— 124 — Nach übereinstimmenden Nachrichten aus St. Petersburg, Kiew, Warschau, Moskau und Odessa trifft Rußland umfang¬ reiche militärische Vorbereitungen. Herr Sazonow hat zwar ebenso wie der russische Kriegsminister unter Ehrenwort ver¬ sichert, daß eine Mobilisierung bisher nicht angeordnet wurde, der letztere hat jedoch dem deutschen Militär-Attache mitge¬ teilt, daß die gegen Österreich-Ungarn gelegenen Militärbezirke Kiew, Odessa, Moskau und Kasan mobilisiert werden würden, wenn unsere Truppen die serbische Grenze überschritten. Unter diesen Umständen möchte ich das Berliner Kabinett dringend ersuchen, der Erwägung näher zu treten, ob nicht Rußland in freundschaftlicher Weise darauf aufmerksam ge¬ macht werden sollte, daß die Mobilisierung obiger Bezirke einer Bedrohung Österreich-Ungams gleichkäme und daher, falls sie tatsächlich erfolgt, sowohl von der Monarchie als vom verbündeten Deutschen Reiche mit den weitestgehenden militärischen Gegenmaßregeln beantwortet werden müßte. Um Rußland ein eventuelles Einlenken zu erleichtern, schiene es uns angezeigt, daß ein solcher Schritt vorerst von Deutschland allein unternommen werden sollte; doch wären wir natürlich bereit, den Schritt auch zu zweien zu machen. Eine deutliche Sprache schiene mir in diesem Augenblick das wirksamste Mittel, um Rußland die ganze Tragweite eines drohenden Verhaltens zum Bewußtsein zu bringen. 43. Graf Berchtold an Graf Szögy&iy in Berlin. Telegramm. Wien, 28. Juli 1914. Der kaiserlich deutsche Botschafter hat hier mitgeteilt, daß Sir E. Grey sich mit der Bitte an die deutsche Regierung gewendet habe, sie möge ihren Einfluß bei der k. u. k. Re¬ gierung geltend machen, daß diese die Antwort aus Belgrad entweder als genügend betrachte oder als Grundlage für Be¬ sprechungen unter den Kabinetten akzeptiere. Herr von Tschirschky war beauftragt, den englischen Vor¬ schlag dem Wiener Kabinette zur Erwägung zu unterbreiten..