10 Koch giebt dann für die, einfach Und allein auf Gewöhnung (die <r auch „innerhalb gewisser Grenzen" anerkennt) zurückzuführende Thatsache, daß die Kranken immer stärkere Dosen seines Mittels vertragen, eine sehr ge zwungene, von ihm freilich „ungezwungen" genannte Erklärung, die darauf hinausläuft, daß je weniger tuberkulöses Gewebe vorhanden sei, destv verhältnismäßig größere Dosen zur Hervorbringung einer Reaktion erforderlich Wären! (Es sind seitdem auch schon bei gesunden, tuberkel freien Personen aus kleine Dosen sehr gefährliche Erscheinungen cingeireten!) Bei Schwindsüchtigen (Phtisikern) fand Koch, daß die Dosis von 0,01 oom zu groß war und daß sie schon auf 0,002 und 0.001 oein „stark reagierten", daß man dann aber mehr oder weniger schnell zu größeren Mengen aufsteigen konnte. Kräftigere Kranke hätten auch von Hause aus grö-> ßere Tosen vertragen und hätte man dann letztere schneller steigern können, wobei es „den Anschein hatte, als ob der günstige Erfolg entsprechend schneller eintrat." Als Wirkung giebt Koch an, daß „Husten und Auswurf" nach den ersten Einspritzungen etwas zu- dann allmählich abnehmen, um „in den günstigsten Fällen schließlich ganz zu verschwinden." Der eitrige Auswurf verwandle sich allmählich in schleimigen, in welchen die Bazillen „zeitweilig gänzlich verschwinden, von Zeit zu Zeit wieder angetroffen würden", bis der Auswurf gänzlich ausblieb". Er sagt dann wörtlich: „Die im An fangsstadium der Phtisis behandelten Kranken sind sämtlich im Laufe von vier bis sechs Wochen von allen Krankheitssymptomen befreit, so doß man sie als geheilt ansehen könnte!" (Das nenne ich vorsichtig gesprochen! Es ist immer die alte Geschichte, wie bei allen Medizinheilungen: Die Symptome verschwinden, die Krankheit bleibt oder wechselt ihre Form, wird chronisch oder latent, d. h. inr Körp er verborgen.) Nachdem Koch noch die bloße Besserung von Kranken mit nicht zu großen Kavernen (Höhlen in den Lungen) und „keine objektive Besse rung" bei Kranken „mit vielen und großen Kavernen" festgestellt, er hebt er sich zu dem Ausspruch: „Nach diesen Erfahrungen möchte ich an nehmen, daß beginnende Phtisis durch das Mittel mit Sicherheit zu heilen ist". Diesen Ausspruch schränkt er aber durch eine Anmerkung dahin ein, insofern, als augenblicklich noch keine abschließenden Erfahrungen darüber vorliegen und auch nicht vorliegen können, ob die Heilung eine definitive (abschließende) ist; Rccidiven (Rückfälle) sind selbstverständlich vorläufig noch nicht ausgeschlossen. Doch ist wohl anzunehmen, daß dieselben eben so leicht und schnell zu beseitigen sein werden, wie der erste An fall!" (Ja wohl und so weiter, bis Meister Tod dem ganzen Spiele ein Ziel setzt! Der Vers.) „Andererseit wäre es aber auch möglich, daß nach Analogie mit anderen Infektionskrankheiten (hört! hört!) die einmal Behandelten dauernd immun (gegen die Krankheit geschützt) werden. Auch das muß bis auf weiteres als eine offene Frage angesehen werden." (Diese unscheinbare Anmerkung scheint uns des Pudels Kern: Die Anspielung auf die sog. Immunität z. B. gegen die Pocken durch die J-nnersche Kubpockenimpfung ist unverkennbar. Wir kennen diesen Schutz, der Millionen nicht geschützt, aber auch Millionen Leben und Gesundheit gekostet hat; es giebt gar keine „Im munität" durch einen abgelaufenen Krankheitsprozcß gegen dieselbe Krank heit! Es steht vielmehr unzweifelhaft und ganz allgemein fest, daß jeder für eine Krankheit, die er schon einmal gehabt hat, verhältnismäßig empfänglicher ist, alsein anderer, der sie noch nicht gehabt hat! Also diese Lockung zieht nicht, Herr Koch, wir danken für die erste und noch mehr für die zweite Auf-' läge von Jenner! auch wenn sie „Koch" hieße!)