508 Der Krieg im Osten. 28. März, und Truppenanhäufungen bei Dünaburg. Der völlig hoffnungslose Zustand der Ostsee-Flotte, die von den Wirkungen der Revolution besonders schlimm mitgenommen war, und Nachrichten über deutsche Absichten gegen Ssel führten daneben zur Verstärkung der mit der Verteidigung des Moon- Sundes betrauten Streitkräfte und zwangen, auch Finnland, das nur schwache Besatzung hatte, in den Kreis der Sicherheitsmaßnahmen einzubeziehen. Unter diesen Umständen hielt der Oberbefehlshaber der Nordfront, General Rußki, die anrollenden Verstärkungen für unzureichend und bat um Uberweisung eines Armee-Oberkommandos zu einheitlicher Leitung der Verteidigung an der Seefront nördlich von Riga und in Finnland sowie von noch vi?.r weiteren Korps. Gleichzeitig schlug er aber auch vor, bei günstiger Gelegen- heit den Schwerpunkt der künftigen Operationen an die Front Riga—Düna- bürg—Molodeezno zu verlegen. General Alexejew entschied jedoch am 29. März. 29. März, daß die der Nordfront zur Verfügung stehenden Truppen, die mehr als doppelt so stark wie ihr Gegner waren, völlig ausreichend seien, und lehnte auch ab, den Operationsplan zu ändern. 2. April. In einer Denkschrift vom 2.April zeichnete der Generalquartiermeister, General Lukomski, abermals ein trostloses Bild der Verhältnisse: Die Q3et-- pslegungsvorräte der Intendantur reichten nicht einmal für den täglichen Bedarf, an die Bildung von Vorräten an der Front war nicht zu denken, die Brot- und Fleischportionen mußten herabgesetzt werden. Die Munitions-, Gewehr- und Geschützherstellung litt unter dem Mangel an Kohlen und Metall sowie unter der Zerrüttung des Transportwesens. Truppenver- schiebungen mit der Bahn waren undurchführbar. Infolge der Gärung bei den Ersatztruppenteilen war die Mannschaftsergänzung für die Front in den nächsten Monaten in Frage gestellt. Ähnlich stand es mit dem Pferdeersatz, da jegliche Aushebung von Pferden aufgehört hatte; gleichzeitig waren aber auch die Hafer- und Heurationen gekürzt worden. Die Stimmung von Offi- zieren und Mannschaften sank weiter, die Fahnenflucht nahm zu. Bei der Ostsee-Flotte bestand keine Hoffnung, die verlorengegangene Kampffähigkeit in absehbarer Zeit zurückzugewinnen. xApril. Dazu kam die schwere Niederlage im Bereich der 3. Armee am 3. April bei Toboly. Sie brachte mehr als 12 000 Mann Verluste, hauptsächlich Ver¬ mißte, und führte dazu, daß dort alle höheren Führer ihrer Stellung enthoben wurden. Der Kriegsminister ordnete eine eingehende Untersuchung an. Trotz alledem hielt General Alexejew an der den Westmächten gegebenen Zusage einer großen Offensivoperation fest. Da aber das Heer unter den gegebenen Verhältnissen bestenfalls in drei bis vier Monaten operationsbereit sein konnte, wollte er den Beginn auf Anfang Juli ver-