— 22 — noch feucht vom genossenen Weine, an den Altar des Herrn, um das heilige Meßopfer zu feiern--). Die Einsicht des Bischofs kam aber sehr spät; schon lange Jahre vorher hatten die Stände von Oberösterreich sich bei Kaiser Maximilian I. darüber beklagt, daß die Pfarrer die Leute mit der Stolgebühr überhalten, Weinschänken haben und in selben Hoch zeiten abhalten lassen: dem Auftrage des Kaisers, diese Uebelstände abzustellen, kam Bischof Wiguleus nicht nach, so daß der Kaiser ihm im Jähre 1510 sein hohes Miß fallen ausdrückte und gemessenen Auftrag zukommen ließ^). Es war daher kein Wunder, daß die Zügellosigkeit immer mehr wuchs, wie denn nach dem Zeugnisse des Bischofs Wiguleus selbst im Jähre 1515 ein Konventbruder des Zisterzienserklosters Engelszell bei nächtlicher Weile einen Totschlag begingt). Dieselben Bischöfe mußten im Jahre 1524 bekennen, daß die Lehre Luthers nicht zum wenigsten dem verdorbenen Leben und den schlechten Sitten der katholischen Geistlichkeit ihren Ur sprung verdanke^). Diese kümmerte sich im Ennstal so wenig um die Seelsorge, daß viele Bauern nicht einmal das Vater unser herzusagen vermochten^) und im Jähre 1538 unterließ der Abt von Engelszell von Ostern bis in den Oktober hinein die Abhaltung des gestifteten Gottesdienstes in der Zukirche St. Egidi, weil ihm der Bistumsverweser den Zehent gesperrt hatte?-). Es bedurfte demnach tatsächlich kaum des Anstoßes durch die taktlose Art, mit welcher der Ablaßprediger Johann Tetzel den Satz: „Sobald das Geld im Kästen klingt, die Seele aus dem Fegefeuer springt!" wenn auch nicht den Worten, so doch dem Inhalte nach predigte--), zum Beginne der Kirchenreformation: noch weniger ist es zu verwundern, wenn die durch ihre geistlichen Hirten ebenfalls bedrückten Bauern sich die Lehre Luthers von ^ „evan gelischen Freiheit" wörtlich auslegten und nicht bloß die Ver kündigung des „reinen" Wortes Gottes nach Sage der Evan gelien, sondern auch Mäßigung oder Aufhebung der neu aufge brachten, oder ihnen unbillig scheinenden Herrenforderungen ver langten. Es ist leicht zu begreifen, daß unter solchen Berhält- nissen in kurzer Zeit sich fast die gesamte Bevölkerung der Städte und des flachen Landes der neuen Lehre zuwandte und die welt lichen Stände (d. i. Herren und Ritter, dann die sieben landes fürstlichen Städte Linz, Steyr, Wels, Freistadt, Gmunden, Enns und Vöcklabruck) begehrten, daß „das heilige Evangelium lauter und ohne einigen Zusatz" gepredigt werde. Die beiden ersten Bauernaufstände. Zündstoff war zur Genüge vorhanden; die übermäßige H e g u n g d e s W i l d e s, namentlich in den Revieren des Kaisers Maximilian I., brachte die Bauern, die ihre Gründe nur durch