Der Wurmt. naturgemäße Behandlung des menschlichen Körpers in gesunden und kranken Tagen. Herausgeber und Redacteur: Gustav Wvlbold in Dresden. Mitredacteur: Theodor Hahn auf der Waid bei St. Gallen. 1880. M 0. Monatlich erscheint eine Nummer ä 1 Bo^en; ferner vom Februar an aller2 Monate einelit. Beilage ü.1/2 Bogen; somit jährlich 15 Bogen, preis für ganz Deutschland 5Hflk.; für Oesterreich 8 fl. Pap.: für die Schweiz, Holland, Frankreich, Italien re. 6 fr. 50 C. Zu beziehen: direct vom Herausgeber mit Franco-Znsendung per Post bei Franco-Einsendung des Betrages, sowie durch die Postanstalten. Einzelne Nummern 40 Pf. Inserate: die durchlaufende Zeile oder deren Raum 30 Pf. Neunzehnter Jahrgang. Juni. Anhalt: Votivtafel: Dr. Alex. Diesterweg. 1. Medizinische Merkverse über Kindespflege mit Nachwort vom Herausgeber. 2. Persönliche Gesundheitspflege von Dr. W. A. Haupt. (Forts.) 8. Zur Bekleidungsfrage: Jägerische Normalkleidung. 4. Rasche Heilung einer Mobilitütsneurose. Vom Herausgeber. Briefwechsel für Alle. Inserate.• (Forts.) Votivtafel. Wenu wir in die Hallen der Wissenschaft eintreten, wenn wir als gläubige Adepten den Vorlesungen über Anatomie und Physiologie beiwohnen, so drängen sich uns, obgleich zunächst in unklaren Umrissen, zwei Ideale auf, deren Verwirklichung uns als nothwendiges Postulat erscheint. In der A n a t 0 m i e erwarten wir eine Darstellung des Organismus, aus welcher die einheitliche Organisation des Menschen erkennbar ist. Was wird uns statt dessen geboten? Ein mechanisches Aneinanderreihen von Ge bilden, welche man zu anatomischen Systemen präparirt hat. Wir hören von einem ^Nuskel- system, Nervensystem. Gefäßsystem, kurz von Dingen, welche durch ihre anatomische Struktur eine gewisse Aehnlichkeit haben. Von einem Zusammenhang dieser Gebilde, von der Art und Weise, wie sie die Einheit zusammensetzen, mit einem Worte, von einer p h y s i 0 l 0 g i s ch e n A u f f a s s u n g der Anatomie erfahren wir — Nichts ! Es g i e b t eben noch keine physiologische Anatomie! — Treten wir nun in den Hör saal der Physiolog e u; wir erwarten da eine Erklärung der Lebenserscheinungen, der Arhmung, der Circulation, der Nierenthätigkeit u. s. w.; wir erwarten eine Physiologie zu finden , 'die wir dereinst am Krankenbett zur Erklärung der p a t h 0 l 0 g i s ch e n Er scheinungen verwerthen können. Aber diese Erwartung wird bald getäuscht; mit Ausnahme der Physiologie der Sinnesorgane, welche wir in leidlicher Vollendung vorfinden, stoßen wir auf ein regelloses Conglomerat von wichtigen und unwichtigen Lehren! Bon der einheitlichen Organisation des Menschen erfahren wir ebenso wenig, wie von einer pathologischen Physiologie! Aber Eins fällt uns auf: während wir in den Hörsälen der Anatomie wiederholt darauf hingewiesen werden, daß in der Struktur der Gewebe die Zelle immer wiederkehre, ist die Physiologie bestrebt, das Wort „Zelle" zu vermeiden! Während die Anatomie lehrt: daß die Z e l l e das letzteFormelement der lebendigen Erscheinungen sei, erklärt die Physiologie, daß sich die Action der Zelle auf die Thätigkeit der Moleküle zurückführen lasse. Anstatt sich um die großen Lebensgesetze zu kümmern, ergeht man sich in heftigen Parteikämpfen um das Prinzip der Anschauung! Dr. Alex. Diesterweg in „Kritische Beiträge zur Physiologie".