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Kulturgeschichtliche
Bilder vom Abersee.
Ein Beitrag
zur
salzburgischen Landeskunde.
Von
Dr. Ernst t>. Frisch.
Mit 9 Abbildungen und 1 Karte.
Wien und Leipzig-
Alfred Holder,
k. u. k. Hos- und Universitäts-Buchhändler,
Buchhändler der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften.
1910.
OÖLB LINZ
Vorivor t.
5Dte vorliegende Schrift ist ein Versuch, von der Geschichte und
Verwaltung des ehemaligen salzburgischen Pfleggerichts Hüttenstein-
St. Gilgen ein Bild zu geben. Dabei beschränkt sich aber die Dar-
stellung der Hauptsache nach auf die Zeit vom Ausgang des 16. bis
zum Anfang des 19. Jahrhunderts, denn die Akten des Pfleggerichts,
die neben den Urkunden des Landesregierungs-Archivs in Salzburg
die Hauptquelle der Arbeit bilden, reichen nicht weiter zurück uud die
Nachrichten, die aus früherer Zeit auf uns gekommen sind, sind dürftig.
Von weltbewegenden Begebenheiten hat das „gesegnete Überseeische Ge-
birg" wenig erfahren. Die sozialen und religiösen Wandlungen, die
das deutsche Land im Lauf der Zeiten durchmachte, sie sind fast spur-
los hier vorbeigegangen und die Errungenschaften, die in gewaltigen
Kämpfen anderswo geerntet wurden, sind erst auf Umwegen dem Volk
am Abersee zuteil geworden. Der Kämpfe im kleinen aber, wie sie
die Rivalität am See, die Grenzstreitigkeiten mit dem österreichischen
Nachbarn mit sich brachten, gab es genug. Das waren die großen
Ereignisse für das von Natur so stille, arbeitsame und im Grunde
genügsame Bauernvolk, das in der Person des allmächtigen Land-
richters seinen irdischen Herrgott zu sehen gewohnt war und das in
seiner Abgeschiedenheit nicht allzu oft daran erinnert wurde, daß hinter
den steilen Hängen des Schafbergs die Welt noch nicht zu Ende sei.
Also ist es verständlich, daß nicht eine besondere historische Merk-
würdigkeit der Gegend die Veranlassung zu dieser Schrift gegeben hat.
Bei Erforschung der Geschichte des väterlichen Besitzes im Brnnnwinkl
IV
habe ich den Stoff zu dieser Arbeit gesammelt. Und wenn ich ihn
nun, in diesem Büchlein vereinigt, der Öffentlichkeit übergebe, so ge-
schieht es in der Meinung, damit einen kleinen Beitrag zur Landes-
geschichte zu liefern.
Dem Herrn Archivdirektor vr. Mudrich in Salzburg, Herrn
Bezirksrichter Or. Matzig in St. Gilgen und dem Kustos am Städtischen
Museum in Salzburg, Herrn Haupolter, bin ich für freundliche Er-
füllung meiner auf die Benützung der Quellen gerichteten Wünsche zu
besonderem Danke verpflichtet.
Brunnwinkl am Abersee, im August 1910.
Dr. E. r. Frisch.
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Äns vorgeschichtlicher Zeit hat sich an den Ufern des Abersees Vorgeschichte,
keinerlei Spur menschlichen Lebens erhalten. Die Tatsache, daß wohl
in der tveiteren Umgebung, am Mond- und Attersee/) in der Burgau,
in Ischl und Hallstatt Reste von Ansiedlungen aus prähistorischer und
der Römerzeit gefunden wurden, an unserem See aber nicht, läßt uns
vermuten, daß das Waldland um den Abersee, wenn es überhaupt
bewohnt war und nicht etwa nur auf Verbindungswegen zwischen dem
Mondsee uno den Abtenauer Bergen von Menschen betreten wurde,
überaus spärlich besiedelt war. Auch die Namen der Berge, des Sees
und seiner Zuflüsse, die durchwegs germanischen Ursprungs sind,
können zur Lösung der Frage nichts Wesentliches beitragen.
Zur Rönierzeit führte eine Straße von Salzburg über Talgau
und Mondsee nach Seewalchen am Attersee?) Eine Verbindung
zwischen Salzburg und dem Abersee, über die Gnigl und Hof,
in damaliger Zeit3) hat wenig Wahrscheinlichkeit für sich. Es
spricht dagegen schon das späte Entstehen und die langsame Ent-
wicklung des Dorfes St. Gilgen am Abersee sowie aller anderen
Ortschaften, die an diesem Wege liegen, eine Erscheinung, die gerade
ans der Abgeschlossenheit vom großen Verkehrswege §it erklären sein
dürfte. Die Straße von Salzburg über Hof nach St. Gilgen ist
erst von Erzbischof Wolf Dietrich, und zwar als Salzstraße angelegt * 2
L) Richter, Verzeichnis der Fundstellen. Jahresber. d. Mus. Carol. August.
1871 und Widmann, Geschichte Salzburgs I, S. 3.
2) Schmid, Beiträge zur Geschichte Mondsees. Stud. u. Mitteil., 3. Jg.,
II, S. 131. Vgl. Zillner, Die salzburgischen Marktflecken. Mitteil. d. Ges. f.
Salzb. Landest. 1894.
0) Widmann, 1. 6., S. 33, nimmt das Bestehen eines Verkehrsweges von
Salzburg über St. Gilgen nach Ischl schon in römischer Zeit als möglich an.
v. Frisch, Kulturgeschichtl. Bilder vom Abersee. 1
2
worden, um die bayrischen Mautstätten, die ans dem Wege durchs
Talgau zu passieren waren, zu umgehen?) Früher mag wohl ein
Saumweg dort bestanden haben, wie ja mehrere schon in alter Zeit
zum Abersee sührten, so z. B. derjenige, der aus dem Lammertal durch
das Königsbach- und Zinkenbachtal hinaus zum See ging. Von der
Abtenau herein sind mehrere solcher Pfade übers Gebirge nachzuweisen?)
Auf der anderen Seite verband ein Saumpfad Ischl mit Strobl und
auch vom Krotensee „zwischen den Bergen" durch zum Mondsee können
wir ziemlich früh schon einen Fußsteig zum Anschluß an die große
Straße von Mondsee annehmen. Dieses ist jedoch bloße Vermutung;
für die Römerzeit liegen dafür gar keine zwingenden Gründe vor. Der
angebliche Aufenthalt römischer Familien am Abersee1 2 3 4) noch im 7. Jahr-
hundert, also vielleicht 100 Jahre nach dem Eindringen der Bajuwaren
ins Salzkammergut, ist nicht erwiesen. In Ischl, Anssee, Mondsee sind
römische Votivsteine erhalten?) Aus der Abersce-Gegend ist mir nichts
Ähnliches bekannt. Nach dem Zeugnis der ersten urkundlichen Auf-
zeichnungen war hier ein schier undurchdringlicher Urwald, und es
bedurfte jahrhundertelanger mühevoller Arbeit, ehe es gelang, das
Land urbar, ja überhaupt bewohnbar zu machen. Es ist das, wie an
vielen anderen Orten, so auch hier das Verdienst der Klöster, die sich
Grund und Boden erst im Kampfe mit den Naturgewalten erobern
mußten, ehe an eine Nutznießung gedacht werden konnte. Am Abersee
haben Salzburg und Mondsee die ersten Aufgaben der Kultur erfüllt.
Die Ortsnamen sind heute noch Zeugen davon. Es lassen sich deut-
lich die jüngeren, ans der Epoche der geistlichen Kulturarbeit stam-
menden Ramm von den älteren unterscheiden, deren es auf diesem
kleinen Erdenfleck freilich nur wenige gibt, deren durchaus deutsche Her-
kunft aber wieder nicht für die Ansicht spricht, daß an den Ufern des
Sees sich einst Romanen aufgehalten hätten.
„Mondsee" und „Abersee" sind auf deutsche Personennamen
zurückzuführen. Von Mano, Gen. Manin: Maninseo, Mondsee.
Heute noch sprechen die Einheimischen Mänsee. Von Aparin: Apa-
1) Zauner-Gärtner, Neue Chronik von Salzburg I, S. 126.
2) Prinzin ger, Die Eisenbahn und die alten Verkehrswege. Mitteil. d.
Ges. f. Salzb. Landesk. 1881, S. 18f.
3) Prinzinger, 1. c., beruft sich auf Viertaler und Koch-Sternfeld.
4) Koch-Stern selb, Der Fischfang in Bayern und Österreich o. d. E.
nach dem urältesten Landrecht. München 1863, S. 25.
3
rinesseo (lat.: ^briani laons), Abersee?) Der Attersee liegt, wie ja
auch der Mondsee, im Bereiche römischer Niederlassungen. Das deutsche
„Atar" ist gleichbedeutend mit lat. agei° (acer) — „schnell", erscheint
daher als eine aus dem Lateinischen übersetzte Bezeichnung des ganzen
Sees nach seinem Abfluß Ager, der den romanischen Namen beibehalten
hat. Die Herkunft des Namens Schafberg ist nicht so sicher. „Scafes-
Perc" heißt er in den ältesten Urkunden. Es sind da mancherlei Er-
klärungen versucht worden. Am einfachsten ist es wohl, ihn als „Schaf"-
Berg gelten zu lassen?) Der Leonsberg führt als zweiten Namen im
Volksmund noch heute den Namen Zienlnitz. Er stammt aus der
Zeit, da zwischen Kelten und Germanen kurze Zeit Slawen sich hier
aufhielten?) Gehen wir nun ans die jüngeren Namen über, so füllt
uns zunächst die unglaubliche Menge von Zusammensetzungen mit
„Schwandt" auf, die auf die Rodungsarbeit der Mönche zurückzu-
führen sind. Schwandt bedeutet einen durch Wegräumen (Schwenden^)
von Bäumen und Gestrüpp zur Weide oder dgl. gewonnenen Boden.
Einen ähnlichen Sinn hat das Wort „Reit", das auch häufig in
Zusammensetzungen (Hochreit, Pinkenreit) vorkommt. Auf Schritt und
Tritt stoßen wir auf solche Namen. Die Urbarmachung der Gegend
ist, wie schon gesagt, die Folge von großen Waldschenkungen der bayri-
schen Herzoge an die neugegründeten Klöster.
Mit diesen Schenkungen müssen wir uns nun des näheren be-
fassen. Sie stammen aus dem 8. und 9. Jahrhundert und sind uns
in den salzburgischen und mondseerischen Güterverzeichnissen in Ab-
schriften überliefert. Die älteste Nachricht finden wir im Indiculus
r) So die einzig richtige Erklärung. Grienberger, Die Ortsnamen des
Inciio. Arn. — Alle anderen Versuche, wie z. B. den Abersee ans Adria (keltisch)
— Mündung, oder Mondsee aus der angeblich mondförmigen Gestalt des Sees
zu erklären, sind verfehlt.
2) Prinzinger, 1. c.
3) Koch-Kanzler, Ischl, S. 26. Das „Windische Thörl" an der Wartcn-
felser Grenze erinnert gleichfalls an den Aufenthalt von Slawen.
4) In der Gegend um den Abersee: Gschwandt, Gschwendt, Gschwendtl ob
dem krotenmoos, Abtschwand, Obernschwand, Wisentenschwand, Sieghartsschwand
und noch fast ein Dutzend anderer. Der Ausdruck „Schwenden" wird heute noch
von den Bauern gebraucht. Im Frühjahr vor dem Viehauftrieb gehen sie ans
die Alm „ins Schwenden". Das Wort „Verschwenden" im Sinne des Vergen-
dens ist davon in unsere Umgangssprache übergegangen. Vgl. Zillner, Salz-
burgische Orts- und Güternamen.
Land-
schenkungen
an Klöster.
1*
4
Grenzen.
Arnonis, einer um das Jahr 790 im Aufträge Bischof Arnos ver-
faßten Zusammenstellung aller Besitzungen, die die Salzburger Kirche
von Bayern erhalten hatte?) Wir finden darin Salzburg im Besitz
des ganzen Waldgebietes vom Gaisberg bis zum Abersee mit Ein-
schluß des Talgaus. Die bayrischen Herzoge Theodebert und Otilo
sind als Urheber dieser Schenkungen genannt. Außer den Wäldern
und Weiden mit unbeschränktem Jagdrecht ist auch die Fischerei in den
Bächen und auf den Seen in der Schenkung mitbegriffen. So
schenkte Herzog Theodebert gelegentlich der Gründung des Frauenstiftes
Nonnberg unter anderm Wälder und Wiesen im Talgau sanit dein
halben Fischrecht auf dem Mondsee?) Herzog Otilo aber gab an die
Salzburger Kirche das Land von Hof bis an den Abersee mit dem
ganzen Fischrecht aus diesem und dem Fuschlsee?) Am Ufer des Aber-
sees ward eine Zelle erbaut, wo einige Mönche dauernden Aufenthalt
nahmen?) So hat Salzburg 200 Jahre vor der Ankunft des heil.
Wolfgang hier die Kulturarbeit begonnen. Wie lange die Mönchszelle
bestanden hat, ist nicht bekannt.
Die Grenzen des eben genannten Landstrichs, der zum Grund-
stock des späteren Erzstiftlandes gehört, sind aus diesen ältesten Auf-
zeichnungen nicht zu erkennen. Erst eine Bestütigungsurkunde Kaiser
Ottos II. vom Jahre 9775) läßt sich darüber vernehmen. Inzwischen
war um das Jahr 963 durch Tausch das Gebiet vom Pinzgau herauf
bis zum Sparber am Abersee hinzugekommen?) Nach Kaiser Ottos
Besitzbestätigung geht nun die Nordgrenze des salzbnrgischen Landes
vom Wassenberg (das ist der SparberZ zum Dittelbach (der bei
0 Hanthaler, Salzburg. Urkundenbuch I.
2) . . . tradidit idem dux (Theodebertus) ... in loco qui dicitur
Talagaoe . . . prata et silva et medietatem de lacu piscatione qui
vocatur Maninseo. Indic. Arn. Hauthaler, 1. c.
s) Otilo . . . tradidit locellum qui dicitur Ellesnawanc (Elsenwang)
in quo prata et silva consistitur vel stagnum qui nominatur Lacus-
culus (Fuschlsee), simulque et Abriani lacu in, in quo constat pascua et
prata vel silva, piscatio atque venatio . . . Cong. Arn. Hauthaler, 1. c.
4) . . . inibi aliquant! fratres propriis laboribus vivunt. Ebenda.
5) Richter, Untersuchungen.
6) Jedoch nicht als geschlossenes Gebiet, sondern stellenweise unterbrochen
durch gemeinsreie Güter, die dann nicht dem Erzbischof, sondern dem Stellver-
treter des Kaisers, dem Gaugrafen unterstanden. Widmann, 1. c. I, S. 170f.
’) Von A. Prinzinger nachgewiesen.
5
St. Wolfgarig tu den See mündet) nnd von da über den Zifanken
(im Talgau) zum Nvckstein?) Dabei bleibt die 23 Km lange Strecke
Dittelbach—Zifanken ohne nähere Beschreibung. Und gerade hier greitzte
Salzburg an das Mondseer Land, das bayrisch geblieben war und
trotz aller Bemühungen des Erzstifts auch später niemals dauernd salz-
burgisch wurde. Hier mußte es zu Streitigkeiten kommen. Und sie
begannen schon recht früh. 843 ist zum ersten- und nicht zum letzten-
mal entschieden worden, wem der Schafbcrg gehöre. Nach mancherlei
Wirrnissen und Reibungen, mit denen wir uns noch ausgiebig be-
schäftigen werden, ist endlich 1689 ein Ausgleich gefunden worden,
aber es heißt, daß selbst heute noch an einem Punkt des Schafbergs
die Grenze zwischen Oberösterreich und Salzburg nicht klargestellt fei.
Das Kloster Mondsee erhielt bei seiner Gründung durch den
Bayernherzog Otilo (angeblich 748) ausgedehnte Besitzungen, die im
Südosten an Salzburger Gebiet stießen. Die Schenkungsurkunde, die
übrigens nicht vor dem 12. Jahrhundert verfaßt sein kann,^) gibt als
Grenze die Linie Unterach—Wcißenbach—Leonsberg—Jschlfluß—Zinken-
bach—Königsberg—Zinken an. Damit greift sie aber schon ins Salz-
bnrgische über, denn Zinkcnbach, Königsberg und Hochzinken gehörten
der Kirche des heil. Rupert. Die Schenkung König Ludwigs des
Deutschen von 829s) betrifft den Teil des Abersees, der von der
Dittelbach- und Zinkenbachmündung abwärts liegt, ferner nördlich
davon das spätere „St. Wolfgangland" und dazu das Gebiet am
linken Jschlufer bis zur Mündung dieses Flusses in die Traun?)
831 lernt das Kloster Mondsee durch Tausch an das Bistum
Regensburg und alsbald brach zwischen Regensburg und Salzburg
ein Streit um die Grenzen atn Abersee aus. Die Entscheidung wurde
843 voit einer eigens abgeordneten Kommission gefällt. Die Grenze
geht nun den Lauf des Zinkenbaches abwärts in den See, den Dittel-
bach hinauf und über den Kamm des Schafbergs. Salzburg hat aber,
wie gleich hier bemerkt werden soll, seine Ansprüche auf den Besitz des
x) In aeqnilonali parte de rivolo Tinnilinpach (Dittelbach) usqiie ad
summitatem montis Cirvencus (Zifanken) noimnati et de . . . monte Wassin-
perch (Sparber) nsqne ad monticuluin höchstem. Richter, Immunität.
2) Aus dem Mondseer Traditionskodex. Abgedr. im Urkundenbuch des
Landes o. d. Enns I, p. 93f. Vgl. dazu: Richter, Untersuchungen.
3) Abgedr. im UBOE. I, p. 82, Nr. CXXXIX.
4) Cliron. Lunael., p. 70f.
6
Hüttenstein.
ganzen Schafbergs sowie auf das Gebiet am Zinkenbach bis zur Ischl
hinab nachträglich wieder erneuert und bei der Grenzregulierung 1689
auch durchgesetzt.
Das Erzstift Salzburg genoß schon frühzeitig die Immunität in
dem geschlossenen Gebiet, das aus den ersten Grundschenkungen ent-
standen war. Ludwig der Fromme und Ludwig der Deutsche verliehen
ihm in diesem Sinne Privilegien und Otto I. bestätigte und erweiterte
sie 945?) Die salzburgische Kirche hatte ihre eigenen Richter, den
Blutbann aber übte der Gaugraf im Namen des Kaisers, unter dessen
besonderem Schutze das Erzbistum stand. Das Land am Abersee,
das Gebiet des späteren Pfleggerichtes Hüttenstein, hat jedoch nie unter
einem Gaugrafen gestanden. Drum wurde hier von Fall zu Fall ein
benachbarter Graf zur Ausübung der hohen Gerichtsbarkeit vom Erz-
bischof bestellt?) Der Umstand, daß der Erzbischof in einem großen
Teile seines Landes zugleich Grundherr war, förderte die rasche Aus-
bildung der Landeshoheit. So ist auch hier am Abersee die Landes-
hoheit dank dem Mangel einer gräflichen Gewalt lediglich auf Grund
der Immunität dem Erzbischof von Salzburg zugefallen?) Zum Lohn
für seine Hilfe bei Niederwerfllng Ottokars von Böhmen erhielt dann
Erzbischof Friedrich (1277) die hohe Gerichtsbarkeit von König Rudolf
verbrieft. Die alten Grafschaften waren, in Landgerichte zerstückelt,
zunächst als erbliche Lehen, später nur mehr auf Lebenszeit im Besitz
von salzburgischen Ministerialen und wurden endlich mit landesfürst-
lichen Beamten besetzt. Im Gebiet der späteren Pfleg Hüttenstein ist
die gesamte hohe und niedere Gerichtsbarkeit bis ins 14. Jahrhundert
von Talgau aus geübt worden. Erst dann wurde Hüttenstein als
selbständiges Gericht von Talgan losgetrennt und hatte auch dann
noch (wahrscheinlich bis ins 17. Jahrhundert) die Pflicht der Aus-
lieferung todeswürdiger Verbrecher an Talgau, also nur die Befugnisse
der niederen Gerichtsbarkeit. Die Nachrichten aus dem Mittelalter
sind leider sehr dürftig. Es ist zu bedenken, daß das Land um den
Abersee erst im 10. und 11. Jahrhundert allmählich stärker besiedelt
wurde. Einen Adel hat es hier überhaupt nicht gegeben. Die An-
fänge des Schlosses Hüttenstein liegen ganz im Dunkeln. Wir wissen
0 Widmann, I. c., I, S. 155.
2) Ebenda, S. 325.
s) Bittner, Geschichte der direkten Staatssteuern in Salzb., Arch. f. österr.
Gesch., 92. Bd., S. 528.
7
nur, daß es 1326 bestanden und schon im Besitz des Erzstifts war?)
Wir können nach dem, was uns von den damaligen Verhältnissen im
Lande bekannt ist, nur die Vermutung aufstellen, die Erbauung von
Hüttenstein sei gelegentlich einer Teilung des Talganer Gerichts erfolgt.
Wir wissen, wie die Erzbischöfe gerade um diese Zeit mit der alten
Gewohnheit der Belehnung des einheiniischen Adels mit Landgerichten
aufzuräumen begannen. In Talgan war Konrad von Wartenfels der
letzte erblich belehnte Ministeriale auf diesem Gerichtssitz. 1301 gab er
das Burgstall zu Wartensels nebst einem Gut auf dem Talgaueck
mit Gericht, Leuten und Zehenten samt allem Zugehör in die Hände
seines Lehensherrn, Erzbischof Konrads IV., zurück. Mag sein, daß
bei dieser Gelegenheit der Gerichtsbezirk Talgan geteilt und für das
abgetrennte Gebiet das Pflegschloß Hüttenstein „zwischen den Bergen"
erbaut wurde?) Der Umstand aber, daß im Talgau nicht vor 1361,
in Hüttenstein gar erst seit 1403 Pfleger nachzuweisen fint»,8) aus dem
einfachen Grunde, weil die Quellen hier gänzlich versagen, dieser Um-
stand macht es unmöglich, über die ersten Zeiten des Hüttensteiner Ge-
richts Nachricht zu geben.
Wir wenden uns wieder dem Kloster Mondsee zu, dessen Tochter-
pfarre St. Wolsgang es beschieden war, am Abersee eine bedeutende
Rolle zu spielen. Wir haben schon bemerkt, daß Mondsee durch Tausch
831 in den Besitz des Regensburger Bistums übergegangen war.
Dies hatte zur mittelbaren Folge, daß das Kloster samt seinen Gütern
zum Zankapfel zwischen Bayern und Rcgensburg werden sollte. Regens-
burgs Herrschaft hatte dem Mondseer Kloster manche seiner Besitzungen
entfremdet, darunter auch das Land am Abersee, das erst 1184, nach-
dem Mondsee sein Anrecht darauf nachgewiesen, von Bischof Kuno
zurückgestellt wurde?) Dem Abt Konrad hatte der Kamps um die
Rechte seines Klosters gar das Leben gekostet. 1145 ward er auf
der Heimkehr von einem kirchlichen Fest in der Oberwang von den
? Tauschvertrag zwischen Salzburg und dem Kloster St. Florian betreffend
die Güter Vorchen am Abersee und Au bei Hüttenstein ddo. Salzburg 1326
Juli 30. Abgedr. im UBOE. V, 36t, Nr. CCCLXXI1I. (Die falsche Datierung
113231, die dort zu finden ist, dürfte auf einen Lesefehler zurückzuführen sein.)
3) Zillner, Geschlechterstudien. Mitteil. d. Ges. f. Salzb. Landest.
XXII, 138.
3) Vgl. die Pflegerliste im Anhang Beilage 16, S. 109.
4) UBOE. II, p. 387, Nr. CCLXIY.
Mondsee.
8
aufsässigen Pfullingen: erschlagen. Im 13. Jahrhundert mischte sich
Salzburg in den Streit und suchte durch Erwerbung der Herrschaft
Wildenegg. Wildenegg Mondsee an sich zu reißen. Das Gericht Wildenegg mit
der Vogtei über das Kloster hatten damals die Grafen von Ortenburg
inne, bis 1285 ein Tauschvertrag zwischen Salzburg und Regensburg
das Ganze dem Erzstift einbrachte?) Bald darauf ist aber wieder der
Regensburger Herr im Land und 1295 kam es neuerlich zu einem
Handel, indem Salzburg Gericht und Vogtei von Wildenegg käuflich
erwarb. Aber schon im nächsten Jahre erhob Bayern Einspruch und
mit Erfolg?)
St.Wolfgang. ^ Zeit der Regensburger Herrschaft fällt die Griindung
St. Wolsgangs durch den heiligen Bischof von Regensburg, der in den
achtziger Jahren des 10. Jahrhunderts hier einige Jahre in stiller Ein-
samkeit verlebte. Die Sage erzählt uns von seinem Aufenthalt auf
dem Falkenstein, von: Bau der Kirche und von den vielfachen Wun-
dern, die der Heilige hier gewirkt?) Tatsache ist, daß ihn: der Markt
St. Wolfgang nebst seinem Entstehen auch sein Gedeihen verdankt.
Sein Ruhm als Wallfahrtsort drang weit ins deutsche Land hinaus,
zu Tausenden kamen alljährlich die Trost- und Hilfesuchenden herbei-
geströmt?) Um die Mitte des 15. Jahrhunderts hatte Wolfgang be-
reits das Marktrecht, denn an der Gnade der Fürsten konnte es nicht
fehlen. Es haben im Lauf der Jahrhunderte gar manche in frommer
Andacht hier geweilt. Vom Pfalzgrafen Ott Heinrich heißt es sogar,
er habe, als er zur Heilung eines Beinbruchs, den er im Turnier sich
zugezogen, zur Kirche des heil. Wolfgang ans die Reise sich begeben,
einen Brocken Wachs vom Gewicht seines eigenen Leibes als Opfer
dorthin gebracht. Als zur Zeit der Reformation da und dort die
Bauern rebellisch wurden, widerstanden die Wolfganger allen Auffor-
derungen zum Losschlagen, die ihnen von unzufriedenen Nachbarn zu-
gingen, und dies standhafte Verhalten trug seine Früchte in Gestalt
fl Zauner, Chronik V, S. 464.
fl Widmann, I. e. 11, S. 32 f.
fl Andree-Eysn M., Volkskundliches aus dem bayr.-österr. Alpengebiet.
Braunschweig 1910, S. 1 ff.
fl Abt Bernhard Lidl von Mondsee gibt in seinem Büchlein vom „Ge-
segneten Aberseeischen Gebürg" (1732) eine Statistik ans den letzten Jahren vor
Herausgabe seiner Schrift. Demnach kommunizierten: 1726 — 17.600, 1727 —
17.900, 1728 - 19.800, 1729 - 18.128 und 1730 - 20.949 Wallfahrer in
St. Wolfgang.
9
von allerhand Privilegien. Es ist ihnen immer gut gegangen, den
Schützlingen des heil. Wolfgang, auch im Vergleich mit ihren Mond-
seer Landsleuten, von ihren salzburgischen Nachbarn gar nicht zu
reden. Wie wir später sehen werden, haben sie in den Streithändeln
an der Hüttensteiner Grenze, die sie oft mit trotzigem Übermut ange-
fangen, in den weitaus meisten Fällen Recht behalten, ohne Recht
zu haben. Der Schutz des Kaisers, der mehr galt als die Macht des
Erzbischofs, war eine gewaltige Waffe, die ohne des Kaisers Wissen und
Willen gar manchesmal in dem ungleichen Kampf mißbraucht wurde?)
So schnell sich dank den Umständen, die wir eben erörtert haben, St.G,lgeu.
St. Wolfgang emporarbeitete, so langsam entwickelte sich das Leben
über der Grenze am oberen See. Seit die Mönche von Salzburg
im 8. Jahrhundert die Urbarmachung der Wildnis begonnen, mag
noch eine gute Spanne Zeit verflossen sein, eh' der erste Bauer hier
sein Feld bestellte. Die Kirche von St. Gilgen wird 1376 zum ersten-
mal genannt?) Daß der heil. Ägidins zum Schutzpatron gewählt
wurde, soll nach analogen Fällen aus der einsamen Waldwildnis zu
erklären sein, denn auch anderswo seien Kirchen im tiefen Wald mit
Vorliebe diesem Heiligen geweiht worden?) Wann und unter welchen
Umständen diese erste Kirche von St. Gilgen erbaut wurde und wie
sie ausgesehen haben mag, ist nicht bekannt?) Um die Mitte des
15. Jahrhunderts ist in gotischem Stil ein Neubau aufgeführt worden,
davon heute noch das Portal und die Vorhalle (das „Paradies") er-
halten ist. Ihre jetzige Gestalt bekam die Kirche bei der Restaurierung
durch Erzbischof Sigismund, bei welcher Gelegenheit sie auch (1761)
neu geweiht wurde. Sie war eine Tochterkirche von St. Martin in
9 Der Abt von Mondsee hatte immer Mühe, die mutwilligen Streiche
seiner Wolfganger höheren Orts in rosiges Licht zu setzen. Dabei half ihn: ge-
treulich sein Pfleger zu Wildenegg, der ja für die Vorgänge im Gerichtsbezirk
verantwortlich war.
*) Damals ist unter den Kirchen, die alljährlich ihre Kreuzfahnen zu
St. Peter nach Salzburg schickten, in den Aufzeichnungen des Klosters die des
heil. Ägidins genannt.
b) Dürlinger, Histor.-statist. Handbuch d. Erzdiöz. Salzb. I, S. 393 ff,
4) Merkwürdigerweise kommt in dem „Verzeichnis der Pfarrkirchen, Kapellen
und Altäre der Salzburger Diözese" (Orig, im Staatsarchiv), das Chmel im
Arch. f. österr. Gesch. (Notizenbl. 1852, Jg. 2, S. 265 ff.) veröffentlicht hat, ein
Gotteshaus des heil. Ägidins überhaupt nicht vor. Das Verzeichnis soll um die
Mitte des 15. Jahrhunderts angelegt sein.
10
Talgau; letztere wird schon um das Jahr 700 als dem Frauenstift
Nonnberg gehörig genannt. 1182 kam Talgau an das Domkapitel,
das auch am Abersee Güter besaß, am Unterste in Strobl und in
der Schnmlnau beim Krotensee. Wie im Hüttensteiner Gerichtsbezirk
St. Gilgen, so ist im benachbarten Gericht Wartenfels die Faistenau
der Ort der ältesten kirchlichen Abzweigung von Talgau. Hier ist im
Jahre 1324 von den edlen Herren von Thurn ein Gotteshaus erbaut
worden?) Alle übrigen Kirchen der Gegend sind beträchtlich jünger.
Im Wartenfelser Gericht wird Hof 1502 zum erstenmal genannt, die
Ebenau bekam (für die Arbeiter des dortigen Messingwerks) 1702,
Hintersee 1785, Fuschl 1802 seine Kirche. Im Hüttensteinischen ist
Strobl erst 1761 von St. Gilgen losgetrennt und mit seiner neuen
Kirche zum Vikariat erhoben worden. Also hat bis aus Ende des
18. Jahrhunderts hier die eine und einzige Kirche von St. Gilgen dem
religiösen Bedürfnis der Bevölkerung genügt,^) eine Tatsache, die in
der dünnen Besiedlung und wohl auch in der Armut des Volkes seine
Erklärung findet.
Verwaltung. Wie in der älteren Zeit, so ist auch im 14. und 15. Jahrhun-
dert unsere Kunde von diesem Landstrich über die Maßen dürftig.
Was wir wissen, ist lediglich wirtschaftlicher Natur oder betrifft die
Verwaltung des Landes. Wir sind da hauptsächlich auf die kurzen
Notizen in den Salzburger Urbarien angewiesen. Wir finden dort die
Einkünfte aus dem landesfürstlichen Grundbesitz verzeichnet, zu dem ja
auch ein guter Teil des Landes am Abersee gehörte. Die Verwaltung
der Urbargüter (der erzbischöflichen Eigengüter) war Sache der Urbar-
aullleute, die neben der Einhebung der Stift und sonstigen Abgaben
der Grnndholden auch die niedere Gerichtsbarkeit über diese auszilüben
hatten. Bis um das Jahr 1600 unterstanden die Hüttensteiner Urbar-
leute den: Amtmann von Talgau, doch nicht in gerichtlichen, sondern
lediglich in Sachen der Verwaltung. Die Gerichtsbarkeit hatte seit der
Errichtung des Hüttensteiner Gerichts der vom Landesfürsten dort ein-
0 Davon soll heute noch ein großer Teil erhalten sein. Vgl. Schindler,
Soziales Wirken V, 260 ss. und Meiller, Regg., S. 491, 21. 21.
2) Und auch die Erbauung der Strobler Kirche soll angeblich nicht aus
einem vorhandenen Bedürfnis, sondern vielmehr zur Verhütung der Ausbreitung
des Protestantismus geschehen sein. Dies scheint jedoch bloß ein Vorwand zu
sein, um die Sache etwas interessanter zu machen. Vgl. Zauner-Gärtner,
Neue Chronik V, 169.
11
gesetzte Pfleger. Es ist sehr unwahrscheinlich, daß jene Verordnung
des Erzbischofs Pilgrim vom Jahre 1387/) die einen Kompetenzstreit
zwischen Land- und Urbarrichtern dahin entscheidet, daß die Landrichter
nur in Fällen von Totschlag, Diebstahl und Notzucht über Urbars-
untertanen richten dürfen, in allen anderen Fällen die Urbarrichter,
daß diese Verordnung auch für den Hüttensteiner Bezirk Geltung hatte.
Dann hätte die Bildung dieses neuen Gerichts überhaupt keinen Sinn,
denn die hohe Gerichtsbarkeit wurde ohnehin danials von Talgau
aus geübt, und wenn die niedere Gerichtsbarkeit dem Urbaramtmann
zustand, der gleichfalls in Talgau seinen Sitz hatte, wozu taugte dann
ein eigenes Pfleggericht in Hüttenstein? Es wäre wohl denkbar, daß
bis ea. 1400, wo die uns bekannte Pflegerreihe ihren Anfang nimmt,
ein Urbarrichter ans Schloß Hüttenstein saß, der von hier aus die
Bezirke von St. Gilgen und Talgau verwaltete. Viel wahrscheinlicher
jedoch ist, daß Hüttenstcin seit seiner Gründung zu Anfang des 14. Jahr-
hunderts einen Pfleger mit genau begrenzter Gewalt zur Ausübung
der niederen Gerichtsbarkeit hatte?)
Wir haben oben von den Salzburger Urbarien gesprochen. Die
darin enthaltenen Nachrichten, wie z. B. die, daß die Mühle an der
Litzlwand (bei Lueg) 1348 als „novum molendinum“ im Besitz
eines Heinrich Chnäter ist, der 15 Pfennige Urbardienst dafür leistet,
oder: daß der Sumpf im Krotenmoos 1415 als Neubruch ertrags-
fähig gemacht wurde, oder: daß 1496 der Bauer vom Mühlauergut
50, der in der Obernau 125 Käse „gedient"* 3) — solche Nachrichten
sind zunächst nur von lokal-wirtschaftlicher Bedeutung. Erst vom
16. Jahrhundert an fließen die Quellen zur Geschichte des Landes
reichlicher. Eh' wir uns aber in diese Zeit begeben, wollen wir uns
den kleinen Erdenfleck erst auf seine Grenzen, seine Gestaltung und
seine Einteilung hin ansehen.
Das Land- und Pfleggericht Hüttenstein grenzt im Osten (von
der Ischl bis in die Wilde Kammer) an das österreichische Landgericht
Wildenstein, im Süden (von der Wilden Kammer bis zum Gönner-
horn) an das Pfleggericht Abtenan, im Westen (vom Gönnerhorn bis
') Kop. im Hofmeisterei-Urbar, Ämter i»ner d. Gebirfl, 8. Arch. Salzburg.
'0 Für die domkapitlischen Güter — neben denen des Stifts St. Peter
die einzigen, die nicht des Erzbischofs Eigentum — waren eigene Amtleute an-
gestellt.
3) Urbar 3, 4, 9 a vor dem Gebirg. Arch. Salzburg.
Grenzen des
Pfleggerichtes
Hüttenstein.
12
Wirtschaftliche
Verhältnisse.
auf bat Drachenstein) an bas Pfleggericht Wartenfels nnb itn Narben
(abgesehen von einem schmalen Strich, ber am Attersee bie österreichische
Herrschaft Kogl berührt) an bas bayrische, später österreichische Gericht
Wilbenegg, zu bem auch bas Wolfganglanb gehörte.
Gebirgig nnb walbreich, wie bas Hüttensteiner Lanb ist, war es
seit je mehr zur Viehzucht als zum Getreibebau geeignet. Auf bcn
Höhen hat man schon frühzeitig bat steinigen Boben in fleißiger
Robnng für Almen Z gewonnen zur Aufzucht von Rinbern, Pferbeir
nnb Schafen. In ben Nieberungen am See, zumal in ber Strobler
Gegettb nnb am Zinkenbach sinb später bie ersten Felber bestellt nnb
zunächst wohl hauptsächlich mit Hafer bebaut worben. Von ben (aus-
schließlich lanbesfürstlichen) Walbungen war nur ein kleiner Teil als
„Freiwälber" zur Nutznießung ben Untertanen überlassen. Die Jagb
war ihnen selbstverstünblich gänzlich verschlossen. Der Fischfang am
Abersee war voin Lanbesherrn an Urbarsuntertanen zu Erbrecht ver-
liehen. Die kleineren Seen (Krotensee, Pibersee, Eibensee, Mittersee)
kommen hier nicht in Betracht, ba sie, wie ber Eibensee (an ber
Wartenfelser Grenze) nnb ber Mittersee (auf bem Hinterschafberg)
schwer zugänglich, zum Teil auch an Ortsfrembe verpachtet waren.
Die Fischerei in ben Bächen war in früheren Zeiten ein Vorrecht ber
Pfleger, ist ihnen jeboch im 18. Jahrhnnbert genommen worben. Auch
bie Schiffahrt muß hier genannt werben. Zahlten ja bie Pilger alle,
bie vom Westen her zum Gnabenort bes heil. Wolfgang wallten, an ben
Schiffsplätzen zu St. Gilgen nnb am Fürberg ihren Obolus, um sich
bas letzte Stück ihrer weiten Wanberung über ben Abersee bem er-
sehnten Ziel entgegenrubern zu lassen. Der Hanbelsverkehr, zumal in
Eisen, bas aus ber Steiermark hier burch seinen Weg nach Bayern
nahm, hat manchen Hüttensteiner zum Fuhrmann werben lassen. Doch
ist bieser Berufs wie so manche anbere, bie wir hier nicht alle auf-
zählen können, erst in späteren Zeiten zu einer gewissen Bebeutung
gelangt; vor allem bie Holzarbeit, bie seit Überlassung ber Schafberg-
unb Zinkenbach-Walbungen an bie Salinen bes Salzkammerguts viele
Holzknechte im Laube beschäftigte, bann bas Müller- nnb Säge-
gewerbe usw.; stets aber ist bie Bereitung nnb ber Vertrieb von
Schmalz, Butter nnb Käse, also bie Almwirtschaft, bie Haupterwcrbs-
quelle ber Bevölkerung gewesen.
*) Hübner zählt 1796 deren hundertsechzehn. „Beschreibung des Erz-
stifts" I, 275 ff.
Tafel II.
Zeichnung von Fischbach.
St. Gilgen.
(Mitte des IS. Jahrhunderts.)
Verlag von Alfred Holder, k. u. k. Hof- und Universilätebuchhändler, Wien und Leipzig.
13
Der Hüttensteiner Gerichtsbezirk war in elf Riegete eingeteilt,
deren jede für sich einen Riegmeister wühlte, der seine Rieget ähnlich
wie ein Bürgermeister seine Gemeinde vertrat. *) Bei Abhaltung des
Land- und Urbarrechts, das zweimal im Jahr, im Frühling und im
Herbst stattfand, dann bei allen Aufgeboten, sei es in einer militäri-
schen Angelegenheit oder zur Jagd, waren die Riegmeister die Vermittler
zwischen dem Psieger und ihren Leuten. Die Berufung der Untertanen
zum Landrecht geschah im Auftrag des Pflegers durch den Amtmann
oder Gerichtsdiener. Das Landrecht wurde im Dorf zu St. Gilgen vom
Pfleger vorgelesen, dazu die etwa neu erlassenen Mandate kundgemacht.
Am Schlüsse konnte jeder Untertan Beschwerden oder andere Anliegen
vorbringen. Zur Unterstützung des Pflegers waren außer dem Ge-
richtsschreiber, der die Kanzleiarbeiten zu machen hatte, zwei „Über-
reuter" da, die gewissermaßen den Polizeidienst im Bezirke versahen,
aber auch zu Botenritten nach Salzburg und zu den benachbarten
Behörden verwendet wurden. Nennen wir nun noch die mit der Auf-
sicht über die Wälder und das Wild betrauten zwei Waldmeisters)
deren einer zu St. Gilgen, der andere in der Burgau behaust war,
mit ihren Knechten und Jägerbuben, endlich die als „Fischkeufl" die
Aufsicht über den See führenden vier Fischer, so haben wir das ge-
samte dem Pfleger unterstellte Amtspersonal beisaunnen.
*) Die Erste Dorf-Rieget umfaßt die untere Hälfte des Dorfes
St. Gilgen mit den Gütern von Hochreit bis nach Lueg hinab, ferner die am
Wengl, in der Brunnleiten, den Brnnnwinkl und Fürberg. Die Zweite Dorf-
Rieget betrifft die obere Hälfte des Dorfes, die Ortschaft Laim, das Gut
Pinkenreith und die Bachleiten. Die Dritte obere Rieget umfaßt die Güter
in Pöllach, Witigau, Plomberg, Obernau. Die Vierte obere oder Winkler-
Rieget enthält den Buchberg, die Zebezau, das Gebiet um den Krotensee, Aich,
Mühlan. Die Ried liegt unterhalb des Falkensteins und erstreckt sich bis an
die Wolfganger Grenze zum Dittelbach. Die Erste mittlere Rieget reicht von
Lueg abwärts bis ins Gschwendt. Die Zweite mittlere Rieget am Zinken-
bach umfaßt die Güter im Staudach, Weidach, Gschwendt, Forsthub, Niedertrum.
Die Erste untere Rieget im Blinklingmoos. Die Zweite untere Rieget
ist um das heutige Strobl herum gelegen. Die Dritte untere Rieget reicht
von Strobl abwärts bis zum Aigen an die österreichische Grenze. Endlich ist
noch die Burgauer Rieget am Attersee zu nennen.
2) Im 17. Jahrhundert kommt ein dritter (in Abersee) dazu; der Burgauer
Jäger (Unterwaldmeister) war jedoch nur jurisdiktionell dem Pfleger unterworfen.
Seine Amtsrcchenschaft leistete er an das Mondseer (salzburgische) Urbaramt,
dem die Hüttensteiner Untertanen in der Burgau insgesamt unterstellt waren.
Das
Pfleggericht.
14
Neben der Ausübung der Gerichtsbarkeit war die wichtigste
Tätigkeit des Pflegers die Einhebung der Steuern. Bis ins 16. Jahr-
hundert war dies die Sache der Urbarämter. Seit ca. 1600 aber
hatte das Pfleggericht Hüttenstein die Befugnisse des Talganer Urbar-
amts in seinem Bezirke selbst inne. Ursprünglich sind alle Abgaben
in natura, geleistet worden, in: 16. Jahrhundert nur mehr die Voit-
widder und der Voithafer, die in das Schloß Hüttenstein, ferner Käse,
Schmalz und Fische, die an den Hof nach Salzburg geliefert wurden.
Im Laufe des 17. Jahrhunderts ist mehrmals der Versuch gemacht
worden, die letzten Naturaldrenste in Geld zu veranschlagen; doch schien
das Erträgnis der Hofkammer zu gering H und so kam es, daß erst
um die Mitte des 18. Jahrhunderts auch diese Naturalleistungen in
Geld umgesetzt wurden. Wie aus dem Stiftbuch des Jahres 16032)
zu ersehen ist, haben die 198 Hüttensteiner Grundholden rund 170 fl.
in Geld, ferner 15 Pfund Schmalz, 46 Metzen Hafer und 23 Schafe
an jährlicher Urbarstift eingedient. Dies war aber noch der geringere
Teil der Lasten, die auf den Untertanen lagen. Rechnet man den
Urbar- und Vogtdienst, der neben der Holdenstift einging, hinzu, so
ergibt sich eine Summe von 284 fl. an beständigem Jahreseinkommen
in Geld. An Dienstkäsen sind 1210 Stück von den Almen geliefert
worden und die Fischer am Abcrsce hatten die Verpflichtung, 264 Pfund
Lachse (oder dafür 48 Pfund „Ehrungs-" und 396 Pfund gemeine
Fische) an die Hofküche abzugeben?) Weitaus überwiegend war das
Erträgnis der schwankenden Einnahmen. Bei jeder Besitzveränderung,
sei es durch Kauf oder Erbschaft, wurde als Übertragnngsgebühr die
sogenannte Anlait eingehoben, die durchschnittlich 400 fl. jährlich ein-
trug, einmal sogar über 1000 fl. ausmachte?) Daneben bestand der
Dienst an Novalien, der für die Erwerbung von Grund ans dein
landessürstlichen Besitz durch einen Urbarsuntertanen, schließlich aber
für jede Neuerung, wie z. B. Umwandlung von Weiden in Ackerland,
Anlegung eines Krautgartens, Bau eines Hauses, ja sogar für die
behördlich bewilligte Aussetzung eines Ofens 6) zu entrichten war. * 3 4 *
i) 1638 hat man die 23 Widder mit 9 fl. 1 ß 18 H, die 77 (Bergmahd-)
Käse mit 7 fl. 5 / 18 4 veranschlagt.
a) Archiv des St. Gilgner Bezirksgerichts (St. G. B. G.), Cod. 193.
3) Von der Reichung des Hundshafers wird später die Rede sein.
4) Im Jahre 1719.
ö) St. G. B. ®.s Cod. 150 ex 1790.
15
Das neue Objekt unterlag später der Anlait wie alle anderen
Urbargüter.
Eine außerordentliche Vermögenssteuer ist zumal in schweren
Kriegszeiten wiederholt eingehoben worden. Ein Mandat des Erz-
bischofs Paris Lodrou vom 13. Augnst 1620 erhöhte die bereits be-
standene von 6 ans 9 Schilling vom Hundert für die nächsten drei
Jahre in Anbetracht der „beschwerlichen und weit aussehenden Zustände",
die der dreißigjährige Krieg gebracht. Vom gleichen Tag ist die
Verordnung einer Fleischbesteuernng datiert, die jedes Pfund, ob es
nun verkauft oder im Hans genossen wird, mit 1 Pfennig Verzehrungs-
steuer belegt?) Begründet wurde dieses Verfahren mit den übermäßigen
Ausgaben, die dem Erzstift zum Schutze des Landes und zur schul-
digen Hilfe für Kaiser und Reich entstanden. 1637 wurde diese Steuer
auf das Doppelte erhöht.
Für uns kommt unter den außerordentlichen Stenern vornehmlich
die Weih st euer in Betracht. Sie wurde im 14. Jahrhundert ein-
geführt, und zwar zn dem Zweck, die Kosten des Regierungsantrittes
jedes nengewählten Erzbischofs zn decken, wurde also stets beim Re-
gierungswechsel eingehoben. Sie war sozusagen eine der odiosesten
Stenern. Sie traf auch den Adel, und der wehrte sich mit allen
Kräften dagegen. Die Gründung des Jgelbnndes (1403), in dem sich
Mitglieder des Adels und auch der städtischen Bürgerschaft zn ge-
meinsamer Abwehr gegen landesherrliche Bedrückung zusammenfanden,
hat nicht zuletzt in der Weihsteuer ihre Ursache gehabt. Die Bauern
freilich mußten still zu allen anderen Steuern auch noch diese auf sich
nehmen. Die Weihsteuer wurde derart bemessen, daß man von den
Vermögenden ein Drittel, von den unvermögenden, „mit Schulden und
vielen Kindern behafteten Untertanen" ein Viertel der Anlait nahm.
Die Anlait aber betrug den zwanzigsten Teil des Gutswertes?) In
dem Zeitraume von 1650 bis 1750 wurde siebenmal die Weihsteuer
0 Nach diesem Maßstab erscheint jeder Ochs mit 1 fl. 2 /, der Stier mit
7 /, Kuh oder Kalben mit 6 /, ein Kalb mit 1/2 / usw. besteuert. Hofrat
Hüttenstein Nr. 13. Arch. Salzburg.
2) Z. B,: Der Besitz des Matthias Elshuber im Brunnwinkl wird 1688
auf 300 fl. geschätzt. Davon zahlt er ein Zwanzigstel, d. i. 15 fl. Anlait. Im
Weihstenerjahr 1688 (Regierungsantritt des Erzbischofs Johann Ernst von Thun)
hat Elshuber schuldenhalber den vierten Teil der Anlait, also 3 fl. 6 / an Weih-
steuer zu zahlen. St. G. B. G., 6oc>. 65.
eingehoben und brachte in: Hüttensteiner Gericht 10.917 fl., im Durch-
schnitt also jedesmal ca. 1560 fl. ein?) Dies war im Vergleich mit
den Erträgnissen anderer Gerichte wenig. Hüttcnstein war eben seit je
ein „armes Grichtl", wie es der Pfleger Berchtold von Sonnenburg
1745 nennt, da er die geringen Einkünfte seines Bezirkes der Hof-
kammer gegenüber rechtfertigen muß. Als Erzbischof Jakob Ernst 1747
nach zweijähriger Regierung starb, hinterließ er 25.000 fl. mit der
Bestimmung, den Untertanen damit die Weihsteuer zu erleichtern.
Demnach wurde diesmal die Steuer bei den Vermögenden mit dem
vierten, bei den Armen mit dem sechzehnten Teil der Anlait bemessen.
Das Jahr 1772 brachte jedoch wieder eine Verschärfung, indem von
den Wohlhabenden die Hälfte, von den mittelmäßig Begüterten ein
Drittel, von den Armen ein Viertel genommen wurde. Diesmal war
es übrigens das letzte Mal, daß die Weihsteuer eingehoben wurde;
denn Hieronymus Colloredo, der da gewählt wurde, ist der letzte
regierende Erzbischof von Salzburg.
Zu den Stellern im weiteren Sinne sind die Kaufrechte, Willen-
gelder und übrigen Taxen zu zählen, deren es eine ganze Menge gab.
Das Fürkaufrecht, d. h. die Bewilligung des Zwischenhandels mit
Genußmitteln, z. B. Schmalz, Bier, Tabaks u. dgl., wurde von der
Hofkaminer gegen Reichung einer entsprechenden Abgabe erteilt. Die
Schüsseldrechsler mußten von dem Ertrag ihrer Arbeit nicht nur von
jedem Gulden 6 ^ Kaufrecht,^) sondern überdies sür das verbrauchte
Holz Stockrecht^) zahlen. Das Willengeld wurde für jede Unter-
nehmung eingefordert, die der Bewilligung der Obrigkeit bedurfte. In
diesem Sinn ist das Fürkaufrecht auch dahin zu rechnen. Daneben
0 Die genaueren Daten sind:
1654 . ... 1122 fl. 4 / 16 4
1669 . . . . 1305 fl. 3/174
1688 . . . . 1480 fl. — 12-/2 4
1709 . . . . . 1652 fl. 5 / 25 &
1727 . ... 2045 fl. 5 / 22-/2 4
1745 . . . . . 1765 fl. 1 kr. 20 4
1747 . 1548 fl. 7 kr. 3-/2 4
2) 1666 ist der erste Tabakladen in St. Gilgen aufgemacht worden. Aber
noch 6 Jahre früher wurde einer um 6 ß gebüßt, weil er „Tobägg gedrunckhen"
d. h. geraucht hatte. St. G. B. G., Cod. 43.
8) St. G. B. G., 6oä. 80, 1708/09.
4) Ebenda, Cod. 102, 1729/30.
17
erscheint seit 1652 das Hochzeits-Willengeld?) Nicht daß die Unter-
tanen vor 1652 beliebig und ohne sich um die Obrigkeit zu kümmern,
heiraten durften. Die Erlaubnis dazu gab stets der Pfleger als Ver-
treter des Landesherrn. Nicht die Untertanen waren in früheren Zeiten
freier, sondern der Pfleger war es. Wollte da ein Pärchen zusammen-
heiraten, so mußte es erst init schönen Geschenken, meist Erträgnissen
der Wirtschaft, wie Butter, Käse, Honig, Fischen, je nach Vermögen
den Gestrengen milde stimmen. Und es stand in dessen Belieben, wie
bald er sich erweichen lassen wollte. So mag es dem Bauern vielleicht
nicht einmal zuwider gewesen sein, als er hörte, er habe künftig eine
bestimmte vorgeschriebene Taxe zu zahlen. Dem Pfleger freilich entging
damit ein weniges von seinen Einkünften, zugleich aber auch ein großer
Teil seiner Macht, die ja überhaupt im Lauf der Zeit immer mehr
zusammenschrumpfte. Das Standgeld von den Jahrmarktbuden, das
Willengeld von den Hausierern und den Herbergslenten, die Aufsnch-
gelder usw., alles ehemals Taxen, die der Pfleger einhob, ohne sie der
Hofkammer zu verrechnen, sie gingen ihm allmählich verloren?) Die
Entschädigung, die ihm dafür von der Regierung geboten wurde, war
ein schwacher Ersatz. Für die Untertanen aber war die Regelung
dieser Abgaben immerhin ein Vorteil. Den wirklichen Gewinn aber
hatte der Staatssäckel. Zu den Sporteln, die für die Abfassung von
Protokollen, Berichten) Abschriften, Verträgen usw. eingenommen
wurden, kamen noch die Taxen für Vormundschaftsabhandlungen, Jn-
venturaufnahmen, Erbschaftssachen u. dgl. in.; für eine Pfändung mußte
der Gläubiger „Verbotgeld", für den amtlichen Augenschein in Besitz-
angelegenheiten der dabei Interessierte „Beschaugeld", für die Ver-
schaffung flüchtiger Schuldner oder Übeltäter der Kläger „Fiirfanggeld"
bezahlen. Es würde uns zu weit führen und die Geduld des Lesers
erschöpfen, wollten wir jeden einzelnen dieser Posten aus den Aints-
rechnungen erläutern. Nur eines wollen wir noch erwähnen: das
Freigeld, eine Taxe, die von den Auswanderern eingehoben wurde.
Das Freigeld, auch Abzuggeld genannt, betrug den zehnten Teil des
mitgenommenen Verinögens. Es traf meistens junge Leute, die ins
Wolfganger oder Mondseer Land hinausheirateten. Doch wurde es
auch von gerichtlich Verwiesenen genommen. Im allgemeinen war
x) St. G. B. G„ Cod. 37 a 2.
2) Ebenda. Cod. 73, 1700/01.
v- Frisch, Kulturgeschichtl. Bilder vom Abersee.
2
18
Wanderlust nicht in der Natur der Bevölkerung gelegen. Die hohe
Taxe scheint hier mehr zur Füllung der Kasse denn zur Verhütung
der Landflucht geschaffen. Seit 1700 floß ein Drittel dieses Ein-
kommens der salzburgischen Landschaft zu. 1731, im Jahr der großen
evangelischen Auswanderung, verschwindet die Rubrik des Freigeldes
in der Amtsrechnung') und erscheint erst 1784 wieder?) unter dem
Titel „Emigrationstaxe", die schon viel zahmer sich ansnimmt, indem
sie nicht mehr 10, sondern 3 Prozent von dem hinausgeschafften Ver-
mögen nimmt.
Die Kaufrechte, von denen schon oben die Rede war, sind
eigentlich nichts anderes als ein Ausfuhrzoll. Die ältesten sind das
Schüsselkaufrecht, das den Drechslern fiir hinausverhandelte Waren
auferlegt war, und das Fischkaufrecht der Wolfganger. „Jeder Bürger
bey St. Wolfgang, der daselbst Gastung gehalten, hat von wegen des
Fischkaufs beim Abersee dem Pfleger zu Hüttenstein jährlich 12 Pfennige
Kaufrecht zu geben."1 * 3) 1622 wollten die Wolfganger die Geltung
dieses Kanfrechts auf alle im Kleinhandel gangbaren Waren, die so-
genannten „Pfennwerth", ausgedehnt wissen. Ein derartiges Zugeständnis
war aber gar nicht nach dem Sinn des Hütteusteiner Pflegers. Er
zog es vor, auf das Fischkaufrecht der Wolfganger gänzlich zu ver-
zichten, und so wurde es seit 1622 auch nicht mehr eingehoben.
Eine geordnete Verzeichnung der Ausgangszölle erscheint in den
Amtsrechnungen erst 1663 für ausgeführtes Vieh?) Doch zeigte es
sich alsbald, daß der in der Verordnung der Hofkammer festgelegte
Zollsatz für die ärmlichen wirtschaftlichen Verhältnisse im Hüttensteini-
schen zu hoch bemessen war. Beim Verkauf nach Mondsee und
St. Wolfgang wurde ohnehin gemäß früheren Verträgen von den
Empfängern im Ausland für jedes Stück 12 Pfennige „Willengeld"
genommen. So wurde die Verordnung hier wieder zurückgezogen.
Doch schon 1667 trat sie wieder in Geltung und blieb fortan bestehen,
wurde sogar auf andere Gegenstände ausgedehnt. Noch 1667 finden
wir einen Zoll auf Bier und Wein neben dem Viehzoll, der nach dem
Beispiel des benachbarten Österreichs „weillen man dort ungleich nimbt,
1) St. G. B. G., Cod. 104.
2) Ebenda, Cod. 146.
3) Ebenda, Cod. 13.
4) St. G. B. G., Cocl. 47. Vgl. die statistische Zusammenstellung 1711 bis
1720 im Anhang, Beilage 12, S. 112.
19
also auch dieses orths ungleich eingelaugt würdt"?) Für die Ausfuhr
von Pferden wird aber erst 1694 nach einem am 5. Januar dieses
Jahres ergangenen Hofratsbefehl das Kaufrecht mit einem Gulden ge-
nommen. 1736 versuchte man, einen Eingangszoll auf ausländisches
Leder einzuführen, infolge des Protestes der salzburgischen Ledermeister
wurde er aber sofort wieder abgeschafft und 1747 durch einen Aus-
gangszoll auf dergleichen Erzeugnisse ersetzt?) der aber auch wieder
abkam. Man sieht, wie all diese Experimente lediglich auf die Hebung
der Einkünfte abzielen. Das Kaufrecht, ursprünglich nichts weiter als
eine besteuerte Bewilligung von Kauf und Verkauf, auch im Inland,
wird zum Zoll, wenn der Handel über die Grenze geht, und hat auch
dann die Eigentüinlichkeit, daß das Geld vom Käufer im Ausland
ciugehobeu wurde, wie wir es beim Wolfganger Fischkaufrecht gesehen
haben. Dieses Verfahren ist jedoch für die spätere Zeit nicht mehr
nachzuweisen, und wenn wir auch in den Rubriken der Amtsrechnungen,
z. B. beim Kaufrecht für Pferde, stets den Bestimmungsort der Ware
genannt finden, was darauf schließen läßt, daß der Zollbehörde der
Empfänger bekanntgegeben werden mußte, ist doch anzunehmen, daß
das Kaufrecht wie der Aufschlag (der eigentliche und ursprüngliche Zoll)
endlich allgemein vom Verkäufer allein bestritten wurde. Daß die
beiden Begriffe dann nicht ineinander verschmolzen, hat seinen Grund
in dem wesentlichen Unterschied, der zwischen ihnen bestand, indem
nämlich das Kaufrecht für jedes ausgeführte Stück derselben Ware
ohne Rücksicht darauf, ob es groß oder klein, mehr oder weniger wert
war, nach einer bestimmten Taxe stets gleich blieb, während der Auf-
schlag je nach deni Werte des Stückes wechselte?) Während der Grenz-
zoll 1773 noch überdies mit einer „Kameraltaxe" belastet^) und so
die Ausfuhr neuerlich beschwert wird, geschieht noch ein übriges durch
Einführung eines Binnenzolles für den Handel von Gericht zu Gericht
im Erzstift selbst. Vom Binnenzoll war lediglich der Wein aus-
genommen, der hier als Durchgangsware gilt?) Am einträglichsten
i) St. G. B. G., Cod. 63.
r) Im Hüttensteinischen wurden davon nur zwei Leute getroffen, die zu-
sammen 1 fl. 45 kr. Zoll zahlten. St. G. B. G., Cod. 121, 1747/48.
3) So war z. B. auf ein Pferd im Werte von 25, 20, 10 fl. ein Aufschlag
von 1 fl. 15 kr., 1 fl., 30 kr. gesetzt, während das Kaufrecht immer 45 kr. betrug.
St. G. B. G., Cod. 139.
6) Wegen des Verhältnisses der Einkünfte von Grenzzoll und Binnenzoll
sei hier auf die Tabelle im Anhang, Beilage 1 verwiesen lS. 93).
20
Einkünfte
des Pflegers
war der Zoll auf Rindvieh, das namentlich nach Mondsee und
St. Wolfgang, aber auch nach Ischl, Golfern, Gmunden usw. verkauft
wurde. Von Pferden wurde jährlich im Durchschnitt ein Dutzend
verhandelt. Die Ausfuhr von Schweinen und Schafen war gering.
Für Getreide bestand wohl auch ein Aufschlag, doch ist aus dem
Aberseeischen niemals solches ausgeführt worden. Der Ertrag der
Felder reichte hier nicht einmal für die Bedürfnisse der Einwohner-
schaft. Die Müller bezogen ihren Bedarf aus dem Mondseer Flach-
land und dem Attergau. Die Hauptgrenzmaut („Maut Litzlwand")
stand einstmals an der Jschler Straße unterhalb des Brauhauses Lueg,
wurde aber im Anfang des 18. Jahrhunderts in das Dorf St. Gilgen
verlegt, wo sie mit dem danials neuerbauten Pfleghaus am Seeufer
verbunden wurde. Die Verrechnung der Einnahmen geschah in einer
eigenen „Mautraittung" unter Kontrolle des Pflegers. Die Ergebnisse
der Abrechnung sind in dem Zeitraum von 1646 bis 1703 auch in
der alljährlichen „Amtsraittung" des Pfleggerichts angeführt. Die
Zolleinnahmen betrugen dazumal durchschnittlich kaum mehr als 500 fl.
im Jahr. Das Schwärzen wurde hier besonders eifrig betrieben.
Die Nähe des Sees hat viele verleitet, zu nächtlicher Zeit mit dem
Schiff die Maut zu umfahren. Wir werden noch ausführlicher darauf
zurückkommen.
Die Besoldung des Pflegers war sehr verschieden. Bis 1621
verzeichnen die Amtsrechnungen gar keine Ausgaben in diesem Sinn.
Im Gegenteil: es sind bis dahin jährlich 300 fl. Bstand-, d. i. Pacht-
geld, vom Pfleger selbst in den Amtssäckel gezahlt worden. Mit dem
Abgang des Pflegers Reherzhaimer (1622) verschwindet dieser Posten
und mit seinem Nachfolger Johann Wilhelm Lueger erscheint plötzlich
eine Ausgabe auf Pflegerbesoldung im Betrage von 400 fl. und bleibt
von da an bestehen; nur die Höhe der Summe wechselt fast mit jeder
Berufung eines neuen Amtsverwesers. Vor der Einführung eines
ständigen Gehalts beschränkten sich die Einkünfte des Pflegers auf
einen Teil der Gerichtstaxen und Strafgelder sowie auf Naturaldienste,
Deputate und ähnliche Abgaben der Untertanen, endlich die Erträgnisse
der zur Pfleg gehörigen Wirtschaft, womit er außer den: Bstandgeld
seinen Lebensunterhalt bestreiten mußte. Die Auslagen, die der Pfleger
bei seinen Amtsreisen in und außerhalb seines Bezirkes hatte, wurden
ihm unter den: Titel „Zehrungen" aus der Amtskasse ersetzt. Seitdem
eine fixe Besoldung eingeführt ist, werden die nunmehr als Neben-
21
einfünfte erscheinenden Deputate betn Pfleger nach und nach entzogen und
der Hofkammer in Salzburg zugeführt. Das Gehalt schwankte zwischen
200 und 500 fl. Balthasar Liirzer (1657—1694) bezog als Pflegs-
verwalter keinen höheren Sold denn als einfacher Gerichtsschreiber/)
der er früher gewesen. Erst 1688 ward ihm vom Erzbischof — je-
doch „ohne Consequenz ans die SlnttSsuccessores" — eine jährliche
Zulage von 50 fl. bewilligt?) Solche Personalzulagen kommen später
noch öfter vor?) Die Einkünfte des Pflegers ans dem Sacke der Be-
völkerung waren ja nie glänzend und wurden allutählich immer schlechter.
Seit Anfang des 18. Jahrhunderts hatte die salzburgische Landschaft
die Hälfte der Pflegerbesoldung zu tragen, wie sie denn überhaupt um
diese Zeit mit einem guten Teil der Staatsausgaben belastet wurde.
Von den Nutznießungsrechten des jeweiligen Herrn auf Hüttenstein ist
die Jagd an den Grenzen und die Fischerei in den Bächen zu nennen.
Von beiden Vergünstigungen mag er wohl nicht viel Gewinn gehabt
haben.
Von den Untergebenen des Pflegers genoß der Gerichtsschreiber
(seit 1726 gab es deren zwei^) eine Besoldung mit 200 fl., die zwei
Überrenter je 24 fl./) der Amtmann zuerst (1631) 4 fl./) später (seit
1700) 28 fl?) Die Jäger hatten ehedem nur Naturalverpflegung
und freie Wohnung. Der von den Untertanen gesteuerte „Hundshafer",
eine Abgabe an den Jagdfisktls, stand ihnen eine Zeitlang zur Ver-
fügung, wurde ihnen aber endlich ch mit 6 fl. von der Regierung ab-
gelöst. Seit 1674 ist ein ständiger Bote mit 12 (später 15) fl. jähr-
lichen Einkommens angestellt; endlich — die zwei Nachtwächter mit
3 fl. Jahresgehalt?)
Zum hochfürstlichen Schloß Hüttenstein gehörte die Meierschaft
mit ihren Wiesen und Feldern in der Aich. Sie war ursprünglich
zur Verpflegung des Schlosses gestiftet und auch stets im Pachtbesitz
des Pflegsverwalters. Seit dem 17. Jahrhundert aber ist sie meist in
') Nämlich nach wie vor 200 fl. St. G. B. G., Cod. 50 ex 1668/69.
2) Ebenda, Cod. 64 ex 1688/89.
3) Schnedizeny z. B. hatte 150 fl. Zulage. Ebenda, Cod. 83 ex 1710/11,
0 Ebenda, Cod. 98.
8) Ebenda, Cod. 13 ex 1622.
6) Ebenda, Cod. 21.
7) Ebenda, Cod. 73.
8) Ebenda, Cod. 114 ex 1741.
9) Seit 1709. Ebenda, Cod. 133.
und seiner
Untergebenen.
Die Schloß-
meierschaft.
22
Alt- und Neu-
Hüttenstein.
Afterpacht vergeben, 1725 mit Bewilligung des Landesherrn gar ver-
kauft worden?) Aus einer „Rechnung über Empfang und Ausgaben
der hochfürstl. Mayrschafft . . . ." (1704) ersehen wir, daß auf den
Gründen der Schloßmeierfchaft Weizen, Korn, Gerste, Hafer, Flachs
und allerhand Gemüse gebaut wurden. Auch Butter, Schmalz und
Käse wurden erzeugt und verhandelt, aber nicht mit Gewinn?) Die
Schlußrechnung des Pflegsbeamten ergibt für dieses Jahr 1704 nach
Abzug der Bau- und Betriebskosten ein Defizit von 161 fl. So ist
es begreiflich, daß man diese schlecht rentable Wirtschaft loszuwerden
trachtete und 1725 endlich versilberte. Später wurde sie jedoch wieder
zuriickgekauft. Warum und unter welchen Umständen es geschehen ist,
weiß ich nicht.
Außer der Schloßmeierschaft im Tale gehörten zur Pflege Wälder
und Almen auf den Höhen des Schafbergs, des Eibenbergs und über
dem See drüben auf dem Zwölferhorn. Auch sie waren zeitweilig
verpachtet.
Über den Schicksalen des alten Schlosses Hüttenstein in der
Scharflinger Klause und den Umständen, unter denen es verlassen
worden, schwebt ein geheimnisvolles Dunkel. Eine Überlieferung will
missen, es sei um das Jahr 1570 zugleich mit Wartenfels in einem
Aufruhr niedergebrannt worden. Das ist aber sehr unwahrscheinlich.
Schon der Mangel bestimmterer Nachrichten von einem Ereignis, das
doch in dieser Gegend Aufsehen gemacht habe:: muß, gibt Anlaß zu
Zweifeln. Überdies scheint das alte Pflegschloß damals schon nicht
mehr bewohnt gewesen zu sein. Das neue Schloß am Krotensee ist
ca. 1564 unter dem Pfleger Melchior Trägenreiter erbaut worden.
Dieses Neu-Hüttenstein ist dann nur durch ca. 150 Jahre von den
Pflegern bewohnt gewesen. 1720 übersiedelte das Amt in das neu-
erbaute Haus im Dorf St. Gilgen, das heutige Bezirksgericht. Bei
dem Pflegschloß am Krotensee bestand neben den Stall- und Wirtschafts-
0 St. G. B. G., Cod. 77 a.
2) 1704 sind 3 Schaff 7 Metzen 8 Maßt Korn geerntet worden, davon
1 Schaff 4 Metzen zum Anbauen gebraucht. An Gerste wurden 7 Metzen ein-
gebracht, davon gingen 4 Metzen auf die Dienstboten und die Herbstsaat auf.
Bon den 6 Schaff 15 Metzen Hafer blieben gar nur 9 Metzen übrig. Schuld
daran soll der Umstand gewesen sein, daß bei dem Glashüttcnbau, der zufällig
in dieses Jahr fällt, die zwei Fuhrpferde der Meicrschaft infolge großer Strapazen
einen besonderen Appetit zeigten.
23
gebäuden auch ein Backofen. Über den Bach, der hier aus dem
Krotensee durch das Winklertal dem Abersee zufließt, führte (wie hellte)
ein Weg über eine Brücke zum Schloß hinauf, dessen Süd- und West-
front je eine Sonnenuhr schmückte?) Unter der Amtsstube und den
Wohnräumen lag ein tiefer, feuchter Keller °) und die „Reichen" für die
Sträflinge, die jedoch nicht genügend Platz bot, so daß ein eigenes
Gefängnis bei dem Amtmannshaus in St. Gilgen erbaut werden
mußte. Wir dürfen uns aber von der Größe und Festigkeit dieses
Gebäudes keine übertriebene Vorstellung machen. Vermochte ja ein
einziger Taglöhner das ganze Gefängnis, nachdem es (1045) von
einem starken Winde „zerrissen" worden, in zwei Tagen abzubrechen.
Der Lohn, den er für seine Arbeit empfing, machte 3 Schilling und
6 Pfennige aus!* 2 3 4) Seit 1669 sollten die Bau- und Reparaturkosten
beim Schloß liicht mehr aus der Amtskasse, sondern aus den Gefällen
der salzburgischen Landschaft bestritten werden. Da sich jedoch die
Landschaft nicht im geringsten um die Erhaltung Hüttensteins bemühte,
wurde diese Verordnung vom Jahre 1669 rückgängig gemacht und
1704 die alte Ordnung wieder eingeführt?) In der Amtsraittung des
Jahres 16755 6) erfahren wir von der Anlegung eines Archivs im
Schlosse, dessen Einrichtung 53 fl. kostete. Hier wurden neben einer
Abschrift des Hüttensteiner Landrechts und den im Laufe der Jahre
erlassenen Mandaten die Urbarsbeschreibungen, Instruktionen llsw. und
auch die Duplikate der Rechnungsbücher aufbewahrt, nachdem sie bei
der Hofkammer revidiert waren. So sind sie verhältnismäßig gut er-
halten auf uns gekommen. Beim Bau des neuen Pfleghauses im
Dorfe St. Gilgen ist von vornherein ein eigenes „Stöckl" für die
Unterbringung des Archivs im Plan gewesen. Über den ganzen Neu-
bau gibt uns die wohlerhaltene „Bauraittung" °) ausführlich Nachricht.
') St. G. B. G., Cod. 37 a 2 ex 1652/53.
2) 1652 mußte von Salzburg eigens ein Steinbrecher geholt werden, der
ein Loch durch die Mauer schlug, „damit das Wasser seinen Ausgang haben mag"'
3) St. G. B. G., Cod. 31.
4) Ebenda, Cod. 76.
6) Ebenda, Cod. 58.
6) Ebenda, Cod. 195. Im Oktober 1718 wurde unter der Leitung des
salzburgischen Hofbaumeistcrs Hueber begonnen und den ganzen Winter hindurch
gearbeitet, so daß am 13. August 1719 die Aussetzung des Dachfirstes bei 4 Eimern
Lueger-Bier gefeier werden konnte. Die Steine für die Grundmauern waren
am Seeuser gebrochen worden. Das Bauholz lieferte der reiche Eiselbauer im
24
Glashütten.
Hammerwerk.
Gerichtsbar-
keit.
Nach der Übersiedlung ließ man das nun verlassene Schloß am Krotensee
noch keineswegs verfallen. Doch wehrte sich die Hofkammer bald da-
gegen, daß die Erhaltung des Schlosses noch weiter von der Pfleg
bestritten werde. Mau erinnerte sich nun wieder an die Pflichten der
Landschaft. Dann zogen Glasarbeiter in das Haus und endlich ward
es doch der Vernichtung preisgegeben. Am Beginn des 19. Jahr-
hunderts fand sich ein gewisser Radauer, der die Trümmer der alten
Herrlichkeit in öffentlicher Versteigerung für 45 fl. C. M. erstand.
Wir haben soeben die Glasarbeiter genannt und so wollen wir
gleich hier das mißglückte Unternehmen des Erzbischofs Johann Ernst
erwähnen, das in der Errichtung einer Glashütte in der Aich bestand.
Sie wurde 1702 in Tätigkeit gesetzt und stand unter der Oberaufsicht
des Pflegers. Ein „Glasmeister" leitete den Betrieb, der ungefähr
30 Arbeiter im ganzen beschäftigte. Zum Schutze des Unternehmens
ward 1703 die Einfuhr von Glas aus dem Ausland verboten. Doch
half diese Vorsicht nicht viel. Die Fabrik arbeitete bald mit einem
beträchtlichen Defizit. Es kam zur Einstellung des Betriebes und
endlich (1732) zum Verkauf. Der Unternehmungsgeist des neuen Be-
sitzers — Franz Schmauß war sein Name Z — brachte aber doch
das Werk in Gang, gründete sogar noch eine zweite Hütte am Zinken-
bach?) Die Nachfrage im Lande war sehr groß/) auch ins Bayrische
hinaus ist viel verhandelt worden. Die Einfuhr von Glas nach Öster-
reich war jedoch gesperrt. Nach den Schmanßen vermochte keiner mehr
die Hütten auf der Höhe zu halten. Sie sind noch vor Mitte des
19. Jahrhunderts aufgelassen worden.
Ebensowenig Glück wie mit der Glashütte hatte das Erzstift mit
seinem Hammerwerk in Strobl. 1793 kaufte man die domkapitlische
Mühle am Weißenbach und setzte an deren Stelle das Hammerwerk.
1803 ist es bereits verpachtet, 1804 durch einen Brand zerstört.
Nach dieser Abschweifung in die neuere Geschichte kehren wir
zum alten Pfleggericht zurück. Wir haben von den Einnahnien ge-
Pöllach, die Ziegel wurden zum größten Teil von Mondsee herüber (bis nach
Fürberg auf der Achse, von da mit Zillen) beigeschafft. Die Bodenläden brachte
der Müller von Brunnwinkl, die Schlosserarbeit wurde von einem Talgauer aus-
geführt usw. — Die Kosten beliefen sich auf 4790 fl.
ff St. G. B. G., Cod. 105 ex 1732/33.
ff Im Jahre 1779. Ebenda, Cod. 153 ex 1793.
ff Es scheint, daß hier zu jener Zeit die einzigen Glashütten im ganzen
Erzstift bestanden.
25
sprachen, eine der wichtigsten aber noch nicht genannt. Das sind die
Strafgelder. Sie waren besonders ergiebig, da die famose Einrichtung
bestand, daß der Pfleger den dritten Teil davon J) für sich behalten
durfte. Die Folge davon war, daß der Richter aus dem Übeltäter,
der oft die (in jenen Zeiten auch nicht gerade harmlose) Leibesstrafe
vorgezogen hätte, Geld herauspreßte, so lange es irgend zu haben war.
Der Pfleger hatte der Mittel genug, seine Untertanen zu schinden, doch
ist es hier im St. Gilgener Land damit bei weitem nicht so arg ge-
trieben worden als in anderen Gerichten des Erzstifts,2) zur Ehre
der Hüttensteiner Pfleger sei's gesagt.
In gerichtlichen Dingen war der Pflegsverwalter der Landes- dmncfiz-
hauptmannschaft in Salzburg verantwortlich, sofern es sich nicht um lHU,Kri,ul
die minderen „gemeinen" Strafeil, sondern um „Hauptmannsstrafen"
handelte, die nur im Einvernehmen mit der obersten Justizstelle in
Salzburg kraft eines eigenen Befehls verhängt wurden?) In solchen
Fällen war der Übeltäter in Verhaft zu bringen, der Sachverhalt
durch einen laufenden Boten nach Salzburg zu berichten und Befehle
von dort abzuwarten. 2)em Angeklagten stand während der Verhand-
lung vor dem Pfleggericht ein Anwalt zur Seite, ein angesehener
Bürger der Gemeinde, den die Obrigkeit durch Verleihung der Würde
eines „Gerichtsprokurators" zu diesem Amt bestellt hatte. Sein Ein-
fluß war sehr gering?)
Daß todeswürdige Verbrecher ehemals an Talgau ausgeliefert
wurden, ist schon gesagt worden. Seit wann die Hinrichtungen im
Hüttensteinischen vollzogen wurden, weiß ich nicht. Der erste in den
Amtsraittungen verzeichnete Fall ist beim Jahre 1682 eingetragen. Die
fl Genauer: von den „gemeinen" Strafen ein Drittel, von den „Haupt-
manns"-Strafen, sofern es sich um Ehebruch handelte, ein Viertel des Straf-
fatzes. — Landeshauptmannschaftsordnung aus dem Jahre 1533.
fl Vgl. Köchl, Bauernkriege, Mitteil. d.Ges. f. Salzb. Landest. 1907, S. 27ff.
fl Der Hauptmannsstrafe unterlagen namentlich: Totschlag, schwere Ver-
letzung, Giftmischerei, Ehebruch, Blutschande, dreimalige Fornikation, Diebstahl
(auch Wilddieberei), heimlicher Besitz von Waffen, Schmuggel, Forstfrevel, Maut-
umgehung, Steuerhinterziehung, Übertretung der Fastengebote, Verleumdung,
Schatzgraben. — Erzbischof Johann Jakob beschränkte die gerichtliche Gewalt des
Landeshauptmanns, indem er den Hofrat einführte, dem künftig (seit ca. 1570)
als ihrem vorgesetzten Hofgericht die Pfleggerichte unterstanden.
fl Widmann, I. c. II, 162. — Um 1688 war der Schulmeister Khradt
Gerichtsprokurator von St. Gilgen. St. G. B. G., Cod. 64.
26
Straf-
werkzeuge.
Verbrechen
und Strafen.
Kosten der Exekution — es handelte sich um die Enthauptung zweier
Zigeuner — trug zur Hälfte das Gericht, zur Hälfte die Gemeinde?)
Die Aburteilung geschah durch das Hofgericht in Salzburg, das aus
den zu Hüttenstein abgefaßten Protokollen sich sein Urteil bildete?)
Die Richtstatt war am Aigen im Jschltal, nahe der österreichischen
Grenze gelegen. Die Erbauung und Erhaltung des Hochgerichts war
erst Sache der im Gericht ansässigen Weber. 1706 aber gestattete
ihnen der Erzbischof, durch Zahlung von 16 Gulden an die Pflegs-
verwaltnng sich von dieser entehrenden Verpflichtung loszukaufen. Die
Zinsen dieses sogenannten „Weberkapitals" wurden von nun an dazu
verwendet, für die Arbeiten beim Hochgericht von Fall zu Fall Zimmer-
leute aufzunehmen?)
Die „Tortnrstatt" war beim Amtmannshaus in St. Gilgen ein-
gerichtet. Desgleichen waren dort die „Geige", eine Art Käfig, in
dem man die Weiber, die sich gegen das sechste Gebot vergangen,
öffentlich herumführte, ferner die „Prechl" (zwei Hölzer mit vier Löchern,
um die Hände und Füße des Verbrechers durchzustecken), eine Strafe,
die an Männern, so einen Ehebruch begangen, vollzogen wurde, seit
1714 auch der Pranger/) ferner Ruten und andere Strafwerkzeuge.
Gehen wir nun zu den Strafen selbst über und zu den Ver-
gehen, deren Folge sie gewesen, so können wir zunächst feststellen, daß
gemeine Verbrechen, wie Diebstahl, Mord, Brandstiftung u. dgl.,
J) St. G. B. G., Cod. 61. Daß diese Angelegenheit unter Umständen recht
kostspielig sein konnte, beweist die Hinrichtung eines Räubers (1782), für die
102 fl. 45 kr. ausgelegt wurden. Ebenda, Cod. 127.
2) „Dem Stadtboten von Salzburg für Überbringung des Endurteils gegen
den allhier mit dem Schwert hinzurichtenden B.Z. 1 fl. Lanfgeld". Ebenda, Cod. 127.
3) „. . . das sye [bie Webers bey khünfftiger erpan- und reparierung des
alhisigen Hochgerichts nit mehr handt anlegen derffen, wargegen sye zum Pfleg-
ambt alhero 16 fl. Capital, so auf Interesse gelegt und mitls solcher eingehenden
Jnteresse-geltern das berüerte Hochgericht hinfüro erpauet und undterhalten werden
solle, erlegen müessen." Ebenda, Cod. 84. — 1726 arbeiteten an der Neuanfsetzung
des Hochgerichts außer den 14 im Gericht wohnhaften noch 4 aus Neuhaus her-
beigeholte Zimmerlente. Die Kosten betrugen etwas mehr als 11 fl. Ebenda,
Cod. 98.
4) Ebenda, Cod. 87 (1714/15): „Crasft gnedigen hochlöbl. hosfgerichts be-
felchs ddo. 24. July 1714 hat man zur exequirung der in puncto furti alda
zu verhasst gebrachten Magdalena Reschin im Dorff St. Gilgen alhier einen
Pranger erpauen lassen, worauf vermög beyligenden außzugs 8 fl. 1 / 24 4
uncosften erloffen." (Auch hier hatte die Gemeinde die Hälfte der Kosten zu tragen.)
27
hier äußerst selten vorkamen und auch dann meist von landfremden
Leuten verübt wurden. Das häufigste und für die Gerichtskasse ein-
träglichste Verbrechen war stets die Formkation, der illegitime Verkehr
zwischen beiden Geschlechtern. Bis ins 19. Jahrhundert hinein gab cs
dafür eine ständige Rubrik in der Amtsrechnung und nicht nur einmal
wies dieser Posten die höchste Einnahme unter allen übrigen des Jahres
auf. Daneben waren Streithändel und Raufereien, Ungehorsam gegen
die Obrigkeit, Vergehen gegen die Religion und gegen die Zunftordnung
die gewöhnlichsten Fälle, die vor dem Hüttensteiner Tribunal verhandelt
wurden. Die Beherbergung fremder vagierender Leute war ver-
boten. Übte da einer die Barmherzigkeit, einem Bettler über Nacht
Unterschlupf zu gewähren oder eine fremde Frau in Kindesnöten in
sein Haus zu nehmen, so war er ebenso schuldig, als hätte er einen
gemeinen Mörder beherbergt, und büßte mit etlichen Tagen Gefängnis
oder, wenn es anging, mit einer Geldstrafe. Die Härte solchen Ver-
fahrens, das den einzelnen Fall in seinen Motiven kaum näher unter-
suchte und sozusagen alle über denselben Leisten schlug, die sich gegen
das Landrecht oder ein Mandat irgendwie versündigt, diese Härte, oft
eine krasse Ungerechtigkeit, erklärt sich aus den Verhältnissen der Zeit.
Das wilde Fahnden nach Verletzern des Gesetzes tvurde zum wenigsten
aus reiner Liebe für Ordnung und Sitte geübt. Ein reicher Ertrag
an Strafgeldern war bei der Hofkammer in Salzburg gar nicht ungern
gesehen, zumal wenn er aus einer Gegend kam, die ansonsten nicht
viel abwarf. Das Einkommen des Pflegers wurde, wie schon bemerkt,
auch von der Höhe der eingegangenen Strafgelder beeinflußt. Sein
Eifer sollte dadurch gefördert werden. Als noch überdies eine eigene
Prämie für Angeber geschaffen wurde, glaubte man sich vollends sicher,
daß kein Schuldiger der strafenden Gerechtigkeit entgehen würde. Wie
vollständig wirkungslos übrigens die Geldbußen waren, trotzdem sie
wie die Blutegel an der Kraft des Volkes zehrten, beweisen die immer
mehr wachsenden Fornikationsstrafen, die beinahe den Eindruck
einer progressiven Steuer machen. So war die einmalige „Leicht-
fertigkeit" mit einem, die zweite, mit zwei, die dritte mit drei „Ge-
richtswändeln" *) belegt. Leibesstrafen wurden nur bei jenen verhängt,
st Ein Gerichtswandel betrug 5 fl. 2 /. Ein Mandat des Erzbischofs
Paris «Mo. 10. Juni 1625 befiehlt, die ersten beiden Male „nit zu leis" vor-
zugehen, beim dritten Mal jedoch die Anzeige an das Hofgericht zu machen. Hofr.
Hüttenst. Nr. 13. Arch. Salzb.
28
die nicht zahlen konnten. Dazu gehörte das Gefängnis, verschärft mit
Fasten an jedem zweiten TagZ in den ein bis zwei Wochen, die man
auf Fornikation zu diktieren pflegte. Bei rückfälligen Verbrechern dieser
Art ward die ein- oder mehrmalige Hernmführung in der Geige (nur
bei Weibern) und die Prechlstrafe (bei Männern) angewendet. Hierauf
folgte in der Regel Landesverweisung gegen geschworene. Urfehde für
bestimmte Zeit oder auf ewig. Seit 1666 gab es Zwangsarbeit, die
derlei Übeltäter zu nützlicher Beschäftigung anhielt, zunächst in Salz-
burg, später auch beim Bau der Glashütten und des neuen Pfleg-
haufes in St. Gilgen oder zum Straßenbau verwendete. Der Ver-
führer, der fein Opfer heiratete, verfiel einer milderen Strafe. Doch
zahlen mußte er auch. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts wird es
üblich, die Fornikanten unter das Militär zu stecken. Nur wer eines
Leibschadens wegen dienstuntauglich, wird nach altem Brauch gebüßt.
Eine eigentümliche Erscheinung ist, daß der bloß Verdächtige ohne viel
Federlesens zur halben Strafe verdonnert wird?) Die Ahndung des
Ehebruchs ist in Geld mit wenigstens 30 fl. festgelegt. Auch hier sind
im Wiederholungsfälle bestimmte Strafen für beide Teile vorgezeichnet.
Wir wollen nicht zu ausführlich werden und nur noch eines Mannes
erwähnen, der für dreifach verübten Ehebruch mit einer Rute im
Genick an den Pranger gestellt, dann ausgepeitscht und des Landes
auf ewig verwiesen wurde?) Pranger, Geige und Prechl waren als
Schandstrafen sehr gefürchtet. Wer da konnte, kaufte sich mit der
Geldbuße davon los, seitdem aus besonderer Gnade des Landesfürsten
die Vergünstigung der freien Wahl bestand?) Verhältnismäßig selten
kam es vor, daß sich einer über die nahe Grenze salvierte, wiewohl
er sich drüben sicher fühlen konnte. Österreich lieferte nämlich nicht
aus?) Das zähe Festhalten an der Scholle, diese Eigenheit des
0 Dieses Fasten wurde erst 1689 eingeführt. St. G. B. G., Cod. 66: „in
geringer üztung" heißt es dort.
2) „Vermutlich" verübter Ehebruch mit 15, nachgewiesener mit 30 fl. be-
straft. Ebenso war Verdacht des „Gasselgehens" zu 1 fl. 4 ß, erwiesenes zu 3 fl.
berechnet. St. G. B. G., Cod. 25 ex 1635.
3) 1727. Ebenda, Cod. 100. Die im landesfürstlichen Mandat von 1625
angedrohte Strafe des Ohrenabschneidens hat das Hofgericht (wenigstens im Hütten-
steinischen) niemals verfügt.
4) Erst im 18. Jahrhundert.
») St. G. B. G., Cod. 63 ex 1686/87: „.. . weil aber von aldort snamlich
Österreichs aus khain Verschaffung stattgethan wirdet", also ist der Flüchtling nicht
29
Bauernvolks, hat hier oft der strafenden Gerechtigkeit ihre Arbeit er-
leichtert. Denn auch von dem Flüchtigen konnte man mit Sicherheit
erwarten, daß es ihn eines schönen Tages wieder herüberziehen werde
auf die heimatliche Erde, und gar mancher ist so den eifrig Herum-
streifendel: Häschern in die Falle gegangen?)
Es gibt Leute, die sich wundern, wenn in uianchen Gegenden
heute noch die „Bauernfeiertage" gehalten werden. Wer es weiß, wie
strenge man von Amts wegen durch Jahrhunderte damit war, und
wer die Hartnäckigkeit kennt, mit der die Bauern an überlieferten und
gleichsan: vererbten Gewohnheiten festhalten, der wundert sich nicht.
Die Tage der heil. Anna, Philipp und Jakob, Bartholomäi, Sebastian,
Thomas und vieler anderer waren gebotene Feiertage, und schon wer
den vorhergehenden Werktag über die Zeit, d. h. in den Feierabend
hinein schwere Arbeit verrichtete, verfiel unnachsichtlich der Strafe. Aber
auch gewisse Vergnügungen waren an Sonn- und Feiertagen unter-
sagt. Das Tanzen war zeitweise überhaupt verboten und sonst nur
mit besonderer Erlailbnis der Obrigkeit gestattet. Ebenso das Auf-
spielen in den Wirtshäusern. Die jungen Leute ließen sich darum
nicht von heimlichen Tänzen abhalten, aber nur zu oft fand sich ein
Verräter, und schon war der Büttel da, den Strafschilling einzusacken?)
zu fassen. 1688 geschah es, daß ein Pärchen mit schlechtem Gewissen über die
Grenze nach St. Wolfgang ging. Weil aber das dortige Gericht keine Verschaffung
leistet, „alß hat man gleichwol durch ein erfuntenes Mitl von beeden straff zu-
wegen bracht als 10 fl. 4/". Was für ein teuflisches Mittel das gewesen sein
mag, darüber wird uns leider nichts verraten. St. G. B. G., Cod. 64.
9 Ein eigenes Beispiel bietet eine Verleumdungsgeschichte aus dem Jahre
1695. Der Schuster Lang im Gschwendt hatte einen Bauern fälschlich des Ehe-
bruchs bezichtigt. Das Hofgericht befiehlt seine Ausweisung. Nach wenigen Tagen
war der Schuster wieder im Land. Ein neuer Befehl verfügt ewige Landes-
verweisung „bey außtrückhlicher Comnmnication, das, wofern Er sich weiters
ohne licenz hereinzugehn understehen solte, man ihne sodan unfehlbar auf die
galer schickhen würde". Acht Jahre später war der Schuster ein zweites Mal
zurückgekehrt. Die angedrohte Galeere wurde ihm zwar nicht zuteil, doch ließ
ihn das Hofgericht unter die kaiserlichen Soldaten stecken. St. G. B. G., Cod. 69
und 75.
2) 1633 werden sechs Burschen, die am Abend vor Mariä Himmelfahrt
auf der Alm Zinkeneck einen Tanz gehalten, der wie gewöhnlich in eine Rauferei
ausartete, mit je einem Reichstaler, sieben Burschen, die beim Tanz zugesehen,
jeder mit einem Gulden in Strafe genommen. St. G. B. G., Cod. 23. — 1676
wurde am Bartholomäi-Abend (23. August) auf der Schafbergalm getanzt. Zehn
Männer werden um 6 Schilling gebüßt, „volgente aber sein gestrafft, daß sye
30
Es ist merkwürdig, was alles des liebeil Herrgotts wegeil verboten
war. Drei Barschen, die am Abend vor Bartholomäi gejauchzt, mußten
ihre harmlose Fröhlichkeit mit 41/2 fl. büßen, weil den andern Tag
Feiertag war?) Zwei arme Geiger wurden mit je 4 Schilling ge-
straft, weil sie „mit einander unter sich selbst ein lvenig aufgespielt und
getanzt haben"?) Volksspiele haben sich, wiewohl man alles tat, sie
auszurotten, bis auf den heutigen Tag erhalten, z. B. das „Stern-
singen" zur Weihirachtszeit und das „Glöckerllaufen" in der Drei-
königsnacht?) Von dein Magdalenenspiel und dem Kranzlaufen scheint
keine Spur geblieben zu sein?) — Ein schweres Verbrechen, weil der
Zauberei verwandt, war das Schatzgraben. Der Eiselbauer in
Pöllach hat sich (1712) davon überzeugen können. Dafür, daß er
einen andern in seinem Hause graben ließ, ward er selbst mit einem
Gerichtswandel gebüßt; der andere lvurde des Landes verwiesen und,
als er wiederkam, in die Fronfeste nach Salzburg geliefert?) Dieses
ist aber auch der einzige Fall, der vorkam. Fiir die Zauberei fand
sich Hierlands niemals ein empfängliches Gemüt.
Raufereien, namentlich bei festlichen Gelegenheiten, bei Hoch-
zeiten und im Wirtshaus, auf der Kegelbahn und beim Eisschießen,
nächtlicher weill auf bedeiter Albm Schafperg sich befundten und dem tanz zue-
geschaut folgen 23 Namen, davon 10 weibliche. Die Zuschauer wurden
mit 4 Schilling bestraft. „Die Töllerin aber, in deren hitten der tanz beschechen",
zahlt 1 fl., und der Ruepp Kern, der Schnaps und Brot auf die Alm getragen
und „an dem tanz Ursachen ist": 3 fl. St. G. B. G., Cod. 59.
Ebenda, Cocl. 117 ex 1744/45.
2) Ebenda, Cod. 80, 1708/09.
3) Der mannigfache Unfug, der bei diesen von Grund aus frommen
Bräuchen getrieben wurde, war die Ursache ihrer so oft versuchten Abstellung.
Z. B. 1690: „volgente sein gestrafft, dz sye an der H. drey Khinignacht auf öffent-
licher gaffen mit vermachten gesichtern und verstölten Khlaidern umbgangen und
under solch werenten umbgehen Georgen Gaßner (und 3 andere) alß singer mit
prigln werffen traetiert..." Es waren ihrer sechs, deren jeder mit 1 fl. ge-
straft wurde. St. G. B. G., Cod. 66. — 1629 eine Rauferei unter den Stern-
singern. Ebenda, Cod. 19.
4) Ebenda, Cod. 86 ex 1713/14. Damals ist ein gewisser Tobias Kloiber
mit einem Weib und vier Buben „in die Faistenau, Hallein und um selbige
refier mit Spillen des Magdalena Spills ohne obrigkheitl. bewilligung von alda
außgangen. . ." Die Alten bekamen einen Tag, die Kinder zwei Stunden Ge-
fängnis. — Wegen verübter Ungebühr beim „Cranzlauffen" 6 Schilling Strafe
(1640). St. G. B. G., Cod. 30.
5) Ebenda, Cod. 85.
haben dem Hüttensteiner Gericht seit jeher viel zu schaffen gemacht.
Bezüglich solcher „Rmnorhändel" weist das Landrecht einen eigenen
Artikel auf, wie es damit gehalten werden solle, wenn ein Hüttensteiner
Untertan im benachbarten Wildenegger Gericht sich was zu Schulden
kommen läßt.') Es kam oft vor, daß St. Gilgener int Markt St. Wolf-
gang Händel anfingen und dafür vom Marktrichter dort abgestraft
wurden. Damit nun dem Hüttensteiner Gericht von bett Strafen seiner
Untertanen nichts entgehe, ward eigens mit Beziehung auf die Vor-
gänge in St. Wolfgang verfügt, daß jeder Hüttensteiner, der dort auf
handhafter Tat ertappt und gestraft wird, mit derselben Strafe dem
heimatlichen Gericht verfallen sei, also daß der Übeltäter für dasselbe
Vergehen doppelt büßen mußte. Anders war die Sache, wenn der
Verfolgte auf den See hinaus entkam. Hier war bereits salzbnrgische
Jurisdiktion und die Macht des Wolfganger Richters zu Ende. Der
Flüchtling durfte sogar nach drei Tagen wieder Wolfganger Boden
betreten, ohne für seine Tat dort zur Verantwortung gezogen werden
zu können. Dem Marktrichter stand es frei, den Mann in Hütten-
stein zu verklagen, wo dann auch das Urteil gesprochen wurde. Ward
der Verbrecher in beut Augenblick gefaßt, da er mit einem Bein im
See, mit dem andereil noch auf Wolfganger Boden stand, so war er (wie
bei der Ergreifuilg in flagranti) beiden Obrigkeiten in gleicher Strafe
verfallen. Daß eine solche Rechtsauffassung den freundnachbarlichen
Beziehungen nicht forderlich sein konnte, läßt sich begreifen. Sind ja
nicht zum wenigsten ans den: so geschaffenen Zustand die widerlichen
Streitigkeiten, von denen wir noch sprechen werden, emporgewachsen
und genährt worden?) Für das ganze Nachbargebiet, sowohl Wilden-
*) In einer Abschrift des 16. Jahrhunderts im Archiv der Landesregierung
in Salzburg, Hofr. Hüttenst. Nr. 1 erhalten. Der Wortlaut ist int Anhang, Beil. 2
abgedruckt. (S. 94.)
2) Einige Beispiele: Leonhard Peckl, Hüttensteiner Untertan, hatte zu
St. Wolfgang einen Rumorhandel. Er entging dem Gericht und als er in den
See kam, höhnte er den Richter und die Schergen: „wan sy kheckh sein, sollen sy
nmb ihne hineingreiffen", und die Obrigkeit mußte abziehen (1554). — Ein
anderer, der in den See entkam, rief dem Richter, der ihm bis an das Ufer ge-
folgt war, zu: „Geht, Herr Richter, will mit Euch paden!" (1596). Und weil
bei solcher Gelegenheit oft ein Auflauf im Markt entstand und die versammelte
Menge dann sah, wie die Hüttensteiner sich dem Gericht zu entziehen wußten,
„nmb deßwillen sein die wolffganger den huettenstainerischen alzeit widrig und
aufsetzig". Gravamina Hüttenstein contra Wildenegg 1614. Hofr. Hüttenst. Nr. 6,
32
egget (Mondseer) wie Wildensteiner (Jschler) Herrschaft galt nach dem
Landrecht der Grundsatz, daß kein Hüttensteiner, der von dort aus
verfolgt wurde, sich zu stellen verpflichtet war, ausgenommen den Fall,
er hätte sich durch ein feierliches Versprechen (Handschlag) gebunden.
Wurde er aber draußen gestraft, so war er, mochte es in Ischl, Wolfgang
oder Mondsee geschehen sein, ein gleiches den: Gericht Hüttenstein schuldig.
Ungehorsam und Renitenz gegen die hochfürstliche Pflegs-
obrigkeit kam häufig vor. Das lag in den Verhältnissen und ist unter
den besten Pflegern so gewesen. Die unterschiedlichen Frondienste,
Vorspann-, Ruder, Jagd- und Forstdienste/) die immer mit Wider-
willen geleistet wurden, dazu die Plackereien mit Steuern und Strafen
ließen in manchem die Galle überlaufen und Flüche wie „Pflegschergen"
und „Pfasfenknechte", begleitet von Faustschlägen auf den Tisch, tvaren
in der Gerichtsstube von Hüttenstein öfters zu hören. Wegen unmäßig
häufigen und ganz überflüssigen Vorladens vor Gericht — das Aus-
bleiben wurde mit 4 ß bestraft — war Pfleger Reherzhaimer (1611
bis 1622) berüchtigt, ein Mann, der überhaupt das Schinden seiner
Untertanen wohl verstand?) Die Überreuter und Gerichtsdiener, so
die Befehle des Pflegers auszuführen hatten, waren in erster Reihe
Schmähreden und Tätlichkeiten ausgesetzt. „Den Sack schlägt man..."
— das Sprichwort gilt auch im Hüttensteiner Land.
Diebstähle sind, wie schon gesagt, sehr selten verübt worden.
Handelte es sich um gestohlenes Geld, so wurde dieses, wenn es zu-
stande kam, nicht dem Bestohlenen zurückgegeben, sondern für den
Arch. Salzb. — Die höhnischen Worte derer, die sich in den See hinaus salviert,
haben sicherlich nicht wenig zur Erbitterung der Wolfganger beigetragen.
1) Die Untertanen wurden zum Schwenden auf den landesfürstlichen Almen,
als Treiber bei den Jagden, auch zum Einbringen des erlegten Wildes, zur
Feuerwache auf Brandstätten, zur Beistellung von Holz zum Brückenbau u. dgl. m.
angehalten.
2) Beim Bau der Brunnwinklmühle, die Reherzhaimer (1615) zu seinem
eigenen Nutzen errichtete, sind Untertanen des Gerichts von ihm zum Frondienst
gezwungen worden. Eine Beschwerde der Betroffenen an den Erzbischof blieb
erfolglos, da die Rechtfertigung Reherzhaimers oben Gnade fand. Es ist jedoch
schwer zu glauben, daß Untertanen sich zu einem so wichtigen Schritt wie die
Anrufung des Landesherrn entschließen konnten, ohne ihres Rechtes sicher zu sein.
— Reherzhaimer war der letzte unbesoldete Pfleger von Hüttenstein. Er bezog
sein Einkomnien direkt von den Untertanen, den größeren Teil davon aus dem
Ertrag der Strafgelder, die er den Leuten abzuknöpfen wußte. Hofr. Hüttenst.
Nr. 7, Arch. Salzb.
33
Fiskus eingezogen, der Dieb mit einer Geldstrafe belegt?) Für schwerere
Eigentnmsverbrechen wurden Einlieferung in die Fronfeste, Aus-
peitschung oder Prangerstehen und ewige Landesverweisung verhängt.
— In den fünf Jahren 1725—1729 ward der Opferstock auf dem
Falkenstein viermal erbrochen und ausgeraubt. Den Täter hat niau
nie gefunden. Es dürfte ein Fremder gewesen sein.
Grundbesitz-Übergriffe wurden gestraft, ganz besonders wenn
sie die landesfürstliche Frei, den Besitz des Erzbischofs berührten. Nicht
nur widerrechtliche Verschiebung der Besitzgrenzen, das „Überhagen"
(den Hag oder Zaun auf des Nachbarn Gebiet versetzen), auch das
„Überötzen" (d. h. das Vieh über die Mark hinaus weiden lassen)
gehört nach dem Landrecht hierher. Derartige Vergehen waren nach
dem „gemeinen" Strafrecht vom Pfleger selbständig, nicht vom Hof-
gericht zu behandeln. Doch mußte, wenn die hochfürstliche Frei dabei
im Spiele war, die Hofkammer verständigt werden, die dann oft selbst
die Strafe vorschrieb, unbeschadet der Rechte des Pflegers auf das
Drittel, das ihm von den Einkünften der „gemeinen" Strafen gebührte.
Was den an der Hüttensteiner Grenze recht lebhaft betriebenen
Schmuggel^) anbelangt, so wollen wir als bemerkenswert nur her-
vorheben, daß feit ca. 1700 der Schwärzer neben einer empfindlichen
Geldbuße auch die Konfiskation des Gutes erleidet, das er zu schmuggeln
suchte. Dieses Gut, sei es nun ein Stück Vieh oder was immer,
wurde sofort von Amts wegen verkauft und der Erlös samt dem Straf-
fchilling in drei Teile geteilt, davon der eine der Amtskasse, also dem
Fiskus zufiel, der zweite dem Pfleger, der dritte dem Angeber. Unter
Umständen erhielt der Angeber mit der Hälfte des ganzen Ertrages den
Löwenanteil, während sich in die andere Hälfte Pfleger und Fiskus teilten?)
*) Es sind mir nur zwei Fälle von Gelddiebstählen bekannt; beide waren
von Kindern verübt, die „in Ansehung ihrer Jugend" mit einer kleinen Geld-
strafe davonkamen. Der gestohlene Betrag war beide Male gering. St. G. B. G.,
Cod. 45 ex 1661. — Ob nur entwendetes Geld, ob nicht überhaupt jedes ge-
stohlene Gut der Konfiskation verfiel, ist in den Amtsrechnungen nicht ersichtlich.
2) Geschwärzt wurden hauptsächlich Rinder, auch Pferde, Wein, Eisen.
Die Scharflinger Klause, wo ein Wachthaus an der Mondseer Grenze stand, dann
die Hauptmaut Litzlwand bei Lueg, endlich das Wachthaus am Aigen an der
Jschler Grenze waren die drei Punkte, die von den Schmugglern umgangen
werden mußten.
o) Von den durch Konfiskation und Verkauf geschmuggelter fünf Kühe ein-
gegangenen 76 fl. erhielt (1743) der Gerichtsdiener, der den Schwindel aufgedeckt,
v. Frisch, Kulturgeschichtl. Bilder dom Abersee. 3
34
Über die Zustände in den Zünften erfahren wir im Strafregister
auch ein weniges. Wer einem Handwerker, der außerhalb der Zunft
steht, Arbeit gibt, ist mit einem Drittel Gerichtswandel (1 st. 6 ß) zu
strafen?) Die Müller, die Metzger, die Bäcker, die Wirtsleute usw.
standen unter der Aufsicht des Pflegers, der zu kontrollieren hatte, ob
Maße und Gewichte überall stimmten, ob die Bäcker etwa zu kleines
oder gar schlechtes Brot buken, auch ob die Metzger nicht zu hohe
Preise machten. Gerieten einem die Bratwürste nicht nach der vor-
geschriebenen Größe, so wurde er auch gestraft?) Die Mühlcnbeschan,
die der Pfleger in Begleitung des Miihlgrafen und des Amtmannes
vornahm?) dauerte drei Tage. Sie war auch, was die Strafgelder
anbelangt, recht ergiebig?) Die Hälfte davon mußte an das Hof-
gericht, von dem der Befehl zur Beschau ausging, abgeführt werden,
der Rest an die Hofkammer. Von der Schiffordnung wird, da sie oft
Anlaß zu Streitigkeiten mit den Wolfgangern gab, weiter unten die
Rede sein.
Unter den Visitationsreisen, die der Pstcgbehörde oblagen, ist
auch die zur Feuerbeschau zu nennen, wobei die Wohnungen auf
ihre Fenersicherheit zu untersuchen waren?) Auch hier wurde mit
Strafen nicht gespart, und kam einmal irgendwo aus Unvorsichtigkeit
Feuer aus, so hatte der Betroffene neben dem Brandschaden noch eine
empfindliche Buße zu leiden. Da war es noch ein Glück, daß man
diese Art von Verbrechen (seit 1670) nur mit Hofgerichtsstrafen ahndete.
So wurde doch, da der Pfleger keinen finanziellen Vorteil mehr dabei
38 fl., 19 fl. der Pfleger und ebensoviel die Amtskasse. — Von dem Ertrag eines
aufgekommenen Pferdeschmuggels fiel (im gleichen Jahre) je ein Drittel (10 fl.
von 30 fl.) den drei Genannten zu. St. G. B. G., Cod. 116. — Ebenso wurde
es (1706) gehalten, als vier Brotträger 81 Laib Brot von Mondsee herüber-
brachten. Das Brot wurde verkauft und der Erlös verteilt. Ebenda, Cod. 78.
0 Ebenda, Cod. 17 ex 1627.
2) Ebenda, Cod. 42 ex 1658: „Adam Eißl, Fleischhackher, ist gestrafft,
daß er Pratwirst zu khlain gemacht per 1 fl. 4 ß.“
3) Die Deputate betrugen: für den Pfleger 7 fl. 30 kr., für den Mühl-
grafen 3 fl. und für den Amtmann 1 fl. 30 kr. Ebenda, Cod. 136.
4) 1695 wurden bei solcher Gelegenheit 13 Müller mit 30 fl. 4 ß bestraft.
Ebenda, Cod. 69.
6) Fand der visitierende Gerichtsschreiber in einem Hanse z. B. Späne ans
dem Ofen, oder traf er einen Knecht beim Holzklieben mit der Pfeife inr Munde,
so war das schon Grund zu gerichtlicher Verfolgung.
35
haben konnte, meistens eine Gefängnisstrafe statt der Geldstrafe ver-
hängt. i)
Bei anderen Gerichten des Erzstifts wurde neben der ordent-
lichen Geldstrafe auch ein sogenannter „Nachwandl" eingehoben,
und zwar 4 bis 6 Kreuzer von jedem Gulden, im Hüttensteiner Gericht
aber bestand diese Einrichtung nicht. Der Talgauer Urbaramtmann
Heinrich von Dachsperg versuchte wohl (1545) den Nachwandl für
die Urbarsuntertanen auch hier einzuführen, Erzbischof Ernst aber
schaffte ihn auf Bitten der Hüttensteiner sofort wieder ab. 1614 entstand
bei einer Wiederholung dieses Versuches ein förmlicher Aufruhr. Die
Wirtin im Lueg hatte zur Fastenzeit sich beim Fleischessen betreten
lassen und mußte dafür mit 10 fl. biißen. Der Gerichtsdiener, der
das Verbrechen aufgedeckt hatte, erhob Anspruch auf einen Gulden
Nachwandl. Der Pfleger befürwortete seine Forderung in Salzburg,
da er von der Existenz des landesfürstlichen Rezesses betreffend die
Abschaffung des Nachwandls angeblich nichts wußte. Eine Abschrift
dieses Rezesses war, im Zechschrein verschlossen, in der Kirche von
St. Gilgen sorgsam aufbewahrt. Eine Schar von aufgeregten Männern
unter Führung des trotz seiner 80 Jahre überaus hitzigen Michael
Eisl holte den Pfarrer, der den Schlüssel zum Schrein hatte, in die
Kirche, ließ sich das Schriftstück von ihm ausliefern und eilte damit
auf das Pfleggericht, wo man den Pfleger zwang, den Rezeß vor-
zulesen. Die Einführung des Nachwandls ist auch diesmal hinter-
trieben worden?) Die Anstifter des Aufruhrs aber mußten ins Ge-
0 Es bedurfte jedoch mehrmaliger Erinnerung Vonseite der Hofkammer,
bis sich der Pfleger daran gewöhnte, die Berichte nunmehr an das Hofgericht
statt an die Kammer zu machen. Die Pfleger von Hüttenstein litten oft an einer
gewissen Schwerhörigkeit, wenn drinnen in Salzburg etwas zu ihrem Nachteil
beschlossen wurde. St. G. B. G., Cod. 53. — Die Bestrafung eines Mannes
(mit 1 fl.) dafür, daß er „mit Unfleiß sein Haar in der Pürlstnben <Obstdörr-
ofen) angezindt", geschah noch in der Zeit, da der Pfleger den dritten Teil der
Feuerstrafen für sich behielt (1626). Ebenda, Cod. 16.
2) Hofkammerakten Hüttenst. 1546, Lit. B Nr. 5 und Hofrat Hüttenst. Nr. 9,
wo eine Abschrift des Rezesses vom 1. August 1545 beiliegt, darin auch die Rechte
des Talgauer Urbaramtmannes den Hüttensteinern gegenüber (in Übergabs- und
Erbschaftssachen) geregelt wird. Der Talgauer Urbarrichter hatte nämlich den
Artikel über das Amtmannsrecht bei Übergaben zu seinem Vorteil falsch ver-
standen, indem er die 8 kr., die er dabei einzunehmen hatte, im einzelnen Falle
nicht von einem, sondern von jedem der Erben einhob, wozu er nicht be-
rechtigt war.
3*
36
Asylrecht
der Kirche.
Sicherheits-
polizei.
fängnis wandern, denn es stand geschrieben, daß „Rottierungen wider
einen Pfleger durchaus und ernstlich abgeschafft seien".*)
Wir müssen hier auch mit einem Worte des Asylrechts gedenken,
das die Kirche genoß. Aus dem Jahr 1736 haben wir ein Beispiel
— das einzige — überliefert. Damals saß ein Weib wegen Dieb-
stahls im Gefängnis von St. Gilgen. Es befreite sich mit Gewalt
von den Fesseln und floh in die Kirche. Als der Pfleger davon erfuhr,
schickte er an das Hofgericht nach Salzburg einen reitenden Boten, der
noch in der Nacht den Befehl zurückbrachte, die Kirche mit Wachen
einzuschließen. Zwölf Tage und Nächte lang lagen 30 Mann unter
dem Kommando eines eigens von Salzburg dazu befehligten Führers
vor dem Gotteshaus. Diese Belagerung kostete gegen 50 ft. und blieb
ohne Erfolg. Nach sieben Wochen entwischte die Diebin aus der Kirche
und die ausgesandten Häscher hatten das Nachsehen?)
Das Streifen auf „garttierende" (d. h. herumstreichende entlassene)
Landsknechte, Zigeliner und anderes Gesindel erforderte namentlich in
den Zeiten des Dreißigjährigen Krieges einen regclinäßig eingerichteten
Grenzdienst. Die Mannschaft wurde aus den wehrfähigen Gerichts-
untertanen genonunen. Manchmal schickte Salzburg obendrein Sol-
daten?) Das Streiskorps, ca. 50 Mann stark, befehligte der Pfleger.
Nach den „Zehrungskosten" zu schließen, die der Hofkammer präsentiert
wurden, lag diese kleine Armada mehr in den Wirtshäusern herum
als auf der Grenzwacht. Von sonstigen Leistungen hört man nichts,
was zum Teile wohl darin seinen Grund haben nmg, daß man
„Extract auß der Declaration oder Erbitterung, so die Herrn Com-
missarii an der einantworttung und fürstellung hinderlassen" vom 15. Mai 1611,
dem Tage des Dienstantrittes Thomas Reherzhaimers. Jeder Pfleger wurde
bei seiner Einantwortung von zwei delegierten Kommissären seinen künftigen
Untertanen gewissermaßen vorgestellt. Dabei wurde vor dem versammelten Volk
eine Deklaration verlesen, darin die Pflichten des Pflegers und der Unter-
tanen in ihrem gegenseitigen Verhältnis aufgezählt waren. Eine Abschrift davon
erhielt der Pfleger, eine zweite wurde in den Zechschrein gelegt, damit die
Untertanen sich dort jederzeit Auskunft holen konnten. Hofr. Hüttenst. Nr. 9.
Arch. Salzb.
2) St. G. B. G., Cod. 109.
3) Bei einer Streifung im Jahre 1681 wirkten 23 Mann „bewehrte Mus-
qnetirer des Landtvolkhs", 2 „Landtspusaten" und 16 Schützen aus dem Hütten-
steiner Gericht, ferner aus Salzburg 1 Korporal und 6 Musketiere mit. Pro-
tokoll vom 28. Dez. 1681. Hofr. Hüttenst. Nr. 26. Arch. Salzb.
37
das ettosttt aufgegriffene Gesindel ohne weiters über die Grenze be-
förderte?)
Bei diesen Streifzügen war es Pflicht des Pflegers, auch auf
„sektische Personen" zu spähen, nämlich Protestanten, die in den Atter-
gau und ins Salzkammergut zum Empfang des Abendmahls heimlich
anszogen. Es gab deren im Hüttensteinischen sicher nicht viele?)
Gefangen wurde kein einziger. Der Ketzerei verdächtig waren (nicht
ganz mit Unrecht) die an den Grenzen ansässigen und daher mit Öster-
reich in Berührung stehenden Bauern am Aigen, ja sogar der dom-
kapitlische Urbaramtmann in Strobls hat sich, wenn wir dem Herrn
Pankratius Harsch, 1562 Vikar zu St. Gilgen, Glauben schenken
dürfen, durch sein Ausbleiben von der österlichen Kommunion als
ketzerisch erwiesen. Die Strafe folgte auf dem Fuß, indem ihm ein
„gemeines Schießen", das er in seiner Taferne veranstalten wollte,
„von wegen der Paurn und anderer Unzucht halber, so darauß ent-
springt", von der Pflegbehörde abgestellt wurde?)
Weit ernstere Dinge trugen sich etliche Jahre später in der
Burgau zu. Dort saßen auf den sogenannten Lasserischen Gütern
einige Holden, die aus ihrem evangelischen Glauben kein Hehl machten.
Da die Bnrgau in Steuersachen zwar dem Urbaramt Mondsee uuter-
? Dies geschah jedoch erst, als das herumstreichende Volk mit der Zeit
bedenklich überhand nahm. Ein Mandat des Erzbischofs Marx Sittich vom
4. Juni 1614 (also vor dem Kriege) schreibt noch ein umständliches Verfahren
mit dem aufgegriffenen Gesindel vor. Man soll, heißt es dort, diese Leute in
Verhaft bringen, sie mit der Tortur ausfragen und die Aussagen an das Hof-
gericht berichten, das dann entweder die mildere Form, das Aushauen mit Ruten
und Landesverweisung, oder die Strafe an Leib und Leben verfügt. Hofrat
Hüttenst. Nr. 13. Arch. Salzb.
2) Doch kam es vor, daß aus dem Gebirge Protestanten scharenweise durch
das Hüttensteiner Gericht dem Attersee zuwanderten, um draußen eine evangelische
Predigt zu hören und das Abendmahl zu empfangen. Pfleger Trägenreiter be-
richtet über einen solchen Fall (ddo. 4. März 1566) an den Erzbischof nach Salz-
burg. Da waren 157 Evangelische von Golling her durch sein Gericht nach Wehr
hinausgezogen. Hofkammer Hüttenst. 1566, Lit. B. Arch. Salzb.
3) Er hieß Hans Strobl. Von dieser Familie, die Jahrhunderte lang
dort unten „am Schober" das Wirtsgeschäft betrieb, hat die Ortschaft den Namen.
4) Bericht des Pflegers Wolfg. Kirchpichler an den Erzbischof. Undatiert
(1562). Hofkammer Hüttenst., 1562, Bit. A. — Jene Strobler, die ins Jschlland
hinausheiraten wollten, mußten dem St. Gilgener Pfarrvikar eine Bestätigung
bringen, daß ihre Verlobten draußen katholisch seien. Sonst wurde ihnen vom
Pfleger die Erlaubnis zur Auswanderung verweigert. Hofrat Hüttenst. Nr. 7.
Pro-
testantismus
38
stellt war, gerichtlich jedoch zu Hüttenstein gehörte, so war es Pflicht
des Hüttensteiner Pflegers, sich um die Vorgänge dort zu kümmern.
Im Frühjahr 1616 ging Thomas Reherzhaimer daran, die Burgauer
katholisch zu machen. Gestützt auf einen Befehl des Erzbischofs, ließ
er die Verdächtigen zu sich nach Hüttenstein bescheiden, stellte sie vor
die Wahl, entweder sich zur katholischen Kirche zu bekennen, oder nach
Verkauf ihrer Güter und Zahlung des Abznggeldes binnen drei Mo-
naten auszuwandern. Am 21. März konnte der Pfleger an den Erz-
bischof Marx Sittich berichten/) daß sich alle gefügt bis auf einen, den
Christoph Holzberger, der sich beharrlich weigerte, vor Gericht zu er-
scheinen. Da entschloß sich Reherzhaimer zu einer Gewalttat. In der
Nacht zum 16. Mai wurde Holzberger von einer bewaffneten Schar
auf seinem Hof überfallen und gefesselt nach Hüttenstein geschleppt.
Dort eröffnete ihm der Pfleger, daß er ihn so lange im Gefängnis
werde schmachten lassen, bis er sich bereit erklärt, seine Güter zu ver-
kaufen, die Abzugsteuer zu zahlen und die seinetwegen entstandenen
Gerichtskosten zu ersetzen. Als die Lasserischen Grundherren Ludwig
Althamber zu Thraunegg und Hans Händl zu Pettenbach hörten, was
ihrem Holden widerfahren, schrieben sie an den Erzbischof einen Brief,
worin sie sich mit scharfen Worten gegen den gewalttätigen Überfall
als einen rechtswidrigen Eingriff in eine fremde Grundherrschaft ver-
wahrten und sich nicht scheuten zu bemerken, daß selbst der Kaiser in
dergleichen Fällen init seinen Untertanen sanfter verfahre; dieser nächt-
liche Einbruch könne unmöglich des Erzbischofs Befehl gewesen sein,
daher erwarten sie in nächster Zeit die Freilassung des Gefangenen.
Die Antwort des Hofgerichts fiel grob aus: Wie sich die Herren
unterstehen könnten, dem Fürsten von Salzburg vorzuschreiben, was er
tun solle? Ihr Protest sei null und nichtig. Überdies würden sie
solchen Unfugs halber sich noch zu verantworten haben?) Inzwischen
war der Holzberger, nachdem er zwei Bürgen gestellt, der Haft ent-
ledigt worden. Da er trotz wiederholter Mahnung fest geblieben war
und „den katholischen Gehorsam durchaus abgeschlagen hatte", mußte
er das Land verlassen?) Die Absicht der Lasserischen Erben, das
') Hofrat Hüttenst. Nr. 10.
2) Konzept des Schreibens ddo. 8. Juni 1616.
3) Sein Gut verkaufte er für 200 fl. Von den 115 fl., die ihm nach
Zahlung aller Schulden blieben, nahm ihm das Gericht noch 11 fl. Freigeld ab.
St. G. B. G., Cod. 7 ex 1616.
39
freigewordene Gut mit anderen ihrer Eigenleute zu besetzen, wurde von
Salzburg aus durchkreuzt. Reherzhaimer hatte gemessenen Befehl, den
beiden Grnndherren in der Burgau gut katholische Untertanen aus
dein Hüttensteiner Gericht für diesen Hof „beschaidentlich" vorzu-
schlagen?) Daß es nötigenfalls auch mit Nachdruck geschah, deß
können wir sicher sein. Ein Jahr später hat man die Grenzorte nach
verdächtigen Büchern durchstöbert, auch wirklich solche gefunden und
alle Spuren der Ketzerei nach Möglichkeit vertilgt. Dann war Ruhe.
Und als es 100 Jahre darnach (1731) zur großen Protestantenaus-
treibung kam und auch beim St. Gilgener Pfleghaus die Tafel auf-
gerichtet wurde, daran das berüchtigte Emigratiouspatent genagelt umr,* 2)
da scheint es hier niemanden gegeben zu haben, den es angegangen
wäre. Das Frei- und Abzuggeld war in diesem Jahre eben wegen
der evangelischen Auswanderung abgeschafft worden, und so können
wir nur aus den übrigen Posten der Amtsverrechnuug, die keine
wesentliche Schwankung aufweisen, den Schluß ziehen, daß der Hütten-
steiner Gau von dem namenlosen Elend, das dieses Unglücksjahr über
andere Teile des Landes gebracht, verschont geblieben ist.
Es ist überhaupt eine merkwürdige Erscheinung, wie das Pfleg-
gericht Hüttenstein von den mannigfachen Wirren, die das Luthertum
und die damit verknüpfte wirtschaftliche Revolution an seinen Grenzen
angestiftet hatte, förmlich unberührt blieb. Die Bauernaufstände im
Mondseerischen und im Salzkammergut, die Vorstöße salzburgischer
Rebellen in die Abtenau und das Talgauer Land, sie schlossen einen
Kreis der Empörung um den Hüttensteiner Gau, dessen Bewohner sich
so still verhielten, als ginge sie die Sache gar nichts an. Es diirfte
weniger dem phlegmatischen Naturell, das ja auch den aufrührerischen
Nachbarn eigen war, auch nicht etwa der Zufriedenheit mit den eigenen
Verhältnissen, die faktisch nicht bestand, zuzuschreiben sein, daß es so
war, sondern eher der Umsicht und Tatkraft der Pfleger, die auf die
Sicherung der Grenzen ihre ganze Aufmerksamkeit verwandten.
Wir wollen die Vorgänge in der Nachbarschaft in ihrer zeit-
lichen Reihenfolge in Kürze schildern.
Der Bauernkrieg von 1525, der den Reigen der Aufstände hier
eröffnet, hatte seine Hauptursache in den unerträglichen Steuer-
3 Das Hofgericht an Reherzhaimer, ddo. 21. Juni 1616.
2) St. G. B. G., Cod. 104.
Bauern-
aufstände.
40
beschwerungen, die auf den Bauern lasteten?) Die Rebellion nahm
im Gebirg ihren Anfang und wälzte sich wie eine Sturmflut ins
flache Land hinaus. Ende Mai standen die Bauern in Mondsee und
sogar in St. Wolfgang, hart an der Hüttensteinischen Grenze. Mond-
see war vollständig in ihrer Gewalt und die Klosteruntertanen, auch
die im Wolfgangland, schworen zum Bauernbund und verweigerten
ihrer Obrigkeit die Steuern. Der Abt von Mondsee, hilflos wie er
war, vermochte nur durch Zahlung von 700 st. an die Aufrührer
und das Versprechen, ihnen mit allen Mitteln Vorschub zu leisten,
sein Gotteshaus vor der Plünderung zu bewahren?) Ähnlich erging
es dem Pfarrer von St. Wolfgang, der seiner eigenen Bürgerschaft
eine Geldsumme „zum gemeinen Nutz", d. h. für die Zwecke des
Bauernbundes opfern mußte?) Als dann im August das Blatt sich
wendete und das schwäbische Bundesheer unter Frundsbergs Führung
die von den Rebellen besetzte Stadt Salzburg bedrängte, da kan: ein
Eilbote nach dem andern zu den Bauern nach Mondsee und Wolfgang,
stürmisch ihren Zuzug begehrend. Inzwischen hatten aber die auf-
ständischen Ländler bereits am 30. Juli bei dem Exekutionsheer, das
eben von Wels aus losmarschieren sollte, den Frieden gesucht. Darum
blieb die Aufforderung der Salzburger unbeachtet. War die Gefahr
für Hüttenstein in diesem Jahre von österreichischer Seite abgewendet,
so kam sie im nächsten Jahr von der anderen, der salzburgischen.
Bis in die Faistenau, zum Hintersee und zum Fuschlsee drangen die
Bauern vor, während ein Teil des schwäbischen Bundeskontingents
vereinigt mit salzburgischen Truppen unter dem Kommando Burkards
von Ems vergeblich sie aufzuhalten versuchte. Der von Ems zog,
nachdem er sich in der Abtenau eine Niederlage geholt, über St. Gilgen
und Ischl in die Steiermark, um von dort nach Radstadt zu gelangen.
Unterdessen war Talgau den: Ansturm der Bauern völlig preisgegeben.
Mit Miihe brachte man dort 300 Untertanen aus der Ulugebung
unter die Waffen, mußte aber die schlimme Erfahrung machen, daß sie
insgesamt zu den Rebellen übergingen?) Wieder lag das Land den
x) Köchl, Die Bauernkriege im Erzstift Salzburg.
2) Czerny, Der erste Bauernaufstand in Ob.-Österr. 1525, S. 140.
3) Es waren 26 Pfd. Pfennige, deren Empfang die Bürger- und Land-
schaft zu St. Wolfgang am 19. Juli 1525 schriftlich bestätigte. Czerny, I. c.
4) Erzbischof Matthäus Lang an Burkard von Ems, ddo. Salzburg
15. Mai 1526. Abgedr. in der Zeitschr. d. histor. Vereins s. Schwaben u. Neuburg X.
41
Bauern offen, Mondfee war neuerlich bedroht, als die Aufrührer ganz
unvermutet und Plötzlich Kehrt machten, um sengend und plündernd
dirrch die Faistenau nach Kuchl zu ziehen. Sie sind nimmer wieder-
gekommen.
Die evangelische Bewegung war damit nicht zum Stillstand ge-
kommen. Mit Besorgnis nahm die geistliche Obrigkeit wahr, welche
Lässigkeit bei Beobachtung der kirchlichen Gebote einriß, wie die Bauern
haufenweise in die österreichischen Ortschaften, nach Ischl, Ausfee,
Schladmiug, Uuterach hinauszogen, das Abendmahl unter beiden Ge-
stalten dort zu empfangen. Selbst aus dem Mondseer Kloster traten
Mönche aus/) um offen zum Luthertum überzugehen. Auf dem
Trienter Konzil forderten (1562) mit den anderen Deutschen auch
Salzburgs Abgesandte die Gestattung des Kelches in der Hoffnung,
mit diesem Zugeständnis das abtrünnige Volk zum Gehorsam zurück-
zuführen. Der Versuch scheiterte an dem Widerstand der Spanier
und Italiener. Ein scharfes Mandat des Erzbischofs Johann Jakob
(1582)/) dem (1588) ein gleiches von Wolf Dietrich ^) erlassenes
folgte, hatte nicht die erwartete Wirkung. In den Jahren 1595 bis
1597 gürte es wieder im Wildenegger Gericht, dessen Pfleger zu
jener Zeit selbst evangelisch waren. Mondsee wurde auf die Hilferufe
des Prälaten von kaiserlichen Truppen gerettet, aber der Befehl Ru-
dolfs II., alle Protestanten aus dem Land ob der Enns auszuweisen,
erwies sich als undurchführbar, denn nicht nur das Volk, auch die
oberösterreichischen Stände waren fast durchwegs Lutheraner.
Über den Aufstand der Salinenarbeiter in: österreichischen Salz-
kainmergut am Beginn des 17. Jahrhunderts sind wir zum Teil
durch die Berichte des Pflegers Mitterstainer an den Erzbischof, worin
er die jeweilige Lage an der Hüttensteiner Grenze und die Vorgänge
im Jschllande darlegt, ziemlich gut unterrichtet?) Die fünf Ortschaften
Ischl, Lauffen, Gosau, Goisern und Hallstatt hatten sich, als die kaiser-
lichen Patente über die Ausweisung der Protestanten im Laude kund-
Schmid, 4. Jahrg., 1. Heft, S. 99.
2) Abgedr. bei Zauner, Chronik, 5. Bd., S. 429 ff.
3) Zauner-Gärtner, Neue Chronik, 1. Bd., S. 19 ff.
9 Die Originalakten im Reg.-Archiv zu Salzburg; von Scheichl, Auf-
stand der protestantischen Salzarbeiter und Bauern im Salzkammergut 1601. und
1602, benützt.
42
gemacht wurden (Juli 1601), unter Führung des Jschlers Joachim
Schwärzt erhoben. Der Gmundener Salzamtmann wußte dem Statt-
halter in Oberösterreich, Erzherzog Matthias, keinen besseren Rat, als
die Hilfe Salzburgs anzurufen. Wolf Dietrich konnte zunächst nichts
tun. Seine Soldaten kämpften in Ungarn gegen die Türken. Die
Verlegenheit der katholischen Obrigkeiten war groß. Daniit war den
Rebellen der Mut noch gestiegen. Eine Gesandtschaft kaiserlicher Kom-
missäre, die zur Verlesung eines neuen Mandats — irgend etwas
mußte ja doch geschehen — nach Ischl kam, wurde stolz und sehr
energisch abgewiesen. Das Gerücht, das unter den Salzarbeitern um-
ging, ein Reichstag hätte die Duldung der Protestanten beschlossen,
machte sie vollends sicher. Die katholischen Seelsorger waren verjagt
und evangelische Prädikanten wieder ins Land gekommen. Der Psteger
Mitterstainer zu Hüttenstein und auch der Prälat von Mondsee (für
das gefährdete Wolfgangland) hatten eine strenge Grenzsperre verfügt.
Jede Auswanderung in die aufständischen Orte war verboten und wehe
dem, der etwa daheim einem Jschler Unterschlupf gewähren wollte. —
Das Jahr 1601 war zu Ende gegangen und das neue fand die
Rebellen nicht mehr einig. Eine starke Friedenspartei hatte sich ge-
bildet und die Zeit war gekommen, da Erzbischof Wolf Dietrich seine
Vermittlung beginnen konnte. Zunächst schickte er den Hüttensteiner
Pfleger nach Ischl. Der fand, daß die Jschler bereits selbst nicht
mehr wußten, was sie wollten, und riet ihnen, einen Ausschuß zu
wählen, der unter freiem Geleite nach Salzburg reisen sollte. Die
Jschler gingen in die Falle.
Als die Abgesandten nach Salzburg kamen, wurden einige von
ihnen, darunter ihr Führer Schwärzt, ohne weiters auf der Festung
Hohensalzburg eingekerkert. Im Februar ging ein Aufgebot des Erz-
bischofs an 19 Psteggerichte zur Stellung von je 30 gerüsteten Mannen
nach Salzburg. Hüttenstein, dessen wehrhaftes Volk ohnehin an der
Grenze stand, war nicht unter ihnen. Am 21. ward Musterung
gehalten. 200 Reiter, 500 Knechte und 500 Bauern waren unter
dem Befehl Hans Kaspar's von Stadion versammelt. Am 22. brach
man aus und gelangte über Hof und St. Gilgen am 23. Februar
an die Grenze nach Strobl. Beim ersten Zusammenstoß stoben die
Rebellen auseinander. Damit war die kriegerische Arbeit getan. Was
dann geschah, war des Henkers Arbeit. Den Schwärz! selbst haben
die Jschler nicht mehr gesehen. Er wurde von den Salzburgern nach
43
Linz ausgeliefert und dort geköpft?) In kurzer Zeit war das Salz-
kammergut — wenigstens äußerlich — wieder katholisch.
Der Fadinger-Aufstand von 1626 fand keine Begeisterung mehr,
weder im Salzkammergut noch im Wildeneggischen. Ein beabsichtigter
Einfall der in St. Georgen versammelten Bauern nach St. Wolfgang
unterblieb wegen der Schwierigkeit, dorthin zu gelangen?) Ihre Auf-
forderung zur Hilfeleistung war auch bei den Mvndseern unbeachtet
geblieben. Weit größer war die Gefahr der Weiterverbreitung von
Gmunden ans ins innere Salzkammergut. Dort hatte man aber, tvie
gesagt, keine Lust, die vor 25 Jahren gemachten Erfahrungen ein
zweites Mal durchzukosten, wenn auch die Neigung zum evangelischen
Glauben noch keineswegs erloschen war. Der Salzamtmann von
Gmunden, Georg Prugglacher, hatte wohl kein Verdienst daran, daß
feine Leute ruhig blieben. Er brachte seine Sachen beizeiten in Sicher-
heit, und zwar unter salzburgischen Schutz, nach St. Gilgen. Von
hier, später von Strobl aus leitete er die Gmundener Amtsgeschäfte
so gut es eben ging. Als es gelungen war, den Jschler Riglsperger,
einen gefährlichen Aufwiegler, zu verhaften, ging Prugglacher nach
Ischl und begann nun die Verteidigung der Gebirgspässe im Wilden-
steinischen einzurichten. Er ritt von Ort zu Ort, die katholischen
Männer zu ihrer Pflicht aufzurufen. Aber nur wenige sind ihm
gefolgt. Hingegen schickte St. Wolfgang 50 mit Musketen ausgerüstete
Bürger?) Mit diesen Leuten und 320 Mann kaiserlicher Hilfstruppen
sperrte er die Pässe in Weißenbach und Ebcnsee. Die Wolfganger
Mannschaft beteiligte sich überdies beim Einsangen des Bauernführers
Hämel. Als Belohnung für ihr wackeres Verhalten verlieh Kurfürst
Maximilian von Bayern dem Markt die Freiheit von jeglicher Ein-
quartierung und sonstigen Kriegslasten? Das salzburgische Gebiet ist
weder diesmal noch in späteren Jahren (1632, 1648, 1662) an den
oberösterreichischen Unruhen beteiligt. Hingegen ist Mondsee noch so
manches Mal, besonders 1662, heimgesucht worden. St. Wolfgang
st Zauner-Gärtner, I. o. I, 77ff.
0 Es wäre unmöglich gewesen, ohne salzburgisches Gebiet zu betreten, und
dieses wollte man durchaus vermeiden. Vgl. Stieve, Der oberösterreichische
Bauernaufstand 1626, S. 88 sf.
3) Czerny, Bilder aus der Zeit der Bauernunruhen, S. 116 ff.
4) Die Urkunde, vom 31. Oktober 1626 datiert, ist abgedruckt im Chron.
Lunael., p. 374 ff.
44
Domkapitel.
Kompetenz-
streit.
aber hatte es längst verstanden, seinen Vorteil bei der katholischen
Sache zu suchen. Die „umb ausrottung der Kezerey'' 1592 gegründete
St. Wolfgaugs-Bcuderschaft, deren Mitglieder als ein Zeichen gut
katholischer Gesinnung ein Bildchen des heil. Wolfgang offen an sich
tragen mußten, trieb mit solchen Mitteln eifrig Proselytenmacherei, als
gälte es, die Scharte von 1525 gründlich auszuwetzen.
Das salzburgische Domkapitel besaß von altersher im Hütten-
steinischen ungefähr 28 Urbargüter, die (mit Ausnahme der drei Höfe
in der Schmalnau) alle gegen die österreichische Grenze zu um Strobl
lagen. Die wohlhabendsten Einwohner des Gerichts waren die auf
diesen Gütern gesessenen Urbarsleute des Kapitels. Der reichste im
Land war der Strobl, Besitzer der „fürnembsten" Täfern, Inhaber
von vier Urbargütern mit ausgedehnten Almgründen im Weißenbachtal,
wohlbestallter Amtmann des hochwürdigen Domkapitels. Auf Grund
von alten Verträgen mit dem Erzbischof hatte das Domkapitel auf
seinen Gütern gewisse Befugnisse der Rechtsprechung, die der Urbar-
amtmann im Namen seiner Herrschaft ausübte. Ein Befehl Erzbischof
Wolf Dietrichs aus dem Jahre 15871) räumt ihm das Recht ein,
unter den Kapitelleuten „in persönlichen und hablichen Sprüchen güt-
lich und rechtlich zu handeln und zu richten". Seine Aufgabe war es
demnach, neben der Eiuhebung der Urbarstift, Vormundschafts-, In-
ventars- und dergleichen Sachen, die bei den anderen Untertanen in
die Kompetenz des Pflegers fielen, unter seinen Leuten zu schlichten.
Gegenüber den erzbischöflichen Mandaten aber und den gemeinen
Steuern, kurz allen Landgerichts fachen waren des Domkapitels Unter-
tanen nicht eximiert. In diesen Dingen waren alle in gleicher Weise
dem Pfleger unterworfen. Es scheint aber, daß in einigen wenigen
Fällen der kapitlische Urbarrichter auch die Strafgerichtsbarkeit hatte.
Jedenfalls sind es Vorrechte von geringer Bedeutung, die der dom-
kapitlischen Verwaltung hier zugestanden waren. Bei der gewaltigen
Ausdehnung ihres örtlichen Machtbereichs — den 28 domkapitlischen
Gütern standen nur 48 dein Erzbischof urbarpflichtige gegenüber —
ist es begreiflich, daß die landesfürstliche Gewalt mit Verleihung von
Sonderrechten sparsam umging. Wenn nun aber der kapitlische Urbar-
amtmann im Hochgefühl seiner richterlichen Würde die Grenzen seines
Wirkungskreises überschritt, indem er sich Handlungen anmaßte, die
st Hofrat Hüttenstein Nr. 7 (Kopie).
45
des Landrichters waren, so mußte das zn bösen Irrungen führen, die
dadurch nur schlimmer wurden, daß sich das Domkapitel mit der
ganzen Wucht seines Einflusses für seinen Amtmann einsetzte, dessen
Widersacher, der Pfleger Reherzhaimer, gerade der richtige Mann war,
die landesfürstlichen Rechte gegen kapitlische Anmaßung zu vertreten.
In den Jahren 1614 und 1615, da dieser Streit zum Austrag kam,
hatten die kapitlischen Untertanen böse Zeiten. Da bekamen sie es zn
fiihlen, was es heißt, zweien Herren dienen oder, genauer gesagt, sich
von zwei Obrigkeiten, die ini Kampf miteinander lagen, knranzen zn
lassen. Da hatte der gallige Reherzhaimer Gelegenheit, an den Bauern
sein Mütchen zu kühlen/) und es klingt wie ein Notschrei dieser zur
Verzweiflung getriebenen Menschen, wenn sie in einem Schreiben an
ihre domkapitlische Herrschaft die ungeschliffenen Worte gebrauchen, es
sei unerhört, „daß sich beyde obrigkhaiten mit unns zue schaffen wider-
stehen wollen". Was war der Anlaß dieses Aufruhrs? Eine Kleinig-
keit. Ein kapitlischer Untertan hatte es gewagt, ohne beim Pfleger
um Erlaubnis anzufragen, eine neue Salzzille nach Ischl zu verkaufen.
Da in den oben erwähnten Verträgen die Jurisdiktion in Fragen des
Verkehrs mit Ausländern ausdrücklich für alle Gerichtsuntertanen dem
Pfleger zugesprochen war, so war Reherzhaimer im Recht, wenn er
den Verkäufer des Schiffes dafür, daß er beim kapitlischen Amtmann
Strobl anstatt beim Pfleggericht sich die Bewilligung geholt, zur Ver-
antwortung zog. Denken wir uns in die Lage dieses Schiffbauers:
Vom Pfleger hätte er nie und nimmer die Erlaubnis zum Verkaufe
bekommen, schon darum nicht, weil — mit Reherzhaimers eigenen
Worten2) — ein Verkauf „an dergleichen Khezerischen Ortten (nämlich
Ischl) ein schlechts Exempl wäre". Überdies hatte ihm der Amtmann
Strobl gradheraus verboten, beim Pfleger anzufragen, wie er ihm
auch nachher verbot, auf die an ihn ergangene Vorladung vor Gericht
zu erscheinen. Zu seinem Unglück folgte der Schiffbauer seinem Amt-
mann; er wußte nicht, daß der andere der Stärkere war. Am Weih-
nachtstage ereilte ihn das Verhängnis. Als die Aberseer mit ihren
Schiffen von der Kirche über den See heiniwärts fuhren, da lauerte
der Pfleger in eigener Person — solche Arbeit überließ Reherzhaimer
ungern seinen Schergen — rat Pflegschiff auf sein Opfer, sprang,
r) Er tat, was er konnte, „damit er sein Herz an den Capitlischen nnr
genueg erkhiellen mnge", heißt es in der Kapitulation des Domkapitels (1615).
Reherzhaimer an das Domkapitel cldo. 11, August 1614.
46
Eisen-
Niederlagen.
als der Augenblick gekommen war. in die Zille, darin der Mann
unter dem andern Kirchvolk saß, schlug ihn in Eisen, zerrte ihn in
sein Schiff hinüber und brachte ihn nach St. Gilgen ins Gefängnis?)
Dieses Vorgehen des Pflegers veranlaßte eine Beschwerde der Bauern
beim Donckapitel. Sie enthielt das ganze Sündenregister dieses
Mannes. Reherzhaimer seinerseits blieb die Antwort nicht schuldig.
Was an all den gegenseitigen Vorwürfen Wahres ist, läßt sich schwer
feststellen. Soviel ist sicher, daß das Domkapitel den kürzeren zog.
Der Amtmann Strobl war in seinem Übermut so weit gegangen zu
behaupten, er sei sich selbst Obrigkeit genug und dem Pfleger keinen
Gehorsam schuldig. Dieser vor Zeugen getane Ausspruch trug ihm
eine Vorladung vor das Hofgericht in Salzburg ein. Wie schlecht es
ihm dort erging, ist aus einem Briefe zu ersehen, den er von Salz-
burg aus an den Überreuter von St. Gilgen schrieb. Er lautet:
„An Herrn Wilholbm Erlmosser zeantworden. St. Gilling.
Cito. Cito. Cito. — In sonders g. lieber Wilholbm. Die sachen stet
nit wol. Bit, bu wölkest in der nacht zu dem Pflögcr gen und für
mich biten, daß er den Pricht^) nit zu scharff macht, ich wils umb
inen vergleichen so vil mier von got miglich ist, den es ist ain bot
nmb 3 ur von der Camer umb verern bericht hinauß geschickht worden.
Salzburg in Eilt den 12. Augustij Ao. 615
d. d. w. B.
Hanß Strobl."
Reherzhaimer brachte zwei Tage später selbst diesen Bericht
nach Salzburg. Ob der Strobl darin glimpflich behandelt war, wissen
wir nicht. Da jedoch der Pfleger selbst nicht ganz rein aus dem Handel
herauskam, so hat man, wie es scheint, auch dem Strobl weiter kein
Haar gekrümmt und die Sache auf sich beruhen lassen.
In St. Gilgen sowohl, als auch am Schober (Strobl) bestanden
seit dem 16. Jahrhundert Eisenniederlagen. Das Eisen, das die
>) Zugleich auch seinen Bruder, der des Wilddiebstahls verdächtig war.
Er hatte eine Kuh allzu kunstgerecht geschlachtet. Das ließ vermuten, daß er
das Metzgern, das nicht sein Berus war, bei den „Wildpratschitzeu" gelernt habe!
Zu solchem Wahnsinn verstieg sich der Haß des Pflegers gegen die Kapitlischen.
— Der Mann mußte, da ihm nichts nachgewiesen werden konnte, wieder frei-
gelassen werden.
2) Den Bericht, den Reherzhaimer für das Hofgericht abzufassen hatte.
47
Händler des Landes aus der Steiermark bezogen, wurde von Aussee
über Lanffen auf der Achse nach Strobl gebracht, von hier über den
See nach St. Gilgen und von da wieder mit Wagen weiter nach
Salzburg befördert. Für die Bewachung der Waren auf den Sammel-
plätzen waren die „Niederleger" angestellt. Da zu diesem Amt Kenntnis
des Schreibens und Rechnens, auch eine gewisse geschäftliche Erfahren-
heit nötig war, verlieh man es mit Vorliebe an Wirtslcute. In
St. Gilgen hatten die Kirchpichler/) am Schober die Strobl das
Niederlagsrecht inne. Den Eisenhändlern gegenüber hatten sie sich mit
einem Eid zu verpflichten, deren Eigentum sicher zu verwahren, und
erhielten von ihnen dafür eine nach der Zahl der gelieferten Fuhren
bemessene Besoldung.^ Sie selbst durften (bei Strafe) nicht Eisen-
handel treiben. Solange die Kirchpichler zu St. Gilgen die Maut
innehatten,H deren Einnahmen sie unentgeltlich an die Hofkammer ver-
rechnen mußteil, zahlteil sie keine Abgaben von den Einkünften aus der
Eisenniederlage. Erst nach einem Streit mit ihrem Pächter, der das
Niederlagsrecht (1568) an sich reißen wollte und zu diesein Zwecke
der Hofkamnier in Salzburg allerhaird schöne Versprechungen (Errich-
tung einer geräumigen Eisenhütte am See, Zahlung eines beträcht-
lichen Zinses u. dgl. betreffend) machte, da mußten die Kirchpichlerischen
Erben, um dem Gegner den Rang abzulaufen, sich zur Reichung einer
Steuer bereit erklären. Die alte Baracke ivurde niedergerissen und auf
der Seewiese (in der Nähe des heutigen Bezirksgerichts) eine Eisen-
kammer auf Kosten der Kaufleute errichtet. Jene Fuhren, welche ins
Mondseer Land hinausgingen, brauchten nicht die Maut- und Lager-
stätte von St. Gilgen zu passieren. Sie wurden von Strobl über den
See nach Fürberg und auf der Achse zwischen den Bergen hinaus-
geführt. Die Meldung an das Mautamt war dann Sache des Strobl,
der ebenso wie der Niederleger von St. Gilgen für die ordnungsgemäße
Entrichtung des Zolls durch die Eistnhündler der Behörde gegenüber
verantwortlich war. Im Jahre 1567 errichteten die Wolfganger in
ihrem Markt eine eigene Eiseilniederlage und gedachteil damit den
Hüttensteinern das Geschäft zu verderben. Da verbot der Erzbischof
’) Sie besaßen dazumal das Lueger-Bräu. Ihre Vorfahren waren Frei-
sassen im Talgau. Ein Mitglied der Familie war (um 1560) Pfleger zu
Hüttenstein.
2) In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Protokoll vom 26. März
1566. Hofkammer Hnttenst., Maut Litzlwand, 1568, Int. D, Arch. Salzb.
48
Erzfund
auf dem
Schafberg.
Jagd.
seinen Niederlegern, Eisen von St. Wolfgang anzunehmen, und als
(1574) ein Salzburger Händler eine Lieferung an den Erzherzog
Ferdinand nach Hall in Tirol hatte, da mußte er von seinen eigenen
Leuten die Ware von St. Wolfgang nach Strobl hinüberführen lassen,
wo es dann die Hüttensteiner zur Weiterbeförderung übernahmen?)
Das Geschäft in St. Wolfgang konnte nicht gedeihen, und so ist die
Eisenniederlage noch vor 1580 aufgelöst worden?) Die Kammern von
Strobl und St. Gilgen aber bestanden vor hundert Jahren noch.
Hier müssen wir auch eines Erzfundes gedenken, der 1753 auf
dem Breitenberg (im Hintcrschafberggebiet) gemacht wurde. Ein ge-
wisser Sinnhnber war der Finder. Er brachte 7 Zentner in die
Pfleg Hüttenstein hinunter, von wo das Erz zur Untersuchung in die
Hauptmessinghandlung nach Salzburg geschafft wurde. Auch eine
Kommission ward ausgesandt, die Fundstelle zu beaugenscheinigen?)
Das Ergebnis entsprach jedoch nicht den Erwartungen der Sachver-
ständigen, und so verzichtete man auf eine Ausbeutung des Erzlagers.
Die Jagd in den Hüttensteiner Revieren war (mit Ausnahme des
Grenzbezirks in der Burgan, der im 17. Jahrhundert an die benach-
barten Khevenhüller verpachtet war) dem Landesfürsten vorbehalten
und wurde unter der Aufsicht des Pflegers betrieben. Das erlegte
Wild kam an den Hof-Zehrgaden nach Salzburg. Seine Einlieferung
dorthin geschah auf Kosten der Gemeinde. Wiewohl im Hüttensteini-
schen ziemlich häufig Landgejaider abgehalten wurden, die man zur
Versorgung der Hoftafel und nebstbei zum Vergnügen fürstlicher Gäste,
wohl auch des Landesherrn selbst veranstaltete, scheint doch hier nie-
mals ein Erzbischof sich persönlich daran beteiligt zu haben, wohl aber
im benachbarten Wartenfcls, am Fuschl- und Hintersee, wo die Fürsten
von Salzburg — namentlich Erzbischof Michael (1554 — 1560) und
Johann Jakob (1560—1586), auch Paris (1619—1653) — „altem
gebrauch nach" 4) zu jagen pflegten. Dem Pflegsvcrwalter war zu
') Aus diescni Jahre bewahrt die Bürgerschaft von St. Wolfgang unter
ihren Urkundenschätzen ein „Bürger-Register der Eyssn Niderlag zu sand Wolff-
gang im 74. jar". Damals war Martin Lindauer (wohl der erste und letzte)
Niederleger zu St. Wolfgang.
2) Koch-Kanzler, Ischl, S. 181.
3) St. G. B. G., Oocl. 128 und I3L
4) Der Hofmeister an den Amtsverwalter zu Talgau ciün. Salzburg
22. August 1566: er solle zur bevorstehenden Ankunft des Erzbischofs Bettgcwand
49
seinem eigenen Nutzen die niedere Jagd — das Reißgejaid — an den
Grenzen sogar auch der Abschuß von Hochwild überlassen. Denn lieber
sollte der Pfleger, was er dort an Wechselwild erreichen konnte, für
sich behalten, eh' daß man es dein Nachbarn vergönnte. Dazumal
war es noch weidmännische Regel, daß ein angeschweißtes Stück über
die Grenze verfolgt werden durfte. — Bezüglich des Griesbergs war
(der strittigen Mondseer Grenze wegen) ein Übereinkommen in dem
Sinne getroffen, daß er von keiner Seite gejagt werden dürfe, eine
Abmachung, an die sich der Prälat von Mondsee übrigens nicht kehrte?)
Die Frondienste der Untertanen im Jagdbetrieb warm gar
mannigfaltig. Bei den angesagten Landgejaiden und auch bei den im
kleinen veranstalteten Wolfs- und Saujagden mußten die Bauern
Treiberdienste leisten und nachher das erlegte Wild ins Schloß schaffen.
Auch jedes von einem angestellten Jäger auf der Pirsch zur Strecke
gebrachte Stück hatte der dein Schnßplatz am nächsten ansässige Untertan
zum Jägerhaus zu tragen. Der Hundshafer war eine Abgabe der
Urbarsleute als Futter für die Jagdhunde. „Der Haber wird zu
gutem Mehl gemahlen und für die Hund allein angebrennt, mit nichten
verbacken," heißt es in einer Verordnung des „Jagdbischofs" Johann
Ernst aus dem Jahre 1692?) Aber die Zeit, da man zu Hütten-
stein Jagdhunde hielt, war damals schon vorbei. Manchmal kam der
Befehl, den Hafer an den Hofkasten nach Salzburg zu liefern, dann
wurde er wieder von der Pfleg aus (gewöhnlich an Eisenführer) ver-
kauft und der Erlös fiir die Hofkammer verrechnet?) Die Abholung
des Snlzcnsalzes von der Jägermeisterei in Salzburg war gleichfalls
eine Verpflichtung der Untertanen. Sie teilten sich in diesen Dienst,
indem sie dabei nach Riegeten abwechselten. Über die Jagdverhältnisse
in hiesiger Gegend gibt uns ein Bericht des Oberjügers Erlmoser vom
Jahre 1624 Auskunft?) Er zählte damals in den elf „Trieben" des
St. Gilgener und Hinterster Reviers 48 jagdbare Hirsche und 70 Stück
zum Hintersee schaffen und dort die Bettstellen, Bänke, Tische und Hundströge
ausbessern lassen. Hofkammer Hüttenst. 1566, Lit. F.
*) 1680 kam es deshalb zu einem Streit, von dem später bei der Grenz-
frage die Rede sein wird. Protokoll vom 22. März 1680. Hofr. Hüttenst., Nr. 25.
2) Jmhof, Beiträge zur Geschichte des salzb. Jagdwesens. Mitteil. d.
Ges. f. Salzb. Landesk., Jg. 1886 u. 1887.
3) Z. B. 1697: 72 Metzen ä, 26 kr. an 5 Eisenführer abgegeben. St. G.
B. G., Cod. 71.
4) Der Bericht wörtlich abgedruckt bei Jmhof, I. c.
v. Frisch, Kulturgeschichtl. Bilder vom Abersee.
4
BO
Schmalwildbret. Eine andere Wildgattung wurde nicht gezählt. Air
schädlichem Getier hat es nicht gefehlt. Wölfe gab's (nanlentlich zur
Zeit des Dreißigjährigen Krieges) genug. Die von Jahr zu Jahr
angestellten Wolfsjagden bezeugen es. An Wildschweinen war auch
kein Mangel. Da sie arge Verwüstungen anrichteten, erklärte man sie
(Anfang des 17. Jahrhunderts) zum Freiwild. Seit 1728 sollen sie
in dieser Gegend ausgerottet sein. Bären waren selten, doch ist der
letzte erst nach 1830 auf dem Faistenauer Schafberg geschosseil worden.
Auch von Luchsen hört man voll altersher bis in die neueste Zeit
herauf, doch merkwürdigerweise gar nichts von Füchsen, so daß es fast
den Anschein hat, als bestünde hier in manchen Fällen, zumal der
jüngeren Zeit, eine Begriffsverwirrung.
Die Untertanen hatten der Jagdverwaltung gegenüber keine
Rechte, nur Pflichten. Und diese waren oft schwer genug zu erfüllen.
Ihre Mißachtung wurde strenge bestraft?) Bestimmungen im Land-
recht und in den Mandaten wie die, daß die Zäune im Winter nicht
zu hoch sein dürfen, damit die Hirsche bequem in die Felder gelangen
können, oder daß die Haushunde nur mit angehängten Prügeln frei
herumlaufen dürfen,^) damit sie das Wild nicht behelligen usw., machten
eine verbitterte Stimmung und ließen neben vielen Lumpen auch man-
chen besseren Menschen zum Wilddieb werden. Die Aburteilung der
Wildschützen stand dem Hofgericht zu. Die Strafe war Prangerstehen,
Auspeitschung und ewige Landesverweisung. Die Galeerenstrafe, die
Erzbischof Johann Ernst für Wilddieberei einführte, scheint im Hütten-
steinischen kein Opfer gefunden zu haben. Unerhört streng wurde schon
der Verdacht geahndet, der im heimlichen Besitz einer Waffe, im
müßigen Streifen durch die Wälder u. dgl. entstand?) Ein Mandat
des Erzbischofs Marx Sittich (vom 24. Oktober 1616 4) beklagt es,
daß trotz allen strengen Maßnahmen „dergleichen haillose Seilt» sich
znsamen rotieren, ihr färb im gsicht verkhern und unsern Wildhüctern
*) Ausbleiben bei der Wolfsjagd mit 4 /, beim Landgejaid mit 3 ß bis
zu 1 fl. 4 / bestraft. Bei den Jagden mußten auch Weiber Dienste leisten.
St. G. B. G., Cod. 28 ex 1638.
2) Befehl vom I. 1530. Jmhof, 1. c., S. 449.
3) '„ob punctum suspecti fericidii“ wird 1760 ein Bauernknecht zu
3 Monaten Schanzbuße verurteilt. St. G. B. G., Cod. 133. — Ein anderer hat
sich „in puncto fericidii in gesicht schwarz angestrichener betreten lassen"; Folge:
zweimonatliche Zuchthausstrafe. Ebenda, Cod. 131 ex 1755.
4) Hofr. Hüttenst., Nr. 13.
51
auf das Leben trolich sein". Es wird daher den Untertanen ernstlich
der Rat gegeben, die Obrigkeit im Kampf gegen das Wilderergesindel
zu unterstützen. Sei es doch schon vorgekommen, daß „vor dergleichen
boßhafftigen Leithen auch unsere getreuen Undterthonen vor Einbrich,
Rauberey und gar mord nit gesichert sein". Diese Gleichstellung der
Wildschützen mit genreinen Räubern und Mordbrennern beruht vielleicht
weniger auf gegründeten Tatsachen als auf dem Bestreben des Landes-
fürsten, die Beeinträchtigung seiner Jagd mit allen Mitteln zu ver-
hindern. Der Appell an die Angst vor den Wildschützen hat bei den
Bauern schwerlich die Wirkung gehabt, die er haben sollte.
Die drei landesfürstlichen Jäger in St. Gilgen, in Abersee und
in der Burgau versahen neben dem Jagdschutzdienst auch den Forst-
dienst als Unterwaldmcister, besorgten auch die alljährliche Visitierung
der Fischkülter bei den Urbarfischern am Abersee.') Eine wichtige
Aufgabe war die Überwachung des Viehtriebes von und zu den Almen)3)
auf daß das Wild nicht beunruhigt werde. Für diese Dienste wurden
sie über ihr Gehalt entlohnt. Die Einliefernng eines Wildschützen trug
dem glücklichen Jäger einen Dukaten ein?) Überdies erhielt er, wenn
der Schütz seiner Wohlhabenheit wegen in Geld gebüßt wurde/) davon
den dritten Teil als Deputat. Das zweite Drittel fiel dein Pfleger
zu, das dritte wurde verrechnet. Dabei zahlte die Hofkammer meistens
drauf, denn die Ernährungskosten des Untersuchungshäftlings, die im
Verkehr mit dem Hofgericht erwachsenen Botenlöhne, etwa auch eine
Baderrechnuug für Behandlung eines verwundeten Wilderers ^) waren
manchmal ganz beträchtlich. Hofkammer und Gemeinde hatten diese
Kosten zu gleichen Teilen zu tragen.
Ein kostbarer Besitz des Erzstifts war der Wald. Darum wurde Forstwesen,
ihn: auch ein besonderer Schutz zuteil. Der Hüttensteiner Forst ist,
wie wir bereits wfisen, mit den großen Landschenkungen der Agilol-
finger an die Salzburger Kirche gekommen. Bis in die Zeit, da die
') St. G. B. G., Cod. 83.
2) Speziell im Weißenbachtal. Für diesen Dienst erhielt der Wildhüter
(seit 1653) jährlich 12 fl. Ebenda, C«>d. 37 b.
3) St. G. B. G., Cod. 131.
4) Die Geldbuße allein kam jedoch bei Wilddiebstahl niemals vor; stets
war sie mit einer angemessenen Zuchthausstrafe verbunden.
5) St. G. B. G., Cod. 100 (1727): 12 fl. Baderlohn für Heilung eines
angeschossenen Wildschützen.
4*
52
Erzbischöfe mit der Preisgebung der Aberseewälder an das Jschler
Salzwesen begannen (Anfang des 16. Jahrhunderts), war das Forst-
wesen hier, wie es scheint, weniger auf Gewinn verwaltet und dafür
inehr gepflegt. Im Lande selbst kam das Hüttensteiner Holz vornehm-
lich für das Halleiner Salzbergwerk in Betracht. Es scheint jedoch
dabei nicht sehr in Anspruch genommen worden zn sein. Und and)
sonst hören wir wenig von einer wirtschaftlichen Ausnützung der Wäl-
der?) Die ersten Versuche der kaiserlichen Kammergutsverwaltung,
die Erlaubnis zum Bezug des „Hallholzes" aus dem benachbarten
Hüttensteiu von Salzburg zn erlangen, stießen auf einigen Widerstand,
nicht weil das Holz im Lande selbst gebraucht wurde, sondern weil
es gebraucht werden könnte. Die ersten Verträge sind darum auch in
diesem Sinn auf Widerruf abgeschlossen und tatsächlich auch mehrmals
widerrufen worden?) Das Erzstift befand sich in einer Zwangslage.
Seit ca. 1535 war dem Halleiner Salzhandel das Land Böhmen ver-
sperrt. Als sich Erzbischof Johann Jakob 1579 entschloß, die Hüttcn-
steiner Forste der Jschler Saline wieder zu öffnen, geschah es in der
Erwartung, der Kaiser werde die Sperrung des böhmischen Handels-
weges aufheben. Aber erst Wolf Dietrich gelang ein für Salzburg
günstiges Abkommen mit dem Kaiser. Der Pilsener Vertrag, den
Wolf Dietrich mit Rudolf II. schloßt) überlieferte dem österreichischen
Salzkammergut alle Hüttensteiner Wälder, die Salzburg nicht zum
eigenen Salzwesen oder zum Messingwerk brauchte und die sonst günstig
gelegen waren,H „auf ewige Zeiten", doch mit der Bedingnis, daß der
Vertrag ungültig werden sollte, sobald der freie Verkehr des Halleini-
9 1542 ließ Erzbischof Ernst zu einem vorgenommenen Kreuzzug Karls V.
gegen die Türken auf den: Schafberg und im Wolfgangland, das dazumal in
salzburgischem Pfandbcsitz war, Stämme zum Bau von Proviantschiffen und
Brücken schlagen. Dies geschah jedoch nur mit Rücksicht auf den frommen Zweck,
dem der Erzbischof seine Hilfe nicht versagen konnte. Hofkammer Hüttenst. 1542,
Lit. A.
2) Eine Denkschrift (des Hüttensteiner Pflegers?) von 1519 gibt zn be-
denken, daß eben jetzt „nit an ainem sonnder mcr ortten alda gcpant würdt.
lind sich noch nit anderst erzaigt, als das in khurzcr zeit ein nambhafft Perckh-
werch diß orts anscheinen mechte". Der Verfasser ist für die Belassung des Holzes
an Ischl, aber nur so lange, als im Lande selbst der Bergbau keinen größeren
Aufschwung nimmt.
'>) Am 18. März 1600. Vgl. Zanner-Gärtner, Neue Chronik, l.Bd.,
S. 72 f.
4) Hofrat Hüttenstein Nr. 45.
53
schen Salzes nach Böhmen beeinträchtigt würde?) Die Wälder, die
hier genieint sind, waren nicht toeit von der Jschler Grenze am Weißen-
bach, Zinken-, Schrein- und Königsbach, auf der Pleckwand und dem
Breitenberg gelegen. Der Zinkenbach wurde zun: Triften eingerichtet.
Auf der anderen Seite des Sees kan: dann noch ein Teil der Schaf-
bergforste hinzu. Das dort gewonnene Holz ward durch den Dittl-
bach in dei: See hinaus und mit den: andern die Jschler Ache hinab-
getriftet?) Alljährlich mußte nun der Pfleger, begleitet von seinen
Förstern, die „kaiserliche Waldbeschan" gemeinsam mit den Vertretern
der österreichischen Salinenverwaltung in seinem Bezirk vornehmen.
Oft führten die Triftschüden, unter denen die Anwohner der Bäche arg
zu leiden hatten, zu Mißhelligkeiten. Gemäß den bestehenden Ver-
träge:?) war das Salzanll in Gmunden verpflichtet, nicht nur die
Triftbäche derart instand zu halten, daß ein Schaden nach Mög-
lichkeit verhütet werde, sondern auch jeden Nachteil zu vergüten, den
ein Anrainer durch das Triften etwa erleiden sollte. Das Jschler
Verweseramt kümmerte sich wenig darum. Gelegentlich einer großen
Überschwemmung (1754), wobei die an: Zinkenbach und an der Ischl
ansässigen Bauern un: ihr Hab und Gut kamen, verweigerte der
Gmundener Salzamtmann gradheraus jede Hilfe. Allemal, wenn zwei
Obrigkeiten einander in den Haaren lagen, war der Untertan, für
dessen Recht der Streit geführt wurde, der Gefoppte. So war es
auch diesmal?)
Das Holz, das die Jschler Saline aus den: Mondseer Land
bezog, wurde :nit Salzburgs Erlaubnis zur Winterszeit von Schärfling
auf Schlitten durch die Klause zum Krotensee und von da nach Für-
berg an den Abersee geschafft. Da die Scharflinger Straße in schlechten:
Zustand war, gedachte das österreichische Salzverweseramt (ca. 1760),
sie auf eigene Kosten herzurichten. Die Hüttensteiner Fuhrleute hatten
bei der Jschler Holzdurchfuhr ein schönes Einkommen?) So mußte
5 Tatsächlich ist der Halleiner Salzhandel aus Böhmen wiederum ver-
drängt worden. Aber das Erzstift getraute sich dem Kaiser gegenüber nicht, sein
Recht geltend zu machen, und Österreich blieb für immer im Besitz der Salinen-
wälder. Hofrat Hüttenst. Nr. 65 sx 1794.
2) St. G. B. G. Cod. 107.
3) Rezeß vom 22. September 1603.
4) Hofrat Hüttenst. Nr. 39.
6) 1787—1788 verdienten die Fuhrleute daran 1283 fl. 15 kr. — Hofrat
Hüttenst. Nr. 44.
54
man annehmen, daß Salzburg, wenn zu den Straßenarbeiten obendrein
nur einheimische Arbeiter verwendet werden sollten, auf den Vorschlag
mit Freuden eingehen würde. Dies geschah aber nicht. Die Sorge,
Österreich könnte dieses Unternehmen zu einem Angriff auf die Landes-
hoheit des Erzstifts mißbrauchen, war in Salzburg so mächtig, daß
man sich nicht entschließen konnte, den Vorschlag anzunehmen?)
Die Hüttensteiner Bauern hatten von den schönen Wäldern ihrer
Heimat wenig. Nur ein kleiner Teil war als „Freiwälder" unter
Aufsicht der Obrigkeit den Untertanen zur Nutznießung überlassen.
Jedem Gemeindegenossen war sein Anteil daran zugemessen. Die
„Bannwälder" aber waren ihnen nicht zugänglich. Nur wenigen, die
ein gewisses Vertrauen genossen und das nötige Geld hatten, wurde
auf besonderes Ansuchen ein abgestecktes Waldgebiet als „Holzgläck"
zu Lehen gegeben. Mit dem geschlagenen Holz durfte aber niemals
Handel getrieben werden. Ein halbes Dutzend Forstordnungen, von
verschiedenen Erzbischöfen im Laufe des 16. Jahrhunderts erlassen,
sorgt bis zu den geringsten Einzelheiten für den Schutz des Waldes?)
Selbst das Buschwerk auf den Weiden und Almen3) mußte geschont
werden und wehe dem Bauern, der beim Schwenden über das vor-
geschriebene Maß hinausging?) Neben dem Forstrecht, der Steuer
für den Holzbezug, haben die Waldstrafen5) das Erträgnis der Forst-
wirtschaft in klingender Münze bestritten. Die Waldordnung Erz-
bischof Siegmunds vom Jahre 1755 verbietet das Aufstecken von
Reisigbuschen an den Häusern beim Fronleichnamsfest/) erklärt auch
den alten Brauch des Maibaumsetzens für unerlaubten Unfug — von
da an mögen die Einkünfte an Waldstrafen gestiegen sein; ob dem
heimischen Forstwesen damit geholfen war, ist eine andere Frage.
r) 1785 wurde endlich ein Vertrag geschlossen, der die Durchfuhr von
Schärfling nach Fürberg regelt. Die Straße aber, die Österreich auch für den
Sommer fahrbar machen wollte, mußte in ihrem alten Zustande bleiben. Der
Weg „zwischen den Bergen" war so schmal, daß zwei einander begegnende Wagen
nur an einer Stelle (bei der Egidikapelle) sich ausweichen konnten.
2) Moll, Fortgesetzte Müllenkampfsche Sammlung der Forstordnungen.
Salzburg 1796.
3) Besonders Hagedorn- und Wacholderstauden als Nahrnng des Wildgeflügels.
4) Hofrat Hüttenst. Nr. 3.
5) Seit dem 18. Jahrhundert findet sich in den Amtsraittungen eine eigene
Rubrik für die Waldstrafen.
6) Für jeden Buschen 1 fl. Strafe. Moll, I. c.
Tafel IV.
Zeichnung von Fischbach.
St. wolsgang.
(Mitte des 19. Jahrhunderts.)
Verlag von Alfred Holder, k. u. k. Hof- und Universitätsbuchhändler, Wien und Leipzig.
—.—-——
55
Bei den großen Schenkungen, die im 8. Jahrhundert das Stamm- 8>Mwei-
land des Erzstifts begründeten, war bekanntlich das Fischereirecht auf
den Seen und den Bächen inbegriffen. Der Abersee, der Fuschlsee
und ein halbes Fischrecht vom Mondsee gehörten demnach zu Salz-
burg. Der Fuschlsee, der ertragreichste von allen, die das Erzstift
besaß/) war als „Hofküchensee" gänzlich für die Versorgung der fürst-
lichen Tafel bestimmt. Ein Hoffischer mit seinen Knechten versah dort
den Dienst. Anders war es mit dem Abersee bestellt. Dieser Mar-
als „Erbrechtsee" in abgemessenen Bezirken an eine Anzahl Urbars-
untertanen zu Lehen ausgeteilt. An den Hof gelangte da nur der
jährliche Dienst der Urbarfischer in Gestalt von 450 Pfund Fischen.
Daß die vier angestellten „Fischkeufl" (geschworene^) Beamte, die den
Fischern ihren gesamten über den Fischdienst gemachten Fang abzu-
kaufen hatten) die gekauften Fische zunächst dem Hof anbieten mußten,
hat mit dem Fischdienst nichts zu tun, da sie der Hof dann ebenso
bezahlte wie jeder andere Käufer. Den Fischkeufeln war es nach der
Fischordnungs) gestattet, selbst zu fischen. Ihre Aufgabe bestand vor-
nehmlich in der Überwachung der Urbarfischer und im Ankauf der
Beute. Was der Hof nicht nahm, setzten sie bei den Wirtshäusern im
Hüttensteinischen oder auf dem Fischmarkt in Salzburg nach den vor-
geschriebenen Preisen ab, und zwar nur um 2 kr. (für das Pfund)
teuerer, als die gleichfalls festgesetzte Ankanfssumme betrug. Das Ein-
koinmen der Fischer wie der Fischkeufl war infolge der niedrigen Preise,
die in ihrer starren Gesetzlichkeit ohne Rücksicht ans wechselnde Ver-
hältnisse gleichblieben, im Durchschnitt sehr gering, in schlechten Zeiten
aber gleich Null oder gar darunter. Denn es gab auch Jahre, wo
die Fischer nicht einmal die 450 Pfund Fischdienst aufbringen konnten.
Die Folge war Gesetzesübertretung. Die Fischer verkauften dann
heimlich ihren Fang an andere, meistens ins Ausland, selbstver-
ständlich teuerer als an die Fischkeufl. Die letzteren hinwiederum
klaubten sich aus dem Fang die schönen Stücke heraus, statt alles
0 Noch 1804 lieferte dieser See an Saiblingen 1116a/a Pfund an die
Hofküche ab, beinahe das Doppelte dessen, was der Königsee einbrachte (5991/2
Pfund). Zöllner, Salzb. Fischer- und Seeordnungen. Mitteil. d. Ges. f. Salzb.
Landesk. 1865, S. 80 s.
2) Der Fischkeufl-Eid war in die Hände des Hofmeisters in Salzburg ab-
zulegen. Hofkammer Hnttenst. 1559, Lit. A.
3) Die Fischordnung von 1558 im Anhang (Beil. 3) abgedruckt (S. 95).
II
56
nach dem Gewicht zu kaufen, wie es das Gesetz vorschrieb. Da gab es
oft Streitigkeiten, die in gegenseitigen Anklagen vor der Obrigkeit endeten.
Zu weitaus schlimmeren Irrungen aber führte die Unklarheit in
Sachen der Fischereigerechtigkeit am Abersee zwischen Salzburg und
Mondsee. Damit sind wir bei der leidigen Grenzfrage angelangt,
deren Ursprung in die ältesten Zeiten zurückreicht.
Mondsee machte seine Ansprüche auf einen Teil des Sees auf
Grund der Schenkung Ludwigs des Deutschen (829), die dein Kloster
den unteren Teil vom Dittlbach abwärts verliehen hatte, ohne Rück-
sicht auf den Umstand, daß Salzburg schon seit Herzog Otilos Zeiten
im Besitze des ganzen Sees war. Nach der Übereinkunft, die 849
Erzbischof Liuphramm von Salzburg mit Bischof Erchanfried von
Regensburg, der dazumal über Moudsee verfügte, schloß/) wurde
Mondsee ein Anteil an der Fischerei zugebilligt. Damals war noch
das Frauenstift Nonnberg selbständig im Besitz eines Fischrechts ain
Abersee. Später teilten sich das Erzstift, das Kloster St. Peter und
Mondsee in die Nutznießung des Fischwassers, so zwar, daß das Erz-
stift von den elf Seegen (Bezirken) acht, St. Peter eine und Moudsee
zwei innehatte, nämlich die „Hofseegen" des St. Wolfganger Pfarrers ^)
und die sogenannte „Kuchlerseegen", die im Besitz einer Wolfganger
Bürgerfamilie, der Kuchler, war. Diese beiden Mondseer Seegen
lagen innerhalb des Seidenfadens, d. h. der geraden Linie von der
Mündung des Dittlbaches bis zum Ausfluß der Jschler Ache. Wie
dieser Seidenfaden (er bildet heute noch die Grenze zwischen den Kron-
ländern Oberösterreich und Salzburg) eigentlich entstanden ist, weiß
man nicht. Als Herzog Ludwig von Bayern 1462 die Vogtei von
Wildenegg an das Mondseer Kloster verpfändete, wurden die Grenzen
dieser Herrschaft wieder einmal fixiert. Da das St. Wolfgangland
räumlich von Wildenegg getrennt war, hatte es seine eigene „Grenz-
riegung"?) Und diese weist (in der Urkunde von 1462) folgende
*) UBOE. II, Nr. XI, p. 15. Widmann, I. c. I, 182
2) Sie wird darum auch „Pfarrhofseegen" genannt. Die „Kuchlerseegen"
heißt eigentlich „Bürgerseegen"; außer dem Kuchler, der den Hauptanteil hatte,
waren noch zwei Wolfganger Bürger an diesem Fischrecht beteiligt.
3) Eine Abschrift davon aus dem Jahre 1565 findet sich im Salzburger
Archiv (Hofrat Hüttenst. Nr. 2); im Anhang (Beil. Nr. 4, S. 102) ist sie abge-
druckt. Es ergeben sich in der Schreibung der Ortsnamen mancherlei Unter-
schiede im Vergleich mit dem Druck des Ldrou. Lunael. (p. 238 ff.).
57
Stelle auf: „Und wo der See in die Ach füllt, da soll man schlagen
einen Stecken mitten in die Ach und soll einen Seidenfaden daran
binden mit dem einen Ende; und soll auch mitten in den Dittlbach
einen Stecken schlagen und soll das andere Ende daran binden; und
was der Seidenfaden hierin sagt, gehört in die Herrschaft Wildenegg
und ist von alters her also gehalten worden." Salzburg wollte diese
von Mondsee prätendierte Seidenfadengrenze niemals gelten lassen. Wie
es scheint, auch mit vollem Recht. Als bei einem Streit im Jahre
1662 die Frage abgehandelt wurde, konnte Mondsee zur Begründung
seines vermeintlichen Rechts nur eine Abschrift der betreffenden
Schenkungsurkunde von 829 vorzeigen/) die jedoch etwas ganz anderes
zum Inhalt hat als den Beweis für die Seidenfadengrenze. Hätte
Mondsee selbst die Urkunde von 829 damals noch ernst genommen,
dann hätte es den ganzen unteren See von den Mündungen des
Zinken- und Dittlbaches abwärts fordern müssen, denn davon ist in der
Schenkung König Ludwigs die Rede und nicht vom Seidenfaden. Wie
konnte also Mondsee diese Urkunde als Beleg seiner Ansprüche anführen?
Das Erzstift, das in Grenzfragen so oft den kürzeren zog, hat
endlich auch den Seidenfaden zugeben müssen — und schon fuhren die
Wolfganger Fischer mit ihren Netzen keck darüber hinaus ins „un-
disputierlich" salzburgische Territorium. Die Hüttensteiner Rieglings)
führt die Salzburger Grenze am Seeufer entlang bis zum Aus-
fluß der Ischl, umschreibt also den ganzen See. Infolge seiner
dominierenden Stellung hatte Salzburg mit der Landgerichtsbarkeit
auch die Jurisdiktion über alle Fischer. Bei dem gesetzmäßig all-
jährlich H im Frühling zu St. Gilgen abzuhaltenden Fischrecht, wo der
1) Wir bringen diese Urkunde, die von dem Druck in UBOE. II, p. 12
lediglich in der Lesart einiger Zeugennamen abweicht, im Anhang Beil. Nr. 5
und zwar nach einer Kopie in Hofrat Hüttenst. Nr. 16 (S. 103).
2) Der Pfleger B. Lürzer in Hüttenstein, der in dieser Sache ein Gut-
achten abzugeben hatte, fällt darin über die Schwächen mondseerischer Beweis-
führung grimmig her — wie überhaupt der Kampf auf beiden Seiten in
altererbtem Haß stets mit Heftigkeit geführt wird. — Balthasar Lürzer an das
Hofgericht ddo. 16. Januar 1663. Hofrat Hüttenst. Nr. 16.
3j Nach einer Kopie des 16. Jahrhunderts (Hofrat Hüttenst. Nr. 1) im
Anhang Beil. Nr. 6 (S. 104) abgedruckt. — Die bei Siegel-Tomaschek,
Taidinge, aufgenommene Riegung ist im 18. Jahrhundert geschrieben, also nach
der Grenzregulierung von 1689.
4) In Wirklichkeit aber ganz unregelmäßig.
58
Pfleger (als Fischmeister über den See) die Fischgeräte zu inspizieren,
Mißbräuche abzustellen und Beschwerden entgegenzunehmen hatte,
mußten auch die zwei Wolfganger Seegen vertreten sein. Als der
Streit immer heftiger wurde, blieben die Wolfganger dem Fischrecht
fern; vielleicht weniger aus Mißachtung als des schlechten Gewissens
wegen. Mit dem Hüttensteiner Gerichtsgefängnis wollte keiner nähere
Bekanntschaft machen. Wir können all die Übertretungen der Fisch-
ordnung, die man den Wolfgangern zur Last legte, hier nicht auf-
zählen. Manche sind von Hüttensteiner Seite aus wohl arg über-
trieben worden?) Erwiesen ist nur, daß man sich in St. Wolfgang
tatsächlich und mit einer gewissen Absichtlichkeit wenig um die Gebote
der Fischordnung kümmerte, zum gemeinsamen Schaden aller,^) und
daß man die (selbst erfundenen) Grenzen nicht respektierte. Gemäß der
Fischordnung durften die St. Gilgener Fischer auf dem ganzen See,
also auch innerhalb des Seidenfadens fischen; sie taten es auch jeder-
zeit?) Wenn dann die Wolfganger ihrerseits über den Faden hinaus-
fuhren, so meinten sie nur gleiches mit gleichem zu vergelten. Die
Schuld an solcher Rechtsverwirrung trug vor allen der Abt von
Mondsce und sein Hofrichter, die nicht nur die Wolfganger für jeden
Unfug in Schutz nahmen, sondern auch jede Gelegenheit ausnützten,
Salzburgs Rechte am See zu verkürzen. Der blinde Haß unter den
Fischern tat das übrige. Die Hüttensteiner wußten es, daß die Wolf-
ganger von ihrem Fischfang keine Steuer entrichteten?) War nun
einmal ein schlechtes Jahr, vermochten die Urbarfischer ihren Dienst
*) Die Zeugenaussagen bestätigen es. Bei Verhandlung der Beschwerde
sämtlicher Urbarfischer bei dem Fischrecht 1674, wo man den Wolfgangern vor-
warf, sie wären einem Hüttensteiner in den gestellten Fischzug eingefahren und
hätten ihm dabei 600 Reinanken weggefischt, meldete sich ein einziger Zeuge
und dieser wußte nur zu sagen, daß er, eben bei der Feldarbeit beschäftigt, vom
See herüber ein Geschrei vernommen habe. Die Mär von den gestohlenen 600
Reinanken war — ein Hirngespinst. Und solcher Fälle gab es mehrere.
2) Verwendung der engen Netze, wodurch die Brut der Edelfische zerstört
wurde, Fischen an verbotenen Tagen n. dgl. m.
3) Der Seidenfaden geht die Hüttensteiner Fischer gar nichts an, „indem
die hiesigen Fischer gleichwie vor alters nach den ganzen See auß, khain orth
außgenomen, unverhindert fischen dirffen, hingegen die Wolsganger Fischer nur
an etlichen gewissen orthen neben denen hiesigen zu fischen haben". Pflegsver-
walter B. Lürzer an die Hofkammer, ddo. 6. März 1672, Hofrat Hüttenst. Nr. 1,
4) „Auf dem Abersee sint zwo segens, die auch dinen sollen, aber wie viel.
deß wissen sie nit," heißt es in einer Handschrift des 14. Jahrhunderts. Sie
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nicht aufzubringen und geschah es dann, daß einem in den sorgsam
gestellten Fischzug, ans dessen Erfolg er vielleicht seine letzte Hoffnung
gebaut, der mutwillige Nachbar mit seinem eigenen Zeug hineinfuhr
und alles verdarb, dann hatte der Betrogene zum Schaden auch noch
den Spott, denn der Übeltäter konnte daheim eher auf eine Belobung
als auf Strafe rechnen, und daß er den Häschern von Hüttenstein nicht
in die Hände fiel, dafür sorgte er selbst. Dies nur ein Beispiel?)
Nicht allein den See, auch seine Zuflüsse wollte man dem Erz-
stift streitig machen. Schon um die Mitte des 16. Jahrhunderts
forderte Abt Siegmund von Mondsee das halbe Fischrecht im Dittl-
bach, der die Grenzscheide zwischen beiden Ländern war, für sein
Kloster. Weil die über den Bach führende Brücke einem Überein-
kommen gemäß von beiden Seiten zu erhalten war, glaubte er auch
das Fischrecht als gemeinsam annehmen zu dürfen. Nun waren aber
seit je Zinken- und Dittlbach stets miteinander an einen Pächter
gegen jährliche Reichung eines Lachses im Werte von einem Pfund
Pfennige von der Salzburger Hofmeisterei verpachtet worden^) und
von einem Anrecht Mondsees hatte nie jemand etwas gehört. Doch
ließ der Pfleger als Pächter den Wolfganger Pfarrer in nachbarlicher
Zuvorkommenheit dort fischen. Der Dank dafür war, daß die bloße
Vergünstigung zur Ableitung eines Rechtes herhalten mußte, das
zu verleihen dem Pfleger nicht zustand und der Regierung in Salzburg
gar nicht in den Sinn kam. Das war nicht das einzige Mal, daß
die Gutnliitigkeit der Hüttensteiner mißbraucht wurde. In Salzburg
selbst hat man es öfters beklagt, daß die Fischer am Abersee sich von
den Nachbarn die Haut über die Ohren ziehen ließen. Sie wären an
ihrem Unglück mitschuldig. Und dieser Vorwurf war begründet. In
ihrer Schwerfälligkeit ließen sie sich zu viel gefallen, und wenn sie sich
zu rühren anfingen, war es meist zu spät. Aber auch das Pfleggericht
ist nicht frei von Schuld. Die Untertanen mußten die Erfahrung
machen, daß das Ansehen der Obrigkeit über der Grenze drüben gar
nichts galt, daß alle Beschwerden, Proteste und Vorladungen vor das
wußten es nicht — also zahlten sie auch nicht! Aon. boioa, Tom. 36b;
zitiert bei Koch-Sternfcld, Der Fischfang, S. 37f.
9 Entnommen dem Fischrechtsprotokoll von 1616. Hofrat Hnttcnst. Nr. 1.
2) 1540 an Blasius Nußdorffer, nach diesem an Wolfgang Kirchpichler,
beide Pfleger zu Hüttenstein. Bericht des Hofschreibers Paulus Altmann,
clcio. 6. April 1556. Hofrat Hüttenst. Nr. 1.
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Gericht von Hüttenstein vergeblich waren. Diese Hilflosigkeit der Be-
hörde mußte das Vertrauen der Untertanen erschüttern. Das Pfleg-
gericht aber war wieder von der Regierung in Salzburg abhängig,
nmßte in jedem Falle Berichte an den Hofrat einschicken und Befehle
abwarten. Damit war der Pfleger im Nachteil gegen seinen Wider-
sacher von Wildenegg, der stets auf eigene Faust vorging und sich um
keinen Statthalter und keinen Kaiser kümmerte, weil er wußte, daß sie
ihm recht geben würden?) So ist es schließlich die Abhängigkeit des
Erzbischofs vom Kaiser, die sich in diesen Zuständen hier widerspiegelt.
Als der Streit im Jahre 1671 seinen Höhepunkt erreichte, indem
die Mondseer sich in allem, was die Fischerei anging, von Salzburg
lossagten,^) machte der oberste Fischmeister der Hofkammer den Vor-
schlag, die Fischerei am Abersee gänzlich aufzuheben. Eine so radikale
Maßregel hätte für die Hüttensteiner Urbarsischer nicht einmal einen
großen Verlust bedeutet. Die meisten hatten bereits zu einen: Neben-
erwerb gegriffen, da sie bei den trostlosen Verhältnissen von der
Fischerei allein nicht mehr leben konnten. Und doch wagte man es
nicht, so scharf vorzugehen. Man sah voraus, daß sich die Wolfganger
selbst mit Gewalt nicht hindern lassen würden, die Fischerei weiter zu
betreiben, und so ließ man den Dingen ihren Lauf, bis endlich 1689
bei der schon lang ersehnten und immer wieder hinausgeschobenen
Grenzregulierung der Seidenfaden als Fischereigrenze abgeschafft wurde?)
Nur wenn in einem der beiden Länder ein besonderer Feiertag war,
sollte von derjenigen Seite, die Werktag hatte, nicht über den Faden
hinüber gesischt werden?) Mondsce blieb im Besitz der beiden Seegen
r> Seine Sache wäre es gewesen, die jeweilig Schuldigen von St. Wolfgang
dem Hüttensteiner Gerichte durch den dortigen Marktrichter ausliefern zu lassen.
Er verweigerte es jedesmal. Seit 1562 hat St. Wolfgang in Fischcreisachen keine
Auslieferung mehr geleistet. — Erzbischof Johann Jakob an den Prälaten Jobs
von Mondsee, ddo. 5. Dezember 1562, Hofrat Hüttenst. Nr. 1.
2) Nicht allein, daß sie die Auslieferung der schuldig gewordenen Wolf-
ganger Fischer verweigerten und vom Fischrecht fernblieben, sie wehrten sich auch
gegen die Visitiernng der Fischkälter und taten überhaupt, als existiere die Fisch-
ordnung gar nicht mehr für sie.
3) Dafür wurde er jetzt Landgerichtsgrenze, indem Salzburg seine
Ansprüche auf die Jurisdiktion über den ganzen See aufgab.
4) Das Fischen an Sonn- und Feiertagen Ivar verboten. Artikel 19 der
Fischordnung von 1692. Mitteil. d. Ges. f. Salzb. Landesk. 1865, S. 97 ff. Da
das Wolfgangland einer andern (der Passauer) Diözese angehörte, waren die
Landesfeiertage hüben und drüben verschieden.
61
und anerkannte die von Salzburg aufgerichtete Fischordnung. Auch
das Fischrecht war von den Wolfgangern wieder besucht. Die vier
Fischkeufl trieben ihr Geschäfts noch bis zum Jahre 1763. Dann
wurden sie abgeschafft.
Mit dem Vertrag von 1689 war aber der Streit noch immer
nicht zu Ende. Aus den alten Gegnern konnten nicht plötzlich gute
Freunde werden. Einmal beklagten sich die Hüttensteiner darüber, daß
die Wolfganger bis gegen das Dorf St. Gilgen hinauffischten, das
andere Mal war es wieder den Wolfgangern nicht genehm, wenn die
von drüben ihnen ins Gehege kamen. Kleine Bosheiten, wie z. B.
Abschneiden der Seile an den ausgelegten Netzen des Gegners, sorgten
dafür, daß die Feindschaft auf der Hohe blieb. 1720 kam man denn
wieder auf die Seidenfadengrenze zurück. Eine Kommission hatte nach
eingehender Untersuchung der Angelegenheit gefunden, daß beide Par-
teien es nur darauf abgesehen hatten, der andern zu schaden, und auf
solche Art keine von beiden zum Genuß ihrer eigenen Rechte gelangen
könnte. Und so verfügte das Salzburger Hofgericht (dessen Kompetenz
in Fischereisachen 1689 von Mondsee anerkannt worden war) mit Be-
fehl vom 5. November 17202) die endgültige Trennung der feindlichen
Nachbarn, indem es den Seidenfaden auch als Fischereigrenze auf-
stellte und für dessen Überschreitung strenge Strafen androhte?) Doch
erst als die Salzburger Regierung gegen ihre eigenen Untertanen
energisch vorging, indem sie jede Beschwerde künftig als ein Ver-
brechen zu ahnden versprach, trat um 1730 Frieden ein.
Dem Kloster Mondsee war das Fischereirecht der Wolfganger
immer eine wichtige Sache gewesen, vornehmlich der Wallfahrer
wegen, für die man in Zeiten starken Verkehrs kaum genug Fische
fangen konnte. Mögen auch die Klagen der Äbte über die Armut
ihres Gotteshauses, wie sie sie von Zeit zu Zeit hören ließen, wenn
ihren vermeinten Rechten irgendwie Abbruch geschehen sollte, nicht
allzu ernst zu nehmen sein, so ist cs doch begreiflich, daß sie ihre
Untertanen in Wolfgang lieber ihre eigenen Fische fangen ließen, statt
ihnen zuzumuten, daß sie ihren Bedarf erst den Salzburgern abhandeln
') Gegen Reichung einer Nekognition von 30 kr. St. G. B. G., Cod. 118.
Die Abschaffung verfügte eine Verordnung vom 6. Mai 1763. Ebenda, Cod. 134.
2) Hofrat Hüttenst. Nr. 34.
3) Mit Ausnahme des Laugorts (an der Ried) und der Dittlbachmündnng,
wo beide Teile auch künftig gemeinsam fischen sollten.
62
sollten. Vor dem Markt St. Wolfgang aber, von der Dittlbach-
mündung bis an den Pürgl hin, waren die besten Fischzüge am ganzen
See und es ist auch wieder verständlich, wenn die Hüttensteiner ihr
verbrieftes Recht, auch dort zu fischen, nicht ohne weiters fahren
lassen wollten.
Aus der Zeit dieser Zwistigkeiten — dies möge hier noch knrz
Erwähnung finden — stammt auch der zweite Name des Sees. Es
ist nur natürlich, daß man in Mondsee von dem „Wolfganger" See
sprach, dem See, an dessen Ufer eben der Gnadenort des heil. Wolf-
gang allein für Mondsee von Bedeutung war. Er war aber auch
bald der berühmteste im ganzen Land und so kam es, daß die Be-
nennung des Sees nach ihm immer weitere Verbreitung fand. In
Salzburg wurde man über die drohende Verdrängung des alten
Namens ungehalten. Man glaubte darin einen Erfolg wolfgangeri-
scher Herrschsucht und Anmaßung zu erkennen. Ein Bericht des Fisch-
meisters ans dem Jahre 1671/) der alle Gravamina gegen St. Wolf-
gang zusammenfaßt und begründet, beschäftigt sich auch mit dieser
Frage und beruft sich dabei auf die Fischordnung, in der von einem
„Wolfgangerischen See" nirgends die Rede sei?) Heute, da der Streit
um den Namen hie und da wieder aufflammt/) mag an den Kampf
vor dritthalbhundert Jahren erinnert werden. Dazumal ging's noch
um anderes als um den bloßen Namen. Heutzutag ist's eitel Spielerei.
Oder regt sich da die alte Feindschaft, die immer noch dem Volk im
Blute sitzt?
Der Krotensee gehörte (wie der Fuschlsee) zur fürstlichen Hof-
haltung, wurde aber zeitweise in Pacht vergeben. Adam Wallsinger
hatte, als er (1558) Pfleger zu Hüttenstein war, gegen 4 fl. Gült das
Recht, ein Jahr lang im Krotensee und auch im Pibersee, „so daraus
fleußt"/) zu fischen. Als er dann nach Talgau versetzt wurde, verlor
*) Michael Purgschwaiger an die Hofkammer, (Mo. Salzburg, 23. Sep-
tember 1671. Hofrat Hüttenst. Nr. 1.
2) Dort heißt es: „Die Fischordnung sagt nichts, daß aller größt oder
kleinste örtl sich Wolffgangerischer See nennet, nur den uralten Namben fürth:
St. Giling- und Äbersee."
3) Vgl. A. Helmbergers Artikel: „Abersee oder Wolfgangsee?" im Salz-
burger Volksblatt 1910, Nr. 11.
4) Wallsinger an den Erzbischof, Mo. Talgau, 25. April 1560. Hofkammer
Hüttenst. 1560, Lit. F. — Der Pibersee existiert nicht mehr.
63
er das Fischrecht?) Ein Bürger von Wels, der sich anheischig machte,
jährlich 60 Pfund Fische zu dienen, wurde abgewiesen. An seiner
Stelle bekam den See ein Kaminerdiener des Erzbischofs Michael
(1560). Der Pfleger Kirchpichler, der selbst gern in dem See gefischt
hätte, in dessen nächster Nähe sein Pflegschloß stand, benützte jede
Gelegenheit, den unwillkommenen Eindringling in Salzburg zu ver-
nadern?) Der Angegriffene wehrte sich wohl, doch scheint schließlich
der Pfleger wirklich seinen Willen durchgesetzt zu haben: Der Krotensee
kam an das Schloß Hüttenstein. Im 17. Jahrhundert war die Pfleg
im Besitz von zwei Seen und sechs Bächen, ohne dafür einen Kreuzer
Pacht zu zahlen?) Selbst ans dem Abersee ließ der Pfleger (vom
Brunnwinkl bis nach Lueg) durch seine eigenen Leute fischen. Es
geschah ohne Wissen und Willen der Obrigkeit in Salzburg. Der
Pfleger Leopold Ludwig Lürzer wurde deshalb zur Verantwortung
gezogen?)
Die Fischerei auf dem Mondsee, die seit der Schenkung Herzog
Theodeberts zur Hälfte dem Erzstift gehörte, war nach einer Überein-
kunft der beiden beteiligten Herrschaften (1559) auf folgende Weise
geordnet: Das Kloster Mondsee bestellte im Einvernehmen mit Salz-
burg für den ganzen See acht Fischkeufl. Sie hatten die Dienstfische
in Empfang zu nehmen und an die Hofhaltung nach Salzburg zu
liefern. Was die Fischer über den Dienst fingen, mußte zunächst
der Klosterküche vor: Mondsee angeboten werden, und was dort
nicht genommen wurde, brachten die Fischkeufi auf den Markt nach
Salzburg. Die Fischer am See hatten jedoch das Recht, jede
*) Er wurde durch Verleihung eines anderen Fischwassers nicht weit vom
Fuschlsee (vielleicht Eibensee?) entschädigt.
2) Da kein Weg zum See führte, mußten die Fischer durch die Pfleger-
wiese ans Ufer gehen, dabei zertraten sie dem Kirchpichler das Gras; ein anderes
Mal brachte Kirchpichler heraus, daß man vom Krotensee Krebse an ein Wirts-
haus zu St. Gilgen abgegeben habe; das sei wider die Fischordnung usw.
3) Es sind dies: der Kröten- und der Pibersee, der Zinken- und Weißen-
bach, das Kollbächl, der Bach im Brunuwinkl und in der Aich, das Zebezauer
Bächl, endlich die Jschler Ache, die aber zur Hälfte — nämlich am österreichi-
schen (linken) Ufer — der Wolfganger Obrigkeit überlassen war. Daß man ehe-
mals für die Zinkenbachfischerei einen Pachtschilling eingehoben hatte, vergaß
man später.
4) St. G. B. G., Cod. 73. Die Rechtfertigungsschrift Lürzers scheint nicht
erhalten zu sein.
64
Schiffahrt.
Woche eine gewisse Menge von Fischen auf dem Mondseer Markt zu
verkaufen?)
Schließlich ist noch der Attersee zu nennen, ans dem die Juris-
diktion am Burgauer Ufer „soweit einer mit einer Handhacken in den
See werfen mag", dem Erzstift gehörte, das daraus für sich das
Recht ableitete, von den Fischern, die in diesem Gebiet ihr Gewerbe
ausübten, die Abgabe eines Fischdienstes zn fordern. Ende des
18. Jahrhunderts ist dieser kleine Anteil am Attersee für Salzburg
verloren gegangen.
Wie die Fischerei, so ist auch die Schiffahrt auf dem Abersee
von den Hüttensteinern und Wolfgangern nach den Regeln einer ge-
meinsamen „Ordnung" betrieben worden. Der stärkste Verkehr war
zwischen Fürberg und St. Wolfgang, denn hier ließen sich die meisten
Wallfahrer auf dem See hin und wider rudern. Durch sie erhielt
auch die Schiffahrt auf dem Abersee ihre eigene Bedeutung.
Auf Hüttensteiner Seite war zur Ausübung dieses Berufes jeder
berechtigt, der im Gericht ansässig war und sich eine Zille, die
45 Personen faßte, halten konnte?) Es gab bestimmte Landungs-
plätze, nämlich beim Dorf St. Gilgen, in Fürberg, in St. Wolfgang
und am Schober (Strobl). An anderen Stellen durften die Fergen
nicht landen?) Die Zahl der Schiffe, die am Wolfganger Ufer zu-
fahren durften, war beschränkt. Die von Fürberg, vom Schober und
von St. Wolfgang selbst stellten je zwei, die St. Gilgener drei Zillen
dahin?) Zum Anhängen der Schiffe waren dort Schiffstecken am
r) Ihre Berufsgenossen am Abersee waren einer ähnlichen Vergünstignng
nicht teilhaftig. — Mondsee-Fischordnung vom Jahre 1544, aufgerichtet zwischen
Erzbischof Ernst und Abt Siegmund. Fischerei-Abkommen vom 11. Februar 1559.
Hofrat Hüttenst. Nr. 1. — Als dieser Vertrag zwischen Salzburg und Mondsee
zustande kam, war die Herrschaft Wildenegg und mit ihr das Kloster Mondsee
im Pfandbesitz des Erzstifts. Kaiser Maximilian I. hatte nach Beendigung der
Landshuter Fehde Wildenegg den Bayern abgenommen (1506) und gleich darauf
an Salzburg verpfändet, wo es bis zur Wiedereinlösnng durch Österreich (1565)
verblieb.
*) Er durfte zu diesem Zweck einen Nachbarn zum Kompagnon nehmen.
Siegel-Tomaschek, Taidinge, S. 171.
") Nur wenn ein Wallfahrer über den Falkenstein zu gehen wünschte,
durfte ihn der Schiffmann an einer geeigneten Stelle ans Land setzen. Vgl. An-
hang, Beil. Nr. 7, S. 105.
4) Hofrat Hüttenst. Nr. 6 und 11.
65
Ufer eingerammt und damit war jedem sein Platz zugewiesen. In
älterer Zeit war es so eingerichtet, daß jedes Schiff dieselben Gäste,
die es in Wolfgang ans Land setzte, auch wieder von dort wegführte.
Als aber mit Beginn des 17. Jahrhunderts die große Zwietracht unter
den Nachbarn anhub, bot auch die Schiffahrt bei St. Wolfgang bald
Gelegenheit zu Händeln. Den Wolfgangern waren die zwei Zillen,
die ihnen die Schiffordnung gestattete, zu wenig. Sie wollten gleiches
Recht mit den anderen haben. 1612 kam es zum ersten Zusammen-
stoß. In Fürberg wie in Wolfgang balgte man sich um die Wall-
fahrer. Kani da ein Pilgerzug mit Kreuz und Fahnen an das Gestade
des Sees, so fiel man von beiden Seiten über ihn her und jeder
trachtete das Kreuz, um das die fromme Schar wie der Bienenschwarm
um seine Königin versammelt war, in sein Schiff zu bringen, um die
Menge nachzuziehen. Dabei kam es oft zu blutigen Schlägereien?)
Als um diese Zeit Herzog Wilhelm von Bayern zur Kirche des heil.
Wolfgang reiste, raufte man sich in Fürberg auch um ihn. Damals
blieben die Hüttensteiner Sieger und führten ihren erlauchten Gast,
der auf solche Begeisterung für seine Person wohl gar nicht gefaßt
war, im Triumph nach St. Wolfgang und wieder zurück?) Die neuen
Schiffstecken, die der Hüttensteiner Pfleger Regauer in St. Wolfgang
an die Stelle der alten vermorschten hatte setzen lassen, wurden von
den Bürgern dort ausgerissen, damit die Gilgener keinen Platz zum
Landen hätten. Die Gilgener wieder, nicht faul, zogen den Wolfgangern
die Schiffe aufs Land heraus. Nach einigen Tagen mußte sie der
Pfleger von Hüttenstein von seinen eigenen Leuten wieder zum See
schaffen lassen?) Die Ausziehung der Schiffstecken war angeblich auf
kaiserlichen Befehl erfolgt?) Den Hüttensteinern wurde vorgeworfen,
daß sie der Schisfordnung zuwider und den Wolfgangern zum Trotz
nächtlicherweile mit leeren Schiffen ans Ufer gekonnnen seien, um die
von St. Wolfgang abreisenden Wallfahrer den Einheimischen abspenstig
zu machen. Für die Wallfahrer selbst war das feindselige Verhältnis
*) Über einen solchen Fall in Fürberg: Beschwerde der Hüttensteiner
Schifflente cldo. 3. Jnni 1617. Hofrat Hütten st.. Nr. 11; nnd in St. Wolf-
gang: Ebenda, Nr. 6.
2) Beschwerde der Wildenegger. Ebenda, Nr..6.
3) Ebenda, Nr. 11.
4) Weil „das anhefften hievor durch Se. khay. Maytt. in anßreißnng der
hefftsteckhen abgestellt worden". Hofrat Hüttenst., Nr. 11 (1612).
v. Frisch, Kulturgeschichtl. Bilder vom Abersee
5
66
unter den Schiffleuten recht unangenehm. Als sich einige vernehmen
ließen, sie könnten unter solchen Umständen nicht wiederkommen, da
bekam der Prälat von Mondsee Angst um das Gedeihen seiner Kirche.
Man bemühte sich, einen Vergleich herzustellen. Aber erst 1647 ist er
zustande gekommen?) Demnach sollten die Wolfganger alle von Wolf-
gang Abreisenden, die Gilgener aber die Hinreisenden führen.
Dazu wurde beiden Parteien eine gleiche Anzahl (14) Zillen bewilligt.
Den Fnhrlohn hatten die Schiffleute nach jeder Fuhr (die Gilgener
in Wolfgang, die Wolfganger am Gilgener Ufer) in eine Sammel-
büchse zu legen. Das Geld wurde dann einmal im Jahre zu gleichen
Teilen unter die Schiffleute verteilt. Damit schien der Friede gesichert.
Die Wolfganger aber wurmte es, daß sie nicht mehr Einnahme als
die Gilgener haben sollten. Es dünkte ihnen dies darum ungerecht,
weil ziemlich viele Wallfahrer den Weg nach St. Wolfgang zu Fuß
über den Falkenstein machten, ans dem Rückweg es aber vorzogen,
zu Schiff zu fahren. Damit hatten die Wolfganger, denen diese Be-
förderung (nach dem Jnterimsvergleich) oblag, die schwerere Arbeit.
Sie waren aber um einen Ausweg nicht verlegen, sich dafür schadlos
zu halten. Sie behielten einfach den eingenommenen Fnhrlohn für
sich, statt ihn in die Büchse zu legen. Daß damit den Gilgenern ein
arges Unrecht geschah, kümmerte sie wenig. 1661 kam es darob zu
neuem Kampf. . Die Mahnung des Pflegers hatte bei den Wolf-
gangern keinen Erfolg. Da griffen die Gilgener zu einem bereits
bewährten Mittel. Sie zogen die Schiffe ihrer Gegner ans Land?)
Als sie auf solche Art schon vier Zillen am Gilgener Ufer aufs Trockene
gesetzt und den Wolfgangern zu verstehen gegeben hatten, daß sie es
auch weiter so treiben würden, da wurde man drüben endlich zur
Nachgiebigkeit gestimmt. Der Prälat von Mondsee begann mit dem
Pfleger von Hüttenstein zu unterhandeln. Man kam überein, die Ein-
haltung des Interims von 1647 durch Androhung einer schier uner-
schwinglichen Strafe (100 ff. für jede Übertretung) zu erzwingen. Das
ff Abgedruckt nach einer Kopie (1661) im Anhang, Beil. Nr. 8, S. 106.
ff Pfleger Balthasar Lürzer an das Hofgericht ddo. 29. Juni 1661. Hofrat
Hütten st., Nr. 18. — Dieses Herausziehen der Schiffe war gleichbedeutend mit ihrer
Unbrauchbarmachung. Denn lieber verzichtete der Besitzer auf allen Verdienst,
ehe daß er sich entschloß, selbst Hand anzulegen. Die Beförderung der mächtigen
Plätten auf dem Lande brauchte übrigens ein beträchtliches Aufgebot von Arbeits-
kräften, dessen Kosten der mutwillig Beschädigte niemals sich selbst aufladen wollte.
67
Hofgericht in Salzburg setzte beit Strafschilling auf 30 fl. herab und
bestimmte, daß die Hälfte davon jedesmal der Obrigkeit des Geschädigten,
der Rest der Zunftkasse zufallen sollte?) Die am Gilgener Ufer heraus-
gezogenen Schiffe wurden von 12 Talgauern, die man als unpar-
teiische Leute eigens dazu aus dem benachbarten Gericht hatte kommen
lassen, wieder in den See befördert?) Die Kosten des Handels trug
Hüttenstein. Aber auch der Erfolg war diesmal auf seiner Seite. Die
Schiffordnung blieb bestehen und ist, wie es scheint, von da an respek-
tiert worden.
Unter den wechselvollen Erscheinungen, die der Kampf uni den
Abersce hervorgebracht, ist eine wohl besonders merkwürdig: der Streit
um die Leichen Ertrunkener. Salzburg hat, wie wir wissen, auf
Grund der Hüttensteiner Gerichtsriegung die Jurisdiktion über den
ganzen See beansprucht und auch im 16. Jahrhundert noch wider-
spruchslos ausgeübt. Mit der Erfindung der Seidenfadengrenze war
der Grund zu den späteren Irrungen gelegt. Aber erst am Be-
ginn des 17. Jahrhunderts, als den Wolfgangern die Gnade der
Mächtigen zu Kopf zu steigen begann, da ging der Tanz auf allen
Seiten los?)
Der Streit um die Ertrunkenen entsprang lediglich aus
der Frage der Jurisdiktion. Nach hüttensteinischem Recht mußte
jeder, der im See verunglückt war, auf dem Friedhof von St. Gilgen
bestattet werden. Nach der Auffassung der Wolfganger waren alle,
die innerhalb des Seidenfadens ertranken, in St. Wolfgang zu be-
graben. Schon 1565 folgten sie einnial diesem Grundsatz. Damals
geschah es aber noch heimlich, indem sie zu nächtlicher Zeit zwei Leichen
aus dem See fischten und nach St. Wolfgang brachten?) Später ge-
schah es am lichten Tag, den Gilgnern zum Trotz und mit großem
0 Das Hofgericht an Lürzer ddo. 23. Juli 1661. Hofr. Hüttenst., Nr. 18.
2) „©ernten sehnigen zwelf wartenfelserischen Underthonnen, so die auß-
zogenen Zihlen wider ans Uhrfar und in den See geschoben für ihren hereingang
und miehe geschafft 1 fl. die haben aber verzörth 3 fl." Lürzer an das Hofgericht
ddo. 22. Oktober 1661. Ebenda.
3) Ein mittelbarer Zusammenhang zwischen den Privilegienverleihungen
(1591, 1626 re.) und den Übergriffen in den unterschiedlichsten Grenzsachen ist
wohl kaum zu verkennen. Man fühlte sich eben stark genug, den Kampf gu wagen,
und wie die Zukunft lehrte, hatte man richtig gefühlt.
4) Pfleger Melchior Trägenreiter an den Erzbischof ddo. 22. Juni 1565.
Hofr. Hüttenst., Nr. 3.
5*
Juris-
diktionsstreit
auf dem
Abersee.
68
Geschrei. Es ist kaum zu glauben, wie dieser Zwiespalt zu hitzigen
Kämpfen auf dem See, ja sogar zu einem gemeinen Aufgebot in Wehr
und Waffen führen konnte. 1613 ist es geschehen. Die Sache trug
sich also zu.
Den 11. Oktober fiel ein junger Bursche, Neffe des Ratsbürgers
Hans Hasenknopf, beim Landungsplatz zu St. Wolfgang in den See
und ertrank. Alsbald begannen die Wolfganger am Grunde des Sees
nach der Leiche zu suchen. Als die von der Hüttensteiner Obrigkeit
ansgesandten Fischer mit ihren Geräten ankamen, war bereits eine
große Menge, mit Gewehren, Hellebarden und Spießen ausgerüstet,
am Wolfganger Ufer zu ihrem Empfang bereit, an ihrer Spitze der
Marktrichter, der mit unflätigen Worten gegen den Pfleger und Spott-
reden auf den Erzbischof den Streit begann. Als die Hüttensteiner
sich an die Arbeit machen wollten, wurden sie mit Waffengewalt daran
verhindert, so daß sie, wehrlos wie sie waren, wieder heimfahren mußten.
Den nächsten Tag begnügte sich der sonst so schlagfertige Pfleger Reherz-
haimer damit, an den Marktrichter von St. Wolfgang und den Pfleger
von Wildenegg Beschwerdebriefe abzuschicken. Die Anwendung von
Gewalt wäre den Hüttensteinern wahrscheinlich auch übel bekommen,
denn die Wolfganger waren gerüstet. Von dem Wildenegger Pfleger
durch ein zustimmendes Schreiben ermutigt, das ihnen die Beiziehung
von Landsknechten empfahl, hatten sie zuvörderst daheim von Haus
zu Haus aufbieten lassen, und zwar nicht allein das ledige Gesinde,
auch die Hausgesessenen. Überdies sprach man von 100 Musketieren,
die vom Attersee herüber den Wolfgangern zu Hilfe eilen sollten. Als
die Hüttensteiner wieder erschienen, um ihr Glück ein zweites Mal zu ver-
suchen, sahen sie das ganze Ufer von einem Volk in Waffen starren,
und als sie sich anschickten, ihre Fangseile auszuwerfen, sprang eine
Schar von 50 Gewappneten in drei bereitgestellte Zillen und fuhr
hinaus. Nach kurzem Kampf, in dem sich der Marktrichter als An-
führer der Wolfganger sehr hitzig gezeigt haben soll,*) räumten die
Hüttensteiner, die auch diesnial unbewaffnet waren, den Platz. Darauf
fanden die Wolfganger den Leichnam und brachten ihn auf ihrem Fried-
hof zur Bestattung. Bei dem Totenmahl ging's hoch her. Da alles
Volk versammelt war, ließ man, den Gilgnern zum Spott, das Tedeum
i) Nach Aussage der Hüttensteiner Fischer führte er nicht weniger als vier
Waffen: Schwert, Hellebarde, Griesbeil und Ruder!
69
aus Wolfgangs Kirchturm schießen, daß man es bis gen Lueg über
den See schallen hörte.
In Vertretung des Erzbischofs, der eben verreist war, nahm
nun der Statthalter die Sache in die Hand, schrieb an den Landes-
hanptmann in Oberösterreich *) einen geharnischten Protest und verlangte
die Auslieferung des Pflegers von Wildenegg, des Wolfganger Richters
und aller, die sonst noch in den Handel verwickelt waren. Überdies
sollten die Wolfganger verhalten werden, die Leiche wieder auszugraben
und an den Platz im See zurückzubringen, wo sie gefunden worden.
Keines von beiden geschah. Ein kaiserlicher Bescheid vom 9. Dezem-
ber^) vertröstete den Erzbischof auf den bevorstehenden Zusammentritt
einer Kommission. Bis dahin sollte jeder „seines prätendierten Rechtes
unverwehrt gebrauchen" — d. h. innerhalb des Seidenfadens sollte das
Recht des Stärkeren gelten. Wenn also demnächst wieder ein solcher
Fall sich ereignete, mußte es zu neuem Streit kommen. Und es kam
auch so.
Am 8. Juni 1614 fiel eine Bauerndirn namens Eißl, als sie
ein Sohn des Kuchlers über den See ruderte, in der Nähe des Seiden-
fadens aus dem Schiff und ertrank, da ihr Begleiter, der schwer be-
zecht war, sie nicht retten konnte. Den andern Tag begegneten sich
die feindlichen Schiffe an der Unfallstelle. Man ging jedoch im Frieden
auseinander, ohne die Leiche gehoben zu haben, um beiderseits Befehle
der Obrigkeit einzuholen. Den 10. Juli fischten beide Parteien neben-
einander vom Morgen bis zum Abend vergeblich nach dem Körper.
Nach längerem Hin- und Herreden hatte man sich dahin geeinigt, daß
die Leiche, sobald sie gefunden wäre, ans Ufer gebracht und bewacht
werden sollte, bis sich die Behörden verständigt hätten. Nun hatte
aber der Marktrichter bereits den Befehl aus Wildenegg in der Tasche,
die kaiserliche Grenze (den Seidenfaden), wenn nötig, auch mit Gewalt
zu verteidigen. Der Pfleger Reherzhaimer, der diesmal selbst dabei
war, ließ sich durch Vorzeigen dieses Befehls nicht irre machen, und
als endlich am dritten Tag die Hüttensteiner den Leichnam fanden,
wollte ihn Reherzhaimer stracks nach St. Gilgen entführen. Da zwangen
ihn die Wolfganger mit Gewalt, zum Dittlbach an die Grenze zu
0 Kopie des Schreibens ddo. 18. Oktober 1613. Hofr. Hüttenst., Nr. 6.
2) Erwähnt in dem Brief des Erzbischofs an Kaiser Matthias vom 27. Juni
1611. Ebenda, Nr. 8.
70
fahren und die Leiche dort niederzulegen?) Sie wurde nun von beiden
Seiten scharf bewacht, derweil sich die Obrigkeiten über das, was weiter
geschehen sollte, herumstritten. Vom Pfleger Reherzhaimer, dem man
in Salzburg Lässigkeit vorwarf, erwartete man, daß er, um den nun
einmal begangenen Fehler gutzumachen, den Leichnam vom Dittlbach
gewaltsam wegbringen würde. Er vermochte es nicht. Inzwischen
hatten die Verwandten der Ertrunkenen den Reherzhaimer bestürmt,
daß er die Tote doch endlich zur geweihten Erde bestatten lasse. Zwölf
Tage nach den: Ungltick lag sie noch an: Ufer und wer weiß, wie lange
sie dort noch hätte bleiben müssen, wenn sie nicht die Wolfganger am
20. Juni entführt^) und zum Begräbnis gebracht hätten. Die Obrig-
keiten hatten sich nicht einigen können. Schließlich schrieb Erzbischof Marx
Sittich an Kaiser Matthias einen Briefs) in dem er den Vorfall um-
ständlich erzählte und die Bitte daran knüpfte, daß die versprochene Kom-
mission doch bald zustande kommen möge. Sie kam aber nicht zustande.
Das Suchen nach der Leiche und später ihre zehntägige Be-
wachung an: Wolfganger Ufer hatte einige Unkosten verursacht?) Nach
einer Berechnung des Pflegers beliefen sich die Ausgaben für diesen
Zweck auf rund 87 fl?) Das war die salzburgische Rechnung. Die
von St. Wolfgang lautete auf 100 fl. Es war die Frage, wer das
zahlen sollte? Herr von Blässing, der Pfleger von Wildenegg, nahm
das Geld, wo er es fand. Von der ertrunkenen Eißlin waren just
100 fl. als Heiratsgut in St. Wolfgang hinterlegt. Die wurden in
Beschlag genommen. Die Eltern der Verunglückten, die, durch den
Mutwillen eines betrunkenen Burschen ihres Kindes beraubt, zwölf
Tage lang den widerlichen Streit um die Leiche hatten mit ansehen
müssen, sollten jetzt auch noch die Kosten davon tragen?) Sie wandten
r) Bericht Reherzhaimers an den Hofrat ddo. 11. Juni 1614. Hofr. Hüt-
tenst., Nr. 8.
2) Reherzhaimer an den Hosrat ddo. 25. Juni 1614.
3) ddo. 27. Juni 1614. Konzept. Hofr. Hüttenst., Nr. 8.
4) Bei dem Suchen waren auf Hüttensteiner Seite 19 Männer beteiligt.
Bei der Wache unterhielt das Pfleggericht beständig 6 Gewaffnete unter dem Be-
fehl eines Wachtmeisters.
6) Von den dabei entstandenen Wirtshausrechnnngen ist die des Andreas
Eisl zu St. Wolfgang im Anhang, Beilage Nr. 9, abgedruckt (S. 107).
6) Es war freilich die Regel, daß die Verwandten eines Verunglückten die
Auslagen der Behörde für die Bergung der Leiche ersetzen mußten. St. G. B. G.,
Cod. 121.
71
sich an den von Wildenegg, der wies sie ab. Dann gingen sie nach
Hüttenstein. Dort wurde ihnen bedeutet, daß sie wahrscheinlich auch
die salzburgische Rechnung würden auf sich nehmen müssen. In dieser
Not riefen sie das Hofgericht in Salzburg an?) Sie legten dar, daß
doch eigentlich der Kuchler, der das Unglück verschuldet hatte, für die
Folgen einzustehen hätte, nicht sie, die ganz unschuldig in solchen Jam-
mer gestürzt worden seien. Zu ihrem Glück wußten sie auch anzu-
geben, daß die reichen Kuchler, die als Wolfganger Bürger von Hütten-
stein aus nicht zu fassen waren, eine Schuldforderung von 400 fl. bei
dem Wirt in der Faistenan (im salzburgischen Pfleggericht Wartenfels)
hatten. Nun war die Sache einfach: das Hofgericht schickte an Reherz-
haimer den Befehls) das Geld in der Faistenan in Beschlag zu nehmen
und damit die entstandenen Kosten zu bestreiten. So ist es auch ge-
schehen.
Der Streit um die Leichen im See wiederholte sich in der Folge-
zeit noch fast ein Dutzendmal. Aber die Regierungen kümmerten sich
nicht darum und die Staatsoberhäupter schrieben sich keine Briefe mehr.
Man überließ die Sache den Pflegern von Wildenegg und Hüttenstein,
die in gegenseitiger Zusendung feierlicher Beschwerdebriefe die Rechte
ihrer Landesherren vertraten, und damit war es abgetan. Draußen
auf dem See erging.man sich zwar jedesmal in wüsten Schmähungen/)
auch suchte man durch Abschneiden der Fangseile und ähnliche Mittel
die Einmischung des Gegners zu verhindern, zu Tätlichkeiten ist es
aber nicht mehr gekommen, und mit der endlich doch gelungenen Fest-
legung der Landgerichtsgrenze (1689) hörte diese sonderbare Art, sich
im Dienst des Vaterlandes zu betätigen, gänzlich auf.
Zur Winterszeit friert der See in der Gegend der „Enge" und
bei St. Wolfgang am ehesten zu. Und dieser Umstand erschwerte Salz-
burg in jener Zeit des steten Haders die Verteidigung seiner Rechte
nicht wenig. Hatte der See dort eine tragfähige Eisdecke, so gingen
st Vinzenz Aichleutner (Stiefvater der Ertrunkenen) an das Hofgericht
ddo. 20. November 1614. Hofr. Hüttenst., Nr. 8.
2) Der Hofrat an Reherzhaimer ddo. 10. Juli 1615. Ebenda.
3) Bei der Suche nach der Leiche des Loitz, der 1685 ertrank, erwiderte
auf die Bemerkung des Hüttensteiners, daß der ganze See dem Erzbischof von
Salzburg gehöre, der Richter von Wolfgang, indem er feierlich seinen Gerichtsstab
aufhob: „ein tröckh gehört ihm zue!" und verlangte ungestüm nach einem Gewehr,
das ihm aber die Seinen doch nicht in die Hand gaben. Hofr. Hüttenst., Nr. 27-
72
die Aberseer zu Fuß in die Wirtshäuser nach St. Wolfgang. Und
wenn es dann, wie gewöhnlich, zu einer Balgerei kam, so wurde sie
mit Vorliebe draußen auf deni Eis ausgetragen, da hatte man Platz
genug und glaubte sich ungestört. Vor dem Hüttensteiner Pfleger, der
hier Recht zu sprechen hatte, war man freilich sicher,') nicht aber vor
dem Marktrichter von St. Wolfgang, der keine Gelegenheit versäumte,
gegen Salzburg Präjudizien zu schaffen. Als in der Fastnacht 1656
ein solcher Handel da zum Austrag kam, war der Wolfganger Richter
gleich zur Stelle, hob den Gerichtsstab, das Zeichen seiner Würde,
über den Streitenden und trennte sie mit dem gezogenen Schwert. In
ihrer Überraschung gelobten die beteiligten Hüttensteiner dem schlauen
Marktrichter auf sein Verlangen, sich am nächsten Tag dem Wolf-
ganger Gericht zu stellen. Als sie dann erschienen, wurde ihnen kein
Haar gekrümmt. Der Wolfganger war schon zufrieden, daß sie über-
haupt kamen. In Hüttenstein aber war man über diesen offenbaren
Rechtsbrnch außer sich und forderte die Auslieferung der Schuldigen,
natürlich vergebens?) Dreißig Jahre später kam es zu einem weit
ärgeren Auftritt. Am Faschingsonntag 1685 ging ein Bauer mit seinen
Söhnen über den See heimwärts, als eben die Glocken in St. Wolf-
gang zum Türkengebet läuteten. Als nun einer der Söhne den Hut
nicht abnahm, kam schon der Richter vom Markt dahergelaufen und
riß ihm den Hut vom Kops. Einige Burschen, die sich in der Nähe
beim Eisschießen vergnügten, waren gleich zur Stelle, und nun ging
die Rauferei los, bei der der Richter selbst auch etwas abkriegte. Die
Hüttensteiner wurden schließlich überwältigt und in Eisen und Banden
in das Gefängnis nach Wolfgang geliefert?) Dein Hüttensteiner Pfleger
gelang es diesmal, zwei dabei beteiligte Wolfganger auf salzburgischem
Boden abzufassen und festzusetzen. Dann wurde nach altem Brauch
hin und her protestiert. Dabei ist viel Tinte verschrieben worden, ein
Erfolg aber ivar auf keiner Seite zu verzeichnen.
Es ist eigentlich zu verwundern, daß man in Salzburg, wo man sich
über jeden einzelnen Fall von Grenzübcrtretung nicht wenig aufregte, nach all
den Erfahrungen nicht auf den Gedanken verfiel, das Pfleggericht näher an die
Grenze zu verlegen. Die meisten dieser Zwischenfälle hätten zugunsten Salzburgs
ablaufen müssen, wenn die Hüttensteiner Obrigkeit nicht immer zu spät gekom-
men wäre.
2) Hofr. Hüttenst., Nr. 15.
°) Ebenda, Nr. 27.
Die Ochseninsel.
(Photographie.)
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73
Aber nicht nur auf dem Wasser, auch zu Lande hat die Unklar-
heit der Grenzen zu Reibungen geführt. Zunächst auf dem Schafberg,
wv Österreich die Grenze der Wasserscheide nach von West nach Ost
über den Gipfel führte, während die Hüttensteiner Riegung den ganzen
Gebirgsstock bis an das Ufer des Mondsees hinab dem Erzstift zu-
schrieb. Der Schiedsspruch von 1689 gab Salzburg Recht. Bis dahin
aber war die Frage strittig. Im Jahre 1565 — eben um die Zeit,
da Österreich die Herrschaft Wildenegg aus der salzburgischen Pfand-
schaft zurückkaufte, und dies ist wohl kein Zufall — erschien plötzlich
auf der Spitze des Schafbergs eine weithin sichtbare Fahne mit dem
kaiserlichen Wappen. Die Wolfganger hatten sie dort aufgepflanzt?)
Wahrscheinlich geschah es im Auftrag oder wenigstens niit Zustimmung
des Pflegers von Wildenegg. Es sollte damit der Anspruch Österreichs
in Erinnerung gebracht werden. Erzbischof Johann Jakob sandte eine
Kommission aus mit der Weisung, sie sollte, falls sie finden würde,
daß die Fahne unzweifelhaft auf salzbnrgischem Gebiete stehe und der
von Wildenegg sich weigerte, sie wegzunehmen, eine salzburgische
Fahne daneben setzen?) Es zeigte sich, daß das österreichische Wahr-
zeichen unstreitig auf salzbnrgischem Boden stand. Ob das Erzstift
mit seinem Einspruch Erfolg hatte und wie die Sache ausging, wissen
wir nicht. Das ist auch nebensächlich. Die Geschichte zeigt nur wieder,
mit welchem Eifer sich die Wolfganger für die prätendierte Mondseer
Grenze einsetzten.
Die Durchführung von Verbrechern durch fremdes Gebiet war
immer und überall von der Bewilligung der fremden Obrigkeit ab-
hängig. Nur in Wildenegg glaubte man sich den: benachbarten Erz-
stift gegenüber von dieser Verpflichtung frei. Es war eben zur Zeit,
da man sich dort an Grenzübergriffen nicht genug tun konnte, im
Jahre 1614, als der Pfleger Blässing von Wildenegg zwei Malefiz-
verbrecher in Band und Eisen unter starker Bedeckung über den See
nach Fürberg und von da zwischen den Bergen hindurch nach Mondsee
bringen ließ, ohne nach Hüttenstein auch nur eine Meldung zu schicken?)
Es war eine aufgelegte Verletzung der salzburgischen Landeshoheit.
r) Bericht der Kommission, abgedruckt im Anhang, Beilage Nr. 11, S. 110.
2) Memorial für den salzburgischen Kommissär Dr. Simon Panrs. Un-
datiert, doch sicher vom 17. August 1565.
3) Pfleger Reherzhaimer an das Hofgericht ddo. 25. Juni 1614.
Grenzstreit
auf dem
Schafüerg.
Durch-
führung aus-
ländischer
Verbrecher.
74
Streit um den
Eibenberg.
Zur Rede gestellt, berief sich Blässing auf alte Verträge zwischen Öster-
reich und dem Erzstift, die gar nicht bestanden. Wie man in den
Akten des Pfleggerichts fand, hatte erst vor wenigen Jahren in einem
ähnlichen Fall ordnungsgemäß der Wolfganger Richter in Hüttenstein
angefragt. Es war klar, daß man in Wildenegg sich der Rechtswidrig-
keit bewußt war, die man da beging. Der Pfleger Reherzhaimer
durchschaute die Absicht seines schlauen Gegners sofort und berichtete
nach Salzburg, wie sich der Wildenegger mit „leeren Ausflüchten"
herauszureden suche?) Keiner der bisher von Mondsee verübten Über-
griffe kam diesen: an Unverschämtheit gleich. Und dennoch mußte Salz-
burg den Rückzug antreten. Die geforderte Auslieferung der Schuldigen
wurde verweigert, der Landeshauptmann von Oberösterreich, Wolf von
Volkenstorff, vertröstete den Erzbischof auf eine Kommission und —
man war befriedigt.
Wenige Jahre früher war ein Grenzstreit auf dein Eibenberg
vorgefallen. Aus den Aussagen alter Leute, die bei Untersuchung dieser
Angelegenheit damals einvernommen wurden, gewinnen wir einige
wichtige Nachrichten zur Geschichte von Hüttenstein. Denn der strittige
Ort lag nicht weit vom alten Schloß, und es galt zu beweisen, daß
der Eibenberg seit je zur Pfleg Hüttenstein gehörte.
Im Jahre 1611 bewarb sich der Bauer vom Mühlauergut um
eine Alm ans dem Eibenberg, die ihm vom Erzbischof auch bewilligt
wurde und seither die Mühlaueralpe heißt?) Der Ort war seinerzeit
als Weide für das Pflegvieh im Gebrauch gewesen. Seitdem aber
das alte Schloß leer stand, hatte inan auch den Platz verwachsen lassen-
Und niemand kümmerte sich drum. Als nun der Mühlauer daran
ging, den Boden für seine Alm herzurichten, da kam es heraus, daß
die Mondseer sich dort eingenistet hatten. Dem Bauer brachte diese
Entdeckung nach den damals zwischen Mondsee und Hüttenstein üblichen
Umgangsformen Verhaftung und Einlieferung ins Mondseer Gefäng-
nis?) Der Pfleger von Hüttenstein rächte sich, indem er alle Wilden-
egger Untertanen, die am strittigen Ort bei der Holzarbeit angetroffen
ff Bericht vom 2. Juli 1614. Hofr. Hüttenst., Nr. 4.
ff Befürwortungsschreiben des Pflegers Reherzhaimer an die Hofkammer
«Mo. 12. September 1611.
ff Reherzhaimer an das Hofgericht ddo. 29. November 1612. Hofr. Hüt-
tenst., Nr. 5,
75
wurden, festnehmen und nach Hüttenstein abführen ließ?) Nun konnten
die Verhandlungen beginnen.
Beide Teile beriefen sich auf ihre Riegungen. Damit ließ sich
jedoch nichts anfangen, da sie verschiedenes sagten, so daß beide int
Recht gewesen wären. Da schritt der Hüttenstciner zur Verhörung
von „Erfahrungsmännern", und zwar von beiden Seiten/) und alle,
auch die Wildenegger, sprachen zugunsten Salzburgs.
Der erste Mann sagte, er habe es von dem Trägenreiter/) „bei
welchem das neue Schloß Hüttenstein zu bauen angefangen
worden", und noch von anderen Pflegern (bei Verlesung des Land-
rechts) gehört, daß das Pflegvieh im Frühjahr vor dem Auftrieb auf
die Hochalmen stets auf die Voralpe beim Eibenberg getrieben worden
sei. — Der zweite sagte aus: Als die Pfleger noch das alte Schloß
bewohnt, „welches nit weit von hundert Jahren fein werde",
habe ein Torwarthänschen auf dem Klanstor 4) gestanden. Das Tor
war zur Nachtzeit zugesperrt und wenige Schritte unterhalb des Tores
war ein Baumschranken über die Straße gelegt, „damit niemand nächt-
licher weil oder heimlicherweis' ein- und ausreisen möge". Als die
Pfleger das alte Schloß verlassen hatten, wurde den Scharflingern
(Wildenegger Untertanen) manchmal gestattet, sich vom Eibenberg
Holz zu holen, doch mußten sie jedesmal erst mit einem Geschenk von
„Fischen oder gar schönen Eierwccken" sich beim Pfleger einstellen,
um ihn günstig zu stimmen. In früherer Zeit hatte zwischen den
Bergen durch nur ein schmaler Saumweg geführt, dessen Instandhal-
tung den Hüttensteiner Untertanen oblag, die dafür den Fuhrlohn und
die Maut von den durchgehenden Waren ^) einnehmen durften. Dann
ist unter der Regierung des Erzbischofs Matthäus (1519-—1540) hier
eine Straße gebaut worden, darauf man mit Wagen fahren konnte,
die Maut aber wurde jetzt erhöht und vom Mautamt, das auch für die
') Der Pfleger von Wildenegg an den von Hüttenstein ddo. 15. Dezember
1612. Ebenda.
2) Protokoll über die Vernehmung in der Grenzfrage ddo. 26. Dezember
1612. Ebenda.
3) ca. 1564/5 Pfleger. Der Zeuge war damals 18 Jahre alt.
4) Das Klaustor ist innerhalb der Hüttensteiner Grenze an einem heute
nicht mehr genau zu bestimmenden Punkt der durch die Scharflinger Schlucht
hinausführenden Straße (wahrscheinlich oberhalb der Kapelle) gestanden.
6) Meistens Salz. Es wurde auf Saumtieren befördert und von jeder
Ladung wurden 2 Pfennige Maut eingehoben.
76
Grenzvertrag
von 1689.
Erhaltung der Straße nunmehr zu sorgen hatte, eingenommen. Den
Untertanen blieb nur noch das Fuhrwerk. Seit der gesteigerten Durch-
fuhr von Schiffbau- und Hallholz mußte das Vcrweseramt Ischl jähr-
lich 3 fl. und 4 Fuder Küchensalz zun: Straßenbau beisteuern. —
Die Aussagen der anderen Zeugen bestätigen, daß man sich beiderseits
nur an die Hüttensteiner Riegung gehalten habe. Und als einmal
(1582) die Mondseer sich unterstehen wollten, von einem Windwurf
auf dem Eibenberg Holz zu nehmen, da hatte der Einspruch des
Pflegers Überacker genügt, sie von diesem Vorhaben abzubringen.
Nun ließ man für eine bevorstehende Kommission von einem
Maler einen Abriß des strittigen Grenzgebietes zeichnen. Dieser Abriß
ist uns erhalten?) Was die Kommission geleistet hat, ist aber nicht
bekannt. Wir wissen nur, daß Salzburg im Besitz des Eibenberges
blieb, daß also die Hüttensteiner Riegung hier nicht weiter angefochten
wurde. Die Grenzregulierungskommission von 1689 entschied dann
endgültig zugunsten Salzburgs, indem sie die Grenze vom Drachenstein
über den Griesberg und Brantlberg, von da aber nicht, wie die Mond-
seer wollten, über die Klausen auf den Schafberg hinauf, sondern vom
Brantlberg hinab nach Schärfling an den Mondsee führte. Dagegen
verlor das Erzstift, wie schon gesagt, durch Aufrichtung des Seiden-
fadens einen Teil des Abersees.
Die Grenzkommission hatte aber auch noch andere Fragen zu
schlichten. Der Griesberg gehörte seit jeher zum „strittigen" Gebiet.
Alten Abmachungen zufolge durfte bis zur endgültigen Regelung der
Grenzen dort von keiner Seite irgendein Recht ausgeübt werden. Der
Prälat von Mondsee ließ sich darum nicht abhalten, auf dem Gries-
berg zu jagen. Der Urwald barg allerhand Wild. Er bot aber auch
unterschiedlichen: Gesindel Unterschlupf, brachte überdies durch seine
5 Im Salzburger Museum. Meingast (Der Schafberg zu Salzburg ge-
hörig, Mitteil. d. Ges. f. Salzb. Landest. 1887, S. 239 f.) fetzt diese Zeichnung ins
Jahr 1689. Es steht jedoch außer allem Zweifel, daß wir hier das Werk des
Malers Krebs vom Jahre 1614 vor uns haben. Schon die Einzeichnung des
alten Schlosses Hnttenstein, das in dem Eibenbergstreit (1612) fortwährend ge-
nannt wird, 1689 aber gar keine Rolle mehr spielte, beweist es. Dazu stimmt
auch der längere Aufenthalt des Malers in llnterach. Denn die Aufnahme des
Bildes geschah von der Höhe des Hollerberges zwischen See und Unterach. (Die
Wirtshausrechnung des Malers von der Lasserischen Täfern daselbst belief sich
auf 8 fl. 6 /, woraus auf einen längeren Aufenthalt daselbst zu schließen ist.
St. G. B. G., Cod. 5.)
I.
II.
III.
A
Das Pfleggericht Hiittenstein in den Grenzen der alten
Riegnng.
Das Pfleggericht Hüttenstein in den Grenzen, auf die es
das Kloster Moudsee kraft der alten Wildenegger Riegnng
beschränkt wissen wollte.
Das Pfleggericht Hiittcustein nach der Grenzregulierung
von 1689.
Wildenegg
Wildenegg
'•^AU-ffüüenstein °*-*»**
^;x Krotensee
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Am. Schober
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Am Schober
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Pieckwand
Königs
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Wieslerhor)
Gönnerhorn
Hochzinken Osten
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Maßstab 1 :200.000.
Verlag von Alfred Holder, k. u. k. Hof- und Unioersitätsbnchhändler, Wien und Leipzig.
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77
Unwegsamkeit manchem Wanderer, der sich verirrte, den Tod. Es ist
zu bedenken, daß von der Straße, die heute von Schärfling nach Plom-
berg dem Mondsee entlang führt, dazumal noch keine Spur vorhanden
war. Man fuhr über den See. Das Kloster Mondsee wollte längst
einen Weg da hinüber bauen, doch die Verträge mit Salzburg standen
deni entgegen. Als im Jahre 1680 ein kaiserlicher Befehl an das
Gericht von Wildenegg kam, der die Wiederherstellung der alten ver-
fallenen Wege gebot, machte man sich in Mondsee eiligst daran, die
Absicht auszuführen. Es kümmerte den Prälaten wenig, daß hier, da
überhaupt nie ein Weg bestanden hatte/) auch kein „alter Weg" aus-
zubessern war. Er bot eine große Zahl von Arbeitern auf, den Fuß-
steig — um eine Straße handelte es sich da noch gar nicht — vor
dem erwarteten Einspruch Salzburgs möglichst weit fertigzustellen.
Aber in Hüttenstein kam man bald dahinter. Und die salzburgische
Regierung ließ den Weg wieder — vernichten. Die Grenzkommission
von 1689 erkannte die Wichtigkeit dieses Verkehrsweges und übertrug
dessen Ban und Erhaltung dem Kloster Mondsee, jedoch mit Aner-
kennung des Fürsten von Salzburg als Grundherrn.
Der Vertrag wurde am 26. Mai 1689 in Mondsee unter-
zeichnet?) 1692 bis 1697 gehen die Verhandlungen wegen Herstel-
lung des Seidenfadens. Einige Schwierigkeit bot dabei die Be-
stimmung des Punktes in der Dittlbachmündung, wo der Grenzstecken
eingeschlagen werden sollte. Der Bach hatte im Laufe der Zeit viel
Schutt in den See hinausgetragen, damit auch die Mündungsstelle
hinausverlegt, wodurch das Gebiet innerhalb des Seidenfadens zum
Nachteil Salzburgs größer geworden war. Ein zweiter Übelstand war
der, daß in die gerade Linie des Seidenfadens zwischen Dittlbachmün-
dnng und Jschlabfluß ein Vorsprung des Pürgls hineinragte, so daß
die Linie nicht leicht festzustellen war?) Dabei wäre der 1689 mühsam
geleimte Friede beinahe in die Brüche gegangen, indem bei der Mark-
steckenschlagung, die am 30. Mai 1697 mit einer gewissen Feierlichkeit
’j „Alwo bißhero khain geheweeg gewest, sonder alles zu Wasser fortkhom-
ben nliessen . . ." Pfleger Balthasar Lürzer an das Hofgericht ddo. 22. Februar
1680. Hofr. Hüttenst., Nr. 25.
2) Die Ratifikation durch Salzburg geschah jedoch erst am 18. März 1690.
Hofr. Hüttenst., Nr. 31. Der Wortlaut des Vertrages ist im Olircm. Lunael.,
p. 422 ff. abgedruckt.
3) Ein Ingenieur mußte da zu Hilfe kommen. Hofr. Hüttenst., Nr. 32.
vor sich ging, der Hüttensteiner Pfleger Leopold L. Lürzer auf den
verhängnisvollen Gedanken verfiel, den über die Grenze ragenden Teil
des Pürgls für seinen Landesherrn zn beanspruchen. Zum Glück ging
man in Salzburg selbst nicht darauf ein. Es wurde nun vor die
äußerste Spitze des Pürgls gleichfalls ein Stecken gesetzt, so daß der
Seidenfaden eine Ecke um den Berg machte.
Mit dem Abschluß des Vertrages von 1689 waren noch keines-
wegs alle Streitfragen gelöst. Die darin verfügte Überlassung von
sieben Hüttensteiner Untertanen, der sogenannten „Niedernseer", an
Moudsee hatte die Sache sogar eher verwickelt als geklärt. Ein neuer
Vertrag, der 1759 geschlossen wurde, sollte nachholen, was versäumt
worden war. Das salzburgische Urbaramt in Mondsee, dieser Pfahl
im fremden Fleisch, ist endlich abgeschafft worden. Der — jetzt be-
trächtlich enger gezogene — Wirkungskreis dieses Amtes wurde dem
Gericht Hüttenstein übertragen?)
Aber auch anderes war 1689 versäumt worden. Die Grenze
am Fachberg blieb überhaupt unklar und die Frage der Attersee-
grenze ü ist erst 1777 von Österreich, und zwar mit Gewalt, ent-
schieden worden, indem eine Kommission unter militärischer Bedeckung
in der Burgau landete und die Schiffhütten der salzburgischen Unter-
tanen dort zerstörte?) Damit sollte Österreichs Anspruch auf den
ganzen See durchgesetzt werden. Das Erzstift mußte sich's gefallen
lassen. Die Übergriffe kaiserlicher Grenzwächter gab noch oft Gelegen-
heit zu Streitigkeiten?) Wir könnten dem Leser manche — heitere
und ernste — Geschichten aus dieser Zeit auftischen,^) wollen aber
*) Näheres bei Zauner-Gärtner, Nene Chronik V, 146sf.
2) Zwischen Unterach und der Burgau, wo die Hüttensteiner Riegnng einen
Teil des Sees „so weit einer mit einer Handhacken in den See werfen mag" für
Salzburg in Anspruch nahm.
3) Am 25. November. Hofr. Hüttenst., Nr. 58.
4) 1772, 1774, 1783, 1789 re. Hofr. Hüttenst., Nr. 50, 52, 53, 61, 63 rc.
5) Wie z. B. ein kaiserlicher Kordonist bei hitziger Verfolgung vermeint-
licher Schmuggler auf salzburgischem Gebiet ins Gedränge kam und in der Angst
vor dem ungeladenen Schießgewehr eines Hüttensteiuers sich hinter Weiberkitteln
verkroch — oder die traurige Heiratsgeschichte des Radauers, der, mit einer Wolf-
gaugerin rechtmäßig verlobt, von den Eltern seiner Braut gehaßt und verfolgt,
um seine Auserwählte jahrelang prozessierte, bis er, nach Aufopferung seines ganzen
Vermögens von 300 fl. für die Erkämpfung seines Rechts, elend zugrunde
ging. Eine seltsame Verquickung der beiden Historien von Romeo und Michael
Kohlhaas.
79
dieses Kapitel, das unerschöpfliche, vom nachbarlichen Zwist am Aber-
see hiermit beschließen.
Im Mittelalter war das Heerwesen im Erzflift Salzburg wie Kriegswesen
in den anderen Territorien des Reiches auf den Dienst des Adels,
der Ministerialen und Ritter gegründet. Durch Erzbischof Friedrich V.
wurde 1494 die Landfahne errichtet, ein Aufgebot des zehnten Mannes,
wie es in den benachbarten Staaten schon längst bestand, aber nur
in Zeiten der Bedrängnis, wenn ein feindlicher Einfall drohte, zur
Geltung kam. Die salzburgische Landfahne war aus den Kontingenten
der einzelnen Gerichte gebildet, deren jedes ein Fähnlein stellte, im
ganzen (um 1500) 8000 Mann stark?) Die Landwehrleute aus dem
Hüttensteiner Gericht mußten sich alljährlich in Talgan zur Musterung
einstellen?) Wer ausblieb, wurde mit 4 Schilling, ein zweites Mal mit
1 fl., in Kriegszeiten aber um das Dreifache gebüßt?)
Die Stürme des Dreißigjährigen Krieges haben das Salz-
burger Land verschont; die Anwerbung von Söldnern, die wiederholte
Abhaltung eiue§ Kriegsrates und die Befestigungsarbeiten im Paß
Lueg, in Loser, Hüttenstein, Mandling, beweisen aber, daß sich Erz-
bischof Paris nicht sicher fühlte?) 1633 gründete er den Hofkriegsrat
und schuf gleichzeitig sogar ein „stehendes Heer" von 200 Mann?)
Die Hüttensteiner Amtsrechnungen aus dieser Zeit lassen trotz
ihrer trockenen Kürze das lebhafte Treiben, das im Lande herrschte,
deutlich erkennen. Schon im Januar 1620 sah sich der Pfleger wegen
der in Massen durchreisenden Landsknechte genötigt, am westlichen Aus-
gang des Dorfes ein mächtiges Tor zu bauen, das zur Nachtzeit ge-
sperrt werden sollte?) 1626 wurde eifrig an der Befestigung der
Pässe gearbeitet. Bei der Litzlwand, nächst dem Lueger Brauhaus
und „zwischen den Bergen" in der Scharflinger Klause wurden Schanzen
aufgeworfen und Wachthütten daneben erbaut; ?) und als sie fertig
waren, kam der Befehlshaber von Salzburg, Hans Werner von Rait-
i) Schallhammer, Kriegswesen, S. 39.
') St. G. B. G., Cod. 10, 11 u. a. m.
3) Ebenda, Cod. 26 u. a.
J) Zauner-Gärtner, 1. c. II, 132.
5) Schallhammer, 1. c.
6) St. G. B. G., Cod. 11.
’) Gesamtkosten: 83 fl. 6 ß. Ebenda, Cod. 16; im nächsten Jahre 34 fl.
2 ß 12 3). Cod. 17.
80
iencut herausgeritten, die Befestigungswerke zu beaugenscheinigen. In
Talgau lag salzburgisches Kriegsvolk auf der Wacht gegen die auf-
ständischen Landler. Man sprach davon, daß sie dem Abersee einen
Besuch abstatten wollten. Aber sie kamen nicht. Der Pfleger hatte
schwere Arbeit mit dem Einsangen von Ausreißern, deren es unier
den salzburgischen und auch den kaiserlichen Landsknechten viele gab?)
Auch trieb sich allerhand Gesindel, namentlich Zigeunervolk im Land
herum, das in den Kriegslagern seinen Vorteil suchte, gelegentlich auch
Bauernhäuser mit Brand und Plünderung bedrohte. Solche Leute
nicht hereinzulassen oder, wenn sie einmal da waren, rasch wieder hinaus-
zuschaffen, war die Aufgabe eines Streifkommandos, das in den Dienst
des Pflegers gestellt war?) Durchmarschierende fremde Truppen hatte
der Pfleger bis zur Grenze zu führen. 1638 wurde aus unbekannten
Gründen der Paß in der Scharflinger Klause gesperrt,^ das Jahr
darauf aber durfte ein österreichischer Offizier in den Wirtshäusern von
St. Gilgen sogar den Werbetisch aufschlagen?)
Dann wurde es wieder still in unseren Bergen und abgesehen
von einigen Einquartierungen salzburgischer Dragoner zur Zeit, da die
Türken vor Wien lagen, ist bis zum Ausbruch des österreichischen
0 Bericht nach Salzburg über Arretierung von 14 Deserteuren. St. G.
B. G., Cod. 23 ex 1633. In Ischl war damals kaiserliches Kriegsvolk einquar-
tiert. Ebenda, Cod. 24.
2) „Alß den 15. Apprill dises Jahr (1638- bey 40 Zigeiner, Mann, Weib
und Künd neben etlichen Pferten unfürsechens über den Mänsee herüber und zwi-
schen der Perg auf die Landt gräniz khomen, welche ^man^ biß auf den Abersee
beglaittet und auf die Gräntz gegen St. Wolfgang gefiert, dieweilen man aber
vernomen, dz die von St. Wolfgang ernante Zigeiner undterhalb des Schober
(Strobl) widerumb yber den (Jschler-) Achstög in die Herrschafft (Hüttenstein)
führen wöllen, ist denen daselbs mit Jägern und andern Schizen aufgewart
»vorbei^." Ebenda, Cod. 28 ex 1638.
3) „Den 29. May des 1638. jars ist ein Leitenant mit 48 der Erzherzogin
von Jnsprugg geworbenen Soldaten, so ans der Steyermarch herkhomen, durch
das Pfleggericht gegen Mänsee auf die Confin gefiert und beglaitt worden, in
erwägung man denselben auf empfangene Ordinanz ... den Paß nach Salzburg
nit verstateth und danenhero dem . . . (Wirt in St. Gilgen) vor auferloffene
Zöhrung, darbei neben andern der Leitenambt in Talgei gewest, welcher seine
Muschcatirer thails in beraitschafft gehabt, richtig gemacht 3 fl. 4 ß 16 H."
Ebenda, Cod. 28.
4) Ebenda, Cod. 29. Dem Hauptmann Trautwein wurde gestattet, für die
oberösterreichifchen Landstände im Hüttensteiner Gericht Soldaten anzuwerben.
81
Erbfolgestreites hier nichts Kriegerisches vorgefallen?) Aber auch
dann blieb es bei den gewohnten Maßregeln zum Grenzschutz. Die
Österreicher errichteten in der Eisenau und am Weißenbach Wacht-
hütten, das Holz dazu nahmen sie ans den Hüttensteiner Salincn-
wäldern, und Salzburg befestigte seine Schanzen von neuem und schickte
Feuerschützen dahin?) Der Pfleger klagt über die „unglaublich henffi-
gen Arbeithen", die ihm die Durchmärsche ungarischer Panduren ver-
ursachen, wie es scheint, nicht mit Unrecht, denn sie haben schon hier
wie im Feindesland gehaust?)
Verhältnismäßig am stärksten haben noch die napoleonischen
Kriege das Hüttensteiner Land in Kontribution gesetzt. Zu Kämpfen
aber ist es — abgesehen von einem kleinen Patronillengefecht (1809)
— auch da nicht gekommen.
Am 18. Dezember 1800 sind die ersten Franzosen, 4000 Mann
unter Kommando des Generals Puthod, von Salzburg her durch
St. Gilgen marschiert, ohne auf Widerstand zu stoßen?) Der Krieg
war mit der Niederlage des Erzherzogs Johann bei Hohenlinden
(3. Dezember) bereits entschieden. Das Treffen auf den Walser Fel-
dern bei Salzburg (14. Dezember) war nur ein Rückzugsgefecht. Am
9. Februar 1801 wurde zu Luneville der Friede geschlossen. Die
Brandschatzungen, die der siegreich vordringende Feind verübte, waren
ungeheuer. Nach der von Zauner angestellten Berechnung^) sollen
die Kriegsschäden im Hüttensteinischen über 10.000, im Talgau gar
40.000 fl. ausgemacht haben?) Vom Dezember 1800 bis in den
0 „Den alda liegenten Dragonern sein ans Mangel eines andern aus
dem hiesigen Amtshabern abgeben worden 78 Metzen" (für 39 fl.). St. G. B. G.,
Cod. 61 ex 1683.
2) Ebenda, Cod. 115 ex 1742.
3) Z. 93.: 7 fl. Reparaturkosten für die Planken beim Jägerhaus in Aber-
see, die von den ungarischen Truppen völlig niedergerissen und verbrannt worden.
Ebenda, Cod. 116 ex 1743. — 1746 mußte das Pfleggericht ein Verzeichnis der
erlittenen Kriegsschäden nach Salzburg einsenden. Darin wären ausführlichere
Nachrichten über die damaligen Vorgänge im Land und namentlich iiber dessen
Besetzung durch österreichische Truppen zu finden. St. G. B. G., Cod. 118.
,) Koch-Kanzler, I. c., S. 347.
6) I. Th. Zauner, Beyträge, 3. Bd., S. 421 f. — Über die Vorgänge in
Talgau: ebenda, S. 120 ff.
6) Die Amtsrechnung von Hüttenstein berichtet von einer Kontribution im
Betrag von 800 fl., davon die Amtskasse den dritten Teil bestritt. St. G. B. G.,
v. Frisch, Kulturgeschichtl. Bilder vom Abersee. 6
82
März des nächsten Jahres hinein hielten französische Streifpatronillen
und Requisitionen *) das Volk in Atem. Wie die Franzosen da gc-
wirtschaftet haben mögen, davon geben die genannten Zahlen einen
Begriff. In der mündlichen Überlieferung des Volkes lebt heute noch
die Erinnerung an einzelne Ereignisse aus jener Zeit.
Auch der Krieg von 1805 brachte den Feind ins Land. Es
war im Spätherbst, kurz vor der Schlacht von Austerlitz, als fran-
zösische Truppen, meistenteils vom Korps des Marschalls Ney, auf
dem Wege nach Wien St. Gilgen passierten?)
Erst im Feldzug 1809 geschah im Hüttensteiner Gericht etwas
zur Verteidigung des Landes. Die Pässe wurden befestigt und die
Landtvehr aufgeboten. Die Bauern mußten ihre alten Schießrohre
zur Pfleg bringen, von Salzburg kamen neue Gewehre und Munition
zur Ergänzung?) Aus der wehrfähigen Mannschaft wurde eine Land-
wehrkompagnie gebildet und nach Salzburg geführt. Noch im Herbst
1808 ging man an die Befestigung des Hochwegs, der seither auch
den Namen „Franzosenschanze" führt. Bis in die Höhe unter dem
Zwölferhorn wurden Erdwerke angelegt. Man gedachte von hier aus
nicht allein die Jschler Straße zu sperren, sondern auch eine Überfahrt
des Feindes über den See zu verhindern. Der Platz war zum Sperr-
punkt wohl geeignet. Den ganzen Winter wurde mit Anspannung
aller Kräfte daran gearbeitet. Es war aber vergebene Mühe, denn
die Schanzen sind nie verteidigt worden. Offenbar hatte man den
Gedanken, hier einen zweiten „Paß Lueg" zu schaffen, frühzeitig wieder
fallen gelassen.
Franz Anton Berchtold von Sonnenburg, der Held von Loser,
war von St. Gilgen gebürtig?) Er war der Mann, der hier etwas
hätte leisten können. Aber das Schicksal hatte ihn auf einen andern
Cod. 162, wo auch von einem amtlichen Bericht über die Kriegsschäden die Rede
ist, der vielleicht von Zauner benützt wurde.
1) Z. B.: „Für die während der Anwesenheit der Franzosen von selben
requirierten und zur Pflege eingelieferten Fische bezahlt: 7 fl. 13 kr. 1
Ebenda, Cod. 160 ex 1801.
2) Schallhammer, Die kriegerischen Ereignisse . . ., gibt die Stärke der
hier durchmarschierten Truppen mit 13.244 Mann und 1937 Pferden an.
3) St. G. B. G., Cod. 172 und 173 ex 1808 et 1809.
4) Er war dort als Sohn des gleichnamigen Pflegers zu Hüttenstein am
14. März 1749 geboren. — Wurzbach, Biogr. Lexikon, 35. Bd., S. 314.
83
Posten berufen. Als Chef der salzburgischen Landesverteidigung kämpfte
er 1797 und 1800 in den Loferer Bergen mit Glück gegen die
Franzosen. 1805 aber fiel er in die Hände des Feindes und starb
im März 1809 an den Folgen der Mißhandlungen, die er von den
Franzosen während seiner Gefangenschaft hatte erleiden müssen.
Am- 30. April kam die 6. (St. Gilgener) Landwehrkompagnie
nach Hanse und löste sich auf. Gleichzeitig marschierten einige öster-
reichische Bataillone auf dem Rückzug von Salzburg her, wo sich die
Franzosen bereits eingenistet hatten, hier durch. 60 Mann blieben
mit ihren Offizieren im Dorf und stellten auf der Höhe des Reitberges
Vorposten aus. Am nächsten Tage zeigte sich zum ersten Mal eine
feindliche Abteilung in Gestalt einer bayrischen Reiterpatrouille, die
von Hof herüber gegen St. Gilgen rekognoszierte. Einige Schüsse in
die Lust begleiten dieses Ereignis. Daraufhin zogen die Österreicher
nach Strobl ab und schickten Patrouillen zurück bis gegen Lueg?) Am
26. Mai rückten 8000 Bayern in St. Gilgen ein. Der bayrische
Kronprinz Ludwig folgte den andern Tag und stieg im Pfleghaus ab.
Von den Österreichern war nichts mehr zu sehen. Am 27. Mai, dem
Vorabend des Namenstags des bayrischen Königs, wurde eine See-
beleuchtung veranstaltet. Die Musikkapellen von drei Regimentern
fuhren in Zillen umher und auf den umliegenden Höhen loderten
Freudenfeuer.
Den folgenden Tag kam die Kunde von Aspern. Die Bayern
erhielten den Befehl, nach Linz vorzurücken.
Nun war bis zun, 11. Juli Ruhe. Da traf die Meldung ein,
daß der französische General Rusca^) der mit seiner Division bei der
italienischen Armee gestanden hatte und kürzlich im Vormarsch gegen
Wien von den Österreichern bei Leoben arg gezaust worden war, auf
seinem Rückzug nach Salzburg St. Gilgen passieren werde. Am
13. Juli kam er denn auch mit 3000 Mann, wovon 600 gefangene
Österreicher waren, in kläglichem Zustand an. Sofort ließ er durch
den Pfleger Liebenheim einige Bauern zusammentrommeln und ver-
r) „Bey der Retirade der österreichischen Truppen und der Invasion der
feindlichen Truppen ist die ganze Gartenblanke beyni Amtshaus zerrissen und
theils verbrannt, theils zu Lagerhütten verschleppt, auch noch ein so anderes
ruiniert worden." St. G. B. G., 0oc>. 173 ex 1809.
2) Derselbe, der sich nachmals in Tirol durch seinen Übermut hervorgetan
hat. Vgl. Bartsch, Der Volkskrieg in Tirol, S. 72f.
6*
84
kündete ihnen Napoleons Sieg von Wagram. Am Abend desselben
Tages zog die Division nach Salzburg ab?) Die letzte Hoffnung,
die noch blieb, galt den Bauern von Tirol. In der regnerischen Nacht
vom 24. September schickte der Pfleger einen Boten in die Abtenau
um Erkundigung über die „allfällige Annäherung der Tyroler In-
surgenten"?) Daß dies zur Nachtzeit geschehen, läßt vermuten, daß
die Sendung vor den Franzosen geheim gehalten werden sollte. Lieben-
heim hatte sich gegen die jeweiligen Machthaber im Lande, ob es nun
Österreicher, Bayern oder Franzosen waren, immer willfährig gezeigt.
Darum muß diese Tat, wenn sie wirklich im Dienste des Vaterlandes
geschah, überraschen. Der Mondseer Pfleger Petermandl war von
anderer Art. Ein grimmiger Franzosenhaß beseelte ihn und gab ihin
die Richtschnur für sein Handeln. Als das Mondseer Land bereits
ini Bereich des feindlichen Heeres war und die Franzosen jedes Ein-
verständnis mit den Österreichern mit dem Tode bedrohten, ließ er,
der Weib und Kinder daheim hatte, sich nicht abhalten, mit den öster-
reichischen Vorposten geheime Verbindungen zu pflegen. Durch Ab-
fangen und Ausliefern französischer Späher, mit tatkräftiger Hilfe bei
der Flucht von Gefangenen, die sich selbst befreit hatten, durch Mit-
teilung von allerhand Vorgängen im feindlichen Lager usw. wußte er
den Österreichern wichtige Dienste zu leisten?) So stand die Tätigkeit
Petermandls in grellem Gegensatz zur Untätigkeit seines Amtsbruders
von St. Gilgen. Dabei ist jedoch zu bedenken, daß Petermandl immer
der Österreicher blieb, der er von Haus aus war, während Lieben-
heim mit seinem Amt muerhalb zwölf Jahren fünfmal den Herrn
wechselte?)
Die Verwaltung der 37 salzburgischen Pfleggerichte blieb unver-
ändert bis 1811, wo die Bayern eine Neuorganisierung begannen, die
aber nicht gut war. Die Aufhebung von acht Gerichtsstellen (darunter
Hüttenstein) war ein Fehler, der das Landvolk, besonders im Gebirge,
empfindlich traf. Man hatte auch in Unkenntnis der Verhältnisse das
y Bericht des Pflegers v. Liebenheim, abgedruckt bei Schallhammer, I. c.
2) St. G. B. G., 6ocl. 173 ex 1809.
3) Schallhammer, 1. c. und Proschko, Geschichtshalle, S. 113ff.
4) Nach der Säkularisation (1802) wurde Salzburg als Kurfürstentum
dem Großherzog von Toskana übergeben, 1805 kam es an Österreich, 1810,
nachdem es inzwischen eine Zeitlang in den Händen der Franzosen gewesen,
wurde das Land an Bayern abgetreten und 1815 wieder Österreich einverleibt.
S
85
salzburgische Flachland, wiewohl es keineswegs flach ist, sondern nur
im Gegensatz zum Hochgebirge hinter dem Luegpaß so genannt wird,
nach dem Maßstab der bayrischen Ebene gemessen. Darum wurde der
Hüttensteiner Bezirk mit Talgan vereinigt und blieb dabei auch noch
unter der österreichischen Herrschaft bis 1823. Später verfiel die
österreichische Regierung in denselben Fehler, indem sie umgekehrt den
Gerichtssitz von Talgau nach St. Gilgen verlegte?) Bei diesem kopf-
losen Experimentieren zweier Regierungen erkannte die Bevölkerung erst,
wie gut sie unter der Herrschaft der Erzbischöfe verwaltet gewesen war.
Und in der Tat, die große Zahl geschlossener Gerichtsbezirke war ein
Segen für das Volk, das, in so vielen Dingen von der Obrigkeit ab-
hängig, dabei den Vorteil einer schnellen Rechtshilfe genoß. Es war
der Segen der vielgeschmähten Kleinstaaterei.
Der Besitz des ehemaligen, von Kaiser Leopold II. 1791 auf-
gehobenen Klosters Mondsee fiel 1809 als ein Geschenk Napoleons
dem bayrischen Marschall Wrede zu. Dieser kaufte auch die Trümmer
von Hüttenstein am Krotensee (1817) und erbaute dort das dritte
Schloß, das heute noch steht. Auch St. Wolfgang wurde nach
der Säkularisation Mondsees zu einer weltlichen Herrschaft umge-
wandelt?)
Wir müssen mit einigen Worten der Steiukreuze und Betsäulen
gedenken, die zum frommen Gedächtnis an geschehenes Unglück oder
wunderbare Rettung aus Gefahr hie und da errichtet wurden und
heute, zum Teil mit hübschen Sagen verknüpft, als lebende Zeugen
aus vergangener Zeit uns erzählen. Das Setzen von Sühnkreuzen
an die Stelle, wo eine Mordtat geschehen, ist ein uralter Brauch und
war erst (neben der Leistung des Wehrgeldes) eine Verpflichtung, die
dem Mörder auferlegt war. Später stifteten die Verwandten des Er-
schlagenen das Kreuz an die Stelle, um die Vorübergehenden zur Ver-
richtung von Gebeten für das Seelenheil des Toten aufzufordern?)
Solcher Sühnkreuze finden sich am Abersee zwei: das eine, aus rotem
Marmor gehauen, steht am Weg in die Ellmau in der Laimer
Rieget, oberhalb des Dorfes St. Gilgen. Es trägt die Jahreszahl
1674 und die Buchstaben 8. 0. Die Veranlassung seiner Errichtung
st Verhandlungen des Salzb. Landtags, 1l. Session, 2. Periode, 1868.
st Hittmair, Der josefinische Klostersturm, S. 503.
3) Eysn, Über alte Steinkreuze, Zeitschr. f. österr. Volksk. III (1897),
S. 65 ff.
Alte
Denkmäler
am Abersee.
86
ist unbekannt. 1716 tmtvbe bei dem Kreuz die Leiche eines Mannes
gefunden, und nun grub man in die Rückseite des Steines auch den
Namen dieses Toten EL P. (Hilarius Pichler) mit der Jahreszahl. —
Ein zweites Sühnkreuz, das
aus dem Jahre l 422stammt,
war vor 30 Jahren noch
am Dittlbach bei St. Wolf-
gang zu sehen. Heute sind
nur noch Bruchstücke vor-
handen. Das Holztriften
soll das Denkmal, das
hart am Bachufer ge-
standen, frühzeitig zugrunde
gerichtet haben?) Die Sage
von einem erschossenen Wild-
schützen ist mit diesem Kreuze
verbunden. Die Reste einer
Martersäule,^) die einst-
mals auf der Höhe des
Falkensteins, am Weg nach
St. Wolfgang aufgerichtet
war, sind in das Museum
nach Salzburg gerettet
worden. Sie war von einem
bayrischen Grafen Aham
im 15. Jahrhundert, offen-
bar zu Ehren des heil. Wolfgang, gesetzt worden. Eines der vier Reliefs,
die darauf eingemeißelt waren, stellte den sagenhaften Beilwurf, der-
ben Platz zum Bau des St. Wolfgang-Kirchleins bestimmen sollte, dar.
Ein eigenartiges Kunstwerk, wunderbar schön in den Formen
und gut erhalten, ist das Bildstöckl in Fürberg, von Ulrich Nagl von
*) Zeller, Alte Wahrzeichen am Abersee, berichtet, daß die übrig ge-
bliebenen Trümmer in einem nahe am Bach gelegenen Garten zur Schmückung
eines Brunnens Verwendung gefunden haben.
2) Die vorbeiziehenden Wallfahrer sollen sich durch Drehen der beweglichen
Säulenteile zur Buße, ähnlich wie mit dem Steinschleppen abgemartert haben.
Daher angeblich die Bezeichnung „Martersäule". Zeller, I. o.
Das Schloß Hüttenstein am Krottensee.
Nach einer Zeichnung aus der ersten Halste des 19. Jahr-
hunderts. — Das Original befindet sich im Museum 6aro1.-
^n§n8t6um zu Salzburg.
87
Ulm 1509 wahrscheinlich eigenhändig gearbeitet. Wo cs ursprünglich
gestanden, ist nicht mehr zu ermitteln?)
Die Sage erzählt von einer übermütigen Hochzeitsgesellschaft,
die, von St. Gilgen in die Ried heimkehrend, auf dem Eise des Sees
zu tanzen anfing, dabei einbrach und ertrank. Die Musikanten, die
am Uferrand gesessen und zum Tanz aufgespielt hatten, sollen zum
Gedächtnis des Unglücks ein Kreuz, das Hochzeitskreuz, dort am
Ufer errichtet haben. Dieses Hochzeits-
kreuz ist heute verschwunden?) Eine
mit Schindeldach überdeckte Bildsäule
steht hinter der Stelle, wo noch vor
kurzem das kleine verwitterte Steinkreuz
aus dem felsigen Boden ragte. Eine
Inschrift in Marmor berichtet, daß der
salzburgische Stadthauptmann Longinus
Walther zu Waltherswill und seine
Frau, eine geborene Haunsperg, dieses
Denkmal, das in einer Nische den dorn-
gekrönten Heiland zeigt, 1609 haben
aufstellen lassen. Longinus v. Walthers-
will war ein tüchtiger Kriegsmann im
Dienste des Erzbischofs Wolf Dietrich
von Raittenau, kämpfte 1606 gegen die
aufständischen Taxenbacher und ver-
teidigte 1610 in Mattsee die Grenze
des Erzstifts gegen die Angriffe des Passauer Kriegsvolks. Beim
feierlichen Einritt des neugewählten Erzbischofs Marx Sittich von
Hohenems in die Stadt Salzburg (1612) eröffnete er den Zug. Auch
sonst wird sein Name öfters genannt?) Ob er bestimmte Gründe
0 Ein Bild, das den Ausblick von der Straße „zwischen den Bergen" ans
das Schloß Hüttenstein bietete zeigt im Vordergründe hart neben der Straße eine
Abbildung dieser Betsüule. Ob sie sich wirklich dort einmal befunden oder von
dem Zeichner willkürlich in dieser Umgebung dargestellt wurde, weiß ich nicht zu
sagen. Vgl. die Abbildung S. 86.
2) 1903 war es noch an seinem Platz. Wohin es gekommen, konnte ich
trotz eifriger Nachforschung nicht erfahren. Vermutlich' ist es mutwillig in den
See geworfen worden.
3) Zauner-Gärtner, I. c. I, p. 95, 115; II, p. 21 re.
Das Hochzeitskreuz.
(Photographie.)
88
hatte, bei dem Hochzeitskreuz ein Denkmal zu errichten, bleibt unauf-
geklärt. Fast möchte inan es glauben. Wenigstens ninß die Ansicht,
er hätte im zufälligen Vorbeikommen, beim Anblick des einsamen Kreuzes
und durch die Erzählung der Geschichte gerührt, sich zu der fronunen
Tat entschlossenst) als wenig glaubwürdig bezeichnet werden. Außer
der Marmorinschrift fehlt jede sichere Überlieferung in dieser Geschichte.
Da lassen sich schwer Vermutungen aufstellen, geschweige denn be-
gründen. — Unweit des Hochzeitskreuzes steht auf einer Insel im See
das sogenannte Ochsenkreuz, wie die Sage erzählt, zur Erinnerung
an einen Metzger, der, am Schweif eines Ochsen hängend und so
durch den See gezogen, hier glücklich landete. Alls einem Votivbild
in der Sänlennische ist dieses Ereignis dargestellt. Das Denkmal
stammt wahrscheinlich aus dem 16. Jahrhundert.
Nicht nur in der Umgebung des Sees, wo die vielen „Marterln"
es bezeugen, auch draußen in der Welt genoß der heil. Wolfgang als
Fürbitter in den Fährlichkeiten des Lebens große Verehrung. Unter
den Weihgeschenken, die zu seinem Altar gestiftet wurden, finden sich
die merkwürdigsten Dinge?) Aber auch wahre Kunstwerke sind zu
Ehreil dieses Heiligen geschaffen worden, wie der berühmte Altar, den
Michael Pacher in den Jahren 1479 bis 1481 in Holz geschnitzt hat.
Auch der Erzbrunnen vor dem Eingang der Kirche, ein Werk des
Passaner Meisters Raunacher, ist hier zu nennen. Die Kirche selbst
in ihrer heutigen Gestalt steht seit 1504. Das Pfarrhofgebäude und
Schloß ist im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts durch gelegentliche
Zubauten zu seinem jetzigen Umfang gediehen. — Auf dem Falken-
stein, wo St. Wolfgang einst gehaust hatte, ist eine Kapelle erstanden
und daneben eine Klause, von der jetzt nichts mehr zu sehen ist. Der
r) So versucht Zeller den Zusammenhang zu erklären. Eine solche Rühr-
seligkeit können wir aber kaum der edlen Haunspergerin, viel weniger dem alten
Haudegen Longinus zumuten.
2) Abt Bernhard Lidl von Mondsee erzählt in seinem Buch vom
„Überseeischen Gebürg" (1732) die Geschichte einer Menge solcher Votivgeschenke
und erwähnt dabei z. B. „ein sink von einem türkischen Fahn, welchen einige
christliche Soldaten bey der in Ungarn anno 1664 ergangenen Feldschlacht am
St. Gotthardsberg (sie!) erobert, und als sie von denen Türcken umringet
worden, auf gemachtes gelübd zu dem hl. Wolfgang sich glücklich durchgeschlagen";
oder: „ein Pistolenrohr, geopfert von einem Ambtmann zu Reichersperg in
Bayern: solches ist ihme im Losschiessen zersprungen, zurück auf daß Hirn ge-
fallen, doch auf Anrüsten des hl. Wolfgangi kein Schaden zugefüget".
89
Pfleger Johann Wilhelm Lueger hat das Kirchlein 1626 erbaut und
bald darauf zog ein Waldbruder, der aus dein Würzburgischcn ge-
kommen war, droben ein und fristete sein Dasein von den Almosen,
die er bei den Pilgern, die über den Falkenstein zogen, sich erbettelte.
Später richteten sich gar zwei Klausner gleichzeitig dort ihr Quartier
und führten ein Leben in stiller Beschaulichkeit. Sobald einer genug
hatte, trat ein anderer an seine Stelle. Zu Zeiten, wenn die Wall-
fahrer ausblieben, stiegen die Klausner zu Tal und bettelten bei den
Bauern von Tür zu Tür. Erst die bayrische Herrschaft hat (1S12)
ihrem unnützen Treiben ein Ende gemacht. Einer von ihnen, Jakob
Rieder (1684—1717), soll durch die vielen teuflischen Anfechtungen,
die er tapfer bestanden, in der Umgebung Aufsehen erregt haben?)
Die Poesie des Eremitenlebens hat später noch manchen Menschen
hinanfgelockt zur stillen Falkensteinklause. Und einer hat es sogar
verstanden, im Nachempfinden die Stimmung, die einst den ersten
Klausner dort oben in seiner Einsamkeit befangen, in schönen Versen
zu besingen: I. V. Scheffel in seinen Bergpsalmen. Die Berg-
psalmen sind auch ein Denkmal, ein „Wahrzeichen vom Abersee" und
dauernder als die von Stein und Erz.
Wir sind an: Schlüsse. Ziemlich regellos haben wir die Bilder ®<M-
aus der Geschichte von Hüttenstein aneinandergefügt, ohne ans die
zeitliche Reihenfolge der Ereignisse viel Rücksicht zu nehmen. Aus dein
gegebenen Stoff, der an sich schon fadenscheinig genug ist, war über-
dies eine Auswahl notwendig, die der Darstellung ein gewisses Gleich-
gewicht geben sollte. So ist diese Schrift entstanden, und wenn sie
trotzdem dem Leser einen Begriff von dem Leben und Treiben, wie
es in diesem kleinen Winkel der Welt in vergangenen Zeiten gewesen,
zu bieten vermag, dann hat sie ihren Zweck erfüllt.
9 Dürlinger, Histor.-statist. Handbuch, S. 401 ff.
An h a it g.
Seite
Beilage 1: Einnahmen an Viehzoll in der Zeit von 1773 bis 1786 93
„ 2: Auszug aus dem Landrecht, Rumorhändel im Ausland be-
treffend ........................................................ 94
„ 3: Abersee-Fischordnung von 1558 ............................ 95
„ 4: St. Wolfganger Grenzriegung...............................102
„ 5: Die Ransdorfer Schenkung an Mondsee 829 ................. 103
„ 6: Die Hüttensteiner Gerichtsriegung vor 1689 .............. 104
„ 7: Schiffahrts-Ordnung beim Abersee..........................105
„ 8: Schiffahrts-Vergleich von 1647 .......................... 106
„ 9: Zum Jurisdiktionsstreit auf dem See.......................107
„ 10: Verzeichnis der Pfleger von Hüttenstein...................109
„ 11: Zum Jurisdiktionsstreit auf dem Schafberg..................HO
„ 12: Viehbeschreibung von 1640 und Ausfuhrstatistik 1711 bis
1720 ............................................... 1 12
Verlage Nr. 1
Amts- jahr Aufschlag von außer Lands verkauften Weinen Kaufrecht und Aufschlag Cameraltax von außer Lands in anderes Gericht verkauftem Horn- und Klauenvieh Kaufrecht und Ausschlag und Cameraltax amera ax von außer Lands in anderes Gericht verkauftell Schweinen Kaufrecht und Aufschlag . ' ' fL Cameraltar und Cameraltax von außer Lands in anderes Gericht verkauften Pferden
1773 2 fl. 52 kr. 2 4 25fl. 56 fr.-4 26fl. 3fr. 24 — 64fl. 3fr. —4 6 fl. 32 fr. — 4
1774 1 „ 7 „ 2 „ 28 „ 26 „ - „ 22 .. 39 „ - „ — — 76 „ 2 „ 2 „ 3 „ 2 „
1775 ti 52 „ 3 „ — 18 „ 29 „ - „ — — 65 „ 45 „ - „ 1 .. io „ - „
1777 2 ,, 22 „ 2 „ — 25„ 41 „ 2 „ — — 54 „ 42 „ - „ 4 „ 22 „ - „
1779 .. 54 „ 2 „ 7 „ 54 „ - „ 21 „ 21 .. 2 „ -fl. 38fr. — ^ — 78 „ 16 „ 2 „ 7 42 „ _
1782 - 58 „ 1 „ — 30 „ 50 „ 1 „ — -fl. 12 fr. —4 54 „ 51 „ - „ 5 „ 58 „ „
1784 1 n 3 „ 3 „ 2 38 „ - „ 37 „ 33 „ 2 „ — - „ 27 „ - „ 53 „ 16 „ - „ 6 „ 45 „ - „
1786 37 5 „ 16 „ - „ 34 „ 24 „ „ — - „ 8 „ — „ 85 „ 59 „ - „ 4 „ 32 - „
Später in den Raittungen nicht mehr spezifiziert.
94
Beilage Ar. 2.
Hofrat Hüttenstein Nr. 1. Ohne Jahrzahl (ca. 1556).
In dorso: „Extra et aus dem Land- oder Ehehafftrecht der Hochs. Salzburg. Herr-
schafft Hüettenstain.
„Wann ain Gerichts Undterthonn in der Herrschafft Wildenegckh, für-
nemblich zu St. Wolffganng ein Rumor handl anfienge, wie es damit gehalten
werden solle.
Da sich dergleichen wie hie obgemelt zuetragen wurde, und Hüetten-
stainerische Underthonen, der Gerichtsoberkheit daselbsten entgienge unnd zu
Wasser oder Sches auf den See kommen mag, so ist er deren gericht daselbs aller
straff emprochen unnd kein gehorsam zelaisten schuldig, sonder da er seines gegen-
thails oder feindten halber kein bedenckhen hat, so soll und mag er am dritten
tag widerumb in das Landtgericht oder gemelten Markt ohn ainiches aufhalten
der oberkheit seiner notturfft nach handlen unnd wandten; imfahl aber sein
Widersacher beschwerung zehaben vermaint, so soll er denselben vor dem Pfleg-
gericht Hüettenstain fürzenemen fueg und macht haben.
Begebe sich aber, das ainer durch die oberkheit besagter Herrschafft oder
burkhfriden zu St. Wolffgang auf frischer that erlanngt und zu fenckhnuß ge-
bracht wurde, so ist er mit dem Gericht daselbs um den frevel und mit seinem
Widersacher, umb die schaden sich zu vergleichen schuldig, und so er deß Verbrechens
gegen derselben oberkheit straffmessig gefallen ist, und wie dieselb bezalt würdt,
soll er allermassen dem Pfleggericht Hüettenstain auch sovil straff verfallen sein.
Woferr sich aber zuetriege, das ainer mit dem amen Fueß auf dem Landt
und andern im See stüende, also durch die Oberkheit erlanngt wurde, und doch
straffmessig ist, so solle derselb allen beeden Oberkheiten in gleichmessige straff
gefalln sein.
Item wen ainer sonst ausser Landts zu Wildenegkh oder Wildenstainer
Herrschafft was verbricht, und derselben oberfett ohne glib entgeet, der ist nit
schuldig, sich auf erfordern wider zestellen, oder darzue verschaffen zelassen, allein
er habe demselben gericht oder dessen ambtman die widerstell- oder erscheinung
angelobt, alßdan so ist er, aber sonnst nit, die gehorsam zelaisten schuldig."
95
Vellage Ar. 3.
Abersee-Fischordnung vom Jahre 1558.
„Vermerckht die Visch Ordnung, so durch den Hochwürdigisten Fürsten
und Herrn Herrn Michaeln Erzbischoffen zu Salzburg, Legaten des Stuels zu
Rohm re. bey dem Übersee oder St. Wolffganngssee fürgenommen worden, unnd
wie es nun hinfüro bey demselben See gehalten werden soll.
Erstlich als hochermeltem unserm genedigisten Fürsten und Herrn glaub-
würdig fürkhommen, dz bey angeregt See vil Jar hero khain Vischordnung ge-
halten worden, daraus dan nit allain die Verödung der Visch unnd verderben
derselben ervolgt, sonnder auch die nuzung, die sein fürstl. Gn., dergleichen annder
Preläten, so Seegensgerechtigkhait bey disem See haben, gar in Abschlaipf unnd
die Visch außer des Erzstüffts Lannde khommen, dasselb aber abzestellen und das
gemelter See widerumb gehait werdt, so haben sein fürstl. Gn. als Herr und
Landtsfürst der notturfft nach unnd allem wesen zu guetem, nachvolgende Visch-
ordnung mit zeitigem Rath aufgericht.
Erstlich bey gemeltem See aindlif Seegen, nemblich acht Urbar Seegen,
so unnsers genedigisten Fürsten und Herrn rc. sein, mer der Herr Abbt von
St. Peter aine, des Herrn von Männsee aine und aine genannt die Kuchler
oder St. Wolfganngs Seegen, derselben Seegen Jede soll haben 36 Claffter,
das ist auf ainer seiten 18 Claffter, die Tiefs der Seegen 11 Claffter und mag
dieselb Seegen fieren ain gannz Jar.
2. Mer hat yede Seegen noch ain Lauben Seegen oder Zugnetz, dieselb
soll haben zwainzig Claffter, der nachgang oder Peer vier Claffter, die Tieffe
derselben Seegen oder Zngnez fünff Claffter, solches zugnez soll jeder Seegner
im gannzen Jar nit lennger füeren, dan Vierzehen tag vor Pfingsten und vier-
zehen tag nach Pfingsten, das ist vier Wochen, weil der Laubenlecht ist bey der
Straff.
3. Zu der Seegen mag Jeder Seegner oder Jnnhaber derselben zwelf
weite und vier Ennge Sezgarn haben und dieselben das gannz Jar brauchen.
4 Verrner mag man auf ain yede Seegen zwounddreissig gahrn Reischen,
doch nit lennger als ein Prächsen unnd Hechten Lecht, bey der Straff.
5. Es mag auch ain yede Seegen oder Jnnhaber derselben auf sein Seegen
haben zwelf zain reischen, doch nit lennger, als weil der Lauben lecht werth; bey
der Straff.
6. Zu deme mag auch jede Seegen haben vierunndzwainzig gleger auf
die Ruthen unnd sonnst nit, bey der straff.
96
7. Ain yede der obbemelten Seegen mag haben vier schilling, dz ist
120 Kreisten Kerb, doch alles in maß, Eng und weiten, wie Inen seiner fürstl.
G. Oberster Vischmaister gezaichente Pritl unnd maß geben, auch neben diser
Vischordnung gemalt gesehen, unnd bey dem Vischmaister des Sees jeder Zeit
gefunden wierdet, unnd Jeder Seegner auf seinem Rueder aufgeprend haben
soll, bey der Straff.
8. Die Perer Bischen auch die clain zugnetzl, wie man dieselben ein zeit-
hero zu Pfrillen unnd Lauben gebraucht, unnd damit den Prueth gar aufge-
fanngen, sollen hinfüro abgeschafft sein bey der Straff.
9. Gleicherweiß sollen die toppelten Zipf der Perm, so man ain Zeit über
die groß oder weith Seegen gezogen unnd also dardurch den See an Bischen
vast abgeödt, hinfüro verpodten sein bey ainem Gerichtswanndl.
10. Mit dem fürsezen für die Achen, Im Lax Lecht, soll es gehalten
werden, wie es hievor gebreichig gewesen. Doch soll khain Bischer khain Lax be-
halten, der am gewicht nit ain Pfundt Hat, sonnder welcher Lax hinter ainem
Pfundt schwer gefanngen wierdt, der soll wider in das Seewasser gelassen werden.
Es soll auch sonnst khain Seegner, sonderlich der Herr Prelath von Mänsee
merer gerechtigkhait nit anmassen, als er hievor nit frey in gebrauch gehabt, alles
bey der Straff.
11. Dann im Höchten Lecht sollen mehrgemelte Bischer erst wan der
Märzen drey tag alt ist, sezen und soll Ir khainer vor aufganng der Sonnen
zu seinem Zeug fahren bey der Straff.
12. Es soll auch keiner auf gemeltem See Tribln noch schieben, auch
khain sacher oder geröhrach abschneiden, noch pessen, er fünde dan Prächs, die
mag er umbschneiden mit ainer Senßen und nit weiter bey der Straff.
13. Gleichfals soll niemanndt auf dem See (außgeschlossen wie hernach
gemelt wierdt) Nößlkherb oder annder haimblich Bischkalter noch grueben haben,
bey der Straff.
14. Wann nun der häßlganng ist, sollen die Seegner die wasen, doch
ainer dem andern ohn schaden, schlagen, und alßdann wan der Lecht fürkhombt,
solche wasen iner 14 tagen wider weckh rämen, bey der Straff.
15. Im Prächs Lecht sollen die Bischer die Khlebnez bey der Sonnen
und umb die Vesperzeit setzen und die erst außnemmen des anndern Morgens
wenn es liechter tag ist, unnd ainer den anndern woll erkhennen mag, und soll in
solcher zeit des Prächs Lechts kein Seegner khain Zug vorsahen weil die Sonn
am Himel stets), bey der Straff.
16. Und wann ain Seegner oder Bischer ain Zug mit ainer Stanngen
verfecht, soll ime derselb Zug warten von ain Mittag auf den anndern, unnd
97
soll khainem khain Irrung beschechen, wo sich aber ainer aines anndern
Zugs underwundte, solle der Erst verfanngen Zug widerumb ledig sein;
welcher hierwidter hanndlt, solle nach gelegenhait des verprechens gestrafft
werden.
17. Unnd nachdem nun sein fürstl. G. genuegsarnbe erfahrung hat, das
durch das unordenliche Bischen, so ain Zeitlang bey disem See wider die Pillig-
khait im brauch gewesen, alles Prueth nit wenig außgefanngen worden, unnd
der See dardurch am Bischen in grosse Abödtung khommen, auch iren fürstl. G.
unnd andern Herrn, so Seegens gerechtigkhait haben, an iren Bischdiennsten zu
Schmellerung und den armen Seegnern an irer Nahrung zu Abbruch unnd
sonnderm nachtall geraicht ist, demnach und damit nun angeregter See wider
in aufnemmen khomb, unnd die Bisch gehaidt werden, so solle hinfüro khain
Seegner oder Bischer sein Bischens khlaines oder groß khainem anndern zu vischen
verleichen oder lassen, sonnder die Seegner oder Jnnhaber derselben sollen allain
vermüg diser Ordnung und anderst nit vischen und sollen durch dise Bischord-
nung alle mißbreich, deren man sich hievor bey disem See gebraucht, hiemit ab-
geschafft und aufgehebt sein.
18. Ferrner haben Ir fürstl. G. fürgenommen und wellen, das gemelte
Seegner khunfftiger Zeit das gannz Jar alle Wochen nit mehr als 3 tag, das
ist am Monntag, Erchtag unnd Mitwoch vischen, welcher aber derselben tag
ainen oder mehr ungewitters oder aines feyrtags halber nit vischt, dennselben
tag mag er hernach in ainer andern Wochen erstatten. Doch haben Ir fürstl. G.
genedigclich zuegelassen, weil der Lax und Praxen Lecht werth, soll bemelter
Seegner Jederzeit an werchtägen zu vischen unverwörth sein, gleicherweiß mügen
sy mit dem clain auch vischen, alles vermüg diser Ordnung, bey der Straff aines
ghrichtswanndls.
19. Damit sich gemelte Seegner und Bischer dise Ordnung zu beschwer-
den nit Ursach: haben Ir fürstl. G. bey angeregtem See ain Bischmaister unnd
vier geschwornne Vischkhäuffl, die sich des Vischen auch gebrauchen mügen, doch
Inhalt diser Ordnung, nemblich auf yeder seiten des Sees zween fürgenommen;
dieselben vier Bischkheuffl sollen alle Tag, so man zu vischen pflegt, von aim
Bischer zum anndern aufm See herumbfahren und all gefanngne Bisch und
Khrebs, so die recht lenng und groß haben, ausser gedachter Seegner Grundt-
herren Järlichen Vischdiennst, und was bemelte Grundtherrn über die Diennst-
visch bey dennselben Iren Bischern merers bestellen werden, in dem Kaufs wie
hernach volgt annemmen und also bar bezallen, bey der Straff.
20. Unnd wann sich begibt, das derselben Vischkheuffl ainer oder mer nit
lennger teiglich zu dem Vischkheufftdiennst were, oder nimmer darbey bleiben
v. Frisch, Kulturgeschichtl. Bilder vom Abersee. 7
98
wolte, sollen seiner fürstl. G. Hofmaister und Vischmaister alßdann anndere für-
nemmen.
21. Was und wievil nun gemelte Bischkheuffl von Bischen oder Krebsen
bey dem See khauffen, sollen sy alen Seegnern unnd vischern dieselben von Mit-
fassten biß auf St. Michaels Tag jedes Pfund zallen wie hernach volgt.
Wie Sie an Dezo zu Hos
angenommen, kaufst und bezalt
werden. *) ( Reinanckhen P 16 &
dz AP 24 1 Sälbling P 24
1 ß 18 J, Lax, der hinder ainem Pfund nit ge-
fangen werden soll P... . 24 „
werden nit gefangen Pachverchen P 20 „
28 /Ä Nutten 16 „
24 Hechten 14
24 Pärmb 16 „
24 Weißvisch 16 „
24 , Praxen 12
12 /Ä Alten 8
keine mehr vorhanden . . . . Schlein 8 „
24 & . Schiedt 8
Lauben 4 „
4 /& . Schrazen 3 „
Haßl 3 „
1 ß 18 & C Koppen 32 „
das Viertl < J Grund! 32 „
1 ß 18 ,& 1 Pfrillen 24 „
den Schilling P 4 ^ ... . das Pfundt Krebs, welches sein
240 P 24 „
22. Dann von Michaeli biß widerumb auf Mitfaßten, sollen sy die ob-
bemelten Bisch und Krebs beim See von den Vischern bezallen wie hernach volgt.
Reinanckhen. . . . . . P 16
Sälbling .... . . . . 24 „
Lax • • • • 24 „
Pach Berchen . . . . . . 24 „
r) Von späterer (vielleicht des Purgschwaigers) Hand nachgetragen, wahrschein-
lich gelegentlich des Fischstreites von 1671.
99
Nutten . . . . 24
Höchten .... . . . . 16 „
Pärmb . . . . 20 „
Weißvisch.... . . . . 16 „
Praxen..... .. . • 16 „
Alten • • • • 8
Schlein .... . . > - 8 „
Schiedt .... - - . . 8 „
Lauben .... • • • • 4 „
Schräzen.... . . . . 4 „
Haßt . . . . 4 „
[ Koppen .... . . . . 32 „
das Biertl { Grundl .... ( Pfrillen .... . . . . 32
. . . . 24
Unnd das Pfundt Krebsen P 24 „
23. Gemelte Seegner unnd Bischer sollen nun fürohin (außer Jrer
Grundherrn diennst unnd was dieselben Grundherrn über solch Ir Visch-
diennst bey dennselben Iren Vischeren merers bestellen werden) khain Bisch noch
Krebs, sy sein lebendig oder abgestannden, doch die abgestanndnen nach gelegen-
hait des Werts Niemandts als den Vischkheuffln verkhauffen oder geben, bey
der schweren Straff.
24. Und nachdem nunmals zweifelsohne bey gemeltem See ain merere
Anzal Bisch und Krebs als ein Zeithero beschechen, gefanngen werden, sollen
gemelte Bischkheuffl hinfüro alle Wochen zwayunddreißig Pfundt guet Bisch,
auch was sy von Krebsen gehaben mügen in seiner fürstl. G. Hofkuchl alhero
anntwordten, welche Anzall Bisch, auch die Krebs alß von Inen genommen
unnd inmassen hernachstehet, bezallt sollen werden. Ob sy auch ain merere an-
zall Bisch hieher brächten, die sollen sy Erstlich bey gemelter Kuchl auch ansagen,
und soll Inen von Mitvaßten biß auf St. Michaels Tag bey vorgemelter seiner
fürstl. G. Kuchl, für yedes Pfundt Bisch bezalt werden alß volgt.
Geselcht oder Praten Rei-
nannkhen P . . . . . 28 /Ä
Geselcht Sälbling . . • • 28 „
Lax . . 32
Pachverchen • • 24 „
Rutten . . 28 „
Hechten - ■ 24
7 *
ds Viertl
Pärmb
Weißvisch
Prächsen..................
Alten.....................
Schlein...................
Schiebt ..................
Lauben....................
Schrüzen..................
Haßln.....................
Koppen..................P
Grundl....................
Pfrillen..................
Und das Ä Krebsen, deren
240 sein, P...............
40
25. Dann von St. Michaels tag biß widerumb auf Mitvasten soll Inen
jedes Pfundt Bisch unnd Krebß bey seiner fürstl. g. Hofkhuchl bezalt werden,
wie hernach geschriben.
Geselcht und Praten Rei-
nanckhen P . . ... 28 /Ä
geselcht Sälbling . . ... 28 „
Lax ... 32 „
Pachferchen .... ... 24 „
Nutten ..... ... 28 „
Hechten ... 24 „
Pärmb ... 24 „
Weißvisch. .... ... 18 „
Praxen . . . 18,
Alten ...... ... 12 „
Schlein ... 12
Schiebt ... 12
Lauben ... 8 „
Schrüzen ... 8
Haßln ... 8 „
Koppen ... 48 „
Grundl ... 48
Pfrillen ... 32 „
Krebs ... 40 „
101
26. So man aber der Bisch und Krebs, so sy über den wochenlichen
diennst gehen Hof füehren und dasselb ansagen, zu hoff nit bedürffen, sollen sy
dieselben angesagten Visch unnd Krebs nachmals auf den faillen marckht füern,
unnd die vermüg seiner fürstl. G. Generall Bisch Ordnung verkhauffen, bey
der straff.
27. Unnd wo sich auch begab, das ain Seegner oder Bischer amen fanng
thet unnd deren Bischkheuffl khainer desselben tags zu im kämb, damit er den-
nocht dieselben gefanngnen Bisch über nacht vor schaden behalten müge, so haben
sein fürstl. G. genedigclich bewilligt, das Jeder Seegner oder Jnnhaber der-
selben Seegen amen Bischkhalter, dene Er mit des Bischmaisters vorwissen
machen und also die Bisch wie gemelt (doch über tag unnd nacht nit) darin
haben müge.
28. Damit auch bey denWierdtsheußern, alß am Schober, bey St. Wolf-
ganng und St. Gilgen, an Bisch und Krebs nit manngl erscheine, so haben Ir
fürstl. G. gedachten Bischkheuffln g. zuegelassen, was sy über den wochenlichen
Bischdiennst, und die visch, so sy in den Stuben zu erhalten schuldig sein, von
vischen und Crebsen übrig haben, daß sy die gemelteu Örther, auch Pfarrhöf,
krankt) Personnen unnd schwannger frauen von dennselben überigen Vischen
nach gelegenhait aines jeden Wierthschafft versehen mügen, und sollen dennselben
Jezbemelten khain Pfundt Visch oder das hundert Krebs nit höher als zwen
Pfening dan sy es beim See erkhaufft haben, geben. Es soll auch sonnst khain
mißverstanndt oder ainich annder gefor gebraucht sonnder was die Jhenigen
Hieoben angezaigt, zu Jrer Wierdtschafften nit bedürffen, das alßdann dieselben
visch alher gehn hoff gestiert werden, bey sonnderer Straff.
29. Auf das auch bey gemeltem See, mit allem Bischzeug khain Bortl
gebraucht werde, so sollen Ir fürstl. G. Hofmaister unnd Bischmaister, oder
wen es durch dieselben bevolchen wierdt, zu Jrer Quottember zwen sonnder
auß den Seegnern oder dennen, so Segen recht haben, fürnemmen, dieselben
sollen sambt dem Bischmaister bey dem See allen Bischzeug Quottemberlich be-
schauen, ob derselb diser seiner fürstl. G. Ordnung gemeß gebraucht unnd sonnst
diser Bischordnung in allen Articln nachgelebt werde.
30. Unnd damit nun diser seiner fürstl. G. fürgenommen unnd auf-
gerichte Bischordnung gelebt unnd darwider nit gehanndlt werde, so solle seiner
fürstl. G. Jeziger oder khünfftiger Bischmaister beim See alle Wochen etlich
mall auf den See zu den Bischern und zwayen, so den Bischzeug zue besichtigen
inn bevelch haben, herumb fahren unnd mit allem vleiß besehen, was Jeder
Bischkheuffl in seiner Stuben und wie dieselben durch ine gespeist, wie unnd was
Massen sy auch dem Bischkheuffl Ambt außwartten, unnd mit was vleiß die
102
zwen fürgenommen den Vischzeug in Ordnung halten, und was gedachter Visch-
maister beim See diser Vischordnung zugegen oder in annder Weeg für Neuerung
befindt, dieselben verprechungen solle Er der gebür nach unnd Diser Ordnung
gemäß Straffen.
Doch haben Ir fürstl. G. gahr lautier vorbehalten, dise Ordnung jeder
Zeit nach derselben gelegenhait zu merern oder zu mindern. Urkhund mit un-
serm zu Enndt diser Schrifft fürgetruckhtem Secret verferttigt. Geschehen in
Unnserer Statt Salzburg den 10. Juny A>. 1558 Jar.
Sebastian Dgl, fürstl. Salzbrg. Obrister Bischmaister.
Beilage Nr. 4.
Riegung des St. Wolfganglandes. Kopie ex 1565.
Salzb. Arch. Hofrat Hüttenstein Nr. 2.
„Die Rüegung hebt sich in S. Wolfgangs Länndtl im Tinttlpach, so er
in den See seit, darnach in den Tinttlpach auf in die Risen, von der Nisen auf
in das Thörl, vom Thörl mitten in die scharten zu dem Mittersee ab auf zu
dem Purggraben, ab auf zu der hegkhen, von der hegkhen an den Purggraben,
auf den Grassingegkh, vom Grassingegkh an den Geittenprunn auf an den
Praitenperg, die hoch alle umb und umb bis auf des Maisters eben, von des
Maisters eben auf die Petersau auf das gschaidt, vom gschaid auf die Petersau
hin an den Priel, vom Priel an den Wickhingkhogl bis an den Pobenegkh, von
Pobenegkh an den Pautegg an den Tradeckh; von Tradegg an den Leonsperg
zineckh auf den gartten zineckh auch auf alle hoch, vom Gartten zineckh an den
Walckherskhogl, vom Walckherskhogl an den Merckhengraben ab und ab bis
zum Haller an die straß, vom Haller bis zu dem khloznpierpaum, vom khlozn-
pierpaum bis an die leibloßleutten unzt in die Ischl, da der Lussenpach in die
Ischl feit; nit weit davon und halbe Ischl auf und auf bis an den See. Und
do der See in die Ach felt, da soll man schlahen ain steckhen mitten in die ach
und soll ainen seidenfaden daran bindten mit dem ain Orth; und soll auch
mitten in den Dintlpach ain steckhen schlahen und soll auch das ain orth daran
bindten; und was der Seidenfaden hierinn sagt, gehört in die Herschafft Wil-
denegg, und vor altter also gehalten worden."
103
Beilage Nr. 5.
Schenkung des Abersees an Mondsee 829.
Kopie ex 1662. Hofrat Hüttenst. Nr. 16.
„In nomine Sanctac et Individuae Trinitatis. Lndwicus divina
favente gratia Rex. Aequitatis ratione regiaeque Majestatis moderamine
ad hoc provocamur et excitamur, quatenus iiniversorum maxime autem
servorum Dei utilitatibus promovendis iustisqiie eorum votis ac petitioni-
bus effectus mancipandis Serenitatis Nostrae benignnm favorem praestare
debeamus, ut Salvatoris Nostri, qni dat salutein regibus, misericordiam
consequamur. Huiiis rei gratia fidelium Nostrorum Ernesti et Adalberti
Nobilium virorum mediante interventu, Dilecti Nostri Lamberti, Vene-
rabilis Abbatis de Caenobis Sancti Michaelis Archangel! in Mäense peti-
tioni dementer annuentes, locum in xlbernsee cum toto nemore circum-
iacente ei dem Monasterio ad utilitatem Fratrum Deo inibi militantium
cum omni proprietatis iure in perpetuum legitime possidendum dona-
vimus. Porro ne in posterum pro terminis eiusdem Allodii aliqua oriatur
contentio, situm pariter et metas nemoris supradicto Coenobio assiquati
praesenti pagina annotari fecimus. Pateat itaque Universität! tarn sutu-
rorum quam praesentium idem praedium, quod versus Occidentem incipit
ab ortu fluminis Zinzinbach nominati et inde in Abcrnse protenditur, ab
Oriente vero ex ea parte, ubi Tiimilbach in eundem lacum derivatur
usque ad eum locum, ubi Iscula in Trunam cadit, absque omni dubietate
ad praedictum pertinere Coenobium ex ea quoque parte terminari omnia
in Wizenbach quousque ipse in Trunam retundat. Adjicimus quoque
huiusmodi interdictum, ne ulla persona extranea in locis prae taxatis
piscandi aut venandi vel quicquam vendicandi habeat potestatem, ex-
ceptis Fratribus aut eorum colonis. Ne qua igitur in posterum Ecclesia-
stica saecularisve persona contra lianc nostrae constitutionis paginam
venire praesumat, ipsam sigilli nostri impressione insiquiri iussimus,
quatenus haec corr ob oratio nostra firma et inconvulsa omni aevo per-
maneat. Testes sunt huius solennis donationis Ernsto et Adalbertus
superius annotati, Chumbertus comes, Adermoldus1) comes, Meginwardus
comes, Adelger, Milo, Pülcher, Petto, Himpold, Sicco, Remhoh, Adel
J) Im UBOE.: Redinoldus mit einem: (?); hier ganz deutlich Adermoldus.
104
man/) Faramund; Piso.* 2) Acta sunt liaec in Ränstorff. Anno Dominicae
Incarnationis DOCCXXVIIIL Indictione 7.
In nomine Sanctae et Individuae Trinitatis
Ludwicus divinä favente gratia Rex.
(L. S.)
Abgedruckt im UBOE., 2. Bd., p. 12. — Vergleicht man beide Texte,
so ergeben sich einige sprachliche (orthogr.) Verschiedenheiten, die wohl dem Ab-
schreiber von 1662 zur Last fallen.
Beilage Nr. 6.
Hofrat Hüttenstein Nr. 1. Ohne Jahrzahl (wahrscheinlich 1556),
jedenfalls vor 1689.
In dorso: Abschrift der Hüttenstainerischen Gerichtsriegung.
„Zuvernemen die Riegung so zu dem Schloß Hüettenstain gehert, auch
im Landt oder Eehafftrechten ausgetragen würd.
Erstlich hebt sich die Hüettenstainische Riegung an bey dem Creiz auf der
Lackhen an der hindern Eggseill, geet hinumb auf die Karwandt, neben des win>
dischen Thörleins, von dannen auf die Plonperger hoch, hinumb zum Eybensee,
von danen auf den Schoberstain, auf aller hoch hinumb, wie sich das Regen-
wasser schaidt, volgends in den Kalchgraben, hinab biß zum Männsee, nach
dem Männsee hinumb wie gestatt und Wasser geet, biß gehn Schärfling in das
Urfahr, wo vorhin ein Hütten gestanden, von disem urfahr ausser der Häger-
Herein zue dem pfündlprun, von dem prunen mitten in den Eglsee, von dem
Eglsee widerumb in den Männsee wie gstatt und Wasser geet biß mitten in die
Ach, mitten der Ach hinab biß in Attersee, so weit ainer von dem Seegestatt mit
ainer handhackhen in den See werffen mag, davon dient man unserm genedisten
Fürsten unnd Herrn zu Salzburg rc. Vogtvisch, nach dem Attersee hinumb biß
in die alte Purgau, darnach an den Weissenpach zu dem Steeg, von dem Steeg
an den Scherzer zu dem Creiz, von dem Creiz auf die Praittenperger hoch,
nach der hoch hinumb, wie sich das regenwasser thailt, darnach zu dem Geitl-
prun, von dem Geitlprun in den Purggraben, von dem Purggraben biß in den
0 UBOE.: Adelmar.
2) UBOE.: Tilo.
105
Schidtgraben, von dem Schidtgraben hinumb an das feichtenegckh, darnach in
den Mittersee in das Therl, von dem Therl in Schoberstatt, darnach hinab in
den Dintlpach, dem Dintlpach nach auß und auß biß in den Abbersee, dem See
nach hinumb biß gehn Gartisen, darnach hinumb ins urfahr gehn St. Wolf-
ganng, wie statt und Wasser geet, darnach hinumb an das Pürgl in die Ach zu
dem Steeg, der Ach nach hinab wie statt und Wasser geet biß in Dürrenpach, von
dem Dürrenpach biß in den Lennger, von dem Lennger biß an Mitterkar, von dem
Mitterkaregckh an die Genzwannt, der höche nach hinumb wie sich das regenwasser
thailt biß an den Salzgraben, von dem Salzgraben über die Stuben, von der
Stuben an das Schidegckh, von dem Schidegckh an den Plattenegckh, von dem
Plattenegckh hinumb an die Trauwandt auf alle hoch, von der Trauwandt an den
Scharffen auf alle hoch, auf der hoch hinumb, wie sich das regenwasser thailt, an
den Rinpergkogl, auf aller hoch hinumb an die Schneegrueben, von der Schneegrue-
ben hinab in Schittgraben, dem Schittgraben nach hinauf an die Creizau bey der
hindtern Clausen, von der Clausen in den Lienpach, von dem Lienpach an den
Lanngen Vilz, von dem Lanngen Vilz au Puckhenpergart, dem Puckhenperg
nach auf der hoch hinumb auf den Zinngen zu dem Prünlen, von dem Prünlen
an das Osterhorn, von dem Osterhorn an den Königsperg, von dem Khönigs-
perg an den Loßkogl, von dem Loßkogl an das Stubengeschliff, darnach auf die
Gärttenperg, auf die hoch Küeleitten zu dem Creiz, auf den Sulzperg auf alle
hoch wie sich das regenwasser thailt, von dem Sulzperg auf die Lackhen zu dem
Creiz an die Egkhseil da man angehebt hat."
Beilage Nr. 7.
Auszug aus einem Konzept einer provisorischen Schiffahrts-Ord-
nung für den Abersee. (Unter der Pflegschaft Sebast. Luegers
[1610—1611] zwischen Hüttenstein und Mondsee aufgerichtet.)
Hofrat Hüttenst. Nr. 6. Reg.-Arch. Salzburg.
„Nemblichen das die Schiffer in Hüettenstainer gericht umb den ob-
besagten Abbersee seßhafft, an iren Landtstetten zu St. Gilgen, bey dem Fürperg
und an dem Schober auf ihre Schiff oder Zillnen Kürchfartter oder andere leuth,
Roß oder andere güetter annemmen und mit denselben ungeirt yber den Abber-
see allenthalben fahren, auch zu St. Wolffgang am urfar zue lenden, sdaselbsten
ire schef oder Zillen anhefften und yber Nacht oder längere Zeit mit iren schiffen
oder Zillen wartten mögen, als lang es den kürchfarttern oder anderen, die sie
106
gehn S. Wolffg. gefüert haben, füegen will. Wo aber]*) auch an demselben
urfar Kürchfertter, die ungevehr auf fuehrn wartten und sonnst keinen Schiff-
man bey St. Wolffgang haben mechten, Hinwider gehn St. Gilgen, an Fürperg
oder Schober füehren, aber yber ein stundt auf Kürchfertter oder andere Ladung
an demselben urfar nit verharren, nur allain ainer were iusonderhait bestelt,
oder verhindert durch Wetter, Nacht oder ander ehehaffte noth ungeverlich, alß-
dan wan solche ursach vergangen, solle er daselbst mit seiner schiffung nit lenger
verharren."
Dasselbe gilt inntutm inutnnäis von den Wolfgangern. Dann heißt es
weiter:
. . aber sonst soll zu beeden seitten kain schiffer von fahrenswegen der
Leuth oder güetter umb den Lohn mit lähren Schöff an des andern Thails urfar
weder bey Tag noch nacht ohne redlich ursach komen, es solle sich auch kain
schiffer beeder Partheyen weder durch sy selbst oder andere bey Kürchfartern oder-
anderen Leuthen zu Kürchern, zu Herberch oder gasten umb ladung öffentlich
noch mit ungestümen geschray nit bewerben noch die leuth an sein Scheff zue
setzen ungebürlicher weiß ansuechen, sonder einen yeden wohin in Verlust, frey
ansizen lasten, auf dz andere Schiffer an irer arbait und Nahrung nit verhindert
werden."
Außer den genannten vier Landestellen soll es am See keine geben; nur
wenu Wallfahrer wünschen, über den Falkenstein zu des heil. Wolfgangs Woh-
nung zu gehen, soll es ihnen unverwehrt sein, auszusteigen, wo sie wollen.
Beilage Nr. 8.
Interims-Vergleich, geschlossen am 11. April 1647 zwischen
Wildenegg und Hüttenstein.
Kopie ex 1661. Hofrat Hüttenst. Nr. 18. Reg.-Arch. Salzburg.
„Demnach sich obangeregter Scheffart wegen zwischen dennen Burgern
bey St. Wolfgang und hüettenstainerischer Herrschafft Undterthonnen ain zeit-
hero verschaidene stritigkheiten und Irrungen zuegetragen, damit nun aber
solche fürbaß mechten verhiett, frid, ruehe und nachtberlicher verstandt er-
halten und alle zwiträchtigkheit und forthailligkheiten und in der güette hin-
0 Diese Stelle ist von anderer Hand in liachgetragen.
107
gelegt werden, Alß haben obbenambste Ihr Hochwürd?) und die Herrn abge-
ordnete 2) freundtlich und nachtberlich geschlossen und sich dahin verglichen, das
man Hinfür beedersaits ain gleiche anzahl und jederseits 14 Zillen undterhalten,
sichren, die fuehrn von Ostern bis Allerheilligen zugleich verrichten und inson-
derheit die Rüeder/) auch andere hüettenstainer Scheffleith zur Zeit, wan sich
die Khürchferter bey St. Wolfgang heiffen werden, zu abfiehrung derselben auf
jedes ansagen ire Zillen alsobalden und unwaigerslich^ nacher St. Wolfgang
an das urfahr stellen und also solches versechen, auch befürdern helffen, den ver-
dienten lohn von den Khürchferttern und andern Raisigen an jedem Urfahr
üäeliter und threulich in ain Pixen zusamen legen, volgents das gelt jedes Jahr
nach Pfingsten und den gülden Sambstagnächten ohne falsch und vortheilligkheit
thaillen und also ainige und südliche Nachtbern verbleiben sollen, doch solle diser
Interim-vergleich ain oder der andern herrschafft an ihren Habenten wolherge-
brachten alten Am und gerechtsamen im geringsten nichts praejudiciern."
Vellage Nr. 9.
Hofrat Hüttenst. Nr. 8.
„1614. Verzaichnuß waß die Salzburgerischen fischer im äbberssee, so
die erdrunckhen diern gesuecht haben, waß vür uncosten und zörung ist auffver-
loffen wie hernach volligt.
Erstlichen als den 9. Tag Juniuß sein Jer 19 Perschan^) schultig wor-
den p. 3 fl. 3 ß 24 A
Mer den 10. dito hab ich Prot und Wein den fischern an See göben
p. 2 fl. 18 A
Mer bissen dag zu der Nacht alß den 10. Junius in die zörung verzorth
p. 4 fl. 6 A
Den 11. dito zu morigen frue Prot undt Prandtwein göben p. 2F 12 A
Mer den 11. dito als sie das erdrunnckhen Mennsch gefundten hoben,
hat Euer Vöst^) den Wischern sambt denen, die haben suechen geholffen, ain
0 Der Prälat von Mondsee in Vertretung der Herrschaft von Wildenegg.
2) Der salzburgische Landschafts-Sekretär G. Enzinger, der Pflegverwalter von
Wartenfels B. Cammerer und der Gerichtsjchreiber zu Hüttenstein Th. Thanner für
Hüttenstein.
o) Die Schiffleute von der Ried.
4) Personen.
5) Anredeform gegenüber dem Pfleger von Hüttenstein.
108
suppen und amen drunckh verornth/) sein irer pey 30 Perschan geböft,2) haben
allenthalben verzört in offen und drinckhen p. 16 fl. 2 ß 8 A
Berzaichnuß waß aufs die 6 Wachter ist aufgangen, die bey der diern ge-
dacht^) haben wie hernach völlig!.
Erstlichen den 11. Junius als Euer Böst der wacht auch zu göben ver-
ornth ist bissen dag aufs die wacht aufgangen p. 1 fl. 5 ß 8 Jk.
Dissen dag alß der Herr^) die wacht hat gebörn^) lassen ist verzörth
worden p. 2 ß 6 J).
Mer den 12. dito ist die wacht schultig wortheu in essen und drinckhen
p. 1 fl. 5 ß 6 J).
Mer den 13. tag Junius ist aufs die wacht aufgangen 1 fl. 7 ß 26 A
Den 14. dito ist auf die wacht aufgangen p. 1 ft. 7 ß 2
Dissen dag ist der SeinvellnerO) und des Hern sPflegers^ Schreiber, ir
5 Perschan sein schultig Worten 6 ß 12
Mer den 15. tag Juniuß ist die wacht schultig worden p. 1 fl. 7 ß 6 J,.
Den 16. dito ist die wacht schultig wordten p. 1 fl. 6 ß.
Mer den 17. dito sein die Wachter schultig worden p. 2 fl. 24 /&.
Mer den 18. tag Juniuß hat die wacht verzörth p. 2 fl. 2 F 20
Den 19. dito hat die wacht verzörth p. 2 ft. 4
Den 20. dito alß den lößten dag sein die Wachter schultig worden
p. 1 fl. 6 J).
Summa 46 fl. 3 ß 2
Anndtrreaß Eußl,
_____________ Burger und gastgöb zu St. Wolffgang.
verordnet.
2) gewesen.
3) gewacht.
4) Gemeint ist wieder der Pfleger.
ö) bewehren = bewaffnen.
6) Balthasar Seidenfellner, Wirt zu St. Gilgen.
109
Beilage Nr. 10.
Verzeichnis der Pfleger und Amtsverwcscr zn Hüttenstcin-
St. Gilgen ca. 1403-1811.
1. Im alten Schloß zwischen den Bergen.
ca. 1403. Michael von Haunsberg zu Oberalm, Pfleger.
1439—1441. Christian Feiersinger, Pfleger.
ca. 1448. Hanns von Haunsberg, Pfleger.
1455—1465. Hanns Schefherr, Pfleger,
bis 1497. Jakob Straß er, Pfleger,
bis 1525. Georg Alber, Pfleger,
bis 1540. Blasius Nußdorffer, Pfleger.
1540—1541. Dr. juris Matthias Alber, Pfleger.
ca. 1558. Adam Walzinger zu Piernpach, Pfleger. (1560 Pfleger zu
Wartenfels-Thalgau.)
1560—1564. Wolfgang Kürchpichler zu Kirchpichl, Pfleger.
1564—-?. Melchior Trägenreitter, Pfleger. (Erbauer des neuen
Schlosses.)
2. Im neuen Schloß am Krottensee.
(Melchior Trägenreitter.)
ca. 1576. Hanns Sebastian Überackher zu Sieghartsstein, Pfleger.
(1578—1586?). Georg Hermann Aiblingen, Gerichtsschreiber (?).
1594— ca. 1596. Hanns Georg Regauer, Pfleger (später auchzuWarteu-
fels).
1597—1599? Christoph Franckhenmann, Pfleger.
1600—1606 (?). Thomas Mitterstainer, Pfleger.
1607—1611. Sebastian Lueger, Pfleger.
1611—1622. Thomas Neherzhaimer, Pfleger.
1622—1638. Dr. Johann Wilhelm Lueger, Pfleger.
1638—1646. Johann von Platz, Pfleger.
1646—1647. Georg Thomas Perger von Emslieb, Pfleger. (1663 zu
Mittersill.)
1647 — 1652. Christoph Adam von Seyboldstorff, Pfleger.
1652—1654. Christoph Friedrich Putterer zu Aigen und Grienpichl,
bestellter Hauptmann und Pfleger.
1654—1657. Christoph Adam von Seyboldstorff, Pfleger (zum 2. Mal).
110
1657—1694. Balthasar Lürzer von Zehenthall, bis 1667 Gerichts-
schreiber, dann Pflegsverwalter, seit 1686 Pfleger.
1694—1704. Leopold Ludwig Lürzer von Zehenthall, Pfleger.
1704. Gotthard Platzer, Pfleger.
1704—1708. Johann Konrad Mayr, Pflegskommissär.
1708—1716. Johann Andreas Schnedizeny, Pfleger.
1716—1724. Wolfgang Niklas Pertl, Pflegskommissär. (Erbauer des Pfleg-
hauses in St. Gilgen.)
3. Im Meghaus zu St. Gilgen.
(Wolfgang Niklas Pertl.)
1724—1729. Johann Josef Konhauser von Sternfeld, Pfleger.
1729—1734. Johann Qualbert Dückher Freiherr von Haßlan zu Ur-
stein und Winkl, Pfleger.
1734. Joseph Anton Pichler, Pfleger.
1734. Johann Franz Fontaine, Pflegskommissür.
1735—1745. Johann Josef Pichler, Pfleger.
1745. Johann Franz Fontaine, Pflegskommissär.
1745 — 1769. Franz Anton Perchtold von Sonnenburg, Pfleger.
1769—1801. Johann Baptist Perchtold von Sonnenburg, Pfleger.
1801—1805. Rupert von Kleinmayrn, kurfürstl. salzb. Pfleger.
1805—1811. Franz Josef von Liebenheim, kaiserl. königl. Pfleger.
Beilage Nr. 11.
„Berichts auff den Schaffperg daran der Pfleger zu Wildenekh den
9. Aug. A" 65 ain fandlen auffrichten lassen.
Der Schaffperg vermög der huetenstainerischen Riegung lege aller in dem
Erzstifft Salzburg. Aber nach der Wildeneckerißen Riegung so lege das gesig* 2)
gegen den Mansee in Wildeneck, aber das gesig gegen den Abersee das ist on
mittel und on irrung im Erzstifft. Aber wan gleich das erst gesig in Wildenecker
herrßafft gehören soll, so sein doch die wäldferft grundt und poden, die Alben
so darauff sein, die Eisenau, Rormoß urbar ghen Salzburg. Diß Jars hat
Der Kommission. Er ist undatiert uub nicht gefertigt.
2) Gesicht.
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der Jagermaister auch das gesig ghegen Mansee am Schaffperg, Grießperg und
Eisenan gejagt, welche Eiseuau vormals durch den Herrn von Mansee gejagt
worden, und heur hat der H. Abbt an disen orten ain tag drei oder vier schon
gejagt, wie dan die salzburgißen Jager die schern:^ gefunden haben. Umb khain
ander gemarckh ist uns nit wissunde, dan was die riegung baiderseits mit sich
bringen, dan S. Wolffgangs Landl daheer nit gernizt/) ist alles underhalb
gegen Ischl.
Der plaz, darauff das feindl izundt steet, weihen Trägenreuter3) am
Mitwoch vergangsen^ gesehen hat sambt seinem Maier Puechperger und Sig-
mundt ßmidt, ist in dem Erzstifft, Wan man gleich der wildeneckerißen Nie-
gung nach ghen wolt oder wan gleich das gesig am Schaffperg gegen dem Man-
see wildeneckeriß were und steet daß feindlen zwen ßritt auff dem Land oder in
der Wassersaig4) gegen dem stifft und Abersee, hietenstainer herrßafft.
Und das feindlein ist in ainem seichten^) stock der eingraben ist, an ainer
Eisenstangen eingesteckt, der Zeit an ain tuech gemalet.3) Warumb das feindlein
daheergesteckt worden, haben wier uns der Zeit nit erckhundigen mögen, aber
die Burger zue S. Wolffgang, welche diß fendlein gesteckt, geben für, es soll
baide gericht Wildeneck und Huetenstain ßaiden. Umb das auffgesteckt fandlein
ist gar khain marchstain zue finden, ist alles ain lauter palfen."
Die Jagdschirme, hinter denen die Schützer: zu stehen pflegten.
2) grenzt.
3) Damals Pfleger zu Hüttenstein.
4) Wasserscheide.
5) von Fichtenholz.
6) Dazu eine Zeichnung.
7) Gestrüpp; hier offenbar Legföhren.
112
U=
Verlage Nr. 12.
I. Viehbeschreibung 1640.
Kalmen fl
2 1 2 Je .ff ,g> ! -1 §
Kr & G 8 CO =1 Spenkälber G G s
Sämtliche Untertanen von Hütten-
stein haben zu Georgi 1639 be-
sesstn 79 130 36 45 1153 52 133 151 108 — 178 1062 603 318
Seither aufgezogen — — 18 16 — — — — 27 177 105 205 398 159
Ferner erkauft 5 5 9 6 23 — 1 5 1 — 4 12 58 2
Ertauscht — 1 — — 1 — — 1 — — — 5 11 —
Fohlen und Stutfüllen, die zum Zug gestellt worden, und zugestandene
Kalmen — — 6 14 — 34 68 9 — — — — — —
Davon verkauft 15 14 7 10 105 12 7 — 1 — 64 51 64 37
„ vertauscht — — 1 — 1 1 1 — — — — 9 1 —
Zur Hausnotdurft geschlachtet. . . — — — — 11 — — — — — 1 6 — 82
Beim Haus oder auf der Alm durch die Untier oder sonst wie umge-
kommen 1 3 1 3 24 5 6 7 17 — 13 232 47 33
Derzeit beim Haus, in den Ställen,
Almen und Eigen vorhanden . . 74 133 48 40 1147 52 141 118 177 209 987 958 327
Kälber sind von Georgi bis Georgi (1639—1640)
gezählt worden...............................789
Davon sind aufzuzügeln...........................309
Verkauft .
Geschlachtet
Umgestanden
418
17
45
113
II. Statistik der Vieh-Ausfuhr aus dem Hüttensteiner Gerichtsbezirk
in den Jahren 1711/12 bis 1720/21.
Jahr Kühe Kalben Stiere Ochsen Pferde
1711/12. . . 18 — 13 1 18
1712/13. . . 23 — 23 1 20
1713/14. . . 19 1 23 — 33
1714/15. . . 53 4 21 — 26
1715/16. . . 31 5 13 — 26
1716/17. . . 17 3 10 — 16
1717/18. . . 34 4 26 — 23
1718/19. . . 29 6 12 — 13
1719/20. . . 40 2 26 — 22
1720/21. . . 50 1 14 — 15
I
v. Frisch, Kulturgeschichtl. Bilder vom Abersee.
8
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