9 2 Treten wir nach diesen mehr einleitenden Bemerkungen, aus denen wir den verständig-nüchternen Sinn des Eugippius erkennen, der ihn selbst bei Erzählung der traditionellen Wundergeschichten nicht ver lassen hat, unserem eigentlichen Thema näher. Obschon der Blick des Eugippius vornehmlich den kirchlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der römischen Provinz und der Provinzialen zugewandt war 1 ), so hat uns sein Severinsleben doch auch einige Züge bewahrt, die zur Erforschung germanischer Kulturelemente weiterführen. Zuvörderst seien einige Bemerkungen über die Bedeutung der Worte Barbaras, barbarus, Romanus und provincialis mitgeteilt, weil von einer solchen Romanus > begrifflichen Scheidung der Einblick in Bedeutung und Umfang der durch Odovakar veranlaßten norischen Wanderung bestimmt wird, die in der vita als das Schlußergebnis der Politik Severins erscheint. Wir gewinnen damit zugleich einen kleinen Beitrag zu der Erkenntnis des Wandels in der Bedeutung eines Wortes und damit zu einem Ein blick in die Bildung des mittelalterlichen Lateins * 2 ). Wie verschiedenartig hat man dieses Wortes Bedeutung zu deuten versucht! P. Ewald erklärte „barbarus“ als technische Bezeichnung für „Krieger“ im 4. bis 6. Jahrhundert 3 ), R. Sohm meinte: „Barbarus“ be zeichnet in den Quellen unserer Zeit den Deutschen im Gegensatz zum Römer (in burgundischen Quellen technisch den Burgunder, in fränki schen Quellen technisch den Franken) 4 ). Du Cange, Glossarium mediae et infimae latinitatis, bemerkte: Romani veteres provinciarum incolae, qui Romanis olim paruerant, sic appellati respectu Barbarorum, qui has invaserant. Wenn ich von Ewalds Deutung absehe, so trifft auch die Deutung Sohms nicht völlig mit dem Sprachgebrauch der vita Severini überein. *) Reinhold Pallmann, Die Geschichte der Völkerwanderung 1864 II 394, meint im Gegen teil, das, was für Handel und Wandel zeuge, sei in der vita nicht gleichberechtigt neben die Szenen der Bedrängnisse gestellt, ja zum Teil verschwiegen. 2 ) Vergl. W. Wundt, Völkerpsychologie 1900 I 2, 420—583. E. Bernheim, Lehrbuch der historischen Methode 3. und 4. Aufl. (1903) S. 537. 8 ) Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde VIII 354h Bern heim a. a. O. S. 538. 4 ) Sohm, Altdeutsche Reichs- und Gerichtsverfassung I 572. Vergl. Löbell, Gregor von Tours S. 100. Roth, Benefizialwesen S. 102. Waitz II 80 A. 1. L. Burg 8, 1. 10; 17» 6. 22; 44, 1; 47, 1. Weitere Stellen bei Glück, Wiener Sitzungsberichte 17 (1855) S. 82 Anm. 1.