ovwovr. Gleichwie der gereifte Mann gern zurückdenkt an die Tage und Bestrebungen seiner Jugend, in denen er die Keime seines späteren Lebens erblickt, so ergreift jedes Volk, wenn es auf eine gewisse Bildungsstufe gelangt ist, der Drang, zurückzuschauen auf seinen Lebens- und Entwicklungsgang und seine Geschichte mit Hilfe der aus jener Zeit herrührenden Denkmäler zu erforschen, zu erhellen und sich mit ihr innig vertraut zu machen. Wie aber eine sachgemäße und umfassende Darstellung der Ge¬ schichte eines Volkes nur auf Grundlage emsiger Forschungen aus den einzelnen Ge¬ bieten aufgebaut werden kann, so erfordert auch die Geschichte jedes Landes und jedes Teiles desselben ein tieferes Eingehen auf die Gestaltung, das Leben und die Schicksale der einzelnen Orte desselben. Jemehr zuverlässige Geschichten der einzelnen Orte des Landes vorhanden sind, desto sicherer wird die Geschichte desselben begründet werden können. Einen Baustein hiezu soll die vorliegende Geschichte der Stadt Odrau und der zum gleichnamigen Gerichtsbezirk gehörenden 16 Dörfer geben, welche zusammen die einstige Herrschaft Odrau ausmachten. Neben diesem allgemeinen Zweck soll aber durch die Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau noch ein besonderer erreicht werden. Es soll die Liebe der Bewohner zur engeren Heimat neu gestärkt und gekräftigt werden, eingedenk des Satzes: Wer seine Heimat kennt, der liebt sie auch. Eine Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau war bisher aber nicht vorhanden. Es schrieb wohl der Odrauer Bürger Franz X. Zimmermann 1830 eine Chronik von Odrau — eine Handschrift von 106 Seiten — und der Stadtkaplan Josef Hilscher, der von 1833—1835 die Pfarre Odrau verwaltete, eine solche von 78 Seiten. Beide Chroniken sind aber Handschriften geblieben, deren Inhalt sehr wenigen bekannt wurde. Diesem Mangel soll nun die als die Frucht jahrelangen Forschens, Sammelns und Arbeitens vorliegende umfangreiche Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau abhelfen. Alls ihr sollen die Beivohner der Stadt und des Bezirkes die Taten und Kämpfe der Väter, die für ihre Nachkommen ge¬ arbeitet und gerungen haben, kennen lernen. Das Beispiel der Väter soll die Nach¬ kommen anspornen zu neuen Taten und sie kräftigen zur Ausführung derselben, denn die Geschichte der Vergangenheit ist die beste Lehrmeisterin und Ratgeberin für die Gegenwart und die Zukunft. Bei der Bearbeitung des vorliegenden Werkes wurden alle einheimischen Quellen auf das gründlichste durchforscht und ausgenützt. Hiebei wurde ich in kräftigster Weise durch Herrn Vinzenz Tomas, Bürgerschullehrer in Odrau, unterstützt, der aus Liebe zur Sache unermüdlich in der Stadt und beit Dörfern nach Urkunden und Schriften suchte und mir dieselben zur Verwertung zusandte. Nebstbei besorgte er zahlreiche Auszüge aus den alten Grundbüchern, aus den Matriken, aus den josefi¬ nischen Vermessungsprotokollen, aus dem stabilen Kataster und aus den Sitzungs¬ protokollen des Gemeindeausschusses. Ihm sei dafür an dieser Stelle der beste und wärmste Dank abgestattet.