5 ihr Hilfsorgan, eine Hilfsmaschine zur Fortbewegung des Blutes. Atem muskulatur und Herzmuskel stehen mit einander im innigen Zusammenhang; jede Störung im Atmungsapparat äußert sich auch im Hilfsorgan und um gekehrt. Die Atmiatrie bezweckt, durch ein mit Absicht und Methode geübtes kräftiges Atmen, Vollatmen, Tiefatmeu in staubfreier, frischer, sauer stofffreier Luft das gewohnheitsgemäße mangelhafte Atmen und seine Folgen auszugleichen. Die methodische Ausbildung der Atmungsorgane geschieht 1. durch Lungengymnastik, 2. allgemeine Gymnastik, von welcher erstere nur ein Teil, 3. unwillkürliche Atemübungen beim Gehen, Laufen, Reiten, Schlittschuhlaufen, Schwimmen, Rudern, Steigen. In dieser Reihen folge ist zugleich im Allgemeinen eine Verstärkung der Einwirkung auf Atem, Kreislauf und Stoffwechsel angedeutet. Um eine methodische Steigerung des Atmens zu erzielen, findet man in den gangbaren Handbüchern (als. die bekanntesten nenne ich hier die An leitungen von Angerstein und Eckler, Schreber, das Hantelbüchlein von Kloß, Schuldiätetik von Klencke, Lungengymnastik von Huperz, die „Lunge" von Niemeyer) als Lungengymnastik vielfach direkt vom Willen ab hängige Uebungen verzeichnet, bestehend in Ein- und Ausatmen nach Takt mit lautem Zählen. Ich finde, daß diese Uebungen zu wenig Ab wechselung und Zerstreuung bieten, als daß sie auf die Dauer durchgeführt werden; andererseits ist zu befürchten, daß, wenn sie aus Liebhaberei oder Nachahmungssucht auch außerhalb der Schule zur Ausführung gelangen, leicht zu Uebertreibungen und dadurch zu Schädigungen der Gesundheit Anlaß ge geben wird, wovon später die Rede. Angesehene Schulmänner, mit denen ich über die geäußerten Bedenken Rücksprache genommen, haben meine Ansicht bestätigt. Wichtiger für unseren Zweck sind Freiübungen, welche in großer Anzahl hergestellt und durch den Gebrauch von Stab oder Hanteln ergänzt und verstärkt werden können. Da der Arm, wie wir ausführlich erörtert, ein wesentliches Hindernis des Vollatmens bildet, so werden sich namentlich solche Uebungen empfehlen, welche bei emporgestrecktem Arm vor genommen werden. Hierher gehören das Armheben seilwärts, das Arm kreisen in großen Kreisen (Mühle), sowie in kleineren (Trichterkreisen). Das Trichterkreisen ist die leichtere, milder wirkende Uebung, welche als Ein- eitung und Vorübung zur Mühle ausgeführt werden kann. Das Schulter- heben, das Zusammenschlagen und Auseinanderschlagen der Arme, das Armschwingen vor- und rückwärts und eine Menge anderer hier nicht ausführlich zu betrachtender Uebungen dienen zur Unterstützung der Ab wechselung. Als eine vortreffliche lungengymnastische Uebung ist das Arm heben der einen Seite mit gleichzeitigen, möglichst tiefen Rumpf beugen nach der anderen Seite zu betrachten, eine Bewegung, die in den genannten gangbaren Anweisungen nicht abgebildet worden, wohl aber den Franzosen schon längst bekannt ist. Keine der lungengymnastischen Freiübungen vermag so vollkommen zur Kräftigung sämtlicher Atemmuskelu, all seitigen Erweiterung der Brusthöhle, Beförderung des Tiefatmens bei zutragen, wovon man sich leicht überzeugen wird, wenn man die Uebung 20 bis 30 mal abwechselnd bei hochgehobenem, möglichst nach hinten gerichtetem Arm und vollkommen ausgiebigem Rumpfbeugen nach der anderen Seite vor nimmt. Alle diese Uebungen dienen nicht nur zum Erhalt der Atmungskräftig-- keit, sondern bilden bei mangelhafter Ausbildung des Brustkorbes und der Atmungsorgane (schwacher Brust) wichtige Schutzmittel vor Erkrankungen,