DIE MILITÄRPOLITISCHE VORBEREITUNG DES KRIEGES Der Krieg mit seinen folgenschweren Auswirkungen auf die Völker hat nur als letzter Ausweg einer Staatsnotwendigkeit Berechtigung. Politik und Kriegführung stehen in so untrenn¬ barem Zusammenhang, daß es folgerichtig ist, dem voraussicht¬ lichen Feldherrn einen entscheidenden Einfluß auf die Außen¬ politik zu wahren. Er kennt am besten das Instrument, das den politischen Forderungen Nachdruck verleiht, und ist daher in erster Linie berufen, über Krieg und Frieden zu entscheiden. Von Feldmarschall Graf Moltke, dem großen Meister des Krieges, stammt der Ausspruch: „Fehler und Unterlassungen, die bei Beginn des Krieges gemacht werden, lassen sich im ganzen Verlaufe des Krieges nicht mehr gutmachen.“ Dies gilt bei den engen Wechselbeziehungen zwischen Politik und bewaffneter Macht nicht allein für rein militärische Fehler und Unterlas¬ sungen, sondern ebenso für Versäumnisse der äußeren Politik; der Einfluß des Feldherrn auf die äußere Politik dürfte daher niemals ausgeschaltet werden. In der Verkennung dieses elementaren Grundsatzes der Staats¬ führung ist der Urgrund des verlorenen Krieges zu suchen, der mit dem Zerfall des Reiches enden mußte: Die Außenpolitik ging Wege, die der Feldherr nicht verantworten konnte. Der Außenminister kannte nicht die militärische Tragfähigkeit des Reiches und verschloß sich der Notwendigkeit, vor der Fest¬ legung seiner politischen Ziele die Meinung des Feldherrn ein¬ zuholen, der beim Versagen dieser Politik die Folgen zu tragen hatte. In dem Abschnitt „Conrad und die Außenpolitik“ wurden die beharrlichen Bemühungen des Chefs des Generalstabes beleuch¬ tet, sich den ihm zustehenden Einfluß auf die Außenpolitik zu wahren. Das Ministerium des Äußeren hielt an der Überlie¬ ferung der strengen Scheidung der Ressorts fest, ohne sich Rechenschaft zu geben, daß dies ein längst überholter Stand¬ 229