In letzter Linie entscheidet für unser Urtheil über die Männer, welche die Zukunft eines Landes oder Volkes bestimmten, denn doch die Einsicht, die wir in den Gedankengang, in den Charakter, iu die letzten Absichten derselben zu gewinnen im Stande sind: der Stein kam ins Rollen, die Richtung die er später nahm, ver¬ dankt er dem Zuthun und Eingreifen veränderter Zeiten und Um¬ stände. Von diesen Erwägungen werden wir uns auch bei Beur¬ teilung der Gegenreformation in Tirol uud ihrer Urheber leiten lassen müssen. Bereits ist in dieser Hinsicht durch ein höchst merk¬ würdiges Schriftstück über die Politik eines der eifrigsten Vor¬ kämpfer dieser Sache in Süddeutschland überhaupt und insbesondere in Tirol einiges Licht verbreitet worden ; ein anderes soll nun den Fürsten selbst, der jener Politik durch den weltlichen Arm den nöthigen Nachdruck gab, uns vor Augen führen: Erzherzog Fer¬ dinand II. von Oesterreich-Tirol, der als Gemal der Augsburger Patriciertochter Philippine Welser auch sonst hinlänglich bekannt ist. Ein kräftiger Mann. von dem man wol rühmte, wie nachher von August dem Starken, dass er Hufeisen mit der Hand zu zer¬ brechen vermochte; ein glücklicher Feldherr; hochangesehen als Freuud der Künste und Wissenschaften: die Ambraser Sammlung erstand, das Mausoleum Maximilians I. ward vollendet; von Kollins Meisterhand ward hier in der Hofkirche des letzten Ritters, der Philippine, des Nasus Grabmal errichtet. Der Erzherzog selbst aber versuchte sich wol auch in der Dichtkunst; einer der dies¬ bezüglichen Versuche, der des Mannes Lebensanschauung deutlich genug wiederspiegelt, ist es, der hier dem Leser vorgeführt wer¬ den soll.