DREIBUND — ENTENTE wurde schon hervorgehoben, mit welcher Gewissenhaftigkeit die konkreten Kriegsvorbereitungen auf Grund seiner persönlichen Weisungen bearbeitet wurden. Um so mehr mußte es auffallen, daß bezüglich des Zusammenwirkens der Verbün¬ deten im Kriege keine bindenden, jeden Zweifel ausschlie¬ ßenden Abmachungen bestanden. Darüber wurden Kritiken laut, zu denen ich auf Grund meiner amtlichen Verbundenheit mit diesen Fragen Stellung nehmen muß, weil sich auch Vorwürfe gegen den Chef des Evidenzbüros erhoben, er hätte im Verkehr mit dem deutschen Generalstab mit größerem Nachdruck auf eine engere Verständigung der beiden Wehrmächte hin wirken sollen. Das Verhältnis zwischen den Verbündeten Die außenpolitische Lage Europas hatte sich zur Zeit der Annexionskrise 1909 so weit geklärt, daß der sich immer enger zusammenschließenden „Entente“ — Frankreich-England-Ruß- land — der „Dreibund“ gegenüberstand. Serbien und Mon¬ tenegro waren sichere Partner der Entente; vom Jahre 1913 an mußte auch mit einem Anschluß Rumäniens an diese Seite ge¬ rechnet werden. Wie immer sich die politische Lage weiterent¬ wickeln mochte — mit Sicherheit war ein Krieg Deutschland¬ österreich-Ungarn gegen Frankreich, Rußland, Serbien und Montenegro zu erwarten. England kam mehr als Seemacht in Betracht, da das englische Expeditionskorps nur sechs Infanterie¬ divisionen zählte; hingegen war mit Belgien als Feind zu rech¬ nen, falls es sich durch die Verletzung seiner Neutralität zum Krieg entscheiden sollte. Ein großes Fragezeichen im Kalkül der Mittelmächte bildete das Verhalten Italiens.. Conrads Auffassung von dessen Bündnis¬ treue wich von der des Deutschen Reiches wesentlich ab. Italien galt dem deutschen Generalstab als vollwertiger Bundesgenosse, während Conrad niemals ernstlich mit dessen Mitwirkung rech¬ nete, sondern im Gegenteil einen Großteil seiner Kriegsvorberei¬ tungen gegen den Bundesgenossen richtete. In seinen Aufzeichnungen weist Conrad auf eine Erscheinung 231