Sonstige Verfahren
(zu 81, 84, 85, 88, 90, 92, 93, 95, 97, 100)
Die Lagerung der Büchse in ihrer auf der Erde liegenden Holzbettung hat eine wichtigere
Bedeutung, als sie auf den ersten Blick zu haben scheint. Schon die Aufnahme des Rück¬
stoßes durch ein Lager von weichem Holz oder Blei, also einen in gewissem Umfang nach¬
giebigen Puffer, der allerdings wohl nach jedem Schuß erneuerungsbedürftig war, läßt
viel technisches Verständnis erkennen. Wenn das Rohr durch eiserne Bänder oder, was im
Falle seines Zerspringens für wirksamer erachtet wurde, um die Sprengstücke besser am
Umherfliegen zu hindern, durch Hanfseile mit dem Holzbett fest verbunden war, führte
Bild 37. Büchse mit Holzbett auf Rollen, farbig
Aus der Berliner Handschrift 94, 16. Jahrhundert (alO)
dieses zusammen mit dem Rohr den Rückstoß aus. Das Bild 37 scheint sogar ein auf Rol¬
len mit dem Rohr zurücklaufendes Holzbett zu zeigen (Anfang des Rohrrücklaufge¬
schützes). Welche umfangreichen Balkenkonstruktionen bei wachsendem Kaliber und
stark steigenden Kräften dabei notwendig waren, darüber belehrt ein Blick auf das
Bild 54. Was aber soll die Anweisung, das Rohr nur bis auf die Hälfte einzubetten? Hier¬
bei scheint die technische Erkenntnis noch tiefer zu gehen. Bekanntlich besteht noch
heute eine ähnliche Vorschrift für die Schäftung des Gewehrlaufs, der im Schaftlager ein
gewisses Spiel haben soll, unter keinen Umständen aber eine seitliche Druckstelle erhal¬
ten darf, da diese beim Schuß sich stets als Ursache der seitlichen Kugelabweichung, der
Seitenstreuung auswirkt. Je größer also der Umfang der Holzeinlagerung ist, um so mehr
nimmt die Gefahr zahlreicher Druckstellen und damit auch noch der Höhenstreuung zu.
Wenn auch an die Treffgenauigkeit in jener Zeit noch keine erheblichen Anforderungen
gestellt wurden und bei dem verhältnismäßig kurzen, dickwandigen Geschützrohr andere
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