DER JUNGE CONRAD Familie und Erziehung Die Umgebung, der ein Mensch entstammt, ist vielfach be¬ stimmend für seinen Lebenslauf. Eindrücke der Jugend wirken noch bis in das reife Alter nach, Eigenschaften und Talente der Vorfahren kehren in Nachkommen wieder. Deshalb ist ein Rück¬ blick auf die Jugend eines bedeutenden Mannes immer aufschlu߬ reich für das Verständnis seines Charakters. Auch Conrad war in vielem ein Produkt seiner Zeit und Umgebung, auch bei ihm lassen sich Jugendeindrücke als ent¬ scheidend für das Denken und Handeln des reifen Mannes nachweisen. Conrad von Hötzendorf entstammte einer Offiziersfamilie; damit war nach den konservativen Begriffen jener Zeit seine Laufbahn vorgezeichnet. Der Vater Conrads wird von Zeitgenossen als der Typus des heiteren, offenherzigen, das Leben sorglos hinnehmenden Soldaten geschildert, dessen große Güte rasch die Neigung aller gewann. Die Kinder hingen in Liebe an ihm, die sie oft in recht stürmischer Weise zum Ausdruck brachten; sie zogen den viel älteren, aber lebensfrohen Vater der ernsten Mutter vor, die ihrem Alter näher stand. Liebe zum österreichischen Vaterland und Drang nach patrio¬ tischer Betätigung haben Conrads Vater mit zwanzig Jahren der Armee zugeführt. Mit dem Chevauleger-Regiment „Vincent“ machte er die Feldzüge 1813, 1814 und 1815 mit. Als Leutnant trabte er mit der Schwadron Wouwerman eine Tagesreise lang neben dem Wagen, in dem der verkleidete Kaiser Napoleon unter berittener Eskorte durch Südfrankreich zur Überfahrt nach Elba gebracht wurde. Nach der siegreichen Beendigung der Kriege gegen Napoleon kehrte Conrads Vater in die Heimat zurück und machte nun das 21