365 anbefohlen, daß in Schlesien in Ansehung der landesfürstlichen Steuer, der Ein¬ hebungsart derselben und der Haftung der Grundobrigkeiten für ihre Untertanen vom 1. Mai 1790 an alles wieder auf den alten Fuß, wie es Ende Oktober 1789 bestanden, gesetzt werde. Dabei wurde mitgeteilt, daß die schlesischen Stände sich freiwillig bereiterklärt haben, vom 1. Mai 1790 an einen gleichen Steuerprozent¬ beitrag wie die Untertanen zu leisten, wodurch dem untertänigen Steuerzahler eine neuerliche Verminderung seiner Steuerschuldigkeit entstehen werde. In Ansehung der Leistungen der Untertanen an ihre Grundobrigkeit und weltliche und geistliche Zehent¬ herren sowie der Urbarialschuldigkeiten überhaupt wurde angeordnet, daß solche vom 1. Mai des Jahres nach Maßgabe der bis Ende Oktober 1789 bestandenen Urbare ganz entrichtet werden sollen. Dieses Patent wurde am 2. Mai 1790 überall von der Kanzel aus verkündet. Man kehrte also einerseits zur theresianischen Steuerverfassung, jedoch mit der wesentlichen Änderung einer gleichen Steuerzahlung, anderseits zum theresia- nischeu Naturaldienstsystem zurück. E i n e Z u r ü ck n a h m e irgend eines w e s e n t- lichen Teiles der zum Schutze der bäuerlichen Bevölkerung von Josef U. ins Leben gerufenen Gesetzgebung erfolgte aber nicht. Die Rückkehr zum Naturalrobotdienste begegnete keinem besonderen Widerstände der Bauern, doch konnte sich die Regierung nicht verhehlen, daß damit die Fronablösung nicht aus der Welt geschafft sei. Im Patente vom 9. Mai 1790 war die Erwartung ausgesprochen worden, es würde überall, wo es die obrigkeitliche Wirtschaftsbetreibung, an welcher dem Staate selbst vieles gelegen sei, zulasse und es dem Untertan an Neben¬ verdienst nicht fehle, zu einem billigen Einverständnisse durch freiwillige Herbeilassung von Seite der Grundobrigkeiten und der Untertanen kommen. Es sollte also eine Ablösung der Dienste fortan nur im Wege freier Vereinbarung zwischen den In¬ teressenten stattfinden. Die Regierung wünschte aber die Durchführung der Ablösung auf das lebhafteste. Am 22. Juli 1791 erging an die Stände der Befehl, endlich den seinerzeit in Aussicht gestellten Fronablösungsplan wirklich vorzulegen. Die Herr¬ schaft Odrau legte dann den auf Seite 366 stehenden Ablösungsplan vor. Außer der dort angeführten Robot waren noch die gesamten Hüttler schuldig, im Erforderungsfalle 2204 Robottage der Herrschaft für Geld zu leisten, u. zw. im Oktober, November, Dezember, Jänner und Februar täglich ä 7 kr., im März, April, Mai und Juni ä 10 kr. und im Juli, August und September ä 15 kr. Nach dem Plane wäre also die Herrschaft geneigt gewesen, von den 10.062 zweispännigen, 856 einspännigen und 27.896 Fuß-Robottagen 9039 zweispännige, 856 einspännige und 23.549 Fuß-Robot- tage abzulösen. Unter Franz II. (1792—1835), dem Nachfolger Kaiser Leopolds II., der am 1. März 1792 starb, wurden zwar jahrelang allerlei Ablösungsprojekte be¬ sprochen, es kam aber zu keiner energischen Aktion, weil die Vorfrage: Anerkennung der Vertragsfreiheit oder zwangsgesetzlicher Eingriff durch den Staat nicht in letzterem Sinne entschieden ivurde. So endete der von Josef II. begonnene Kampf in der Robotfrage mit dem vollständigen Siege der Stände. Das Ablösungsgesetz vom 1. September 1798 brachte dies zu klarem Ausdruck und schloß die sozialpolitische Gesetzgebung auf agrarischem Gebiete für fast ein halbes Jahrhundert ab. Auf der Herrschaft Odrau blieb es nun auch beim Alten und die Auflösung des unter¬ tänigen Verhältnisses sowie die Grundentlastung blieb späteren Zeiten vorbehalten. Gewerbe. Die hervorragendsten Zünfte waren damals die Tuchmacher- und die Weber¬ zunft, und war namentlich die letztere im Aufblühen begriffen. Die Weberzunft zählte 1733 24 Meister, deren Zahl im Jahre 1747 schon auf 48 gestiegen war. Einen besonderen Aufschwung nahm damals die Fabrikation der Halbleinenwaren, worin es die Weber zu einer großen Fertigkeit brachten-