Besprechung in Homburg. — Politische Lage. 569 Im Anschluß an die Aussprachen in Homburg schrieb der G e n e r a l - f e l d m a r s ch a l l am 5. April an den Kanzler: „Die Entscheidung des s. April. Krieges wird sich voraussichtlich in diesem Jahre vollziehen, Friedensverhan- lungen stehen in absehbarer Zeit in Aussicht. Ihr Beginn kann durch die Ereignisse in Rußland beschleunigt werden." Wir müßten zunächst uns selbst baldigst darüber klarwerden, was wir fordern wollten, darauf uns mit den Bundesgenossen verständigen. Von den Vereinbarungen, die der Kanz- ler im März bereits mit Graf Ezernin getroffen hattet, wußte die Oberste Heeresleitung nichts. Der Reichskanzler zögerte, der Anregung des Generalfeld- Marschalls zu entsprechen. Es waren die Tage, da Amerika in den Krieg eintrat. Vor allem aber drückten den Kanzler innenpolitische Sorgen. Die Ernährungslage war schwierig geworden; die Lieferungen aus den Vor- raten Rumäniens blieben hinter den Erwartungen weit zurück. Man stand vor einer Herabsetzung der Brotration. Die Stimmung war in weiten Kreisen der Bevölkerung im Sinken. Reichskanzler von Bethmann Hollweg, ge- hemmt durch die Verfassung, vor allem aber durch seine eigenen Anschau- ungen von Welt und Staat, suchte sich durch Entgegenkommen auf innen- politischem Gebiet zu helfen und geriet dadurch in immer schärferen Gegensatz zur Obersten Heeresleitung, die in unerschütterlichem Siegeswillen bei straff- ster Zügelführung im Innern die einzig mögliche Lösung sah. Am 7. April i. April, wurde durch die „Osterbotschaft" eine den Anschauungen weiter Volkskreise entgegenkommende Änderung des preußischen Wahlrechtes in Aussicht ge- stellt. Dieser Schritt brachte jedoch, statt zu beruhigen, neue Unruhe und war damit den Erfordernissen der Kriegführung durchaus abträglich. In denselben Tagen bildete sich die „Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutsch- lands", die, von der Regierung ungehindert, Kampf für den Umsturz und gegen Fortsetzung des Krieges auf ihre Fahnen schrieb. Unterdessen errangen die Engländer am 9. April bei Arras einen Erfolg, dessen Auswirkungen noch nicht klar zu übersehen waren. Der wahrscheinlich noch erheblich stärkere Ansturm der Franzosen war täglich zu erwarten. In diese Tage höchster Spannung fiel das Kriegszielmanifest der russischen pro- visorischen Regierung vom 10. April, das jede Eroberungspolitik ablehnte und das Selbstbestimmungsrecht der Völker als Friedensgrundlage in den Vordergrund rückte. Der Reichskanzler wollte dieses „indirekte Friedens- angebot" mit Rücksicht auf die Stimmung im eigenen Volke nicht unbeant- ') Das hierüber am 27. März aufgesetzte „Resums" („Wiener Dokument") ist, wie Gen. Ludendorff schreibt („Kriegserinnerungen", S. 350; „Kriegführung und Poli¬ tik", S. 265), der O. H. L. und auch den Staatssekretären erst im Februar 1918 „durch Zufall" bekannt geworden.