weltlichen Mann ein großes Unrecht ist, sündhaft zu leben, um wie viel
mehr für Mönche, die, auf der Flucht vor der Welt wie vor einem wilden
Raubtier, Christus allen Leidenschaften vor gezogen haben und deren
Gang und Haltung schon als ein Beweis ihrer Tugend gelten soll“ 1 ).
Das Beispiel des Patriarchen Abraham, der auf Gottes Ruf auszog
aus dem Lande seiner Freundschaft und nicht wußte, wohin er kommen
würde, gilt hier dem Severin als vollkommenste Betätigung des „parentes
relinquere“. Das Mittelalter hat häufiger seitdem die christlichen Missions
boten mit Abraham verglichen. Unter anderen sei auf einen Hymnus
des 12. Jahrhunderts verwiesen, der den im Jahre 521 geborenen älteren
Kolumba, der auf der Hebrideninsel Jona das Kloster Hy begründet
hat, einen zweiten Abraham nannte 2 ).
Die „humilitatis regula“ erklärt schon in der Vorrede des Eugippius
der heilige Severin als für ihn besonders verbindlich 3 ). Seine „tota mentis
humilitas“ preist das i. 4 ), seine „intima humilitas“ das 4. Kapitel 5 ),
einen „doctor humilis“ nennt ihn das 36. Kapitel 6 ). Die Mönche seines
Klosters, die „von abscheulichem Hochmut befleckt sind“, werden der
Zuchtrute Gottes überantwortet und erst durch vierzigtägiges Fasten von
ihrem Dämon befreit 7 ), wobei eine Erzählung des Sulpicius Severus
(363 — 410) von der Bestrafung der „iactantiae vanitas“ zur Sprache
kommt.
Während Severin von allen Gläubigen neben Beten und Fasten be
sonders „Werke der Barmherzigkeit“ verlangt 8 ), hält er seine Mönche
b Cap. 43, 6: mores igitur proposito suscepto consentiant: grande nefas est peccata sectari
etiam hominem saecularem, quanto rnagis monackos, qui blandimenta saeculi quasi atrocem
bestiam fugientes Christum cunctis affectibus praetulerunt, quorum incessus et habitus virtutis
creditur esse docüfnentum? (p. 51, 9).
2 ) Mone, Lateinische Hymnen des Mittelalters 1853—54 III 256.
3 ) Eugippii epistola ad Paschasium 9: cum possit evitare iactantiam, utpote sinistram, qua
nesciente cupit omne opus bonum Christo donante perficere (p. 4, 11).
4 ) Cap. 1, 2 (p. 12, 4).
5 ) Cap. 4, 11 (p. 16, 14).
6 ) Cap. 36, 1 (p. 43, 22).
7 ) Cap. 36, 1: superbiae foeditate respersos (p. 43, 22).
8 ) Cap. 1, 2: ut orationibus ac ieiuniis et misericordiae fructibus inhiberent (p. 12, 5).
Cap. 1, 4: ieiunio et orationibus atque elemosynis hortabatur armari (p. 12, 18). Cap. 12, 2:
in ieiunio et fletu — dignis operibus (p. 23, 29). Cap. 28, 1: orationibus et ieiuniis atque
elemosynis insistentes (p. 36, 12).
39