterreicher-Land und Freundschaft aus frisch-
frohem Helmatschaffen herausgewachsen, die währet ewig, fest
und treu. — Ausführliche Berichte über die Vorträge auf den
Heimattagungen zu Laufen, Burghausen und Mühldorf aus
der Feder Dr. Kriechbaums find im Verlag Stampfl zu Braunau
erschienen und können von dort bezogen werden.
Lehrer L Strobl, Oberbergkirchen.
Die Heimattagungen des Jahres 1925.
Seit dem Zusammenschlüsse der Heimatvereine des
Jnn-Salzachgaues ist es für die dieser Vereinigung auge-
schlossenen Vereine eine liebgewordene Gepflogenheit geworden,
sich alljährlich in einem alten Städtchen des Gaues zu einer
kleinen Heimattagung zusammenzufinden, um teils die Er-
fahrungen auf dem Gebiete der Heimatbewegung auszutauschen,
teils um neue Anregungen für die Heimatforschung zu erhalten.
Für dieses Jahr wurde das alte oberösterreichische Städtchen
Schärding am Inn als Versammlungsort in Aussicht ge-
nommen. Um die im Hochsommer 1925 in Linz und in
Salzburg geplanten großen Heimattagungen nicht zu schädigen,
wird die Schärdinger tzeimattagung am Sonntag, 3. Mai
und Montag, 4. Mai stattfinden. Nach einer Führung durch
die Stadt und durch das städtische Museum wird die Heimat-
tagung am erstgenannten Tage um 3 Uhr nachmittags in der
Kapsreiterhalle eröffnet werden In d eser Tagung sprechen:
1. Univ.-Prof. Dr. Georg Kyrle (Wien): „Urgeschichte des
politischen Bezirkes Schärding" (mit Lichtbildern); 2. Hochschul-
professor Hofrat Dr. Karl Holey (Wien): „Die Denkmale der
Baukunst in Schärding und Umgebung" (mit Lichtbildern);
3. Landeskonservator Regierungsrat Dr. Oskar Oberwalder
(Linz): „Malerei, Plastik und Kunstgewerbe im politischen
Bezirk Schärding" (mit Lichtbildern). Abends 8 Uhr soll ein
42 -
Heimatabend die Fortsetzung der Tagung bilden. Bei diesem
soll Dr. Kriechbaum (Braunau) über die „Ziele der Heimat-
bewegung" sprechen. Auch sollen Darbietungen heimischer
Tondichter den Abend abwechslungsreicher gestalten. Den
Schluß der Tagung soll am 27. April eine Wanderung nach
Suben den Inn entlang bilden. Dortselbst findet ein Vortrag
von tzofrat Dr. Holey (Wien) über „Die Kunst im ehemaligen
Kloster Suben" statt. Es wird darnach getrachtet werden, dm
Teilnehmern der Tagung billige bezw. unentgeltliche Nacht-
quartiere zu verschaffen. Alle die Tagung betreffenden Zu-
schriftenwollen an das Gemeindeamt Schärding a.J.(Oberösterr.)
gerichtet werden. — Das Programm für Salzburg wird später
bekannt gegeben. Bei der Salzburger Tagung werden
Führungen und Wanderungen eine große Rolle spielen.
Verein zur Erforschung der Diözesangeschichte
von München-Freistng.
Auf Veranlassung Sr. Eminenz, des Hochwürdigsten Herrn
Kardinals Dr. Faülhaber wurde am 4. Dezember 1921 der
Verein zur Erforschung der Diözesangeschichte von München-
Freistng gegründet. Der Verein bezweckt die genaue Registrie-
rung aller handschriftlichen und gedruckten Quellen, die Inven-
tarisation der Kunstdenkmäler, die Sammlung aller Inschriften
an und in den Kirchen, Pfarrhöfen und öffentlichen Gebäuden,
die Vorbereitung zu einer Bibliographie, zu einem Heimatbuch
und einerden modernen Anforderungen entsprechenden Geschichte
der Erzdiözese, seiner Erzbischöfe, Bischöfe, des Domkapitels,
der Pfarreien, der Diözesanliturgie u. a. Der Verein setzt sich
aus Mitarbeitern und Förderern zusammen. Als Mitarbeiter
kommen Priester und Theologiestudierende, sowie Laien mit
entsprechenden Vorkenntnissen in Betracht. Die Förderer haben
den Verein in jeder Hinsicht zu unterstützen und einen jährlichen
Beitrag zu leisten. Es wurden vier Arbeitsgruppen gebildet.
Die erste Gruppe wird sich mit dem Registrieren der gedruckten
Quellen und dadurch mit der Schaffung der Bibliographie be-
fassen. Die Gruppe 2 übernimmt die Registrierung der hand-
schriftlichen Quellen im Ordinariatsarchiv, in der Staatsbiblio-
thek, in den staatlichen, Gemeinde- und Pfarr-Archiven. Die
Gruppe 3 sammelt alle Inschristen auf Stein, Holz, Lein-
wand usw., die sich auf Priester, Lehrer und allgemein bedeut-
same Personen, wie große Gelehrte, Schloßbesitzer usw. beziehen;
weiter die Weihe-Inschriften von Gotteshäusern, Altären und
Gedenksteinen, sowie Reliquieninschriften. Die Gruppe 4 arbeitet
an der Inventarisation nach den Grundsätzen des bayerischen
Landesamts für Denkmalspflege, das sein Archiv zur Verfügung
stellt. Der Vorstandschaft, die sich aus 13 Mitgliedern zusam-
mensetzt, gehören u. a. der Herausgeber und mehrere Mitar-
beiter des „Inn-Jsengaues" an. Innerhalb der Vorstandschaft
besteht noch ein engerer Arbeitsausschuß, dessen erster Vorsitzen-
der Prälat und Erzbischöfl. Archivar Dr. Michael Hartig ist.
— 43 —
Wir freuen uns, daß nun auch unsere Erzdiözese einen
diözesangeschichtlichen Verein hat, der in einigen Bistümern
schon längst besteht, so in Freiburg seit 1832 (mit seinem vor-
züglichem Organ Freiburger Diözesan-Archiv) und in Fulda
seit 1896. Soll unser Erzbistum einmal eine den modernen
Anforderungen entsprechende Diözesangeschichte bekommen
(ähnlich der musterhaften Geschichte des Bistums Augsburg),
so kann dies am besten durch eine Zusammenfassung, eine Or-
ganisation verwirklicht werden, welche allein eine Nutzbar-
machung jeder Teilarbeit, und mag sie noch so klein sein, für
das große Endziel ermöglicht. Jeder in der Technik der Ge-
sichtsforschung Bewanderte weiß, daß einem Manne die Lö-
sung der gesteckten Aufgabe auf Grund der ersten Quellen un-
möglich ist; denn dazu sind diese zu massenhaft und allzu sehr
verstreut. Dazu kommt, daß auf dem Gebiete der speziellen
Bistumsgeschichte, der Geschichte der Pfarreien, verlässige Vor-
arbeiten vielfach fehlen.
Heimatverein Eggenfelden.
Auf Anregung des Steuerinspektors Valentin Limmer
wurde in Eggenfelden am 17. Dezember 1924 ein Heimatverein
gegründet. Da der Verein den ganzen Bezirk umfassen soll,
sind Mitglieder nicht nur aus der Stadt Eggenfelden selbst,
sondern aus dem ganzen Bezirk willkommen. Der vierteljähr-
liche Beitrag ist auf 1 Mark festgesetzt worden. Die Vereins-
abende werden jeweils am ersten Mittwoch im Monat, falls
auf diesen Tag ein Feiertag fällt, am darauffolgenden Tage,
im Gasthaus Moser abgehalten. Der neugegründete „Heimat-
verein Eggenfelden" hat Steuerinspektor Limmer als 1. Vor-
stand, Seilermeister Weinmayr als 2. Vorstand und Kaufmann
Rambold als Schriftführer und Kassier gewählt. Anmeldungen
von neuen Mitgliedern können jederzeit bei Vorstand Limmer
oder bei Kassier Rambold erfolgen. Im Mai veranstaltet der
Verein einen Ausflug nach Aldersbach bei Vilshofen, wobei
die berühmte Klosterkirche besichtigt wird. Prälat'und Archivar
Dr. Hartig hat sich bereit erklärt, die kunstgeschichtliche Füh-
rung zu übernehmen.
Bücherschau.
Wissenschaftliche Festgabe zum zwölfhundertjährigen
Jubiläum des hl. Korbinian. Herausgegeben von D. Dr.
Josef Schlecht, o. ö. Hochschulprofessor in Freising. München
1924, Graphische Kunstanstalt Anton Huber. 30 Mk.
Zur 1200jährigen Jubelfeier hat auch die Wissenschaft
eine Weihegabe auf den Altar des hl. Korbinian niedergelegt.
Die Festschrift bringt 26 Abhandlungen aus den verschiedensten
Wissensgebieten und wird eine Fundgrube für spätere Forscher
sein, weck die Artikel immer das gesamte Wissen unserer Zeit
— 44 —
bringen. 29 ganzseitige Bildtafeln und 61 Abbildungen im
£ext schmücken das Buch. Theologie, Philosophie, Geschichte,
Kunst, Literatur, Musik lieferten Beiträge. Das Quellgebiet
der bayerischen Kirchenorganisation; das Freisinger Domkloster
und seine Filialen; Irische Frühmissionäre in Südbayern;
zur Vita Corbiniani; das Eastrum >tajense; das sogen. Evan-
geliar des hl. Korbinian; die Freisinger Jtala; die kanonistlsche
Sammlung der Handschrift von Freisinn; die Ikonographie des
hl. Korbinian; das angebliche Homiliar des hl. Korbinian;
der hl. Alto und seine Klosterstiftung Altomünster; Frelsings
mittelalterliche Musikgeschichte; Babylonisches bei Otto von
Freising; Bischof Otto II. von Freising, der erste Barlaamdichter;
der weltliche Grundbesitz des nochstiftes Frelstng; die Bischöfe
von Freising und ihre Herrschaft Burgrain; die Perehrung des
hl. Sigismund; die spätmittelalterlichen Auslaufbücher der
Freisinger Bischöfe; eine Klage aus dem Fürstbistum Freising
vor der Westfälischen Feme; der Freisinger Domherr und
Humanist Sigismund Scheuster; Alexander Secundus, Dom-
propst von Freising; Johann Z-mmermann, der Meister
des Domkreuzganges; das Institut der Bartholomäer in der
Erzdiözese; aus dem Anfange der Freisinger Normalschule;
Aus- und Nachwirkungen der Säkularisation; die gegenwärtige
Altarausstattung des Freistnaer Doms — das sind kurz die
Kapitelüberschriften. Besondere Erwähnung verdient noch die
beigelegte Karte, die Benefiziat Alfons Ammer für seine ver-
dienstvolle Arbeit über den weltlichen Grundbesitz des Hochstiftes
Freising durch das bayerische Topographische Büro herstellen
ließ. Sie zeigt den weitgehenden Einfluß des Hochstiftes bis
nach Enzersdorf bei Wien, Iugoflavien und Italien. Mit
freudigem Stolz legt man das Werk aus der Hand, mit einem
leisen Leid; denn die Herrlichkeit dieser Festgabe läßt uns ahnen,
wie schön eine Kirchengeschichte Bayerns wäre. Wann wird
sie geschrieben? Der Heimatter und Volkskundler wird aus
dieser Festschrift viel gewinnen. Die Literaturangaben werden
ihm neue Quellen zeigen, die Bilder viele Vergleichungspunkte
bieten, die Abhandlungen ihm Musterbeispiele sein für wissen-
schaftliche Arbeit. Si x, Rosenherm.
Das Leben des hl. Korbinian. Von Balthasar
Arnold. Freising 1924. Datterer. Geb. 3 Mk.
Die Jubiläumsschrift baut sich auf eingehende Studien
und Quellenforschungen auf, ist aber für weitere Volkskreise
bestimmt, weshalb Arnold auch manchmal der Phantasie Spiel-
raum läßt. Wenn man den Zweck des anschaulich geschriebenen
und schön ausgestatteten Büchleins im Auge behält, kann man
an demselben nur seine Freude haben. Die etwas unfreundliche
Kritik in der Literarischen Beilage zum Klerusblatt (Eichstätt
1925 Nr. 1) wird der fleißigen Arbeit Arnolds nicht gerecht.
Eine Bemerkung müssen wir jedoch anfügen: Die Bedeutung
des hl. Rupert wird zu stark unterschätzt. Wohl ist Rupert
— 45 —
nicht der Apostel Baierns, zu dem man ihn früher gestempelt
hat; aber er bleibt der bedeutendste der Glaubensboten, die
damals in unserem Lande wirkten. Und daß" sein Einfluß
größer war als der des hl. Korbinian, mag man'auch daraus
ersehen, daß wir in 123 Kirchen Rupertuspairozmien haben,
während dem hl. Korbinian verhältnismäßig wenige Kirchen
geweiht sind. Weber,
Altbayerische Siedelungsaeschichte in den Ortsnamen
der Aemter Bruck, Dachau, Freising, Friedberg, Landsberg,
Moosburg und Pfaffenhofen. Bon Eduard Wallner.
Verlag von N. Oldenbonrg, München und Berlin 1924.
Die Ortsnamenforschung, der in Bayern trotz rege
erwachten Interesses und mancher bereits vorliegenden tüchtigen
Arbeiten noch ein weites unbebautes Feld zu bestellen bleibt,
hat in diesem Buch eine außerordentlich wertvolle Bereicherung
erfahren. Der germanistisch trefflich geschulte Verfasser, ein
Augsburger Hauptlehrer, gibt hier auf gründ vieljähriger,
mühevoller Quellenstudien und liebevoller Durchwanderung
des Gebietes zwischen Lech und Isar nicht nur die sprach-
geschichtliche und Sinneserklärung von etwa 1500 Ortsnamen,
sondern zeichnet auch ein lebendiges, anschauliches Bild von
der Besitzergreifung und allmählichen Besiedlung und Durch-
dringung der genannten Landschaft durch unsere bairischen
Ahnen. Besonders wertvoll ist der Abschnitt „Die Landnahme",
in welchem W. die wichtige Ortsnamenklasse der ing-Orte be-
handelt und unter Beschränkung der Ur-ing-Orte auf die Psarr-
dörfer neue, sehr beachtenswerte Wege geht. Unsere Gegend
betreffend sei nebenbei bemerkt, daß das von Wallner, S. 38
auf Fränking (Gem. Ainhofen, B.-A. Dachau) bezogene
Franrichingen (Bitterrauf Nr. 1571 b), ebenso wie die gleiche
Namenssorm in Qu. Er. l 319 und Ebersb. Eart. l!l, 2 auf
Flaring (Gem. Tauskirchen, V.-A. Erding) zu beziehen ist.
— Wallners verdienstvolles Buch darf als eines der besten
ortsnamenkundlichen Werke Bayerns angesprochen werden und
wird nicht nur den engeren Landsleuten des Verfassers will-
kommen sein, sondern kann jedem Heimatfreund auch anderer
Gaue als vortreffliche Einführung in das Wesen und die
Arbeitsweise der Ortsnamenforschung warm empfohlen werden.
Dr. Dach s, Regensburg.
Die Wirtschafts Verhältnisse des Klosters St. Gallen
von der Gründung bis zum Ende des XIII. Jahrhunderts.
Bon Dr. Hermann Bikel. Herder, Freiburg im Breisgau.
Bei keiner deutschen Abtei fließen die Quellen historischer
Erkenntnis so reichlich als wie bei St. Gallen. Bekannt sind
die Easus Sancii Galli, die in den verschiedenen Jahrhunderten
immer wieder ihre Fortsetzer fanden. Auch die Urkunden, die
uns erhalten, sind sehr zahlreich und füllen jetzt bereits fünf
stattliche Bände. Hermann Bikel hat es in seinem Buche
46 —
unternommen, auf der Grundlage dieses reichen, historischen
Materials uns ein Bild von den Wirtschaftsverhältnisfen des
Klosters bis 1300 zu entwerfen. In der Einleitung unterrichtet
m seine Leser über die von ihm herangezogenen Quellen, nennt
ihre neuesten Ausgaben und prüft sie auf ihren historischen
Wert. An diese Einleitung reiht sich ein kurzer Ueberblick über
die geschichtliche Entwicklung des Stiftes an. Nach diesen ein-
leitenden Bemerkungen behandelt er in einem ersten Abschnitt
die Art und Weise, mk St. Gallen zu seinem großen Besitz
gekommen. In einer Tabelle stellt er zur besseren Uebersicht
die verschiedenen Formen Zusammen und so ergeben sich daraus
wichtige Erkenntnisse, die nicht allein für St. Gallen zutreffen,
sondern allgemeine Geltung haben. In einem zweiten Abschnitt
bespricht er ein interessantes Kapitel aus der Wirtschaftsgeschichte
eines Klosters, nämlich die Verwaltung der Klostergüter. Sie
war eine lokale, ausgeübt durch die Meier, und eine zentrale,
versehen durch Mönche der Abtei in Unterordnung unter dem
Klostervorstand. Typisch ist, was Bikel über die Entwicklung
des Meieramtes sagt. Die Meier werden an vielen Orten tatsäch-
lich Träger eines neuen Adels, des sog. Ortsadels. Eine
Uebersicht über die Verwendung der Klostereinkünfte beschließt
diese« Wertvollen Abschnitt. Großes Interesse bietet der nächste
Abschnitt, in dem die soziale Stellung drr Klosterherren und
der Kloftermitertanett untersucht wird.' Besondere Beachtung
Verdient, was Bikel über die Ministerialen des Klosters zu
lagen Weiß» Selten haben wir für ein Kloster so reiches
Quellenmaterial, daß wiv uns die Entwicklung dieses Standes
fo klar verdeutlichen können wie hier für St. Gallen. Aber
auch das, was Bikel über die übrigen Gotteshausleute be-
richtet, erweckt unser Interesse und der Leser wird zu Vergleichen
mit ähnlichen Zuständen auf anderen Klöstergebieten angeregt.
In einem Schlußkapitel geht der Verfasser auf die inneren und
äußeren Ursachen, auf die verschiedenen Etappen des Verfalls
von St. Gallen ein, ein sehr lehrreiches Kapitel. Das Kloster
hat sich zwar gegen den Verfall gewehrt, aber die wirtschaft-
liche Krisis des 13. Jahrhunderts, die über viele deutsche Klöster
kam, der Uebergang von der Naturalwirtschaft zur Geldwirt-
schaft, von der Fronwirtschaft zum Rentenwesen hat St. Gallen
dem endgültigen Verfall überantwortet.
Ein Vorzug von Bikels Buch ist, daß er überall im
weitesten Ausmaße seine Quellen selber sprechen läßt. Er
versteht es, auch durch beigefügte Tabellen die Ueberstchtlichkeit
seines Werkes zu erhöhen. Auch sonst bietet das Buch methodisch
große Vorzüge. Daher sei es jedem Forscher, der über einen
ähnlichen Gegenstand schreibt, nachdrücklichst empfohlen. Es
ist ohne Belang, über welches Kloster er berichtet. Er hat
hier ein Beispiel, wie er eine solche Arbeit anlegt. Es kommt
hinzu, daß die Fragen, die Bikel behandelt, für die meisten
deutschen Abteien zutreffen. Und doch sind wir bei vielen
- 47 —
Abteien nicht so gut unterrichtet. Bikels Buch sei vor allem
den Heimatforschern des Jnn-Jsengaues empfohlen, dessen
wirtschaftliche Grundlage auch eine Abtei, St. Peter in Salz-
burg, mit Grund gelegt hat. Das alamanifche Mönchtum hat
außerdem des öfteren auf das bayerische eingewirkt, in der
Zeit des Abtbischofts Pirmin von der Reichenau, des hl.
Wolfgang, Bischofs von Regensburg, und des seligen Abtes
Wilhelm von Hirschau.
P. Wilhelm Fink, Metten.
Die ostbairischen Grenzmarken. Heimatkundliche
Blätter des Inn-Salzachgaues, des niederbairisch-ober-öster.
Donautals mit Mühlviertel, des Bayerischen und des Böhmer-
Waldes. Jahrgang 1924 und 1925, Heft 1.
Die ostbairischen Grenzmarken haben unter der sach-
kundigen Schriftleitung des Hochschulvrofesfors Dr. Max Heu-
wieser, Regensburg und dem Opfersinn des Verlags Wald-
bauer in Passau ihre Stellung als führende Heimatzeitschrift
Ostbaierns behauptet. Hier in den Grenzlanden kommt ihr
eine besondere Bedeutung zu. Durch Verbreitung gründlicher
Kenntnis der Heimat und ihrer kulturellen Entwicklung dient
sie dem schönen Ziele, das Band der geschichtlichen und kultu-
rellen Zusammengehörigkeit des baierischen Volksstammes wieder
enger zu gestalten. „Politische Grenzen gelten für die Heimat-
pflege nicht und hier um so weniger, als wir im Südosten
hüben wie drüben desselben baierischen Blutes, derselben
Schicksalsgemeinschaft verfallen. Wir müssen uns unserer gro-
ßen geschichtlichen und kulturellen Gemeinsamkeit wieder viel
mehr bewußt werden, uns einander wieder viel näher treten,
die Werte des baierischen Volkstums für das Deutschtum wieder
fruchtbarer machen" — betont mit Recht die Schriftleitung.
Aus dem reichen und vielseitigen Inhalt des Jahrganges
1924 greifen wir nur jene Aufsätze heraus, die unseren Gau
berühren. So gibt tie tiefgründige und mit einer Fülle von
Quellenmaterial belegte Abhandlung „Römisch-germanische Zu-
sammenhänge in der Besiedlung und den Verkehrswegen Alt-
baierns" von Dr. Hans Dachs auch für die Frühgeschichte
unserer Gegend wertvolle Fingerzeige. Der als eifriger For-
scher bekannte Pfarrer Spirkner bietet eine knappe, aber gute
geschichtliche Uebersicht über die Pfarrei Gangkosen. Konrad
Leppa veröffentlicht aus dem Wiener Kriegsarchiv zwei Opera-
tionsentwürfe, die der österreichische Generalquartiermeister
Heinrich Schmitt nach dem Waffenstillstand von Parsdorf im
Hauptquartier zu Alötting i. I. 1800 machte und worin er für
eine defensive Stellung längs des Jnnfluffes eintrat. Die
Zeitschrift würdigt auch die immer mehr erstarkende Heimat-
bewegung und faßt die zahlreichen kleineren Heimatbezirke
Ostbarerns zu einer Einheit zusammen. Heft 11/12 des Jahr-
ganges 1924 berichtet ausführlich über die Heimattagungen in
Straubing und Mühldorf und im 1. Heft des heurigen'Jahr-
- 48
ganges, der in neuer, gefälliger Ausstattung erscheint, sind
zwei Vorträge der Mühldorfer Heimattagung veröffentlicht:
„Heimat und Schule in Oesterreich" von Dr. Franz Berger,
Landesschulinspektor in Linz; „Schule und Heimat in Baiern"
von Franz Göttinger, Hauptlehrer in Kloster Au.
Tiroler Heimatblätter. Monatshefte sür Geschichte,
Natur- und Volkskunde. Jahrg. 1925, Heft 2.
Von dieser besteingeführten Zeitschrift für Geschichte,
Natur und Volkskunde ist das Februarheft erschienen. Es reiht
sich dem vorausgegangenen Heft, womit ein neuer Aufschwung
dieses Unternehmens eingeleitet wurde, würdig an. Das zeigt
eine kurze Jnhalts-Uebersicht. An der Spitze steht neben dem
Ausruf zur Gedenktafel für Prof. Dr. S. Prem eine Würdigung
des heimatlichen Dichters B. Del Pero zu dessen 75. Geburtstag,
vom Herausgeber Prof. R. Sinwel, der noch ein bemerkens-
wertes Kapitel des Heimatschutzes „Ueber Aushängeschilder und
Steckfchilder" behandelt. Weiters finden wir in dem Hefte die
Fortsetzung zweier ausgezeichneter Beiträge, u. zw. „Zur Ge-
schichte der Jagd in Tirol" von Dr. Karl Lechner und „Aus
den Matrikeln der Pfarrei St. Margrethen" von Karl Meister.
Von dem bekannten Heimatforscher Micbael Juifinger in Kundl
beginnt eine bedeutsame Artikelreihe „Einführung des Christen-
tums im Unterinntal" zu erscheinen (als felbständige Fortsetzung
der früheren Reihe.) „Vom Rathausbau in Kufstein" handelt
ein illustrierter Artikel von Al. Ml., vom „Schloß Schrofenstein
bei Stanz" berichtet Josef Mafchler-Landeck, während Dr. I.
Faistenberger-Reutte ein originelles Verzeichnis „Volkstümlicher
Pflanzennamen und Bedeutung einzelner Pflanzen im Haushalt
und Kinderspiel" bringt. „Aus der Geschichte der Schule in
Wenns" plaudert Sebastian Hackl, „Das Scheibenschlagen" be-
schreibt Dr. Jos. Rungg. Dr. I. Metzler teilt Sagen aus dem
Außenfern mit, Hans von der Trisanna alte Paznauner Sprüche.
Heimatfreunde wollen vom Verlage Eo. Lippott, Kufstein, ein
Probeheft verlangen.
Neue Pressestimmen über den „Jrrn-Äserrgau."
Literatische Beilage der Augsburger Postzeitung
1924, Nr. 51. Diese Heimat-Zeitschrift erscheint eben in ihrem
9. Heft als Nr. 1 des Jahrgang 1925 und enthält „Das Zunft-
wesen des Marktes Isen" von Pfarrer Ludwig Heilmeier (mit
2'Jllustrationen), Zolling, „Verunglückte Wallfahrerschiffe" von
Dr. Mitterwieser, Staatsoberarchivar, München, und „Pferde-
umritte im Inn- und Jsengau", von Lehrer Lorenz Strobl,
Oberbergkirchen.
Der „Inn- und Jsengau" soll alles umfassen, was zur
Erkenntnis der Geschichte, Landes- und Volkskunde des Gaues
gehört. Er soll sowohl Originalarbeiten bieten, wie auch das
wichtigste von dem sammeln, was in Büchern und Zeitschriften
zerstreut über unsere Gegend gebracht wird. Es erscheint dies
heutzutage um so notwendiger, als es dem Einzelnen nicht
wehr möglich ist, sich die weitverzweigte Literatur zu verschaffen.
Die Namen der Herausgeber bürgen dafür, daß die
Heftchen nicht bloß diejenigen befriedigen, welche an der Heimat-
geschichte und Volkskunde' Interesse haben, sondern auch alle,
die ernsthaftere historische Studien machen wollen.
Augsburg, Msgr. I. M. Friesenegger
„Der Heimgarten." Wochenschrift der Bayerischen
Staatszeitung 1925 Nr. 5. Die Nachkriegszeit mit ihren
Nöten und Entbehrungen hat in uns wieder mehr den Sinn
für die Heimat erstarken lassen. In allen Gauen unseres Vater-
landes erstanden heimatkundliche Bücher und Zeitschriften. Die
oben zitierte Zeitschrift will vor allem der geschichtlichen Er-
forschung der Gegenden an der Isen und am Inn dienen, wo
wir alte Kulturzentren unseres Volkes haben. Es ist eine
Gegend, in der die vier alten Bistümer des bayer. Stammes,
Freising, Salzburg, Passau, Regensburg, zusammenstießen.
Hier lag auch politisch ein Zentrum: Altötting. Das zehnte
Heft der Zeitschrift bringt aus der Feder des durch ähnliche
Arbeiten schon bekannten Regensburger Hochschulprofessors Dr.
Mai: Heuwies er einen Artikel über die älteste Geschichte dieses
Ortes, der seit 600 Jahren auf religiösem Gebiete zum Zentrum
unseres Stammes, zu einem beliebten Wallfahrtsort geworden:
Die Pfalz zu Altötting, ein Beitrag zur ältesten ^Geschrchte
Altötting. Der Verfasser führt zuerst den urkundlichen Beweis,
daß der Ort schon im achten Jahrhundert ein Herzogshof war,
daß er namentlich in der Zeit der letzten Karolinger Residenz
wurde. An den urkundlichen Beweis reiht er einen zweiten,
nämlich, daß die Natur des Platzes wie geschaffen war zur
Anlage einer Pfalz. Der geschichtlichen Entwicklung des Ortes
verdienen.
entsprechend unterscheidet Heuwieser 2 Pfalzkapellen: eine ältere
aus der Zeit der Agilolfinger und eine zweite aus der Zeit
der letzten Karolinger, die heute verschwunden und wahrscheinlich
an der Stelle der jetzigen Stiftskirche gestanden ist. Erstere
hat sich in der Gnadenkapelle erhalten, einem Achteck, das Heu-
wieser in die kunstgeschichtliche Entwicklung des achten Jahr-
hunderts einzuordnen sucht. Heuwieser behandelt ein interessantes
Kapitel aus der Frühzeit. Vielleicht hätte er, um die Bedeutung
Altöttings in alter Zeit noch mehr hervorzuheben, auf die oben
schon erwähnte Tatsache hinweisen müssen, daß der Ort nicht,
bloß Straßenkreuzungspunkt seit den Tagen der Römerherr-
schaft war, daß er auch der Schnittpunkt der vier alten bayer.
Diözesen war. . . Aber auch so vermag die Arbeit Heuwiesers
in allem vollauf zu befriedigen. Sie kann allen, die Sinn für
ihre Heimat sich bewahrt haben, aufs beste empfohlen werden.
Nicht zum wenigsten auch wegen der Exaktheit der wissenschaft-
lichen Methode, die Heuwieser mit Meisterschaft handhabt und
an der alle, die auf dem Gebiete der Heimatkunde arbeiten,,
sich ein Vorbild nehmen können. Der Aufsatz verdient wei-
testes Interesse; er lenkt unsere Blicke auf einen wichtigen
Abschnitt der Frühgeschichte unseres Volkes. Er reiht sich
würdig den übrigen Aufsätzen an die Seite, die in dieser Zeit-
schrift bereits erschienen und die allgemeine Beachtung nach
Inhalt und M
Verein, staut, spanne dpi vornan
Wasserburg a. Inn
Zweigstellen in Haifing und Oars a. Inn
Telefon 81. Telegr-Adr.: Sparbank Wasserburginn
ÄusfOhrung
aller bankmäßigen