63 zu dem des Basilius zu behaupten, daß Severin in Kleinasien ge wesen sei. Die Entscheidung der Frage, welches das Vaterland des heiligen Severin war, ist dagegen ungemein schwierig. Mommsens Text der epistola Eugippii gibt die Worte: „loquela tarnen ipsius manifestabat hominem omnino Latinum“ (p.5, 1). Statt „manifestabat“ haben zahlreiche Handschriften die Worte „africanum testabatur“, und diese Lesart ergibt meines Erachtens den einzig richtigen Sinn. Was sollte der Satz: „Nach seiner Sprechweise offenbarte er sich als einen Mann von durchaus lateinischer Abkunft“ überhaupt heißen? Wäre es dem Eugippius, der selber einer römischen Familie entstammte 1 ), auf gef allen, daß Severin lateinisch sprach? Oder wäre diese Sprechweise in Norikum aufgefallen, wo die römische Sprache frühzeitig Eingang 2 ) gefunden hat? Einen wieviel besseren Sinn erhält aber der Satz, wenn wir jenen Handschriften, die den Severin für einen Römer aus Afrika ausgeben, folgen. Denn es ist bekannt, daß man dem Afrikaner im Ton der Rede immer seine Abstammung anhörte, wie beispielsweise sogar dem Kaiser Severus, der ein Afrikaner war 3 ). Zudem war die Familie der Severi eine afri kanische Familie. Nehmen wir die afrikanische Abstammung des Severin an 4 ), so liegen auch Vermutungen über die Gründe nahe, derentwegen er sein Heimat land verlassen haben kann. Wir wissen, daß Geiserich, der König der 4 ) Büdinger, Eugippius, Wiener Sitzungsberichte 1878. 91, 796. Bernoulli, Die Heiligen der Merowinger S. 56. 2 ) Mommsen, Römische Geschichte V 4 (1894) S. 181. Wie lange sie freilich in Norikum Bestand gehabt hat, wird sich schwer entscheiden lassen. In den Moselgegenden beispielsweise ist sie im 5. Jahrhundert geschwunden. Arbogast an der Mosel soll dort um 470 nach Sidonius Apollinaris der einzige gewesen sein, der noch Roms Sprache in Reinheit bewahrte (Georg Kaufmann, Rhetorenschulen und Klosterschulen. Räumers Histor. Taschenbuch IV. Folge 10. Jahrgang 1869 S. 30). 3 ) Mommsen, Römische Geschichte V 656. Ebendort S. 658 Anm. über das Vulgärlatein, das wir vorzugsweise aus afrikanischen Quellen kennen. Rettberg, Kirchengeschichte Deutsch lands I 230 A. 2 meint, wer punisches Latein rede, könne kaum omnino Latinus heißen. 4 ) Gegen Severins Abstammung aus Afrika erklärt sich Büdinger, Österreichische Geschichte 1858 I 47, für einen „geborenen Lateiner“ hält ihn Wattenbach, Deutschlands Geschichts quellen 1885 I 45, nach Rettberg, Kirchengeschichte Deutschlands I 230 und Nitzsch, Geschichte des deutschen Volkes 1892 I 139 ist er „vielleicht aus Afrika“. Nach Hauck, Kirchengeschichte Deutschlands 1898 2 I 351 hat er seine Jugendtage in Afrika verlebt, nach Bernoulli, Die Heiligen der Merowinger S. 47 ist er Afrikaner lateinischer Abkunft. Severins Flucht aus Afrika.